Table.Briefing: Climate

COP28: Scholz will Normen für grüne Industrie + Weltbank stellt Wald-Zertifikate vor + Erster Textentwurf

Liebe Leserin, lieber Leser,

am 2. Tag der COP28 begann das große Schaulaufen der Staats- und Regierungschefs. In jeweils dreiminütigen Reden mahnten sie zu mehr Klimaschutz. Neue Zusagen gab es dabei kaum. Einiges sorgte auch für Stirnrunzeln: Macron kündigte einen Kohleausstieg bis 2027 an, obwohl die Kohle weniger als ein Prozent des Energiemixes ausmacht. Lula plädierte für eine Wirtschaft mit weniger Ölverbrauch – Brasilien überlegt aber, der OPEC beizutreten, wie kürzlich bekannt wurde.

Für Aufregung sorgte eine Zusage des Gastgebers, der Vereinigten Arabischen Emirate, 30 Milliarden für einen Klimainvestmentfonds bereitstellen zu wollen. Zahlreiche Medien berichteten von der hohen Summe – aber viele Details sind noch unklar. Das Hebeln privater Gelder hat in der Vergangenheit selten so in dem Ausmaß geklappt wie erhofft. Wir werden uns auf der COP die vielen neuen Finanzierungsvorschläge noch genauer anschauen.

Auch die Weltbank will mehr Geld mobilisieren, durch Kohlenstoff-Zertifikate aus dem Waldschutz. Die Entwicklungsbank verspricht, einen robusten und gut kontrollierten Ansatz, bei dem es wenig Möglichkeiten des Greenwashings geben soll. Alexandra Endres und Lisa Kuner haben jedoch einige Kritikpunkte ausgemacht.

Olaf Scholz konnte gestern einen Erfolg feiern: Sein Klimaclub wurde auf der COP28 offiziell gegründet. Von der eigentlichen Idee hinter dem Klimaclub ist wenig geblieben, wie Lukas Scheid berichtet.

Beste Grüße

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Scholz’ Klimaclub: Was man erwarten kann und was nicht

Olaf Scholz startet seinen Klimaclub auf der COP28.

Es war das Vorhaben, mit dem Olaf Scholz noch während des Wahlkampfes 2021 für sich als möglicher Klimakanzler warb, und das später im Kreise der G7 unter deutscher Präsidentschaft konkretisiert wurde. Auf der COP28 wurde der Klimaclub nun offiziell gegründet und kann seine Arbeit aufnehmen. 35 Länder nehmen bereits teil, auch die Europäische Union ist mit von der Partie. Weitere sollen folgen, kündigte Scholz am Freitag in Dubai an.

Das Ziel: Die Dekarbonisierung besonders emissionsintensiver Industrien wie Stahl und Zement in den teilnehmenden Ländern voranzutreiben, indem gemeinsame Standards entwickelt und die individuellen Maßnahmen zur Dekarbonisierung abgestimmt werden.

Der Klimaclub soll ein Forum bieten, um:

  • Klimaschutzmaßnahmen zur schnelleren Treibhausgasminderung zu diskutieren und zu koordinieren
  • vergleichbare und interoperable Berechnungsmethoden für die CO₂-Intensität und die Definitionen von emissionsfreien Produkten festzulegen
  • Risiken von CO₂-Abwanderung (Carbon Leakage) von emissionsintensiven Industrien zu minimieren
  • Märkte für grünen Industrieprodukte auszubauen
  • Partnerschaften und Kooperationen zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern zur industriellen Dekarbonisierung zu fördern und öffentliche wie private Investitionen zu mobilisieren.

All-Inclusive-Club statt Industriestaatenprojekt

Ursprünglich sollte der Club mal deutlich weiter gehen und die Vorreiter beim Klimaschutz vor Carbon Leakage schützen, indem Handelsbarrieren für grüne Produkte zwischen Club-Mitgliedern abgebaut werden. Der globale Süden und zahlreiche Schwellenländer wären praktisch ausgeschlossen gewesen und nur eine Gruppe ambitionierter Industrieländer hätte sichergestellt, dass die wichtigsten Handelspartner kein Risiko für heimische Industrien und deren Arbeitsplätze darstellen.

Mittlerweile ist “Inklusivität” das Markenzeichen des Klimaclubs und bietet auch Ländern des globalen Südens die Möglichkeit, an den Gesprächen über die Dekarbonisierung der Industrie teilzunehmen. Unter anderem Vanuatu, Kenia, Ägypten und Kolumbien nehmen teil, was die weltweite Akzeptanz des Klimaclubs deutlich vergrößert. Ihre Erwartungen dürften darin liegen, die Normen für die Bemessung von CO₂-neutralen Produkten mitzubestimmen, Industriestaaten zu möglichst ambitionierten Dekarbonisierungsplänen zu drängen oder die Anerkennung der eigenen Dekarbonisierungspläne zu erhalten.

Zudem ist mit Indonesien auch ein Schwellenland und Großemittent vertreten, was weitere Länder wie Brasilien oder Indien locken könnte. Langfristig soll der Club außerdem auch andere Industriezweige einschließen, sobald die Arbeitsweise an den schmutzigsten Produkten getestet ist. Wenn der Klimaclub es also schafft, weltweite Standards zur Bemessung der Emissionsintensität von Stahl und Zement zu etablieren, könnte das Interesse an dem Projekt deutlich zunehmen. Schließlich gibt es bislang kaum internationale Gesprächsforen für Normen und Standards für die Dekarbonisierung.

Was der Klimaclub nicht leisten soll, ist:

  • öffentliche Finanzmittel für Länder des globalen Südens bereitstellen, um die Dekarbonisierung zu finanzieren
  • bestimmte Maßnahmen oder Instrumente zur Dekarbonisierung vorbestimmen oder priorisieren
  • eine eindeutige Definition liefern, was klimaneutraler Stahl oder Zement ist
  • Ausnahmen von handels- und klimapolitischen Instrumenten wie dem europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM bieten, es sei denn Länder erfüllen die EU-Kriterien für CBAM-Ausnahmen
  • Konsequenzen für Mitglieder, die keine Maßnahmen zur Dekarbonisierung ergreifen.

Ohne China und Indien ein zahnloser Tiger?

Hinter vorgehaltener Hand wird auch Kritik am Klimaclub aus Mitgliederkreisen geäußert. Die enge Verknüpfung mit der G7 sei unklug, da China dadurch verprellt werde. Als weltgrößter Stahl- und Zementproduzent wäre China jedoch ein elementarer Partner bei der Dekarbonisierung dieser Industrien. Berechnungsstandards ohne die Einbeziehung Pekings hätten somit kaum positive Wirkung auf globale Lieferketten.

Auch Indien – ein heiß umworbener Beitrittskandidat – traut dem Klimaclub offenbar noch nicht ganz. An gemeinsamen Standards für die Bemessung von CO₂-freien Produkten dürfte Indiens Industrie allerdings großes Interesse haben. Das Land befindet sich bereits in intensivem Austausch mit der EU, wie die eigene Industrie vor hohen Grenzabgaben durch den CBAM geschützt wird und diskutiert dazu auch einen eigenen CO₂-Preis für bestimmte Sektoren. Die Gespräche über einen Beitritt Indiens zum Klimaclub laufen. Es heißt, Neu-Delhi sei interessiert, aber zugleich zögerlich, da man noch abwarten möchte, welche Auswirkungen eine Teilnahme für die indische Industrie hätte.

Bis Ende 2025 haben Deutschland und Chile den Vorsitz des Klimaclubs inne. Ein Interim-Sekretariat wurde zudem bei OECD und IEA eingerichtet, bis das permanente Sekretariat im kommenden Jahr steht. Die Anschubfinanzierung von 20 Millionen Euro kommt ebenfalls von der Bundesregierung.

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Wie die Weltbank Wald-Zertifikate vorantreiben will

Waldzerstörung in Indonesien
Waldzerstörung in Indonesien. Das Land ist an der Weltbank-Roadmap beteiligt.

Die Weltbank hat auf der COP28 in Dubai Pläne vorgestellt, die das Wachstum von “hoch integren” globalen Kohlenstoffmärkten erleichtern sollen. Der verstärkte Handel nach Weltbankstandards soll bereits im kommenden Jahr beginnen. An der “World Bank Engagement Roadmap for High-Integrity Carbon Markets” beteiligen sich 15 Länder: Chile, Costa Rica, Elfenbeinküste, die Demokratische Republik Kongo, die Dominikanische Republik, Fidschi, Ghana, Guatemala, Indonesien, Laos, Madagaskar, Mosambik, Nepal, die Republik Kongo und Vietnam. Ihre Kohlenstoff-Zertifikate sollen durch Waldschutz generiert werden.  

Durch den Handel mit den Zertifikaten könnten “mit natürlichen Ressourcen, zum Beispiel Wäldern, gesegnete Länder und Gemeinden” sich künftig “Millionen oder gar Milliarden Dollar an neuem Einkommen erschließen”, schreibt die Bank. 

Demnach könnten durch die Initiative im kommenden Jahr bereits mehr als 24 Millionen Zertifikate ausgegeben werden. Bis 2028 könnte die Zahl auf 126 Millionen steigen. Günstige Marktbedingungen vorausgesetzt, könnte mit den Zertifikaten bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar an Einkommen erzielt werden, schätzt die Bank. “Ein großer Teil davon könnte an die Gemeinden und Länder zurückfließen”. 

Kritik am Zertifikatehandel 

Der Handel mit solchen Waldschutzzertifikaten war in den vergangenen Monaten stark in die Kritik geraten, denn ihre Klimaschutzwirkung ist umstritten. In mehreren Fällen haben Recherchen und Studien gezeigt, dass durch Waldschutz viel weniger CO₂ eingespart worden war, als die Papiere verbrieft hatten.  

Der Effekt kann etwa durch unklare Buchhaltungsregeln entstehen. Zudem ist es nicht einfach festzustellen, wie viel Entwaldung ohne ein zertifiziertes Schutzprojekt geschehen wäre. Die Bilanzierung der Kohlenstoffspeicherung im Wald ist komplex. Manchmal führen Waldprojekte auch dazu, dass Abholzung woanders stattfindet. Ihre Schutzwirkung kann zeitlich begrenzt sein – Waldbrände können den Wald beispielsweise schnell vernichten. Oft wird auch kritisiert, dass die Projekte negative Auswirkungen auf indigene und lokale Gemeinden haben.

