Table.Briefing: China

Xi bei Macron: Zweifelhafter Mini-Erfolg + Autobauer investieren in Wasserstoff

Liebe Leserin, lieber Leser,

fast hat man den Eindruck, hier findet eine Daueraufführung statt, mit dem Titel “China-Inkompetenz”. Die neueste Episode spielt in Frankreich. Präsident Emmanuel Macron hatte seine Forderungen an Staatsgast Xi Jinping schon vor dessen Ankunft in Paris über französische Medien gestreut. So weit, so gut. Gleichzeitig aber versicherte er der Volksrepublik, dass man China brauche, um die Probleme dieser Welt zu lösen.

So wahr diese Aussage sein mag, so falsch ist es, sie ständig zu wiederholen. China benötigt keine Vergewisserung seiner Bedeutung durch Macron, Olaf Scholz oder sonst irgendjemanden. China wird dadurch keinen Deut kooperativer. Stattdessen bekommt Xi Jinping einmal mehr den Eindruck, dass er die Europäer am Nasenring durch die Manege führen kann.

Machen wir die Gegenprobe. China braucht Europa genauso dringend, wie es umgekehrt der Fall ist. Das Land benötigt europäische Investitionen, europäische Forschung, europäische Konsumenten und europäisches Know-how, um seine strukturellen Probleme auf vielen Ebenen in den Griff zu bekommen. Die explizite Formulierung: “China braucht Europa” ist Xi Jinping wann zuletzt öffentlich über die Lippen gekommen? Das dürfte sehr lange her sein. Xi wird wissen, weshalb.

Wie sich Macron am ersten Tag des Xi-Besuchs geschlagen hat, analysiert Gabriel Bub. Der Autor des heutigen Standpunkts, der Politologe Andreas Fulda, bewertet derweil auch die deutsche China-Politik als naiv. Fulda argumentiert, dass kritische China-Kompetenz in vielen politischen Schlüsselstellen in Berlin nicht nur ausgeblendet würde, sondern unerwünscht sei. Die China-Strategie der Bundesregierung habe Scholz bereits wieder zu den Akten gelegt.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

Machtspiele: Wie Macron Xi umgarnt, während von der Leyen droht

Xi Jinping und Emmanuel Macron am Montag in Paris.

Bei Xi Jinpings Besuch am Montag in Paris hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um Harmonie bemüht, um den chinesischen Präsidenten für eine mögliche Vermittlung im Ukrainekrieg zu gewinnen. Zumindest mit einem Mini-Erfolg. Denn neben diversen Wirtschaftsabkommen in der Luftfahrt oder der Batterieproduktion sagte Xi zumindest seine Unterstützung für die von Macron gewünschte Waffenruhe während der Olympischen Spiele vom 26. Juli bis 11. August in Paris zu. Dass Putin dabei mitmacht, ist aber eher unwahrscheinlich.

Während Macron den chinesischen Präsidenten in Paris umschmeichelte und “das Engagement der chinesischen Autoritäten, den Verkauf von Waffen zu unterlassen und den Export von Dual-Use-Gütern streng zu kontrollieren” lobte, wählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durchaus harte Töne. Beim trilateralen Treffen am Mittag habe sie dem chinesischen Präsidenten klargemacht, dass immer noch zu viele chinesische Dual-Use-Güter auf ukrainischen Kriegsschauplätzen entdeckt würden. Da es sich für die Ukraine und Europa um ein existenzielles Thema handele, “wirkt sich das auf das EU-China-Verhältnis aus”.

Von der Leyen: “Wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”

Ein weiteres Thema waren chinesische Überkapazitäten. “Chinesische subventionierte Produkte wie Elektrofahrzeuge oder Stahl fluten den europäischen Markt”, sagte von der Leyen. Die Welt könne Chinas Produktionsplus “nicht absorbieren”. Deshalb habe sie die chinesische Regierung “ermutigt”, diese Überkapazitäten anzugehen. “Wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”, sagte sie. Europa werde nicht zögern, “harte Entscheidungen zu treffen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen”.

Denn vor allem französische Volumenhersteller wie Renault und Stellantis leiden unter der Offensive chinesischer Hersteller, die in Frankreich mit aggressiven Preisen auf den Markt gegangen sind. Bis Mitte Juli wird die EU-Kommission wohl eine Entscheidung über die Erhebung von Antisubventionszöllen auf E-Autos treffen, die aus China importiert werden. Die französische Regierung soll immer wieder darauf gedrängt haben.

Die deutschen Premiumhersteller hingegen lehnen die Antisubventionszölle hingegen ab. Zum einen könnten sie selbst betroffen sein, da Mercedes, VW und BMW in China auch E-Autos herstellen. Zum anderen fürchten sie chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen Verbrennerfahrzeuge, die die deutschen Hersteller in China verkaufen. Bereits heute werden auf E-Autos aus China zehn Prozent Einfuhrzölle von der EU erhoben.

Xi warnt davor, die “Ukraine-Krise” zu missbrauchen

Macron und von der Leyen wollten auf Xi einwirken, sich stärker um ein Kriegsende in der Ukraine zu bemühen. Doch Xis Antwort war ernüchternd. So sagte er während des Treffens mehrmals, dass China “nicht der Grund für diese Krise und auch nicht Teil oder Teilnehmer” sei. Schon am Montag hatte Xi in einem Gastbeitrag für den Figaro darauf verwiesen, dass er bereits darauf gedrängt habe, “dass man keine Atomwaffen verwendet”. Und dass er durchaus verstehe, dass der Krieg in der Ukraine Umwälzungen in Europa auslöse.

Während der chinesische Präsident gerne vorgibt, sein Land sei neutral zwischen Russland und dem Westen, unterstützt China in Wirklichkeit den russischen Freund. “Wir lehnen es ab, dass die Ukraine-Krise genutzt wird, um die Schuld auf andere zu schieben, ein Drittland in den Schmutz zu ziehen und einen neuen Kalten Krieg zu entfachen”, sagte Xi dazu am Montag in Paris.

China ist kein Vermittler

Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York, setzt ohnehin keine großen Hoffnungen auf etwaige chinesische Vermittlungsankündigungen. “China präsentiert sich sehr gerne als verantwortungsvoller globaler Player”, sagt sie. Das reihe sich ein in die chinesische Außenpolitik und sei “auf keinen Fall etwas, von dem man eine große Initiative erwarten sollte”.

“Er hat nicht die Kapazitäten zu vermitteln, weil China nicht neutral ist”, sagt die Merics-Analystin Abigaël Vasselier. Er müsste erst einmal anerkennen, dass es sich überhaupt um einen Krieg handele. “Er spricht immer noch über eine Krise”, sagt Vasselier. China helfe Russland wirtschaftlich, helfe Putin aus der diplomatischen Isolation und “China macht einen Unterschied auf dem Schlachtfeld in der Ukraine”.

Passend dazu will Russlands Präsident Wladimir Putin am 15. und 16. Mai nach China reisen. Es wäre seine erste Auslandsreise nach seiner Amtseinführung, die am heutigen Dienstag stattfindet.

Scholz lehnte gemeinsames Treffen ab

Eigentlich hätte Macron gerne ein Signal der Einigkeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz und von der Leyen gesendet. Doch Scholz nahm lieber Termine im Baltikum wahr, obwohl Macron am Donnerstag bei einem gemeinsamen Abendessen in Paris den Bundeskanzler noch zu überreden versucht hatte, an dem Treffen teilzunehmen. Ohnehin hat Scholz den chinesischen Staatschef bei seiner China-Reise Mitte April schon gesehen.

“Ich denke, Frankreich will zeigen, dass die französische Stimme auch eine europäische ist”, sagt Vasselier. Deshalb sei auch von der Leyen in Paris gewesen. “Dass Scholz ein vorbereitendes Gespräch mit Macron hatte, ist exzellent, weil es die Abstimmung der Botschaften, die man senden will, ermöglicht”. Für problematisch hält sie, dass der Bundeskanzler seine Besuche in China nicht “europäisiert” habe, indem er keine Minister aus anderen EU-Ländern oder Mitglieder der EU-Kommission mitgenommen hatte.

