schon bei der letzten China-Reise hatte das Kanzleramt den damaligen BDI-Chef nicht mitgenommen. Offiziell erklärt hat sich Olaf Scholz für diese Entscheidung nie. Aber hinter den Kulissen war zu hören, dass die chinesischen Gastgeber den BDI nicht dabei haben wollten. Möglicher Grund: Der BDI hatte in einem Strategiepapier einen kritischen Umgang mit China gefordert. Dieses Mal hat sich der BDI erst gar nicht um eine Teilnahme bemüht. Sehr bedauerlich das Ganze. Denn was bei dieser Causa hängen bleibt: Ein erfolgreicher Racheakt der chinesischen Seite und ein Zeichen der Schwäche des deutschen Kanzlers, wenn er sich offenbar vorschreiben lässt, wen er auf seine Reisen mitnimmt und wen nicht.
Sehr viel selbstbewusster wirken da die Sales-Manager von Xpeng. Der chinesische E-Autohersteller, der in China bereits mit Volkswagen eine Kooperation eingegangen ist, startet sein Deutschlandgeschäft. Ab Anfang Mai will Xpeng seine Modelle P7 und G9 auch hierzulande anbieten. Julia Fiedler war beim Deutschland-Launch dabei und hat sich die Limousine und den Mittelklasse-SUV angeschaut.
Einen guten Start ins Wochenende!
Wenn Kanzler Olaf Scholz am 15. April nach Peking reist, wird kein Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) dabei sein. Wie Table.Briefings aus Politik- und Wirtschaftskreisen erfuhr, hat der BDI sich dieses Mal gar nicht erst um die Teilnahme beworben.
Bei der vorigen China-Reise im November 2022 hatte das Kanzleramt die Teilnahme eines BDI-Vertreters abgelehnt. Eine offizielle Begründung wurde nicht genannt. Hintergrund war damals aber offenbar, dass die chinesischen Gastgeber den BDI nicht dabei haben wollten. Der Verband hatte sich zuvor zunehmend China-kritisch geäußert.
Das war das erste Mal in der Geschichte der Bundesregierung, dass ein BDI-Vertreter trotz ausdrücklichem Wunsch bei einer Kanzlerreise nach China nicht dabei sein durfte. Dass der BDI dieses Mal offenbar von sich aus keine Anmeldung einreichte, dürfte den Grund haben, dass sich der eigentlich so mächtige Industrieverband mit einer erneuten Absage durch das Kanzleramt keine Blöße geben wollte. So stellen es Personen dar, die mit der Angelegenheit vertraut sind.
Scholz wird bei seiner China-Reise dafür von gleich drei Bundesministern begleitet. Wie das Handelsblatt als erstes berichtet, sind laut mehreren mit den Reiseplänen vertrauten Personen Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit dabei. Ein solches Aufgebot an Bundesministern ist ungewöhnlich und fand sonst allenfalls im Rahmen von Regierungskonsultationen statt.
Die Teilnahme Özdemirs, Lemkes und Wissings macht deutlich, dass die Bundesregierung im Klima- und Umweltbereich, aber auch bei der Verkehrspolitik Möglichkeiten zur Kooperation mit der Volksrepublik sieht. Umweltministerin Lemke hatte bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Sommer vergangenen Jahres mit dem chinesischen Umweltminister eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit in Umwelt- und Klimafragen unterzeichnet.
Verkehrsminister Wissing hatte sich innerhalb der Bundesregierung zuletzt dafür eingesetzt, dass der chinesische Netzwerkausrüster Huawei beim Bau des 5G-Netzes in Deutschland nicht komplett ausgeschlossen wird.
Scholz wird außerdem wie erwartet von Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft begleitet. Unter den Teilnehmern ist Roland Busch, Vorstandsvorsitzender von Siemens. Er wird auch als Vorsitzender und Präsident des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft an der Reise teilnehmen, teilte das Unternehmen mit. Insgesamt werden nach Informationen von Table.Briefings die CEOs von
mit dabei sein. Mercedes-Benz bestätigte, dass CEO Ola Kaellenius teilnehmen wird. Mercedes zählt die staatliche Beijing Automotive Group (BAIC) und Li Shufu, den Vorsitzenden von Geely, zu seinen Hauptaktionären. Ebenfalls angemeldet ist Belen Garijo, CEO der Merck KGaA.
Der BDI hatte 2019 ein Strategiepapier herausgegeben, das einen kritischen Umgang mit China forderte. Dieses Papier war nicht zuletzt eine der Grundlagen für die China-Strategie, auf die sich Ampelregierung im vergangenen Jahr nach langen internen Diskussionen schließlich einigte. Darin wird China nicht mehr nur als Partner, sondern auch als Wettbewerber und Systemrivale bezeichnet. “Eine zu starke Abhängigkeit von einem Markt ist immer mit wirtschaftlichen und politischen Risiken verbunden”, heißt es darin.
Mit seinem konsequenten De-Risking-Ansatz ging der Verband allerdings im Ton über das hinaus, was in den Konzernzentralen geplant war. Volkswagen, BASF und zahlreiche weitere Dax-Unternehmen wollen sogar mehr denn je in China investieren. Sie sichern sich damit gegen Handelsrisiken ab und stärken ihre Position auf dem größten Markt der Welt.
Ende Oktober 2022 legte der Verband jedoch noch einmal nach. In einem Grundsatzpapier zur europäischen Souveränität tauchte China wieder an vielen Stellen auf – als Quelle von Risiken. China sei eine Autokratie, und die Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen sei zum Teil größer als es die Gasabhängigkeit von Russland war. Für die Versorgungssicherheit sei es zudem wichtig, dass China nicht weiterhin der dominierende Lieferant von Solarzellen sei.
Scholz will unter positiven Vorzeichen nach Peking reisen, denn er hat auch Wünsche dabei. Ein Thema werde wieder Russland sein, sagte Noah Barkin vom German Marshall Fund gegenüber Table.Briefings. China habe die roten Linien der EU bei der Lieferung von militärisch nutzbaren Waren an Russland schon immer ausgereizt, aber es gebe Anzeichen, dass die Geduld der Europäer nun erschöpft sei. Scholz stehe hier ein “schwieriges Gespräch” mit Präsident Xi Jinping bevor. “Europa kann keine normalen Beziehungen zu Peking pflegen, solange es die russische Kriegsmaschinerie füttert.”
Als Abgesandter Europas wird Scholz wohl auch auf Chinas Billigexporte infolge von Überkapazitäten eingehen. Der Handel ist in den vergangenen Jahren tendenziell ungleicher geworden. Europas Defizite und Chinas Überschüsse sind noch gestiegen, statt sich auszugleichen. China hat Arbeitslosigkeit und niedrige Preise und exportiert mehr Waren denn je. Scholz werde klarmachen wollen, dass “eine Flut billiger Exporte auf den europäischen Markt eine politische Reaktion” herausfordern werde, so Barkin.
Xpeng hat seine Limousine P7 und das Mittelklasse-SUV G9 auf dem deutschen Markt vorgestellt und sich damit hierzulande erstmals als Marke präsentiert. Bei einer Veranstaltung mit Journalisten im hessischen Dreieich vergangene Woche stellte das Unternehmen aus Guangzhou die beiden Fahrzeuge für Testfahrten zur Verfügung.
Neben den Fahrzeugen stand vor allem ein Thema im Fokus: der Vertrieb. Xpeng will hier Fehler vermeiden, die bei manchen anderen chinesischen Newcomern für niedrige Verkaufszahlen sorgen. Deswegen bietet der Hersteller seine Fahrzeuge über Autohäuser an. Zum Verkaufsstart im Mai will Xpeng bereits an 24 Standorten vertreten sein. Damit setzt der Hersteller auf ein Vertriebsmodell, das bereits einem anderen chinesischen Hersteller Erfolg gebracht hat: MG Motor.
Guter Service und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen gehören zu den wichtigsten Entscheidungskriterien von Autokäufern, die sich für eine chinesische E-Auto-Marke interessieren. Mögliche Bedenken will der Geschäftsführer für Deutschland, Markus Schrick, durch den Händlervertrieb ausräumen. Als Managing Director hat er zuvor bereits das Wachstum von Hyundai in Deutschland vorangetrieben und plant auch für Xpeng einen bodenständigen Kurs.
Damit der Plan aufgeht, muss die Marke allerdings möglichst schnell viele Partner an Bord bekommen. Eine große Herausforderung: Die Händler sollen eine Fahrzeugmarke in ihren Showroom stellen, von der sie in vielen Fällen noch nie etwas gehört haben und deren langfristige Erfolgsaussichten sie kaum einschätzen können. Hinzu kommen die drohenden EU-Strafzölle. Auch hier sind die Folgen für chinesische E-Auto-Hersteller – und damit auch deren Verkäufer – nicht absehbar.