Weltbank betont Integrität der Zertifikate

Die Weltbank will das vermeiden. Sie sagt, ihre Zertifikate seien aus zwei Gründen besonders integer:  

  • bezogen auf die Umweltwirkung: Die Weltbank will sicherstellen, dass die Zertifikate nur einmal ausgegeben und gezählt werden, und dass sie auf einer realen Grundlage basieren sowie zusätzlichen, permanenten und messbaren Klimaschutz bedeuten.
  • bezogen auf ihre sozialen Auswirkungen: Indigene und lokale Gemeinschaften sollen besonders von den Zertifikaten profitieren.

Jedes Zertifikat soll von einer dritten Partei geprüft und verifiziert werden. Dass Waldschutz in einer Region zu mehr Entwaldung anderswo führt, soll ebenfalls vermieden werden. Die Länder sollen selbst entscheiden können, wie sie ihre Zertifikate verwenden, zum Beispiel für zusätzliche Einkommen oder indem sie die Zertifikate in ihren nationalen Klimazielen (NDCs) verbuchen. Das ist ein klarer Verweis auf das Pariser Klimaabkommen.

Vorsichtige und zweifelnde NGOs

Gilles Dufrasne von der Nichtregierungsorganisation Carbon Market Watch bezweifelt jedoch, dass die Weltbank-Zertifikate besser wirken als andere: “Ich sehe nicht, warum diese Initiative vertrauenswürdiger sein sollte als andere”, sagt er. Dufrasne sieht trotz der Beteuerung die Gefahr, dass eine große Menge an “Junk Credits” ausgegeben werde.

In der Realität sei es kaum möglich, alle Probleme rund um Waldzertifikate zu kontrollieren. Da es so viele Unsicherheiten gebe, seien “Waldzertifikate grundsätzlich ungeeignet für Kompensation oder quantifizierbare Einsparungen von CO₂”.

Trotzdem könne er verstehen, dass Entwicklungsländer versuchen, Waldzertifikate zu verkaufen: “Die Länder suchen händeringend nach Finanzierungsmöglichkeiten für Waldschutz“, sagt er. Er sei systemisches Versagen, dass das Geld nicht auf anderem Weg bereitgestellt werde.

Levi Sucre Romero, ein Angehöriger der Bribri aus Costa Rica und Koordinator der Mesoamerikanischen Allianz von Völkern und Wäldern, äußerte sich ebenfalls vorsichtig. “Ob wir als indigene Völker diesen Plan begrüßen, wird davon abhängen, welche Bedingungen er für die nationale REDD+-Strategie formuliert“, sagte er. Im Fall Costa Ricas gebe es einen solchen klaren Rahmen, der zwischen den indigenen Völkern und der Regierung vereinbart sei, doch sein Land stelle eine Ausnahme dar. In anderen Ländern, die an der Roadmap beteiligt seien, sei das noch nicht der Fall. “Dort wird jedes Volk selbst entscheiden müssen.” Die Rechte der Indigenen müssten aber in jedem Fall gewahrt bleiben.

Märkte werden wohl wachsen

Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens sieht vor, dass Emissionsminderungen (Internationally Transferred Mitigation Outcomes, ITMOs) zwischen Staaten handelbar sind. Das bezieht sich insbesondere auf Waldschutz, oftmals werden darunter Ergebnisse von REDD+-Programmen verstanden. Auf der COP26 in Glasgow wurden dazu einige Details vereinbart. Aber wie genau die Kohlenstoffmärkte nach Artikel 6 insgesamt geregelt werden sollen, ist noch nicht geregelt.  

Davon abzugrenzen sind freiwillige Kohlenstoffmärkte (Voluntary Carbon Markets), auf denen Unternehmen Zertifikate handeln, um ihre selbst gesetzten Klimaziele zu erfüllen. Die Weltbank geht davon aus, dass der Markt für Kohlenstoff-Zertifikate wachsen wird. Sie erwartet, dass gerade die freiwillig gehandelten Zertifikate dabei zunächst eine größere Rolle spielen müssen, unter anderem, weil die Infrastruktur und Institutionen in vielen Ländern noch nicht auf den Handel nach Artikel 6 ausgelegt sei.  

Doch dafür müssten die freiwilligen Märkte strengen Regeln genügen, gut kontrolliert werden und transparent sein, so die Weltbank. Ihre Roadmap soll dazu beitragen, “das Potenzial zu erschließen”. 

Die Roadmap basiert auf der Forest Carbon Partnership Facility (FCPF), in der die Weltbank seit 2008 gemeinsam mit Regierungen und lokalen Gemeinden Kohlenstoffmärkte vorantreibt. Doch auch die FCPF wird immer wieder dafür kritisiert, dass sie wenig konkrete Ergebnisse im Waldschutz vorweisen kann. 

Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier. 

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Hintergrund: Entwaldung bis 2030 stoppen

Bis 2030 will die Weltgemeinschaft Entwaldung eigentlich stoppen.

Darum geht es:

Die globale Entwaldung soll bis 2030 gestoppt werden. Auf der COP26 in Glasgow haben sich die Staats- und Regierungschefs mit dem Forest Pledge dazu verpflichtet, Wälder zu erhalten und Waldbrände zu bekämpfen. Außerdem wollen sie nachhaltige Landwirtschaft fördern und indigene Gemeinschaften unterstützen. Auch die Gelder für diese Ziele sollen “deutlich” erhöht werden. Reiche Länder versprachen zwischen 2021 und 2025 zwölf Milliarden Dollar Klimafinanzierung für den Waldschutz. Zuvor hatte sich schon im Jahr 2014 in der New York Declaration on Forests eine kleinere Gruppe von Akteuren ähnlichen Zielen verschrieben. Auf der COP27 hatte sich im vergangenen Jahr zudem die Forest and Climate Leaders’ Partnership gegründet. Sie sollte die Einhaltung des Forest Pledge unterstützen.

Deshalb ist das Thema wichtig:

  • Entwaldung, oder allgemeiner: Landnutzungsveränderung, ist einer der großen Treiber des Klimawandels.
  • Wälder sind gigantische Kohlenstoffsenken, jährlich nehmen sie rund 7,6 Milliarden Tonnen CO₂ auf. Das ist rund 1,5 so viel wie die USA im Jahr ausstoßen.
  • Wenn die Wälder zu stark zerstört sind, beginnen sie CO₂ abzugeben, statt aufzunehmen. Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob das beim Amazonasregenwald bereits der Fall ist.

Das sind die Details:

  • Seit 2016 sind mehr als 140 Länder dem Forest Pledge beigetreten, also der Vereinbarung, die globale Entwaldung zu stoppen.
  • Zu den Unterzeichnern gehören auch große Regenwaldnationen wie Brasilien, Indonesien oder die Demokratische Republik Kongo. Rund 90 Prozent der globalen Waldflächen werden vom Forest Pledge geschützt. Gleichzeitig sind wichtige G20-Staaten wie Indien, Südafrika oder Saudi-Arabien der Verpflichtung nicht beigetreten. Auch die Regenwaldnation Bolivien ist nicht dabei.
  • Bisher ist die globale Gemeinschaft nicht auf dem richtigen Weg, um dieses Ziel zu erreichen: 2022 nahm die globale Entwaldung im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent zu. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht von der Plattform Forest Declaration Assessment.
  • Global gibt es große Unterschiede: Indonesien und Malaysia sind beispielsweise auf einem guten Weg ihre Ziele zu erreichen, aber gerade lateinamerikanische Staaten sind besonders weit davon entfernt. Im vergangenen Sommer sind die Amazonasstaaten auf dem Amazon Summit daran gescheitert, sich auf ein Ende der Entwaldung bis 2030 zu einigen, Bolivien und Venezuela stimmten gegen einen entsprechenden Vorschlag.
  • Entwaldung zu beenden, ist aber nicht einfach – oftmals hängen mit der Abholzung starke wirtschaftliche Interessen zusammen.

Daran kann es scheitern:

Wie bei so vielen Themen auf der COP geht es ums Geld: Im Sommer hatten die Regenwaldnationen auf einem gemeinsamen Gipfel mehr Geld für den Waldschutz gefordert. In einem gemeinsamen Statement drückten sie Besorgnis darüber aus, dass die 100 Milliarden Dollar zur Klimafinanzierung bisher international nicht erreicht worden sind. Außerdem forderten sie weitere 200 Milliarden jährlich für Biodiversitätsschutz. Zusagen in dieser Größenordnung sind eher unwahrscheinlich.

Das kann ein Ergebnis der COP28 sein:

Die Regenwaldstaaten hoffen auf hohe Finanzzusagen zum Schutz der Wälder. Die Forest & Climate Leaders’ Partnership wird auf der COP28 ihre Fortschritte präsentieren und Zielmarken für das nächste Jahr setzen. Es soll vor allem um inklusive Transformation von ländlichem Raum gehen, von der lokale Gemeinschaften und Indigene profitieren. Entwaldung wird auf der COP aller Voraussicht nach auch beim Thema nachhaltige Ernährungssysteme eine Rolle spielen.

