Table.Briefing: China

Zölle bringen Investments ins Wanken + Japans neuer Pragmatiker

Liebe Leserin, lieber Leser,

Chinas Reaktion auf die EU-Zusatzzölle ließ nicht lange auf sich warten. Keine vier Stunden nach Inkrafttreten kündigte Peking an, dass man gegen die Entscheidung Beschwerde bei der WTO einlegen werde. Doch dabei blieb es nicht in Sachen Handelsstreit: Angeblich hält Peking chinesische Unternehmen bereits dazu an, Investitionen in Europa zu überdenken oder gleich ganz zu stoppen. Die deutsche Autoindustrie fürchtet einen katastrophalen Ausgang – als ob die ernüchternden VW-Bilanzen und die steigenden Verkaufszahlen von Konkurrenten wie BYD ihr nicht schon genug Probleme bereiten würden. Amelie Richter hat die wichtigsten Neuigkeiten der Zoll-Eskalation zusammengefasst.

In Japan bleibt Shigeru Ishiba trotz Stimmenverlusten bei den Wahlen am Sonntag Premierminister. Er ist fest entschlossen, die Verteidigungsstrategie des Landes zu stärken und die Beziehungen zu Taiwan auszubauen. Gleichzeitig will er einen Kommunikationskanal mit Peking aufrechterhalten, sagt Professor Wu Rwei-ren von der renommierten Academia Sinica in Taiwan. Im Interview mit Leonardo Pape erklärt Wu, weshalb der Balanceakt Japan, Taiwan und die gesamte Indo-Pazifik-Region an einen kritischen Wendepunkt bringen könnte.

In unserem heutigen Standpunkt gehen wir noch einmal auf die Asien-Pazifik-Konferenz in Neu-Delhi ein. Dort sprachen namhafte deutsche Politiker wie Olaf Scholz und Robert Habeck viel über Geopolitik und De-Risking. Unternehmer Bernd Reitmeier argumentiert, dass es bei derartigen Konferenzen wieder mehr um Wirtschaft, als um Politik gehen müsse. Der ehemalige Vorstand der Deutschen Handelskammer in China wünscht sich bei solchen Treffen von deutscher Seite vor allem weniger Belehrung. Was er stattdessen fordert, lesen Sie in seinem Beitrag.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag!

Ihr
Manuel Liu
Bild von Manuel  Liu

Analyse

E-Auto-Zusatzzölle: Welche Investitionen in der EU nun platzen könnten

Der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union (EU) und China verschärft sich: Nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf Elektroautos hat Peking am Mittwoch bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde eingelegt. Man werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Unternehmen zu schützen, erklärte das chinesische Handelsministerium. Man sei jedoch bereit, mit der EU eine Lösung zu finden, um eine Eskalation des Handelskonflikts zu vermeiden. Die EU will dazu nochmals Verhandler nach Peking schicken, um eine Alternative zu den Zöllen zu finden, hieß es am Mittwochabend. 

Gleichzeitig soll Peking chinesische Autohersteller angewiesen haben, große Investitionen in den EU-Ländern zu stoppen, die für die zusätzlichen Zölle auf in China gebaute Elektrofahrzeuge gestimmt hatten. Das berichtete Reuters unter Berufung auf zwei Insider aus einem Treffen mehrerer Autohersteller und offizieller Stellen. An dem Treffen nahmen demnach auch mehrere ausländische Autohersteller teil. Den Teilnehmern soll laut dem Bericht geraten worden sein, bei ihren Investitionen in Länder, die sich der Stimme enthalten hatten, vorsichtig zu sein. Dahingegen seien sie “ermutigt” worden, in EU-Staaten zu investieren, die gegen die Zölle gestimmt hattenDeutschland hat die Zölle abgelehnt, wie auch Malta, die Slowakei, Slowenien und Ungarn.

Lösung mit Preisverpflichtung ist noch möglich

Dieser Schritt könnte Europa noch weiter spalten. Zehn EU-Mitglieder, darunter Frankreich, Polen und Italien, hatten die Zusatzzölle bei der Abstimmung in diesem Monat unterstützt. Fünf EU-Staaten waren dagegen, zwölf hatten sich enthalten. Italien und Frankreich gehören eigentlich zu den EU-Ländern, die um Investitionen bei chinesischen Autoherstellern werben. Paris galt gleichzeitig aber als einer der Haupttreiber der Zusatzzölle.

Größter Empfänger der chinesischen Investitionen ist derzeit Ungarn, dort siedelt sich beispielsweise BYD an. Der staatliche Autohersteller SAIC sucht derzeit auch einen Standort für eine Fabrik für Elektroautos in Europa. Außerdem plant das Staatsunternehmen, dieses Jahr sein zweites europäisches Ersatzteilzentrum in Frankreich zu eröffnen, um der steigenden Nachfrage nach Autos der Marke MG gerecht zu werden. Die italienische Regierung befindet sich in Gesprächen mit Chery und Dongfeng Motor über mögliche Investitionen.

Einfuhr über Drittstaaten ist nicht möglich

Die EU-Zusatzzölle sind seit der Nacht zum Mittwoch in Kraft. Allerdings: Die EU-Kommission hat für den Anti-Subventionsfall der chinesischen E-Autos “außergewöhnliche Umstände” ausgemacht. Heißt: Es kann noch zur Lösung mit Preisverpflichtungen kommen. Wenn die Hersteller sich dazu verpflichten, können die Zölle zurückgezogen werden. Sollten sich die Hersteller nicht daran halten, können sie wieder eingesetzt werden.

Dass die möglichen Preisvereinbarungen und damit einhergehenden Produktionsverpflichtungen auch überprüft werden können, sei unter anderem durch Stippvisiten vor Ort bei den Herstellern möglich, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch. Er betonte, dass eine Regelung über Preisverpflichtungen konform mit WTO-Regeln sei. Eine ähnliche Regelung gebe es beispielsweise bereits bei Biodiesel aus Argentinien. 

Einen Umweg über Drittstaaten können die chinesischen Hersteller nicht gehen. Grundlage der Zusatzzölle sei die Herstellung des E-Autos in der Volksrepublik, betonte der EU-Beamte. Die Fahrzeuge könnten also nicht über Länder wie die Schweiz, Serbien oder Großbritannien in die EU eingeführt werden. Die EU-Kommission habe in den Monaten seit Beginn der Zoll-Untersuchung einen starken Anstieg bei der Einfuhr der E-Autos gesehen. “Wir gehen davon aus, dass die Lager voll sind”, so der EU-Beamte.

Zusatzzölle verschaffen Zeit – aber keine langfristige Lösung

EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Dienstag: “Mit der Annahme dieser verhältnismäßigen und gezielten Maßnahmen nach einer strengen Untersuchung setzen wir uns für faire Marktpraktiken und für die europäische Industrie ein.” Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) warnte jedoch, dass die Zölle das Risiko eines “weitreichenden Handelskonflikts” erhöhten, während eine chinesische Handelsgruppe die “politisch motivierte” Entscheidung anprangerte und zum Dialog zwischen den beiden Seiten aufrief.

Volkswagen, das von der zunehmenden Konkurrenz aus China hart getroffen wurde, hatte zuvor erklärt, die Zölle würden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie nicht verbessern. VW leidet unter einem Absatzrückgang, vor allem auf dem wichtigsten Markt China. Nach neun Monaten beläuft sich die Rendite der kriselnden Kernmarke VW auf nur noch zwei Prozent. “Dies zeigt den dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen”, erklärte VW-Finanzchef Arno Antlitz. Der Autobauer hat angekündigt, erstmals in der Geschichte Werke in Deutschland zu schließen. Dem Betriebsrat zufolge geht es um mindestens drei Werke und massiven Beschäftigungsabbau.