Xpeng versucht, den Händlern den Einstieg so schmackhaft wie möglich zu machen. Während Automarken den Autohäusern meist sehr detailliert vorschreiben, wie die Fläche auszusehen hat, auf der ihre Fahrzeuge ausgestellt werden, hält Xpeng die Anforderungen gering und gibt sich bereits mit wenigen Logos und Werbepylonen zufrieden. Deutschlandchef Markus Schrick hofft, dass auch der Deal zwischen Xpeng und VW in China bei den Händlern Vertrauen schaffen könnte: Volkswagen hat letztes Jahr knapp fünf Prozent an Xpeng erworben und investiert dafür 700 Millionen US-Dollar. Im Gegenzug soll Xpeng bis 2026 zwei VW-Modelle für den chinesischen Markt entwickeln.
Noch ist Xpeng ein Start-up und defizitär. 2023 verkaufte das Unternehmen 140.000 Autos. Die Fabriken in China können allerdings jetzt schon jährlich bis zu 600.000 Fahrzeuge bauen. Wie viele davon in Deutschland landen werden? Markus Schrick will sich nicht auf absolute Zahlen festlegen, das Ziel sind drei Prozent in jedem Segment, in dem die Marke antritt.
Dabei handelt es sich um Segmente mit sehr starker Konkurrenz. Der P7, eine Limousine der oberen Mittelklasse, liegt von der Größe her irgendwo zwischen Model 3 und Model S von Tesla. Das Oberklasse-SUV G9 positioniert Xpeng gegen Modelle der deutschen Traditionsmarken. Ob der G9 gegen Fahrzeuge wie Audi Q8 e-tron, BMW iX und Mercedes EQE eine Chance hat?
Beide Modelle sind in China schon länger im Markt. Der P7 wird in China seit 2020 verkauft und erhielt 2023 ein Facelift. Dieses Modell wird auch in Deutschland angeboten. Er kostet in der Einstiegsversion Long Range Edition mit Heckantrieb nur etwas unter 50.000 Euro, bringt dafür aber 276 PS Leistung auf die Straße und schafft 576 km Reichweite nach dem Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure). Es gibt auch eine Allrad-Variante mit 473 PS und 505 km Reichweite. Wer es exzentrisch mag, kann außerdem Flügeltüren einbauen lassen.
Das Oberklasse-SUV G9 ist in China seit 2022 zu haben. Viel günstiger als bei der deutschen Konkurrenz geht es schon bei 57.600 Euro los, dafür bekommen Kunden 312 PS bei Heckantrieb und 460 Kilometer Reichweite. Möglich ist aber auch eine Variante mit Allradantrieb, 550 PS sowie 520 km Reichweite. 2025 soll ein kleineres SUV und 2026 ein Kleinwagen folgen.
Der G9 steht auf einer 800 V-Plattform und kann dank 300 Kilowatt Ladeleistung sehr schnell laden. An einer entsprechenden Säule soll man den Akku in bestenfalls nur 15 Minuten von 20 auf 80 Prozent füllen können. Testen konnten wir das allerdings nicht. Neben der Ladetechnologie hat das Fahrzeug zudem bereits sämtliche Hardware zum autonomen Fahren an Bord – auch wenn das in Deutschland auf absehbare Zeit noch nicht möglich sein wird.
P7 und G9 geben beim Fahren häufiger mal Warntöne von sich. Die Fahreigenschaften sind gut, der Fahrspaß ist groß, die Beschleunigung bei beiden Modellen beeindruckend. Allerdings bimmelt es schon bei der kleinsten Geschwindigkeitsüberschreitung. Die übervorsichtige Bevormundung durch das Auto wettmachen dürfte die Optik, Haptik und Ausstattung der Fahrzeuge.
Den Innenraum hat Xpeng mit hochwertigen Materialien ausgekleidet. Luxuriöse Details sind ein Panorama-Glasdach, große Displays, Sitzheizung in allen Sitzen und eine intelligente Sprachsteuerung, die sogar erkennt, auf welchem Platz derjenige sitzt, der gerade mit ihr spricht. Die Sprachsteuerung reagiert aktuell nur auf Englisch. Das SUV G9 kommt in der Launch-Edition unter anderem mit Massagesitzen vorne und hinten daher. Für den Beifahrer gibt’s einen Extra-Bildschirm zum Fernsehen.
Neben Service, Fahrleistungen und Extras dürfte Kunden beim Verkaufsgespräch im Autohaus vor allem eine Frage interessieren: Wie spricht man das eigentlich aus? Hier in Deutschland so, wie man es schreibt. Das Kunstwort Xpeng ist eine Abkürzung des Namens von Xpeng-CEO He Xiaopeng, 1977 in Hubei geborener Tech-Milliardär. Der schuf 2004 das Internet-Unternehmen UCWeb, das zehn Jahre später im bis dahin größten M&A-Deal Chinas von Alibaba übernommen wurde. Im selben Jahr, 2014, gründete He gemeinsam mit Partnern Xpeng – ein Unternehmen für autonome Elektrofahrzeuge.
Xpeng positioniert sich als Marke für Tech-Innovationen. Damit das auch deutschen Journalisten klar wird, hatten die Chinesen bei der Fahrveranstaltung in Dreieich ein Fluggerät dabei – die Passagierdrohne Xpeng X2. Der kleine Quadrocopter kann Menschen und Gepäck bis zu 200 Kilogramm transportieren und besitzt in China bereits eine eingeschränkte Fluglizenz. Xpeng besitzt auch ein fliegendes Auto, das die Chinesen bei der Elektronikmesse CES Anfang des Jahres vorstellten. Es ist ein Sportwagen mit vier großen Propellerarmen, die aus dem Dach herausgeklappt werden. Sieht nach Science-Fiction aus, und erste Flugvideos schaffen wenig Vertrauen – ab Ende 2024 soll man das Gefährt in China aber schon bestellen können.
Auch im Bereich der Fahrassistenzsysteme investiert Xpeng in die Entwicklung. Das System XNGP konkurriert mit dem Autopiloten von Tesla, erfasst anders als dieser seine Umgebung aber auf drei Arten: per Kamera, Lidar- und Radar-Sensoren. Funktionieren soll es selbst im chaotischsten Stadtverkehr und ist seit kurzem für ganz China erhältlich. Während dabei die Hände noch in der Nähe des Lenkrads sein müssen, darf das SUV G9 seit letztem Sommer per Testlizenz als Robotaxi in Guangzhou vollständig autonom fahren.
8.4.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: China’s Tech Sector: Economic Champions, Regulatory Targets Mehr
9.4.2024, 08:30 Uhr (16:30 Uhr Beijing time)
China Netzwerk Baden-Württemberg, CNBW Business Talk: Taktik am Tisch: Was Chinas Nationalsport Tischtennis über die Geschäftspraxis lehrt Mehr
9.4.2024, 14:30 Uhr (20:30 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Urban China Lecture Series: Planning Exchange: Ideas, People, and Cities in Circulation During China’s Opening and Reform Era Mehr
9.4.2024, 16:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Online Seminar Series: Dreams from China’s Past: Visions of the Future in Popular Science and Literature Magazines, 1927-1949 Mehr
9.4.2024, 13:30 Uhr (19:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: CSIS-CSDS Transatlantic Dialogue on the Indo-Pacific Mehr
9.4.2024, 19:00 Uhr (10.4.2024, 01:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Bremen, Online-Vortrag: Prinzipien und Ikonographie der chinesischen Gartenkunst Mehr
10.4.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: Chinese Interference in Taiwan’s 2024 Elections and Lessons Learned Mehr
10.4.2024, 22:00 Uhr (11.4.2024, 04:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Environment in Asia Series:
Ecological States: Politics of Science and Nature in Urbanizing China Mehr
11.4.2024, 18:00 Uhr (24:00 Uhr Beijing time)
Audi Konfuzius-Institut Ingolstadt, Vortrag (Hybrid): Markenrecht in China Mehr
11.-13.4.2024
Centrum für Asienwissenschaften und Transkulturelle Studien, 23. Tagung des Fachverbands Chinesisch e. V. (in Heidelberg): Grenzen überwinden, China-Kompetenz vermitteln Mehr
12.4.2024, 19:30 Uhr (13.4.2024, 01:30 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut München, 197. Jour Fixe der Stiftung ex oriente (Hybrid): Dr. rer. nat. Wenjun Zhong: Chinesische Lebenspflege – Gesunde Ernährung nach der TCM Mehr
13.4.2024, 14:00 Uhr:
Konfuzius-Institut Hamburg, Chinas Künste erleben (in Hamburg): Die blühenden Freiland-Kamelien im Loki-Schmidt-Garten – Auf den Spuren Chinas mit Dipl. Ing. Sabine Rusch Mehr
15.4.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
PricewaterhouseCoopers, Automotive Webcast: From China – with love. Sustaining industry transition in a more protectionist world
Mehr
15.4.2024, 18:15 Uhr
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Lecture (in Berlin): Prof. Dr. Yab Xuetong, Tsinghua University, The Current Global Order: The Wars in Ukraine and Gaza Mehr
15.4.2024, 18:00 Uhr
Chinese Business Network Duisburg & Konfuzius-Institut Metropole Ruhr, Expertenrunde (in Duisburg): Das China-Geschäft – Trends und Zukunft Mehr
Auch am zweiten Tag nach dem schweren Erdbeben in Taiwan arbeiten Rettungskräfte fieberhaft daran, zahlreiche in Tunneln Verschüttete zu befreien. Es würden zudem noch 42 Menschen vermisst, deren Aufenthaltsort derzeit unklar sei. Nach einem Besuch in einem Notfallzentrum in Hualien sagte Taiwans Regierungschef Chen Chien-jen, er hoffe, dass “wir den heutigen Tag nutzen können, um alle gestrandeten und vermissten Menschen zu finden”. Jene zu finden, zu denen der Kontakt fehle, sei die wichtigste Aufgabe, sagte Innenminister Lin You-chang. Diese Leute bräuchten dringend Nahrung und Wasser.