Xis geschickt gewählte Reiseroute

Schon bei Scholz’ Besuch in Peking im November 2022 hätte Macron ihn gerne begleitet. Stattdessen reiste der französische Präsident mit von der Leyen im April 2023 hinterher und brachte Scholz und die USA gegen sich auf, weil er sagte, die Europäer dürften keine “Vasallen” der USA werden. In seiner zweiten Sorbonne-Rede Ende April wiederholte Macron seine Aussage – mit fast identischer Wortwahl.

Die Termine für seine Gespräche hat Xi geschickt gewählt. Beim Treffen mit Macron feierten die Präsidenten den 60. Jahrestag der französisch-chinesischen Beziehungen, bei seinem Besuch in Serbien am Dienstag will Xi 25 Jahre nach der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die Nato die Doppelmoral des Westens aufzeigen. Zuvor wird er noch mit Macron in den Pyrenäen speisen, am Ort, an dem Macrons Großmutter gelebt hat.

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Mobilität: Warum chinesische Autobauer auf Wasserstoff setzen

Es gibt noch einige Hürden zu überwinden: Chinesische Autobauer setzen dennoch auch auf Wasserstofftechnologie.

Chinas Automobilindustrie hat mit gesetzlichen Vorgaben zu kämpfen. Der Stufenplan zur Erreichung der CO₂-Reduktionsziele sieht vor, dass der durchschnittliche Benzinverbrauch von Neuwagen ab dem Jahr 2026 nur noch 4,6 Liter pro hundert Kilometer betragen darf – das ist die fünfte Stufe. Die sechste Stufe gilt ab dem Jahr 2030, dann dürfen es voraussichtlich nur noch 3,7 Liter sein. Ein Wert, der den Herstellern Kopfzerbrechen bereitet, da viele der aktuell sehr beliebten Hybridvarianten diesen Wert nicht einhalten. Neben klassischen Batteriefahrzeugen und Range-Extendern könnten Wasserstoffmotoren ein Teil der Lösung sein.

Entsprechend haben die chinesischen Hersteller Ihre Forschungen verstärkt. Wasserstoff gilt in den USA, Europa und China als entscheidende Technologie, um die Probleme der Mobilitäts- und Energiewende branchenübergreifend lösen zu können. Er eignet sich als Energiespeicher genauso wie als Kraftstoff und kann unter bestimmten Umständen helfen, CO₂-Emissionen zu reduzieren.

Die meisten großen Autobauer forschen an Wasserstoff-Antrieb

Auf dem Wiener Motorensymposium 2024 gaben die Dongfeng Motor Corporation (DMC) gemeinsam mit der Huazhong University of Science and Technology einen Einblick in den Stand der Forschung. So optimistisch sich viele auf dem Fachkongress geben – die Hürden auf dem Weg in eine Wasserstoffzukunft sind enorm. Jeder große chinesische Anbieter hat mittlerweile ein fertig entwickeltes Aggregat, das vergleichsweise schnell in die Massenproduktion gehen könnte. Dazu gehören Dongfeng Motor, FAW-Hongqi, Geely, Guangzhou Automobile, BAIC und Great Wall Motor.

Bei den Entwicklungen fallen drei Dinge auf. Erstens handelt es sich um Motoren mit 1,5 Liter oder 2,0 Liter Hubraum. Das bedeutet, dass die Marken planen, sie eher in Pkw zu verbauen als in Lkw oder Bussen. Aber: Gerade bei größeren Fahrzeugen wären sie laut Experten deutlich sinnvoller. In China gibt es bereits die Strategie, den Norden des Landes durch Wasserstoff mobiler zu machen.

Zweitens haben die Motoren einen Bruttothermowirkungsgrad (BTE) zwischen 42 Prozent (Great Wall) und 46 Prozent (Geely). Das bedeutet, dass nicht ganz die Hälfte der im Wasserstoff gespeicherten chemischen Energie in mechanische Arbeit umgewandelt wird. Das ist für Wasserstoffmotoren vergleichsweise viel. Bisher kalkulierte man mit Richtwerten zwischen 30 und 40 Prozent. Nur zum Vergleich: Bei Ottomotoren liegt der BTE bei etwa 20 bis 25 Prozent. Bei einem Elektroauto gibt es keinen Bruttothermowirkungsgrad, da hier keine Verbrennung stattfindet. Der Wirkungsgrad eines Elektromotors liegt bei etwa 85 bis 95 Prozent.

Chinas Hersteller setzen nicht auf Brennstoffzelle

Punkt drei ist ein technologisches Umdenken. Die neuen Wasserstoffmotoren der chinesischen Hersteller verzichten auf eine Brennstoffzelle. Bei einem Brennstoffzellenfahrzeug besorgt ein Elektromotor den Antrieb. Der Strom kommt aus der Brennstoffzelle und die wiederum speist sich aus einem Wasserstofftank. Die neuen Wasserstoffmotoren hingegen funktionieren wie klassische Benzinmotoren – nur eben mit Wasserstoff.

Herkömmliche Verbrennungsmotoren lassen sich mit wenigen Änderungen so umbauen, dass sie auch Wasserstoff verarbeiten können – ein neues Einspritzsystem, kältetaugliche Zündkerzen, neuer Turbolader, adaptierte Schmierung und eine angepasste Entlüftung. Der große Vorteil für die Industrie ist, dass dafür die Systeme und Produktionsanlagen einfach weiterverwendet werden können. Das macht die Motoren skalierbar und günstig. Das wiederum macht die Technologie interessant, um die von der Regierung vorgegebenen Verbrauchswerte zu erfüllen. 

Unkomplizierte Technik, aber schwierige Infrastruktur

Aus Sicht der chinesischen Hersteller mag der Schritt zum Wasserstoffmotor logisch erscheinen. Andere Branchen und die Kunden haben aber dennoch Zweifel. Denn Herstellung, Lagerung und Transport von Wasserstoff müssten erheblich ausgebaut werden, um für den Individualverkehr nutzbar zu sein. Nach der Benzinversorgung und der Elektroauto-Ladesysteme müsste die Volksrepublik damit ein drittes, flächendeckendes Infrastrukturnetz aufbauen. 

Hinzu kommt, dass grüner Wasserstoff – also aus erneuerbaren Energien – in China keine Rolle spielt. Er ist im Moment etwa viermal so teuer wie grauer Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen, der etwa 96 bis 98 Prozent des Marktes ausmacht. Und auch die Produktion von grauem Wasserstoff ist extrem energieaufwändig: Energie, die das Land an anderer Stelle bräuchte. Erwähnenswert ist jedoch, dass – über den gesamten Lebenszyklus betrachtet (Produktion, 15 Jahre Nutzung, 225.000 Kilometer) – selbst ein Wasserstoffauto, das mit grauem Wasserstoff betrieben wird, immer noch rund 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstößt als ein klassischer Verbrenner. 

Was den Wasserstoff betrifft, hat die Regierung in China große Pläne. Aktuell gibt es in der Volksrepublik rund 310 Wasserstofftankstellen. Bis 2025 sollen es 1.000 sein. Außerdem entsteht eine Wasserstoffpipeline zwischen der Inneren Mongolei und Peking. Zudem experimentiert die Industrie mit der Beimischung von Wasserstoff in Erdgaspipelines.

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News

Technologie: So kann die EU China abhängig machen

Europa ist technisch noch nicht abgehängt – und es sollte seine verbliebenen Stärken gerade jetzt strategisch einsetzen. Das ist die Kernaussage eines neuen Reports des Forschungsverbunds Digital Power China (DPC) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), der am heutigen Dienstag vorgestellt werden soll. Es gehe darum, die technologischen Fähigkeiten Europas als politischen Hebel ins Spiel zu bringen, so die Autorinnen und Autoren.

Eine Abkopplung von China wäre im Vergleich dazu strategisch nicht sinnvoll, weil die EU dann Verhandlungsmasse verlieren würde. Vielmehr könnte es ein wirksames Instrument der Risikoverringerung (De-Risking) sein, den chinesischen Markt zu bedienen, das Technikwissen selbst aber nicht herzugeben. So könnte Europa China die Produkte oder Dienste notfalls vorenthalten. Der Report verwendet hierfür den Begriff “strategische Verstrickung”.

