Table.Briefing: China

Wahlkampfthema China + Ungeduldige Autobauer

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Neuwahlen in Deutschland werden auch in Peking genau beobachtet. Inmitten zahlreicher globaler Herausforderungen und einer unberechenbaren US-Partnerschaft unter Trump wird die strategische Ausrichtung Deutschlands gegenüber China zu einem entscheidenden Faktor, den keine Partei ignorieren kann. Manuel Liu hat für uns bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt, welchen Weg sie in der China-Politik in Zukunft einschlagen wollen: Same Same im Sinne der China-Strategie oder doch auf neuem Kurs, der aktuellen Entwicklungen Rechnung trägt?

Eins zeigte sich dabei deutlich: Gegen den Strom schwimmen vor allem die AfD und die Linke. Beide Parteien betonen die wirtschaftlichen Vorteile einer vertieften Partnerschaft mit China. Die AfD fordert sogar die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und die totale Zurückhaltung im Indopazifik. Auch die Linke spricht sich für engere Beziehungen aus, um globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder den Ukraine-Krieg zu bewältigen. Was die anderen davon halten und welche Positionen sie dagegenstellen, erfahren Sie in unserem Gesamtüberblick.

Nicht auf eine eigene Batterieproduktion zu setzen, sei eine klare Fehleinschätzung der hiesigen Autobauer gewesen, erklärt Maximilian Fichtner, Batterie-Experte vom Helmholtz-Instituts Ulm im Interview mit unserem ESG-Kollegen Carsten Hübner. Während sich die deutschen Konzerne nach zögerlichen Versuchen auf den Standpunkt zurückgezogen haben, dass man Batterien ja auch hinzukaufen könnte, hätten die Chinesen “fünf Jahre Schlamm geschaufelt”, um zu passablen Ergebnissen zu kommen. Mittlerweile sind einige von ihnen Weltmarktführer. Die einstigen Platzhirsche von Mercedes und Co. sind zu Bittstellern geworden.

Das Grundproblem, das ihren Fehleinschätzungen zugrunde lag, herrscht bis heute vor, folgert Fichtner: Man will kein Risiko eingehen und vor allem kurzfristig Gewinne machen. Aber es braucht Zeit, um das nötige Know-how aufzubauen. Die EU-Zölle könnten einen letzten kleinen Puffer bieten, um doch noch aufzuholen. “Die Frage ist nur, wie diese Zeit nun genutzt wird.”

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Bundestagswahl: So wollen die Parteien die China-Strategie ändern

Plenarsaal im Bundestag.

Wer auch immer die bevorstehende Bundestagswahl gewinnt, wird von Tag eins an vor vielen Herausforderungen stehen: Die deutsche Wirtschaft schwächelt, der Krieg in der Ukraine geht in sein drittes Jahr und Donald Trumps erneute US-Präsidentschaft wirft viele geopolitische Fragen auf. Die Entwicklungen all dieser Problemherde hängen über kurz oder lang auch von China ab. Daher ist es in diesem Bundestagswahlkampf wichtiger denn je, wie sich die Parteien chinapolitisch aufstellen.

Wie wollen sie die deutsch-chinesischen Beziehungen prägen? Welche Aspekte der bestehenden China-Strategie der Ampelregierung wollen sie beibehalten, welche anpassen und welche umwerfen Table.Briefings hat bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt. Das Fazit: SPD und Grüne wollen auf die bisherige China-Strategie aufbauen, FDP und Union sehen die aktuellen Beziehungen kritischer, während AfD und die Linke die Partnerschaft mit China ausbauen wollen.

SPD will De-Risking der kritischen Infrastruktur vorantreiben

Die 2023 beschlossene China-Strategie sei für die SPD eine sehr gute Grundlage für unsere China-Politik – unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl”, sagt Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Dabei setzt die Partei weiterhin auf De-Risking. Schmid sagt: “Wenn wir dieses De-Risking kontinuierlich fortsetzen, können wir die Risiken besser beherrschen und gleichzeitig Wirtschaftskontakte zu China pflegen, aber auf einer sichereren Grundlage.”

Das Ziel der Risikominimierung war ein wichtiger Bestandteil der nationalen China-Strategie und der europäischen China-Politik. Allerdings versuchte Regierungschef Olaf Scholz, deutschen Unternehmen parallel dazu Marktzugang und Aufträge in China zu verschaffen, was an die deutsche China-Politik der vergangenen drei Jahrzehnte erinnerte.

Schmid sieht den Handlungsbedarf im De-Risking weniger bei den Unternehmen, sondern lenkt den Fokus auf die kritische Infrastruktur. Die SPD möchte innerhalb der EU gemeinsame Regeln schaffen für Bereiche wie das Bahnnetz, 5G/6G-Netzwerke, Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und militärisch nutzbare Güter. Bei Letzterem bringt Schmid ein Outbound Investment Screening auf EU-Ebene ins Spiel. Die SPD will mit der EU zudem Lieferketten sichern – in etwa von medizinischen Wirkstoffen – und Quellen von Rohstoffen, wie Seltene Erden, diversifizieren.

SPD: “Hemmnisse” der Innovation in der EU beseitigen

Zudem möchten die Sozialdemokraten in der EU eine “strategisch ausgerichtete und aufeinander abgestimmte Industrie- und Innovationspolitik”, sagt Schmid, um sich in bestimmten Kernbereichen einen Innovations- und Technologievorsprung zu verschaffen, wie es die USA und China vormachten. Dafür will man teure Patentierungen, Marktzerstückelung, langsame Festlegung von Normen und Mangel an Fachkenntnissen beseitigen, die als Hemmnisse für die Innovation gesehen werden.

Außerdem will die SPD die gesamte Entwicklungskette der Innovation besser begleiten. Ziel dabei sei es, den Transfer zwischen der staatlich geförderten Forschung und marktfähiger Produktion und letztendlich Wertschöpfung in Deutschland und Europa “in Schwung zu bringen”, sagt Schmid. Vieles hänge dabei jedoch von der EU ab, räumt er ein. Daher fordert er den Ausbau globaler Partnerschaften der EU, wie zum Beispiel das Mercosur-Abkommen mit vier südamerikanischen Staaten.

Die SPD möchte auch die Beziehungen mit Ländern des Indopazifiks ausbauen. Die Bundesfraktion verabschiedete am Dienstag einstimmig ein entsprechendes Positionspapier, in dem die Region als “entscheidendes Gravitationszentrum der Weltordnung von heute und morgen” bezeichnet wird. Daher will die SPD nicht nur China-, sondern auch Indopazifik-Kompetenz ausbauen.

Grüne wollen China-Strategie beibehalten

Auch die Grünen wollen an ihrer aktuellen China-Politik festhalten. “Mit der China-Strategie haben wir die Grundlage für eine neue, realistischere China-Politik gelegt”, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. “Nach naiver Schönrederei der großen Koalition stellt die China-Strategie dieser Bundesregierung unsere Sicherheit, Schutz unserer Infrastruktur und den Einsatz für regelbasierte internationale Ordnung und Menschenrechte in den Mittelpunkt.”

Brugger betont dabei die Kooperationen im Indopazifik, wie die Durchfahrt der Taiwanstraße von der Fregatte “Baden-Württemberg” und dem Einsatzgruppenversorger “Frankfurt am Main”. Diese “konsequenten Taten” würden die “klugen Worte” der China-Strategie mit Leben füllen, sagt Brugger weiter. Wichtiger als eine Überarbeitung der Strategie sei es, “Verwundbarkeiten zu verkleinern und eine klare Haltung zu vertreten“, so Brugger. Die eigenen Werte und Interessen möchten die Grünen auch mit Europa in einer gemeinsamen China-Politik vertreten.

FDP betont Chinas Rolle als Europas Rivale

Die FDP möchte die China-Strategie anpassen, sodass Chinas Rolle als Europas Rivale deutlicher hervorgehoben wird, sagt Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Ein Grund dafür sei Trumps Wiederwahl und die daraus folgenden geopolitischen Veränderungen. Hier will die FDP verhindern, dass Deutschland und Europa in eine “Zollspirale” mit den USA oder China geraten.