  • COP28
  • Klimafinanzierung
  • Nachhaltige Ernährungssysteme
  • Wald

Termine

2. Dezember, 9 Uhr, B8: Plenaries & Meeting Rooms – Al Waha Theatre
Leaders’ Event: Youth & Education – The Latent Force of Climate Action
Die Förderung der Jugend und unterrepräsentierter Stimmen im UNFCCC-Prozess ist eine der Hauptprioritäten der COP28-Präsidentschaft. Die Veranstaltung zum Thema Jugend und Bildung auf dem World Climate Action Summit wird Staatsoberhäupter, Delegationsleiter, nicht-staatliche Akteure, Jugendliche und Kinder sowie Pädagogen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenbringen. Jugendliche und Kinder werden ihre Visionen für die Klimapolitik und für die COP28 und darüber hinaus darlegen, u. a. durch das Global Youth Statement. Infos

2. Dezember, 11.45 Uhr, UNEP Pavilion
Podiumsdiskussion Unlocking sustainable investment in nature-based solutions for climate action
Die Veranstaltung behandelt die Kosteneffizienz naturbasierter Lösungen bei der Bewältigung der Herausforderungen der Klimaresilienz einsetzen und ihre wirtschaftlichen Vorteile hervorheben. Außerdem werden innovative Praktiken zur Klimaanpassung vorgestellt, wie z. B. die Wiedervernässung von Mooren. Infos

2. Dezember, 17 Uhr, Global Renewables Hub
Verhandlung High Level Event on Tripling Renewable Energy Global Pledge
Auf dieser Veranstaltung diskutieren Regierungschefs und Minister den Weg zu einer Verdreifachung der erneuerbaren Energien und einer Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030. Folgende Ergebnisse werden erwartet:
– Identifizierung kritischer Erfolgsfaktoren, unmittelbare Umsetzungsmöglichkeiten
– Erkundung von Optionen für die Koordinierung
– Überwachung der Umsetzung des Versprechens sowie zukünftige Schritte.
Infos

2. Dezember, 18.30 Uhr, SE Room 5, Blue Zone
Diskussion How to raise ambition? New research on deepening emission cuts and enhancing economic opportunities
Auf der Veranstaltung sprechen u. a. mehrere Vertreterinnen und Vertreter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung darüber, welche Maßnahmen laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen dabei helfen, Emissionen noch stärker zu senken. Infos

News

Das Verhandeln beginnt: Neuer Abschlusstext mit vielen Fragezeichen

Während am ersten offiziellen Tag der COP28 auf der großen Bühne die Staats- und Regierungschefs der UN-Staaten ihre nationalen Statements verkündeten, begann im Maschinenraum die ernsthafte Arbeit: Die Co-Vorsitzenden der technischen Gremien SBSTA und SBI, der Niederländer Harry Vreuls und Nabeel Munir aus Pakistan, legten der Konferenz ihren Entwurf für die umfassende und offenbar einzige Abschlussentscheidung vor. Er fasst die vorangegangenen Debatten rund um die Bilanzierung der Klimaschutzbemühungen im Global Stocktake (GST) zusammen. Der Report definiert noch keine Lösungen, nennt aber die heißen Eisen, die in den nächsten zwölf Tagen geklärt werden müssen.

Das zwölfseitige Papier soll ein “Startpunkt für die Parteien sein, um den Text zu diskutieren”, heißt es von den Vorsitzenden. Es ist bereits die dritte Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem GST: Im September gab es einen Überblick über die Ergebnisse des “technischen Dialogs“. Dann fasste das Klimasekretariat UNFCCC die Ergebnisse von sich aus zusammen.

Nun also legen die Chefs des technischen Arms der COP ihre Version vor. Er wiederholt in weiten Teilen bekannte Sprache zu den Themen Präambel, Minderung, Anpassung, Finanzen, Technologietransfer, “Loss and Damage”, Antwortmaßnahmen (Response Measures), internationale Kooperation und “Weg nach vorn”. Die umstrittenen Themen haben die Autoren in Bulletpoints und kursiver Schrift aufgelistet, die “weitere Verhandlungen der Parteien erfordern”.

Das sind so ziemlich alle Punkte, um die sich die Debatten auf der COP28 drehen. Die wichtigsten unter ihnen:

  • Wie politisch hochrangig sollen in Zukunft die weiteren GSTs werden?
  • Wie bezieht man die Expertise des IPCC ein? Soll das Wissenschaftsgremium ein eigenes Gutachten zur Emissionsentwicklung nach 2030 und dem globalen Emissionspeak und zur Anpassung erstellen?
  • Gerechtigkeit, geteilte Verantwortlichkeiten (CBDR-RC), historische Emissionen und solche vor 2020
  • Auslaufen oder Herunterfahren (phase out, phase down) von fossilen Brennstoffen, keine neue Kohle
  • Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030
  • Ende der fossilen Subventionen
  • Kohlenstoff-Management und “Wege zur Kohlenstoff-Entfernung” (removal approaches)
  • Flugverkehr, Schifffahrt und Landverkehr mit Zeitrahmen für Null-Emissionsfahrzeuge
  • Reduzierung der Methan-Emissionen
  • Naturbasierter Klimaschutz, Ende der Entwaldung, Umgang mit Landwirtschaft, Schutz von Ozeanen
  • Kreislaufwirtschaft
  • Das globale Ziel für Anpassung und andere Fragen der Anpassung
  • Fortschritt beim Erreichen der 100 Milliarden Dollar Klimafinanzen
  • “Angemessenheit von Umfang und Qualität der Finanzierung”
  • Schuldenbelastungen
  • Pariser Ziel der Klimafinanzierung nach Art 2 (1) c, “shifting the trillions”
  • Das neue Finanzziel NCQG (New Collective Quantified Goal on Climate Finance), das nach 2025 die 100 Milliarden ablösen soll

In einer ersten Einschätzung hieß es vom US-Thinktank “World Resources Institute” (WRI), das Papier sei neben der Zusammenfassung der Ergebnisse auch interessant durch seine Auslassungen. Nicht angesprochen werde etwa:

  • Das Jahr 2035 als Marke für die neuen NDCs
  • Die Forderung des IPCC, bis 2035 die globalen Emissionen um 60 Prozent zu reduzieren
  • Die Bedeutung des GST für die nationalen NDC
  • Die drohenden Lücken bei der Finanzierung der Anpassung
  • Die Unklarheit, ob CCS unter die Techniken zur Kohlenstoff-Entfernung fällt
  • Die Rolle des Gebäude-Sektors bei Emissionsreduzierungen. bpo
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Mehr als 130 Länder wollen nachhaltigere Ernährungssysteme

Die Pariser Klimaziele sind nur erreichbar, wenn sich dafür auch Landwirtschaft und Ernährung verändern. Das besagt die “Erklärung über nachhaltige Landwirtschaft, widerstandsfähige Ernährungssysteme und Klimaschutz”, auf die sich die Staats- und Regierungschefs aus mehr als 130 Ländern auf dem Klimagipfel in Dubai geeinigt haben. Zu den Unterzeichnern gehören die Europäische Union, die USA, Brasilien, China und die Ukraine.

Es ist die erste Erklärung dieser Art. Bisher spielten Landwirtschaft und Ernährung in der internationalen Klimapolitik – und oft auch auf nationaler Ebene – kaum eine Rolle. Dabei sind die Auswirkungen der Erderwärmung nicht nur in der Landwirtschaft zu spüren – der Agrarsektor schadet dem Klima etwa durch seinen Energiebedarf oder Methanemissionen.

Daneben wurde in Dubai auch Geld für eine klimafreundliche Ausrichtung des Agrarsektors versprochen. Insgesamt seien 2,5 Milliarden US-Dollar “mobilisiert” worden, sagte Mariam bint Mohammed Almheiri, Ministerin für Klimawandel und Umwelt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Gemeinsam mit der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung kündigten die VAE eine 200-Millionen-Dollar-Partnerschaft an, die sich auf Agrarforschung, technische Innovationen und deren Finanzierung konzentriert. Sie soll die Umsetzung der Erklärung der Staats- und Regierungschefs unterstützen.

Eine Neuausrichtung der Agrarpolitik

In ihrer Erklärung definierten die Staats- und Regierungschefs fünf übergeordnete Ziele. Sie wollen:

  • Landwirte, Fischer und andere Nahrungsproduzenten besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels wappnen und zugleich die Natur schützen, unter anderem durch technische und finanzielle Unterstützung und Frühwarnsysteme,
  • Ernährungssicherheit und (gesunde) Ernährung verbessern, etwa durch Schulmahlzeiten und gezielte Forschung. Das soll vor allem Frauen, Kindern, lokalen und indigenen Gemeinschaften und anderen besonders verwundbaren Gruppen zugutekommen.
  • Menschen besser unterstützen, die in der Landwirtschaft und im Ernährungssystem arbeiten und deren Existenzgrundlage durch den Klimawandel gefährdet sind,
  • Das Wassermanagement in der Landwirtschaft stärken,
  • Klima- und Umweltvorteile maximieren und zugleich mögliche Schäden minimieren.

Um das zu erreichen, versprechen sie:

  • Landwirtschaft und Ernährung bis zur COP30, also im Jahr 2025, in ihre Klimaanpassungspläne (NAPs), Klimaziele (NDCs), Langfrist-Klimastrategien und weitere Planungen zu integrieren.
  • Ihre Landwirtschafts- und Ernährungspolitik zu überprüfen und, falls nötig, neu auszurichten.
  • Für einen besseren Zugang zu Finanzierung zu sorgen, auch durch privates Geld, Public-Private-Partnerships oder durch die Mittel von Stiftungen.
  • Neue technische Entwicklungen auf der Grundlage von Wissenschaft und auch von traditionellem, indigenem Wissen zu beschleunigen und in die Fläche zu bringen.
  • Das regelbasierte, offene Welthandelssystem mit der Welthandelsorganisation (WHO) als Kern zu stärken.

Im kommenden Jahr wollen sie ihre Fortschritte auf der COP29 überprüfen. ae

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Reden der Staatschefs: Neue Zusagen, manchmal Stirnrunzeln

In ihrem gestrigen Reden auf der COP28 sprachen sich Regierungschefs zahlreicher Staaten für ein gemeinsames Vorgehen gegen die Klimakrise aus. UN-Generalsekretär António Guterres fand einmal mehr deutliche Worte: “Wir können einen brennenden Planeten nicht mit einem Feuerwehrschlauch voller fossiler Brennstoffe retten”. Er sprach sich für ein Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe aus, und forderte, sich nicht mit Reduktion und Verminderung (“Abatement”) zufriedenzugeben.

Neben viel Selbstlob für eigene Klimaanstrengungen gab es einige feste Zusagen der Regierungschefs:

  • Indien bewarb sich in Person von Präsident Narendra Modi um die Ausrichtung der COP33 im Jahr 2028.
  • Qassym-Schomart Toqajew, Präsident von Kasachstan, kündigte an, dass sich das Land dem Global Methane Pledge zur Reduktion der Methanemissionen um 30 Prozent bis 2030 anschließen werde. Kasachstan verursacht weltweit am zwölft meisten Methan aus der Öl- und Gasproduktion.
  • Emmanuel Macron, französischer Präsident, versprach, bis 2027 alle Kohlekraftwerke zu schließen. Sie machen allerdings schon heute nur 0,7 Prozent der Stromerzeugung Frankreichs aus.
  • Fumio Kishida, Premierminister Japans, sagte, Japan werde keine neuen Kohlekraftwerke ohne CCS-Technologie mehr bauen. Im Bau befindliche Kraftwerke werden jedoch ohne die Technologie zum Auffangen und Speichern von CO₂ fertiggestellt.
  • Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wiederholte die Zusage, die Entwaldung im Amazonas-Regenwald bis 2030 zu beenden. Zudem sei es nötig, für eine geringere Abhängigkeit vom Öl zu arbeiten. Kurz vor Lulas Rede war bekannt geworden, dass Brasilien überlegt, der OPEC beizutreten.

