der mögliche Verkauf von Volkswagen-Werken in Deutschland an chinesische Investoren käme einer Zäsur gleich. Jahrzehntelang war es genau andersherum. Geld aus Deutschland floss in die Volksrepublik, mit dem BMW, Mercedes und Co. dort ihre Fabriken aus dem Boden stampften. Eine Zeitenwende, wie sie vor Jahren nicht vorstellbar war. Leonardo Pape hat die tiefergehende Bedeutung einer solchen Entwicklung für uns analysiert.
Derweil beschäftigt sich Fabian Peltsch mit einer Art Völkerwanderung, die aufgrund eines möglichen Tiktok-Verbots in den USA aktuell stattfindet. Hunderttausende Social-Media-Flüchtlinge machen rüber zu alternativen chinesischen Applikationen, wo sie plötzlich und unerwartet auf chinesische Nutzer treffen und sich mit denen austauschen. Auf einen solchen Zugewinn an Softpower auf eigenem Terrain konnte Peking nicht hoffen.
Schließlich wirft unser Blick aus China seinen Fokus auf die Charme-Offensive chinesischer Diplomaten und Staatsmedien kurz vor der Amtseinführung von Donald Trump. Der Ton klingt gemäßigt und die übliche Chaos-Berichterstattung über Katastrophen und Gewalt in den Vereinigten Staaten wird massiv heruntergefahren. Nicht einmal die Feuersbrünste von Los Angeles schlachteten die Zeitungen aus, was in der Vergangenheit ein gefundenes Fressen gewesen wäre. Wie das einzuschätzen ist, bewerten unsere chinesischen Autoren und Autorinnen aus der Volksrepublik.
Zuletzt habe ich noch eine kleine Bitte. Uns ist es wichtig, von Ihnen zu erfahren, was Ihnen an China.Table gefällt – und in welchen Bereichen Sie sich von uns noch mehr Berichterstattung wünschen würden. Wenn Sie mögen, können Sie uns unter diesem Link Ihr Feedback geben. Es dauert nur ein paar Minuten.
Herzlichen Dank und eine gute Lektüre!
Seit rund 40 Jahren investiert der Volkswagen-Konzern in Produktionsstätten in China. Nun könnte es zum ersten Mal in die andere Richtung gehen: Chinesische Investoren sind laut einem Reuters-Bericht an schwächelnden VW-Werken in Deutschland interessiert. Die Nachrichtenagentur beruft sich auf einen Insider, der auf die Regierung in Peking verweist. Diese solle den Takt bei der Anbahnung eines Übernahmeangebots vorgeben. Denn ein solcher Schritt müsste von der Politik und den Gewerkschaften in Deutschland abgesegnet werden. Chinas Führung warte demnach das Ergebnis der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar ab.
VW selbst sei laut Reuters für eine Übernahme des vom Abbau bedrohten Standorts in Osnabrück offen. Ein VW-Sprecher für das Werk wollte die “Spekulationen” auf Anfrage von Table.Briefings nicht kommentieren. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, wollte sich nicht äußern. Eine offizielle Bestätigung der chinesischen Regierung steht aus, ein Sprecher des Außenministeriums mahnte jedoch vorsorglich an, dass chinesischen Unternehmen eine Investition in Deutschland genauso möglich sein solle wie umgekehrt.
Für Beatrix Keim vom privaten Forschungsinstitut Center Automotive Research (CAR), die schon Ende der Neunziger am chinesischen Volkswagen-Standort in Changchun arbeitete, kämen Übernahmeangebote aus China für VW-Werke in Deutschland einer Zäsur gleich, die sie vor dreißig Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Für die heimische Industrie könnten die Ansiedlungspläne allerdings eine gute Nachricht sein. Mit Blick auf die Bundestagswahl habe “jede Partei ein Interesse daran, den Industriestandort Deutschland und die Arbeitsplätze hier zu halten”.
Dass die Aussichten für Volkswagen in Europa alles andere als rosig sind, zeige auch die geplante Schließung des Werks der VW-Tochter Audi Ende Februar in Brüssel. Bislang hat sich für das Werk kein Nachkäufer gefunden, 3.000 Beschäftigte stehen vor der Entlassung.
Chinesische Unternehmen ihrerseits könnten mit dem Schritt nach Europa den jüngst erlassenen EU-Zöllen auf importierte E-Autos aus der Volksrepublik aus dem Weg gehen. Anstrengungen zur Lokalisierung laufen bereits seit Längerem: So ist BYD in Ungarn bereits seit 2017 aktiv und hat dort eine E-Bus-Fabrik gebaut. Ein nun geplantes Werk in Szeged wäre die erste neue Produktionsstätte für Pkw in Europa, die von einem chinesischen Automobilunternehmen errichtet wird. Zuletzt übernahm zudem der Hersteller Chery ein Werk von Nissan in Spanien.
Analystin Keim sieht besonders bei der Übernahme des Osnabrücker Werks eine reale Chance für chinesische Unternehmen. Das Aus der Produktion dort sei “fast schon beschlossene Sache”. Mit rund 2.000 Beschäftigten wird dort noch bis Mitte 2027 das VW T-Roc Cabrio gefertigt, dann könnte das Werk verkauft werden. Zugleich biete der Standort eine gut ausgebildete Belegschaft und ein Netzwerk in der Zulieferindustrie. Die eher überschaubare Kapazität des Werks, rund 28.000 Fahrzeuge im Jahr 2023, sei für chinesische Hersteller derzeit ein gutes Profil. Die Gläserne Manufaktur in Dresden, wo rund 300 Menschen arbeiten, soll ab 2026 keine Autos mehr bauen.
Stephan Soldanski, Bevollmächtigter der IG Metall in Osnabrück, sagte zu Reuters, die Belegschaft hätte nichts dagegen, künftig chinesische Autos für einen Joint-Venture-Partner von VW zu bauen. Das Unternehmen arbeitet in China mit SAIC, FAW und Xpeng zusammen. Er könne sich vorstellen, “dass VW für einen chinesischen Betreiber hier am Standort etwas in Auftragsfertigung produziert”. Voraussetzung aus Sicht der Arbeitnehmervertreter seien passende Rahmenbedingungen. “An dem großen Lackierturm muss weiterhin das VW-Logo leuchten und im Werk müssen VW-Bedingungen herrschen.”
Selbst wenn das VW-Logo am Lackierturm bleiben sollte – für die Autos, die aus dem Werk in Osnabrück rollen, würden im Fall einer Übernahme ganz unterschiedliche Embleme in Frage kommen. Denkbar ist laut Keim unter anderem ein Engagement des staatlichen SAIC-Konzerns mit Fahrzeugen aus der Roewe-Reihe, entstanden einst aus dem Aufkauf der Baurechte der Modelle 25 und 75 vom insolventen britischen Hersteller Rover. Auch Geely könnte etwa mit der Fertigung von Smarts für den europäischen Markt Interesse am Standort Osnabrück haben. Seit 2019 baut Geely Fahrzeuge der Marke im Joint Venture mit Daimler. Ein Angebot des EV-Branchenführers BYD oder vonseiten von Nio hält Keim eher für unwahrscheinlich.
Noch gibt es weder bundespolitisch noch EU-weit eine klare Linie zum Umgang mit Ansiedlungen chinesischer Autounternehmen in Europa. Um auf chinesische Übernahmeangebote EU-weit koordiniert zu reagieren und dabei eigene Interessen zu wahren, hält Keim eine Joint-Venture-Pflicht für denkbar. Dies könne auch die chinesische Regierung nur schwer kritisieren, die diese Praxis seit 40 Jahren selbst anwendet und ausländischen Unternehmen weiterhin konkrete Bedingungen stellt.
In den USA hatte sich der angehende Präsident Donald Trump für die Ansiedlung chinesischer Autounternehmen im eigenen Land offen gezeigt. Im März letzten Jahres hatte Trump im US-Wahlkampf 100-prozentige Zölle auf chinesische Autoimporte angedroht, aber angefügt: “Wenn sie in Michigan, in Ohio oder in South Carolina ein Werk bauen wollen, können sie das mit amerikanischen Arbeitern tun.”
Angesichts angeblicher Öffnungsmaßnahmen für ausländische Unternehmen in China solle auch die deutsche Seite offen bleiben und “ein faires und diskriminierungsfreies Geschäftsumfeld für chinesische Unternehmen bieten”, forderte das chinesische Außenministerium. Chinesische Medien, wie der parteinahe “Observer”, verbreiteten die Reuters-Nachricht unter der Überschrift eines möglichen “Win-Win-Geschäfts” weiter.
