ein Trend für Serienjunkies mit wenig Zeit: Mikro-Dramen, also ultrakurze Folgen von Serien, haben Chinas Handys erobert. Die fesselnden Folgen dauern im Durchschnitt nur zwei Minuten. Damit die Zuschauer in der Kürze der Zeit auf eine maximale Dosis Herzschmerz und Spannung kommen, müssen die Cliffhanger und Plot-Twists besonders dramatisch sein. Es ist eine Welt, in der das Storytelling nicht immer ausgefeilt ist, die Geschäftsmodelle sind es dafür aber umso mehr.
Schon ist ein Milliardenmarkt entstanden, der bereits 70 Prozent des Niveaus von Kinoproduktionen erreicht. Doch wie bei jedem rasant wachsenden Kulturphänomen haben die Zensoren bereits ihr strenges Auge auf die Mikro-Dramen geworfen. Gewalttätig, übersexualisiert, “schlechte Sichtweisen auf Liebe und Ehe” fördernd – das, was die Konsumenten verschlingen, will der Staat nun regulieren, schreibt Fabian Peltsch in seiner Analyse.
Mindestens genauso spannend, aber etwas langwieriger und bestimmt nicht in zwei Minuten abgeschlossen: der Zollstreit um Elektroautos, die in China hergestellt werden und den Weg in die EU finden. Ein unfairer Angriff auf Chinas Aufstieg – so blickt Peking auf die Maßnahme aus Brüssel.
Bei den Verhandlungen zeichnet sich nicht einmal im Ansatz eine Einigung ab, die die Maßnahme abwenden würde. An diesem Freitagmorgen werden die Zölle vorläufig wirksam. Finn Mayer-Kuckuk und Till Hoppe beschreiben die tiefe Kluft, die die Verhandlungsführer noch trennt. Rasanter Plot-Twist? Bisher nicht in Sicht.
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre.
Die Ankündigung der EU, zusätzliche Zölle auf chinesische Elektroautos zu erheben, fällt in ein zunehmend aufgeheiztes Klima. Die deutsche Autoindustrie zeigt sich nervöser denn je, während EU und China einander mangelnde Kompromissbereitschaft vorwerfen. Zwar betonen beide Seiten, eine Verhandlungslösung anzustreben. Doch ihre Positionen sind noch weit voneinander entfernt.
Ab der Nacht von Donnerstag auf Freitag gelten die Extra-Zölle, zunächst vorläufig. Erst ab November müssen die Hersteller tatsächlich die Sätze zwischen 17,4 und 37,6 Prozent zahlen. Die anfänglich genannte Zahl von 38,1 Prozent wurde nach Neuberechnungen leicht reduziert. Es gilt der etwas niedrigere Höchstsatz für Hersteller, die nicht mit den EU-Ermittlern kooperiert haben.
Aus chinesischer Sicht sind die Zölle ein unfairer Angriff auf Chinas Aufstieg und werden zusammen mit den undifferenzierten US-Zöllen von 100 Prozent auf chinesische E-Autos wahrgenommen. Die eigene Unterstützung für die noch junge Elektroauto-Industrie gilt wiederum als Instrument der Umweltpolitik.
Mit Marktkräften allein dauere es 20 bis 30 Jahre länger als unter dem Einfluss gezielter Förderung, die Wende zu klimafreundlichen Antriebsformen zu schaffen, sagte der Handelsexperte Cui Fan von der University of International Business and Economics in der Propaganda-Zeitung China Daily. Die weltweite grüne Transformation habe keine Zeit, auf einen so langsamen Übergang zu warten.
Die Forderung der EU nach einer Rückführung der Subventionen widerspricht denn auch völlig der industriepolitischen Logik in China. Die orientiert sich noch an vielen anderen Maßstäben als dem Export nach Europa, darunter Umwelt- und Modernisierungsziele, aber auch die Stützung des Arbeitsmarkts und die Entwicklung von strukturschwachen Regionen.
Die Subventionen sind so tief im System verankert, dass sie sich nicht an einem einzelnen Schalter abstellen oder herunterdrehen lassen. Als wichtige Ursache für die niedrigen Preise gilt die unkoordinierte Förderung örtlicher Anbieter in den Provinzen, die selbständig entscheiden. Dazu kam ein dramatischer Absatzrückgang infolge der immer schwereren Immobilienkrise.
Die EU-Kommission sieht dagegen in der chinesischen Förderung seiner Fahrzeugindustrie unfaire Subventionen, die zum Ziel haben, fremde Märkte zu dominieren. Die Positionen liegen nach ersten Gesprächen zwischen Handelskommissar Valdis Dombrovskis und Handelsminister Wang Wentao noch weit auseinander. Dombrovskis erklärte, die eigene Untersuchung sei so ausgewogen, dass ein Gegenschlag sinnlos sei. Am Donnerstag aber kündigte Chinas Handelsministerium eine Anti-Dumping-Prüfung für die Chemikalien-Klasse der Toluidine aus der EU an.
Das chinesische Handelsministerium ließ am Donnerstag alle Möglichkeiten offen. “Wir hoffen, dass die europäische und die chinesische Seite sich in die gleiche Richtung bewegen und dabei Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit zeigen”, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Das viermonatige Zeitfenster sei zu nutzen, um den Beratungsprozess voranzutreiben.
Deutsche Autobauer wie Volkswagen stellten sich am Donnerstag erneut gegen die Zusatzzölle. Aus Sicht von VW überwiegen die negativen Auswirkungen dieser Entscheidung die positiven Effekte für die europäische und insbesondere die deutsche Autoindustrie. Der Konzern begrüße den Wettbewerb und halte ihn für wichtig, um den Markt für E-Autos in Schwung zu bringen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie stellte sich am Donnerstag mit einer gewundenen Erklärung der Aufgabe, die vielfältigen Interessen seiner Mitgliedsunternehmen und die eigene Lageeinschätzung in einer Position zu integrieren. “Vorläufige Ausgleichszölle sind kein Widerspruch zu Verhandlungen”, ließ BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner mitteilen. “Die Verhandlungslinie der Kommission sollte die Interessenvielfalt in der EU widerspiegeln.” Sprich: Sie soll im Sinne Deutschlands nicht zu hart und kompromisslos in die Gespräche gehen. Doch: “Der BDI tritt dafür ein, marktverzerrende Auswirkungen staatlicher Industriepolitik zu minimieren und unfairen Handelspraktiken entgegenzutreten.”