Beispiele für starke EU-Technologien sind Belichtungsmaschinen für die Halbleiterproduktion, Medizintechnik wie Computertomografen, aber auch moderne Materialien wie Spezialmetalle. Nicht jede der Branchen, in denen EU-Firmen gut dastehen, lasse sich gleich als Druckmittel verwenden; in vielen Fällen können ihre Produkte leicht ersetzt werden. In anderen Fällen basieren die technischen Stärken aber auf exzellenter Grundlagenforschung oder dem Vorhandensein zahlreicher spezialisierter Zulieferer, deren Leistungen sich nicht kopieren lassen.

Digital Power China (DPC) ist ein loser Forschungsverbund. Dazu gehört neben der DGAP beispielsweise auch das International Institute for Strategic Studies in London (IISS), das French Institute of International Relations (ifri) in Paris, die China Macro Group (Schweiz) oder das Royal Institute of Technology in Stockholm. fin

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Sanktionen: Wie Chinas Technik iranische Drohnen lenkt

Die neuesten Kamikaze-Drohnen des Iran enthalten offenbar chinesische Leitsysteme. Das berichtet die britische Zeitung “The Express” und beruft sich dabei auf Wissenschaftler aus dem britischen Verteidigungsministerium. Demnach enthielt eine iranische Arash-2-Drohne, die nach dem Angriff Teherans auf Israel aus der Negev-Wüste geborgen wurde, ein chinesisches Leitsystem. Das gleiche System auf chinesischer Produktion werde höchstwahrscheinlich auch im russischen Krieg gegen die Ukraine verwendet.

Chinas mögliche Unterstützung der russischen Kriegsmaschinerie im Ukrainekrieg ist immer wieder Thema heftiger Diskussionen. Vor allem die USA haben zuletzt sehr detaillierte Informationen veröffentlicht, wie und in welchem Umfang China den russischen Angriffskrieg unterstützt. Peking streitet die Vorwürfe stets ab und beharrt darauf, in der “Ukraine-Krise” neutral zu sein.

Normalerweise explodieren Arash-2 beim Aufprall. Der Fund einer kompletten Drohne ist daher ungewöhnlich und deutet darauf hin, dass der Drohne womöglich der Treibstoff ausgegangen war und der Sprengkopf nicht ausgelöst wurde. Wissenschaftler hatten die Drohne mehrere Wochen lang untersucht, um herauszufinden, woher die einzelnen Komponenten stammen – und ob sie Schwachstellen enthalten, um Angriffe stören zu können. Eine der wichtigsten Entdeckungen: Das Leitsystem der Drohne enthielt “chinesische Markierungen”.

“Dieses Ergebnis ist bedeutsam, da es bestätigt, dass China eine weitaus größere Rolle bei der Militarisierung des Iran spielt, als vermutet wurde”, wird ein Wissenschaftler zitiert. “Wir glauben jetzt, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass dieses Leitsystem in von Russland eingeführten Drohnen verwendet wird. Dies zeigt, wie weit China bereit ist, in der Ukraine zu gehen, wo es jede Beteiligung standhaft bestritten hat”, sagte der Wissenschaftler weiter. Drohnen spielen im Ukrainekrieg eine wichtige Rolle. Die meisten sind günstig. Zudem sind auf Seiten der Angreifer keine menschlichen Verluste zu befürchten. rad

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Indopazifik: Warum Pekings Ärger über die deutsche Fregatte so groß ist

Noch hat sich die deutsche Fregatte “Baden-Württemberg” nicht aufgemacht zu ihrem Einsatz im Indopazifik. Doch schon jetzt warnt China die deutsche Regierung vor einer möglichen Fahrt der “Baden-Württemberg” durch die Taiwanstraße.

China habe das Recht auf freie Schifffahrt stets respektiert, lehne es aber entschieden ab, dass ein Land im Namen freiheitlicher Schifffahrt Chinas Souveränität und Sicherheit provoziere und bedrohe, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Montag in Peking. Man hoffe, dass Länder außerhalb der Asien-Pazifik-Region dem Frieden und der Stabilität in der Taiwanstraße keinen Ärger bereiteten.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte sich in Neuseeland für mehr deutsche Präsenz in der Region ausgesprochen und auf zwei Schiffe der Deutschen Marine verwiesen, die sich auf ihrer gerade begonnenen “Pazifik-Mission” für die Freiheit der Seewege einsetzten. Es handelt sich um die Fregatte “Baden-Württemberg” und das Versorgungsschiff “Frankfurt am Main”.

Neben Hafenbesuchen bei strategischen Partnern werden die beiden deutschen Schiffe an mehreren multinationalen Marinemanövern teilnehmen – unter anderem an der von den USA-geführten Übung Rimpac. Ob die Schiffe den Weg durch die von China beanspruchte Straße von Taiwan durchqueren, wollte Baerbock nicht vorab festlegen. Die Route werde nicht vorab bekannt gegeben. Das “Recht der friedlichen Durchfahrt” gelte allerdings auch für die Straße von Taiwan. rad 

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Gelbes Meer: Wie China einen militärischen Zwischenfall provozierte

Ein chinesischer Kampfjet hat über dem Gelben Meer Leuchtraketen über einem australischen Militärhubschrauber abgeworfen. Der Vorfall ereignete sich am vergangenen Samstag. Demnach warf ein J-10-Jet der chinesischen Luftwaffe die Munition sowohl über als auch mehrere hundert Meter vor einem australischen MH60R Seahawk-Hubschrauber ab.

Der Hubschrauber befand sich auf einem Routineflug über dem Gelben Meer zur Absicherung der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea. Er habe Ausweichmanöver eingeleitet, um einen möglichen Treffer durch Leuchtraketen zu vermeiden, hieß es. Australiens Verteidigungsminister Richard Marles sprach in einer Erklärung von einem “sehr schwerwiegenden” Vorfall. Mögliche Auswirkungen eines Treffers wären “erheblich” gewesen.

Australien beteiligt sich seit 2018 an Missionen zur Durchsetzung von Sanktionen gegen Nordkorea in der Region. Das Kriegsschiff HMAS Hobart, von dem aus der Hubschrauber gestartet war, ist weiterhin in der Region im Einsatz. rtr/grz

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Export: Mit diesen Tricks hängt China die Europäer im Globalen Süden ab

Chinas wirtschaftlicher Austausch mit dem Globalen Süden hat deutlich zugenommen. Der Anteil der Volksrepublik am Handel mit 25 Schwellen- und Entwicklungsländern ist seit 2010 von etwa zwölf auf 20 Prozent gestiegen. Das berichtet der Spiegel auf Grundlage der ihm vorliegenden Auswertung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Der Anteil der USA liegt demnach unverändert bei etwa 18 Prozent, der EU-Anteil sank von 17 Prozent auf 14 Prozent.

Die Dominanz der Volksrepublik hat sich in den vergangenen Jahren dem Bericht zufolge weiter verstärkt. Trotz Corona-Pandemie stieg Chinas Handelsvolumen mit dem Globalen Süden zwischen 2019 und 2023 um 47 Prozent auf mehr als 1,9 Billionen Dollar. Ausgeführt hat China den Angaben zufolge vor allem Mikrochips, andere Elektronik sowie Fahrzeuge und Stahl. Importiert wurden Erdöl, Eisenerz und Soja. Daran zeige sich das “Muster chinesischer Wirtschaftspolitik, Wertschöpfungsketten ins Inland zu verlagern” und “mehr Rohstoffe aus dem Ausland” zu beziehen, wird aus der Analyse zitiert.