Abseits der Spekulationen steht Volkswagen an seinen Heimstandorten vor gewaltigen Herausforderungen. VW will bis 2030 mehr als 35.000 Stellen abbauen und flächendeckend Kapazitäten reduzieren. Weltweit hat der VW-Konzern im letzten Jahr rund neun Millionen Fahrzeuge verkauft, 2,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Leonardo Pape
Es ist ein unfreiwillig komischer und auf eine Art auch unfallartiger Softpower-Gewinn für China: Weil Tiktok in den USA verboten werden soll, haben sich tausende US-User der Kurzvideoapp in einer kollektiven Protestmaßnahme dazu entschlossen, gleich ganz auf chinesische Plattformen umzuschwenken. Nach dem Motto: “Wenn die US-Regierung sich Sorgen macht, dass China auf unsere Daten zugreifen könnte, können wir sie auch gleich direkt übergeben”, wie es einer der selbsterklärten “Tiktok-Flüchtlinge” formulierte.
Doch nicht Douyin, das chinesische Äquivalent von Tiktok, das ebenfalls aus dem Hause Bytedance stammt, landete diese Woche auf den obersten Plätzen der US-Download-Charts von Apple und Google, sondern Xiaohongshu 小红书. Das hat den einfachen Grund, dass Xiaohongshu eine der wenigen chinesischen Apps ist, die bei der Registrierung überhaupt ausländische Telefonnummern zulassen, während man bei der Suche nach Douyin in US-App-Stores automatisch auf Tiktok zurückverwiesen wird.
Xiaohongshu, zu Deutsch, “kleines rotes Buch”, war schon in China ein echtes Phänomen. Die App, die auf Englisch unter dem Namen “RedNote” firmiert, ist die am schnellsten wachsende Social-Media-Plattform des Landes. Ihre Mischung aus Social-Media, Empfehlungsforum und E-Commerce hat besonders bei jungen Chinesen eingeschlagen, und zwar so mächtig, dass Bytedance mit Lemon8 einen Konkurrenten mit ähnlichem Prinzip an den Start brachte. Xiaohongshu liegt mit rund 300 Millionen Nutzern, von denen sich rund 218 Millionen in China befinden, jedoch weit vorn. Und durch die überraschende Popularität in den USA und zunehmend auch in Europa, dürfte die Zahl nun weiter rasant steigen.
Auch wenn die Benutzeroberfläche fast vollständig auf Chinesisch ist, waren auf Xiaohongshu schon zuvor vereinzelte Ausländer aktiv, zum Beispiel zum Sprachaustausch oder in der Hoffnung, in China mit Exoten-Bonus Social-Media-Ruhm zu erlangen. Auch westliche Celebrities wie Kim Kardashian hatten hier bereits offizielle Accounts eingerichtet, da ging es aber vor allem darum, Kosmetik und Kleidermarken bei der chinesischen Käuferschicht zu bewerben und weniger um einen persönlichen Austausch zwischen den Kulturen.
Doch genau zu diesem Austausch kommt es nun, und das in einem Umfang, der wohl auch Xiaohongshu-Präsidentin Miranda Qu verblüffen dürfte, die zu den einflussreichsten Geschäftsfrauen Chinas zählt. Chinesische und US-amerikanische Nutzer treten auf ihrer App in direkten Kontakt, teilen Fotos, Videos, Memes und Tutorials – zum Beispiel wie man die chinesischsprachige App am besten nutzt oder chinesische Untertitel für den eigenen Content erstellt.
Im Netz kursieren zahlreiche Screenshots von Verbrüderungsszenen: Amerikaner, die noch nie mit China zu tun hatten, staunen, wie viele ihrer neuen chinesischen Freunde gutes Englisch sprechen. Und dass diese obendrein zu Ironie fähig sind, macht den Kulturschock nur noch größer. So boten sich einige der chinesischen Nutzer den “Tiktok-Flüchtlingen” aus den USA bereits als ihre “persönlichen chinesischen Spione” an.
“Nichts ist besser für die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den USA und China als die Tatsache, dass Amerikaner über Xiaohongshu den Witz und Humor der chinesischen ‘Netizens’ entdecken können”, freut sich der chinesisch-amerikanische Podcaster Kaiser Kuo auf X. Xiaohongshu wird besonders von gebildeten jungen Städtern genutzt, die in der Regel besser über das Leben in den USA informiert sind als umgekehrt. In den Medien der USA kamen Chinas junge Internet-Nutzer zuletzt vor allem als sogenannte “Little Pinks”, als außer Kontrolle geratene Nationalisten vor. Für diese sind die Szenen auf Xiaohongshu tatsächlich ein Geschenk. Denn dort müssen sie die Amerikaner gar nicht erst schlechtreden. Sie tun es schon selbst.
In Chinas sozialen Netzwerken, aber auch auf Elon Musks X werden mit unverhohlenem Stolz Chat-Konversationen geteilt, in denen sich junge Amerikaner geschockt zeigen, dass die Chinesen weniger für Lebensmittel oder für ihre Gesundheitsversorgung zahlen. “Im Vergleich zu China sind die USA ein trauriges Land”, sagt eine junge Amerikanerin in einem Video, das unter anderem vom Peking-freundlichen Podcaster Carl Zha auf X geteilt wurde. Und Hu Xijin, der Ex-Chefredakteur der staatlichen Global Times forderte, die Tiktok-Flüchtlinge aus den USA allesamt willkommen zu heißen. Kein Wunder: Auf einer chinesischen App wie Xiaohongshu lassen sich Themen wie Zensur (“habt ihr in den USA doch auch, siehe Tiktok-Verbot”) oder Demokratie (“habt ihr nicht, sonst dürftet ihr Tiktok behalten”) vorzüglich einseitig diskutieren.
Unliebsame Themen werden auf Xiaohongshu wie in China üblich herausgefiltert oder mit einem “Shadow Ban” belegt. “Man muss nur einmal versuchen, bestimmte Keywörter wie Uyghur 维吾尔 / 维族 / 新疆, Tibet 西藏 / 藏族, Taiwan 台湾 / 湾湾 auf Xiaohongshu zu suchen, und die Ergebnisse mit denen auf nicht-chinesischen Apps vergleichen”, schreibt die White-Paper-Aktivistin Rei Xia auf ihren Social Media-Seiten. Die Unterschiede seien gravierend. Selbst ein auf den ersten Blick unverfängliches Wort wie “schmalhalsige Vase” 細頸花瓶 sei auf Xiaohongshu verboten, weil es ähnlich klingt wie der Name Xi Jinping. Sie sei enttäuscht, wie schnell die Ereignisse instrumentalisiert würden und dass die Amerikaner ihre “First-World-Probleme” über das echte Leid der Menschen” in einem autoritären Regime stellen, schreibt sie weiter.
Tatsächlich zeigt sich auf Xiaohongshu nun wie im Brennglas, was Washington mit einem Tiktok-Verbot verhindern wollte: Dass sich chinesische Narrative über chinesische Social-Media-Kanäle am Ende auch außerhalb Chinas durchsetzen. Ob die US-Nutzer Xiaohingshu treu bleiben und dafür auch Chinesisch lernen werden, wie manche schon behaupten, hängt nun auch davon ab, wie es mit Tiktok weitergeht. Die Washington Post berichtete am Donnerstag, dass Donald Trump, dessen Amtszeit einen Tag nach Beginn des Tiktok-Verbots beginnt, mit einer Executive Order die Durchsetzung noch einmal für 60 bis 90 Tage aussetzen möchte. Auch wenn nicht ganz klar ist, wie er das rechtlich durchsetzen will, sind die Tage von Tiktok in den USA vielleicht doch noch nicht gezählt.