Ökonomen bestätigen derweil die Wahrnehmung, dass China nach internationalen Maßstäben in ganz erheblich marktverzerrender Weise subventioniert. Die Zölle gelten grundsätzlich als Mittel, um den EU-Markt davor zu schützen.
Die Einfuhr von Kfz aus China könnte durch die Maßnahme um 42 Prozent zurückgehen, schätzen das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel), das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) in einer am Donnerstag veröffentlichten Berechnung. Profiteure wären vor allem EU-Marken, deren Absatz entsprechend stärker steigen kann.
Tatsächlich steigt Chinas Export steil an. Von Januar bis Mai stieg die Ausfuhr von E-Autos in alle Weltgegenden um knapp 14 Prozent auf eine gute halbe Million Stück, wie aktuelle Zahlen der China Association of Automobile Manufacturers zeigen. Das entspricht der Einschätzung der EU, dass die bisher niedrigen Absatzzahlen nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass der Export der günstigen Produkte ohne Handelsmaßnahmen lawinenartig ansteigen könnte.
Der Widerstand der deutschen Autoindustrie hat vielfältige Gründe. Anders als in der EU-Spitze und bei vielen Ökonomen, die das geopolitische und makroökonomische Gesamtbild einbeziehen, liegt der Fokus von Konzernmanagern auf aktuellen Geschäftszahlen. Hier ist die China-Abhängigkeit weiterhin sehr hoch.
Dazu kommt, dass viele deutsche Anbieter selbst in China für Europa produzieren und umgekehrt. Sie sind also akut für Zölle anfällig.
Sowohl Mercedes als auch BMW geben an, rund 80 Prozent der Autos für den chinesischen Markt vor Ort in China zu produzieren, aber 20 Prozent aus Europa zu verschiffen. Das sind vor allem die absoluten Top-Modelle wie die BMW 8er und 7er. Bei Volkswagen sind es Autos der Marken Porsche, Bentley und Lamborghini. All diese Exporte nach China wären von einem Gegenschlag der Volksrepublik betroffen.
Aber auch die aktuellen EU-Zölle gehen nicht an allen europäischen Anbietern spurlos vorbei:
Volkswagen und Mercedes verzichten dagegen (weitgehend) auf die Lieferung aus China in die EU.
Die umstrittenen Zölle sind ein Aufschlag auf die zehn Prozent, die die EU für Einfuhren aus allen WTO-Ländern erhebt, mit denen sie kein Freihandelsabkommen hat. Die Zollsätze verteilen sich wie folgt:
Zu den Anbietern, die mit der EU kooperiert haben und nun 20,8 Prozent zahlen müssen, gehören:
Wird in China gerade die Entertainment-Industrie neu erfunden? Sogenannte Micro-Dramas 微短剧 haben den Streaming-Markt in kürzester Zeit umgekrempelt. Es handelt sich dabei um Online-Serien, deren Folgen im Schnitt zwei Minuten lang sind und die sich am besten auf dem Smartphone konsumieren lassen. Die im Hochformat gedrehten Geschichten müssen bei der Stange halten, daher sind die Plot-Twists und Cliffhanger maximal dramatisch. Inhaltlich geht es oftmals um Liebe und Intrigen. Einige schöpfen als Kostümdrama Inspiration aus der chinesischen Geschichte. Auch Zeitreisen sind seit dem Streaming-Hit “Ich wurde in den 80er-Jahren zur Stiefmutter 我在八零年代当后妈” ein beliebtes Sujet.
Hauptanbieter sind Videoplattformen wie Kuaishou, Douyin, iQiyi und BiliBili, aber auch Tech-Giganten wie Tencent schwimmen auf der Welle mit. Das Geschäftsmodell orientiert sich an dem von Drogen-Dealern. Die ersten Folgen sind umsonst. Ist man süchtig, muss man zahlen – zumindest für die werbefreien Versionen. Einzelne Episoden gibt es schon ab einem Yuan, Staffeln von Premium-Shows kosten bis zu 20 Euro. Am 2. Juni stellte etwa der Hongkonger Starregisseur Stephen Chow (“Kung Fu Hustle”) seine erste Micro-Serie “Take Me Home 金猪玉叶” exklusiv auf Douyin vor, der Videoplattform von Tiktok-Mutterkonzern Bytedance. Schon in den ersten fünf Stunden kam der Pilot der 24 Folgen umfassenden Serie auf über fünf Millionen Views. Bislang sind solche Großproduktionen aber noch die Ausnahme. Der Großteil bewegt sich im Bereich audiovisueller Groschenromane. Trotzdem kann man bereits von einer Tiktokisierung der Film- und Streamingindustrie sprechen.
Als Phänomen gibt es die Kurz-Dramen in China, aber auch in Südkorea schon mindestens seit 2018. An Fahrt aufgenommen hat der Trend 2020, mit einem vorläufigen Höhepunkt im vergangenen Jahr. Einem Bericht von iMedia Research zufolge erreichte der Markt für Micro-Dramas 2023 einen Wert von 37,4 Milliarden Yuan, rund fünf Milliarden Dollar. Das entspricht einem Anstieg von rund 268 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit erreicht der Micro-Dramas-Markt ein Niveau von 70 Prozent der jährlichen Kinokasseneinnahmen. Prognosen gehen davon aus, dass dieser Marktwert bis 2027 sogar 14 Milliarden Dollar übersteigen wird.
Die Vorteile gegenüber dem althergebrachten Kino und klassischen Serien liegen auf der Hand: Die Produktionskosten und der Zeitaufwand sind vergleichsweise gering. Die Serien können durch die Algorithmen der Video-Apps schneller den aktuellen Bedürfnissen und Sehgewohnheiten angepasst werden, was auch schnellere Profite verspricht – zumal exzessives Product-Placement keinesfalls verpönt ist. Die Teams hinter den Micro-Dramas sind nur in den seltensten Fällen hoch bezahlte Filmprofis. Drehbücher müssen nicht ins Detail gehen oder überaus originell sein. Schon zu Beginn sah sich der Markt mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Und wie bei jedem Kultur-Phänomen, das schnell sehr groß wird, standen bald die Zensurbehörden auf dem Plan.