Nach dem Erdbeben in Taiwan sind noch mehr als 600 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Die meisten von ihnen hätten in Hotels Zuflucht gefunden, es seien aber auch noch immer dutzende Menschen in eingestürzten Tunneln blockiert, erklärten die Behörden am Donnerstag.
In einer dramatischen Aktion war es den Rettungskräften am Donnerstag gelungen, 64 in einer Mine zugeschüttete Bergleute zu befreien. Ein vom Zentralen Notrufzentrum der Insel veröffentlichtes Video zeigte Hubschraubereinsätze zur Rettung der ersten sechs Bergleute, die in einem Steinbruch im Bezirk Hualien nahe des Epizentrums des Bebens eingeschlossen waren. Wenig später vermeldete die Feuerwehr, dass alle anderen 58 Bergleute ebenfalls in Sicherheit gebracht werden konnten.
Aus Angst vor schweren Nachbeben verbrachten Tausende Einwohner der am stärksten betroffenen Stadt Hualien die Nacht auf Donnerstag im Freien. Bis Donnerstagmorgen wurden in Taiwan mehr als 300 Nachbeben gemessen.
Bei dem schweren Beben vom Mittwoch waren mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen und mehr als 1.060 verletzt worden. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte das Beben eine Stärke von 7,4 auf der Richterskala. Es war das schwerste Beben in Taiwan seit einem Vierteljahrhundert. Anders noch als beim letzten großen Beben im Jahr 1999 ist die Opferzahl dieses Mal verhältnismäßig gering geblieben. Damals lag die Zahl der Toten bei über 2.400. Taiwan hat seitdem massiv in den Katastrophenschutz und in eine sichere Bausubstanz investiert. flee
Chinas Überkapazitäten stellen die ohnehin schon belasteten Beziehungen zwischen Peking und Washington auf eine zusätzliche Belastungsprobe. Mit 67,3 Milliarden Dollar weist die US-Handelsbilanz im Februar ein weiteres Mal ein dickes Minus aus. Und besonders groß bleibt das Handelsdefizit mit China. Es lag bei fast 20 Milliarden Dollar, nach knapp 24 Milliarden Dollar im Januar.
China bringt derzeit Elektroautos, Batterien, Solarmodule, Halbleiter und andere Industriegüter in rauen Mengen auf den Weltmarkt: das Ergebnis jahrelanger staatlicher Subventionen und schwacher Inlandsnachfrage. Die Weltmarktpreise für viele Güter sinken durch die chinesische Exportoffensive, was die Produzenten in anderen Ländern wie den USA unter Druck setzt. “Wir sehen eine wachsende Gefahr durch Unternehmen, die Verluste schreiben und ihre Produktion irgendwo absetzen müssen”, so ein ranghoher Vertreter des US-Finanzministeriums zur Überproduktion in chinesischen Industriesektoren.
US-Finanzministerin Janet Yellen wird an diesem Wochenende nach Peking reisen und will das Problem der Überkapazitäten auf die Tagesordnung setzen. “Ich glaube, dass erneute Spannungen mit China in der Luft liegen”, sagt Brad Setser, der früher für das US-Finanzministerium und das Büro des US-Handelsbeauftragten gearbeitet hat.
Yellens Warnungen vor einer chinesischen Überproduktion könnten ein erster Schritt der Regierung von Präsident Joe Biden in Richtung neuer Zölle oder anderer Handelsbarrieren für chinesische E-Autos, Batterien und andere Industriegüter sein. rtr/flee
Die US-Regierung will den Druck auf die Niederlande erhöhen, um den führenden Chipausrüster ASML daran zu hindern, einige Geräte in China zu warten. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Alan Estevez, der Leiter der US-Exportpolitik, wird sich demnach am kommenden Montag in den Niederlanden mit Vertretern der niederländischen Regierung und von ASML treffen, um die Wartungsverträge zu besprechen. Washington könnte im Rahmen der Gespräche auch versuchen, die Liste chinesischer Chipfabriken zu erweitern, die keine niederländische Ausrüstung erhalten dürfen.
US-Präsident Joe Biden geht hart gegen Pekings Pläne vor, eine eigene fortschrittliche Halbleiterindustrie aufzubauen. Die USA blockieren daher Chinas Zugang zu importierter Technologie und fordern ihre Verbündeten zu Unterstützung dieser Strategie auf. rtr
Der Chef der zu Volkswagen gehörenden Truckholding Traton (MAN, Scania) sieht in Europa bei Nutzfahrzeugen harte Konkurrenz aus der Volksrepublik aufziehen. Chinesische Elektrobus-Anbieter hätten sich in recht kurzer Zeit gut aufgestellt, vor allem dank ihres Zugangs zu sehr guter Batterietechnologie, sagte Christian Levin der Nachrichtenagentur Bloomberg: “Wenn man das hochrechnet und sich Lastkraftwagen ansieht, kann man sich eine ähnliche Entwicklung vorstellen.”
Zwar bieten europäische Anbieter wie Traton und Daimler Truck ebenfalls Elektrotrucks an. Allerdings verkaufen sie sich bislang noch recht schlecht. Sehr viel stärker vor allem auf dem chinesischen Markt vertreten sind hingegen chinesische Hersteller wie BYD, die auch Elektro-Lastwagen und -Busse anbieten.
BYD vertreibt bereits seit längerer Zeit Elektrobusse und Trucks in Europa. 2017 eröffnete BYD am Standort Komarom ein Werk, in dem jährlich 400 Elektrobusse für Europa produziert werden. flee
Pekings Bataillone amtlich bestellter Internet-Aufpasser verfügen über ausgefeilte Zensurmethoden, um Online-Kritik und heikle Enthüllungen rasch aus dem Netz verschwinden zu lassen. Doch technisch versierte Blogger finden immer wieder einen neuen Dreh, um die engmaschige Kontrolle zu überwinden. Seit 2021 hilft ihnen im Ausland ein Aktivist, der sich “Lehrer Li” 李老师 nennt, die wirkliche Lage des Landes zu begreifen. Millionen lesen seine Postings und haben ihn in China legendär gemacht.
“Lehrer Li ist nicht Dein Lehrer” 李老师不是你老师@whyyoutouzhele heißt Lis Twitter (X)-Account, der die Zensoren ins Leere laufen lässt. Subversive Online-News, von denen sie meinten, sie gerade erfolgreich gelöscht zu haben, kommen ihnen postwendend wieder ins Haus.
Absender ist ein chinesischer Künstler, der seit 2015 in Italien lebt. Der heute 31-jährige Li Ying (李颖) gab sich Ende 2023 im Interview mit der New York Times-Journalistin Li Yang zu erkennen. Lehrer Li ist kein typischer Dissident im Exil, der von außen Chinas Führung attackiert. Er ist viel gefährlicher, weil er seinen Twitter-Account zum virtuellen Kummerkasten für die Chinesen in China gemacht hat.
Täglich erreichen ihn News und Postings aus vielen Provinzen der Volksrepublik, ungeschminkte Momentaufnahmen und Augenzeugenberichte zu Unrecht, Protesten oder Absurditäten. Oft sind es Screenshots, die andere Blogger rechtzeitig von inländischen WeChats und Video-Clips machen, bevor die Zensur zuschlägt.
Li bekommt sie zugeschickt, sortiert sie, bewertet ihre Glaubwürdigkeit und sendet sie meist kommentarlos als Tweet weiter. Für Geremie R. Barmé, der ihn für “China Heritage” zusammen mit Reporterin Li Yuan porträtierte, betreibt Li eine “Clearingstelle für Informationen”. Mit seinem Pseudonym folge er der taoistischen Weisheit: “Ein Lehrer, der kein Lehrer sein will, ist ein wahrhafter Lehrer.”
Anfangs, 2021 nutzte Li sein innerchinesisches Sina Weibo-Account für solche Postings. Die Zensur blockierte ihn. Andere Blogger schickten ihm darauf ihre Handynummern, damit er einen neuen Account anmelden konnte. Nachdem ihm 49 Konten wegzensiert worden waren, eröffnete er im April 2022 seine Twitter-Seite – ein Auslands-Account, an das Chinas Zensoren nicht herankommen.