BYD überholt Tesla bei Quartalsumsatz

Ilaria Mazzocco von dem Thinktank Center for Strategic and International Studies in Washington sagte auf Table.Briefings-Anfrage: “Es verschafft den europäischen Autoherstellern ein wenig Zeit und bietet ein wenig mehr Anreiz, in Europa zu produzieren.” Eine langfristige Lösung seien die Zölle jedoch nicht. “Die deutschen und europäischen Autohersteller müssen innovativ sein. Viele von ihnen haben die Elektrifizierung verschlafen und sind erst sehr spät auf die Herausforderung aufmerksam geworden. Jetzt haben sie eine Art Aufholjagd gestartet.”

BYD meldete am Mittwoch steigende Verkaufszahlen – und übertraf damit erstmals den globalen Rivalen Tesla beim Quartalsumsatz. BYD verzeichnete im dritten Quartal einen Betriebsumsatz von 201,1 Milliarden Yuan (28,2 Milliarden Dollar), wie aus einer Meldung an der Hongkonger Börse hervorgeht. Das entspricht einem Anstieg von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Tesla hatte in der vergangenen Woche einen Umsatz von 25,2 Milliarden Dollar im dritten Quartal gemeldet.

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Sicherheit: “Ishiba sucht keine direkte Konfrontation mit China”

Japans Premier Shigeru Ishiba.

Professor Wu, Japans Premierminister Shigeru Ishiba und seine die Liberaldemokratische Partei (LDP) haben bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag an Unterstützung verloren. Wie sehen Sie jetzt seine Position und seinen Ansatz für die Außen- und Verteidigungspolitik?

Ishiba ist nach den Wahlen zweifellos geschwächt. Er muss sich nach neuen Partnern umsehen. Dies dürfte zu Instabilität führen, in der sich der Spielraum des neuen Regierungsbündnisses für kühnere politische Initiativen erheblich einschränken wird. Dennoch glaube ich nicht, dass sich seine Außen- und Verteidigungspolitik grundlegend ändern wird. In der Außenpolitik hält sich Ishiba an den Kurs seiner LDP, der langjährigen Regierungspartei. Das Besondere an Ishiba ist jedoch, dass er ein Experte für nationale Verteidigung ist. Er war zuvor Verteidigungsminister und hat sich sehr für den Aufbau und die Modernisierung der Selbstverteidigungskräfte, wie die japanische Armee offiziell heißt, eingesetzt.

Was bedeutet das für Japan und die Sicherheit in der Region?

Er möchte, dass Japan ein normaler Nationalstaat ist, und dazu gehört für ihn auch eine starke nationale Verteidigung. Daher möchte er, dass Japan seine Verfassung überarbeitet, damit es wie jedes andere Land eine Armee hat. Zudem wollte er zuvor auch die Wehrpflicht einführen. Zum anderen möchte er die Beziehungen zwischen Japan und den USA, die gegenwärtig ein sehr formelles, aber ungleiches Militärbündnis pflegen – ein Erbe des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges. Die USA können ihre Streitkräfte überall in Japan stationieren, aber nicht umgekehrt. Ishiba möchte einen gänzlich gleichwertigen Status für Japan, damit es auch japanische Verteidigungskräfte auf amerikanischem Boden stationieren kann – als Zeichen der politischen Gleichberechtigung -, z. B. auf Guam, einem US-Territorium im Pazifik.

“Wirkt pragmatisch und realistisch”

Wie steht Ishiba zu Taiwan?

Kurz vor seiner Wahl zum Premierminister reiste Ishiba gegen den Willen der Volksrepublik China nach Taiwan. Dort traf er sich mit Taiwans Präsident Lai Ching-te und betonte – wenn auch inoffiziell – eine sehr umfangreiche militärische Zusammenarbeit und die Notwendigkeit eines informellen Bündnisses zwischen Taiwan und Japan. Seine Äußerungen waren nicht so scharf wie die des früheren japanischen Premierministers Shinzō Abe. So hat sich Ishiba beispielsweise nicht explizit zu der Frage geäußert, ob der Ernstfall in Taiwan auch für Japan ein Notstand darstellen würde. Auf mich wirkt er sehr pragmatisch und realistisch.

Zeigt sich diese pragmatische Haltung auch gegenüber China?

Ishiba ist ein Mainstream-Konservativer. Er sucht keine direkte Konfrontation mit China und möchte einen Kommunikationskanal für Krisenzeiten offen halten. Auf der anderen Seite ist Ishiba aber auch sehr misstrauisch gegenüber China. In einem Artikel für das Hudson Institute hat er einen direkten Vergleich zwischen der Ukraine und Taiwan gezogen. Für ihn ist China der größte geopolitische Rivale. Dennoch lehnt er den Besuch japanischer Premierminister oder hoher Regierungsvertreter im Yasukuni-Schrein ab. Dort werden alle im Zweiten Weltkrieg gefallenen Japaner geehrt, einschließlich der Kriegsverbrecher. Ishiba ist der Meinung, dass dies nur die Konservativen und Rechten im eigenen Land erfreue, aber zu ungewollten, negativen Folgen im Verhältnis zu China führt. Allerdings wurde er selbst von China kritisiert, nachdem er kürzlich eine Gabe an den Schrein geschickt hatte.

“Tempo und Taktik anpassen”

Könnte ihn das schwache Wahlergebnis dazu zwingen, seine Haltung gegenüber Taiwan und China zu ändern?

Ich denke nicht. Ishibas Ziel, China einzudämmen und Taiwan zu unterstützen, beruht auf lang gehegten Überzeugungen und nicht auf kurzfristigem politischen Kalkül. Zudem ist man sich in der japanischen Politik seit langem parteiübergreifend einig, dass China in irgendeiner Form eingedämmt werden muss. Ein geschwächter Ishiba wird gezwungen sein, Tempo und Taktik anzupassen, aber nicht das eigentliche Ziel.

Was halten Sie von Ishibas Vorschlag einer asiatischen Nato?

Die Idee einer asiatischen Nato ist nicht neu. In den 1950er-Jahren gründeten die Vereinigten Staaten die Southeast Asia Treaty Organization, die gemeinhin als Fehlschlag galt und später aufgelöst wurde. Damals gab es auch Überlegungen zu einem Nordostasien-Bündnis. Eine asiatische Nato ist also ein Teil der frühen Vision des Kalten Krieges. Aber mit seinen sehr unterschiedlichen nationalen Interessen ist Ostasien viel komplizierter und heterogener als die Nato-Region. Eine asiatische Nato, selbst wenn sie strategisch vorteilhaft wäre, ist fast unmöglich zu realisieren. Darüber hinaus wurde Ishibas jüngster Vorschlag für eine asiatische Nato bereits von den Vereinigten Staaten und vielen südostasiatischen Regierungen abgelehnt. Daher steht die Möglichkeit einer asiatischen Nato im Moment nicht zur Debatte.

“Mindestens genauso hartnäckig wie Abe”

Warum denken Sie hat er den Vorschlag gemacht?

Zum einen kann man Ishibas Vorstoß als Vorsichtsmaßnahme gegen eine möglicherweise geringere militärische Präsenz der USA in der Region interpretieren. Er möchte eine Parallelstruktur aufbauen, damit die regionale Sicherheit nicht so stark von den USA abhängig ist. Und die übergreifende Idee hinter diesem Vorschlag ist Abschreckung, von der er als geopolitische Strategie fest überzeugt ist. Offenbar glaubt Ishiba kein bisschen daran, dass intensiver Handel und sozialer Austausch in regionalem Frieden münden. Da er auf Abschreckung setzt, sind regionale Sicherheitsbündnisse wie die Nato für ihn wahrscheinlich die idealste Form der kollektiven Sicherheit.

Wie wird China auf die Sicherheitspolitik Ishibas reagieren?

Insgesamt betrachtet China die Wahl von Ishiba wohl als eine recht erfreuliche Nachricht, da er als weniger aggressiv gegenüber China angesehen wird als andere japanische Politiker. Aber ich denke, das ist nur ein leerer Traum. Tatsächlich kann man Ishiba als mindestens genauso hartnäckig wie Abe ansehen, wenn es darum geht, China einzudämmen oder eine chinesische Invasion zu verhindern. Aber Ishiba geht geschickter vor.