Schon im Dezember 2023 beanstandete das Cyberspace Affairs Office der Kommunistischen Partei, dass viele Micro-Serien zu gewalttätig und übersexualisiert seien, Diskriminierung förderten und “schlechte Sichtweisen auf Liebe und Ehe” vermittelten. Seit dem 1. Juni verlangt die Regierung nun für alle Micro-Dramas eine Lizenz nach einem “klassifizierten und abgestuften Überprüfungssystem”. Bevor sie online verbreitet werden dürfen, müssen Serien mit einer Investition von über einer Million Yuan (rund 130.000 Euro) bei der Nationalen Rundfunk- und Fernsehverwaltung eingereicht werden. Micro-Dramas mit einer Investition zwischen 300.000 und einer Million Yuan müssen von den Rundfunk- und Fernsehabteilungen der Provinzen geprüft werden. Solche mit einer Investition von weniger als 300.000 Yuan – also der Großteil – sollen von den Plattformen selbst geprüft werden. Das fördert Vorsicht und Selbstzensur. Einige beliebte Produktionen verschwanden bereits von Plattformen wie Douyin und Kuaishou. Ob auf Drängen der Behörden oder aus vorauseilendem Gehorsam ist nicht ganz klar.
Fast alle großen Plattformen haben bereits angekündigt, in Zukunft vermehrt auf Premium-Content zu setzen. Bilibili möchte noch in diesem Jahr insgesamt 20 solcher Produktionen veröffentlichen. Douyin hat im Januar angekündigt, verstärkt auf Micro-Dramas zu setzen, die das Alltagsleben in China zeigen und die traditionelle Kultur und den lokalen Tourismus fördern. In Staatsbesitz befindliche Medienkonglomerate wie Hunan TV oder die lokale Gesundheitskommission von Shenzhen haben ebenfalls Micro-Dramas auf den Weg gebracht.
Manche meinen, die Zensur ersticke die noch junge Kunstform, bevor sie eigene kreative Wege finden kann. Um der Zensur zu Hause zu entfliehen, versuchen einige chinesische Produzenten bereits fürs Ausland zu produzieren. ReelShort, eine chinesische App zum Streamen von Micro-Dramas, wurde 2023 in den USA über sieben Millionen Mal heruntergeladen. Die App TOPShort hatte im Februar im US-amerikanischen Apple-Store eine höhere Downloadzahl als Netflix. Wer genau die Apps heruntergeladen hat und was dort geschaut wurde, ist nicht bekannt.
08.07.2024, 10:30 Uhr Beijing time
German Chamber of Commerce in China, Workshop: Collaborate to Compete: Catena-X as Solution for Sustainable and Compliant Automotive Supply Chains Mehr
08.07.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Is It Me or the Economic System? Changing Chinese Attitudes Toward Inequality: A Big Data China Event Mehr
09.07.2024, 21:30 Uhr (10.07., 03:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Buchvorstellung: Edward Wong: At the Edge of Empire – A Family’s Reckoning with China Mehr
09.07.2024, 18:30 Uhr (10.07., 00:30 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Freiburg, Vortrag (hybrid, in Freiburg): Science-Fiction als Schlüsselgenre der chinesischen Gegenwart Mehr
10.07.2024, 4:30 Uhr (10:30 Uhr Beijing time)
German Chamber of Commerce in China, Virtual Exchange: Sustainable Manufacturing Stories – Key Takeaways from the Sustainability Practices in the Building Industry Mehr
10.07.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Merics, Closed-door workshop: China’s quantum computing and communication efforts and its impacts for Europe Mehr
11.07.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Fourteenth Annual South China Sea Conference Mehr
11.07.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
Giga Hamburg, Webinar: The Paradigm Shift in EU-China Relations: Understanding the EU’s Current Strategy Towards China Mehr
12.07.2024, 15:00 Uhr
China Netzwerk Baden-Württemberg, Netzwerktreffen (in Stuttgart): Summer Gathering des CNBW Mehr
13.07.2024, 13:30 Uhr
Konfuzius-Institut Frankfurt, Festival (in Frankfurt): Theaterfestival der europäischen Konfuzius-Institute Mehr
15.07.2024, 18:15 Uhr (16.07., 00:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut FU Berlin, Vortrag (hybrid, in Berlin): Aktuelle Entwicklungen in der chinesischen Volkswirtschaft – Richtungssuche inmitten multipler Krisen Mehr
Chinas Präsident Xi Jinping hat an die Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) appelliert, “externe Einmischungen” abzuwehren. “Angesichts der realen Risiken, dass kleine Höfe mit hohen Zäunen geschützt werden, müssen wir das Recht auf Entwicklung schützen”, zitierte das chinesische Staatsfernsehen CCTV am Donnerstag aus der Xi-Rede beim SCO-Gipfel in Kasachstans Hauptstadt Astana – offensichtlich in Anspielung auf einen sich ausbreitenden Protektionismus auch von westlichen Ländern gegenüber China. Dem regionalen Wirtschafts-, Verteidigungs- und Sicherheitsblock gehören China, Indien, der Iran, Kasachstan, Kirgistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan, Usbekistan und – seit Donnerstag – Belarus an.
China versucht seit längerem, Staatenbünde wie die Brics-Schwellenländergruppe oder die SCO zu einer geschlossenen Haltung gegenüber den USA zu bewegen. Der SCO-Block mit seinen zehn Mitgliedern müsse “interne Differenzen” friedlich bewältigen, Gemeinsamkeiten suchen und Kooperationsschwierigkeiten lösen, sagte Xi. Er betonte laut CCTV zudem die Notwendigkeit, gemeinsam wissenschaftliche und technologische Innovationen zu fördern und die Stabilität der internen Industrie- und Lieferketten zu sichern. rtr
Zwischen 2014 und 2023 kamen mehr als 38.000 Erfindungen im Bereich generativer künstlicher Intelligenz (GenAI) aus China, sechsmal mehr als aus den zweitplatzierten USA. Auf Platz 3 und 4 liegen Korea und Japan. Indien, der fünftgrößte Standort, verzeichnete mit 56 Prozent die höchste durchschnittliche jährliche Wachstumsrate unter den fünf Spitzenreitern. Generative KI – oder GenAI – ermöglicht es Nutzern durch Sprachbefehle auf einfachem Weg, Text, Bilder, Musik und Computercode zu erstellen.