Zu diesem Zweck will man Abhängigkeiten reduzieren. Dafür halten die Wirtschaftsliberalen am De-Risking, insbesondere bei der kritischen Infrastruktur, an der Diversifizierung der Lieferketten und am Aufbau der Fertigkeiten in Europa fest. Neben dem Wettbewerb und der Systemrivalität will die FDP “unsere eigene Haltung gegenüber China noch intensiver reflektieren und die China-Strategie konsequent mit Leben füllen”, sagt Lechte.

Union hält an ihrer China-Strategie fest

Die Unionsfraktion aus CDU und CSU verwies auf Anfrage auf ihre bereits 2023 veröffentlichte China-Strategie, ihren Antrag auf eine China-Kommission im Bundestag und auf das noch nicht veröffentlichte Wahlprogramm. Die vorgeschlagene China-Kommission soll die “sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen” zu China überprüfen.

In dem Positionspapier von 2023 stellt die Union China mit dem bekannten Dreiklang der EU dar: als Partner, systemischer Wettbewerber und wirtschaftlicher Konkurrent. Um einer sinozentrischen Weltordnung entgegenzutreten, wollen CDU und CSU zum Beispiel eine strategisch ausgerichtete transatlantische China-Politik zwischen den USA und der EU entwickeln, in den angespannten Handelsbeziehungen auf Reziprozität setzen und einen im Bundeskanzleramt angesiedelten Nationalen Sicherheitsrat einsetzen, der “die Kohärenz in der China-Politik gewährleistet”.

AfD möchte Lieferkettengesetz abschaffen

Alle großen Parteien schließen zurzeit eine Koalition mit der AfD aus, weshalb diese ihre china-politischen Ziele wohl weiterhin aus der Opposition heraus betreiben wird. Die AfD sieht in der China-Strategie der Ampel keine klare Positionierung der deutsch-chinesischen Beziehungen, mangelnde Handlungsempfehlungen und unzureichende Einbindung der Wirtschaft.

Die AfD selbst möchte die Partnerschaft mit China als wichtigen Handelspartner stärken, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Keuter. Dazu gehört eine Abschaffung des Lieferkettengesetzes. Stattdessen will man “großen Wert” auf Marktzugang, Reziprozität, Schutz geistigen Eigentums und Chancengleichheit legen. Zudem möchte die AfD die deutsche Militärpräsenz im Indopazifik zurückfahren.

Linke wollen gute Beziehungen mit China

Die Linke kämpft um den Einzug in den Bundestag. Gregor Gysi möchte sich für “gute Beziehungen” mit China einsetzen. Dies seit nötig, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden, den Hunger auf der Welt zu besiegen, die Klimaziele zu erreichen, die deutsche Wirtschaft zu fördern und die Taiwanfrage friedlich zu lösen, so der Bundestagsabgeordnete.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht ließ die Anfrage von Table.Briefings hinsichtlich ihrer china-politischen Ausrichtung unbeantwortet.

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Interview

Batterieproduktion: Der europäischen Autoindustrie fehlt es an Geduld

Maximilian Fichtner ist Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und seit Oktober 2021 geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung.

Herr Fichtner, die Krise bei Northvolt verstärkt den Eindruck, dass es Europa schwerfällt, bei der Batterieproduktion zu China aufzuschließen. Braucht die europäische Autoindustrie überhaupt eine eigene Batterieproduktion? 
Eine eigene Batterieproduktion ist wichtig, weil die Batterie der Teil des Elektroautos mit der größten Wertschöpfung ist. Man spricht von rund einem Drittel des Fahrzeugpreises. Inzwischen sind die Batterien zwar billiger geworden und liegen irgendwo zwischen 6.000 und 8.000 Euro. Aber da ist immer noch eine Marge drin. Wenn die wegfällt, muss man schauen, wie man den Rest des Fahrzeugs noch wirtschaftlich herstellen kann. 

Kaum vorstellbar, dass die deutschen Autobauer das nicht bemerkt haben. 
Tatsächlich hat man das in der Vergangenheit ignoriert. Stattdessen hat man in den 2010er Jahren gesagt: Batterien sind Zukaufteile, ein Automobilhersteller müsse sich nicht damit herumschlagen. Aus heutiger Sicht war das eine klare Fehleinschätzung. 

Ist es denn so schwierig, Batterien für Elektroautos zu bauen? 
Wenn ein Batteriehersteller eine neue Produktionslinie aufbaut, zeigt sich, dass viele Zellen gut sind. Andere aber sind fehlerhaft oder haben nicht die gewünschte Performance. Die werden dann aussortiert. Das ist die Scrap-Rate, die Ausschussrate.  

Der Ausschuss ist das, was das Ganze killen kann. Am Ende muss die Scrap-Rate auf einen niedrigen einstelligen Prozentsatz sinken. Da mussten alle Batteriehersteller durch, auch die Chinesen. Die haben fünf Jahre Schlamm geschaufelt, aber sie haben es durchgezogen. Am Ende waren sie Weltmarktführer. 

Wäre das nicht auch für deutsche Unternehmen möglich gewesen? 
Wir hatten in den 2010er-Jahren eine komplette Batteriezellenfertigung der Firma Li-Tec Battery in Kamenz. Das Unternehmen wurde dann teilweise von der Daimler AG (heute: Mercedes-Benz Group) übernommen. Auch da gab es Anlaufschwierigkeiten. Weil sie nur einstellige schwarze Zahlen geschrieben haben, hat Daimler schließlich gesagt: Das rentiert sich nicht, wir machen das dicht. Ich glaube, mit etwas mehr Zeit hätte man hier etwas Großes leisten können. 

Das Problem ist: Man will kein Risiko eingehen und kurzfristig Gewinne machen. Aber es braucht Zeit, um das nötige Know-how aufzubauen und diese fitzelkleinen Einstellungen so hinzudrehen, dass am Ende etwas nahezu Perfektes herauskommt. Das geht nicht von heute auf morgen. Wenn wir nicht langfristiger denken, dann werden wir in Zukunft bei allem, was irgendwie ähnlich geartet ist, von anderen versorgt werden. 

Gibt es denn eine realistische Chance, den Rückstand Europas bei der Batterieproduktion aufzuholen? 
In China tobt derzeit ein mörderischer Preiskampf. Von außen sieht die chinesische Wirtschaft immer relativ homogen aus. Aber intern gibt es knallharte Konkurrenz. Das hat zu einem Unterbietungswettlauf und zu Überproduktion geführt.  

Der Preis für Batteriezellen liegt inzwischen teilweise deutlich unter 100 US-Dollar pro Kilowattstunde. Das galt immer als die Grenze, ab der ein Elektroauto billiger sein kann als ein gleich großer Verbrenner. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. In China sind mittlerweile zwei Drittel der Elektroautos billiger als vergleichbare Verbrennerfahrzeuge.  

Allerdings macht das den Einstieg für die Europäer schwieriger. Zumal wir hier einige andere Rahmenbedingungen haben, zum Beispiel höhere Energiepreise. Auch die Lohnkosten sind höher, wobei Letztere aber keine so große Rolle spielen. Zum einen, weil die Produktion weitgehend automatisiert ist. Und zum anderen, weil die Fachkräfte in China inzwischen auch recht gut verdienen. 

Bringen die Zölle der EU auf E-Autos aus China in diesem Kontext etwas? 
Die Zölle können helfen, etwas Zeit zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie man diese Zeit nutzt. Haben Autoindustrie und Investoren den langen Atem, die schwierige Umstellungsphase durchzustehen? Dann könnten sie aus meiner Sicht auch wettbewerbsfähig werden. Bleibt man zu großen Teilen im Verbrennerbereich verhaftet, wird man in dieser stetig kleiner werdenden Nische mitschrumpfen und irgendwann verschwinden. 

Übrigens hat man in Brüssel schon vor fünf Jahren darüber nachgedacht, wie man den Chinesen Paroli bieten kann. Ich war an diesen Überlegungen beteiligt. Das Ergebnis war, auf grüne Batteriezellen zu setzen. Also Batteriezellen, die bestimmte Mindeststandards erfüllen, was den CO₂-Fußabdruck, die Zusammensetzung und Ähnliches angeht. 