“Situation ist unkontrollierbar geworden”

Wie werden sich die Beziehungen Japans zu China entwickeln?

Im Moment könnten sie nicht schlechter sein. Die Situation ist unkontrollierbar geworden, weil China Fremdenfeindlichkeit mobilisiert, insbesondere gegen Japan. Es gab sogar Angriffe auf japanische Bürger in China. Damit will die Regierung ihre Legitimität aufrechterhalten, weil sie wegen der schwindendenWirtschaftsleistung Legitimität einbüßt. Was die Zukunft angeht, bin ich nicht sehr optimistisch. Das soziale Gefüge der chinesischen Gesellschaft ist zerrüttet, doch alles, was die Regierung tut, ist, Nationalismus zu schüren. Selbst wenn Japan den chinafreundlichsten Politiker wählen würde, könnte auch dieser nichts dagegen tun.

Wu Rwei-ren ist Associate Research Fellow und Professor am Institut für Geschichte Taiwans der Academia Sinica, der nationalen Akademie der Republik China (Taiwan). Er beschäftigt sich mit nationaler Geschichte und vergleichenden aktuellen Ausdrucksformen des Nationalismus in Ostasien. Professor Wu spricht fließend Japanisch und lehrte zuvor an der Waseda-Universität in Tokio.

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News

Geopolitik: Australien begründet Aufrüstung mit Sorge vor chinesischen Raketen

Verteidigungsminister Pat Conroy will Australiens Fähigkeiten zur Raketenabwehr und zum Einsatz von Langstreckenraketen ausbauen. Vor allem auch um der Aufrüstung Chinas zu begegnen, wolle man zudem mit Australiens Sicherheitspartnern USA, Japan und Südkorea noch enger zusammenarbeiten.

“Warum brauchen wir mehr Raketen? Der strategische Wettbewerb zwischen den Vereinigten Staaten und China ist ein Hauptmerkmal des australischen Sicherheitsumfelds”, sagte Conroy am Mittwoch in Canberra. Der indopazifische Raum stehe an der Schwelle zu einem neuen Raketenzeitalter.

China hatte im September eine ballistische Interkontinentalrakete abgefeuert, die über 11.000 Kilometer weit flog und im Pazifik nordöstlich von Australien landete. “Wir haben unsere große Besorgnis über diesen Raketentest geäußert, insbesondere über den Eintritt der Rakete in den Südpazifik in Anbetracht des Vertrags von Rarotonga, der besagt, dass der Pazifik eine atomwaffenfreie Zone sein sollte”, so Conroy.

Australien hat bereits angekündigt, in den nächsten zehn Jahren 74 Milliarden Australische Dollar (45 Milliarden Euro) für die Beschaffung von Raketen und die Raketenabwehr auszugeben, davon mehr als Viertel zur Finanzierung einer neuen inländischen Produktionsstätte.

Australien wird zudem 316 Mio. Dollar ausgeben, um in Zusammenarbeit mit Lockheed Martin eine lokale Produktion von gelenkten Mehrfachraketen aufzubauen, um die schnell einsetzbaren Boden-Boden-Waffen ab 2029 für den Export zu produzieren. Die Fabrik werde in der Lage sein, 4.000 Guided Multiple Launch Rocket Systems (GMLRS) pro Jahr zu produzieren, was einem Viertel der derzeitigen weltweiten Produktion entspricht, sagte Conroy. rtr

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Nullzölle: So verschafft sich Peking mehr Einfluss im globalen Handel

China will ab Dezember die Zölle für Waren aus den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt abschaffen. Das geht aus einem Bericht der South China Morning Post vom Mittwoch hervor. Die Maßnahme soll die Transportkosten aus Teilen Afrikas und Asiens senken und Peking mehr Einfluss im globalen Handel verschaffen. Die Regelung gilt für alle Länder, die die Vereinten Nationen (UN) als “am wenigsten entwickelt” einstufen und die diplomatische Beziehungen zu China unterhalten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf die Zolltarifkommission des Staatsrats. Nach Angaben der Kommission soll die Regelung für alle Einfuhrkategorien gelten.

Chinas Präsident Xi Jinping hatte die Nullzollregelung am 5. September in einer Grundsatzrede auf dem Pekinger Gipfel des Forums für die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika angekündigt. Unter den 43 Ländern, die davon profitieren sollen, befinden sich 33 in Afrika. Die anderen sind Jemen im Nahen Osten, Kiribati und die Salomonen im Südpazifik sowie Afghanistan, Bangladesch, Laos, Kambodscha, Nepal, Myanmar und Osttimor. Für sie wird die Verschiffung von Feldfrüchten, Obst, Meeresfrüchten oder Rohstoffen nach China dann billiger. Exporteure sparen im Gegenzug beim Transport von Haushaltswaren, Smartphones und Elektrofahrzeugen in diese Länder. Die Ausfuhren der 43 UN-gelisteten Länder nach China erreichten im vergangenen Jahr einen Wert von über 60 Mrd. US-Dollar, wie chinesische Zolldaten zeigen. fpe

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Energie: Darum setzt China weiter auf Kohlestrom

Vergangenes Jahr wuchs die weltweite Kapazität von Kohlekraftwerken um 30 Gigawatt (GW), womit die globale Verstromung von Kohle ein neues Allzeithoch erreichte. Dies geht aus der aktuellen “Global Coal Exit List” hervor, die ein NGO-Netzwerk jährlich veröffentlicht. Seit 2015 wuchs die Gesamtkapazität der installierten Kohlekraftwerke demnach um elf Prozent, auf gegenwärtig 2.126 GW. In die Datensammlung fließen öffentlich zugängliche Informationen von großen Firmen ein, die sich im Kohlebereich in der Projektentwicklung, im Bergbau, bei Kraftwerken oder der Stromversorgung engagieren. Insgesamt 1.560 Unternehmen zählt das Netzwerk dazu.

Dabei ergab sich, dass die Kohlekapazitäten vor allem in China, Indien und Indonesien erhöht werden. Zwar sei der Anteil der Kohle am Energieverbrauch in China auf 55 Prozent im Jahr 2022 deutlich zurückgegangen und das Land investiere nach wie vor stark in Erneuerbare Energien. Um die Energiesicherheit zu gewährleisten, sei der absolute Kohleverbrauch zuletzt aber wieder weitergewachsen. Laut den Daten plant China die Eröffnung 90 weiterer Kohleminen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt jedoch, dass der chinesische Kohleverbrauch 2024 sinken und bis 2026 ein Plateau erreichen wird. av/fpe

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Raumfahrt: China testet im All Bausteine für eine Mondstation

China hat am Mittwoch drei Astronauten zu seiner ständig bewohnten Raumstation Tiangong geschickt. Das Raumschiff Shenzhou 19 hob mit einer Langer-Marsch-2F-Rakete vom Jiuquan-Satellitenstartzentrum im Nordwesten Chinas um 4:27 Uhr Ortszeit ab, wie die staatlichen Medien berichteten. In der Raumstation werden die Astronauten zahlreiche weltraumwissenschaftliche Experimente in den Bereichen Lebenswissenschaften, Mikrogravitationsphysik, Materialien, Medizin und neue Technologien durchführen.

Bei einem der Experimente sollen Ziegelsteine aus simulierter Monderde den Bedingungen im Weltraum ausgesetzt werden. Sollten sich die Tests als erfolgreich erweisen, könnten die Ziegelsteine ein wichtiges Material für den Bau einer permanenten Mondforschungsstation sein, die China bis 2035 fertigstellen will, da dies theoretisch bequemer wäre als der Transport von Baumaterialien von der Erde.