Zudem gab es folgende Zusagen für den neuen Loss and Damage Fund:

  • Italien 109 Millionen US-Dollar
  • Frankreich 109 Millionen Dollar
  • Dänemark 25 Millionen Dollar
  • Kanada 11,8 Millionen Dollar
  • Spanien 21 Millionen Dollar zu. nib
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  • Fossile Industrien
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Weltbank will neun Milliarden mehr für Klimaschutz geben

Der Präsident der Weltbank, Ajay Banga, sagte am Freitag auf der COP28, dass die Entwicklungsbank bis 2025 45 Prozent ihrer jährlichen Finanzierungen für klimabezogene Projekte bereitstellen wird. Bisher strebt die Bank einen Anteil von 35 Prozent an. “Wir schalten einen Gang höher und setzen mehr als 40 Milliarden Dollar pro Jahr ein – etwa neun Milliarden Dollar mehr als das ursprüngliche Ziel”, sagte Banga. Die Mittel sollen gleichmäßig auf Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen und Projekte zur Anpassung an den Klimawandel verteilt werden.

Auch eine kürzlich eingeführte Ausnahmeklausel für den Schuldendienst soll erweitert werden. Die Klausel sieht einen Zinsstopp vor, wenn bei der Weltbank verschuldete Staaten von klimabedingten Katastrophen wie Wirbelstürmen oder Überschwemmungen getroffen werden. Sie soll nun auf alle bestehenden Weltbankkredite der am meisten gefährdeten Staaten ausgeweitet werden und nicht mehr nur Tilgungs-, sondern auch Zinszahlungen abdecken. nib/rtr

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Umfrage: Kein Generationenkonflikt beim Klimaschutz

Laut einer repräsentativen Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung gibt es keinen Generationenkonflikt beim Klima. Altersgruppen über 55 Jahre sei der Klimaschutz sogar wichtiger als jüngeren Generationen. In der Altersgruppe 56 bis 65 Jahre gaben 44 Prozent an, es sei Ihnen sehr wichtig, das Klima zu schützen. Bei 26- bis 35-Jährigen lag der Wert bei 30 Prozent. Allerdings sind junge Menschen eher dazu bereit, der Bekämpfung des Klimaschutzes Vorrang vor Wirtschaftswachstum zu geben. Die Unterschiede sind jedoch nicht allzu ausgeprägt. Insgesamt plädieren die Befragten für einen Ausgleich zwischen Wachstum und Klimaschutz. Die KAS hatte über 4.000 in Deutschland wohnende Menschen per Telefonumfrage befragt.

Immerhin 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Bedrohung durch den Klimawandel “sehr große” (26 Prozent) oder große Angst” (44 Prozent) bereite. Das ist sogar etwas mehr als die Angst vor den Spannungen zwischen Europa und Russland (67 Prozent). Besonders jüngere Generationen und Frauen gaben an, “sehr große Angst” vor den Bedrohungen durch den Klimawandel zu haben. nib

  • Klimaschutz

Standpunkt

Kanzler Olaf Scholz muss seine LNG-Pläne überdenken

Von Kathrin Henneberger
Kathrin Henneberger, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen.

Ein aktueller Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP warnt: Die bisherigen Zusagen für Klimaschutz führen (wenn sie umgesetzt werden) dazu, dass die globale Durchschnittstemperatur bis 2050 um drei Grad steigt. Damit könnten gefährliche Kipppunkte unseres Klimasystems überschritten werden. Maßnahmen, die jetzt getroffen werden, Infrastruktur, die jetzt finanziert und gebaut wird, entscheiden, ob wir das noch aufhalten können.

Deshalb müssen wir uns beschäftigen mit den Fragen: Woher kommt jetzt das Erdgas in Deutschland und welche langlebige Infrastruktur wird dafür gebaut? Welche Rahmenbedingungen können auf der COP28 in Dubai gesetzt werden, um global einen Ausstieg aus der fossilen Energie zu erwirken? Auf der UN-Klimakonferenz werden wichtige Weichen gestellt. In Dubai wird unter anderem über einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen verhandelt und über das Ziel, den Ausbau der Erneuerbaren zu verdreifachen.

Bundeskanzler Olaf Scholz sollte dieses Ziel auf der COP28 klar unterstützen und vorantreiben. Gleichzeitig muss die deutsche Regierung aber auch zu Hause die notwendigen Konsequenzen ziehen und den Infrastrukturausbau für LNG-Importe einschränken. Schon die derzeitigen Pläne laufen laut Berechnungen des New Climate Institute auf eine Überkapazität hinaus.

Eine Exit-Strategie für Erdgas

Stellen Sie sich vor, Sie bringen Ihr Kind in den Kindergarten, oder Sie müssen ins Krankenhaus – und neben dem Kindergarten oder hinter dem Krankenhaus wird Erdgas gefördert. Stellen Sie sich vor, in Sichtweite Ihres Hauses bläst eine Industrieanlage mehrmals täglich ohne legale Folgen ungehindert Methan in die Luft. Genauso sieht die Realität für viele Menschen in Texas und Louisiana aus. Von dort aus wird Liquefied Natural Gas (LNG) auch nach Deutschland verschifft, und dort sollen neue LNG-Terminals entstehen, um noch mehr LNG, primär gefördert über das besonders umweltschädliche Fracking, auch zu uns zu transportieren.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, wie falsch es war, die Energieversorgung Deutschlands von Russland abhängig zu machen. Um die Treibhausgasemissionen zu senken, hätte man den Verbrauch von Erdgas in Industrie und Wärme schon viel früher und entschlossener senken müssen.

Auf der Suche nach kurzfristigen Lösungen, um unabhängig von russischem Gas zu werden, entsteht jetzt eine langfristige Infrastruktur und werden langfristige Lieferverträge unterzeichnet, die erneut in einen fossilen Lock-In führen. Die globale Transformation der Energiewirtschaft wird ausgebremst. Die Klimaziele gehen über Bord der LNG-Lieferschiffe, die über die Weltmeere schippern.

Folgen für die Menschen in Louisiana und Texas

Die Ungerechtigkeit der Klimakrise beginnt dort, wo fossiler Extraktivismus stattfindet. Dessen Auswirkungen für die Bevölkerung in Louisiana und Texas sind grausam. Die Region wird auch Cancer Alley genannt, weil dort überdurchschnittlich hohe Krebsraten registriert werden. Aufgrund der Luftverschmutzung ist auch das Risiko der Menschen, an Corona zu erkranken, besonders hoch. Fracking-Anlagen werden direkt neben Wohngebieten gebaut, LNG-Häfen liegen direkt neben Naturschutzgebieten. Durch Lecks wird Methangas in großen Mengen frei.

Die Menschen in der Region sind diese Art des Extraktivismus und der Umweltverschmutzung traurigerweise schon gewöhnt. Diese begann bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Entdeckung von größeren Ölvorkommen, woraufhin sich zahlreiche Ölraffinerien und petrochemische Anlagen in der Region ansiedelten. Besonders von den Umweltfolgen betroffen sind afroamerikanische, indigene und Latino-Gemeinden.

Im vergangenen Sommer habe ich die Region besucht, mit Betroffenen gesprochen und die Orte gesehen, wo neue LNG-Terminals entstehen sollen. In der Nähe von New Orleans, wo derzeit der neue LNG-Standort Plaquemines gebaut wird, traf ich Jessi Parfait von der indigenen Houma Nation, Campaignerin der Umweltorganisation Sierra Club. LNG sei weder ein sauberer Brennstoff, noch sollte es als Brückentechnologie genutzt werden, sagte sie mir. Ihre Botschaft auch an die Deutschen: Der Golf – ihre Heimat – werde nicht länger eine “Opferzone” für den Rest der Welt sein.

Fossiler Ausstieg auch in Deutschland

Währenddessen baut Deutschland seine LNG-Importinfrastruktur erheblich aus, unter anderem mit einem geplanten Terminal auf Rügen. Der Großteil des LNG kommt aus den USA, von den erwähnten LNG-Terminals am Golf von Mexiko. Mehrere deutsche Firmen haben hier neue, langfristige Lieferverträge geschlossen:

  • Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) will von 2026 an jährlich 2,7 Milliarden Kubikmeter LNG nach Deutschland importieren. Details des Vertrags mit dem US-Unternehmen Plaquemines LNG sind vertraulich, Umweltorganisationen zufolge läuft er über 20 Jahre. Umweltschützer sagen auch: Wegen der fortschreitenden Küstenerosion sei nicht einmal sicher, dass die Region bis dahin überhaupt noch existiere.
  • Ein Kaufvertrag von SEFE über 2,25 Millionen Tonnen LNG pro Jahr aus Calcasieu Pass (Louisiana) läuft ebenfalls über 20 Jahre. Rings um Calcasieu Pass gibt es Feuchtgebiete und Sumpflandschaften, es ist ein einzigartiges Ökosystem und ein wichtiger Ort für Zugvögel – und genau hier sind neue LNG-Terminals geplant.
  • RWE hält im texanischen Port Arthur einen 15-jährigen Liefervertrag über 2,25 Millionen Tonnen LNG pro Jahr. Wenige Meter neben den Anlagen für Petrochemie befinden sich hier die Wohnviertel der schwarzen Bevölkerung. Port Arthur ist besonders für einen hier tief verankerten Umweltrassismus bekannt.
  • Deutsche Banken beteiligen sich an der Finanzierung der neuen Terminals.

Um die Klimakrise aufzuhalten, Ökosysteme zu erhalten und Menschenrechte zu schützen, müssen wir nicht nur auf der COP28 den Ausstieg aus den fossilen Energien vereinbaren – deutsche Unternehmen dürfen auf der Suche nach neuen Gasimporten nicht mit langen Lieferverträgen und neuen Terminals fossile Wirtschaftsstrukturen festigen.

Kathrin Henneberger sitzt seit 2021 für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Sie ist Mitglied im Ausschuss Klima und Energie sowie Obfrau im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und in ihrer Fraktion zuständig für Klimagerechtigkeit. 