Die Informationen stammen vom Patent Landscape Report on Generative AI der World Intellectual Property Organization (WIPO). Er dokumentiert 54.000 Erfindungen im Bereich GenAI zwischen 2014 und 2023. Mehr als ein Viertel davon sind allein im letzten Jahr entstanden. Dennoch machen GenAI-Patente derzeit nur 6 Prozent aller KI-Patente weltweit aus. Die Top 10 der GenAI-Patentanmelder sind: Tencent (2.074), Ping An Insurance (1.564), Baidu (1.234), Chinese Academy of Sciences (607), IBM (601), Alibaba Group (571), Samsung Electronics (468), Alphabet (443), ByteDance (418) und Microsoft (377). cyb
Im Rahmen einer kurzen Eröffnungsveranstaltung hat der Batteriehersteller CATL eine neue Batteriemarke vorgestellt. Das berichtet der chinesische Branchendienst CnEV Post. Unter dem Namen Tianxing will der weltgrößte Batteriehersteller auch im Bereich der Nutzfahrzeuge angreifen. Man wolle Rundum-Lösungen für die Logistik- und Vertriebsbranche anbieten, erklärte CATL. Die Tianxing-Batterien sind schnellladefähig und können in Range-Extender-Fahrzeugen verwendet werden. Die Produktion läuft bereits.
Bei der Veranstaltung zeigte CATL zwei Tianxing L Batteriepacks für Nutzfahrzeuge. Darunter eine Schnelllade-Variante mit einer Batteriekapazität von 140 Kilowattstunden, die 4C-Ladegeschwindigkeiten unterstützt. 4C bedeutet, dass Batterien in einer Viertelstunde komplett geladen werden können. Die zweite Long Range-Variante besitzt eine Batteriekapazität von 200 Kilowattstunden und soll 500 Kilometer Reichweite ermöglichen. 13 Hersteller haben dem Bericht zufolge bereits bestellt, 21 Modelle sollen mit den Batterien ausgestattet werden. jul
Bekanntlich machen Kleider Leute – sie können aber auch eine Tarnung sein. Wenn Fang Di, Medienkünstler aus Shenzhen, tagsüber seinem Brot-und-Butter-Job nachgeht, muss er Anzug und Krawatte tragen. Nicht selten eilt er in dieser Arbeitsklamotte zu einer abendlichen Ausstellungseröffnung und wird dann gar nicht als “Künstler” erkannt. Wenn doch, halten ihn die Leute auch mal schnell für einen flotten Kommerzkünstler.
Für andere würde das vielleicht einen irreparablen Imageschaden bedeuten, für Fang ist es ein Spiel. Der gleitende Wechsel der Identitäten amüsiert ihn, auch tagsüber: “Auf der Arbeit weiß niemand, dass ich Kunst mache. Mein Chef wäre sicherlich nicht glücklich darüber, wenn er wüsste, dass ich noch Kapazitäten für einen zweiten Job habe.”
Viele Künstler in Shenzhen haben ein zweites Standbein, erzählt Fang, denn die Lebenshaltungskosten sind einfach zu hoch. Die meisten kellnern oder geben Nachhilfe. Fangs Job dagegen ist nicht irgendein “Job”. Für ein staatseigenes Unternehmen treibt er die Kooperation zwischen China und Papua-Neuguinea im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) voran. Dazu ist er halbjährlich in Port Moresby, der Hauptstadt des pazifischen Inselstaates.
Eine formelle Qualifikation für diesen Beruf besitzt er eigentlich nicht. Nach Abschlüssen an der Guangzhou Akademie der bildenden Künste und der Mount Royal School of Art in Baltimore arbeitete Fang an Projekten im Gebäudebau und der Stadtplanung. “An der Graduate School haben sich die meisten meiner Kommilitonen für Abstraktionen und Formalismen interessiert, aber ich wollte schon immer wissen, was draußen passiert. Das ist doch das Wichtigste für Künstler – zu verstehen, wo sie leben und was in ihrer Welt passiert.”
In einem seiner Filme, “Minister” (2019), spürt Fang der Geschichte von Justin Tkatchenko nach, den er über seinen Brotjob kennengelernt hat. Tkatchenko ist Australier mit osteuropäischen Wurzeln und wegen seiner Leidenschaft für indigene Orchideen nach Papua-Neuguinea gezogen. Dort legte er eine rasante, unvorhergesehene Karriere hin. Zunächst fasste er als Kurator in den botanischen Gärten Fuß, wurde bekannter Fernsehmoderator und machte dann wenig später als einflussreicher Politiker Furore. Als Außenminister von Papua-Neuguinea wurde er eine der wichtigsten Personen in der Zusammenarbeit mit China – und in Fang Dis Kunst auch zum Symbol für die Exzentriker und mitunter zwielichtigen Gestalten, die am Wegesrand der Neuen Seidenstraße Geschäfte machen.
Für Fang verdichten sich in der Person von Tkatchenko auch die scheinbaren Widersprüchlichkeiten der Globalisierung. Der Film setzt sich zusammen aus Fernsehmitschnitten und Videos, die Fang hauptsächlich mit seinem Handy gedreht hat. Eine Filmkamera wäre zu auffällig gewesen: “Ich musste ja parallel noch meinen beruflichen Tätigkeiten nachkommen.”
Für Fang sind sein Brotjob und die “Tarnung” durch Anzug und Krawatte ein Wettbewerbsvorteil: “In meiner Arbeit für das staatseigene Unternehmen muss ich meinen Vorgesetzten berichten und stoße auf Informationen und Probleme, zu denen Künstler normalerweise keinen Zugang haben.” Wie etwa ein Solarprojekt, von dem Fangs nächster Film handeln wird. Drehen wird er ihn wohl wieder über weite Strecken, wie es sich für einen gewieften Dokumentarfilmer gehört, in Camouflage: Anzug und Krawatte. Julius Schwarzwälder
Hauke Schrieber hat im Mai bei BYD Europe den Posten des Senior Communication Managers übernommen. Schrieber war zuvor seit 2017 Chefreporter der Auto Bild in Hamburg, bei der er 1997 als Volontär angefangen hatte.
Juan Manuel Valor Font ist seit Mai bei TE Connectivity Leiter der Geschäftseinheit Industrie- und Gewerbetransport China und globaler Leiter des Projektmanagements. Er arbeitet in Shanghai. Das Schweizer Unternehmen verkauft elektrische und elektronische Bauelemente für KI, E-Mobilität und Photovoltaik.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
52 Millionen Hunde und 70 Millionen Katzen – so viele Haustiere leben nach Schätzungen der Marketingfirma Petdata.cn in der Volksrepublik. Weil mit der Zahl der Tiere auch die Wahrscheinlichkeit wächst, dass einige von ihnen verschwinden oder sogar gekidnappt werden, hat sich ein neuer Berufszweig herausgebildet: Haustierdetektive. Diese bieten ihre Dienste für umgerechnet 400 bis 4000 Euro auf Social Media an. Je nach Schwierigkeitsgrad kommen auch Wärmekameras und Nachtsichtgeräte zum Einsatz.
ein Trend für Serienjunkies mit wenig Zeit: Mikro-Dramen, also ultrakurze Folgen von Serien, haben Chinas Handys erobert. Die fesselnden Folgen dauern im Durchschnitt nur zwei Minuten. Damit die Zuschauer in der Kürze der Zeit auf eine maximale Dosis Herzschmerz und Spannung kommen, müssen die Cliffhanger und Plot-Twists besonders dramatisch sein. Es ist eine Welt, in der das Storytelling nicht immer ausgefeilt ist, die Geschäftsmodelle sind es dafür aber umso mehr.