Geht Northvolt nicht in diese Richtung? 
Genau. Der CO₂-Fußabdruck ihrer Batteriezelle lag 2020 zwischen 120 und 150 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde. Soweit ich weiß, liegt Northvolt heute bei 30 oder 40 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde und soll nächstes Jahr auf zehn kommen. Das heißt, man muss dann nicht mehr 20.000 oder 30.000 Kilometer fahren, sondern vielleicht nur noch 2.000 oder 3.000 Kilometer, bis das E-Auto bei den Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus besser ist als der Verbrenner. Das ist eine hervorragende Arbeit. 

Aber jetzt sind sie ins Straucheln geraten. Unter anderem, weil die Scrap-Rate scheinbar noch vergleichsweise hoch ist, also ein typischer Hochlaufeffekt. Sie müssen ihre Zellen zu teuer verkaufen und können auch noch nicht sicher liefern. Es hat einfach länger gedauert. Ich glaube nicht, dass man Northvolt hier wirklich einen Vorwurf machen kann. Die Materie ist eben komplex. 

Aber am Ende hat dann BMW seinen Zwei-Milliarden-Euro-Auftrag zurückgezogen. Nun bezieht BMW seine Batteriezellen von chinesischen und koreanischen Herstellern, die teilweise in Ungarn produzieren. 

Maximilian Fichtner ist Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und seit Oktober 2021 geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung. Außerdem ist er Sprecher des Batterie-Exzellenzclusters POLiS (Post Lithium Energy Storage). Mit 20 Patentanmeldungen und 450 Veröffentlichungen gilt er als einer der führenden Batterieforscher Deutschlands. 

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Sinolytics Radar

Warum KI-Agenten in China immer wichtiger werden

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  • Die USA sind dank großer Technologieunternehmen wie Google, Microsoft und OpenAI sowie eines robusten Startup-Ökosystems führend in der Forschung und Entwicklung fortschrittlicher KI-Agenten. Das sind Softwares, die mithilfe generativer KI selbstständig Aufgaben erledigen, welche ihnen aufgetragen wurden. Auch der große Konkurrent China setzt im globalen KI-Wettlauf auf KI-Agenten als vielversprechendsten Anwendungsansatz. Die Unternehmen profitieren dabei von staatlicher Unterstützung und einem riesigen Binnenmarkt für KI-Anwendungen.
  • Chinas Tech-Mogule äußern sich sehr optimistisch über ihre Fähigkeit, den KI-Markt und seinen wirtschaftlichen Wert zu transformieren. Baidu-CEO Robin Li bezeichnet die Entwicklung von KI-Agenten als den wichtigsten strategischen Schwerpunkt des Unternehmens. Baidus KI-Agent-Plattform ERNIE umfasst bereits mehr als 150.000 Unternehmen und 800.000 Entwickler, die damit ihre eigenen Agenten für spezifische Anwendungsszenarien entwickeln.
  • Große Unternehmen wie Baidu, Alibaba, Tencent und ByteDance haben umfangreiche Entwicklungsplattformen für KI-Agenten ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, ein KI-Agenten-Ökosystem aufzubauen, das auf den eigenen fundamentalen, breit angelegten Modellen und eigener Rechenleistung basiert. Bei kleineren KI-Startups liegt der Schwerpunkt auf KI-Agenten-Anwendungen in vertikalen Szenarien.
  • So veröffentlichte das KI-Unicorn Zhipu AI vor kurzem AutoGLM, eine KI-Agenten-App, mit dem Nutzer dank Sprachbefehlen über ihr Smartphone Essen bestellen können. Die App beweist ein hohes Maß an Eigenständigkeit, da sie jeden Schritt plant und die erforderlichen Aktionen ohne Zutun des Nutzers ausführt.
  • Die chinesische Regierung unterstützt die Entwicklung von KI-Agenten aktiv durch nationale und lokale politische Maßnahmen. Nationale Forschungspläne konzentrieren sich auf die Anwendung von KI-Agenten in Branchen wie der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Die Roadmap zur KI-Normung legt den Schwerpunkt auf die Einführung von Standards für KI-Agenten. Lokale Regierungen flankieren diese Bemühungen mit Subventionen, um die Entwicklung und Einführung zu beschleunigen.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

News

Südkorea: Präsident Yoon ruft Kriegsrecht aus und hebt es kurz danach auf

Erstmals seit 40 Jahren hat ein südkoreanischer Präsident das Kriegsrecht ausgerufen. Staatschef Yoon Suk Yeol warf der Opposition am späten Dienstagabend (Ortszeit) vor, Handlanger Nordkoreas zu sein. Seine Ankündigung stieß umgehend auf vehementen Widerstand. Der Parlamentsvorsitzende erklärte den Schritt für ungültig, das Parlament selbst stimmte für eine Aufhebung des Kriegsrechts, Oppositionsführer und der Chef von Yoons eigener Partei erklärten das Kriegsrecht für verfassungswidrig. Nur wenige Stunden später hob Präsident Yoon laut der Nachrichtenagentur Yonhap das Kriegsrecht wieder auf, nachdem das Parlament dagegen gestimmt hatte.

Die USA beobachten die Situation, teilte ein Sprecher des Weißen Hauses mit. Auch China dürfte die Lage genauestens verfolgt und daraus geopolitische Chancen für sich erwogen haben. Laut Xinhua veröffentlichte die chinesische Botschaft in Südkorea in den frühen Morgenstunden (Ortszeit) eine Mitteilung, in der sie chinesische Bürger vor Ort auf die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen hinwies. mcl

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Forschung: Ministerien verzichteten trotz Einladung auf Präsenz beim CAS-Besuch

Die Förderung der deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperation genießt bei der Bundesregierung geringe Priorität. Bei einem zweitägigen Treffen Ende Oktober der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina mit Forschern der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) waren trotz Einladungen keine Vertreter der Bundesregierung erschienen.

“Selbstverständlich hatten wir dazu auch Stakeholder aus den relevanten Ministerien eingeladen“, teilte die Leopoldina Table.Briefings mit. Allerdings sei eine aktive Beteiligung an der Veranstaltung “aufgrund der explizit wissenschaftlichen Ausrichtung nie vorgesehen” gewesen. Die zweitägige Veranstaltung in Berlin-Adlershof war auf den wissenschaftlichen Dialog zwischen Deutschland und China zum Thema “Carbon Neutrality” ausgerichtet und öffentlich zugänglich.

Negative Grundhaltung gegenüber wissenschaftlicher Kooperation

Teilnehmer der Veranstaltung zeigten sich überrascht von der Abwesenheit der Ministerien und werteten dies als negative Grundhaltung gegenüber einer engen wissenschaftlichen Kooperation zwischen deutschen und chinesischen Einrichtungen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) “konnte an der Konferenz von Leopoldina und CAS aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen und hat daher seinen DLR Projektträger entsandt“, teilte eine Sprecherin mit. Der DLR Projektträger gehört zu den größten Projektträgern Deutschlands und übernimmt im Auftrag von Ministerien die Steuerung von Förderprojekten und deren fachliche Begleitung.

Wirtschaftsministerium reagiert nicht auf Anfragen zum Treffen

Eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit sei mit Blick auf die globalen Herausforderungen gerade im Bereich Klimaneutralität wichtig, heißt es weiter. “Zu berücksichtigen ist dabei, dass China Partner und Wettbewerber zugleich ist.” Das BMBF stehe im Rahmen der internationalen Beziehungen in erster Linie auf Ebene der Ministerien der jeweiligen Länder im Austausch, “so auch mit den betreffenden chinesischen Ministerien”.

Eine Sprecherin des Umweltministeriums verwies derweil an das Ressort Wirtschaft und Klimaschutz, das federführend zuständig sei. “Bundesumweltministerin Steffi Lemke wurde zwar eingeladen, sie hat aber aus terminlichen Gründen sowie vor dem Hintergrund der anders gelagerten Zuständigkeit ihre Teilnahme abgesagt“, hieß es weiter. Das Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Robert Habeck reagierte nicht auf mehrmalige Anfrage von Table.Briefings. grz

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Technologie: Chinesische Chip-Hersteller ohne Furcht vor US-Sanktionen

Die von den USA frisch auf eine Sanktionsliste gesetzten chinesischen Chipfirmen erwarten keine nennenswerten Beeinträchtigungen ihres Geschäfts. Die auf Software zur Halbleiter-Entwicklung spezialisierte Empyrean teilte am Dienstag mit, die begonnene Abnabelung von ausländischen Zulieferern beschleunigen zu wollen. Jiangsu Nata Opto-Electronic Materials, ein Anbieter von Grundstoffen für die Chip-Produktion, betonte, die Materiallager seien gut gefüllt. Außerdem werde man lokalen Ersatz für ausländische Zulieferer finden.