Zwar ist der Zugang zu Twitter in China versperrt, doch Privilegierte und Millionen technisch versierter Blogger können über VPN (Proxy)-Server die berüchtigte Große Firewall überspringen. Lis Twitter-Gemeinde wuchs Anfang 2024 auf 1,6 Millionen Leser. Viele leiten seine Postings an ihre Freundeskreise weiter.
So erfuhr ganz China, aber auch das Ausland, rasch von Shanghais Anti-Corona-Protestbewegung der “weißen Blätter”, ebenso wie jüngst von vielen spontanen Trauerbekundungen als Reaktion auf den Tod des Ex-Premier Li Keqiang. Augenzeugen und Beteiligte meldeten Unfälle, Unglücke oder behördliches Unrecht, über die Chinas Staatsmedien nicht berichten durften.
Die Zensoren waren so hilflos und wütend, dass sie dazu übergingen, Follower der Tweets Lis einzeln zu orten und vorzuladen, um sie abzuschrecken. Auch der Lehrer selbst spürt den Druck. Seine Eltern werden schikaniert, selbst in Italien muss er um seine Sicherheit fürchten und zog bereits viermal um.
In der undurchsichtigen, hoch zensierten Nachrichtenlage Chinas wächst das Bedürfnis nach einer Gegenöffentlichkeit. Lis Postings kommen da gerade recht. Mitte März veröffentlichte er eine ihm zugeleitete Aufzählung neuer Absurditäten des Personenkults um Chinas heutigen Führer Xi Jinping. Blogger hatten recherchiert, wie oft er sich von den offiziellen Parteimedien als Vordenker der Nation, der allen die Richtung weist, schmeicheln lässt. Sie schickten Li eine Liste mit 243 Beispielen, die zwischen 2015 und 2024 erschienen waren.
Sie beginnt mit der amtlichen Meldung am 12. November 2015, wonach Parteichef Xi “der zukünftigen Entwicklung des Aktienmarktes die Richtung weist” (为股票市场未来发展指明方向). Und sie endet mit dieser Nachricht vom 11. März 2024: Xi zeigt uns den Weg, wie sich die Engpässe bei der Entwicklung der neuen qualitativen Produktivkräfte überwinden lassen (为打通束缚新质生产力发展堵点指明方向).
Je mehr an Macht sich Xi nach 2015 von den zwei großen Parteitagen 2017 und 2022 übertragen ließ, desto öfter preisen ihn die Parteimedien als ultimativen Wegweiser und Ratgeber für alle erdenklichen Problemfragen. Blogger nennen Xi frotzelnd den personifizierten “Chef-Kompass” des Landes: “So wie Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao wird uns auch Xi den Weg in die Hölle weisen.”
Solch übertriebene Lobhudeleien prangerte einst der Gründervater der Volksrepublik Mao Zedong an, damals noch in Revolutionszeiten. In seinen Reden 1942 “Gegen die Stereotypen” geißelte er das inhaltsleere, theoretische Geschwafel seiner Funktionäre. Mit ihrem Partei-Chinesisch entfremdeten sie sich von dem Volk.
Mao verglich ihre Schriften mit den Aufsätzen, die in den konfuzianisch geprägten kaiserlichen Beamtenprüfungen der Ming- und Qingzeit von Examenskandidaten verlangt wurden. Diese fielen durch, wenn sie sich nicht strikt an ein festgelegtes “achtgliedriges Schreibschema” (八股文) hielten. Auch die Funktionäre, die Mao kritisierte, würden nur “endlose Seiten mit leeren Worthülsen ohne Substanz” (空话连篇, 言之无物) füllen, “sie aufplustern, um andere einzuschüchtern (装腔作势, 借以吓人)”. Ihre Aufsätze seien, schimpfte Mao, so wie die Binden, mit denen einst die Füße der Frauen eingeschnürt wurden, “lang und schlecht riechend 真是” – “懒婆娘的裹脚,又长又臭”.
Auch als Mao selbst seinem eigenen Personenkult verfiel, forderte er noch seine Partei auf, stereotypen Formalismus und Bürokratismus zu meiden und Kritik und Selbstkritik zu üben. Das war aber nicht mehr ernsthaft gemeint und nur noch Lippenbekenntnis, so wie es ihm heute sein politischer Enkel Xi Jinping zum eigenen Machterhalt nachmacht. Unter dessen Kontrolle sind die theoretischen Exzesse chinesischer Parteipropagandisten noch repetitiver und unverständlicher geworden.
Dennoch verstecken sich im heute veröffentlichten ideologischen Kauderwelsch von Xi manchmal immer noch brisante Botschaften. Es wird aber zunehmend schwieriger, sie zwischen den Zeilen lesen und verstehen zu können. Denn Xi lässt seine Aufsätze erst Monate oder Jahre später und nur in ausgewählte Teilen veröffentlichen.
Ein solches Beispiel ist eine bis dato unbekannte Rede Xis, die das wichtigste Theoriemagazin der Partei am 15. März 2024 erstmals druckte. Xi hielt die Rede vor 14 Monaten am 9. Januar 2023 zu Fragen der Parteidisziplin. Das war kurz, nachdem er zuvor auf dem 20. Parteitag seinen Anspruch auf lebenslange Herrschaft und absolute Parteiführung durchgesetzt hatte.
Statt zu triumphieren, zeigt sich Xi erstaunlich nervös über seine innerparteilichen Probleme. Ohne Ross und Reiter zu nennen, klagt er: “Es ist leicht für manche Leute, kleine Cliquen, Zirkel und Banden zu bilden” (些人容易出现搞小山头、小圈子、小团伙现象) und warnt, dass “es einfach ist, eine Festung von innen zu zerstören. Die das schaffen, können nur aus unseren eigenen Reihen kommen.” (堡垒最容易从内部被攻破,能打败我们的只有我们自己)。
Wie unzufrieden Xi ist, zeigte er auch, als er am 21. und 22. Dezember 2023 seinen Politbüro-Genossen in einer speziellen “Kritik und Selbstkritik”-Sitzung offenbar vorwarf, eine Echokammer zu sein und ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Die Sitzung fiel im Ausland nicht auf, weil Weihnachten anstand und Xis Rede nur in einer Zusammenfassung veröffentlicht wurde.
Immerhin heißt es dort aber: Xi erwarte von seinem Politbüro, dass es (ihm) “rechtzeitig und objektiv die wahre Lage darstellt und nicht nur Erfreuliches, sondern auch Sorgenvolles schildert (…) und sich von äußerlicher Schönheit und falschen Zahlen nicht täuschen” lässt (对工作中了解到的真实情况,要及时客观全面反映上来,不能只报喜、不报忧 … 反对华而不实、数据造假).
Solche wenigen freigegebenen Zitate zeigen zumindest, dass Xi seit Anfang 2023 vor allem darauf aus ist, die politische und systemische Sicherheit seines Regimes über Wachstum und Wirtschaft zu stellen. Inzwischen wissen wir faktisch, wie schlecht die Volksrepublik nach dem abrupten Ende der Pandemie 2023 wirtschaftlich da stand.
Ebenso wissen wir von Xis innenpolitischem Desaster, als er seinen Außen- und Verteidigungsminister und hochrangige Militärs, bis heute unerklärt, über Nacht verschwinden ließ. Pekings Propaganda enthüllt nur in homöopathischen Dosierungen und nur im Nachhinein, wie es um China und seine Führung steht. Der Verlust an Transparenz ist ein Kennzeichen der neuen Ära der Herrschaft Xi. Da hilft auch nicht mehr die Kunst, zwischen den Zeilen zu lesen. Umso mehr Zuspruch finden die Tweets von Lehrer Li.
Bart van Hezewijk ist beim niederländischen Chipmaschinenhersteller ASML seit Anfang März für Geopolitics & Trade, Government & External Affairs zuständig. Er war zuvor Head of Asia, Government & External Affaires, ebenfalls bei ASML.
Yu Zhangfu ist seit Anfang Februar Business Development Manager am China-Desk bei Röhling Logistics. Er war bis Ende des vergangenen Jahres Projektmanager bei der Chinesischen Handelskammer in Deutschland.