Bis jetzt hat Xiaohongshu noch keine offizielle Stellungnahme zu seinem jüngsten Popularitätsschub bei US-Nutzern abgegeben. Zuletzt hatten die Macher der App jedoch bereits Tests durchgeführt, um das Video-Template dem von Tiktok noch mehr anzugleichen – wohl auch, damit ausländische Nutzer sich dort intuitiv besser zurechtfinden. Das dürfte nicht nur den chinesischen Nutzern sauer aufstoßen, die ja bereits Douyin haben, sondern auch Peking. Denn es besteht trotz allem die Möglichkeit, dass die USA auch in gegengesetzter Richtung versuchen, Einfluss auf die chinesischen Nutzer zu nehmen. “Die Zensoren von Xiaohongshu werden seit dieser Woche auf jeden Fall sehr viele Überstunden machen”, sagt eine in Berlin lebende chinesische Nutzerin der App.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Xiaohongshu Peking nervös macht. Bereits 2021 hatten die Behörden das Unternehmen gedrängt, einen geplanten Börsengang in den USA noch einmal zu überdenken und stattdessen auf Hongkong als Alternative auszuweichen. Die Menge an gespeicherten Nutzerdaten, die mit Xiaohongshu ins Ausland wandern könnte, sei ein zu hohes Sicherheitsrisiko.
21.01.2025, 08:30 Uhr (15:30 Uhr CST)
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21.01.2025, 16:00 Uhr
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23.01.2025, 11:00 Uhr (18:00 CST)
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23.01.2025, 18:00 Uhr (01:00 Uhr CST)
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23.01.2025, 18:00 Uhr
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Der Absatzrückgang von Apple in China hat sich beschleunigt. Im vierten Quartal seien dort ein Viertel weniger iPhones verkauft worden als im Vorjahreszeitraum, teilte das Research-Haus Canalys am Donnerstag mit. Dies sei das größte Minus der Firmengeschichte. Im Gesamtjahr sei der Absatz um 17 Prozent geschrumpft. Damit liege Apple nun hinter den einheimischen Konkurrenten Vivo und Huawei nur noch auf Platz drei der größten Smartphone-Anbieter in der Volksrepublik.
“Die Marktposition von Apple steht vor mehreren Herausforderungen: Die Vorstellung immer neuer Flaggschiff-Modelle durch Huawei, die Verbreitung von Falt-Handys und eine gestärkte Kundenbindung bei Marken wie Xiaomi und Vivo dank technologischer Innovationen”, sagte Canalys-Analyst Toby Zhu. Als ein weiterer Grund für Apples Absatzschwäche gelten bislang fehlende KI-Funktionen, die für die technikaffinen chinesischen Kunden wichtig sind. Der US-Konzern beginnt gerade erst damit, seine “Apple Intelligence” in China auf den Markt zu bringen.
Weiteren Canalys-Angaben zufolge ist Vivo mit einem Marktanteil von 17 Prozent der Branchenprimus in China. Auf den Rängen folgen Huawei mit 16 Prozent und Apple mit 15 Prozent. Das stärkste Absatzwachstum verbuchte im vierten Quartal Xiaomi mit einem Plus von 29 Prozent, während Vivo und Oppo mit 14 beziehungsweise 18 Prozent jeweils Rekord-Anstiege verbuchten. Insgesamt seien 2024 in China 285 Millionen Smartphones verkauft worden, vier Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. rtr
Wegen des angeblich illegalen Transfers von Nutzerdaten haben Aktivisten Beschwerde gegen die Video-Plattform Tiktok, den Modehändler Shein und weitere chinesische Firmen eingereicht. Es seien sechs Verfahren in vier verschiedenen EU-Staaten angestoßen worden, teilte die Gruppe None Of Your Business (NOYB) am Donnerstag mit. Es sei das erste Vorgehen der Organisation gegen chinesische Firmen. NOYB hatte bislang vor allem US-Technologiekonzerne wie die Facebook-Mutter Meta oder den Kurznachrichtendienst X des Milliardärs Elon Musk im Visier.
Die Datenschützer monieren den Informationstransfer auch beim chinesischen Smartphone-Anbieter Xiaomi, bei den Online-Händlern AliExpress und Temu sowie beim Messengerdienst WeChat des Technologie-Konzerns Tencent. NOYB wolle mit der Beschwerde den Datentransfer unterbinden. Unternehmen, die verurteilt werden, können mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu vier Prozent ihres jährlichen, weltweiten Jahresumsatzes belegt werden.
Der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zufolge dürfen Nutzerdaten nur dann in Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) transferiert werden, wenn dort der Datenschutz gewährleistet ist. “Da China ein autoritärer Überwachungsstaat ist, ist glasklar, dass China nicht das gleiche Maß an Datenschutz bietet wie die EU“, hieß es seitens NOYB. grz
Fünf chinesische Regionen auf Provinzebene haben als Reaktion auf Chinas anhaltende Konsumflaute die Mindestlöhne erhöht. In Shanxi und Sichuan, in den autonomen Regionen Xinjiang und Innere Mongolei sowie in der westchinesischen Metropole Chongqing steigen die niedrigsten Löhne und Gehälter, die monatlich gezahlt werden müssen, um 70 bis 200 Yuan, umgerechnet etwa 9,30 Euro und 26,50 €. Das geht aus Daten des Ministeriums für Arbeitskraft und soziale Sicherheit hervor.
Von der gesetzlichen Erhöhung profitieren Geringverdiener in Fabriken und schlecht bezahlten Dienstleistungen wie Reinigungs- oder Sicherheitspersonal. Wegen der unterschiedlichen Wirtschaftskraft und Lebenshaltungskosten der einzelnen Regionen gilt kein landesweiter Mindestlohn. Stattdessen legen örtliche Regierungen ihn individuell fest. In Chongqing steigt das Minimum jetzt um zehn Prozent auf 2.200 Yuan, in Xinjiang um 13,6 Prozent auf 1.750 Yuan pro Monat.
Die Maßnahmen sollen helfen, den schwachen Binnenkonsum im Land anzufachen, der seit Jahren die Achillesferse der chinesischen Konjunktur bildet. Wegen der großen Zahl an Menschen mit niedrigem Einkommen von mehreren Hundert Millionen Betroffenen wähnen die Behörden in der Erhöhung der Mindestlöhne großes Potenzial zur Stärkung des Konsums. grz
Ermittlungen gegen ein Textilunternehmen und Untersuchungen gegen Chiphersteller: China nimmt sich wenige Tage vor dem Ende der Amtszeit von Joe Biden weitere US-Firmen vor. So wird der Muttergesellschaft von Calvin Klein und Tommy Hilfiger, die PVH Group, vom Handelsministerium vorgeworfen, sich in “Xinjiang-Angelegenheiten” “unangemessen verhalten” zu haben. Was konkret gemeint ist, blieb unklar.
Sie würden kurzfristig Regulierungsgespräche mit dem US-Unternehmen führen, erklärten die Behörden. PVH drohe, auf die Unreliable Entity List (UEL) gesetzt zu werden – eine schwarze Liste ähnlich der US-Entity List. Am Dienstag hatte das US-Heimatschutzministerium ein Importverbot für 37 chinesische Unternehmen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in Xinjiang angekündigt.
“China hat Probleme im Zusammenhang mit der Liste der unzuverlässigen Unternehmen stets mit Vorsicht behandelt und nur eine sehr begrenzte Anzahl ausländischer Unternehmen ins Visier genommen, die die nationale Sicherheit bedrohen”, hieß es seitens des Ministeriums. Es betonte, dass sich “gesetzestreue ausländische Unternehmen keine Sorgen machen müssen”.
Derweil werden diverse Chiphersteller beschuldigt, von US-Subventionen profitiert und dadurch chinesische Mitbewerber geschädigt zu haben. Die Untersuchungen sind die jüngste Salve in Pekings Politik der Vergeltung gegen Washingtons immer umfangreichere Beschränkungen gegenüber der chinesischen Halbleiterindustrie. Laut der Biden-Regierung dominieren die chinesischen Akteure die globalen Lieferketten, auch zuungunsten des US-Militärs.
Kurz nach der Ankündigung des Handelsministeriums veröffentlichte die China Semiconductor Industry Association eine Erklärung, wonach der Chips and Science Act der Biden-Regierung, “schwer gegen die Grundgesetze der Marktwirtschaft verstößt”. Im Jahr 2022 seien Subventionen in Höhe von 52,7 Milliarden Dollar für die US-Halbleiterproduktion, Forschung und Personalentwicklung zugesagt worden. Pekings Vorwurf spiegelt die Argumentation der Biden-Regierung wider, als diese im September eine Zollerhöhung auf alle chinesischen Chipimporte ankündigte. rtr/grz
Die chinesischen Behörden in Tibet haben Risse und andere Schäden an fünf Staudämmen festgestellt. Die Inspektion von insgesamt 14 Anlagen in der Region folgten nach dem Erdbeben der Stärke 6,8 in der vergangenen Woche.