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Climate.Table Redaktion

CLIMATE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    am 2. Tag der COP28 begann das große Schaulaufen der Staats- und Regierungschefs. In jeweils dreiminütigen Reden mahnten sie zu mehr Klimaschutz. Neue Zusagen gab es dabei kaum. Einiges sorgte auch für Stirnrunzeln: Macron kündigte einen Kohleausstieg bis 2027 an, obwohl die Kohle weniger als ein Prozent des Energiemixes ausmacht. Lula plädierte für eine Wirtschaft mit weniger Ölverbrauch – Brasilien überlegt aber, der OPEC beizutreten, wie kürzlich bekannt wurde.

    Für Aufregung sorgte eine Zusage des Gastgebers, der Vereinigten Arabischen Emirate, 30 Milliarden für einen Klimainvestmentfonds bereitstellen zu wollen. Zahlreiche Medien berichteten von der hohen Summe – aber viele Details sind noch unklar. Das Hebeln privater Gelder hat in der Vergangenheit selten so in dem Ausmaß geklappt wie erhofft. Wir werden uns auf der COP die vielen neuen Finanzierungsvorschläge noch genauer anschauen.

    Auch die Weltbank will mehr Geld mobilisieren, durch Kohlenstoff-Zertifikate aus dem Waldschutz. Die Entwicklungsbank verspricht, einen robusten und gut kontrollierten Ansatz, bei dem es wenig Möglichkeiten des Greenwashings geben soll. Alexandra Endres und Lisa Kuner haben jedoch einige Kritikpunkte ausgemacht.

    Olaf Scholz konnte gestern einen Erfolg feiern: Sein Klimaclub wurde auf der COP28 offiziell gegründet. Von der eigentlichen Idee hinter dem Klimaclub ist wenig geblieben, wie Lukas Scheid berichtet.

    Beste Grüße

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Scholz’ Klimaclub: Was man erwarten kann und was nicht

    Olaf Scholz startet seinen Klimaclub auf der COP28.

    Es war das Vorhaben, mit dem Olaf Scholz noch während des Wahlkampfes 2021 für sich als möglicher Klimakanzler warb, und das später im Kreise der G7 unter deutscher Präsidentschaft konkretisiert wurde. Auf der COP28 wurde der Klimaclub nun offiziell gegründet und kann seine Arbeit aufnehmen. 35 Länder nehmen bereits teil, auch die Europäische Union ist mit von der Partie. Weitere sollen folgen, kündigte Scholz am Freitag in Dubai an.

    Das Ziel: Die Dekarbonisierung besonders emissionsintensiver Industrien wie Stahl und Zement in den teilnehmenden Ländern voranzutreiben, indem gemeinsame Standards entwickelt und die individuellen Maßnahmen zur Dekarbonisierung abgestimmt werden.

    Der Klimaclub soll ein Forum bieten, um:

    • Klimaschutzmaßnahmen zur schnelleren Treibhausgasminderung zu diskutieren und zu koordinieren
    • vergleichbare und interoperable Berechnungsmethoden für die CO₂-Intensität und die Definitionen von emissionsfreien Produkten festzulegen
    • Risiken von CO₂-Abwanderung (Carbon Leakage) von emissionsintensiven Industrien zu minimieren
    • Märkte für grünen Industrieprodukte auszubauen
    • Partnerschaften und Kooperationen zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern zur industriellen Dekarbonisierung zu fördern und öffentliche wie private Investitionen zu mobilisieren.

    All-Inclusive-Club statt Industriestaatenprojekt

    Ursprünglich sollte der Club mal deutlich weiter gehen und die Vorreiter beim Klimaschutz vor Carbon Leakage schützen, indem Handelsbarrieren für grüne Produkte zwischen Club-Mitgliedern abgebaut werden. Der globale Süden und zahlreiche Schwellenländer wären praktisch ausgeschlossen gewesen und nur eine Gruppe ambitionierter Industrieländer hätte sichergestellt, dass die wichtigsten Handelspartner kein Risiko für heimische Industrien und deren Arbeitsplätze darstellen.

    Mittlerweile ist “Inklusivität” das Markenzeichen des Klimaclubs und bietet auch Ländern des globalen Südens die Möglichkeit, an den Gesprächen über die Dekarbonisierung der Industrie teilzunehmen. Unter anderem Vanuatu, Kenia, Ägypten und Kolumbien nehmen teil, was die weltweite Akzeptanz des Klimaclubs deutlich vergrößert. Ihre Erwartungen dürften darin liegen, die Normen für die Bemessung von CO₂-neutralen Produkten mitzubestimmen, Industriestaaten zu möglichst ambitionierten Dekarbonisierungsplänen zu drängen oder die Anerkennung der eigenen Dekarbonisierungspläne zu erhalten.

    Zudem ist mit Indonesien auch ein Schwellenland und Großemittent vertreten, was weitere Länder wie Brasilien oder Indien locken könnte. Langfristig soll der Club außerdem auch andere Industriezweige einschließen, sobald die Arbeitsweise an den schmutzigsten Produkten getestet ist. Wenn der Klimaclub es also schafft, weltweite Standards zur Bemessung der Emissionsintensität von Stahl und Zement zu etablieren, könnte das Interesse an dem Projekt deutlich zunehmen. Schließlich gibt es bislang kaum internationale Gesprächsforen für Normen und Standards für die Dekarbonisierung.

    Was der Klimaclub nicht leisten soll, ist:

    • öffentliche Finanzmittel für Länder des globalen Südens bereitstellen, um die Dekarbonisierung zu finanzieren
    • bestimmte Maßnahmen oder Instrumente zur Dekarbonisierung vorbestimmen oder priorisieren
    • eine eindeutige Definition liefern, was klimaneutraler Stahl oder Zement ist
    • Ausnahmen von handels- und klimapolitischen Instrumenten wie dem europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM bieten, es sei denn Länder erfüllen die EU-Kriterien für CBAM-Ausnahmen
    • Konsequenzen für Mitglieder, die keine Maßnahmen zur Dekarbonisierung ergreifen.

    Ohne China und Indien ein zahnloser Tiger?

    Hinter vorgehaltener Hand wird auch Kritik am Klimaclub aus Mitgliederkreisen geäußert. Die enge Verknüpfung mit der G7 sei unklug, da China dadurch verprellt werde. Als weltgrößter Stahl- und Zementproduzent wäre China jedoch ein elementarer Partner bei der Dekarbonisierung dieser Industrien. Berechnungsstandards ohne die Einbeziehung Pekings hätten somit kaum positive Wirkung auf globale Lieferketten.

    Auch Indien – ein heiß umworbener Beitrittskandidat – traut dem Klimaclub offenbar noch nicht ganz. An gemeinsamen Standards für die Bemessung von CO₂-freien Produkten dürfte Indiens Industrie allerdings großes Interesse haben. Das Land befindet sich bereits in intensivem Austausch mit der EU, wie die eigene Industrie vor hohen Grenzabgaben durch den CBAM geschützt wird und diskutiert dazu auch einen eigenen CO₂-Preis für bestimmte Sektoren. Die Gespräche über einen Beitritt Indiens zum Klimaclub laufen. Es heißt, Neu-Delhi sei interessiert, aber zugleich zögerlich, da man noch abwarten möchte, welche Auswirkungen eine Teilnahme für die indische Industrie hätte.

    Bis Ende 2025 haben Deutschland und Chile den Vorsitz des Klimaclubs inne. Ein Interim-Sekretariat wurde zudem bei OECD und IEA eingerichtet, bis das permanente Sekretariat im kommenden Jahr steht. Die Anschubfinanzierung von 20 Millionen Euro kommt ebenfalls von der Bundesregierung.

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    Wie die Weltbank Wald-Zertifikate vorantreiben will

    Waldzerstörung in Indonesien
    Waldzerstörung in Indonesien. Das Land ist an der Weltbank-Roadmap beteiligt.

    Die Weltbank hat auf der COP28 in Dubai Pläne vorgestellt, die das Wachstum von “hoch integren” globalen Kohlenstoffmärkten erleichtern sollen. Der verstärkte Handel nach Weltbankstandards soll bereits im kommenden Jahr beginnen. An der “World Bank Engagement Roadmap for High-Integrity Carbon Markets” beteiligen sich 15 Länder: Chile, Costa Rica, Elfenbeinküste, die Demokratische Republik Kongo, die Dominikanische Republik, Fidschi, Ghana, Guatemala, Indonesien, Laos, Madagaskar, Mosambik, Nepal, die Republik Kongo und Vietnam. Ihre Kohlenstoff-Zertifikate sollen durch Waldschutz generiert werden.  

    Durch den Handel mit den Zertifikaten könnten “mit natürlichen Ressourcen, zum Beispiel Wäldern, gesegnete Länder und Gemeinden” sich künftig “Millionen oder gar Milliarden Dollar an neuem Einkommen erschließen”, schreibt die Bank. 

    Demnach könnten durch die Initiative im kommenden Jahr bereits mehr als 24 Millionen Zertifikate ausgegeben werden. Bis 2028 könnte die Zahl auf 126 Millionen steigen. Günstige Marktbedingungen vorausgesetzt, könnte mit den Zertifikaten bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar an Einkommen erzielt werden, schätzt die Bank. “Ein großer Teil davon könnte an die Gemeinden und Länder zurückfließen”. 

    Kritik am Zertifikatehandel 

    Der Handel mit solchen Waldschutzzertifikaten war in den vergangenen Monaten stark in die Kritik geraten, denn ihre Klimaschutzwirkung ist umstritten. In mehreren Fällen haben Recherchen und Studien gezeigt, dass durch Waldschutz viel weniger CO₂ eingespart worden war, als die Papiere verbrieft hatten.  

    Der Effekt kann etwa durch unklare Buchhaltungsregeln entstehen. Zudem ist es nicht einfach festzustellen, wie viel Entwaldung ohne ein zertifiziertes Schutzprojekt geschehen wäre. Die Bilanzierung der Kohlenstoffspeicherung im Wald ist komplex. Manchmal führen Waldprojekte auch dazu, dass Abholzung woanders stattfindet. Ihre Schutzwirkung kann zeitlich begrenzt sein – Waldbrände können den Wald beispielsweise schnell vernichten. Oft wird auch kritisiert, dass die Projekte negative Auswirkungen auf indigene und lokale Gemeinden haben.