Analysten sind sich über die wirtschaftlichen Folgen der verschärften US-Beschränkungen für Technologie-Exporte in die Volksrepublik uneins. Die aktuellen Maßnahmen zielten auf Chinas Achillesferse, warnte Martijn Rasser, Geschäftsführer des auf den chinesischen Technologiesektor spezialisierten Branchendienstes Datenna. Die dortigen Halbleiter-Hersteller seien stark auf Maschinen ausländischer Anbieter wie ASML aus den Niederlanden, Applied Materials aus den USA oder Nikon aus Japan angewiesen.

Andere Experten wiesen darauf hin, dass viele chinesische Firmen in Erwartung neuer Sanktionen Bestellungen vorgezogen hätten. Der dortigen Zollbehörde zufolge sind die Importe von Maschinen zur Chip-Produktion in den ersten neun Monaten 2024 um ein Drittel auf 24,12 Milliarden US-Dollar gestiegen. Nach Ansicht vom Research-Haus SemiAnalysis beeinträchtigten die zusätzlichen Maßnahmen das Geschäft chinesischer Firmen nicht stärker als die bisherigen. rtr/grz

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Nach US-Embargo: China verbietet Ausfuhr militärisch nutzbarer Mineralien

China wird die Ausfuhr von Gallium, Germanium, Antimon und anderen Materialien, die potenziell militärisch genutzt werden können, in die USA verbieten. Dies teilte das chinesische Handelsministerium am Dienstag mit, einen Tag nach Washingtons jüngstem harten Vorgehen gegen den chinesischen Chipsektor. Das Ministerium begründete den Schritt unter anderem mit dem Schutz der nationalen Sicherheit und Interessen.

Gallium und Germanium werden in Halbleitern verwendet, während Germanium auch in der Infrarottechnik, in Glasfaserkabeln und Solarzellen zum Einsatz kommt. Pekings Richtlinie zu Dual-Use-Gütern, die sich auf den Schutz der nationalen Sicherheit beruft, verlangt auch eine strengere Überprüfung der Endverwendung von Graphitprodukten, die in die Vereinigten Staaten geliefert werden.

Die Maßnahmen verschärfen die bestehenden Ausfuhrbeschränkungen für kritische Mineralien, die Peking im vergangenen Jahr im Hinblick auf die USA eingeführt hat. Allerdings hat es in diesem Jahr bis Oktober keine chinesischen Lieferungen von Germanium oder Gallium in Rohform in die USA gegeben, obwohl die Vereinigten Staaten im Vorjahr der viert- bzw. fünftgrößte Markt für diese Mineralien waren, wie chinesische Zolldaten zeigen. rtr

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  • Militär

Umfrage: 60 Prozent der Chinesen nennen Beziehung zu Japan unwichtig

Chinesen halten die Beziehungen ihres Landes zu Japan laut einer Umfrage für weit weniger wichtig als früher, berichtet Nikkei Asia. Fast 60 Prozent der befragten Chinesen bezeichneten die Beziehungen zwischen Japan und China entweder als “nicht wichtig” oder “relativ unwichtig”. Die Zahl ist zudem im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen: 2023 hatten nur 20 Prozent der Befragten der Beziehung wenig Bedeutung beigemessen. Es ist zudem der schlechteste Wert in den 20 Jahren, in denen die Umfrage durchgeführt wird, sagten die Verantwortlichen der Umfrage.

Die Umfrage fand im Oktober und November statt. Der japanische Thinktank Genron NPO und die Verlagsgruppe China International Communications befragten Bürger beider Länder im Alter von 18 Jahren und älter. Sie erhielten 1.500 gültige Antworten aus China und 1.000 aus Japan.

Dabei zeigte sich, dass die bilateralen Beziehungen in den beiden Ländern unterschiedlich wahrgenommen werden: 67,1 Prozent der japanischen Befragten gaben an, dass die Beziehungen zu China “wichtig” oder “relativ wichtig” seien, während nur fünf Prozent sagten, sie seien nicht oder relativ unwichtig.

“Die Wahrnehmung Japans in der chinesischen Öffentlichkeit hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert”, sagte Yasushi Kudo, Präsident von Genron, am Montag bei einer Pressekonferenz in Tokio.
Gao Anming, Chefredakteur der China International Communications Group, sagte, dass die drastische Verschlechterung der chinesischen Stimmung gegenüber Japan “nicht auf den Einfluss plötzlicher Ereignisse zurückgeführt werden kann. Es gibt Zweifel an Japans Strategie in einer Reihe von Fragen”.

Neben den zunehmenden Spannungen um Taiwan sorgte demnach unter anderem auch die bevorstehende Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus für Verunsicherung. Auf die Frage, wie Japan und China auf die Lage zwischen den USA und China reagieren sollten, antworteten 59,3 Prozent der Chinesen, dass “Japan und China Abstand voneinander halten sollten”. 37,8 Prozent der Japaner antworteten dagegen, die Auswirkungen der Spannungen zwischen China und den USA sollten “auf ein Minimum reduziert und die Zusammenarbeit zwischen Japan und China gefördert werden”. jul

  • Donald Trump
  • Gesellschaft
  • Japan

Presseschau

Gallium, Germanium und Antimon: China verbietet den Export wichtiger Mineralien in die USA SPIEGEL
US chips are “no longer safe,” Chinese industry bodies say in latest trade salvo REUTERS
Japan’s military monitors Russian submarine spotted near Taiwan EURONEWS
Chinas Rolle im Ukrainekrieg: Der Tod kommt auf leisen Flügeln SÜDDEUTSCHE
China: Warum Xi einen seiner engsten Vertrauten ausschaltet – “Handlungen eines machtbesessenen Führers, der die Kriegs-Vorbereitung ernst meint” WELT
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Zhong Chuan Zi Hao: Chinas mysteriöser Träger sticht erstmals in See DER STANDARD
ASML hält trotz US-Embargo gegen Chinas Chip-Ausrüster an Prognose fest DER STANDARD
The youth are “lifeless”: Economist’s speech goes viral in China FORTUNE
Geldpolitik: Chinas Notenbank verspricht erneut Konjunkturstütze BÖRSEN-ZEITUNG
Der Stern erlischt: Schock in China – Mercedes verkauft keinen einzigen EQE T-ONLINE
Starbucks and Nestlé face scrutiny over labor practices in China WASHINGTON POST

Personalien

Tudor Petru Fabian wechselt nach zehn Jahren im Europäischen Parlament zum Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Dort übernimmt er eine Rolle in der Abteilung für Strategische Kommunikation mit Schwerpunkt auf der Bekämpfung von ausländischer Einflussnahme. Der Politikwissenschaftler hatte sich in Brüssel zuvor vor allem auf die Bereiche Handelspolitik, EU-China-Beziehungen und transatlantischer Handel spezialisiert.

Christian Sieling ist seit November Brand Operations Director beim China-Arm von Porsche Automotive Investment. Sieling kommt vom chinesischen E-Autobauer Nio, wo er in München und Shanghai in verschiedenen Rollen tätig war, unter anderem als Head of Europe Market Planning & Strategy.

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Adventskalender

Fischschwanzfalten (鱼尾 yúwěi “Fischschwanz”; 纹 wén “Musterung, Maserung”, hier von 皱纹 zhòuwén “Falten”) finden manche ja sympathisch, andere bekämpfen sie mit Botox. Wie dem auch sei: In unseren Breiten kennen wir die kleinen Fältchen im Augenbereich mit ihrer strahlenförmigen Struktur umgangssprachlich als “Krähenfüße”, die Chinesen erkennen in ihnen dagegen eher “Fischschwänze”.