Von den fünf betroffenen Dämmen seien demnach drei bereits entleert worden. Im Landkreis Tingri, dem Epizentrum des Erdbebens, haben sich die Wände eines Staudamms geneigt, was die Evakuierung von etwa 1.500 Menschen aus sechs Dörfern stromabwärts auf höheres Gelände notwendig machte. An einem weiteren Staudamm wurden Überwachungsgeräte installiert, während dieser derzeit noch entleert wird.
Das Erdbeben, das mindestens 126 Menschen das Leben kostete und Hunderte verletzte, verdeutlichte die Risiken, die mit dem rasanten Ausbau der Wasserkraftkapazitäten in einer der abgelegensten und erdbebengefährdetsten Regionen der Welt verbunden sind – ein Ausbau, der sowohl von China als auch von Indien vorangetrieben wird. Erdbeben haben in der Vergangenheit bereits Dämme beschädigt, insbesondere durch Erdrutsche und Felsstürze. So führte ein schweres Erdbeben in Nepal im Jahr 2015 dazu, dass fast ein Fünftel der Wasserkraftwerke für mehr als ein Jahr stillgelegt werden musste. rtr
Als Donald Trump im Jahr 2016 überraschend die Präsidentschaftswahl gewann, war die chinesische Führung zunächst ebenso verblüfft wie der Rest der Welt. Sie wies ihre Diplomaten jedoch schnell an, Kontakt zu suchen und herauszufinden, wie ernst Trump seine China-feindlichen Äußerungen im Wahlkampf meinte. Trump, der wahrscheinlich noch mit seinen Beratern über seine China-Strategie beriet oder einfach mit anderen Dingen beschäftigt war, ignorierte die Annäherungsversuche jedoch weitgehend.
Der damalige chinesische Botschafter in Washington, Cui Tiankai, bemühte sich verzweifelt, in Peking Fortschritte vorzuweisen. Berichten zufolge wandte er sich an eine chinesischstämmige Freundin von Trumps Tochter Ivanka. Diese Freundin, Deng Wendi, damals Ehefrau des australisch-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch, brachte Ivanka dazu, am Neujahrsempfang der Botschaft 2017 teilzunehmen. Ivankas kleine Tochter sprach sogar ein paar Worte Chinesisch, was Cui ein wenig beruhigte.
Wer dieses Mal die Rolle von Deng Wendi übernehmen wird, ist ungewiss. Elon Musk, der sich sowohl mit der chinesischen Regierung als auch mit Trump gut versteht, scheint der beste Kandidat für die Rolle des Vermittlers zu sein. Streitpunkte sind jedenfalls vorhanden, zum Beispiel die hohen Zölle auf chinesische Importe und das Schicksal von Tiktok. Wer auch immer als Vermittler auftritt und was auch immer hinter den Kulissen geschieht – in der Öffentlichkeit gibt sich China alle Mühe, den Anschein positiver Beziehungen zu den USA zu wahren.
China hat auf neue US-Restriktionen gegen chinesische Unternehmen und auf Verbote chinesischer Dual-Use-Waren mit Gegenmaßnahmen reagiert, um zu beweisen, dass es in der Lage ist, sich zu wehren. Gleichzeitig hat es sich aber auch bemüht, freundschaftliche Zeichen zu setzen. Präsident Xi Jinping und seine Frau Peng Liyuan schickten eine Neujahrskarte an Schüler und Lehrer einer Highschool im Bundesstaat Washington. Die chinesischen Staatsmedien berichteten sehr ausführlich über diese Karte, zunächst in einer Kurzmeldung am 1. Januar, dann in einem kurzen Bericht, dem zwei Tage später ein längerer Beitrag folgte.
Berichten zufolge antwortete das Ehepaar damit auf eine auf Chinesisch verfasste Neujahrskarte von mehr als 100 Schülern und Lehrern der Schule an die “Xis und das chinesische Volk”: “Zum Gedenken an den 80. Jahrestag des antijapanischen Sieges und den 80. Jahrestag des Sieges im antifaschistischen Weltkrieg. Wir feiern das neue Jahr, es lebe der Frieden und die Freundschaft zwischen China und den USA!” Der Wortlaut klang dabei allerdings eher nach einem chinesischen Bürokraten als nach amerikanischen Schülern.
Während Trump sich auf seine zweite Amtszeit vorbereitet, empfingen chinesische Diplomaten erneut US-Gäste in der Botschaft in Washington. Am 11. Januar veranstaltete Botschafter Xie Feng einen chinesischen Neujahrsempfang für junge Menschen aus beiden Ländern. In seiner Ansprache forderte Xie die Anwesenden auf, “Hoffnung zu verbreiten”. Der Empfang wurde am Dienstag in der Volkstageszeitung, Renmin Ribao, prominent erwähnt.
Chinesische Staatsmedien, die sonst gerne über Katastrophen und Vorfälle in den USA berichten, hielten sich diesmal auffällig zurück. Die Brände in Los Angeles, der Lkw-Angriff in New Orleans am 1. Januar mit 15 Toten sowie die Explosion vor dem Trump-Hotel in Las Vegas am selben Tag wurden nur moderat behandelt. Die Volkszeitung schwieg sogar völlig zu diesen Ereignissen.
Anstelle von Schadenfreude über die Probleme der USA veröffentlichte die Volkszeitung am Montag einen ungewöhnlich versöhnlichen Leitartikel mit dem Titel: “Die gegenseitigen Vorteile der sino-amerikanischen Beziehungen vollständig verstehen”. Der Ton war belehrend, aber zugleich versöhnlich. Der Eröffnungssatz lautete: “Egal aus welchem Blickwinkel wir die sino-amerikanischen Beziehungen betrachten, wir erkennen umfangreiche gemeinsame Interessen.” Und trotz der Höhen und Tiefen in den Beziehungen in den letzten Jahren bleibe eines unverändert: “Nur durch Kooperation können China und die USA gegenseitige Vorteile und Win-Win-Ergebnisse erzielen.” Der Artikel hob außerdem Tesla und Starbucks als erfolgreiche Beispiele für US-Unternehmen in China hervor.
Neben dem Kommentar folgte ein Beitrag, der Stimmen von US-Wissenschaftlern, Kolumnisten und Unternehmensleitern zusammenfasst, die sich für engere Beziehungen zwischen den USA und China aussprechen. Der Titel lautet: “US-Strategen und Wirtschaftsvertreter sagen: ‘Wenn wir ein stabiles 21. Jahrhundert haben wollen, müssen die USA und China zusammenarbeiten’.”
Kaum jemand dürfte so naiv sein zu glauben, dass China tatsächlich weniger ablehnend gegenüber den Vereinigten Staaten oder dem gesamten Westen auftreten würde. Die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA lassen sich nicht ändern, und China ist sich dessen völlig bewusst. Angesichts der eigenen wirtschaftlichen Misere bemüht man sich vor allem darum, Trumps Haltung gegenüber China in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und im Technologiesektor zu entschärfen.
Vitali Taubert ist seit Januar Executive Director & Executive Director Business Strategy & Development bei Lei Shing Hong Auto China. Das Unternehmen aus Hongkong ist im Automobil- und Baumaschinenhandel sowie in der Projektentwicklung tätig. Taubert arbeitet schon mehrere Jahre für den Konzern, zuletzt als Executive Director & Regional COO in Peking.
Fotios M. Garefalakis ist seit vergangenen Herbst Regional Operations Manager für BYD in Europa. Er übernimmt für den chinesischen E-Autobauer die Leitung der Operationen für die Subregion Griechenland, Balkan, Kroatien, Slowenien, Zypern und Israel. Sein Einsatzort ist Amsterdam.
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Seit November 2024 können Südkoreaner ohne Visum nach China einreisen. Vor allem Shanghai verzeichnet seitdem einen starken Anstieg der Besucherzahlen. Neben großen Sehenswürdigkeiten wie dem Pearl Tower ist es vor allem ein unscheinbares Haus im Finanzdistrikt Xintiandi, das die asiatischen Nachbarn bei ihren Kurzurlauben anzieht. Hier hatte die koreanische Exilregierung 1919 ihren Sitz etabliert, nachdem japanische Kolonialbehörden in Südkorea immer gewalttätiger und repressiver gegen die Bevölkerung vorgegangen waren. Der ehemalige südkoreanische Präsident Kim Young-sam bezeichnete den Ort bei einem Besuch als “Heiligtum der Unabhängigkeit”.
der mögliche Verkauf von Volkswagen-Werken in Deutschland an chinesische Investoren käme einer Zäsur gleich. Jahrzehntelang war es genau andersherum. Geld aus Deutschland floss in die Volksrepublik, mit dem BMW, Mercedes und Co. dort ihre Fabriken aus dem Boden stampften. Eine Zeitenwende, wie sie vor Jahren nicht vorstellbar war. Leonardo Pape hat die tiefergehende Bedeutung einer solchen Entwicklung für uns analysiert.