Schon ist ein Milliardenmarkt entstanden, der bereits 70 Prozent des Niveaus von Kinoproduktionen erreicht. Doch wie bei jedem rasant wachsenden Kulturphänomen haben die Zensoren bereits ihr strenges Auge auf die Mikro-Dramen geworfen. Gewalttätig, übersexualisiert, “schlechte Sichtweisen auf Liebe und Ehe” fördernd – das, was die Konsumenten verschlingen, will der Staat nun regulieren, schreibt Fabian Peltsch in seiner Analyse.
Mindestens genauso spannend, aber etwas langwieriger und bestimmt nicht in zwei Minuten abgeschlossen: der Zollstreit um Elektroautos, die in China hergestellt werden und den Weg in die EU finden. Ein unfairer Angriff auf Chinas Aufstieg – so blickt Peking auf die Maßnahme aus Brüssel.
Bei den Verhandlungen zeichnet sich nicht einmal im Ansatz eine Einigung ab, die die Maßnahme abwenden würde. An diesem Freitagmorgen werden die Zölle vorläufig wirksam. Finn Mayer-Kuckuk und Till Hoppe beschreiben die tiefe Kluft, die die Verhandlungsführer noch trennt. Rasanter Plot-Twist? Bisher nicht in Sicht.
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre.
Die Ankündigung der EU, zusätzliche Zölle auf chinesische Elektroautos zu erheben, fällt in ein zunehmend aufgeheiztes Klima. Die deutsche Autoindustrie zeigt sich nervöser denn je, während EU und China einander mangelnde Kompromissbereitschaft vorwerfen. Zwar betonen beide Seiten, eine Verhandlungslösung anzustreben. Doch ihre Positionen sind noch weit voneinander entfernt.
Ab der Nacht von Donnerstag auf Freitag gelten die Extra-Zölle, zunächst vorläufig. Erst ab November müssen die Hersteller tatsächlich die Sätze zwischen 17,4 und 37,6 Prozent zahlen. Die anfänglich genannte Zahl von 38,1 Prozent wurde nach Neuberechnungen leicht reduziert. Es gilt der etwas niedrigere Höchstsatz für Hersteller, die nicht mit den EU-Ermittlern kooperiert haben.
Aus chinesischer Sicht sind die Zölle ein unfairer Angriff auf Chinas Aufstieg und werden zusammen mit den undifferenzierten US-Zöllen von 100 Prozent auf chinesische E-Autos wahrgenommen. Die eigene Unterstützung für die noch junge Elektroauto-Industrie gilt wiederum als Instrument der Umweltpolitik.
Mit Marktkräften allein dauere es 20 bis 30 Jahre länger als unter dem Einfluss gezielter Förderung, die Wende zu klimafreundlichen Antriebsformen zu schaffen, sagte der Handelsexperte Cui Fan von der University of International Business and Economics in der Propaganda-Zeitung China Daily. Die weltweite grüne Transformation habe keine Zeit, auf einen so langsamen Übergang zu warten.
Die Forderung der EU nach einer Rückführung der Subventionen widerspricht denn auch völlig der industriepolitischen Logik in China. Die orientiert sich noch an vielen anderen Maßstäben als dem Export nach Europa, darunter Umwelt- und Modernisierungsziele, aber auch die Stützung des Arbeitsmarkts und die Entwicklung von strukturschwachen Regionen.
Die Subventionen sind so tief im System verankert, dass sie sich nicht an einem einzelnen Schalter abstellen oder herunterdrehen lassen. Als wichtige Ursache für die niedrigen Preise gilt die unkoordinierte Förderung örtlicher Anbieter in den Provinzen, die selbständig entscheiden. Dazu kam ein dramatischer Absatzrückgang infolge der immer schwereren Immobilienkrise.
Die EU-Kommission sieht dagegen in der chinesischen Förderung seiner Fahrzeugindustrie unfaire Subventionen, die zum Ziel haben, fremde Märkte zu dominieren. Die Positionen liegen nach ersten Gesprächen zwischen Handelskommissar Valdis Dombrovskis und Handelsminister Wang Wentao noch weit auseinander. Dombrovskis erklärte, die eigene Untersuchung sei so ausgewogen, dass ein Gegenschlag sinnlos sei. Am Donnerstag aber kündigte Chinas Handelsministerium eine Anti-Dumping-Prüfung für die Chemikalien-Klasse der Toluidine aus der EU an.
Das chinesische Handelsministerium ließ am Donnerstag alle Möglichkeiten offen. “Wir hoffen, dass die europäische und die chinesische Seite sich in die gleiche Richtung bewegen und dabei Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit zeigen”, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Das viermonatige Zeitfenster sei zu nutzen, um den Beratungsprozess voranzutreiben.
Deutsche Autobauer wie Volkswagen stellten sich am Donnerstag erneut gegen die Zusatzzölle. Aus Sicht von VW überwiegen die negativen Auswirkungen dieser Entscheidung die positiven Effekte für die europäische und insbesondere die deutsche Autoindustrie. Der Konzern begrüße den Wettbewerb und halte ihn für wichtig, um den Markt für E-Autos in Schwung zu bringen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie stellte sich am Donnerstag mit einer gewundenen Erklärung der Aufgabe, die vielfältigen Interessen seiner Mitgliedsunternehmen und die eigene Lageeinschätzung in einer Position zu integrieren. “Vorläufige Ausgleichszölle sind kein Widerspruch zu Verhandlungen”, ließ BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner mitteilen. “Die Verhandlungslinie der Kommission sollte die Interessenvielfalt in der EU widerspiegeln.” Sprich: Sie soll im Sinne Deutschlands nicht zu hart und kompromisslos in die Gespräche gehen. Doch: “Der BDI tritt dafür ein, marktverzerrende Auswirkungen staatlicher Industriepolitik zu minimieren und unfairen Handelspraktiken entgegenzutreten.”