    Weltbank betont Integrität der Zertifikate

    Die Weltbank will das vermeiden. Sie sagt, ihre Zertifikate seien aus zwei Gründen besonders integer:  

    • bezogen auf die Umweltwirkung: Die Weltbank will sicherstellen, dass die Zertifikate nur einmal ausgegeben und gezählt werden, und dass sie auf einer realen Grundlage basieren sowie zusätzlichen, permanenten und messbaren Klimaschutz bedeuten.
    • bezogen auf ihre sozialen Auswirkungen: Indigene und lokale Gemeinschaften sollen besonders von den Zertifikaten profitieren.

    Jedes Zertifikat soll von einer dritten Partei geprüft und verifiziert werden. Dass Waldschutz in einer Region zu mehr Entwaldung anderswo führt, soll ebenfalls vermieden werden. Die Länder sollen selbst entscheiden können, wie sie ihre Zertifikate verwenden, zum Beispiel für zusätzliche Einkommen oder indem sie die Zertifikate in ihren nationalen Klimazielen (NDCs) verbuchen. Das ist ein klarer Verweis auf das Pariser Klimaabkommen.

    Vorsichtige und zweifelnde NGOs

    Gilles Dufrasne von der Nichtregierungsorganisation Carbon Market Watch bezweifelt jedoch, dass die Weltbank-Zertifikate besser wirken als andere: “Ich sehe nicht, warum diese Initiative vertrauenswürdiger sein sollte als andere”, sagt er. Dufrasne sieht trotz der Beteuerung die Gefahr, dass eine große Menge an “Junk Credits” ausgegeben werde.

    In der Realität sei es kaum möglich, alle Probleme rund um Waldzertifikate zu kontrollieren. Da es so viele Unsicherheiten gebe, seien “Waldzertifikate grundsätzlich ungeeignet für Kompensation oder quantifizierbare Einsparungen von CO₂”.

    Trotzdem könne er verstehen, dass Entwicklungsländer versuchen, Waldzertifikate zu verkaufen: “Die Länder suchen händeringend nach Finanzierungsmöglichkeiten für Waldschutz“, sagt er. Er sei systemisches Versagen, dass das Geld nicht auf anderem Weg bereitgestellt werde.

    Levi Sucre Romero, ein Angehöriger der Bribri aus Costa Rica und Koordinator der Mesoamerikanischen Allianz von Völkern und Wäldern, äußerte sich ebenfalls vorsichtig. “Ob wir als indigene Völker diesen Plan begrüßen, wird davon abhängen, welche Bedingungen er für die nationale REDD+-Strategie formuliert“, sagte er. Im Fall Costa Ricas gebe es einen solchen klaren Rahmen, der zwischen den indigenen Völkern und der Regierung vereinbart sei, doch sein Land stelle eine Ausnahme dar. In anderen Ländern, die an der Roadmap beteiligt seien, sei das noch nicht der Fall. “Dort wird jedes Volk selbst entscheiden müssen.” Die Rechte der Indigenen müssten aber in jedem Fall gewahrt bleiben.

    Märkte werden wohl wachsen

    Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens sieht vor, dass Emissionsminderungen (Internationally Transferred Mitigation Outcomes, ITMOs) zwischen Staaten handelbar sind. Das bezieht sich insbesondere auf Waldschutz, oftmals werden darunter Ergebnisse von REDD+-Programmen verstanden. Auf der COP26 in Glasgow wurden dazu einige Details vereinbart. Aber wie genau die Kohlenstoffmärkte nach Artikel 6 insgesamt geregelt werden sollen, ist noch nicht geregelt.  

    Davon abzugrenzen sind freiwillige Kohlenstoffmärkte (Voluntary Carbon Markets), auf denen Unternehmen Zertifikate handeln, um ihre selbst gesetzten Klimaziele zu erfüllen. Die Weltbank geht davon aus, dass der Markt für Kohlenstoff-Zertifikate wachsen wird. Sie erwartet, dass gerade die freiwillig gehandelten Zertifikate dabei zunächst eine größere Rolle spielen müssen, unter anderem, weil die Infrastruktur und Institutionen in vielen Ländern noch nicht auf den Handel nach Artikel 6 ausgelegt sei.  

    Doch dafür müssten die freiwilligen Märkte strengen Regeln genügen, gut kontrolliert werden und transparent sein, so die Weltbank. Ihre Roadmap soll dazu beitragen, “das Potenzial zu erschließen”. 

    Die Roadmap basiert auf der Forest Carbon Partnership Facility (FCPF), in der die Weltbank seit 2008 gemeinsam mit Regierungen und lokalen Gemeinden Kohlenstoffmärkte vorantreibt. Doch auch die FCPF wird immer wieder dafür kritisiert, dass sie wenig konkrete Ergebnisse im Waldschutz vorweisen kann. 

    Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier. 

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    Hintergrund: Entwaldung bis 2030 stoppen

    Bis 2030 will die Weltgemeinschaft Entwaldung eigentlich stoppen.

    Darum geht es:

    Die globale Entwaldung soll bis 2030 gestoppt werden. Auf der COP26 in Glasgow haben sich die Staats- und Regierungschefs mit dem Forest Pledge dazu verpflichtet, Wälder zu erhalten und Waldbrände zu bekämpfen. Außerdem wollen sie nachhaltige Landwirtschaft fördern und indigene Gemeinschaften unterstützen. Auch die Gelder für diese Ziele sollen “deutlich” erhöht werden. Reiche Länder versprachen zwischen 2021 und 2025 zwölf Milliarden Dollar Klimafinanzierung für den Waldschutz. Zuvor hatte sich schon im Jahr 2014 in der New York Declaration on Forests eine kleinere Gruppe von Akteuren ähnlichen Zielen verschrieben. Auf der COP27 hatte sich im vergangenen Jahr zudem die Forest and Climate Leaders’ Partnership gegründet. Sie sollte die Einhaltung des Forest Pledge unterstützen.

    Deshalb ist das Thema wichtig:

    • Entwaldung, oder allgemeiner: Landnutzungsveränderung, ist einer der großen Treiber des Klimawandels.
    • Wälder sind gigantische Kohlenstoffsenken, jährlich nehmen sie rund 7,6 Milliarden Tonnen CO₂ auf. Das ist rund 1,5 so viel wie die USA im Jahr ausstoßen.
    • Wenn die Wälder zu stark zerstört sind, beginnen sie CO₂ abzugeben, statt aufzunehmen. Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob das beim Amazonasregenwald bereits der Fall ist.

    Das sind die Details:

    • Seit 2016 sind mehr als 140 Länder dem Forest Pledge beigetreten, also der Vereinbarung, die globale Entwaldung zu stoppen.
    • Zu den Unterzeichnern gehören auch große Regenwaldnationen wie Brasilien, Indonesien oder die Demokratische Republik Kongo. Rund 90 Prozent der globalen Waldflächen werden vom Forest Pledge geschützt. Gleichzeitig sind wichtige G20-Staaten wie Indien, Südafrika oder Saudi-Arabien der Verpflichtung nicht beigetreten. Auch die Regenwaldnation Bolivien ist nicht dabei.
    • Bisher ist die globale Gemeinschaft nicht auf dem richtigen Weg, um dieses Ziel zu erreichen: 2022 nahm die globale Entwaldung im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent zu. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht von der Plattform Forest Declaration Assessment.
    • Global gibt es große Unterschiede: Indonesien und Malaysia sind beispielsweise auf einem guten Weg ihre Ziele zu erreichen, aber gerade lateinamerikanische Staaten sind besonders weit davon entfernt. Im vergangenen Sommer sind die Amazonasstaaten auf dem Amazon Summit daran gescheitert, sich auf ein Ende der Entwaldung bis 2030 zu einigen, Bolivien und Venezuela stimmten gegen einen entsprechenden Vorschlag.
    • Entwaldung zu beenden, ist aber nicht einfach – oftmals hängen mit der Abholzung starke wirtschaftliche Interessen zusammen.

    Daran kann es scheitern:

    Wie bei so vielen Themen auf der COP geht es ums Geld: Im Sommer hatten die Regenwaldnationen auf einem gemeinsamen Gipfel mehr Geld für den Waldschutz gefordert. In einem gemeinsamen Statement drückten sie Besorgnis darüber aus, dass die 100 Milliarden Dollar zur Klimafinanzierung bisher international nicht erreicht worden sind. Außerdem forderten sie weitere 200 Milliarden jährlich für Biodiversitätsschutz. Zusagen in dieser Größenordnung sind eher unwahrscheinlich.

    Das kann ein Ergebnis der COP28 sein:

    Die Regenwaldstaaten hoffen auf hohe Finanzzusagen zum Schutz der Wälder. Die Forest & Climate Leaders’ Partnership wird auf der COP28 ihre Fortschritte präsentieren und Zielmarken für das nächste Jahr setzen. Es soll vor allem um inklusive Transformation von ländlichem Raum gehen, von der lokale Gemeinschaften und Indigene profitieren. Entwaldung wird auf der COP aller Voraussicht nach auch beim Thema nachhaltige Ernährungssysteme eine Rolle spielen.