Derweil beschäftigt sich Fabian Peltsch mit einer Art Völkerwanderung, die aufgrund eines möglichen Tiktok-Verbots in den USA aktuell stattfindet. Hunderttausende Social-Media-Flüchtlinge machen rüber zu alternativen chinesischen Applikationen, wo sie plötzlich und unerwartet auf chinesische Nutzer treffen und sich mit denen austauschen. Auf einen solchen Zugewinn an Softpower auf eigenem Terrain konnte Peking nicht hoffen.
Schließlich wirft unser Blick aus China seinen Fokus auf die Charme-Offensive chinesischer Diplomaten und Staatsmedien kurz vor der Amtseinführung von Donald Trump. Der Ton klingt gemäßigt und die übliche Chaos-Berichterstattung über Katastrophen und Gewalt in den Vereinigten Staaten wird massiv heruntergefahren. Nicht einmal die Feuersbrünste von Los Angeles schlachteten die Zeitungen aus, was in der Vergangenheit ein gefundenes Fressen gewesen wäre. Wie das einzuschätzen ist, bewerten unsere chinesischen Autoren und Autorinnen aus der Volksrepublik.
Zuletzt habe ich noch eine kleine Bitte. Uns ist es wichtig, von Ihnen zu erfahren, was Ihnen an China.Table gefällt – und in welchen Bereichen Sie sich von uns noch mehr Berichterstattung wünschen würden. Wenn Sie mögen, können Sie uns unter diesem Link Ihr Feedback geben. Es dauert nur ein paar Minuten.
Herzlichen Dank und eine gute Lektüre!
Seit rund 40 Jahren investiert der Volkswagen-Konzern in Produktionsstätten in China. Nun könnte es zum ersten Mal in die andere Richtung gehen: Chinesische Investoren sind laut einem Reuters-Bericht an schwächelnden VW-Werken in Deutschland interessiert. Die Nachrichtenagentur beruft sich auf einen Insider, der auf die Regierung in Peking verweist. Diese solle den Takt bei der Anbahnung eines Übernahmeangebots vorgeben. Denn ein solcher Schritt müsste von der Politik und den Gewerkschaften in Deutschland abgesegnet werden. Chinas Führung warte demnach das Ergebnis der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar ab.
VW selbst sei laut Reuters für eine Übernahme des vom Abbau bedrohten Standorts in Osnabrück offen. Ein VW-Sprecher für das Werk wollte die “Spekulationen” auf Anfrage von Table.Briefings nicht kommentieren. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, wollte sich nicht äußern. Eine offizielle Bestätigung der chinesischen Regierung steht aus, ein Sprecher des Außenministeriums mahnte jedoch vorsorglich an, dass chinesischen Unternehmen eine Investition in Deutschland genauso möglich sein solle wie umgekehrt.
Für Beatrix Keim vom privaten Forschungsinstitut Center Automotive Research (CAR), die schon Ende der Neunziger am chinesischen Volkswagen-Standort in Changchun arbeitete, kämen Übernahmeangebote aus China für VW-Werke in Deutschland einer Zäsur gleich, die sie vor dreißig Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Für die heimische Industrie könnten die Ansiedlungspläne allerdings eine gute Nachricht sein. Mit Blick auf die Bundestagswahl habe “jede Partei ein Interesse daran, den Industriestandort Deutschland und die Arbeitsplätze hier zu halten”.
Dass die Aussichten für Volkswagen in Europa alles andere als rosig sind, zeige auch die geplante Schließung des Werks der VW-Tochter Audi Ende Februar in Brüssel. Bislang hat sich für das Werk kein Nachkäufer gefunden, 3.000 Beschäftigte stehen vor der Entlassung.
Chinesische Unternehmen ihrerseits könnten mit dem Schritt nach Europa den jüngst erlassenen EU-Zöllen auf importierte E-Autos aus der Volksrepublik aus dem Weg gehen. Anstrengungen zur Lokalisierung laufen bereits seit Längerem: So ist BYD in Ungarn bereits seit 2017 aktiv und hat dort eine E-Bus-Fabrik gebaut. Ein nun geplantes Werk in Szeged wäre die erste neue Produktionsstätte für Pkw in Europa, die von einem chinesischen Automobilunternehmen errichtet wird. Zuletzt übernahm zudem der Hersteller Chery ein Werk von Nissan in Spanien.
Analystin Keim sieht besonders bei der Übernahme des Osnabrücker Werks eine reale Chance für chinesische Unternehmen. Das Aus der Produktion dort sei “fast schon beschlossene Sache”. Mit rund 2.000 Beschäftigten wird dort noch bis Mitte 2027 das VW T-Roc Cabrio gefertigt, dann könnte das Werk verkauft werden. Zugleich biete der Standort eine gut ausgebildete Belegschaft und ein Netzwerk in der Zulieferindustrie. Die eher überschaubare Kapazität des Werks, rund 28.000 Fahrzeuge im Jahr 2023, sei für chinesische Hersteller derzeit ein gutes Profil. Die Gläserne Manufaktur in Dresden, wo rund 300 Menschen arbeiten, soll ab 2026 keine Autos mehr bauen.
Stephan Soldanski, Bevollmächtigter der IG Metall in Osnabrück, sagte zu Reuters, die Belegschaft hätte nichts dagegen, künftig chinesische Autos für einen Joint-Venture-Partner von VW zu bauen. Das Unternehmen arbeitet in China mit SAIC, FAW und Xpeng zusammen. Er könne sich vorstellen, “dass VW für einen chinesischen Betreiber hier am Standort etwas in Auftragsfertigung produziert”. Voraussetzung aus Sicht der Arbeitnehmervertreter seien passende Rahmenbedingungen. “An dem großen Lackierturm muss weiterhin das VW-Logo leuchten und im Werk müssen VW-Bedingungen herrschen.”
Selbst wenn das VW-Logo am Lackierturm bleiben sollte – für die Autos, die aus dem Werk in Osnabrück rollen, würden im Fall einer Übernahme ganz unterschiedliche Embleme in Frage kommen. Denkbar ist laut Keim unter anderem ein Engagement des staatlichen SAIC-Konzerns mit Fahrzeugen aus der Roewe-Reihe, entstanden einst aus dem Aufkauf der Baurechte der Modelle 25 und 75 vom insolventen britischen Hersteller Rover. Auch Geely könnte etwa mit der Fertigung von Smarts für den europäischen Markt Interesse am Standort Osnabrück haben. Seit 2019 baut Geely Fahrzeuge der Marke im Joint Venture mit Daimler. Ein Angebot des EV-Branchenführers BYD oder vonseiten von Nio hält Keim eher für unwahrscheinlich.
Noch gibt es weder bundespolitisch noch EU-weit eine klare Linie zum Umgang mit Ansiedlungen chinesischer Autounternehmen in Europa. Um auf chinesische Übernahmeangebote EU-weit koordiniert zu reagieren und dabei eigene Interessen zu wahren, hält Keim eine Joint-Venture-Pflicht für denkbar. Dies könne auch die chinesische Regierung nur schwer kritisieren, die diese Praxis seit 40 Jahren selbst anwendet und ausländischen Unternehmen weiterhin konkrete Bedingungen stellt.
In den USA hatte sich der angehende Präsident Donald Trump für die Ansiedlung chinesischer Autounternehmen im eigenen Land offen gezeigt. Im März letzten Jahres hatte Trump im US-Wahlkampf 100-prozentige Zölle auf chinesische Autoimporte angedroht, aber angefügt: “Wenn sie in Michigan, in Ohio oder in South Carolina ein Werk bauen wollen, können sie das mit amerikanischen Arbeitern tun.”
Angesichts angeblicher Öffnungsmaßnahmen für ausländische Unternehmen in China solle auch die deutsche Seite offen bleiben und “ein faires und diskriminierungsfreies Geschäftsumfeld für chinesische Unternehmen bieten”, forderte das chinesische Außenministerium. Chinesische Medien, wie der parteinahe “Observer”, verbreiteten die Reuters-Nachricht unter der Überschrift eines möglichen “Win-Win-Geschäfts” weiter.