Um die führende Weltraumnation bis 2050 zu werden, ist es Chinas Ziel, noch vor 2030 als zweite Nation nach den USA einen Menschen auf den Mond zu bringen. Im Mai wurde Chinas Mondsonde Chang’e-6 von der Inselprovinz Hainan aus gestartet und kehrte einen Monat später mit ersten Proben von der Rückseite des Mondes zurück. Die rasche Entwicklung von Chinas Raumfahrtprogramm beunruhigt die Vereinigten Staaten, die zuletzt bei ihren eigenen bemannten Raumflügen auf Probleme gestoßen sind. rtr

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Presseschau

China legt WTO-Beschwerde ein: EU setzt Extrazölle auf E-Autos aus China in Kraft TAGESSPIEGEL
US experts see Pyongyang’s Russia gambit as no-win situation for China VOA NEWS
U.S. says it welcomes any reduction in tension along India-China border THE HINDU
Does China seek to “divide and conquer” as it boosts Vietnam defence ties? SCMP
The far-flung Japanese island that could find itself on the front lines of a China-Taiwan conflict THE GLOBE AND MAIL
Studie: Deutschland ist mit Blick auf China in Europa besonders verwundbar HANDELSBLATT
Zölle auf E-Autos: China und EU verhandeln weiter BUSINESS-INSIDER
Vormarsch in Europa: Chinas E-Autohersteller BYD holt Ex-Stellantis-Chefin Maria Grazia Davino BUSINESS-INSIDER
Xi Calls for Efforts to Hit Growth Target Before Lawmakers Meet BLOOMBERG
Wie junge Menschen in China sparen: Rabattaktionen, Resteessen und Gemeinschaftskantinen TAGESSCHAU
China’s Latest Security Target: Halloween Partygoers NEW YORK TIMES
Neues Team auf Chinas Raumstation Tiangong DW

Standpunkt

APK: Bitte weniger Politik und mehr Unternehmerschaft

Von Bernd Reitmeier
Bernd Reitmeier betreibt die Start-up Factory im Industriepark Kunshan.

Die Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft im indischen Neu-Delhi war meine sechste APK in Folge, und irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht los, dass uns unsere Gastgeber in Asien jedes Mal ein Stück weniger ernst nehmen. Obwohl – oder vielleicht gerade weil – die politische Präsenz Deutschlands mit Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Arbeitsminister so hoch war wie nie zuvor. 

Liegt es daran, dass Deutschland dem Kontinent Asien nicht mehr ausreichend viel zu bieten hat? Bringen wir Themen und Lösungen mit, die der Region wirklich weiterhelfen? Gelten wir in irgendwelchen Technologiefeldern noch als Innovationsführer? 

Geopolitische Spannungen schweben über allem

Über allen Themen schweben heute geopolitische Spannungen. Können Politik und Verbandslandschaft in Deutschland nach fast drei Jahren De-coupling, Di-versification und De-risking nicht endlich mal damit aufhören, Unternehmen auf der einen Seite zu belehren, wie sie mit unternehmerischen Risiken umzugehen haben, und andererseits Ländern moralische Grenzen aufzuzeigen? Ich würde gerne mal wieder an einer Veranstaltung zu Asien teilnehmen, bei der nicht “De-irgendwas” wird, sondern über Marktpotential und Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen wird. Wo man sich trifft, offen über strategische Fehler bei der Marktbearbeitung austauscht und Partnern auf Augenhöhe begegnet. 

Ich schäme mich, wenn unser Kanzler als Gast in Indien zu Beginn seiner Rede Präsident Modi belehrt, dass demokratische Länder sich nicht mit Autokratien austauschen sollten. Arbeitsminister Heil verkündet stolz, dass nun tausende hoch qualifizierte indische Pflegekräfte in Deutschland arbeiten dürfen. Wenn jemand in unseren Firmen versucht, hoch qualifizierte Mitarbeiter abzuwerben, fliegt er hochkant aus unserem Büro. Wir müssen wieder lernen, uns als Gast in der Welt zu benehmen!

Wir stellen unser Wohlstandsmodell selbst infrage

Verstehen Sie mich nicht falsch: Politische Flankierung von wirtschaftlichen Aktivitäten ist vor allem für mittelständische Unternehmen, die in Asien Fuß fassen und erfolgreich sein wollen, von enormer Bedeutung. Dazu müssten unsere Politiker aber auch bereit und in der Lage sein, eine regelmäßige Nähe, fast Freundschaft zu ihren asiatischen Kollegen aufzubauen. Beides scheint mir momentan zu fehlen. Wir dürften dann auch nicht nur unsere Themen adressieren, sondern müssten uns mit den Anliegen und Problemen der Region beschäftigen. Ich war schon glücklich, dass es keine Panels zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gab. Es ist traurig genug, dass wir ständig unser einziges Wohlstandsmodell Globalisierung ernsthaft vor der Welt infrage stellen. 

Ändern können dies nur die Organisatoren der Veranstaltung. Statt vier Bundespolitikern Plattformen für ihre Themen zu geben, sollte man wieder mehr Unternehmen einbeziehen. An Unternehmern, die sich gerade aktiv mit asiatischen Märkten neben China beschäftigen, fehlt es sicher nicht. 

Zu wenig asiatische Stimmen

In der Vergangenheit saßen zahlreiche Minister aus asiatischen Nachbarländern auf Panels, denen man gerne zugehört hat. Diesmal war nur Industrieminister Namgyal Dorji aus Bhutan anwesend. Gut, Bhutan stand bisher nicht auf unserer Liste, aber zumindest scheint er gut gelaunt gewesen zu sein. Muss ich denn extra nach Neu-Delhi, um Frau Stark-Watzinger zu hören? Wo sind die Kevin Rudds oder Kishore Mahbubanis, die uns erklären, wie Asien wirklich funktioniert und welche Rolle Deutschland und Europa spielen sollten? Laut Statuten transportiert der BDI die Interessen der deutschen Industrie an die politischen Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Momentan erscheint mir genau das Gegenteil der Fall zu sein. 

Selbst Wikipedia weiß: Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) ist eine Interessenvertretung deutscher Unternehmen für die Förderung von Handel und Investitionen zwischen Asien und Deutschland in beide Richtungen. Als Vordenker des APA gilt Berthold Leibinger, der im April 1992 auf der 4. Asien-Pazifik-Konferenz in Seoul die Gründung einer Asien-Initiative der deutschen Wirtschaft angeregt hat. Wo sind heute die Heinrich von Pierers, Jürgen Hambrechts, Peter Löschers oder Hubert Lienhards, die als Vertreter der deutschen Großindustrie mit ihrem Gespür für Asien noch den Weg frei gemacht haben für Hunderte von Mittelständlern?

Ich wünsche mir wieder mehr Unternehmerschaft und weniger Politik, mehr Demut und weniger Belehrung, mehr Selbstkritik und weniger Forderungen! Dann nehme ich 2026 in Seoul auch gerne wieder teil und freue mich auf mehr als nur ein paar Flaschen Wasser zum Abendempfang. 

Bernd Reitmeier unterstützt mit seiner Start-up Factory im Industriepark Kunshan, nahe Shanghai, deutsche Mittelständler beim Weg nach China. Der studierte Wirtschaftsingenieur war von 1997 bis 2010 in
verschiedenen Funktionen in den Auslandshandelskammern in China tätig. Von 2014 bis 2016 war Reitmeier Vorstand der Deutschen Handelskammer in China.

Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute mehr denn je: kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

  • Asien-Pazifik-Konferenz
  • Bettina Stark-Watzinger
  • De-Risking
  • Geopolitik
  • Plattformen

Personalien

Sun Jinhua wird Geschäftsleiter in Singapur bei PetroChina International. Er ersetzt Li Shaolin, der als leitender Angestellter der südchinesischen Niederlassung von PetroChina International nach China wechselt.
Sun war zuvor Generaldirektor der Hongkonger Abteilung des chinesischen Ölmultis. Singapur ist neben Houston und London eines der drei Handelszentren des Unternehmens, über das Rohöl, raffinierte Produkte und Flüssigerdgas gehandelt werden.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Als Grund, warum die deutschen Autohersteller in China abgehängt wurden, gilt auch der Mangel an Marktforschung, die “Out of the box” auf chinesische Lebensrealitäten eingeht. Oder welcher VW-Manager wäre darauf gekommen, dass die chinesischen Kunden im Auto auch mal Hotpot kochen oder die Angel auswerfen wollen? Der chinesische Premium-Elektrofahrzeughersteller Zeekr der Geely Holding Group hat Dinge wie eine integrierte Kochstelle in seinem neuen Zeekr MIX-Minivan bereits getestet. Auf den Social-Media-Plattformen erzielten die Ausstattungsstudien bereits einige Aufmerksamkeit. Da ist noch Luft nach oben.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    In Japan bleibt Shigeru Ishiba trotz Stimmenverlusten bei den Wahlen am Sonntag Premierminister. Er ist fest entschlossen, die Verteidigungsstrategie des Landes zu stärken und die Beziehungen zu Taiwan auszubauen. Gleichzeitig will er einen Kommunikationskanal mit Peking aufrechterhalten, sagt Professor Wu Rwei-ren von der renommierten Academia Sinica in Taiwan. Im Interview mit Leonardo Pape erklärt Wu, weshalb der Balanceakt Japan, Taiwan und die gesamte Indo-Pazifik-Region an einen kritischen Wendepunkt bringen könnte.

    In unserem heutigen Standpunkt gehen wir noch einmal auf die Asien-Pazifik-Konferenz in Neu-Delhi ein. Dort sprachen namhafte deutsche Politiker wie Olaf Scholz und Robert Habeck viel über Geopolitik und De-Risking. Unternehmer Bernd Reitmeier argumentiert, dass es bei derartigen Konferenzen wieder mehr um Wirtschaft, als um Politik gehen müsse. Der ehemalige Vorstand der Deutschen Handelskammer in China wünscht sich bei solchen Treffen von deutscher Seite vor allem weniger Belehrung. Was er stattdessen fordert, lesen Sie in seinem Beitrag.

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    E-Auto-Zusatzzölle: Welche Investitionen in der EU nun platzen könnten

    Der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union (EU) und China verschärft sich: Nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf Elektroautos hat Peking am Mittwoch bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde eingelegt. Man werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Unternehmen zu schützen, erklärte das chinesische Handelsministerium. Man sei jedoch bereit, mit der EU eine Lösung zu finden, um eine Eskalation des Handelskonflikts zu vermeiden. Die EU will dazu nochmals Verhandler nach Peking schicken, um eine Alternative zu den Zöllen zu finden, hieß es am Mittwochabend. 

    Gleichzeitig soll Peking chinesische Autohersteller angewiesen haben, große Investitionen in den EU-Ländern zu stoppen, die für die zusätzlichen Zölle auf in China gebaute Elektrofahrzeuge gestimmt hatten. Das berichtete Reuters unter Berufung auf zwei Insider aus einem Treffen mehrerer Autohersteller und offizieller Stellen. An dem Treffen nahmen demnach auch mehrere ausländische Autohersteller teil. Den Teilnehmern soll laut dem Bericht geraten worden sein, bei ihren Investitionen in Länder, die sich der Stimme enthalten hatten, vorsichtig zu sein. Dahingegen seien sie “ermutigt” worden, in EU-Staaten zu investieren, die gegen die Zölle gestimmt hattenDeutschland hat die Zölle abgelehnt, wie auch Malta, die Slowakei, Slowenien und Ungarn.

    Lösung mit Preisverpflichtung ist noch möglich

    Dieser Schritt könnte Europa noch weiter spalten. Zehn EU-Mitglieder, darunter Frankreich, Polen und Italien, hatten die Zusatzzölle bei der Abstimmung in diesem Monat unterstützt. Fünf EU-Staaten waren dagegen, zwölf hatten sich enthalten. Italien und Frankreich gehören eigentlich zu den EU-Ländern, die um Investitionen bei chinesischen Autoherstellern werben. Paris galt gleichzeitig aber als einer der Haupttreiber der Zusatzzölle.

    Größter Empfänger der chinesischen Investitionen ist derzeit Ungarn, dort siedelt sich beispielsweise BYD an. Der staatliche Autohersteller SAIC sucht derzeit auch einen Standort für eine Fabrik für Elektroautos in Europa. Außerdem plant das Staatsunternehmen, dieses Jahr sein zweites europäisches Ersatzteilzentrum in Frankreich zu eröffnen, um der steigenden Nachfrage nach Autos der Marke MG gerecht zu werden. Die italienische Regierung befindet sich in Gesprächen mit Chery und Dongfeng Motor über mögliche Investitionen.

    Einfuhr über Drittstaaten ist nicht möglich

    Die EU-Zusatzzölle sind seit der Nacht zum Mittwoch in Kraft. Allerdings: Die EU-Kommission hat für den Anti-Subventionsfall der chinesischen E-Autos “außergewöhnliche Umstände” ausgemacht. Heißt: Es kann noch zur Lösung mit Preisverpflichtungen kommen. Wenn die Hersteller sich dazu verpflichten, können die Zölle zurückgezogen werden. Sollten sich die Hersteller nicht daran halten, können sie wieder eingesetzt werden.

    Dass die möglichen Preisvereinbarungen und damit einhergehenden Produktionsverpflichtungen auch überprüft werden können, sei unter anderem durch Stippvisiten vor Ort bei den Herstellern möglich, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch. Er betonte, dass eine Regelung über Preisverpflichtungen konform mit WTO-Regeln sei. Eine ähnliche Regelung gebe es beispielsweise bereits bei Biodiesel aus Argentinien. 

    Einen Umweg über Drittstaaten können die chinesischen Hersteller nicht gehen. Grundlage der Zusatzzölle sei die Herstellung des E-Autos in der Volksrepublik, betonte der EU-Beamte. Die Fahrzeuge könnten also nicht über Länder wie die Schweiz, Serbien oder Großbritannien in die EU eingeführt werden. Die EU-Kommission habe in den Monaten seit Beginn der Zoll-Untersuchung einen starken Anstieg bei der Einfuhr der E-Autos gesehen. “Wir gehen davon aus, dass die Lager voll sind”, so der EU-Beamte.

    Zusatzzölle verschaffen Zeit – aber keine langfristige Lösung

    EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Dienstag: “Mit der Annahme dieser verhältnismäßigen und gezielten Maßnahmen nach einer strengen Untersuchung setzen wir uns für faire Marktpraktiken und für die europäische Industrie ein.” Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) warnte jedoch, dass die Zölle das Risiko eines “weitreichenden Handelskonflikts” erhöhten, während eine chinesische Handelsgruppe die “politisch motivierte” Entscheidung anprangerte und zum Dialog zwischen den beiden Seiten aufrief.

    Volkswagen, das von der zunehmenden Konkurrenz aus China hart getroffen wurde, hatte zuvor erklärt, die Zölle würden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie nicht verbessern. VW leidet unter einem Absatzrückgang, vor allem auf dem wichtigsten Markt China. Nach neun Monaten beläuft sich die Rendite der kriselnden Kernmarke VW auf nur noch zwei Prozent. “Dies zeigt den dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen”, erklärte VW-Finanzchef Arno Antlitz. Der Autobauer hat angekündigt, erstmals in der Geschichte Werke in Deutschland zu schließen. Dem Betriebsrat zufolge geht es um mindestens drei Werke und massiven Beschäftigungsabbau.

    BYD überholt Tesla bei Quartalsumsatz

    Ilaria Mazzocco von dem Thinktank Center for Strategic and International Studies in Washington sagte auf Table.Briefings-Anfrage: “Es verschafft den europäischen Autoherstellern ein wenig Zeit und bietet ein wenig mehr Anreiz, in Europa zu produzieren.” Eine langfristige Lösung seien die Zölle jedoch nicht. “Die deutschen und europäischen Autohersteller müssen innovativ sein. Viele von ihnen haben die Elektrifizierung verschlafen und sind erst sehr spät auf die Herausforderung aufmerksam geworden. Jetzt haben sie eine Art Aufholjagd gestartet.”