    • COP28
    • Klimafinanzierung
    • Nachhaltige Ernährungssysteme
    • Wald

    Termine

    2. Dezember, 9 Uhr, B8: Plenaries & Meeting Rooms – Al Waha Theatre
    Leaders’ Event: Youth & Education – The Latent Force of Climate Action
    Die Förderung der Jugend und unterrepräsentierter Stimmen im UNFCCC-Prozess ist eine der Hauptprioritäten der COP28-Präsidentschaft. Die Veranstaltung zum Thema Jugend und Bildung auf dem World Climate Action Summit wird Staatsoberhäupter, Delegationsleiter, nicht-staatliche Akteure, Jugendliche und Kinder sowie Pädagogen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenbringen. Jugendliche und Kinder werden ihre Visionen für die Klimapolitik und für die COP28 und darüber hinaus darlegen, u. a. durch das Global Youth Statement. Infos

    2. Dezember, 11.45 Uhr, UNEP Pavilion
    Podiumsdiskussion Unlocking sustainable investment in nature-based solutions for climate action
    Die Veranstaltung behandelt die Kosteneffizienz naturbasierter Lösungen bei der Bewältigung der Herausforderungen der Klimaresilienz einsetzen und ihre wirtschaftlichen Vorteile hervorheben. Außerdem werden innovative Praktiken zur Klimaanpassung vorgestellt, wie z. B. die Wiedervernässung von Mooren. Infos

    2. Dezember, 17 Uhr, Global Renewables Hub
    Verhandlung High Level Event on Tripling Renewable Energy Global Pledge
    Auf dieser Veranstaltung diskutieren Regierungschefs und Minister den Weg zu einer Verdreifachung der erneuerbaren Energien und einer Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030. Folgende Ergebnisse werden erwartet:
    – Identifizierung kritischer Erfolgsfaktoren, unmittelbare Umsetzungsmöglichkeiten
    – Erkundung von Optionen für die Koordinierung
    – Überwachung der Umsetzung des Versprechens sowie zukünftige Schritte.
    Infos

    2. Dezember, 18.30 Uhr, SE Room 5, Blue Zone
    Diskussion How to raise ambition? New research on deepening emission cuts and enhancing economic opportunities
    Auf der Veranstaltung sprechen u. a. mehrere Vertreterinnen und Vertreter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung darüber, welche Maßnahmen laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen dabei helfen, Emissionen noch stärker zu senken. Infos

    News

    Das Verhandeln beginnt: Neuer Abschlusstext mit vielen Fragezeichen

    Während am ersten offiziellen Tag der COP28 auf der großen Bühne die Staats- und Regierungschefs der UN-Staaten ihre nationalen Statements verkündeten, begann im Maschinenraum die ernsthafte Arbeit: Die Co-Vorsitzenden der technischen Gremien SBSTA und SBI, der Niederländer Harry Vreuls und Nabeel Munir aus Pakistan, legten der Konferenz ihren Entwurf für die umfassende und offenbar einzige Abschlussentscheidung vor. Er fasst die vorangegangenen Debatten rund um die Bilanzierung der Klimaschutzbemühungen im Global Stocktake (GST) zusammen. Der Report definiert noch keine Lösungen, nennt aber die heißen Eisen, die in den nächsten zwölf Tagen geklärt werden müssen.

    Das zwölfseitige Papier soll ein “Startpunkt für die Parteien sein, um den Text zu diskutieren”, heißt es von den Vorsitzenden. Es ist bereits die dritte Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem GST: Im September gab es einen Überblick über die Ergebnisse des “technischen Dialogs“. Dann fasste das Klimasekretariat UNFCCC die Ergebnisse von sich aus zusammen.

    Nun also legen die Chefs des technischen Arms der COP ihre Version vor. Er wiederholt in weiten Teilen bekannte Sprache zu den Themen Präambel, Minderung, Anpassung, Finanzen, Technologietransfer, “Loss and Damage”, Antwortmaßnahmen (Response Measures), internationale Kooperation und “Weg nach vorn”. Die umstrittenen Themen haben die Autoren in Bulletpoints und kursiver Schrift aufgelistet, die “weitere Verhandlungen der Parteien erfordern”.

    Das sind so ziemlich alle Punkte, um die sich die Debatten auf der COP28 drehen. Die wichtigsten unter ihnen:

    • Wie politisch hochrangig sollen in Zukunft die weiteren GSTs werden?
    • Wie bezieht man die Expertise des IPCC ein? Soll das Wissenschaftsgremium ein eigenes Gutachten zur Emissionsentwicklung nach 2030 und dem globalen Emissionspeak und zur Anpassung erstellen?
    • Gerechtigkeit, geteilte Verantwortlichkeiten (CBDR-RC), historische Emissionen und solche vor 2020
    • Auslaufen oder Herunterfahren (phase out, phase down) von fossilen Brennstoffen, keine neue Kohle
    • Verdreifachung der Erneuerbaren und Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030
    • Ende der fossilen Subventionen
    • Kohlenstoff-Management und “Wege zur Kohlenstoff-Entfernung” (removal approaches)
    • Flugverkehr, Schifffahrt und Landverkehr mit Zeitrahmen für Null-Emissionsfahrzeuge
    • Reduzierung der Methan-Emissionen
    • Naturbasierter Klimaschutz, Ende der Entwaldung, Umgang mit Landwirtschaft, Schutz von Ozeanen
    • Kreislaufwirtschaft
    • Das globale Ziel für Anpassung und andere Fragen der Anpassung
    • Fortschritt beim Erreichen der 100 Milliarden Dollar Klimafinanzen
    • “Angemessenheit von Umfang und Qualität der Finanzierung”
    • Schuldenbelastungen
    • Pariser Ziel der Klimafinanzierung nach Art 2 (1) c, “shifting the trillions”
    • Das neue Finanzziel NCQG (New Collective Quantified Goal on Climate Finance), das nach 2025 die 100 Milliarden ablösen soll

    In einer ersten Einschätzung hieß es vom US-Thinktank “World Resources Institute” (WRI), das Papier sei neben der Zusammenfassung der Ergebnisse auch interessant durch seine Auslassungen. Nicht angesprochen werde etwa:

    • Das Jahr 2035 als Marke für die neuen NDCs
    • Die Forderung des IPCC, bis 2035 die globalen Emissionen um 60 Prozent zu reduzieren
    • Die Bedeutung des GST für die nationalen NDC
    • Die drohenden Lücken bei der Finanzierung der Anpassung
    • Die Unklarheit, ob CCS unter die Techniken zur Kohlenstoff-Entfernung fällt
    • Die Rolle des Gebäude-Sektors bei Emissionsreduzierungen. bpo
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    Mehr als 130 Länder wollen nachhaltigere Ernährungssysteme

    Die Pariser Klimaziele sind nur erreichbar, wenn sich dafür auch Landwirtschaft und Ernährung verändern. Das besagt die “Erklärung über nachhaltige Landwirtschaft, widerstandsfähige Ernährungssysteme und Klimaschutz”, auf die sich die Staats- und Regierungschefs aus mehr als 130 Ländern auf dem Klimagipfel in Dubai geeinigt haben. Zu den Unterzeichnern gehören die Europäische Union, die USA, Brasilien, China und die Ukraine.

    Es ist die erste Erklärung dieser Art. Bisher spielten Landwirtschaft und Ernährung in der internationalen Klimapolitik – und oft auch auf nationaler Ebene – kaum eine Rolle. Dabei sind die Auswirkungen der Erderwärmung nicht nur in der Landwirtschaft zu spüren – der Agrarsektor schadet dem Klima etwa durch seinen Energiebedarf oder Methanemissionen.

    Daneben wurde in Dubai auch Geld für eine klimafreundliche Ausrichtung des Agrarsektors versprochen. Insgesamt seien 2,5 Milliarden US-Dollar “mobilisiert” worden, sagte Mariam bint Mohammed Almheiri, Ministerin für Klimawandel und Umwelt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Gemeinsam mit der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung kündigten die VAE eine 200-Millionen-Dollar-Partnerschaft an, die sich auf Agrarforschung, technische Innovationen und deren Finanzierung konzentriert. Sie soll die Umsetzung der Erklärung der Staats- und Regierungschefs unterstützen.

    Eine Neuausrichtung der Agrarpolitik

    In ihrer Erklärung definierten die Staats- und Regierungschefs fünf übergeordnete Ziele. Sie wollen:

    • Landwirte, Fischer und andere Nahrungsproduzenten besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels wappnen und zugleich die Natur schützen, unter anderem durch technische und finanzielle Unterstützung und Frühwarnsysteme,
    • Ernährungssicherheit und (gesunde) Ernährung verbessern, etwa durch Schulmahlzeiten und gezielte Forschung. Das soll vor allem Frauen, Kindern, lokalen und indigenen Gemeinschaften und anderen besonders verwundbaren Gruppen zugutekommen.
    • Menschen besser unterstützen, die in der Landwirtschaft und im Ernährungssystem arbeiten und deren Existenzgrundlage durch den Klimawandel gefährdet sind,
    • Das Wassermanagement in der Landwirtschaft stärken,
    • Klima- und Umweltvorteile maximieren und zugleich mögliche Schäden minimieren.

    Um das zu erreichen, versprechen sie:

    • Landwirtschaft und Ernährung bis zur COP30, also im Jahr 2025, in ihre Klimaanpassungspläne (NAPs), Klimaziele (NDCs), Langfrist-Klimastrategien und weitere Planungen zu integrieren.
    • Ihre Landwirtschafts- und Ernährungspolitik zu überprüfen und, falls nötig, neu auszurichten.
    • Für einen besseren Zugang zu Finanzierung zu sorgen, auch durch privates Geld, Public-Private-Partnerships oder durch die Mittel von Stiftungen.
    • Neue technische Entwicklungen auf der Grundlage von Wissenschaft und auch von traditionellem, indigenem Wissen zu beschleunigen und in die Fläche zu bringen.
    • Das regelbasierte, offene Welthandelssystem mit der Welthandelsorganisation (WHO) als Kern zu stärken.

    Im kommenden Jahr wollen sie ihre Fortschritte auf der COP29 überprüfen. ae

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    Reden der Staatschefs: Neue Zusagen, manchmal Stirnrunzeln

    In ihrem gestrigen Reden auf der COP28 sprachen sich Regierungschefs zahlreicher Staaten für ein gemeinsames Vorgehen gegen die Klimakrise aus. UN-Generalsekretär António Guterres fand einmal mehr deutliche Worte: “Wir können einen brennenden Planeten nicht mit einem Feuerwehrschlauch voller fossiler Brennstoffe retten”. Er sprach sich für ein Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe aus, und forderte, sich nicht mit Reduktion und Verminderung (“Abatement”) zufriedenzugeben.

    Neben viel Selbstlob für eigene Klimaanstrengungen gab es einige feste Zusagen der Regierungschefs:

    • Indien bewarb sich in Person von Präsident Narendra Modi um die Ausrichtung der COP33 im Jahr 2028.
    • Qassym-Schomart Toqajew, Präsident von Kasachstan, kündigte an, dass sich das Land dem Global Methane Pledge zur Reduktion der Methanemissionen um 30 Prozent bis 2030 anschließen werde. Kasachstan verursacht weltweit am zwölft meisten Methan aus der Öl- und Gasproduktion.
    • Emmanuel Macron, französischer Präsident, versprach, bis 2027 alle Kohlekraftwerke zu schließen. Sie machen allerdings schon heute nur 0,7 Prozent der Stromerzeugung Frankreichs aus.
    • Fumio Kishida, Premierminister Japans, sagte, Japan werde keine neuen Kohlekraftwerke ohne CCS-Technologie mehr bauen. Im Bau befindliche Kraftwerke werden jedoch ohne die Technologie zum Auffangen und Speichern von CO₂ fertiggestellt.
    • Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wiederholte die Zusage, die Entwaldung im Amazonas-Regenwald bis 2030 zu beenden. Zudem sei es nötig, für eine geringere Abhängigkeit vom Öl zu arbeiten. Kurz vor Lulas Rede war bekannt geworden, dass Brasilien überlegt, der OPEC beizutreten.