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Bevor sich die Geschmacksnerven daran erfreuen dürfen, ist es schon ein Augenschmaus. Farblich gibt die harte Arbeit der Landarbeiter in der Teepflanzstation in Wuxi, Provinz Jiangsu, ein gutes Bild ab. Die meist weiblichen Pflücker pflücken dabei nur die beiden obersten feinsten Blätter und die Blattknospe und transportieren sie in ihrem Korb oder einem Tuch zur Sammelstelle. Erst der spätere Verarbeitungsprozess entscheidet darüber, ob die Blätter zu grünem oder schwarzem Tee werden.
schon bei der letzten China-Reise hatte das Kanzleramt den damaligen BDI-Chef nicht mitgenommen. Offiziell erklärt hat sich Olaf Scholz für diese Entscheidung nie. Aber hinter den Kulissen war zu hören, dass die chinesischen Gastgeber den BDI nicht dabei haben wollten. Möglicher Grund: Der BDI hatte in einem Strategiepapier einen kritischen Umgang mit China gefordert. Dieses Mal hat sich der BDI erst gar nicht um eine Teilnahme bemüht. Sehr bedauerlich das Ganze. Denn was bei dieser Causa hängen bleibt: Ein erfolgreicher Racheakt der chinesischen Seite und ein Zeichen der Schwäche des deutschen Kanzlers, wenn er sich offenbar vorschreiben lässt, wen er auf seine Reisen mitnimmt und wen nicht.
Sehr viel selbstbewusster wirken da die Sales-Manager von Xpeng. Der chinesische E-Autohersteller, der in China bereits mit Volkswagen eine Kooperation eingegangen ist, startet sein Deutschlandgeschäft. Ab Anfang Mai will Xpeng seine Modelle P7 und G9 auch hierzulande anbieten. Julia Fiedler war beim Deutschland-Launch dabei und hat sich die Limousine und den Mittelklasse-SUV angeschaut.
Einen guten Start ins Wochenende!
Wenn Kanzler Olaf Scholz am 15. April nach Peking reist, wird kein Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) dabei sein. Wie Table.Briefings aus Politik- und Wirtschaftskreisen erfuhr, hat der BDI sich dieses Mal gar nicht erst um die Teilnahme beworben.
Bei der vorigen China-Reise im November 2022 hatte das Kanzleramt die Teilnahme eines BDI-Vertreters abgelehnt. Eine offizielle Begründung wurde nicht genannt. Hintergrund war damals aber offenbar, dass die chinesischen Gastgeber den BDI nicht dabei haben wollten. Der Verband hatte sich zuvor zunehmend China-kritisch geäußert.
Das war das erste Mal in der Geschichte der Bundesregierung, dass ein BDI-Vertreter trotz ausdrücklichem Wunsch bei einer Kanzlerreise nach China nicht dabei sein durfte. Dass der BDI dieses Mal offenbar von sich aus keine Anmeldung einreichte, dürfte den Grund haben, dass sich der eigentlich so mächtige Industrieverband mit einer erneuten Absage durch das Kanzleramt keine Blöße geben wollte. So stellen es Personen dar, die mit der Angelegenheit vertraut sind.
Scholz wird bei seiner China-Reise dafür von gleich drei Bundesministern begleitet. Wie das Handelsblatt als erstes berichtet, sind laut mehreren mit den Reiseplänen vertrauten Personen Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit dabei. Ein solches Aufgebot an Bundesministern ist ungewöhnlich und fand sonst allenfalls im Rahmen von Regierungskonsultationen statt.
Die Teilnahme Özdemirs, Lemkes und Wissings macht deutlich, dass die Bundesregierung im Klima- und Umweltbereich, aber auch bei der Verkehrspolitik Möglichkeiten zur Kooperation mit der Volksrepublik sieht. Umweltministerin Lemke hatte bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen im Sommer vergangenen Jahres mit dem chinesischen Umweltminister eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit in Umwelt- und Klimafragen unterzeichnet.
Verkehrsminister Wissing hatte sich innerhalb der Bundesregierung zuletzt dafür eingesetzt, dass der chinesische Netzwerkausrüster Huawei beim Bau des 5G-Netzes in Deutschland nicht komplett ausgeschlossen wird.
Scholz wird außerdem wie erwartet von Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft begleitet. Unter den Teilnehmern ist Roland Busch, Vorstandsvorsitzender von Siemens. Er wird auch als Vorsitzender und Präsident des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft an der Reise teilnehmen, teilte das Unternehmen mit. Insgesamt werden nach Informationen von Table.Briefings die CEOs von
mit dabei sein. Mercedes-Benz bestätigte, dass CEO Ola Kaellenius teilnehmen wird. Mercedes zählt die staatliche Beijing Automotive Group (BAIC) und Li Shufu, den Vorsitzenden von Geely, zu seinen Hauptaktionären. Ebenfalls angemeldet ist Belen Garijo, CEO der Merck KGaA.
Der BDI hatte 2019 ein Strategiepapier herausgegeben, das einen kritischen Umgang mit China forderte. Dieses Papier war nicht zuletzt eine der Grundlagen für die China-Strategie, auf die sich Ampelregierung im vergangenen Jahr nach langen internen Diskussionen schließlich einigte. Darin wird China nicht mehr nur als Partner, sondern auch als Wettbewerber und Systemrivale bezeichnet. “Eine zu starke Abhängigkeit von einem Markt ist immer mit wirtschaftlichen und politischen Risiken verbunden”, heißt es darin.
Mit seinem konsequenten De-Risking-Ansatz ging der Verband allerdings im Ton über das hinaus, was in den Konzernzentralen geplant war. Volkswagen, BASF und zahlreiche weitere Dax-Unternehmen wollen sogar mehr denn je in China investieren. Sie sichern sich damit gegen Handelsrisiken ab und stärken ihre Position auf dem größten Markt der Welt.
Ende Oktober 2022 legte der Verband jedoch noch einmal nach. In einem Grundsatzpapier zur europäischen Souveränität tauchte China wieder an vielen Stellen auf – als Quelle von Risiken. China sei eine Autokratie, und die Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen sei zum Teil größer als es die Gasabhängigkeit von Russland war. Für die Versorgungssicherheit sei es zudem wichtig, dass China nicht weiterhin der dominierende Lieferant von Solarzellen sei.
Scholz will unter positiven Vorzeichen nach Peking reisen, denn er hat auch Wünsche dabei. Ein Thema werde wieder Russland sein, sagte Noah Barkin vom German Marshall Fund gegenüber Table.Briefings. China habe die roten Linien der EU bei der Lieferung von militärisch nutzbaren Waren an Russland schon immer ausgereizt, aber es gebe Anzeichen, dass die Geduld der Europäer nun erschöpft sei. Scholz stehe hier ein “schwieriges Gespräch” mit Präsident Xi Jinping bevor. “Europa kann keine normalen Beziehungen zu Peking pflegen, solange es die russische Kriegsmaschinerie füttert.”
Als Abgesandter Europas wird Scholz wohl auch auf Chinas Billigexporte infolge von Überkapazitäten eingehen. Der Handel ist in den vergangenen Jahren tendenziell ungleicher geworden. Europas Defizite und Chinas Überschüsse sind noch gestiegen, statt sich auszugleichen. China hat Arbeitslosigkeit und niedrige Preise und exportiert mehr Waren denn je. Scholz werde klarmachen wollen, dass “eine Flut billiger Exporte auf den europäischen Markt eine politische Reaktion” herausfordern werde, so Barkin.
Xpeng hat seine Limousine P7 und das Mittelklasse-SUV G9 auf dem deutschen Markt vorgestellt und sich damit hierzulande erstmals als Marke präsentiert. Bei einer Veranstaltung mit Journalisten im hessischen Dreieich vergangene Woche stellte das Unternehmen aus Guangzhou die beiden Fahrzeuge für Testfahrten zur Verfügung.
Neben den Fahrzeugen stand vor allem ein Thema im Fokus: der Vertrieb. Xpeng will hier Fehler vermeiden, die bei manchen anderen chinesischen Newcomern für niedrige Verkaufszahlen sorgen. Deswegen bietet der Hersteller seine Fahrzeuge über Autohäuser an. Zum Verkaufsstart im Mai will Xpeng bereits an 24 Standorten vertreten sein. Damit setzt der Hersteller auf ein Vertriebsmodell, das bereits einem anderen chinesischen Hersteller Erfolg gebracht hat: MG Motor.
Guter Service und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen gehören zu den wichtigsten Entscheidungskriterien von Autokäufern, die sich für eine chinesische E-Auto-Marke interessieren. Mögliche Bedenken will der Geschäftsführer für Deutschland, Markus Schrick, durch den Händlervertrieb ausräumen. Als Managing Director hat er zuvor bereits das Wachstum von Hyundai in Deutschland vorangetrieben und plant auch für Xpeng einen bodenständigen Kurs.
Damit der Plan aufgeht, muss die Marke allerdings möglichst schnell viele Partner an Bord bekommen. Eine große Herausforderung: Die Händler sollen eine Fahrzeugmarke in ihren Showroom stellen, von der sie in vielen Fällen noch nie etwas gehört haben und deren langfristige Erfolgsaussichten sie kaum einschätzen können. Hinzu kommen die drohenden EU-Strafzölle. Auch hier sind die Folgen für chinesische E-Auto-Hersteller – und damit auch deren Verkäufer – nicht absehbar.