Abseits der Spekulationen steht Volkswagen an seinen Heimstandorten vor gewaltigen Herausforderungen. VW will bis 2030 mehr als 35.000 Stellen abbauen und flächendeckend Kapazitäten reduzieren. Weltweit hat der VW-Konzern im letzten Jahr rund neun Millionen Fahrzeuge verkauft, 2,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Leonardo Pape
Es ist ein unfreiwillig komischer und auf eine Art auch unfallartiger Softpower-Gewinn für China: Weil Tiktok in den USA verboten werden soll, haben sich tausende US-User der Kurzvideoapp in einer kollektiven Protestmaßnahme dazu entschlossen, gleich ganz auf chinesische Plattformen umzuschwenken. Nach dem Motto: “Wenn die US-Regierung sich Sorgen macht, dass China auf unsere Daten zugreifen könnte, können wir sie auch gleich direkt übergeben”, wie es einer der selbsterklärten “Tiktok-Flüchtlinge” formulierte.
Doch nicht Douyin, das chinesische Äquivalent von Tiktok, das ebenfalls aus dem Hause Bytedance stammt, landete diese Woche auf den obersten Plätzen der US-Download-Charts von Apple und Google, sondern Xiaohongshu 小红书. Das hat den einfachen Grund, dass Xiaohongshu eine der wenigen chinesischen Apps ist, die bei der Registrierung überhaupt ausländische Telefonnummern zulassen, während man bei der Suche nach Douyin in US-App-Stores automatisch auf Tiktok zurückverwiesen wird.
Xiaohongshu, zu Deutsch, “kleines rotes Buch”, war schon in China ein echtes Phänomen. Die App, die auf Englisch unter dem Namen “RedNote” firmiert, ist die am schnellsten wachsende Social-Media-Plattform des Landes. Ihre Mischung aus Social-Media, Empfehlungsforum und E-Commerce hat besonders bei jungen Chinesen eingeschlagen, und zwar so mächtig, dass Bytedance mit Lemon8 einen Konkurrenten mit ähnlichem Prinzip an den Start brachte. Xiaohongshu liegt mit rund 300 Millionen Nutzern, von denen sich rund 218 Millionen in China befinden, jedoch weit vorn. Und durch die überraschende Popularität in den USA und zunehmend auch in Europa, dürfte die Zahl nun weiter rasant steigen.
Auch wenn die Benutzeroberfläche fast vollständig auf Chinesisch ist, waren auf Xiaohongshu schon zuvor vereinzelte Ausländer aktiv, zum Beispiel zum Sprachaustausch oder in der Hoffnung, in China mit Exoten-Bonus Social-Media-Ruhm zu erlangen. Auch westliche Celebrities wie Kim Kardashian hatten hier bereits offizielle Accounts eingerichtet, da ging es aber vor allem darum, Kosmetik und Kleidermarken bei der chinesischen Käuferschicht zu bewerben und weniger um einen persönlichen Austausch zwischen den Kulturen.
Doch genau zu diesem Austausch kommt es nun, und das in einem Umfang, der wohl auch Xiaohongshu-Präsidentin Miranda Qu verblüffen dürfte, die zu den einflussreichsten Geschäftsfrauen Chinas zählt. Chinesische und US-amerikanische Nutzer treten auf ihrer App in direkten Kontakt, teilen Fotos, Videos, Memes und Tutorials – zum Beispiel wie man die chinesischsprachige App am besten nutzt oder chinesische Untertitel für den eigenen Content erstellt.
Im Netz kursieren zahlreiche Screenshots von Verbrüderungsszenen: Amerikaner, die noch nie mit China zu tun hatten, staunen, wie viele ihrer neuen chinesischen Freunde gutes Englisch sprechen. Und dass diese obendrein zu Ironie fähig sind, macht den Kulturschock nur noch größer. So boten sich einige der chinesischen Nutzer den “Tiktok-Flüchtlingen” aus den USA bereits als ihre “persönlichen chinesischen Spione” an.
“Nichts ist besser für die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den USA und China als die Tatsache, dass Amerikaner über Xiaohongshu den Witz und Humor der chinesischen ‘Netizens’ entdecken können”, freut sich der chinesisch-amerikanische Podcaster Kaiser Kuo auf X. Xiaohongshu wird besonders von gebildeten jungen Städtern genutzt, die in der Regel besser über das Leben in den USA informiert sind als umgekehrt. In den Medien der USA kamen Chinas junge Internet-Nutzer zuletzt vor allem als sogenannte “Little Pinks”, als außer Kontrolle geratene Nationalisten vor. Für diese sind die Szenen auf Xiaohongshu tatsächlich ein Geschenk. Denn dort müssen sie die Amerikaner gar nicht erst schlechtreden. Sie tun es schon selbst.
In Chinas sozialen Netzwerken, aber auch auf Elon Musks X werden mit unverhohlenem Stolz Chat-Konversationen geteilt, in denen sich junge Amerikaner geschockt zeigen, dass die Chinesen weniger für Lebensmittel oder für ihre Gesundheitsversorgung zahlen. “Im Vergleich zu China sind die USA ein trauriges Land”, sagt eine junge Amerikanerin in einem Video, das unter anderem vom Peking-freundlichen Podcaster Carl Zha auf X geteilt wurde. Und Hu Xijin, der Ex-Chefredakteur der staatlichen Global Times forderte, die Tiktok-Flüchtlinge aus den USA allesamt willkommen zu heißen. Kein Wunder: Auf einer chinesischen App wie Xiaohongshu lassen sich Themen wie Zensur (“habt ihr in den USA doch auch, siehe Tiktok-Verbot”) oder Demokratie (“habt ihr nicht, sonst dürftet ihr Tiktok behalten”) vorzüglich einseitig diskutieren.
Unliebsame Themen werden auf Xiaohongshu wie in China üblich herausgefiltert oder mit einem “Shadow Ban” belegt. “Man muss nur einmal versuchen, bestimmte Keywörter wie Uyghur 维吾尔 / 维族 / 新疆, Tibet 西藏 / 藏族, Taiwan 台湾 / 湾湾 auf Xiaohongshu zu suchen, und die Ergebnisse mit denen auf nicht-chinesischen Apps vergleichen”, schreibt die White-Paper-Aktivistin Rei Xia auf ihren Social Media-Seiten. Die Unterschiede seien gravierend. Selbst ein auf den ersten Blick unverfängliches Wort wie “schmalhalsige Vase” 細頸花瓶 sei auf Xiaohongshu verboten, weil es ähnlich klingt wie der Name Xi Jinping. Sie sei enttäuscht, wie schnell die Ereignisse instrumentalisiert würden und dass die Amerikaner ihre “First-World-Probleme” über das echte Leid der Menschen” in einem autoritären Regime stellen, schreibt sie weiter.
Tatsächlich zeigt sich auf Xiaohongshu nun wie im Brennglas, was Washington mit einem Tiktok-Verbot verhindern wollte: Dass sich chinesische Narrative über chinesische Social-Media-Kanäle am Ende auch außerhalb Chinas durchsetzen. Ob die US-Nutzer Xiaohingshu treu bleiben und dafür auch Chinesisch lernen werden, wie manche schon behaupten, hängt nun auch davon ab, wie es mit Tiktok weitergeht. Die Washington Post berichtete am Donnerstag, dass Donald Trump, dessen Amtszeit einen Tag nach Beginn des Tiktok-Verbots beginnt, mit einer Executive Order die Durchsetzung noch einmal für 60 bis 90 Tage aussetzen möchte. Auch wenn nicht ganz klar ist, wie er das rechtlich durchsetzen will, sind die Tage von Tiktok in den USA vielleicht doch noch nicht gezählt.