    BYD meldete am Mittwoch steigende Verkaufszahlen – und übertraf damit erstmals den globalen Rivalen Tesla beim Quartalsumsatz. BYD verzeichnete im dritten Quartal einen Betriebsumsatz von 201,1 Milliarden Yuan (28,2 Milliarden Dollar), wie aus einer Meldung an der Hongkonger Börse hervorgeht. Das entspricht einem Anstieg von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Tesla hatte in der vergangenen Woche einen Umsatz von 25,2 Milliarden Dollar im dritten Quartal gemeldet.

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    Sicherheit: “Ishiba sucht keine direkte Konfrontation mit China”

    Japans Premier Shigeru Ishiba.

    Professor Wu, Japans Premierminister Shigeru Ishiba und seine die Liberaldemokratische Partei (LDP) haben bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag an Unterstützung verloren. Wie sehen Sie jetzt seine Position und seinen Ansatz für die Außen- und Verteidigungspolitik?

    Ishiba ist nach den Wahlen zweifellos geschwächt. Er muss sich nach neuen Partnern umsehen. Dies dürfte zu Instabilität führen, in der sich der Spielraum des neuen Regierungsbündnisses für kühnere politische Initiativen erheblich einschränken wird. Dennoch glaube ich nicht, dass sich seine Außen- und Verteidigungspolitik grundlegend ändern wird. In der Außenpolitik hält sich Ishiba an den Kurs seiner LDP, der langjährigen Regierungspartei. Das Besondere an Ishiba ist jedoch, dass er ein Experte für nationale Verteidigung ist. Er war zuvor Verteidigungsminister und hat sich sehr für den Aufbau und die Modernisierung der Selbstverteidigungskräfte, wie die japanische Armee offiziell heißt, eingesetzt.

    Was bedeutet das für Japan und die Sicherheit in der Region?

    Er möchte, dass Japan ein normaler Nationalstaat ist, und dazu gehört für ihn auch eine starke nationale Verteidigung. Daher möchte er, dass Japan seine Verfassung überarbeitet, damit es wie jedes andere Land eine Armee hat. Zudem wollte er zuvor auch die Wehrpflicht einführen. Zum anderen möchte er die Beziehungen zwischen Japan und den USA, die gegenwärtig ein sehr formelles, aber ungleiches Militärbündnis pflegen – ein Erbe des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges. Die USA können ihre Streitkräfte überall in Japan stationieren, aber nicht umgekehrt. Ishiba möchte einen gänzlich gleichwertigen Status für Japan, damit es auch japanische Verteidigungskräfte auf amerikanischem Boden stationieren kann – als Zeichen der politischen Gleichberechtigung -, z. B. auf Guam, einem US-Territorium im Pazifik.

    “Wirkt pragmatisch und realistisch”

    Wie steht Ishiba zu Taiwan?

    Kurz vor seiner Wahl zum Premierminister reiste Ishiba gegen den Willen der Volksrepublik China nach Taiwan. Dort traf er sich mit Taiwans Präsident Lai Ching-te und betonte – wenn auch inoffiziell – eine sehr umfangreiche militärische Zusammenarbeit und die Notwendigkeit eines informellen Bündnisses zwischen Taiwan und Japan. Seine Äußerungen waren nicht so scharf wie die des früheren japanischen Premierministers Shinzō Abe. So hat sich Ishiba beispielsweise nicht explizit zu der Frage geäußert, ob der Ernstfall in Taiwan auch für Japan ein Notstand darstellen würde. Auf mich wirkt er sehr pragmatisch und realistisch.

    Zeigt sich diese pragmatische Haltung auch gegenüber China?

    Ishiba ist ein Mainstream-Konservativer. Er sucht keine direkte Konfrontation mit China und möchte einen Kommunikationskanal für Krisenzeiten offen halten. Auf der anderen Seite ist Ishiba aber auch sehr misstrauisch gegenüber China. In einem Artikel für das Hudson Institute hat er einen direkten Vergleich zwischen der Ukraine und Taiwan gezogen. Für ihn ist China der größte geopolitische Rivale. Dennoch lehnt er den Besuch japanischer Premierminister oder hoher Regierungsvertreter im Yasukuni-Schrein ab. Dort werden alle im Zweiten Weltkrieg gefallenen Japaner geehrt, einschließlich der Kriegsverbrecher. Ishiba ist der Meinung, dass dies nur die Konservativen und Rechten im eigenen Land erfreue, aber zu ungewollten, negativen Folgen im Verhältnis zu China führt. Allerdings wurde er selbst von China kritisiert, nachdem er kürzlich eine Gabe an den Schrein geschickt hatte.

    “Tempo und Taktik anpassen”

    Könnte ihn das schwache Wahlergebnis dazu zwingen, seine Haltung gegenüber Taiwan und China zu ändern?

    Ich denke nicht. Ishibas Ziel, China einzudämmen und Taiwan zu unterstützen, beruht auf lang gehegten Überzeugungen und nicht auf kurzfristigem politischen Kalkül. Zudem ist man sich in der japanischen Politik seit langem parteiübergreifend einig, dass China in irgendeiner Form eingedämmt werden muss. Ein geschwächter Ishiba wird gezwungen sein, Tempo und Taktik anzupassen, aber nicht das eigentliche Ziel.

    Was halten Sie von Ishibas Vorschlag einer asiatischen Nato?

    Die Idee einer asiatischen Nato ist nicht neu. In den 1950er-Jahren gründeten die Vereinigten Staaten die Southeast Asia Treaty Organization, die gemeinhin als Fehlschlag galt und später aufgelöst wurde. Damals gab es auch Überlegungen zu einem Nordostasien-Bündnis. Eine asiatische Nato ist also ein Teil der frühen Vision des Kalten Krieges. Aber mit seinen sehr unterschiedlichen nationalen Interessen ist Ostasien viel komplizierter und heterogener als die Nato-Region. Eine asiatische Nato, selbst wenn sie strategisch vorteilhaft wäre, ist fast unmöglich zu realisieren. Darüber hinaus wurde Ishibas jüngster Vorschlag für eine asiatische Nato bereits von den Vereinigten Staaten und vielen südostasiatischen Regierungen abgelehnt. Daher steht die Möglichkeit einer asiatischen Nato im Moment nicht zur Debatte.

    “Mindestens genauso hartnäckig wie Abe”

    Warum denken Sie hat er den Vorschlag gemacht?

    Zum einen kann man Ishibas Vorstoß als Vorsichtsmaßnahme gegen eine möglicherweise geringere militärische Präsenz der USA in der Region interpretieren. Er möchte eine Parallelstruktur aufbauen, damit die regionale Sicherheit nicht so stark von den USA abhängig ist. Und die übergreifende Idee hinter diesem Vorschlag ist Abschreckung, von der er als geopolitische Strategie fest überzeugt ist. Offenbar glaubt Ishiba kein bisschen daran, dass intensiver Handel und sozialer Austausch in regionalem Frieden münden. Da er auf Abschreckung setzt, sind regionale Sicherheitsbündnisse wie die Nato für ihn wahrscheinlich die idealste Form der kollektiven Sicherheit.

    Wie wird China auf die Sicherheitspolitik Ishibas reagieren?

    Insgesamt betrachtet China die Wahl von Ishiba wohl als eine recht erfreuliche Nachricht, da er als weniger aggressiv gegenüber China angesehen wird als andere japanische Politiker. Aber ich denke, das ist nur ein leerer Traum. Tatsächlich kann man Ishiba als mindestens genauso hartnäckig wie Abe ansehen, wenn es darum geht, China einzudämmen oder eine chinesische Invasion zu verhindern. Aber Ishiba geht geschickter vor.

    “Situation ist unkontrollierbar geworden”

    Wie werden sich die Beziehungen Japans zu China entwickeln?

    Im Moment könnten sie nicht schlechter sein. Die Situation ist unkontrollierbar geworden, weil China Fremdenfeindlichkeit mobilisiert, insbesondere gegen Japan. Es gab sogar Angriffe auf japanische Bürger in China. Damit will die Regierung ihre Legitimität aufrechterhalten, weil sie wegen der schwindendenWirtschaftsleistung Legitimität einbüßt. Was die Zukunft angeht, bin ich nicht sehr optimistisch. Das soziale Gefüge der chinesischen Gesellschaft ist zerrüttet, doch alles, was die Regierung tut, ist, Nationalismus zu schüren. Selbst wenn Japan den chinafreundlichsten Politiker wählen würde, könnte auch dieser nichts dagegen tun.

