mit der Eröffnung der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes hat die Parlamentssaison begonnen. Sie wird eine Woche dauern, danach übernimmt wieder der Ständige Ausschuss des Volkskongresses die Gesetzgebung.
Die Konsultativkonferenz hat eigentlich eine zentrale Rolle in Chinas Demokratieverständnis. Die “Konsultation” des Volkes ersetzt hier Wahlen. Doch schon am ersten Tag der Sitzungswoche zeigte sich der wahre Trend der chinesischen Demokratie: Die traditionelle Pressekonferenz des Ministerpräsidenten wird abgeschafft.
Das ist ein düsteres Zeichen, wie Michael Radunski analysiert. Für China-Korrespondenten waren die Pressekonferenzen zum Volkskongress die einzig verbliebene Möglichkeit, den Regierenden zumindest einmal im Jahr nahezukommen. Doch auch die Ministerpräsidenten nutzen die Veranstaltung als Chance, um eigene Akzente zu setzen.
Doch die Presse ist zur Kontrolle in China nach offizieller Lesart überflüssig, schließlich liegt schon alle Macht beim Volk. Die Partei nimmt für sich in Anspruch, Missstände und Korruption aus eigener Kraft viel effektiver aufzudecken als die Medien das könnten. Xi Jinping nennt das ganzheitlich-prozessorientierte Volksdemokratie 全过程人民民主. Wir nennen es in der derzeitigen Ausprägung einfach Diktatur mit Parlaments-Folklore einmal im Jahr.
Als Montag Lou Qinjian in Peking vor die Presse tritt, sieht alles nach Routine aus. Der Sprecher des Nationalen Volkskongress (NVK) informiert über Ablauf und Themen der am Dienstag beginnenden Sitzung. Am Ende seiner Ausführung kündigt Lou noch an, dass es die obligatorische Pressekonferenz des Ministerpräsidenten zum Abschluss des NVK nicht mehr gibt – dieses Jahr nicht, und auch nicht in Zukunft. Es sei denn, es liegen “besondere Umstände” vor.
Das markiert den Bruch mit einer jahrzehntelangen Tradition – und zeigt zugleich, wie es derzeit um China bestellt ist: Nach außen gibt sich die Volksrepublik immer verschlossener. Selbst der harmlose, durchgeplante Austausch des Premiers mit Journalisten zum Volkskongresses wird nun gestrichen. Und nach innen bedeutet die PK-Absage eine deutliche Schwächung des Ministerpräsidenten. Die organisatorische Nummer Zwei hinter Präsident Xi Jinping verliert weiter an Spielraum.
Es ist ein weiterer Schritt, der zeigt, wie sehr sich China auf allen Ebenen verschließt. Der Volkskongress selbst hatte vor wenigen Jahren noch den Wert jener Pressekonferenz selbst gelobt. Auf dem offiziellen WeChat-Konto hieß es 2018, die Pressekonferenz sei “eines der wichtigen Fenster zur Beobachtung von Chinas Offenheit und Transparenz”.
Doch passt die Maßnahme nur allzu gut ins aktuelle Bild. Im vergangenen Jahr wurde die Veröffentlichung einiger wichtiger Wirtschaftsdaten eingestellt – etwa die damals rasant ansteigende Jugendarbeitslosenquote. Ebenfalls gestrichen wurde offenbar das so wichtige Dritte Plenum des Zentralkomitees, wo normalerweise die Leitplanken der chinesischen Wirtschaftspolitik entschieden werden. Es hätte eigentlich im Spätherbst stattfinden sollen.
Passend dazu wird während des Volkskongresses offenbar auch keinen neuen Außenminister ernannt. Auf der am Montag veröffentlichten NVK-Tagesordnung fehlte jedenfalls der Punkt Personalbesetzungen. Es scheint, als würde Wang Yi weiterhin als Außenminister fungieren, nachdem Qin Gang im Juli ohne Begründung gestürzt wurde.
Doch die Absage der Pressekonferenz hat auch Konsequenzen nach innen. Sie bedeutet eine deutliche Schwächung des Ministerpräsidenten, eigentlichen die Nummer Zwei hinter Partei- und Staatschef Xi Jinping. Doch Xi hat sich längst zum “Kern” von allem machen lassen, regiert als Vorsitzender Dutzender Kommissionen in alle Ebenen hinein und hat Zwängen wie der Amtszeitbeschränkung entledigt.