Bis jetzt hat Xiaohongshu noch keine offizielle Stellungnahme zu seinem jüngsten Popularitätsschub bei US-Nutzern abgegeben. Zuletzt hatten die Macher der App jedoch bereits Tests durchgeführt, um das Video-Template dem von Tiktok noch mehr anzugleichen – wohl auch, damit ausländische Nutzer sich dort intuitiv besser zurechtfinden. Das dürfte nicht nur den chinesischen Nutzern sauer aufstoßen, die ja bereits Douyin haben, sondern auch Peking. Denn es besteht trotz allem die Möglichkeit, dass die USA auch in gegengesetzter Richtung versuchen, Einfluss auf die chinesischen Nutzer zu nehmen. “Die Zensoren von Xiaohongshu werden seit dieser Woche auf jeden Fall sehr viele Überstunden machen”, sagt eine in Berlin lebende chinesische Nutzerin der App.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Xiaohongshu Peking nervös macht. Bereits 2021 hatten die Behörden das Unternehmen gedrängt, einen geplanten Börsengang in den USA noch einmal zu überdenken und stattdessen auf Hongkong als Alternative auszuweichen. Die Menge an gespeicherten Nutzerdaten, die mit Xiaohongshu ins Ausland wandern könnte, sei ein zu hohes Sicherheitsrisiko.
21.01.2025, 08:30 Uhr (15:30 Uhr CST)
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21.01.2025, 16:00 Uhr
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23.01.2025, 11:00 Uhr (18:00 CST)
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23.01.2025, 18:00 Uhr (01:00 Uhr CST)
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23.01.2025, 18:00 Uhr
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Der Absatzrückgang von Apple in China hat sich beschleunigt. Im vierten Quartal seien dort ein Viertel weniger iPhones verkauft worden als im Vorjahreszeitraum, teilte das Research-Haus Canalys am Donnerstag mit. Dies sei das größte Minus der Firmengeschichte. Im Gesamtjahr sei der Absatz um 17 Prozent geschrumpft. Damit liege Apple nun hinter den einheimischen Konkurrenten Vivo und Huawei nur noch auf Platz drei der größten Smartphone-Anbieter in der Volksrepublik.
“Die Marktposition von Apple steht vor mehreren Herausforderungen: Die Vorstellung immer neuer Flaggschiff-Modelle durch Huawei, die Verbreitung von Falt-Handys und eine gestärkte Kundenbindung bei Marken wie Xiaomi und Vivo dank technologischer Innovationen”, sagte Canalys-Analyst Toby Zhu. Als ein weiterer Grund für Apples Absatzschwäche gelten bislang fehlende KI-Funktionen, die für die technikaffinen chinesischen Kunden wichtig sind. Der US-Konzern beginnt gerade erst damit, seine “Apple Intelligence” in China auf den Markt zu bringen.
Weiteren Canalys-Angaben zufolge ist Vivo mit einem Marktanteil von 17 Prozent der Branchenprimus in China. Auf den Rängen folgen Huawei mit 16 Prozent und Apple mit 15 Prozent. Das stärkste Absatzwachstum verbuchte im vierten Quartal Xiaomi mit einem Plus von 29 Prozent, während Vivo und Oppo mit 14 beziehungsweise 18 Prozent jeweils Rekord-Anstiege verbuchten. Insgesamt seien 2024 in China 285 Millionen Smartphones verkauft worden, vier Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. rtr
Wegen des angeblich illegalen Transfers von Nutzerdaten haben Aktivisten Beschwerde gegen die Video-Plattform Tiktok, den Modehändler Shein und weitere chinesische Firmen eingereicht. Es seien sechs Verfahren in vier verschiedenen EU-Staaten angestoßen worden, teilte die Gruppe None Of Your Business (NOYB) am Donnerstag mit. Es sei das erste Vorgehen der Organisation gegen chinesische Firmen. NOYB hatte bislang vor allem US-Technologiekonzerne wie die Facebook-Mutter Meta oder den Kurznachrichtendienst X des Milliardärs Elon Musk im Visier.
Die Datenschützer monieren den Informationstransfer auch beim chinesischen Smartphone-Anbieter Xiaomi, bei den Online-Händlern AliExpress und Temu sowie beim Messengerdienst WeChat des Technologie-Konzerns Tencent. NOYB wolle mit der Beschwerde den Datentransfer unterbinden. Unternehmen, die verurteilt werden, können mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu vier Prozent ihres jährlichen, weltweiten Jahresumsatzes belegt werden.
Der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zufolge dürfen Nutzerdaten nur dann in Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) transferiert werden, wenn dort der Datenschutz gewährleistet ist. “Da China ein autoritärer Überwachungsstaat ist, ist glasklar, dass China nicht das gleiche Maß an Datenschutz bietet wie die EU“, hieß es seitens NOYB. grz
Fünf chinesische Regionen auf Provinzebene haben als Reaktion auf Chinas anhaltende Konsumflaute die Mindestlöhne erhöht. In Shanxi und Sichuan, in den autonomen Regionen Xinjiang und Innere Mongolei sowie in der westchinesischen Metropole Chongqing steigen die niedrigsten Löhne und Gehälter, die monatlich gezahlt werden müssen, um 70 bis 200 Yuan, umgerechnet etwa 9,30 Euro und 26,50 €. Das geht aus Daten des Ministeriums für Arbeitskraft und soziale Sicherheit hervor.
Von der gesetzlichen Erhöhung profitieren Geringverdiener in Fabriken und schlecht bezahlten Dienstleistungen wie Reinigungs- oder Sicherheitspersonal. Wegen der unterschiedlichen Wirtschaftskraft und Lebenshaltungskosten der einzelnen Regionen gilt kein landesweiter Mindestlohn. Stattdessen legen örtliche Regierungen ihn individuell fest. In Chongqing steigt das Minimum jetzt um zehn Prozent auf 2.200 Yuan, in Xinjiang um 13,6 Prozent auf 1.750 Yuan pro Monat.
Die Maßnahmen sollen helfen, den schwachen Binnenkonsum im Land anzufachen, der seit Jahren die Achillesferse der chinesischen Konjunktur bildet. Wegen der großen Zahl an Menschen mit niedrigem Einkommen von mehreren Hundert Millionen Betroffenen wähnen die Behörden in der Erhöhung der Mindestlöhne großes Potenzial zur Stärkung des Konsums. grz
Ermittlungen gegen ein Textilunternehmen und Untersuchungen gegen Chiphersteller: China nimmt sich wenige Tage vor dem Ende der Amtszeit von Joe Biden weitere US-Firmen vor. So wird der Muttergesellschaft von Calvin Klein und Tommy Hilfiger, die PVH Group, vom Handelsministerium vorgeworfen, sich in “Xinjiang-Angelegenheiten” “unangemessen verhalten” zu haben. Was konkret gemeint ist, blieb unklar.
Sie würden kurzfristig Regulierungsgespräche mit dem US-Unternehmen führen, erklärten die Behörden. PVH drohe, auf die Unreliable Entity List (UEL) gesetzt zu werden – eine schwarze Liste ähnlich der US-Entity List. Am Dienstag hatte das US-Heimatschutzministerium ein Importverbot für 37 chinesische Unternehmen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in Xinjiang angekündigt.
“China hat Probleme im Zusammenhang mit der Liste der unzuverlässigen Unternehmen stets mit Vorsicht behandelt und nur eine sehr begrenzte Anzahl ausländischer Unternehmen ins Visier genommen, die die nationale Sicherheit bedrohen”, hieß es seitens des Ministeriums. Es betonte, dass sich “gesetzestreue ausländische Unternehmen keine Sorgen machen müssen”.
Derweil werden diverse Chiphersteller beschuldigt, von US-Subventionen profitiert und dadurch chinesische Mitbewerber geschädigt zu haben. Die Untersuchungen sind die jüngste Salve in Pekings Politik der Vergeltung gegen Washingtons immer umfangreichere Beschränkungen gegenüber der chinesischen Halbleiterindustrie. Laut der Biden-Regierung dominieren die chinesischen Akteure die globalen Lieferketten, auch zuungunsten des US-Militärs.
Kurz nach der Ankündigung des Handelsministeriums veröffentlichte die China Semiconductor Industry Association eine Erklärung, wonach der Chips and Science Act der Biden-Regierung, “schwer gegen die Grundgesetze der Marktwirtschaft verstößt”. Im Jahr 2022 seien Subventionen in Höhe von 52,7 Milliarden Dollar für die US-Halbleiterproduktion, Forschung und Personalentwicklung zugesagt worden. Pekings Vorwurf spiegelt die Argumentation der Biden-Regierung wider, als diese im September eine Zollerhöhung auf alle chinesischen Chipimporte ankündigte. rtr/grz
Die chinesischen Behörden in Tibet haben Risse und andere Schäden an fünf Staudämmen festgestellt. Die Inspektion von insgesamt 14 Anlagen in der Region folgten nach dem Erdbeben der Stärke 6,8 in der vergangenen Woche.