Ökonomen bestätigen derweil die Wahrnehmung, dass China nach internationalen Maßstäben in ganz erheblich marktverzerrender Weise subventioniert. Die Zölle gelten grundsätzlich als Mittel, um den EU-Markt davor zu schützen.
Die Einfuhr von Kfz aus China könnte durch die Maßnahme um 42 Prozent zurückgehen, schätzen das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel), das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) in einer am Donnerstag veröffentlichten Berechnung. Profiteure wären vor allem EU-Marken, deren Absatz entsprechend stärker steigen kann.
Tatsächlich steigt Chinas Export steil an. Von Januar bis Mai stieg die Ausfuhr von E-Autos in alle Weltgegenden um knapp 14 Prozent auf eine gute halbe Million Stück, wie aktuelle Zahlen der China Association of Automobile Manufacturers zeigen. Das entspricht der Einschätzung der EU, dass die bisher niedrigen Absatzzahlen nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass der Export der günstigen Produkte ohne Handelsmaßnahmen lawinenartig ansteigen könnte.
Der Widerstand der deutschen Autoindustrie hat vielfältige Gründe. Anders als in der EU-Spitze und bei vielen Ökonomen, die das geopolitische und makroökonomische Gesamtbild einbeziehen, liegt der Fokus von Konzernmanagern auf aktuellen Geschäftszahlen. Hier ist die China-Abhängigkeit weiterhin sehr hoch.
Dazu kommt, dass viele deutsche Anbieter selbst in China für Europa produzieren und umgekehrt. Sie sind also akut für Zölle anfällig.
Sowohl Mercedes als auch BMW geben an, rund 80 Prozent der Autos für den chinesischen Markt vor Ort in China zu produzieren, aber 20 Prozent aus Europa zu verschiffen. Das sind vor allem die absoluten Top-Modelle wie die BMW 8er und 7er. Bei Volkswagen sind es Autos der Marken Porsche, Bentley und Lamborghini. All diese Exporte nach China wären von einem Gegenschlag der Volksrepublik betroffen.
Aber auch die aktuellen EU-Zölle gehen nicht an allen europäischen Anbietern spurlos vorbei:
Volkswagen und Mercedes verzichten dagegen (weitgehend) auf die Lieferung aus China in die EU.
Die umstrittenen Zölle sind ein Aufschlag auf die zehn Prozent, die die EU für Einfuhren aus allen WTO-Ländern erhebt, mit denen sie kein Freihandelsabkommen hat. Die Zollsätze verteilen sich wie folgt:
Zu den Anbietern, die mit der EU kooperiert haben und nun 20,8 Prozent zahlen müssen, gehören:
Wird in China gerade die Entertainment-Industrie neu erfunden? Sogenannte Micro-Dramas 微短剧 haben den Streaming-Markt in kürzester Zeit umgekrempelt. Es handelt sich dabei um Online-Serien, deren Folgen im Schnitt zwei Minuten lang sind und die sich am besten auf dem Smartphone konsumieren lassen. Die im Hochformat gedrehten Geschichten müssen bei der Stange halten, daher sind die Plot-Twists und Cliffhanger maximal dramatisch. Inhaltlich geht es oftmals um Liebe und Intrigen. Einige schöpfen als Kostümdrama Inspiration aus der chinesischen Geschichte. Auch Zeitreisen sind seit dem Streaming-Hit “Ich wurde in den 80er-Jahren zur Stiefmutter 我在八零年代当后妈” ein beliebtes Sujet.
Hauptanbieter sind Videoplattformen wie Kuaishou, Douyin, iQiyi und BiliBili, aber auch Tech-Giganten wie Tencent schwimmen auf der Welle mit. Das Geschäftsmodell orientiert sich an dem von Drogen-Dealern. Die ersten Folgen sind umsonst. Ist man süchtig, muss man zahlen – zumindest für die werbefreien Versionen. Einzelne Episoden gibt es schon ab einem Yuan, Staffeln von Premium-Shows kosten bis zu 20 Euro. Am 2. Juni stellte etwa der Hongkonger Starregisseur Stephen Chow (“Kung Fu Hustle”) seine erste Micro-Serie “Take Me Home 金猪玉叶” exklusiv auf Douyin vor, der Videoplattform von Tiktok-Mutterkonzern Bytedance. Schon in den ersten fünf Stunden kam der Pilot der 24 Folgen umfassenden Serie auf über fünf Millionen Views. Bislang sind solche Großproduktionen aber noch die Ausnahme. Der Großteil bewegt sich im Bereich audiovisueller Groschenromane. Trotzdem kann man bereits von einer Tiktokisierung der Film- und Streamingindustrie sprechen.
Als Phänomen gibt es die Kurz-Dramen in China, aber auch in Südkorea schon mindestens seit 2018. An Fahrt aufgenommen hat der Trend 2020, mit einem vorläufigen Höhepunkt im vergangenen Jahr. Einem Bericht von iMedia Research zufolge erreichte der Markt für Micro-Dramas 2023 einen Wert von 37,4 Milliarden Yuan, rund fünf Milliarden Dollar. Das entspricht einem Anstieg von rund 268 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit erreicht der Micro-Dramas-Markt ein Niveau von 70 Prozent der jährlichen Kinokasseneinnahmen. Prognosen gehen davon aus, dass dieser Marktwert bis 2027 sogar 14 Milliarden Dollar übersteigen wird.
Die Vorteile gegenüber dem althergebrachten Kino und klassischen Serien liegen auf der Hand: Die Produktionskosten und der Zeitaufwand sind vergleichsweise gering. Die Serien können durch die Algorithmen der Video-Apps schneller den aktuellen Bedürfnissen und Sehgewohnheiten angepasst werden, was auch schnellere Profite verspricht – zumal exzessives Product-Placement keinesfalls verpönt ist. Die Teams hinter den Micro-Dramas sind nur in den seltensten Fällen hoch bezahlte Filmprofis. Drehbücher müssen nicht ins Detail gehen oder überaus originell sein. Schon zu Beginn sah sich der Markt mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Und wie bei jedem Kultur-Phänomen, das schnell sehr groß wird, standen bald die Zensurbehörden auf dem Plan.