    Zudem gab es folgende Zusagen für den neuen Loss and Damage Fund:

    • Italien 109 Millionen US-Dollar
    • Frankreich 109 Millionen Dollar
    • Dänemark 25 Millionen Dollar
    • Kanada 11,8 Millionen Dollar
    • Spanien 21 Millionen Dollar zu. nib
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    Weltbank will neun Milliarden mehr für Klimaschutz geben

    Der Präsident der Weltbank, Ajay Banga, sagte am Freitag auf der COP28, dass die Entwicklungsbank bis 2025 45 Prozent ihrer jährlichen Finanzierungen für klimabezogene Projekte bereitstellen wird. Bisher strebt die Bank einen Anteil von 35 Prozent an. “Wir schalten einen Gang höher und setzen mehr als 40 Milliarden Dollar pro Jahr ein – etwa neun Milliarden Dollar mehr als das ursprüngliche Ziel”, sagte Banga. Die Mittel sollen gleichmäßig auf Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen und Projekte zur Anpassung an den Klimawandel verteilt werden.

    Auch eine kürzlich eingeführte Ausnahmeklausel für den Schuldendienst soll erweitert werden. Die Klausel sieht einen Zinsstopp vor, wenn bei der Weltbank verschuldete Staaten von klimabedingten Katastrophen wie Wirbelstürmen oder Überschwemmungen getroffen werden. Sie soll nun auf alle bestehenden Weltbankkredite der am meisten gefährdeten Staaten ausgeweitet werden und nicht mehr nur Tilgungs-, sondern auch Zinszahlungen abdecken. nib/rtr

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    Umfrage: Kein Generationenkonflikt beim Klimaschutz

    Laut einer repräsentativen Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung gibt es keinen Generationenkonflikt beim Klima. Altersgruppen über 55 Jahre sei der Klimaschutz sogar wichtiger als jüngeren Generationen. In der Altersgruppe 56 bis 65 Jahre gaben 44 Prozent an, es sei Ihnen sehr wichtig, das Klima zu schützen. Bei 26- bis 35-Jährigen lag der Wert bei 30 Prozent. Allerdings sind junge Menschen eher dazu bereit, der Bekämpfung des Klimaschutzes Vorrang vor Wirtschaftswachstum zu geben. Die Unterschiede sind jedoch nicht allzu ausgeprägt. Insgesamt plädieren die Befragten für einen Ausgleich zwischen Wachstum und Klimaschutz. Die KAS hatte über 4.000 in Deutschland wohnende Menschen per Telefonumfrage befragt.

    Immerhin 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Bedrohung durch den Klimawandel “sehr große” (26 Prozent) oder große Angst” (44 Prozent) bereite. Das ist sogar etwas mehr als die Angst vor den Spannungen zwischen Europa und Russland (67 Prozent). Besonders jüngere Generationen und Frauen gaben an, “sehr große Angst” vor den Bedrohungen durch den Klimawandel zu haben. nib

    • Klimaschutz

    Standpunkt

    Kanzler Olaf Scholz muss seine LNG-Pläne überdenken

    Von Kathrin Henneberger
    Kathrin Henneberger, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen.

    Ein aktueller Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP warnt: Die bisherigen Zusagen für Klimaschutz führen (wenn sie umgesetzt werden) dazu, dass die globale Durchschnittstemperatur bis 2050 um drei Grad steigt. Damit könnten gefährliche Kipppunkte unseres Klimasystems überschritten werden. Maßnahmen, die jetzt getroffen werden, Infrastruktur, die jetzt finanziert und gebaut wird, entscheiden, ob wir das noch aufhalten können.

    Deshalb müssen wir uns beschäftigen mit den Fragen: Woher kommt jetzt das Erdgas in Deutschland und welche langlebige Infrastruktur wird dafür gebaut? Welche Rahmenbedingungen können auf der COP28 in Dubai gesetzt werden, um global einen Ausstieg aus der fossilen Energie zu erwirken? Auf der UN-Klimakonferenz werden wichtige Weichen gestellt. In Dubai wird unter anderem über einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen verhandelt und über das Ziel, den Ausbau der Erneuerbaren zu verdreifachen.

    Bundeskanzler Olaf Scholz sollte dieses Ziel auf der COP28 klar unterstützen und vorantreiben. Gleichzeitig muss die deutsche Regierung aber auch zu Hause die notwendigen Konsequenzen ziehen und den Infrastrukturausbau für LNG-Importe einschränken. Schon die derzeitigen Pläne laufen laut Berechnungen des New Climate Institute auf eine Überkapazität hinaus.

    Eine Exit-Strategie für Erdgas

    Stellen Sie sich vor, Sie bringen Ihr Kind in den Kindergarten, oder Sie müssen ins Krankenhaus – und neben dem Kindergarten oder hinter dem Krankenhaus wird Erdgas gefördert. Stellen Sie sich vor, in Sichtweite Ihres Hauses bläst eine Industrieanlage mehrmals täglich ohne legale Folgen ungehindert Methan in die Luft. Genauso sieht die Realität für viele Menschen in Texas und Louisiana aus. Von dort aus wird Liquefied Natural Gas (LNG) auch nach Deutschland verschifft, und dort sollen neue LNG-Terminals entstehen, um noch mehr LNG, primär gefördert über das besonders umweltschädliche Fracking, auch zu uns zu transportieren.

    Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, wie falsch es war, die Energieversorgung Deutschlands von Russland abhängig zu machen. Um die Treibhausgasemissionen zu senken, hätte man den Verbrauch von Erdgas in Industrie und Wärme schon viel früher und entschlossener senken müssen.

    Auf der Suche nach kurzfristigen Lösungen, um unabhängig von russischem Gas zu werden, entsteht jetzt eine langfristige Infrastruktur und werden langfristige Lieferverträge unterzeichnet, die erneut in einen fossilen Lock-In führen. Die globale Transformation der Energiewirtschaft wird ausgebremst. Die Klimaziele gehen über Bord der LNG-Lieferschiffe, die über die Weltmeere schippern.

    Folgen für die Menschen in Louisiana und Texas

    Die Ungerechtigkeit der Klimakrise beginnt dort, wo fossiler Extraktivismus stattfindet. Dessen Auswirkungen für die Bevölkerung in Louisiana und Texas sind grausam. Die Region wird auch Cancer Alley genannt, weil dort überdurchschnittlich hohe Krebsraten registriert werden. Aufgrund der Luftverschmutzung ist auch das Risiko der Menschen, an Corona zu erkranken, besonders hoch. Fracking-Anlagen werden direkt neben Wohngebieten gebaut, LNG-Häfen liegen direkt neben Naturschutzgebieten. Durch Lecks wird Methangas in großen Mengen frei.

    Die Menschen in der Region sind diese Art des Extraktivismus und der Umweltverschmutzung traurigerweise schon gewöhnt. Diese begann bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Entdeckung von größeren Ölvorkommen, woraufhin sich zahlreiche Ölraffinerien und petrochemische Anlagen in der Region ansiedelten. Besonders von den Umweltfolgen betroffen sind afroamerikanische, indigene und Latino-Gemeinden.

    Im vergangenen Sommer habe ich die Region besucht, mit Betroffenen gesprochen und die Orte gesehen, wo neue LNG-Terminals entstehen sollen. In der Nähe von New Orleans, wo derzeit der neue LNG-Standort Plaquemines gebaut wird, traf ich Jessi Parfait von der indigenen Houma Nation, Campaignerin der Umweltorganisation Sierra Club. LNG sei weder ein sauberer Brennstoff, noch sollte es als Brückentechnologie genutzt werden, sagte sie mir. Ihre Botschaft auch an die Deutschen: Der Golf – ihre Heimat – werde nicht länger eine “Opferzone” für den Rest der Welt sein.

    Fossiler Ausstieg auch in Deutschland

    Währenddessen baut Deutschland seine LNG-Importinfrastruktur erheblich aus, unter anderem mit einem geplanten Terminal auf Rügen. Der Großteil des LNG kommt aus den USA, von den erwähnten LNG-Terminals am Golf von Mexiko. Mehrere deutsche Firmen haben hier neue, langfristige Lieferverträge geschlossen:

    • Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) will von 2026 an jährlich 2,7 Milliarden Kubikmeter LNG nach Deutschland importieren. Details des Vertrags mit dem US-Unternehmen Plaquemines LNG sind vertraulich, Umweltorganisationen zufolge läuft er über 20 Jahre. Umweltschützer sagen auch: Wegen der fortschreitenden Küstenerosion sei nicht einmal sicher, dass die Region bis dahin überhaupt noch existiere.
    • Ein Kaufvertrag von SEFE über 2,25 Millionen Tonnen LNG pro Jahr aus Calcasieu Pass (Louisiana) läuft ebenfalls über 20 Jahre. Rings um Calcasieu Pass gibt es Feuchtgebiete und Sumpflandschaften, es ist ein einzigartiges Ökosystem und ein wichtiger Ort für Zugvögel – und genau hier sind neue LNG-Terminals geplant.
    • RWE hält im texanischen Port Arthur einen 15-jährigen Liefervertrag über 2,25 Millionen Tonnen LNG pro Jahr. Wenige Meter neben den Anlagen für Petrochemie befinden sich hier die Wohnviertel der schwarzen Bevölkerung. Port Arthur ist besonders für einen hier tief verankerten Umweltrassismus bekannt.
    • Deutsche Banken beteiligen sich an der Finanzierung der neuen Terminals.

    Um die Klimakrise aufzuhalten, Ökosysteme zu erhalten und Menschenrechte zu schützen, müssen wir nicht nur auf der COP28 den Ausstieg aus den fossilen Energien vereinbaren – deutsche Unternehmen dürfen auf der Suche nach neuen Gasimporten nicht mit langen Lieferverträgen und neuen Terminals fossile Wirtschaftsstrukturen festigen.

    Kathrin Henneberger sitzt seit 2021 für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Sie ist Mitglied im Ausschuss Klima und Energie sowie Obfrau im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und in ihrer Fraktion zuständig für Klimagerechtigkeit. 

    • COP28
    • Fossile Brennstoffe
    • LNG
    • Olaf Scholz

    Climate.Table Redaktion

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