Xpeng versucht, den Händlern den Einstieg so schmackhaft wie möglich zu machen. Während Automarken den Autohäusern meist sehr detailliert vorschreiben, wie die Fläche auszusehen hat, auf der ihre Fahrzeuge ausgestellt werden, hält Xpeng die Anforderungen gering und gibt sich bereits mit wenigen Logos und Werbepylonen zufrieden. Deutschlandchef Markus Schrick hofft, dass auch der Deal zwischen Xpeng und VW in China bei den Händlern Vertrauen schaffen könnte: Volkswagen hat letztes Jahr knapp fünf Prozent an Xpeng erworben und investiert dafür 700 Millionen US-Dollar. Im Gegenzug soll Xpeng bis 2026 zwei VW-Modelle für den chinesischen Markt entwickeln.
Noch ist Xpeng ein Start-up und defizitär. 2023 verkaufte das Unternehmen 140.000 Autos. Die Fabriken in China können allerdings jetzt schon jährlich bis zu 600.000 Fahrzeuge bauen. Wie viele davon in Deutschland landen werden? Markus Schrick will sich nicht auf absolute Zahlen festlegen, das Ziel sind drei Prozent in jedem Segment, in dem die Marke antritt.
Dabei handelt es sich um Segmente mit sehr starker Konkurrenz. Der P7, eine Limousine der oberen Mittelklasse, liegt von der Größe her irgendwo zwischen Model 3 und Model S von Tesla. Das Oberklasse-SUV G9 positioniert Xpeng gegen Modelle der deutschen Traditionsmarken. Ob der G9 gegen Fahrzeuge wie Audi Q8 e-tron, BMW iX und Mercedes EQE eine Chance hat?
Beide Modelle sind in China schon länger im Markt. Der P7 wird in China seit 2020 verkauft und erhielt 2023 ein Facelift. Dieses Modell wird auch in Deutschland angeboten. Er kostet in der Einstiegsversion Long Range Edition mit Heckantrieb nur etwas unter 50.000 Euro, bringt dafür aber 276 PS Leistung auf die Straße und schafft 576 km Reichweite nach dem Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure). Es gibt auch eine Allrad-Variante mit 473 PS und 505 km Reichweite. Wer es exzentrisch mag, kann außerdem Flügeltüren einbauen lassen.
Das Oberklasse-SUV G9 ist in China seit 2022 zu haben. Viel günstiger als bei der deutschen Konkurrenz geht es schon bei 57.600 Euro los, dafür bekommen Kunden 312 PS bei Heckantrieb und 460 Kilometer Reichweite. Möglich ist aber auch eine Variante mit Allradantrieb, 550 PS sowie 520 km Reichweite. 2025 soll ein kleineres SUV und 2026 ein Kleinwagen folgen.
Der G9 steht auf einer 800 V-Plattform und kann dank 300 Kilowatt Ladeleistung sehr schnell laden. An einer entsprechenden Säule soll man den Akku in bestenfalls nur 15 Minuten von 20 auf 80 Prozent füllen können. Testen konnten wir das allerdings nicht. Neben der Ladetechnologie hat das Fahrzeug zudem bereits sämtliche Hardware zum autonomen Fahren an Bord – auch wenn das in Deutschland auf absehbare Zeit noch nicht möglich sein wird.
P7 und G9 geben beim Fahren häufiger mal Warntöne von sich. Die Fahreigenschaften sind gut, der Fahrspaß ist groß, die Beschleunigung bei beiden Modellen beeindruckend. Allerdings bimmelt es schon bei der kleinsten Geschwindigkeitsüberschreitung. Die übervorsichtige Bevormundung durch das Auto wettmachen dürfte die Optik, Haptik und Ausstattung der Fahrzeuge.
Den Innenraum hat Xpeng mit hochwertigen Materialien ausgekleidet. Luxuriöse Details sind ein Panorama-Glasdach, große Displays, Sitzheizung in allen Sitzen und eine intelligente Sprachsteuerung, die sogar erkennt, auf welchem Platz derjenige sitzt, der gerade mit ihr spricht. Die Sprachsteuerung reagiert aktuell nur auf Englisch. Das SUV G9 kommt in der Launch-Edition unter anderem mit Massagesitzen vorne und hinten daher. Für den Beifahrer gibt’s einen Extra-Bildschirm zum Fernsehen.
Neben Service, Fahrleistungen und Extras dürfte Kunden beim Verkaufsgespräch im Autohaus vor allem eine Frage interessieren: Wie spricht man das eigentlich aus? Hier in Deutschland so, wie man es schreibt. Das Kunstwort Xpeng ist eine Abkürzung des Namens von Xpeng-CEO He Xiaopeng, 1977 in Hubei geborener Tech-Milliardär. Der schuf 2004 das Internet-Unternehmen UCWeb, das zehn Jahre später im bis dahin größten M&A-Deal Chinas von Alibaba übernommen wurde. Im selben Jahr, 2014, gründete He gemeinsam mit Partnern Xpeng – ein Unternehmen für autonome Elektrofahrzeuge.
Xpeng positioniert sich als Marke für Tech-Innovationen. Damit das auch deutschen Journalisten klar wird, hatten die Chinesen bei der Fahrveranstaltung in Dreieich ein Fluggerät dabei – die Passagierdrohne Xpeng X2. Der kleine Quadrocopter kann Menschen und Gepäck bis zu 200 Kilogramm transportieren und besitzt in China bereits eine eingeschränkte Fluglizenz. Xpeng besitzt auch ein fliegendes Auto, das die Chinesen bei der Elektronikmesse CES Anfang des Jahres vorstellten. Es ist ein Sportwagen mit vier großen Propellerarmen, die aus dem Dach herausgeklappt werden. Sieht nach Science-Fiction aus, und erste Flugvideos schaffen wenig Vertrauen – ab Ende 2024 soll man das Gefährt in China aber schon bestellen können.
Auch im Bereich der Fahrassistenzsysteme investiert Xpeng in die Entwicklung. Das System XNGP konkurriert mit dem Autopiloten von Tesla, erfasst anders als dieser seine Umgebung aber auf drei Arten: per Kamera, Lidar- und Radar-Sensoren. Funktionieren soll es selbst im chaotischsten Stadtverkehr und ist seit kurzem für ganz China erhältlich. Während dabei die Hände noch in der Nähe des Lenkrads sein müssen, darf das SUV G9 seit letztem Sommer per Testlizenz als Robotaxi in Guangzhou vollständig autonom fahren.
8.4.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: China’s Tech Sector: Economic Champions, Regulatory Targets Mehr
9.4.2024, 08:30 Uhr (16:30 Uhr Beijing time)
China Netzwerk Baden-Württemberg, CNBW Business Talk: Taktik am Tisch: Was Chinas Nationalsport Tischtennis über die Geschäftspraxis lehrt Mehr
9.4.2024, 14:30 Uhr (20:30 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Urban China Lecture Series: Planning Exchange: Ideas, People, and Cities in Circulation During China’s Opening and Reform Era Mehr
9.4.2024, 16:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Online Seminar Series: Dreams from China’s Past: Visions of the Future in Popular Science and Literature Magazines, 1927-1949 Mehr
9.4.2024, 13:30 Uhr (19:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: CSIS-CSDS Transatlantic Dialogue on the Indo-Pacific Mehr
9.4.2024, 19:00 Uhr (10.4.2024, 01:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Bremen, Online-Vortrag: Prinzipien und Ikonographie der chinesischen Gartenkunst Mehr
10.4.2024, 15:00 Uhr (21:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: Chinese Interference in Taiwan’s 2024 Elections and Lessons Learned Mehr
10.4.2024, 22:00 Uhr (11.4.2024, 04:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Environment in Asia Series:
Ecological States: Politics of Science and Nature in Urbanizing China Mehr
11.4.2024, 18:00 Uhr (24:00 Uhr Beijing time)
Audi Konfuzius-Institut Ingolstadt, Vortrag (Hybrid): Markenrecht in China Mehr
11.-13.4.2024
Centrum für Asienwissenschaften und Transkulturelle Studien, 23. Tagung des Fachverbands Chinesisch e. V. (in Heidelberg): Grenzen überwinden, China-Kompetenz vermitteln Mehr
12.4.2024, 19:30 Uhr (13.4.2024, 01:30 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut München, 197. Jour Fixe der Stiftung ex oriente (Hybrid): Dr. rer. nat. Wenjun Zhong: Chinesische Lebenspflege – Gesunde Ernährung nach der TCM Mehr
13.4.2024, 14:00 Uhr:
Konfuzius-Institut Hamburg, Chinas Künste erleben (in Hamburg): Die blühenden Freiland-Kamelien im Loki-Schmidt-Garten – Auf den Spuren Chinas mit Dipl. Ing. Sabine Rusch Mehr
15.4.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
PricewaterhouseCoopers, Automotive Webcast: From China – with love. Sustaining industry transition in a more protectionist world
Mehr
15.4.2024, 18:15 Uhr
Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin, Lecture (in Berlin): Prof. Dr. Yab Xuetong, Tsinghua University, The Current Global Order: The Wars in Ukraine and Gaza Mehr
15.4.2024, 18:00 Uhr
Chinese Business Network Duisburg & Konfuzius-Institut Metropole Ruhr, Expertenrunde (in Duisburg): Das China-Geschäft – Trends und Zukunft Mehr
Auch am zweiten Tag nach dem schweren Erdbeben in Taiwan arbeiten Rettungskräfte fieberhaft daran, zahlreiche in Tunneln Verschüttete zu befreien. Es würden zudem noch 42 Menschen vermisst, deren Aufenthaltsort derzeit unklar sei. Nach einem Besuch in einem Notfallzentrum in Hualien sagte Taiwans Regierungschef Chen Chien-jen, er hoffe, dass “wir den heutigen Tag nutzen können, um alle gestrandeten und vermissten Menschen zu finden”. Jene zu finden, zu denen der Kontakt fehle, sei die wichtigste Aufgabe, sagte Innenminister Lin You-chang. Diese Leute bräuchten dringend Nahrung und Wasser.