Schon im Dezember 2023 beanstandete das Cyberspace Affairs Office der Kommunistischen Partei, dass viele Micro-Serien zu gewalttätig und übersexualisiert seien, Diskriminierung förderten und “schlechte Sichtweisen auf Liebe und Ehe” vermittelten. Seit dem 1. Juni verlangt die Regierung nun für alle Micro-Dramas eine Lizenz nach einem “klassifizierten und abgestuften Überprüfungssystem”. Bevor sie online verbreitet werden dürfen, müssen Serien mit einer Investition von über einer Million Yuan (rund 130.000 Euro) bei der Nationalen Rundfunk- und Fernsehverwaltung eingereicht werden. Micro-Dramas mit einer Investition zwischen 300.000 und einer Million Yuan müssen von den Rundfunk- und Fernsehabteilungen der Provinzen geprüft werden. Solche mit einer Investition von weniger als 300.000 Yuan – also der Großteil – sollen von den Plattformen selbst geprüft werden. Das fördert Vorsicht und Selbstzensur. Einige beliebte Produktionen verschwanden bereits von Plattformen wie Douyin und Kuaishou. Ob auf Drängen der Behörden oder aus vorauseilendem Gehorsam ist nicht ganz klar.
Fast alle großen Plattformen haben bereits angekündigt, in Zukunft vermehrt auf Premium-Content zu setzen. Bilibili möchte noch in diesem Jahr insgesamt 20 solcher Produktionen veröffentlichen. Douyin hat im Januar angekündigt, verstärkt auf Micro-Dramas zu setzen, die das Alltagsleben in China zeigen und die traditionelle Kultur und den lokalen Tourismus fördern. In Staatsbesitz befindliche Medienkonglomerate wie Hunan TV oder die lokale Gesundheitskommission von Shenzhen haben ebenfalls Micro-Dramas auf den Weg gebracht.
Manche meinen, die Zensur ersticke die noch junge Kunstform, bevor sie eigene kreative Wege finden kann. Um der Zensur zu Hause zu entfliehen, versuchen einige chinesische Produzenten bereits fürs Ausland zu produzieren. ReelShort, eine chinesische App zum Streamen von Micro-Dramas, wurde 2023 in den USA über sieben Millionen Mal heruntergeladen. Die App TOPShort hatte im Februar im US-amerikanischen Apple-Store eine höhere Downloadzahl als Netflix. Wer genau die Apps heruntergeladen hat und was dort geschaut wurde, ist nicht bekannt.
08.07.2024, 10:30 Uhr Beijing time
German Chamber of Commerce in China, Workshop: Collaborate to Compete: Catena-X as Solution for Sustainable and Compliant Automotive Supply Chains Mehr
08.07.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Is It Me or the Economic System? Changing Chinese Attitudes Toward Inequality: A Big Data China Event Mehr
09.07.2024, 21:30 Uhr (10.07., 03:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Buchvorstellung: Edward Wong: At the Edge of Empire – A Family’s Reckoning with China Mehr
09.07.2024, 18:30 Uhr (10.07., 00:30 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Freiburg, Vortrag (hybrid, in Freiburg): Science-Fiction als Schlüsselgenre der chinesischen Gegenwart Mehr
10.07.2024, 4:30 Uhr (10:30 Uhr Beijing time)
German Chamber of Commerce in China, Virtual Exchange: Sustainable Manufacturing Stories – Key Takeaways from the Sustainability Practices in the Building Industry Mehr
10.07.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Merics, Closed-door workshop: China’s quantum computing and communication efforts and its impacts for Europe Mehr
11.07.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webcast: Fourteenth Annual South China Sea Conference Mehr
11.07.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
Giga Hamburg, Webinar: The Paradigm Shift in EU-China Relations: Understanding the EU’s Current Strategy Towards China Mehr
12.07.2024, 15:00 Uhr
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13.07.2024, 13:30 Uhr
Konfuzius-Institut Frankfurt, Festival (in Frankfurt): Theaterfestival der europäischen Konfuzius-Institute Mehr
15.07.2024, 18:15 Uhr (16.07., 00:15 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut FU Berlin, Vortrag (hybrid, in Berlin): Aktuelle Entwicklungen in der chinesischen Volkswirtschaft – Richtungssuche inmitten multipler Krisen Mehr
Chinas Präsident Xi Jinping hat an die Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) appelliert, “externe Einmischungen” abzuwehren. “Angesichts der realen Risiken, dass kleine Höfe mit hohen Zäunen geschützt werden, müssen wir das Recht auf Entwicklung schützen”, zitierte das chinesische Staatsfernsehen CCTV am Donnerstag aus der Xi-Rede beim SCO-Gipfel in Kasachstans Hauptstadt Astana – offensichtlich in Anspielung auf einen sich ausbreitenden Protektionismus auch von westlichen Ländern gegenüber China. Dem regionalen Wirtschafts-, Verteidigungs- und Sicherheitsblock gehören China, Indien, der Iran, Kasachstan, Kirgistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan, Usbekistan und – seit Donnerstag – Belarus an.
China versucht seit längerem, Staatenbünde wie die Brics-Schwellenländergruppe oder die SCO zu einer geschlossenen Haltung gegenüber den USA zu bewegen. Der SCO-Block mit seinen zehn Mitgliedern müsse “interne Differenzen” friedlich bewältigen, Gemeinsamkeiten suchen und Kooperationsschwierigkeiten lösen, sagte Xi. Er betonte laut CCTV zudem die Notwendigkeit, gemeinsam wissenschaftliche und technologische Innovationen zu fördern und die Stabilität der internen Industrie- und Lieferketten zu sichern. rtr
Zwischen 2014 und 2023 kamen mehr als 38.000 Erfindungen im Bereich generativer künstlicher Intelligenz (GenAI) aus China, sechsmal mehr als aus den zweitplatzierten USA. Auf Platz 3 und 4 liegen Korea und Japan. Indien, der fünftgrößte Standort, verzeichnete mit 56 Prozent die höchste durchschnittliche jährliche Wachstumsrate unter den fünf Spitzenreitern. Generative KI – oder GenAI – ermöglicht es Nutzern durch Sprachbefehle auf einfachem Weg, Text, Bilder, Musik und Computercode zu erstellen.