Mehr davon? Gibt’s unter www.new-chinese.org

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Eins zeigte sich dabei deutlich: Gegen den Strom schwimmen vor allem die AfD und die Linke. Beide Parteien betonen die wirtschaftlichen Vorteile einer vertieften Partnerschaft mit China. Die AfD fordert sogar die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und die totale Zurückhaltung im Indopazifik. Auch die Linke spricht sich für engere Beziehungen aus, um globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder den Ukraine-Krieg zu bewältigen. Was die anderen davon halten und welche Positionen sie dagegenstellen, erfahren Sie in unserem Gesamtüberblick.

    Nicht auf eine eigene Batterieproduktion zu setzen, sei eine klare Fehleinschätzung der hiesigen Autobauer gewesen, erklärt Maximilian Fichtner, Batterie-Experte vom Helmholtz-Instituts Ulm im Interview mit unserem ESG-Kollegen Carsten Hübner. Während sich die deutschen Konzerne nach zögerlichen Versuchen auf den Standpunkt zurückgezogen haben, dass man Batterien ja auch hinzukaufen könnte, hätten die Chinesen “fünf Jahre Schlamm geschaufelt”, um zu passablen Ergebnissen zu kommen. Mittlerweile sind einige von ihnen Weltmarktführer. Die einstigen Platzhirsche von Mercedes und Co. sind zu Bittstellern geworden.

    Das Grundproblem, das ihren Fehleinschätzungen zugrunde lag, herrscht bis heute vor, folgert Fichtner: Man will kein Risiko eingehen und vor allem kurzfristig Gewinne machen. Aber es braucht Zeit, um das nötige Know-how aufzubauen. Die EU-Zölle könnten einen letzten kleinen Puffer bieten, um doch noch aufzuholen. “Die Frage ist nur, wie diese Zeit nun genutzt wird.”

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    Fabian Peltsch
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    Bundestagswahl: So wollen die Parteien die China-Strategie ändern

    Plenarsaal im Bundestag.

    Wer auch immer die bevorstehende Bundestagswahl gewinnt, wird von Tag eins an vor vielen Herausforderungen stehen: Die deutsche Wirtschaft schwächelt, der Krieg in der Ukraine geht in sein drittes Jahr und Donald Trumps erneute US-Präsidentschaft wirft viele geopolitische Fragen auf. Die Entwicklungen all dieser Problemherde hängen über kurz oder lang auch von China ab. Daher ist es in diesem Bundestagswahlkampf wichtiger denn je, wie sich die Parteien chinapolitisch aufstellen.

    Wie wollen sie die deutsch-chinesischen Beziehungen prägen? Welche Aspekte der bestehenden China-Strategie der Ampelregierung wollen sie beibehalten, welche anpassen und welche umwerfen Table.Briefings hat bei den Bundestagsfraktionen nachgefragt. Das Fazit: SPD und Grüne wollen auf die bisherige China-Strategie aufbauen, FDP und Union sehen die aktuellen Beziehungen kritischer, während AfD und die Linke die Partnerschaft mit China ausbauen wollen.

    SPD will De-Risking der kritischen Infrastruktur vorantreiben

    Die 2023 beschlossene China-Strategie sei für die SPD eine sehr gute Grundlage für unsere China-Politik – unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl”, sagt Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Dabei setzt die Partei weiterhin auf De-Risking. Schmid sagt: “Wenn wir dieses De-Risking kontinuierlich fortsetzen, können wir die Risiken besser beherrschen und gleichzeitig Wirtschaftskontakte zu China pflegen, aber auf einer sichereren Grundlage.”

    Das Ziel der Risikominimierung war ein wichtiger Bestandteil der nationalen China-Strategie und der europäischen China-Politik. Allerdings versuchte Regierungschef Olaf Scholz, deutschen Unternehmen parallel dazu Marktzugang und Aufträge in China zu verschaffen, was an die deutsche China-Politik der vergangenen drei Jahrzehnte erinnerte.

    Schmid sieht den Handlungsbedarf im De-Risking weniger bei den Unternehmen, sondern lenkt den Fokus auf die kritische Infrastruktur. Die SPD möchte innerhalb der EU gemeinsame Regeln schaffen für Bereiche wie das Bahnnetz, 5G/6G-Netzwerke, Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und militärisch nutzbare Güter. Bei Letzterem bringt Schmid ein Outbound Investment Screening auf EU-Ebene ins Spiel. Die SPD will mit der EU zudem Lieferketten sichern – in etwa von medizinischen Wirkstoffen – und Quellen von Rohstoffen, wie Seltene Erden, diversifizieren.

    SPD: “Hemmnisse” der Innovation in der EU beseitigen

    Zudem möchten die Sozialdemokraten in der EU eine “strategisch ausgerichtete und aufeinander abgestimmte Industrie- und Innovationspolitik”, sagt Schmid, um sich in bestimmten Kernbereichen einen Innovations- und Technologievorsprung zu verschaffen, wie es die USA und China vormachten. Dafür will man teure Patentierungen, Marktzerstückelung, langsame Festlegung von Normen und Mangel an Fachkenntnissen beseitigen, die als Hemmnisse für die Innovation gesehen werden.

    Außerdem will die SPD die gesamte Entwicklungskette der Innovation besser begleiten. Ziel dabei sei es, den Transfer zwischen der staatlich geförderten Forschung und marktfähiger Produktion und letztendlich Wertschöpfung in Deutschland und Europa “in Schwung zu bringen”, sagt Schmid. Vieles hänge dabei jedoch von der EU ab, räumt er ein. Daher fordert er den Ausbau globaler Partnerschaften der EU, wie zum Beispiel das Mercosur-Abkommen mit vier südamerikanischen Staaten.

    Die SPD möchte auch die Beziehungen mit Ländern des Indopazifiks ausbauen. Die Bundesfraktion verabschiedete am Dienstag einstimmig ein entsprechendes Positionspapier, in dem die Region als “entscheidendes Gravitationszentrum der Weltordnung von heute und morgen” bezeichnet wird. Daher will die SPD nicht nur China-, sondern auch Indopazifik-Kompetenz ausbauen.

    Grüne wollen China-Strategie beibehalten

    Auch die Grünen wollen an ihrer aktuellen China-Politik festhalten. “Mit der China-Strategie haben wir die Grundlage für eine neue, realistischere China-Politik gelegt”, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. “Nach naiver Schönrederei der großen Koalition stellt die China-Strategie dieser Bundesregierung unsere Sicherheit, Schutz unserer Infrastruktur und den Einsatz für regelbasierte internationale Ordnung und Menschenrechte in den Mittelpunkt.”

    Brugger betont dabei die Kooperationen im Indopazifik, wie die Durchfahrt der Taiwanstraße von der Fregatte “Baden-Württemberg” und dem Einsatzgruppenversorger “Frankfurt am Main”. Diese “konsequenten Taten” würden die “klugen Worte” der China-Strategie mit Leben füllen, sagt Brugger weiter. Wichtiger als eine Überarbeitung der Strategie sei es, “Verwundbarkeiten zu verkleinern und eine klare Haltung zu vertreten“, so Brugger. Die eigenen Werte und Interessen möchten die Grünen auch mit Europa in einer gemeinsamen China-Politik vertreten.

    FDP betont Chinas Rolle als Europas Rivale

    Die FDP möchte die China-Strategie anpassen, sodass Chinas Rolle als Europas Rivale deutlicher hervorgehoben wird, sagt Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Ein Grund dafür sei Trumps Wiederwahl und die daraus folgenden geopolitischen Veränderungen. Hier will die FDP verhindern, dass Deutschland und Europa in eine “Zollspirale” mit den USA oder China geraten.

    Zu diesem Zweck will man Abhängigkeiten reduzieren. Dafür halten die Wirtschaftsliberalen am De-Risking, insbesondere bei der kritischen Infrastruktur, an der Diversifizierung der Lieferketten und am Aufbau der Fertigkeiten in Europa fest. Neben dem Wettbewerb und der Systemrivalität will die FDP “unsere eigene Haltung gegenüber China noch intensiver reflektieren und die China-Strategie konsequent mit Leben füllen”, sagt Lechte.