Doch Beobachter in China finden auch eine positive Deutung der Absage. “Es ist auch ein Spiegelbild von Li Qiangs Pragmatismus. Er konzentriert sich auf wichtige politische Richtungen, die alle in seinem Arbeitsbericht klar dargelegt sind”, sagte Wang Xiangwei, ehemaliger Chefredakteur der South China Morning Post. “Er glaubt nicht, dass eine zusätzliche Pressekonferenz notwendig ist, da die Minister besser in der Lage sind, detaillierte Richtlinien auszuarbeiten, und sie alle werden Pressekonferenzen abhalten.”
Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Pressekonferenz zum NVK-Abschluss bot den jeweiligen Ministerpräsidenten die Möglichkeit, eigene Akzente zu setzen – direkt und in aller Öffentlichkeit. Zwar waren die Veranstaltungen eng orchestriert, die Fragen der Journalisten mussten vorab eingereicht und genehmigt werden. Und doch kam es seit 1988 immer wieder zu Besonderheiten.
Im Jahr 1998 vermittelte Zhu Rongji den anwesenden Reportern eindrücklich, wie sehr er gegen Korruption vorgehen wolle – auch wenn er selbst Leib und Leben verliere. Wen Jiabao sorgte 2012 für Aufregung, als er warnte: “Ohne den Erfolg einer Reform des politischen Systems kann die Reform des Wirtschaftssystems nicht vollständig durchgeführt werden.” Wen widersprach damit dem Vorhaben vieler Kader, Wirtschaftsreformen auch ohne politische Liberalisierung vorzunehmen.
Und jener Wen sorgte wohl auch für die längste NVK-Pressekonferenz, als er auf eine Frage wartete, die nicht gestellt wurde, weil der Moderator den US-Journalisten schlicht nicht aufrufen wollte. Nach drei Stunden kam der US-Kollege doch noch zu Wort: Wen konnte endlich seinen Punkt machen und sich von dem Top-Politiker Bo Xilai distanzieren, der zuvor als künftiger Präsident gehandelt wurde. Wenige Tage später wurde Bo abgesetzt und später verhaftet.
Die Pressekonferenz des Premiers hat also immer wieder Neuigkeiten von internationaler Tragweite hervorgebracht. Zuletzt war es Li Keqiang, der 2020 eine landesweite Debatte über Armutsbekämpfung auslöste. Li beschwerte sich auf jener Pressekonferenz, dass zwei Fünftel der chinesischen Bevölkerung “nicht einmal genug verdienten, um ein Zimmer in einer mittelgroßen chinesischen Stadt zu mieten”.
Kommentare dieser Art brachten Li Keqiang den Ruf als ökonomisches Gegengewicht zu Xi Jinping ein. Zukünftige Ministerpräsidenten werden diese Möglichkeit nicht mehr haben – zumindest nicht auf ihrer eigenen Pressekonferenz zum Abschluss des Nationalen Volkskongress.
Fast flehentlich klang Kadri Simson am Montag. “Wir können unsere Grenzen nicht schließen, weil wir Solarmodule brauchen”, sagte die EU-Energiekommissarin vor dem Treffen der Energieminister in Brüssel. “Wir müssen unsere Industrie unterstützen, aber wir brauchen alle Produkte, um unsere sehr ambitionierten Ziele für 2030 zu erreichen.” Anders gesagt: Die EU benötigt Solarprodukte aus China so dringend für den Ausbau der neuen Energiequellen, dass sie die Tore für die Einfuhr offen lassen muss.
Mit diesen Worten sind die Hoffnungen einiger europäischer Hersteller gestorben, die Kommission möge sie vor der Einfuhr chinesischer Module zu Dumpingpreisen schützen. Denn die gleiche Handschrift trug ein Brief, den Simson vergangenen Donnerstag zusammen mit Industriekommissar Thierry Breton an die Ratspräsidentschaft geschickt hatte.
Auf fünf Seiten listet das Papier Maßnahmen auf, wie die europäische Solarindustrie unterstützt werden soll. Doch Handelsbeschränkungen werden darin nicht einmal erwähnt. Weitergehende Diskussionen soll es nach dem Willen von Breton und Simson erst in der zweiten Jahreshälfte geben. Im Klartext: Nicht mehr mit dieser EU-Kommission.
Stattdessen spielen Simson und Breton den Ball an die Mitgliedstaaten zurück – aber auch an jene Unternehmen aus der Solarwirtschaft, die Front gemacht hatten gegen Einfuhrbeschränkungen für günstige Module. Noch zu Wochenbeginn hatten unter anderem Enpal, 1Komma5, EnBW und Vattenfall die neue Allianz Solar Economy Europe (SEE) vorgestellt.