    Wu Rwei-ren ist Associate Research Fellow und Professor am Institut für Geschichte Taiwans der Academia Sinica, der nationalen Akademie der Republik China (Taiwan). Er beschäftigt sich mit nationaler Geschichte und vergleichenden aktuellen Ausdrucksformen des Nationalismus in Ostasien. Professor Wu spricht fließend Japanisch und lehrte zuvor an der Waseda-Universität in Tokio.

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    Geopolitik: Australien begründet Aufrüstung mit Sorge vor chinesischen Raketen

    Verteidigungsminister Pat Conroy will Australiens Fähigkeiten zur Raketenabwehr und zum Einsatz von Langstreckenraketen ausbauen. Vor allem auch um der Aufrüstung Chinas zu begegnen, wolle man zudem mit Australiens Sicherheitspartnern USA, Japan und Südkorea noch enger zusammenarbeiten.

    “Warum brauchen wir mehr Raketen? Der strategische Wettbewerb zwischen den Vereinigten Staaten und China ist ein Hauptmerkmal des australischen Sicherheitsumfelds”, sagte Conroy am Mittwoch in Canberra. Der indopazifische Raum stehe an der Schwelle zu einem neuen Raketenzeitalter.

    China hatte im September eine ballistische Interkontinentalrakete abgefeuert, die über 11.000 Kilometer weit flog und im Pazifik nordöstlich von Australien landete. “Wir haben unsere große Besorgnis über diesen Raketentest geäußert, insbesondere über den Eintritt der Rakete in den Südpazifik in Anbetracht des Vertrags von Rarotonga, der besagt, dass der Pazifik eine atomwaffenfreie Zone sein sollte”, so Conroy.

    Australien hat bereits angekündigt, in den nächsten zehn Jahren 74 Milliarden Australische Dollar (45 Milliarden Euro) für die Beschaffung von Raketen und die Raketenabwehr auszugeben, davon mehr als Viertel zur Finanzierung einer neuen inländischen Produktionsstätte.

    Australien wird zudem 316 Mio. Dollar ausgeben, um in Zusammenarbeit mit Lockheed Martin eine lokale Produktion von gelenkten Mehrfachraketen aufzubauen, um die schnell einsetzbaren Boden-Boden-Waffen ab 2029 für den Export zu produzieren. Die Fabrik werde in der Lage sein, 4.000 Guided Multiple Launch Rocket Systems (GMLRS) pro Jahr zu produzieren, was einem Viertel der derzeitigen weltweiten Produktion entspricht, sagte Conroy. rtr

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    Nullzölle: So verschafft sich Peking mehr Einfluss im globalen Handel

    China will ab Dezember die Zölle für Waren aus den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt abschaffen. Das geht aus einem Bericht der South China Morning Post vom Mittwoch hervor. Die Maßnahme soll die Transportkosten aus Teilen Afrikas und Asiens senken und Peking mehr Einfluss im globalen Handel verschaffen. Die Regelung gilt für alle Länder, die die Vereinten Nationen (UN) als “am wenigsten entwickelt” einstufen und die diplomatische Beziehungen zu China unterhalten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf die Zolltarifkommission des Staatsrats. Nach Angaben der Kommission soll die Regelung für alle Einfuhrkategorien gelten.

    Chinas Präsident Xi Jinping hatte die Nullzollregelung am 5. September in einer Grundsatzrede auf dem Pekinger Gipfel des Forums für die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika angekündigt. Unter den 43 Ländern, die davon profitieren sollen, befinden sich 33 in Afrika. Die anderen sind Jemen im Nahen Osten, Kiribati und die Salomonen im Südpazifik sowie Afghanistan, Bangladesch, Laos, Kambodscha, Nepal, Myanmar und Osttimor. Für sie wird die Verschiffung von Feldfrüchten, Obst, Meeresfrüchten oder Rohstoffen nach China dann billiger. Exporteure sparen im Gegenzug beim Transport von Haushaltswaren, Smartphones und Elektrofahrzeugen in diese Länder. Die Ausfuhren der 43 UN-gelisteten Länder nach China erreichten im vergangenen Jahr einen Wert von über 60 Mrd. US-Dollar, wie chinesische Zolldaten zeigen. fpe

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    Energie: Darum setzt China weiter auf Kohlestrom

    Vergangenes Jahr wuchs die weltweite Kapazität von Kohlekraftwerken um 30 Gigawatt (GW), womit die globale Verstromung von Kohle ein neues Allzeithoch erreichte. Dies geht aus der aktuellen “Global Coal Exit List” hervor, die ein NGO-Netzwerk jährlich veröffentlicht. Seit 2015 wuchs die Gesamtkapazität der installierten Kohlekraftwerke demnach um elf Prozent, auf gegenwärtig 2.126 GW. In die Datensammlung fließen öffentlich zugängliche Informationen von großen Firmen ein, die sich im Kohlebereich in der Projektentwicklung, im Bergbau, bei Kraftwerken oder der Stromversorgung engagieren. Insgesamt 1.560 Unternehmen zählt das Netzwerk dazu.

    Dabei ergab sich, dass die Kohlekapazitäten vor allem in China, Indien und Indonesien erhöht werden. Zwar sei der Anteil der Kohle am Energieverbrauch in China auf 55 Prozent im Jahr 2022 deutlich zurückgegangen und das Land investiere nach wie vor stark in Erneuerbare Energien. Um die Energiesicherheit zu gewährleisten, sei der absolute Kohleverbrauch zuletzt aber wieder weitergewachsen. Laut den Daten plant China die Eröffnung 90 weiterer Kohleminen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt jedoch, dass der chinesische Kohleverbrauch 2024 sinken und bis 2026 ein Plateau erreichen wird. av/fpe

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    Raumfahrt: China testet im All Bausteine für eine Mondstation

    China hat am Mittwoch drei Astronauten zu seiner ständig bewohnten Raumstation Tiangong geschickt. Das Raumschiff Shenzhou 19 hob mit einer Langer-Marsch-2F-Rakete vom Jiuquan-Satellitenstartzentrum im Nordwesten Chinas um 4:27 Uhr Ortszeit ab, wie die staatlichen Medien berichteten. In der Raumstation werden die Astronauten zahlreiche weltraumwissenschaftliche Experimente in den Bereichen Lebenswissenschaften, Mikrogravitationsphysik, Materialien, Medizin und neue Technologien durchführen.

    Bei einem der Experimente sollen Ziegelsteine aus simulierter Monderde den Bedingungen im Weltraum ausgesetzt werden. Sollten sich die Tests als erfolgreich erweisen, könnten die Ziegelsteine ein wichtiges Material für den Bau einer permanenten Mondforschungsstation sein, die China bis 2035 fertigstellen will, da dies theoretisch bequemer wäre als der Transport von Baumaterialien von der Erde.