    Union hält an ihrer China-Strategie fest

    Die Unionsfraktion aus CDU und CSU verwies auf Anfrage auf ihre bereits 2023 veröffentlichte China-Strategie, ihren Antrag auf eine China-Kommission im Bundestag und auf das noch nicht veröffentlichte Wahlprogramm. Die vorgeschlagene China-Kommission soll die “sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen” zu China überprüfen.

    In dem Positionspapier von 2023 stellt die Union China mit dem bekannten Dreiklang der EU dar: als Partner, systemischer Wettbewerber und wirtschaftlicher Konkurrent. Um einer sinozentrischen Weltordnung entgegenzutreten, wollen CDU und CSU zum Beispiel eine strategisch ausgerichtete transatlantische China-Politik zwischen den USA und der EU entwickeln, in den angespannten Handelsbeziehungen auf Reziprozität setzen und einen im Bundeskanzleramt angesiedelten Nationalen Sicherheitsrat einsetzen, der “die Kohärenz in der China-Politik gewährleistet”.

    AfD möchte Lieferkettengesetz abschaffen

    Alle großen Parteien schließen zurzeit eine Koalition mit der AfD aus, weshalb diese ihre china-politischen Ziele wohl weiterhin aus der Opposition heraus betreiben wird. Die AfD sieht in der China-Strategie der Ampel keine klare Positionierung der deutsch-chinesischen Beziehungen, mangelnde Handlungsempfehlungen und unzureichende Einbindung der Wirtschaft.

    Die AfD selbst möchte die Partnerschaft mit China als wichtigen Handelspartner stärken, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Keuter. Dazu gehört eine Abschaffung des Lieferkettengesetzes. Stattdessen will man “großen Wert” auf Marktzugang, Reziprozität, Schutz geistigen Eigentums und Chancengleichheit legen. Zudem möchte die AfD die deutsche Militärpräsenz im Indopazifik zurückfahren.

    Linke wollen gute Beziehungen mit China

    Die Linke kämpft um den Einzug in den Bundestag. Gregor Gysi möchte sich für “gute Beziehungen” mit China einsetzen. Dies seit nötig, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden, den Hunger auf der Welt zu besiegen, die Klimaziele zu erreichen, die deutsche Wirtschaft zu fördern und die Taiwanfrage friedlich zu lösen, so der Bundestagsabgeordnete.

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht ließ die Anfrage von Table.Briefings hinsichtlich ihrer china-politischen Ausrichtung unbeantwortet.

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    Interview

    Batterieproduktion: Der europäischen Autoindustrie fehlt es an Geduld

    Maximilian Fichtner ist Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und seit Oktober 2021 geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung.

    Herr Fichtner, die Krise bei Northvolt verstärkt den Eindruck, dass es Europa schwerfällt, bei der Batterieproduktion zu China aufzuschließen. Braucht die europäische Autoindustrie überhaupt eine eigene Batterieproduktion? 
    Eine eigene Batterieproduktion ist wichtig, weil die Batterie der Teil des Elektroautos mit der größten Wertschöpfung ist. Man spricht von rund einem Drittel des Fahrzeugpreises. Inzwischen sind die Batterien zwar billiger geworden und liegen irgendwo zwischen 6.000 und 8.000 Euro. Aber da ist immer noch eine Marge drin. Wenn die wegfällt, muss man schauen, wie man den Rest des Fahrzeugs noch wirtschaftlich herstellen kann. 

    Kaum vorstellbar, dass die deutschen Autobauer das nicht bemerkt haben. 
    Tatsächlich hat man das in der Vergangenheit ignoriert. Stattdessen hat man in den 2010er Jahren gesagt: Batterien sind Zukaufteile, ein Automobilhersteller müsse sich nicht damit herumschlagen. Aus heutiger Sicht war das eine klare Fehleinschätzung. 

    Ist es denn so schwierig, Batterien für Elektroautos zu bauen? 
    Wenn ein Batteriehersteller eine neue Produktionslinie aufbaut, zeigt sich, dass viele Zellen gut sind. Andere aber sind fehlerhaft oder haben nicht die gewünschte Performance. Die werden dann aussortiert. Das ist die Scrap-Rate, die Ausschussrate.  

    Der Ausschuss ist das, was das Ganze killen kann. Am Ende muss die Scrap-Rate auf einen niedrigen einstelligen Prozentsatz sinken. Da mussten alle Batteriehersteller durch, auch die Chinesen. Die haben fünf Jahre Schlamm geschaufelt, aber sie haben es durchgezogen. Am Ende waren sie Weltmarktführer. 

    Wäre das nicht auch für deutsche Unternehmen möglich gewesen? 
    Wir hatten in den 2010er-Jahren eine komplette Batteriezellenfertigung der Firma Li-Tec Battery in Kamenz. Das Unternehmen wurde dann teilweise von der Daimler AG (heute: Mercedes-Benz Group) übernommen. Auch da gab es Anlaufschwierigkeiten. Weil sie nur einstellige schwarze Zahlen geschrieben haben, hat Daimler schließlich gesagt: Das rentiert sich nicht, wir machen das dicht. Ich glaube, mit etwas mehr Zeit hätte man hier etwas Großes leisten können. 

    Das Problem ist: Man will kein Risiko eingehen und kurzfristig Gewinne machen. Aber es braucht Zeit, um das nötige Know-how aufzubauen und diese fitzelkleinen Einstellungen so hinzudrehen, dass am Ende etwas nahezu Perfektes herauskommt. Das geht nicht von heute auf morgen. Wenn wir nicht langfristiger denken, dann werden wir in Zukunft bei allem, was irgendwie ähnlich geartet ist, von anderen versorgt werden. 

    Gibt es denn eine realistische Chance, den Rückstand Europas bei der Batterieproduktion aufzuholen? 
    In China tobt derzeit ein mörderischer Preiskampf. Von außen sieht die chinesische Wirtschaft immer relativ homogen aus. Aber intern gibt es knallharte Konkurrenz. Das hat zu einem Unterbietungswettlauf und zu Überproduktion geführt.  

    Der Preis für Batteriezellen liegt inzwischen teilweise deutlich unter 100 US-Dollar pro Kilowattstunde. Das galt immer als die Grenze, ab der ein Elektroauto billiger sein kann als ein gleich großer Verbrenner. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. In China sind mittlerweile zwei Drittel der Elektroautos billiger als vergleichbare Verbrennerfahrzeuge.  

    Allerdings macht das den Einstieg für die Europäer schwieriger. Zumal wir hier einige andere Rahmenbedingungen haben, zum Beispiel höhere Energiepreise. Auch die Lohnkosten sind höher, wobei Letztere aber keine so große Rolle spielen. Zum einen, weil die Produktion weitgehend automatisiert ist. Und zum anderen, weil die Fachkräfte in China inzwischen auch recht gut verdienen. 

    Bringen die Zölle der EU auf E-Autos aus China in diesem Kontext etwas? 
    Die Zölle können helfen, etwas Zeit zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie man diese Zeit nutzt. Haben Autoindustrie und Investoren den langen Atem, die schwierige Umstellungsphase durchzustehen? Dann könnten sie aus meiner Sicht auch wettbewerbsfähig werden. Bleibt man zu großen Teilen im Verbrennerbereich verhaftet, wird man in dieser stetig kleiner werdenden Nische mitschrumpfen und irgendwann verschwinden. 

    Übrigens hat man in Brüssel schon vor fünf Jahren darüber nachgedacht, wie man den Chinesen Paroli bieten kann. Ich war an diesen Überlegungen beteiligt. Das Ergebnis war, auf grüne Batteriezellen zu setzen. Also Batteriezellen, die bestimmte Mindeststandards erfüllen, was den CO₂-Fußabdruck, die Zusammensetzung und Ähnliches angeht. 

    Geht Northvolt nicht in diese Richtung? 
    Genau. Der CO₂-Fußabdruck ihrer Batteriezelle lag 2020 zwischen 120 und 150 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde. Soweit ich weiß, liegt Northvolt heute bei 30 oder 40 Kilogramm CO₂ pro Kilowattstunde und soll nächstes Jahr auf zehn kommen. Das heißt, man muss dann nicht mehr 20.000 oder 30.000 Kilometer fahren, sondern vielleicht nur noch 2.000 oder 3.000 Kilometer, bis das E-Auto bei den Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus besser ist als der Verbrenner. Das ist eine hervorragende Arbeit. 