Dass sich an der Entwicklung etwas ändert, erwartet das Institut nicht: “Anders als in China bleibt es in Deutschland der Privatwirtschaft überlassen, welche Handelspartner sie findet.” Ein geplanter Rohstofffonds in Deutschland sei den Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zum Opfer gefallen. Zudem fehle es der EU am politischen Willen, wichtige Handelsabkommen wie den Mercosur-Vertrag mit der südamerikanischen Staatengruppe abzuschließen. rtr

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Presseschau

Dreiertreffen mit Xi Jinping in Paris: Macron betont Notwendigkeit ausgeglichener Beziehungen zu China SPIEGEL
Von der Leyen warnt Xi: Aktuelle Ungleichgewichte sind inakzeptabel WEB.DE
Xi verspricht freieren Marktzugang in China ORF
Von der Leyen und Macron: Kooperation mit China wichtig STERN
Macron und Xi wollen auf Waffenruhe in Ukraine hinarbeiten HANDELSBLATT
Xi bei Macron: Wunsch nach “olympischem Frieden” ORF
Kaum Annäherung beim Staatsbesuch von Xi in Frankreich STERN
Chinas Xi in den Pyrenäen und in Serbien PULS24
China weitet Handel mit Globalem Süden stark aus – zu Lasten Europas WIWO
E-Autos aus China: Die Marktführer wollen nach Europa DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
Australien wünscht sich von Deutschland einen schärferen China-Kurs SPIEGEL
Australien wirft China Einsatz von Leuchtraketen vor FAZ
Chinesischer Onlinehandel wächst: Anbieter aus Nicht-EU-Ländern brechen Wettbewerbsregeln N-TV
USA bauen eigene Seltene-Erden-Industrie auf, um Unabhängigkeit von China zu erreichen TELEPOLIS
China startet bisher schwierigste Mission zum Mond FR

Standpunkt

Wird kritische China-Kompetenz im politischen Berlin ignoriert?

Von Andreas Fulda

Bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 schrieb der damalige Bundespräsident Joachim Gauck den Deutschen ins Stammbuch: “Das Nachdenken über Existenzfragen gehört in die Mitte der Gesellschaft.” Knapp zehn Jahre später äußerte sich Gauck enttäuscht darüber, dass sein Appell für ein größeres sicherheitspolitisches Engagement Deutschlands weitgehend folgenlos verhallt sei.

In kaum einer Frage wird diese Fehlentwicklung deutlicher als in Deutschlands ungeklärtem Verhältnis zu China. Auch wenn nicht immer klar ist, was mit China-Kompetenz überhaupt gemeint ist, so besteht in Deutschland ein weitgehender Konsens, dass gute Kenntnisse zu Chinas Strategien und der politischen Logik der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) notwendig sind.

Leider werden solche Debatten im politischen Berlin seit Veröffentlichung der China-Strategie im Sommer letzten Jahres kaum noch geführt. Und ohne eine Thematisierung kann sich China-Expertise nicht in den politischen Prozess einbringen. Hier sind Führungspersonen in der Pflicht, in öffentlichen Debatten auch Widerspruch und Kritik am aktuellen politischen Kurs zuzulassen.

Systemische Unterschiede sollten klar benannt werden

Wie die langjährige Diskussion um die Rolle von Huawei und 5G gezeigt hat, lassen sich im 21. Jahrhundert Industriepolitik, Schutz kritischer Infrastruktur und Geopolitik nicht voneinander trennen. Systemische Unterschiede zwischen Demokratien und Autokratien sollten daher klar benannt und Risiken und Konflikte nicht aus taktischen Gründen heruntergespielt werden. Doch das geschieht zu selten.

Die jüngste China-Reise von Olaf Scholz hinterließ den Eindruck, dass der Bundeskanzler die im letzten Jahr verabschiedete China-Strategie bereits zu den Akten gelegt hat. Im Kanzleramt wird Scholz von Jens Plötner beraten. Während eines Vortrags im Juni 2022 bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) plädierte der frühere Diplomat dafür, die systematische Rivalität mit China “nicht überzubetonen”, da dies kooperative Ansätze im internationalen Umgang mit dem Land erschwere. Liegt hier der Hund begraben?

Kanzleramt lehnt Kurswechsel ab

Mit seinem Vortrag machte Plötner deutlich, dass das SPD-geführte Kanzleramt, im Gegensatz zum Auswärtigen Amt unter Annalena Baerbock, einen Kurswechsel in der deutschen Chinapolitik ablehnt. Damit wurde auch der Korridor zur Entwicklung einer kritischen China-Kompetenz innerhalb der Bundesregierung stark eingeschränkt. China-Experten müssen davon ausgehen, keine gern gesehene Gäste im politischen Berlin zu sein, sollten sie die systemische Rivalität zu stark betonen und sich zu kritisch äußern.

Welche negativen Auswirkungen die Unterbindung kritischer Debatten durch politische Entscheidungsträger auf die Entwicklung einer strategischen Kultur und Autokratie-Kompetenz hat, wird auch am Beispiel von Deutschlands gescheiterter Russland-Politik deutlich. Unbequeme Kritik wurde abgetan und Kritiker von zukünftigen Debatten ausgeschlossen. Warnende Stimmen der osteuropäischen und russischen Demokraten wurden ignoriert. Wiederholt sich dieses Muster jetzt in Bezug auf China?

“Um seinen Weg in schwierigen Zeiten zu finden, braucht Deutschland Ressourcen, vor allem geistige Ressourcen – Köpfe, Institutionen, Foren”, sagte Gauck zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz in 2014. Zehn Jahre später wird deutlich, dass wir in unserer Debattenkultur leider kaum Fortschritte gemacht haben.

Auswirkungen für Europas langfristige Sicherheit

2018 veröffentlichte der langjährige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sein Buch “Welt in Gefahr”. Unerklärlicherweise ließ er darin China links liegen, vorgeblich “um genügend Raum für die Abhandlung der grundlegenden Fragen von Krieg und Frieden und globaler Ordnungspolitik” zu haben. Dabei erhielt er im selben Jahr den Transatlantic Partnership Award der US-Handelskammer. Als Preisträger hätte ihm doch klar sein müssen, dass der zunehmende Fokus der USA auf China auch Auswirkungen für Europas langfristige Sicherheit haben würde.

Ischinger war kurz vor der Asienreise des Bundeskanzlers selbst in China. Sein Ziel: die chinesische Führung, Russland zu einer Beteiligung an einer Friedenskonferenz zur Ukraine in der Schweiz im Juni 2024 zu gewinnen. Das widersprach seiner eigenen Bewertung aus dem September 2022, als er für eine realistische Einschätzung der Autokratie von Xi Jinping plädiert hatte. Diese implizierte, dass ein solches Bemühen um China auch in dieser Frage Wunschdenken bleiben würde.

Ignoranz und Realitätsverleugnung im politischen Berlin

Kritik an diesem Widerspruch begegnet Ischinger dünnhäutig. Er stellt die Kompetenz von China-Experten in Frage und blockte kritische Nachfragen in sozialen Medien ab. Es sollte in Zukunft jedoch möglich sein, Kritik an dem strategischen Denken deutscher Entscheidungsträger äußern zu können, ohne ausgegrenzt zu werden.

In welche Situation uns Ignoranz und Realitätsverleugnung im politischen Berlin gebracht hat, lässt sich derzeit täglich aus den Nachrichten ablesen. Widerlegte Narrative (“Wandel durch Handel”) und gescheiterte strategische Ansätze (“gutgläubiger Dialog und Kooperation mit Diktaturen”) müssen in einer öffentlichen Debatte hinterfragt werden.

Andernfalls werden sich immer wieder überkommene Denkmuster, Konzepte und Strategien durchsetzen. Das hat die naive Reisediplomatie von Scholz in China gezeigt. Realistischere Ansätze wie das Mantra “Frieden durch Stärke”, gekoppelt mit einer Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und demokratischen Resilienz, wären dringend notwendig, damit sich Deutschland in Zukunft besser gegenüber der chinesischen Autokratie behaupten kann.

Andreas Fulda ist Politikwissenschaftler und China-Experte. Er lehrt als außerordentlicher Professor an der Universität Nottingham. Sein neuestes Buch “Germany and China: How Entanglement Undermines Freedom, Prosperity and Security” erscheint am 30. Mai bei Bloomsbury.

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  • Geopolitik
  • Olaf Scholz

Personalien

Leif Axelsson ist seit März Innovation Strategy Director bei Zeekr Technology Europe. Axelsson ist seit 2017 für die China Euro Vehicle Technology AB (CEVT) tätig, das europäische Innovationszentrum des chinesische E-Autobauers. Sein Einsatzort bleibt der CEVT-Hauptsitz in Göteborg. 

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Dessert

Hätten Sie es erkannt? Die Projektion am Nachthimmel über Chongqing ist die Choreografie von 500 leuchtenden Drohnen, die zur Unterhaltung der Massen in der Luft tanzen.