Nach dem Erdbeben in Taiwan sind noch mehr als 600 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Die meisten von ihnen hätten in Hotels Zuflucht gefunden, es seien aber auch noch immer dutzende Menschen in eingestürzten Tunneln blockiert, erklärten die Behörden am Donnerstag.
In einer dramatischen Aktion war es den Rettungskräften am Donnerstag gelungen, 64 in einer Mine zugeschüttete Bergleute zu befreien. Ein vom Zentralen Notrufzentrum der Insel veröffentlichtes Video zeigte Hubschraubereinsätze zur Rettung der ersten sechs Bergleute, die in einem Steinbruch im Bezirk Hualien nahe des Epizentrums des Bebens eingeschlossen waren. Wenig später vermeldete die Feuerwehr, dass alle anderen 58 Bergleute ebenfalls in Sicherheit gebracht werden konnten.
Aus Angst vor schweren Nachbeben verbrachten Tausende Einwohner der am stärksten betroffenen Stadt Hualien die Nacht auf Donnerstag im Freien. Bis Donnerstagmorgen wurden in Taiwan mehr als 300 Nachbeben gemessen.
Bei dem schweren Beben vom Mittwoch waren mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen und mehr als 1.060 verletzt worden. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte das Beben eine Stärke von 7,4 auf der Richterskala. Es war das schwerste Beben in Taiwan seit einem Vierteljahrhundert. Anders noch als beim letzten großen Beben im Jahr 1999 ist die Opferzahl dieses Mal verhältnismäßig gering geblieben. Damals lag die Zahl der Toten bei über 2.400. Taiwan hat seitdem massiv in den Katastrophenschutz und in eine sichere Bausubstanz investiert. flee
Chinas Überkapazitäten stellen die ohnehin schon belasteten Beziehungen zwischen Peking und Washington auf eine zusätzliche Belastungsprobe. Mit 67,3 Milliarden Dollar weist die US-Handelsbilanz im Februar ein weiteres Mal ein dickes Minus aus. Und besonders groß bleibt das Handelsdefizit mit China. Es lag bei fast 20 Milliarden Dollar, nach knapp 24 Milliarden Dollar im Januar.
China bringt derzeit Elektroautos, Batterien, Solarmodule, Halbleiter und andere Industriegüter in rauen Mengen auf den Weltmarkt: das Ergebnis jahrelanger staatlicher Subventionen und schwacher Inlandsnachfrage. Die Weltmarktpreise für viele Güter sinken durch die chinesische Exportoffensive, was die Produzenten in anderen Ländern wie den USA unter Druck setzt. “Wir sehen eine wachsende Gefahr durch Unternehmen, die Verluste schreiben und ihre Produktion irgendwo absetzen müssen”, so ein ranghoher Vertreter des US-Finanzministeriums zur Überproduktion in chinesischen Industriesektoren.
US-Finanzministerin Janet Yellen wird an diesem Wochenende nach Peking reisen und will das Problem der Überkapazitäten auf die Tagesordnung setzen. “Ich glaube, dass erneute Spannungen mit China in der Luft liegen”, sagt Brad Setser, der früher für das US-Finanzministerium und das Büro des US-Handelsbeauftragten gearbeitet hat.
Yellens Warnungen vor einer chinesischen Überproduktion könnten ein erster Schritt der Regierung von Präsident Joe Biden in Richtung neuer Zölle oder anderer Handelsbarrieren für chinesische E-Autos, Batterien und andere Industriegüter sein. rtr/flee
Die US-Regierung will den Druck auf die Niederlande erhöhen, um den führenden Chipausrüster ASML daran zu hindern, einige Geräte in China zu warten. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Alan Estevez, der Leiter der US-Exportpolitik, wird sich demnach am kommenden Montag in den Niederlanden mit Vertretern der niederländischen Regierung und von ASML treffen, um die Wartungsverträge zu besprechen. Washington könnte im Rahmen der Gespräche auch versuchen, die Liste chinesischer Chipfabriken zu erweitern, die keine niederländische Ausrüstung erhalten dürfen.
US-Präsident Joe Biden geht hart gegen Pekings Pläne vor, eine eigene fortschrittliche Halbleiterindustrie aufzubauen. Die USA blockieren daher Chinas Zugang zu importierter Technologie und fordern ihre Verbündeten zu Unterstützung dieser Strategie auf. rtr
Der Chef der zu Volkswagen gehörenden Truckholding Traton (MAN, Scania) sieht in Europa bei Nutzfahrzeugen harte Konkurrenz aus der Volksrepublik aufziehen. Chinesische Elektrobus-Anbieter hätten sich in recht kurzer Zeit gut aufgestellt, vor allem dank ihres Zugangs zu sehr guter Batterietechnologie, sagte Christian Levin der Nachrichtenagentur Bloomberg: “Wenn man das hochrechnet und sich Lastkraftwagen ansieht, kann man sich eine ähnliche Entwicklung vorstellen.”
Zwar bieten europäische Anbieter wie Traton und Daimler Truck ebenfalls Elektrotrucks an. Allerdings verkaufen sie sich bislang noch recht schlecht. Sehr viel stärker vor allem auf dem chinesischen Markt vertreten sind hingegen chinesische Hersteller wie BYD, die auch Elektro-Lastwagen und -Busse anbieten.
BYD vertreibt bereits seit längerer Zeit Elektrobusse und Trucks in Europa. 2017 eröffnete BYD am Standort Komarom ein Werk, in dem jährlich 400 Elektrobusse für Europa produziert werden. flee
Pekings Bataillone amtlich bestellter Internet-Aufpasser verfügen über ausgefeilte Zensurmethoden, um Online-Kritik und heikle Enthüllungen rasch aus dem Netz verschwinden zu lassen. Doch technisch versierte Blogger finden immer wieder einen neuen Dreh, um die engmaschige Kontrolle zu überwinden. Seit 2021 hilft ihnen im Ausland ein Aktivist, der sich “Lehrer Li” 李老师 nennt, die wirkliche Lage des Landes zu begreifen. Millionen lesen seine Postings und haben ihn in China legendär gemacht.
“Lehrer Li ist nicht Dein Lehrer” 李老师不是你老师@whyyoutouzhele heißt Lis Twitter (X)-Account, der die Zensoren ins Leere laufen lässt. Subversive Online-News, von denen sie meinten, sie gerade erfolgreich gelöscht zu haben, kommen ihnen postwendend wieder ins Haus.
Absender ist ein chinesischer Künstler, der seit 2015 in Italien lebt. Der heute 31-jährige Li Ying (李颖) gab sich Ende 2023 im Interview mit der New York Times-Journalistin Li Yang zu erkennen. Lehrer Li ist kein typischer Dissident im Exil, der von außen Chinas Führung attackiert. Er ist viel gefährlicher, weil er seinen Twitter-Account zum virtuellen Kummerkasten für die Chinesen in China gemacht hat.
Täglich erreichen ihn News und Postings aus vielen Provinzen der Volksrepublik, ungeschminkte Momentaufnahmen und Augenzeugenberichte zu Unrecht, Protesten oder Absurditäten. Oft sind es Screenshots, die andere Blogger rechtzeitig von inländischen WeChats und Video-Clips machen, bevor die Zensur zuschlägt.
Li bekommt sie zugeschickt, sortiert sie, bewertet ihre Glaubwürdigkeit und sendet sie meist kommentarlos als Tweet weiter. Für Geremie R. Barmé, der ihn für “China Heritage” zusammen mit Reporterin Li Yuan porträtierte, betreibt Li eine “Clearingstelle für Informationen”. Mit seinem Pseudonym folge er der taoistischen Weisheit: “Ein Lehrer, der kein Lehrer sein will, ist ein wahrhafter Lehrer.”