    Aber jetzt sind sie ins Straucheln geraten. Unter anderem, weil die Scrap-Rate scheinbar noch vergleichsweise hoch ist, also ein typischer Hochlaufeffekt. Sie müssen ihre Zellen zu teuer verkaufen und können auch noch nicht sicher liefern. Es hat einfach länger gedauert. Ich glaube nicht, dass man Northvolt hier wirklich einen Vorwurf machen kann. Die Materie ist eben komplex. 

    Aber am Ende hat dann BMW seinen Zwei-Milliarden-Euro-Auftrag zurückgezogen. Nun bezieht BMW seine Batteriezellen von chinesischen und koreanischen Herstellern, die teilweise in Ungarn produzieren. 

    Maximilian Fichtner ist Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und seit Oktober 2021 geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung. Außerdem ist er Sprecher des Batterie-Exzellenzclusters POLiS (Post Lithium Energy Storage). Mit 20 Patentanmeldungen und 450 Veröffentlichungen gilt er als einer der führenden Batterieforscher Deutschlands. 

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    Sinolytics Radar

    Warum KI-Agenten in China immer wichtiger werden

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    • Die USA sind dank großer Technologieunternehmen wie Google, Microsoft und OpenAI sowie eines robusten Startup-Ökosystems führend in der Forschung und Entwicklung fortschrittlicher KI-Agenten. Das sind Softwares, die mithilfe generativer KI selbstständig Aufgaben erledigen, welche ihnen aufgetragen wurden. Auch der große Konkurrent China setzt im globalen KI-Wettlauf auf KI-Agenten als vielversprechendsten Anwendungsansatz. Die Unternehmen profitieren dabei von staatlicher Unterstützung und einem riesigen Binnenmarkt für KI-Anwendungen.
    • Chinas Tech-Mogule äußern sich sehr optimistisch über ihre Fähigkeit, den KI-Markt und seinen wirtschaftlichen Wert zu transformieren. Baidu-CEO Robin Li bezeichnet die Entwicklung von KI-Agenten als den wichtigsten strategischen Schwerpunkt des Unternehmens. Baidus KI-Agent-Plattform ERNIE umfasst bereits mehr als 150.000 Unternehmen und 800.000 Entwickler, die damit ihre eigenen Agenten für spezifische Anwendungsszenarien entwickeln.
    • Große Unternehmen wie Baidu, Alibaba, Tencent und ByteDance haben umfangreiche Entwicklungsplattformen für KI-Agenten ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, ein KI-Agenten-Ökosystem aufzubauen, das auf den eigenen fundamentalen, breit angelegten Modellen und eigener Rechenleistung basiert. Bei kleineren KI-Startups liegt der Schwerpunkt auf KI-Agenten-Anwendungen in vertikalen Szenarien.
    • So veröffentlichte das KI-Unicorn Zhipu AI vor kurzem AutoGLM, eine KI-Agenten-App, mit dem Nutzer dank Sprachbefehlen über ihr Smartphone Essen bestellen können. Die App beweist ein hohes Maß an Eigenständigkeit, da sie jeden Schritt plant und die erforderlichen Aktionen ohne Zutun des Nutzers ausführt.
    • Die chinesische Regierung unterstützt die Entwicklung von KI-Agenten aktiv durch nationale und lokale politische Maßnahmen. Nationale Forschungspläne konzentrieren sich auf die Anwendung von KI-Agenten in Branchen wie der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Die Roadmap zur KI-Normung legt den Schwerpunkt auf die Einführung von Standards für KI-Agenten. Lokale Regierungen flankieren diese Bemühungen mit Subventionen, um die Entwicklung und Einführung zu beschleunigen.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    News

    Südkorea: Präsident Yoon ruft Kriegsrecht aus und hebt es kurz danach auf

    Erstmals seit 40 Jahren hat ein südkoreanischer Präsident das Kriegsrecht ausgerufen. Staatschef Yoon Suk Yeol warf der Opposition am späten Dienstagabend (Ortszeit) vor, Handlanger Nordkoreas zu sein. Seine Ankündigung stieß umgehend auf vehementen Widerstand. Der Parlamentsvorsitzende erklärte den Schritt für ungültig, das Parlament selbst stimmte für eine Aufhebung des Kriegsrechts, Oppositionsführer und der Chef von Yoons eigener Partei erklärten das Kriegsrecht für verfassungswidrig. Nur wenige Stunden später hob Präsident Yoon laut der Nachrichtenagentur Yonhap das Kriegsrecht wieder auf, nachdem das Parlament dagegen gestimmt hatte.

    Die USA beobachten die Situation, teilte ein Sprecher des Weißen Hauses mit. Auch China dürfte die Lage genauestens verfolgt und daraus geopolitische Chancen für sich erwogen haben. Laut Xinhua veröffentlichte die chinesische Botschaft in Südkorea in den frühen Morgenstunden (Ortszeit) eine Mitteilung, in der sie chinesische Bürger vor Ort auf die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen hinwies. mcl

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    Forschung: Ministerien verzichteten trotz Einladung auf Präsenz beim CAS-Besuch

    Die Förderung der deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperation genießt bei der Bundesregierung geringe Priorität. Bei einem zweitägigen Treffen Ende Oktober der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina mit Forschern der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) waren trotz Einladungen keine Vertreter der Bundesregierung erschienen.

    “Selbstverständlich hatten wir dazu auch Stakeholder aus den relevanten Ministerien eingeladen“, teilte die Leopoldina Table.Briefings mit. Allerdings sei eine aktive Beteiligung an der Veranstaltung “aufgrund der explizit wissenschaftlichen Ausrichtung nie vorgesehen” gewesen. Die zweitägige Veranstaltung in Berlin-Adlershof war auf den wissenschaftlichen Dialog zwischen Deutschland und China zum Thema “Carbon Neutrality” ausgerichtet und öffentlich zugänglich.

    Negative Grundhaltung gegenüber wissenschaftlicher Kooperation

    Teilnehmer der Veranstaltung zeigten sich überrascht von der Abwesenheit der Ministerien und werteten dies als negative Grundhaltung gegenüber einer engen wissenschaftlichen Kooperation zwischen deutschen und chinesischen Einrichtungen.

    Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) “konnte an der Konferenz von Leopoldina und CAS aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen und hat daher seinen DLR Projektträger entsandt“, teilte eine Sprecherin mit. Der DLR Projektträger gehört zu den größten Projektträgern Deutschlands und übernimmt im Auftrag von Ministerien die Steuerung von Förderprojekten und deren fachliche Begleitung.

    Wirtschaftsministerium reagiert nicht auf Anfragen zum Treffen

    Eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit sei mit Blick auf die globalen Herausforderungen gerade im Bereich Klimaneutralität wichtig, heißt es weiter. “Zu berücksichtigen ist dabei, dass China Partner und Wettbewerber zugleich ist.” Das BMBF stehe im Rahmen der internationalen Beziehungen in erster Linie auf Ebene der Ministerien der jeweiligen Länder im Austausch, “so auch mit den betreffenden chinesischen Ministerien”.

    Eine Sprecherin des Umweltministeriums verwies derweil an das Ressort Wirtschaft und Klimaschutz, das federführend zuständig sei. “Bundesumweltministerin Steffi Lemke wurde zwar eingeladen, sie hat aber aus terminlichen Gründen sowie vor dem Hintergrund der anders gelagerten Zuständigkeit ihre Teilnahme abgesagt“, hieß es weiter. Das Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Robert Habeck reagierte nicht auf mehrmalige Anfrage von Table.Briefings. grz

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    Technologie: Chinesische Chip-Hersteller ohne Furcht vor US-Sanktionen

    Die von den USA frisch auf eine Sanktionsliste gesetzten chinesischen Chipfirmen erwarten keine nennenswerten Beeinträchtigungen ihres Geschäfts. Die auf Software zur Halbleiter-Entwicklung spezialisierte Empyrean teilte am Dienstag mit, die begonnene Abnabelung von ausländischen Zulieferern beschleunigen zu wollen. Jiangsu Nata Opto-Electronic Materials, ein Anbieter von Grundstoffen für die Chip-Produktion, betonte, die Materiallager seien gut gefüllt. Außerdem werde man lokalen Ersatz für ausländische Zulieferer finden.