Der Einsatz von Drohnen ist in China weit gediehen. Sie liefern Essen, löschen Gebäude oder malen Silhouetten in die Dunkelheit. In Shenzhen waren zum Drachenboot-Festival sogar 2.000 Drohnen im Einsatz, um einen tanzenden Drachen in luftiger Höhe zu erzeugen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    So wahr diese Aussage sein mag, so falsch ist es, sie ständig zu wiederholen. China benötigt keine Vergewisserung seiner Bedeutung durch Macron, Olaf Scholz oder sonst irgendjemanden. China wird dadurch keinen Deut kooperativer. Stattdessen bekommt Xi Jinping einmal mehr den Eindruck, dass er die Europäer am Nasenring durch die Manege führen kann.

    Machen wir die Gegenprobe. China braucht Europa genauso dringend, wie es umgekehrt der Fall ist. Das Land benötigt europäische Investitionen, europäische Forschung, europäische Konsumenten und europäisches Know-how, um seine strukturellen Probleme auf vielen Ebenen in den Griff zu bekommen. Die explizite Formulierung: “China braucht Europa” ist Xi Jinping wann zuletzt öffentlich über die Lippen gekommen? Das dürfte sehr lange her sein. Xi wird wissen, weshalb.

    Wie sich Macron am ersten Tag des Xi-Besuchs geschlagen hat, analysiert Gabriel Bub. Der Autor des heutigen Standpunkts, der Politologe Andreas Fulda, bewertet derweil auch die deutsche China-Politik als naiv. Fulda argumentiert, dass kritische China-Kompetenz in vielen politischen Schlüsselstellen in Berlin nicht nur ausgeblendet würde, sondern unerwünscht sei. Die China-Strategie der Bundesregierung habe Scholz bereits wieder zu den Akten gelegt.

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    Xi Jinping und Emmanuel Macron am Montag in Paris.

    Bei Xi Jinpings Besuch am Montag in Paris hat sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um Harmonie bemüht, um den chinesischen Präsidenten für eine mögliche Vermittlung im Ukrainekrieg zu gewinnen. Zumindest mit einem Mini-Erfolg. Denn neben diversen Wirtschaftsabkommen in der Luftfahrt oder der Batterieproduktion sagte Xi zumindest seine Unterstützung für die von Macron gewünschte Waffenruhe während der Olympischen Spiele vom 26. Juli bis 11. August in Paris zu. Dass Putin dabei mitmacht, ist aber eher unwahrscheinlich.

    Während Macron den chinesischen Präsidenten in Paris umschmeichelte und “das Engagement der chinesischen Autoritäten, den Verkauf von Waffen zu unterlassen und den Export von Dual-Use-Gütern streng zu kontrollieren” lobte, wählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durchaus harte Töne. Beim trilateralen Treffen am Mittag habe sie dem chinesischen Präsidenten klargemacht, dass immer noch zu viele chinesische Dual-Use-Güter auf ukrainischen Kriegsschauplätzen entdeckt würden. Da es sich für die Ukraine und Europa um ein existenzielles Thema handele, “wirkt sich das auf das EU-China-Verhältnis aus”.

    Von der Leyen: “Wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”

    Ein weiteres Thema waren chinesische Überkapazitäten. “Chinesische subventionierte Produkte wie Elektrofahrzeuge oder Stahl fluten den europäischen Markt”, sagte von der Leyen. Die Welt könne Chinas Produktionsplus “nicht absorbieren”. Deshalb habe sie die chinesische Regierung “ermutigt”, diese Überkapazitäten anzugehen. “Wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen”, sagte sie. Europa werde nicht zögern, “harte Entscheidungen zu treffen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen”.

    Denn vor allem französische Volumenhersteller wie Renault und Stellantis leiden unter der Offensive chinesischer Hersteller, die in Frankreich mit aggressiven Preisen auf den Markt gegangen sind. Bis Mitte Juli wird die EU-Kommission wohl eine Entscheidung über die Erhebung von Antisubventionszöllen auf E-Autos treffen, die aus China importiert werden. Die französische Regierung soll immer wieder darauf gedrängt haben.

    Die deutschen Premiumhersteller hingegen lehnen die Antisubventionszölle hingegen ab. Zum einen könnten sie selbst betroffen sein, da Mercedes, VW und BMW in China auch E-Autos herstellen. Zum anderen fürchten sie chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen Verbrennerfahrzeuge, die die deutschen Hersteller in China verkaufen. Bereits heute werden auf E-Autos aus China zehn Prozent Einfuhrzölle von der EU erhoben.

    Xi warnt davor, die “Ukraine-Krise” zu missbrauchen

    Macron und von der Leyen wollten auf Xi einwirken, sich stärker um ein Kriegsende in der Ukraine zu bemühen. Doch Xis Antwort war ernüchternd. So sagte er während des Treffens mehrmals, dass China “nicht der Grund für diese Krise und auch nicht Teil oder Teilnehmer” sei. Schon am Montag hatte Xi in einem Gastbeitrag für den Figaro darauf verwiesen, dass er bereits darauf gedrängt habe, “dass man keine Atomwaffen verwendet”. Und dass er durchaus verstehe, dass der Krieg in der Ukraine Umwälzungen in Europa auslöse.

    Während der chinesische Präsident gerne vorgibt, sein Land sei neutral zwischen Russland und dem Westen, unterstützt China in Wirklichkeit den russischen Freund. “Wir lehnen es ab, dass die Ukraine-Krise genutzt wird, um die Schuld auf andere zu schieben, ein Drittland in den Schmutz zu ziehen und einen neuen Kalten Krieg zu entfachen”, sagte Xi dazu am Montag in Paris.

    China ist kein Vermittler

    Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York, setzt ohnehin keine großen Hoffnungen auf etwaige chinesische Vermittlungsankündigungen. “China präsentiert sich sehr gerne als verantwortungsvoller globaler Player”, sagt sie. Das reihe sich ein in die chinesische Außenpolitik und sei “auf keinen Fall etwas, von dem man eine große Initiative erwarten sollte”.

    “Er hat nicht die Kapazitäten zu vermitteln, weil China nicht neutral ist”, sagt die Merics-Analystin Abigaël Vasselier. Er müsste erst einmal anerkennen, dass es sich überhaupt um einen Krieg handele. “Er spricht immer noch über eine Krise”, sagt Vasselier. China helfe Russland wirtschaftlich, helfe Putin aus der diplomatischen Isolation und “China macht einen Unterschied auf dem Schlachtfeld in der Ukraine”.

    Passend dazu will Russlands Präsident Wladimir Putin am 15. und 16. Mai nach China reisen. Es wäre seine erste Auslandsreise nach seiner Amtseinführung, die am heutigen Dienstag stattfindet.

    Scholz lehnte gemeinsames Treffen ab

    Eigentlich hätte Macron gerne ein Signal der Einigkeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz und von der Leyen gesendet. Doch Scholz nahm lieber Termine im Baltikum wahr, obwohl Macron am Donnerstag bei einem gemeinsamen Abendessen in Paris den Bundeskanzler noch zu überreden versucht hatte, an dem Treffen teilzunehmen. Ohnehin hat Scholz den chinesischen Staatschef bei seiner China-Reise Mitte April schon gesehen.

    “Ich denke, Frankreich will zeigen, dass die französische Stimme auch eine europäische ist”, sagt Vasselier. Deshalb sei auch von der Leyen in Paris gewesen. “Dass Scholz ein vorbereitendes Gespräch mit Macron hatte, ist exzellent, weil es die Abstimmung der Botschaften, die man senden will, ermöglicht”. Für problematisch hält sie, dass der Bundeskanzler seine Besuche in China nicht “europäisiert” habe, indem er keine Minister aus anderen EU-Ländern oder Mitglieder der EU-Kommission mitgenommen hatte.

    Xis geschickt gewählte Reiseroute

    Schon bei Scholz’ Besuch in Peking im November 2022 hätte Macron ihn gerne begleitet. Stattdessen reiste der französische Präsident mit von der Leyen im April 2023 hinterher und brachte Scholz und die USA gegen sich auf, weil er sagte, die Europäer dürften keine “Vasallen” der USA werden. In seiner zweiten Sorbonne-Rede Ende April wiederholte Macron seine Aussage – mit fast identischer Wortwahl.