Anfangs, 2021 nutzte Li sein innerchinesisches Sina Weibo-Account für solche Postings. Die Zensur blockierte ihn. Andere Blogger schickten ihm darauf ihre Handynummern, damit er einen neuen Account anmelden konnte. Nachdem ihm 49 Konten wegzensiert worden waren, eröffnete er im April 2022 seine Twitter-Seite – ein Auslands-Account, an das Chinas Zensoren nicht herankommen.
Zwar ist der Zugang zu Twitter in China versperrt, doch Privilegierte und Millionen technisch versierter Blogger können über VPN (Proxy)-Server die berüchtigte Große Firewall überspringen. Lis Twitter-Gemeinde wuchs Anfang 2024 auf 1,6 Millionen Leser. Viele leiten seine Postings an ihre Freundeskreise weiter.
So erfuhr ganz China, aber auch das Ausland, rasch von Shanghais Anti-Corona-Protestbewegung der “weißen Blätter”, ebenso wie jüngst von vielen spontanen Trauerbekundungen als Reaktion auf den Tod des Ex-Premier Li Keqiang. Augenzeugen und Beteiligte meldeten Unfälle, Unglücke oder behördliches Unrecht, über die Chinas Staatsmedien nicht berichten durften.
Die Zensoren waren so hilflos und wütend, dass sie dazu übergingen, Follower der Tweets Lis einzeln zu orten und vorzuladen, um sie abzuschrecken. Auch der Lehrer selbst spürt den Druck. Seine Eltern werden schikaniert, selbst in Italien muss er um seine Sicherheit fürchten und zog bereits viermal um.
In der undurchsichtigen, hoch zensierten Nachrichtenlage Chinas wächst das Bedürfnis nach einer Gegenöffentlichkeit. Lis Postings kommen da gerade recht. Mitte März veröffentlichte er eine ihm zugeleitete Aufzählung neuer Absurditäten des Personenkults um Chinas heutigen Führer Xi Jinping. Blogger hatten recherchiert, wie oft er sich von den offiziellen Parteimedien als Vordenker der Nation, der allen die Richtung weist, schmeicheln lässt. Sie schickten Li eine Liste mit 243 Beispielen, die zwischen 2015 und 2024 erschienen waren.
Sie beginnt mit der amtlichen Meldung am 12. November 2015, wonach Parteichef Xi “der zukünftigen Entwicklung des Aktienmarktes die Richtung weist” (为股票市场未来发展指明方向). Und sie endet mit dieser Nachricht vom 11. März 2024: Xi zeigt uns den Weg, wie sich die Engpässe bei der Entwicklung der neuen qualitativen Produktivkräfte überwinden lassen (为打通束缚新质生产力发展堵点指明方向).
Je mehr an Macht sich Xi nach 2015 von den zwei großen Parteitagen 2017 und 2022 übertragen ließ, desto öfter preisen ihn die Parteimedien als ultimativen Wegweiser und Ratgeber für alle erdenklichen Problemfragen. Blogger nennen Xi frotzelnd den personifizierten “Chef-Kompass” des Landes: “So wie Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao wird uns auch Xi den Weg in die Hölle weisen.”
Solch übertriebene Lobhudeleien prangerte einst der Gründervater der Volksrepublik Mao Zedong an, damals noch in Revolutionszeiten. In seinen Reden 1942 “Gegen die Stereotypen” geißelte er das inhaltsleere, theoretische Geschwafel seiner Funktionäre. Mit ihrem Partei-Chinesisch entfremdeten sie sich von dem Volk.
Mao verglich ihre Schriften mit den Aufsätzen, die in den konfuzianisch geprägten kaiserlichen Beamtenprüfungen der Ming- und Qingzeit von Examenskandidaten verlangt wurden. Diese fielen durch, wenn sie sich nicht strikt an ein festgelegtes “achtgliedriges Schreibschema” (八股文) hielten. Auch die Funktionäre, die Mao kritisierte, würden nur “endlose Seiten mit leeren Worthülsen ohne Substanz” (空话连篇, 言之无物) füllen, “sie aufplustern, um andere einzuschüchtern (装腔作势, 借以吓人)”. Ihre Aufsätze seien, schimpfte Mao, so wie die Binden, mit denen einst die Füße der Frauen eingeschnürt wurden, “lang und schlecht riechend 真是” – “懒婆娘的裹脚,又长又臭”.
Auch als Mao selbst seinem eigenen Personenkult verfiel, forderte er noch seine Partei auf, stereotypen Formalismus und Bürokratismus zu meiden und Kritik und Selbstkritik zu üben. Das war aber nicht mehr ernsthaft gemeint und nur noch Lippenbekenntnis, so wie es ihm heute sein politischer Enkel Xi Jinping zum eigenen Machterhalt nachmacht. Unter dessen Kontrolle sind die theoretischen Exzesse chinesischer Parteipropagandisten noch repetitiver und unverständlicher geworden.
Dennoch verstecken sich im heute veröffentlichten ideologischen Kauderwelsch von Xi manchmal immer noch brisante Botschaften. Es wird aber zunehmend schwieriger, sie zwischen den Zeilen lesen und verstehen zu können. Denn Xi lässt seine Aufsätze erst Monate oder Jahre später und nur in ausgewählte Teilen veröffentlichen.
Ein solches Beispiel ist eine bis dato unbekannte Rede Xis, die das wichtigste Theoriemagazin der Partei am 15. März 2024 erstmals druckte. Xi hielt die Rede vor 14 Monaten am 9. Januar 2023 zu Fragen der Parteidisziplin. Das war kurz, nachdem er zuvor auf dem 20. Parteitag seinen Anspruch auf lebenslange Herrschaft und absolute Parteiführung durchgesetzt hatte.
Statt zu triumphieren, zeigt sich Xi erstaunlich nervös über seine innerparteilichen Probleme. Ohne Ross und Reiter zu nennen, klagt er: “Es ist leicht für manche Leute, kleine Cliquen, Zirkel und Banden zu bilden” (些人容易出现搞小山头、小圈子、小团伙现象) und warnt, dass “es einfach ist, eine Festung von innen zu zerstören. Die das schaffen, können nur aus unseren eigenen Reihen kommen.” (堡垒最容易从内部被攻破,能打败我们的只有我们自己)。
Wie unzufrieden Xi ist, zeigte er auch, als er am 21. und 22. Dezember 2023 seinen Politbüro-Genossen in einer speziellen “Kritik und Selbstkritik”-Sitzung offenbar vorwarf, eine Echokammer zu sein und ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Die Sitzung fiel im Ausland nicht auf, weil Weihnachten anstand und Xis Rede nur in einer Zusammenfassung veröffentlicht wurde.
Immerhin heißt es dort aber: Xi erwarte von seinem Politbüro, dass es (ihm) “rechtzeitig und objektiv die wahre Lage darstellt und nicht nur Erfreuliches, sondern auch Sorgenvolles schildert (…) und sich von äußerlicher Schönheit und falschen Zahlen nicht täuschen” lässt (对工作中了解到的真实情况,要及时客观全面反映上来,不能只报喜、不报忧 … 反对华而不实、数据造假).
Solche wenigen freigegebenen Zitate zeigen zumindest, dass Xi seit Anfang 2023 vor allem darauf aus ist, die politische und systemische Sicherheit seines Regimes über Wachstum und Wirtschaft zu stellen. Inzwischen wissen wir faktisch, wie schlecht die Volksrepublik nach dem abrupten Ende der Pandemie 2023 wirtschaftlich da stand.
Ebenso wissen wir von Xis innenpolitischem Desaster, als er seinen Außen- und Verteidigungsminister und hochrangige Militärs, bis heute unerklärt, über Nacht verschwinden ließ. Pekings Propaganda enthüllt nur in homöopathischen Dosierungen und nur im Nachhinein, wie es um China und seine Führung steht. Der Verlust an Transparenz ist ein Kennzeichen der neuen Ära der Herrschaft Xi. Da hilft auch nicht mehr die Kunst, zwischen den Zeilen zu lesen. Umso mehr Zuspruch finden die Tweets von Lehrer Li.
Bart van Hezewijk ist beim niederländischen Chipmaschinenhersteller ASML seit Anfang März für Geopolitics & Trade, Government & External Affairs zuständig. Er war zuvor Head of Asia, Government & External Affaires, ebenfalls bei ASML.
Yu Zhangfu ist seit Anfang Februar Business Development Manager am China-Desk bei Röhling Logistics. Er war bis Ende des vergangenen Jahres Projektmanager bei der Chinesischen Handelskammer in Deutschland.
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Bevor sich die Geschmacksnerven daran erfreuen dürfen, ist es schon ein Augenschmaus. Farblich gibt die harte Arbeit der Landarbeiter in der Teepflanzstation in Wuxi, Provinz Jiangsu, ein gutes Bild ab. Die meist weiblichen Pflücker pflücken dabei nur die beiden obersten feinsten Blätter und die Blattknospe und transportieren sie in ihrem Korb oder einem Tuch zur Sammelstelle. Erst der spätere Verarbeitungsprozess entscheidet darüber, ob die Blätter zu grünem oder schwarzem Tee werden.