    Analysten sind sich über die wirtschaftlichen Folgen der verschärften US-Beschränkungen für Technologie-Exporte in die Volksrepublik uneins. Die aktuellen Maßnahmen zielten auf Chinas Achillesferse, warnte Martijn Rasser, Geschäftsführer des auf den chinesischen Technologiesektor spezialisierten Branchendienstes Datenna. Die dortigen Halbleiter-Hersteller seien stark auf Maschinen ausländischer Anbieter wie ASML aus den Niederlanden, Applied Materials aus den USA oder Nikon aus Japan angewiesen.

    Andere Experten wiesen darauf hin, dass viele chinesische Firmen in Erwartung neuer Sanktionen Bestellungen vorgezogen hätten. Der dortigen Zollbehörde zufolge sind die Importe von Maschinen zur Chip-Produktion in den ersten neun Monaten 2024 um ein Drittel auf 24,12 Milliarden US-Dollar gestiegen. Nach Ansicht vom Research-Haus SemiAnalysis beeinträchtigten die zusätzlichen Maßnahmen das Geschäft chinesischer Firmen nicht stärker als die bisherigen. rtr/grz

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    Nach US-Embargo: China verbietet Ausfuhr militärisch nutzbarer Mineralien

    China wird die Ausfuhr von Gallium, Germanium, Antimon und anderen Materialien, die potenziell militärisch genutzt werden können, in die USA verbieten. Dies teilte das chinesische Handelsministerium am Dienstag mit, einen Tag nach Washingtons jüngstem harten Vorgehen gegen den chinesischen Chipsektor. Das Ministerium begründete den Schritt unter anderem mit dem Schutz der nationalen Sicherheit und Interessen.

    Gallium und Germanium werden in Halbleitern verwendet, während Germanium auch in der Infrarottechnik, in Glasfaserkabeln und Solarzellen zum Einsatz kommt. Pekings Richtlinie zu Dual-Use-Gütern, die sich auf den Schutz der nationalen Sicherheit beruft, verlangt auch eine strengere Überprüfung der Endverwendung von Graphitprodukten, die in die Vereinigten Staaten geliefert werden.

    Die Maßnahmen verschärfen die bestehenden Ausfuhrbeschränkungen für kritische Mineralien, die Peking im vergangenen Jahr im Hinblick auf die USA eingeführt hat. Allerdings hat es in diesem Jahr bis Oktober keine chinesischen Lieferungen von Germanium oder Gallium in Rohform in die USA gegeben, obwohl die Vereinigten Staaten im Vorjahr der viert- bzw. fünftgrößte Markt für diese Mineralien waren, wie chinesische Zolldaten zeigen. rtr

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    Umfrage: 60 Prozent der Chinesen nennen Beziehung zu Japan unwichtig

    Chinesen halten die Beziehungen ihres Landes zu Japan laut einer Umfrage für weit weniger wichtig als früher, berichtet Nikkei Asia. Fast 60 Prozent der befragten Chinesen bezeichneten die Beziehungen zwischen Japan und China entweder als “nicht wichtig” oder “relativ unwichtig”. Die Zahl ist zudem im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen: 2023 hatten nur 20 Prozent der Befragten der Beziehung wenig Bedeutung beigemessen. Es ist zudem der schlechteste Wert in den 20 Jahren, in denen die Umfrage durchgeführt wird, sagten die Verantwortlichen der Umfrage.

    Die Umfrage fand im Oktober und November statt. Der japanische Thinktank Genron NPO und die Verlagsgruppe China International Communications befragten Bürger beider Länder im Alter von 18 Jahren und älter. Sie erhielten 1.500 gültige Antworten aus China und 1.000 aus Japan.

    Dabei zeigte sich, dass die bilateralen Beziehungen in den beiden Ländern unterschiedlich wahrgenommen werden: 67,1 Prozent der japanischen Befragten gaben an, dass die Beziehungen zu China “wichtig” oder “relativ wichtig” seien, während nur fünf Prozent sagten, sie seien nicht oder relativ unwichtig.

    “Die Wahrnehmung Japans in der chinesischen Öffentlichkeit hat sich im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert”, sagte Yasushi Kudo, Präsident von Genron, am Montag bei einer Pressekonferenz in Tokio.
    Gao Anming, Chefredakteur der China International Communications Group, sagte, dass die drastische Verschlechterung der chinesischen Stimmung gegenüber Japan “nicht auf den Einfluss plötzlicher Ereignisse zurückgeführt werden kann. Es gibt Zweifel an Japans Strategie in einer Reihe von Fragen”.

    Neben den zunehmenden Spannungen um Taiwan sorgte demnach unter anderem auch die bevorstehende Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus für Verunsicherung. Auf die Frage, wie Japan und China auf die Lage zwischen den USA und China reagieren sollten, antworteten 59,3 Prozent der Chinesen, dass “Japan und China Abstand voneinander halten sollten”. 37,8 Prozent der Japaner antworteten dagegen, die Auswirkungen der Spannungen zwischen China und den USA sollten “auf ein Minimum reduziert und die Zusammenarbeit zwischen Japan und China gefördert werden”. jul

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    • Japan

    Presseschau

    Gallium, Germanium und Antimon: China verbietet den Export wichtiger Mineralien in die USA SPIEGEL
    US chips are “no longer safe,” Chinese industry bodies say in latest trade salvo REUTERS
    Japan’s military monitors Russian submarine spotted near Taiwan EURONEWS
    Chinas Rolle im Ukrainekrieg: Der Tod kommt auf leisen Flügeln SÜDDEUTSCHE
    China: Warum Xi einen seiner engsten Vertrauten ausschaltet – “Handlungen eines machtbesessenen Führers, der die Kriegs-Vorbereitung ernst meint” WELT
    Rückschlag für Putins sanktionierte Wirtschaft: Chinesische Banken beenden immer öfter Zusammenarbeit mit Russland FOCUS
    Zhong Chuan Zi Hao: Chinas mysteriöser Träger sticht erstmals in See DER STANDARD
    ASML hält trotz US-Embargo gegen Chinas Chip-Ausrüster an Prognose fest DER STANDARD
    The youth are “lifeless”: Economist’s speech goes viral in China FORTUNE
    Geldpolitik: Chinas Notenbank verspricht erneut Konjunkturstütze BÖRSEN-ZEITUNG
    Der Stern erlischt: Schock in China – Mercedes verkauft keinen einzigen EQE T-ONLINE
    Starbucks and Nestlé face scrutiny over labor practices in China WASHINGTON POST

    Personalien

    Tudor Petru Fabian wechselt nach zehn Jahren im Europäischen Parlament zum Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Dort übernimmt er eine Rolle in der Abteilung für Strategische Kommunikation mit Schwerpunkt auf der Bekämpfung von ausländischer Einflussnahme. Der Politikwissenschaftler hatte sich in Brüssel zuvor vor allem auf die Bereiche Handelspolitik, EU-China-Beziehungen und transatlantischer Handel spezialisiert.

    Christian Sieling ist seit November Brand Operations Director beim China-Arm von Porsche Automotive Investment. Sieling kommt vom chinesischen E-Autobauer Nio, wo er in München und Shanghai in verschiedenen Rollen tätig war, unter anderem als Head of Europe Market Planning & Strategy.

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    Adventskalender

    Fischschwanzfalten (鱼尾 yúwěi “Fischschwanz”; 纹 wén “Musterung, Maserung”, hier von 皱纹 zhòuwén “Falten”) finden manche ja sympathisch, andere bekämpfen sie mit Botox. Wie dem auch sei: In unseren Breiten kennen wir die kleinen Fältchen im Augenbereich mit ihrer strahlenförmigen Struktur umgangssprachlich als “Krähenfüße”, die Chinesen erkennen in ihnen dagegen eher “Fischschwänze”.

    Mehr davon? Gibt’s unter www.new-chinese.org

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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