    Die Termine für seine Gespräche hat Xi geschickt gewählt. Beim Treffen mit Macron feierten die Präsidenten den 60. Jahrestag der französisch-chinesischen Beziehungen, bei seinem Besuch in Serbien am Dienstag will Xi 25 Jahre nach der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die Nato die Doppelmoral des Westens aufzeigen. Zuvor wird er noch mit Macron in den Pyrenäen speisen, am Ort, an dem Macrons Großmutter gelebt hat.

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    Mobilität: Warum chinesische Autobauer auf Wasserstoff setzen

    Es gibt noch einige Hürden zu überwinden: Chinesische Autobauer setzen dennoch auch auf Wasserstofftechnologie.

    Chinas Automobilindustrie hat mit gesetzlichen Vorgaben zu kämpfen. Der Stufenplan zur Erreichung der CO₂-Reduktionsziele sieht vor, dass der durchschnittliche Benzinverbrauch von Neuwagen ab dem Jahr 2026 nur noch 4,6 Liter pro hundert Kilometer betragen darf – das ist die fünfte Stufe. Die sechste Stufe gilt ab dem Jahr 2030, dann dürfen es voraussichtlich nur noch 3,7 Liter sein. Ein Wert, der den Herstellern Kopfzerbrechen bereitet, da viele der aktuell sehr beliebten Hybridvarianten diesen Wert nicht einhalten. Neben klassischen Batteriefahrzeugen und Range-Extendern könnten Wasserstoffmotoren ein Teil der Lösung sein.

    Entsprechend haben die chinesischen Hersteller Ihre Forschungen verstärkt. Wasserstoff gilt in den USA, Europa und China als entscheidende Technologie, um die Probleme der Mobilitäts- und Energiewende branchenübergreifend lösen zu können. Er eignet sich als Energiespeicher genauso wie als Kraftstoff und kann unter bestimmten Umständen helfen, CO₂-Emissionen zu reduzieren.

    Die meisten großen Autobauer forschen an Wasserstoff-Antrieb

    Auf dem Wiener Motorensymposium 2024 gaben die Dongfeng Motor Corporation (DMC) gemeinsam mit der Huazhong University of Science and Technology einen Einblick in den Stand der Forschung. So optimistisch sich viele auf dem Fachkongress geben – die Hürden auf dem Weg in eine Wasserstoffzukunft sind enorm. Jeder große chinesische Anbieter hat mittlerweile ein fertig entwickeltes Aggregat, das vergleichsweise schnell in die Massenproduktion gehen könnte. Dazu gehören Dongfeng Motor, FAW-Hongqi, Geely, Guangzhou Automobile, BAIC und Great Wall Motor.

    Bei den Entwicklungen fallen drei Dinge auf. Erstens handelt es sich um Motoren mit 1,5 Liter oder 2,0 Liter Hubraum. Das bedeutet, dass die Marken planen, sie eher in Pkw zu verbauen als in Lkw oder Bussen. Aber: Gerade bei größeren Fahrzeugen wären sie laut Experten deutlich sinnvoller. In China gibt es bereits die Strategie, den Norden des Landes durch Wasserstoff mobiler zu machen.

    Zweitens haben die Motoren einen Bruttothermowirkungsgrad (BTE) zwischen 42 Prozent (Great Wall) und 46 Prozent (Geely). Das bedeutet, dass nicht ganz die Hälfte der im Wasserstoff gespeicherten chemischen Energie in mechanische Arbeit umgewandelt wird. Das ist für Wasserstoffmotoren vergleichsweise viel. Bisher kalkulierte man mit Richtwerten zwischen 30 und 40 Prozent. Nur zum Vergleich: Bei Ottomotoren liegt der BTE bei etwa 20 bis 25 Prozent. Bei einem Elektroauto gibt es keinen Bruttothermowirkungsgrad, da hier keine Verbrennung stattfindet. Der Wirkungsgrad eines Elektromotors liegt bei etwa 85 bis 95 Prozent.

    Chinas Hersteller setzen nicht auf Brennstoffzelle

    Punkt drei ist ein technologisches Umdenken. Die neuen Wasserstoffmotoren der chinesischen Hersteller verzichten auf eine Brennstoffzelle. Bei einem Brennstoffzellenfahrzeug besorgt ein Elektromotor den Antrieb. Der Strom kommt aus der Brennstoffzelle und die wiederum speist sich aus einem Wasserstofftank. Die neuen Wasserstoffmotoren hingegen funktionieren wie klassische Benzinmotoren – nur eben mit Wasserstoff.

    Herkömmliche Verbrennungsmotoren lassen sich mit wenigen Änderungen so umbauen, dass sie auch Wasserstoff verarbeiten können – ein neues Einspritzsystem, kältetaugliche Zündkerzen, neuer Turbolader, adaptierte Schmierung und eine angepasste Entlüftung. Der große Vorteil für die Industrie ist, dass dafür die Systeme und Produktionsanlagen einfach weiterverwendet werden können. Das macht die Motoren skalierbar und günstig. Das wiederum macht die Technologie interessant, um die von der Regierung vorgegebenen Verbrauchswerte zu erfüllen. 

    Unkomplizierte Technik, aber schwierige Infrastruktur

    Aus Sicht der chinesischen Hersteller mag der Schritt zum Wasserstoffmotor logisch erscheinen. Andere Branchen und die Kunden haben aber dennoch Zweifel. Denn Herstellung, Lagerung und Transport von Wasserstoff müssten erheblich ausgebaut werden, um für den Individualverkehr nutzbar zu sein. Nach der Benzinversorgung und der Elektroauto-Ladesysteme müsste die Volksrepublik damit ein drittes, flächendeckendes Infrastrukturnetz aufbauen. 

    Hinzu kommt, dass grüner Wasserstoff – also aus erneuerbaren Energien – in China keine Rolle spielt. Er ist im Moment etwa viermal so teuer wie grauer Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen, der etwa 96 bis 98 Prozent des Marktes ausmacht. Und auch die Produktion von grauem Wasserstoff ist extrem energieaufwändig: Energie, die das Land an anderer Stelle bräuchte. Erwähnenswert ist jedoch, dass – über den gesamten Lebenszyklus betrachtet (Produktion, 15 Jahre Nutzung, 225.000 Kilometer) – selbst ein Wasserstoffauto, das mit grauem Wasserstoff betrieben wird, immer noch rund 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstößt als ein klassischer Verbrenner. 

    Was den Wasserstoff betrifft, hat die Regierung in China große Pläne. Aktuell gibt es in der Volksrepublik rund 310 Wasserstofftankstellen. Bis 2025 sollen es 1.000 sein. Außerdem entsteht eine Wasserstoffpipeline zwischen der Inneren Mongolei und Peking. Zudem experimentiert die Industrie mit der Beimischung von Wasserstoff in Erdgaspipelines.

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    Technologie: So kann die EU China abhängig machen

    Europa ist technisch noch nicht abgehängt – und es sollte seine verbliebenen Stärken gerade jetzt strategisch einsetzen. Das ist die Kernaussage eines neuen Reports des Forschungsverbunds Digital Power China (DPC) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), der am heutigen Dienstag vorgestellt werden soll. Es gehe darum, die technologischen Fähigkeiten Europas als politischen Hebel ins Spiel zu bringen, so die Autorinnen und Autoren.

    Eine Abkopplung von China wäre im Vergleich dazu strategisch nicht sinnvoll, weil die EU dann Verhandlungsmasse verlieren würde. Vielmehr könnte es ein wirksames Instrument der Risikoverringerung (De-Risking) sein, den chinesischen Markt zu bedienen, das Technikwissen selbst aber nicht herzugeben. So könnte Europa China die Produkte oder Dienste notfalls vorenthalten. Der Report verwendet hierfür den Begriff “strategische Verstrickung”.

    Beispiele für starke EU-Technologien sind Belichtungsmaschinen für die Halbleiterproduktion, Medizintechnik wie Computertomografen, aber auch moderne Materialien wie Spezialmetalle. Nicht jede der Branchen, in denen EU-Firmen gut dastehen, lasse sich gleich als Druckmittel verwenden; in vielen Fällen können ihre Produkte leicht ersetzt werden. In anderen Fällen basieren die technischen Stärken aber auf exzellenter Grundlagenforschung oder dem Vorhandensein zahlreicher spezialisierter Zulieferer, deren Leistungen sich nicht kopieren lassen.