    Um die führende Weltraumnation bis 2050 zu werden, ist es Chinas Ziel, noch vor 2030 als zweite Nation nach den USA einen Menschen auf den Mond zu bringen. Im Mai wurde Chinas Mondsonde Chang’e-6 von der Inselprovinz Hainan aus gestartet und kehrte einen Monat später mit ersten Proben von der Rückseite des Mondes zurück. Die rasche Entwicklung von Chinas Raumfahrtprogramm beunruhigt die Vereinigten Staaten, die zuletzt bei ihren eigenen bemannten Raumflügen auf Probleme gestoßen sind. rtr

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    Presseschau

    China legt WTO-Beschwerde ein: EU setzt Extrazölle auf E-Autos aus China in Kraft TAGESSPIEGEL
    US experts see Pyongyang’s Russia gambit as no-win situation for China VOA NEWS
    U.S. says it welcomes any reduction in tension along India-China border THE HINDU
    Does China seek to “divide and conquer” as it boosts Vietnam defence ties? SCMP
    The far-flung Japanese island that could find itself on the front lines of a China-Taiwan conflict THE GLOBE AND MAIL
    Studie: Deutschland ist mit Blick auf China in Europa besonders verwundbar HANDELSBLATT
    Zölle auf E-Autos: China und EU verhandeln weiter BUSINESS-INSIDER
    Vormarsch in Europa: Chinas E-Autohersteller BYD holt Ex-Stellantis-Chefin Maria Grazia Davino BUSINESS-INSIDER
    Xi Calls for Efforts to Hit Growth Target Before Lawmakers Meet BLOOMBERG
    Wie junge Menschen in China sparen: Rabattaktionen, Resteessen und Gemeinschaftskantinen TAGESSCHAU
    China’s Latest Security Target: Halloween Partygoers NEW YORK TIMES
    Neues Team auf Chinas Raumstation Tiangong DW

    Standpunkt

    APK: Bitte weniger Politik und mehr Unternehmerschaft

    Von Bernd Reitmeier
    Bernd Reitmeier betreibt die Start-up Factory im Industriepark Kunshan.

    Die Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft im indischen Neu-Delhi war meine sechste APK in Folge, und irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht los, dass uns unsere Gastgeber in Asien jedes Mal ein Stück weniger ernst nehmen. Obwohl – oder vielleicht gerade weil – die politische Präsenz Deutschlands mit Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Arbeitsminister so hoch war wie nie zuvor. 

    Liegt es daran, dass Deutschland dem Kontinent Asien nicht mehr ausreichend viel zu bieten hat? Bringen wir Themen und Lösungen mit, die der Region wirklich weiterhelfen? Gelten wir in irgendwelchen Technologiefeldern noch als Innovationsführer? 

    Geopolitische Spannungen schweben über allem

    Über allen Themen schweben heute geopolitische Spannungen. Können Politik und Verbandslandschaft in Deutschland nach fast drei Jahren De-coupling, Di-versification und De-risking nicht endlich mal damit aufhören, Unternehmen auf der einen Seite zu belehren, wie sie mit unternehmerischen Risiken umzugehen haben, und andererseits Ländern moralische Grenzen aufzuzeigen? Ich würde gerne mal wieder an einer Veranstaltung zu Asien teilnehmen, bei der nicht “De-irgendwas” wird, sondern über Marktpotential und Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen wird. Wo man sich trifft, offen über strategische Fehler bei der Marktbearbeitung austauscht und Partnern auf Augenhöhe begegnet. 

    Ich schäme mich, wenn unser Kanzler als Gast in Indien zu Beginn seiner Rede Präsident Modi belehrt, dass demokratische Länder sich nicht mit Autokratien austauschen sollten. Arbeitsminister Heil verkündet stolz, dass nun tausende hoch qualifizierte indische Pflegekräfte in Deutschland arbeiten dürfen. Wenn jemand in unseren Firmen versucht, hoch qualifizierte Mitarbeiter abzuwerben, fliegt er hochkant aus unserem Büro. Wir müssen wieder lernen, uns als Gast in der Welt zu benehmen!

    Wir stellen unser Wohlstandsmodell selbst infrage

    Verstehen Sie mich nicht falsch: Politische Flankierung von wirtschaftlichen Aktivitäten ist vor allem für mittelständische Unternehmen, die in Asien Fuß fassen und erfolgreich sein wollen, von enormer Bedeutung. Dazu müssten unsere Politiker aber auch bereit und in der Lage sein, eine regelmäßige Nähe, fast Freundschaft zu ihren asiatischen Kollegen aufzubauen. Beides scheint mir momentan zu fehlen. Wir dürften dann auch nicht nur unsere Themen adressieren, sondern müssten uns mit den Anliegen und Problemen der Region beschäftigen. Ich war schon glücklich, dass es keine Panels zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gab. Es ist traurig genug, dass wir ständig unser einziges Wohlstandsmodell Globalisierung ernsthaft vor der Welt infrage stellen. 

    Ändern können dies nur die Organisatoren der Veranstaltung. Statt vier Bundespolitikern Plattformen für ihre Themen zu geben, sollte man wieder mehr Unternehmen einbeziehen. An Unternehmern, die sich gerade aktiv mit asiatischen Märkten neben China beschäftigen, fehlt es sicher nicht. 

    Zu wenig asiatische Stimmen

    In der Vergangenheit saßen zahlreiche Minister aus asiatischen Nachbarländern auf Panels, denen man gerne zugehört hat. Diesmal war nur Industrieminister Namgyal Dorji aus Bhutan anwesend. Gut, Bhutan stand bisher nicht auf unserer Liste, aber zumindest scheint er gut gelaunt gewesen zu sein. Muss ich denn extra nach Neu-Delhi, um Frau Stark-Watzinger zu hören? Wo sind die Kevin Rudds oder Kishore Mahbubanis, die uns erklären, wie Asien wirklich funktioniert und welche Rolle Deutschland und Europa spielen sollten? Laut Statuten transportiert der BDI die Interessen der deutschen Industrie an die politischen Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Momentan erscheint mir genau das Gegenteil der Fall zu sein. 

    Selbst Wikipedia weiß: Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) ist eine Interessenvertretung deutscher Unternehmen für die Förderung von Handel und Investitionen zwischen Asien und Deutschland in beide Richtungen. Als Vordenker des APA gilt Berthold Leibinger, der im April 1992 auf der 4. Asien-Pazifik-Konferenz in Seoul die Gründung einer Asien-Initiative der deutschen Wirtschaft angeregt hat. Wo sind heute die Heinrich von Pierers, Jürgen Hambrechts, Peter Löschers oder Hubert Lienhards, die als Vertreter der deutschen Großindustrie mit ihrem Gespür für Asien noch den Weg frei gemacht haben für Hunderte von Mittelständlern?

    Ich wünsche mir wieder mehr Unternehmerschaft und weniger Politik, mehr Demut und weniger Belehrung, mehr Selbstkritik und weniger Forderungen! Dann nehme ich 2026 in Seoul auch gerne wieder teil und freue mich auf mehr als nur ein paar Flaschen Wasser zum Abendempfang. 

    Bernd Reitmeier unterstützt mit seiner Start-up Factory im Industriepark Kunshan, nahe Shanghai, deutsche Mittelständler beim Weg nach China. Der studierte Wirtschaftsingenieur war von 1997 bis 2010 in
    verschiedenen Funktionen in den Auslandshandelskammern in China tätig. Von 2014 bis 2016 war Reitmeier Vorstand der Deutschen Handelskammer in China.

    Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute mehr denn je: kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

    • Asien-Pazifik-Konferenz
    • Bettina Stark-Watzinger
    • De-Risking
    • Geopolitik
    • Plattformen

    Personalien

    Sun Jinhua wird Geschäftsleiter in Singapur bei PetroChina International. Er ersetzt Li Shaolin, der als leitender Angestellter der südchinesischen Niederlassung von PetroChina International nach China wechselt.
    Sun war zuvor Generaldirektor der Hongkonger Abteilung des chinesischen Ölmultis. Singapur ist neben Houston und London eines der drei Handelszentren des Unternehmens, über das Rohöl, raffinierte Produkte und Flüssigerdgas gehandelt werden.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Als Grund, warum die deutschen Autohersteller in China abgehängt wurden, gilt auch der Mangel an Marktforschung, die “Out of the box” auf chinesische Lebensrealitäten eingeht. Oder welcher VW-Manager wäre darauf gekommen, dass die chinesischen Kunden im Auto auch mal Hotpot kochen oder die Angel auswerfen wollen? Der chinesische Premium-Elektrofahrzeughersteller Zeekr der Geely Holding Group hat Dinge wie eine integrierte Kochstelle in seinem neuen Zeekr MIX-Minivan bereits getestet. Auf den Social-Media-Plattformen erzielten die Ausstattungsstudien bereits einige Aufmerksamkeit. Da ist noch Luft nach oben.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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