Die Informationen stammen vom Patent Landscape Report on Generative AI der World Intellectual Property Organization (WIPO). Er dokumentiert 54.000 Erfindungen im Bereich GenAI zwischen 2014 und 2023. Mehr als ein Viertel davon sind allein im letzten Jahr entstanden. Dennoch machen GenAI-Patente derzeit nur 6 Prozent aller KI-Patente weltweit aus. Die Top 10 der GenAI-Patentanmelder sind: Tencent (2.074), Ping An Insurance (1.564), Baidu (1.234), Chinese Academy of Sciences (607), IBM (601), Alibaba Group (571), Samsung Electronics (468), Alphabet (443), ByteDance (418) und Microsoft (377). cyb
Im Rahmen einer kurzen Eröffnungsveranstaltung hat der Batteriehersteller CATL eine neue Batteriemarke vorgestellt. Das berichtet der chinesische Branchendienst CnEV Post. Unter dem Namen Tianxing will der weltgrößte Batteriehersteller auch im Bereich der Nutzfahrzeuge angreifen. Man wolle Rundum-Lösungen für die Logistik- und Vertriebsbranche anbieten, erklärte CATL. Die Tianxing-Batterien sind schnellladefähig und können in Range-Extender-Fahrzeugen verwendet werden. Die Produktion läuft bereits.
Bei der Veranstaltung zeigte CATL zwei Tianxing L Batteriepacks für Nutzfahrzeuge. Darunter eine Schnelllade-Variante mit einer Batteriekapazität von 140 Kilowattstunden, die 4C-Ladegeschwindigkeiten unterstützt. 4C bedeutet, dass Batterien in einer Viertelstunde komplett geladen werden können. Die zweite Long Range-Variante besitzt eine Batteriekapazität von 200 Kilowattstunden und soll 500 Kilometer Reichweite ermöglichen. 13 Hersteller haben dem Bericht zufolge bereits bestellt, 21 Modelle sollen mit den Batterien ausgestattet werden. jul
Bekanntlich machen Kleider Leute – sie können aber auch eine Tarnung sein. Wenn Fang Di, Medienkünstler aus Shenzhen, tagsüber seinem Brot-und-Butter-Job nachgeht, muss er Anzug und Krawatte tragen. Nicht selten eilt er in dieser Arbeitsklamotte zu einer abendlichen Ausstellungseröffnung und wird dann gar nicht als “Künstler” erkannt. Wenn doch, halten ihn die Leute auch mal schnell für einen flotten Kommerzkünstler.
Für andere würde das vielleicht einen irreparablen Imageschaden bedeuten, für Fang ist es ein Spiel. Der gleitende Wechsel der Identitäten amüsiert ihn, auch tagsüber: “Auf der Arbeit weiß niemand, dass ich Kunst mache. Mein Chef wäre sicherlich nicht glücklich darüber, wenn er wüsste, dass ich noch Kapazitäten für einen zweiten Job habe.”
Viele Künstler in Shenzhen haben ein zweites Standbein, erzählt Fang, denn die Lebenshaltungskosten sind einfach zu hoch. Die meisten kellnern oder geben Nachhilfe. Fangs Job dagegen ist nicht irgendein “Job”. Für ein staatseigenes Unternehmen treibt er die Kooperation zwischen China und Papua-Neuguinea im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) voran. Dazu ist er halbjährlich in Port Moresby, der Hauptstadt des pazifischen Inselstaates.
Eine formelle Qualifikation für diesen Beruf besitzt er eigentlich nicht. Nach Abschlüssen an der Guangzhou Akademie der bildenden Künste und der Mount Royal School of Art in Baltimore arbeitete Fang an Projekten im Gebäudebau und der Stadtplanung. “An der Graduate School haben sich die meisten meiner Kommilitonen für Abstraktionen und Formalismen interessiert, aber ich wollte schon immer wissen, was draußen passiert. Das ist doch das Wichtigste für Künstler – zu verstehen, wo sie leben und was in ihrer Welt passiert.”
In einem seiner Filme, “Minister” (2019), spürt Fang der Geschichte von Justin Tkatchenko nach, den er über seinen Brotjob kennengelernt hat. Tkatchenko ist Australier mit osteuropäischen Wurzeln und wegen seiner Leidenschaft für indigene Orchideen nach Papua-Neuguinea gezogen. Dort legte er eine rasante, unvorhergesehene Karriere hin. Zunächst fasste er als Kurator in den botanischen Gärten Fuß, wurde bekannter Fernsehmoderator und machte dann wenig später als einflussreicher Politiker Furore. Als Außenminister von Papua-Neuguinea wurde er eine der wichtigsten Personen in der Zusammenarbeit mit China – und in Fang Dis Kunst auch zum Symbol für die Exzentriker und mitunter zwielichtigen Gestalten, die am Wegesrand der Neuen Seidenstraße Geschäfte machen.
Für Fang verdichten sich in der Person von Tkatchenko auch die scheinbaren Widersprüchlichkeiten der Globalisierung. Der Film setzt sich zusammen aus Fernsehmitschnitten und Videos, die Fang hauptsächlich mit seinem Handy gedreht hat. Eine Filmkamera wäre zu auffällig gewesen: “Ich musste ja parallel noch meinen beruflichen Tätigkeiten nachkommen.”
Für Fang sind sein Brotjob und die “Tarnung” durch Anzug und Krawatte ein Wettbewerbsvorteil: “In meiner Arbeit für das staatseigene Unternehmen muss ich meinen Vorgesetzten berichten und stoße auf Informationen und Probleme, zu denen Künstler normalerweise keinen Zugang haben.” Wie etwa ein Solarprojekt, von dem Fangs nächster Film handeln wird. Drehen wird er ihn wohl wieder über weite Strecken, wie es sich für einen gewieften Dokumentarfilmer gehört, in Camouflage: Anzug und Krawatte. Julius Schwarzwälder
Hauke Schrieber hat im Mai bei BYD Europe den Posten des Senior Communication Managers übernommen. Schrieber war zuvor seit 2017 Chefreporter der Auto Bild in Hamburg, bei der er 1997 als Volontär angefangen hatte.
Juan Manuel Valor Font ist seit Mai bei TE Connectivity Leiter der Geschäftseinheit Industrie- und Gewerbetransport China und globaler Leiter des Projektmanagements. Er arbeitet in Shanghai. Das Schweizer Unternehmen verkauft elektrische und elektronische Bauelemente für KI, E-Mobilität und Photovoltaik.
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52 Millionen Hunde und 70 Millionen Katzen – so viele Haustiere leben nach Schätzungen der Marketingfirma Petdata.cn in der Volksrepublik. Weil mit der Zahl der Tiere auch die Wahrscheinlichkeit wächst, dass einige von ihnen verschwinden oder sogar gekidnappt werden, hat sich ein neuer Berufszweig herausgebildet: Haustierdetektive. Diese bieten ihre Dienste für umgerechnet 400 bis 4000 Euro auf Social Media an. Je nach Schwierigkeitsgrad kommen auch Wärmekameras und Nachtsichtgeräte zum Einsatz.