    Digital Power China (DPC) ist ein loser Forschungsverbund. Dazu gehört neben der DGAP beispielsweise auch das International Institute for Strategic Studies in London (IISS), das French Institute of International Relations (ifri) in Paris, die China Macro Group (Schweiz) oder das Royal Institute of Technology in Stockholm. fin

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    Sanktionen: Wie Chinas Technik iranische Drohnen lenkt

    Die neuesten Kamikaze-Drohnen des Iran enthalten offenbar chinesische Leitsysteme. Das berichtet die britische Zeitung “The Express” und beruft sich dabei auf Wissenschaftler aus dem britischen Verteidigungsministerium. Demnach enthielt eine iranische Arash-2-Drohne, die nach dem Angriff Teherans auf Israel aus der Negev-Wüste geborgen wurde, ein chinesisches Leitsystem. Das gleiche System auf chinesischer Produktion werde höchstwahrscheinlich auch im russischen Krieg gegen die Ukraine verwendet.

    Chinas mögliche Unterstützung der russischen Kriegsmaschinerie im Ukrainekrieg ist immer wieder Thema heftiger Diskussionen. Vor allem die USA haben zuletzt sehr detaillierte Informationen veröffentlicht, wie und in welchem Umfang China den russischen Angriffskrieg unterstützt. Peking streitet die Vorwürfe stets ab und beharrt darauf, in der “Ukraine-Krise” neutral zu sein.

    Normalerweise explodieren Arash-2 beim Aufprall. Der Fund einer kompletten Drohne ist daher ungewöhnlich und deutet darauf hin, dass der Drohne womöglich der Treibstoff ausgegangen war und der Sprengkopf nicht ausgelöst wurde. Wissenschaftler hatten die Drohne mehrere Wochen lang untersucht, um herauszufinden, woher die einzelnen Komponenten stammen – und ob sie Schwachstellen enthalten, um Angriffe stören zu können. Eine der wichtigsten Entdeckungen: Das Leitsystem der Drohne enthielt “chinesische Markierungen”.

    “Dieses Ergebnis ist bedeutsam, da es bestätigt, dass China eine weitaus größere Rolle bei der Militarisierung des Iran spielt, als vermutet wurde”, wird ein Wissenschaftler zitiert. “Wir glauben jetzt, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass dieses Leitsystem in von Russland eingeführten Drohnen verwendet wird. Dies zeigt, wie weit China bereit ist, in der Ukraine zu gehen, wo es jede Beteiligung standhaft bestritten hat”, sagte der Wissenschaftler weiter. Drohnen spielen im Ukrainekrieg eine wichtige Rolle. Die meisten sind günstig. Zudem sind auf Seiten der Angreifer keine menschlichen Verluste zu befürchten. rad

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    Indopazifik: Warum Pekings Ärger über die deutsche Fregatte so groß ist

    Noch hat sich die deutsche Fregatte “Baden-Württemberg” nicht aufgemacht zu ihrem Einsatz im Indopazifik. Doch schon jetzt warnt China die deutsche Regierung vor einer möglichen Fahrt der “Baden-Württemberg” durch die Taiwanstraße.

    China habe das Recht auf freie Schifffahrt stets respektiert, lehne es aber entschieden ab, dass ein Land im Namen freiheitlicher Schifffahrt Chinas Souveränität und Sicherheit provoziere und bedrohe, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Montag in Peking. Man hoffe, dass Länder außerhalb der Asien-Pazifik-Region dem Frieden und der Stabilität in der Taiwanstraße keinen Ärger bereiteten.

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte sich in Neuseeland für mehr deutsche Präsenz in der Region ausgesprochen und auf zwei Schiffe der Deutschen Marine verwiesen, die sich auf ihrer gerade begonnenen “Pazifik-Mission” für die Freiheit der Seewege einsetzten. Es handelt sich um die Fregatte “Baden-Württemberg” und das Versorgungsschiff “Frankfurt am Main”.

    Neben Hafenbesuchen bei strategischen Partnern werden die beiden deutschen Schiffe an mehreren multinationalen Marinemanövern teilnehmen – unter anderem an der von den USA-geführten Übung Rimpac. Ob die Schiffe den Weg durch die von China beanspruchte Straße von Taiwan durchqueren, wollte Baerbock nicht vorab festlegen. Die Route werde nicht vorab bekannt gegeben. Das “Recht der friedlichen Durchfahrt” gelte allerdings auch für die Straße von Taiwan. rad 

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    Gelbes Meer: Wie China einen militärischen Zwischenfall provozierte

    Ein chinesischer Kampfjet hat über dem Gelben Meer Leuchtraketen über einem australischen Militärhubschrauber abgeworfen. Der Vorfall ereignete sich am vergangenen Samstag. Demnach warf ein J-10-Jet der chinesischen Luftwaffe die Munition sowohl über als auch mehrere hundert Meter vor einem australischen MH60R Seahawk-Hubschrauber ab.

    Der Hubschrauber befand sich auf einem Routineflug über dem Gelben Meer zur Absicherung der internationalen Sanktionen gegen Nordkorea. Er habe Ausweichmanöver eingeleitet, um einen möglichen Treffer durch Leuchtraketen zu vermeiden, hieß es. Australiens Verteidigungsminister Richard Marles sprach in einer Erklärung von einem “sehr schwerwiegenden” Vorfall. Mögliche Auswirkungen eines Treffers wären “erheblich” gewesen.

    Australien beteiligt sich seit 2018 an Missionen zur Durchsetzung von Sanktionen gegen Nordkorea in der Region. Das Kriegsschiff HMAS Hobart, von dem aus der Hubschrauber gestartet war, ist weiterhin in der Region im Einsatz. rtr/grz

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    Export: Mit diesen Tricks hängt China die Europäer im Globalen Süden ab

    Chinas wirtschaftlicher Austausch mit dem Globalen Süden hat deutlich zugenommen. Der Anteil der Volksrepublik am Handel mit 25 Schwellen- und Entwicklungsländern ist seit 2010 von etwa zwölf auf 20 Prozent gestiegen. Das berichtet der Spiegel auf Grundlage der ihm vorliegenden Auswertung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Der Anteil der USA liegt demnach unverändert bei etwa 18 Prozent, der EU-Anteil sank von 17 Prozent auf 14 Prozent.

    Die Dominanz der Volksrepublik hat sich in den vergangenen Jahren dem Bericht zufolge weiter verstärkt. Trotz Corona-Pandemie stieg Chinas Handelsvolumen mit dem Globalen Süden zwischen 2019 und 2023 um 47 Prozent auf mehr als 1,9 Billionen Dollar. Ausgeführt hat China den Angaben zufolge vor allem Mikrochips, andere Elektronik sowie Fahrzeuge und Stahl. Importiert wurden Erdöl, Eisenerz und Soja. Daran zeige sich das “Muster chinesischer Wirtschaftspolitik, Wertschöpfungsketten ins Inland zu verlagern” und “mehr Rohstoffe aus dem Ausland” zu beziehen, wird aus der Analyse zitiert.

    Dass sich an der Entwicklung etwas ändert, erwartet das Institut nicht: “Anders als in China bleibt es in Deutschland der Privatwirtschaft überlassen, welche Handelspartner sie findet.” Ein geplanter Rohstofffonds in Deutschland sei den Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zum Opfer gefallen. Zudem fehle es der EU am politischen Willen, wichtige Handelsabkommen wie den Mercosur-Vertrag mit der südamerikanischen Staatengruppe abzuschließen. rtr

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    Presseschau

    Dreiertreffen mit Xi Jinping in Paris: Macron betont Notwendigkeit ausgeglichener Beziehungen zu China SPIEGEL
    Von der Leyen warnt Xi: Aktuelle Ungleichgewichte sind inakzeptabel WEB.DE
    Xi verspricht freieren Marktzugang in China ORF
    Von der Leyen und Macron: Kooperation mit China wichtig STERN
    Macron und Xi wollen auf Waffenruhe in Ukraine hinarbeiten HANDELSBLATT
    Xi bei Macron: Wunsch nach “olympischem Frieden” ORF
    Kaum Annäherung beim Staatsbesuch von Xi in Frankreich STERN
    Chinas Xi in den Pyrenäen und in Serbien PULS24
    China weitet Handel mit Globalem Süden stark aus – zu Lasten Europas WIWO
    E-Autos aus China: Die Marktführer wollen nach Europa DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
    Australien wünscht sich von Deutschland einen schärferen China-Kurs SPIEGEL
    Australien wirft China Einsatz von Leuchtraketen vor FAZ
    Chinesischer Onlinehandel wächst: Anbieter aus Nicht-EU-Ländern brechen Wettbewerbsregeln N-TV
    USA bauen eigene Seltene-Erden-Industrie auf, um Unabhängigkeit von China zu erreichen TELEPOLIS
    China startet bisher schwierigste Mission zum Mond FR

    Standpunkt

    Wird kritische China-Kompetenz im politischen Berlin ignoriert?