Von den fünf betroffenen Dämmen seien demnach drei bereits entleert worden. Im Landkreis Tingri, dem Epizentrum des Erdbebens, haben sich die Wände eines Staudamms geneigt, was die Evakuierung von etwa 1.500 Menschen aus sechs Dörfern stromabwärts auf höheres Gelände notwendig machte. An einem weiteren Staudamm wurden Überwachungsgeräte installiert, während dieser derzeit noch entleert wird.
Das Erdbeben, das mindestens 126 Menschen das Leben kostete und Hunderte verletzte, verdeutlichte die Risiken, die mit dem rasanten Ausbau der Wasserkraftkapazitäten in einer der abgelegensten und erdbebengefährdetsten Regionen der Welt verbunden sind – ein Ausbau, der sowohl von China als auch von Indien vorangetrieben wird. Erdbeben haben in der Vergangenheit bereits Dämme beschädigt, insbesondere durch Erdrutsche und Felsstürze. So führte ein schweres Erdbeben in Nepal im Jahr 2015 dazu, dass fast ein Fünftel der Wasserkraftwerke für mehr als ein Jahr stillgelegt werden musste. rtr
Als Donald Trump im Jahr 2016 überraschend die Präsidentschaftswahl gewann, war die chinesische Führung zunächst ebenso verblüfft wie der Rest der Welt. Sie wies ihre Diplomaten jedoch schnell an, Kontakt zu suchen und herauszufinden, wie ernst Trump seine China-feindlichen Äußerungen im Wahlkampf meinte. Trump, der wahrscheinlich noch mit seinen Beratern über seine China-Strategie beriet oder einfach mit anderen Dingen beschäftigt war, ignorierte die Annäherungsversuche jedoch weitgehend.
Der damalige chinesische Botschafter in Washington, Cui Tiankai, bemühte sich verzweifelt, in Peking Fortschritte vorzuweisen. Berichten zufolge wandte er sich an eine chinesischstämmige Freundin von Trumps Tochter Ivanka. Diese Freundin, Deng Wendi, damals Ehefrau des australisch-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch, brachte Ivanka dazu, am Neujahrsempfang der Botschaft 2017 teilzunehmen. Ivankas kleine Tochter sprach sogar ein paar Worte Chinesisch, was Cui ein wenig beruhigte.
Wer dieses Mal die Rolle von Deng Wendi übernehmen wird, ist ungewiss. Elon Musk, der sich sowohl mit der chinesischen Regierung als auch mit Trump gut versteht, scheint der beste Kandidat für die Rolle des Vermittlers zu sein. Streitpunkte sind jedenfalls vorhanden, zum Beispiel die hohen Zölle auf chinesische Importe und das Schicksal von Tiktok. Wer auch immer als Vermittler auftritt und was auch immer hinter den Kulissen geschieht – in der Öffentlichkeit gibt sich China alle Mühe, den Anschein positiver Beziehungen zu den USA zu wahren.
China hat auf neue US-Restriktionen gegen chinesische Unternehmen und auf Verbote chinesischer Dual-Use-Waren mit Gegenmaßnahmen reagiert, um zu beweisen, dass es in der Lage ist, sich zu wehren. Gleichzeitig hat es sich aber auch bemüht, freundschaftliche Zeichen zu setzen. Präsident Xi Jinping und seine Frau Peng Liyuan schickten eine Neujahrskarte an Schüler und Lehrer einer Highschool im Bundesstaat Washington. Die chinesischen Staatsmedien berichteten sehr ausführlich über diese Karte, zunächst in einer Kurzmeldung am 1. Januar, dann in einem kurzen Bericht, dem zwei Tage später ein längerer Beitrag folgte.
Berichten zufolge antwortete das Ehepaar damit auf eine auf Chinesisch verfasste Neujahrskarte von mehr als 100 Schülern und Lehrern der Schule an die “Xis und das chinesische Volk”: “Zum Gedenken an den 80. Jahrestag des antijapanischen Sieges und den 80. Jahrestag des Sieges im antifaschistischen Weltkrieg. Wir feiern das neue Jahr, es lebe der Frieden und die Freundschaft zwischen China und den USA!” Der Wortlaut klang dabei allerdings eher nach einem chinesischen Bürokraten als nach amerikanischen Schülern.
Während Trump sich auf seine zweite Amtszeit vorbereitet, empfingen chinesische Diplomaten erneut US-Gäste in der Botschaft in Washington. Am 11. Januar veranstaltete Botschafter Xie Feng einen chinesischen Neujahrsempfang für junge Menschen aus beiden Ländern. In seiner Ansprache forderte Xie die Anwesenden auf, “Hoffnung zu verbreiten”. Der Empfang wurde am Dienstag in der Volkstageszeitung, Renmin Ribao, prominent erwähnt.
Chinesische Staatsmedien, die sonst gerne über Katastrophen und Vorfälle in den USA berichten, hielten sich diesmal auffällig zurück. Die Brände in Los Angeles, der Lkw-Angriff in New Orleans am 1. Januar mit 15 Toten sowie die Explosion vor dem Trump-Hotel in Las Vegas am selben Tag wurden nur moderat behandelt. Die Volkszeitung schwieg sogar völlig zu diesen Ereignissen.
Anstelle von Schadenfreude über die Probleme der USA veröffentlichte die Volkszeitung am Montag einen ungewöhnlich versöhnlichen Leitartikel mit dem Titel: “Die gegenseitigen Vorteile der sino-amerikanischen Beziehungen vollständig verstehen”. Der Ton war belehrend, aber zugleich versöhnlich. Der Eröffnungssatz lautete: “Egal aus welchem Blickwinkel wir die sino-amerikanischen Beziehungen betrachten, wir erkennen umfangreiche gemeinsame Interessen.” Und trotz der Höhen und Tiefen in den Beziehungen in den letzten Jahren bleibe eines unverändert: “Nur durch Kooperation können China und die USA gegenseitige Vorteile und Win-Win-Ergebnisse erzielen.” Der Artikel hob außerdem Tesla und Starbucks als erfolgreiche Beispiele für US-Unternehmen in China hervor.
Neben dem Kommentar folgte ein Beitrag, der Stimmen von US-Wissenschaftlern, Kolumnisten und Unternehmensleitern zusammenfasst, die sich für engere Beziehungen zwischen den USA und China aussprechen. Der Titel lautet: “US-Strategen und Wirtschaftsvertreter sagen: ‘Wenn wir ein stabiles 21. Jahrhundert haben wollen, müssen die USA und China zusammenarbeiten’.”
Kaum jemand dürfte so naiv sein zu glauben, dass China tatsächlich weniger ablehnend gegenüber den Vereinigten Staaten oder dem gesamten Westen auftreten würde. Die angespannten Beziehungen zwischen China und den USA lassen sich nicht ändern, und China ist sich dessen völlig bewusst. Angesichts der eigenen wirtschaftlichen Misere bemüht man sich vor allem darum, Trumps Haltung gegenüber China in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und im Technologiesektor zu entschärfen.
Vitali Taubert ist seit Januar Executive Director & Executive Director Business Strategy & Development bei Lei Shing Hong Auto China. Das Unternehmen aus Hongkong ist im Automobil- und Baumaschinenhandel sowie in der Projektentwicklung tätig. Taubert arbeitet schon mehrere Jahre für den Konzern, zuletzt als Executive Director & Regional COO in Peking.
Fotios M. Garefalakis ist seit vergangenen Herbst Regional Operations Manager für BYD in Europa. Er übernimmt für den chinesischen E-Autobauer die Leitung der Operationen für die Subregion Griechenland, Balkan, Kroatien, Slowenien, Zypern und Israel. Sein Einsatzort ist Amsterdam.
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Seit November 2024 können Südkoreaner ohne Visum nach China einreisen. Vor allem Shanghai verzeichnet seitdem einen starken Anstieg der Besucherzahlen. Neben großen Sehenswürdigkeiten wie dem Pearl Tower ist es vor allem ein unscheinbares Haus im Finanzdistrikt Xintiandi, das die asiatischen Nachbarn bei ihren Kurzurlauben anzieht. Hier hatte die koreanische Exilregierung 1919 ihren Sitz etabliert, nachdem japanische Kolonialbehörden in Südkorea immer gewalttätiger und repressiver gegen die Bevölkerung vorgegangen waren. Der ehemalige südkoreanische Präsident Kim Young-sam bezeichnete den Ort bei einem Besuch als “Heiligtum der Unabhängigkeit”.