    Von Andreas Fulda

    Bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 schrieb der damalige Bundespräsident Joachim Gauck den Deutschen ins Stammbuch: “Das Nachdenken über Existenzfragen gehört in die Mitte der Gesellschaft.” Knapp zehn Jahre später äußerte sich Gauck enttäuscht darüber, dass sein Appell für ein größeres sicherheitspolitisches Engagement Deutschlands weitgehend folgenlos verhallt sei.

    In kaum einer Frage wird diese Fehlentwicklung deutlicher als in Deutschlands ungeklärtem Verhältnis zu China. Auch wenn nicht immer klar ist, was mit China-Kompetenz überhaupt gemeint ist, so besteht in Deutschland ein weitgehender Konsens, dass gute Kenntnisse zu Chinas Strategien und der politischen Logik der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) notwendig sind.

    Leider werden solche Debatten im politischen Berlin seit Veröffentlichung der China-Strategie im Sommer letzten Jahres kaum noch geführt. Und ohne eine Thematisierung kann sich China-Expertise nicht in den politischen Prozess einbringen. Hier sind Führungspersonen in der Pflicht, in öffentlichen Debatten auch Widerspruch und Kritik am aktuellen politischen Kurs zuzulassen.

    Systemische Unterschiede sollten klar benannt werden

    Wie die langjährige Diskussion um die Rolle von Huawei und 5G gezeigt hat, lassen sich im 21. Jahrhundert Industriepolitik, Schutz kritischer Infrastruktur und Geopolitik nicht voneinander trennen. Systemische Unterschiede zwischen Demokratien und Autokratien sollten daher klar benannt und Risiken und Konflikte nicht aus taktischen Gründen heruntergespielt werden. Doch das geschieht zu selten.

    Die jüngste China-Reise von Olaf Scholz hinterließ den Eindruck, dass der Bundeskanzler die im letzten Jahr verabschiedete China-Strategie bereits zu den Akten gelegt hat. Im Kanzleramt wird Scholz von Jens Plötner beraten. Während eines Vortrags im Juni 2022 bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) plädierte der frühere Diplomat dafür, die systematische Rivalität mit China “nicht überzubetonen”, da dies kooperative Ansätze im internationalen Umgang mit dem Land erschwere. Liegt hier der Hund begraben?

    Kanzleramt lehnt Kurswechsel ab

    Mit seinem Vortrag machte Plötner deutlich, dass das SPD-geführte Kanzleramt, im Gegensatz zum Auswärtigen Amt unter Annalena Baerbock, einen Kurswechsel in der deutschen Chinapolitik ablehnt. Damit wurde auch der Korridor zur Entwicklung einer kritischen China-Kompetenz innerhalb der Bundesregierung stark eingeschränkt. China-Experten müssen davon ausgehen, keine gern gesehene Gäste im politischen Berlin zu sein, sollten sie die systemische Rivalität zu stark betonen und sich zu kritisch äußern.

    Welche negativen Auswirkungen die Unterbindung kritischer Debatten durch politische Entscheidungsträger auf die Entwicklung einer strategischen Kultur und Autokratie-Kompetenz hat, wird auch am Beispiel von Deutschlands gescheiterter Russland-Politik deutlich. Unbequeme Kritik wurde abgetan und Kritiker von zukünftigen Debatten ausgeschlossen. Warnende Stimmen der osteuropäischen und russischen Demokraten wurden ignoriert. Wiederholt sich dieses Muster jetzt in Bezug auf China?

    “Um seinen Weg in schwierigen Zeiten zu finden, braucht Deutschland Ressourcen, vor allem geistige Ressourcen – Köpfe, Institutionen, Foren”, sagte Gauck zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz in 2014. Zehn Jahre später wird deutlich, dass wir in unserer Debattenkultur leider kaum Fortschritte gemacht haben.

    Auswirkungen für Europas langfristige Sicherheit

    2018 veröffentlichte der langjährige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sein Buch “Welt in Gefahr”. Unerklärlicherweise ließ er darin China links liegen, vorgeblich “um genügend Raum für die Abhandlung der grundlegenden Fragen von Krieg und Frieden und globaler Ordnungspolitik” zu haben. Dabei erhielt er im selben Jahr den Transatlantic Partnership Award der US-Handelskammer. Als Preisträger hätte ihm doch klar sein müssen, dass der zunehmende Fokus der USA auf China auch Auswirkungen für Europas langfristige Sicherheit haben würde.

    Ischinger war kurz vor der Asienreise des Bundeskanzlers selbst in China. Sein Ziel: die chinesische Führung, Russland zu einer Beteiligung an einer Friedenskonferenz zur Ukraine in der Schweiz im Juni 2024 zu gewinnen. Das widersprach seiner eigenen Bewertung aus dem September 2022, als er für eine realistische Einschätzung der Autokratie von Xi Jinping plädiert hatte. Diese implizierte, dass ein solches Bemühen um China auch in dieser Frage Wunschdenken bleiben würde.

    Ignoranz und Realitätsverleugnung im politischen Berlin

    Kritik an diesem Widerspruch begegnet Ischinger dünnhäutig. Er stellt die Kompetenz von China-Experten in Frage und blockte kritische Nachfragen in sozialen Medien ab. Es sollte in Zukunft jedoch möglich sein, Kritik an dem strategischen Denken deutscher Entscheidungsträger äußern zu können, ohne ausgegrenzt zu werden.

    In welche Situation uns Ignoranz und Realitätsverleugnung im politischen Berlin gebracht hat, lässt sich derzeit täglich aus den Nachrichten ablesen. Widerlegte Narrative (“Wandel durch Handel”) und gescheiterte strategische Ansätze (“gutgläubiger Dialog und Kooperation mit Diktaturen”) müssen in einer öffentlichen Debatte hinterfragt werden.

    Andernfalls werden sich immer wieder überkommene Denkmuster, Konzepte und Strategien durchsetzen. Das hat die naive Reisediplomatie von Scholz in China gezeigt. Realistischere Ansätze wie das Mantra “Frieden durch Stärke”, gekoppelt mit einer Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und demokratischen Resilienz, wären dringend notwendig, damit sich Deutschland in Zukunft besser gegenüber der chinesischen Autokratie behaupten kann.

    Andreas Fulda ist Politikwissenschaftler und China-Experte. Er lehrt als außerordentlicher Professor an der Universität Nottingham. Sein neuestes Buch “Germany and China: How Entanglement Undermines Freedom, Prosperity and Security” erscheint am 30. Mai bei Bloomsbury.

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    Personalien

    Leif Axelsson ist seit März Innovation Strategy Director bei Zeekr Technology Europe. Axelsson ist seit 2017 für die China Euro Vehicle Technology AB (CEVT) tätig, das europäische Innovationszentrum des chinesische E-Autobauers. Sein Einsatzort bleibt der CEVT-Hauptsitz in Göteborg. 

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Hätten Sie es erkannt? Die Projektion am Nachthimmel über Chongqing ist die Choreografie von 500 leuchtenden Drohnen, die zur Unterhaltung der Massen in der Luft tanzen.

    Der Einsatz von Drohnen ist in China weit gediehen. Sie liefern Essen, löschen Gebäude oder malen Silhouetten in die Dunkelheit. In Shenzhen waren zum Drachenboot-Festival sogar 2.000 Drohnen im Einsatz, um einen tanzenden Drachen in luftiger Höhe zu erzeugen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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