Simson und Breton wollen die Händler dazu bringen, freiwillig Verantwortung zu übernehmen: “Großhändler und Vertriebe könnten sich verpflichten, eine Reihe von in der EU hergestellten PV-Produkten in ihr Portfolio aufzunehmen.” Bei einem der nächsten Ratstreffen könne eine entsprechende Erklärung mit Selbstverpflichtungen unterzeichnet werden – wahrscheinlich im Mai, ist aus der Branche zu hören. Das Schreiben richtet sich aber auch an die Mitgliedstaaten.
In Auktionen für Solaranlagen könnten die EU-Staaten “ambitionierte Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien” einführen, empfehlen Simson und Breton. Damit stärkt die Kommission auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Rücken, der in einem Solarpaket gerne Resilienz-Boni einführen würde, um Strom aus europäischen Solarmodulen höher zu vergüten. Die FDP lehnt das wegen der Kosten ab.
Langfristig müsse der Beihilferahmen aber auch Zuschüsse zu laufenden Kosten der Hersteller ermöglichen, fordert SolarPower-Europe-Präsident Aristotelis Chantavas. Man kann es als Eingeständnis verstehen, niemals günstiger als die chinesische Konkurrenz produzieren zu können.
“China verfolgt eine sehr aggressive Industriepolitik und Branchenstrategie. China gibt fast Drei- bis Viermal mehr an Industrieunterstützung und Subventionen aus als wir in der westlichen Welt”, sagt Johan Lindahl, Generalsekretär des European Solar Manufacturing Council (ESMC). Der Branchenverband vertritt die Interessen der europäischen PV-Fertigungsindustrie. Zu den bekanntesten Mitgliedern zählen beispielsweise die Hersteller Meyer Burger und Wackers.
Nach Schätzungen des Center for Strategic and International Studies (CSIS) gab die Volksrepublik im Jahr 2019 1,7 Prozent ihres BIP für Industrieunterstützung und Subventionen aus. In Frankreich waren es laut dem Bericht “Red Ink: Estimating Chinese Industrial Policy Spending in Comparative Perspective” nur 0,5 Prozent und in Deutschland 0,4 Prozent. China konzentriert sich in seiner Industriestrategie noch stärker auf strategische Sektoren wie Photovoltaik, Batterien oder E-Autos.
Darüber hinaus gewähren die USA im Rahmen des Inflation Reduction Act derzeit großzügige Steuernachlässe für Hersteller, die die Errichtung von Solarstrom-Produktionsprojekten planen. Washington hat zudem Einfuhrzölle auf chinesische Module eingeführt. Dadurch steigen dort die Kosten für die chinesischen Module.
Indien arbeite ebenfalls mit Subventionen, allerdings mit geringeren als China, wie Lindahl erklärt. Diese und andere Entwicklungen hätten dazu geführt, dass der europäische Markt für chinesische Hersteller am attraktivsten bleibt. “Deshalb strömt ein so großes Überangebot an Modulen nach Europa. Das hat zum Preisverfall geführt und zu einer sehr schwierigen Situation für die europäischen Modulhersteller”, erklärt Lindahl.
Lindahl sagt, dass sich seine Organisation nicht für Zölle auf die chinesischen Module eingesetzt habe. Denn eine mögliche Anti-Dumping-Untersuchung würde ein bis zwei Jahre dauern. Bis die Untersuchung abgeschlossen ist, wäre die Branche in der EU verschwunden.
ESMC hat sich stattdessen für Notfallmaßnahmen ausgesprochen, die für die nächsten zwei Jahre begrenzt sind. Sie würden gelten, bis der EU-Rechtsrahmen verbessert wird – durch die Gesetzespakete wie dem Net-Zero Industry Act oder dem Verbot von durch Zwangsarbeit hergestellten Gütern.
So könnte auf EU-Ebene eine Einrichtung etabliert werden, in der in Europa hergestellte Module zu Marktpreisen verkauft werden, erklärt Lindahl, “und dann entweder die EU oder die Mitgliedstaaten die Differenz zwischen dem Marktpreis und den aktuellen Produktionskosten decken“.
Dem ESMC-Generalsekretär zufolge würde sich die Differenz zwischen dem Marktpreis und den Produktionskosten auf 160 Millionen Euro belaufen. Um die Branche in Europa bei einer Auslastung von 40 Prozent am Laufen zu halten, also die Personalkosten in den Jahren 2025 und 2026 zu decken, schätzt der Verband, dass bis 2025 rund 880 Millionen Euro benötigt werden. Im Gegenzug würde ein solcher Schritt den Abfluss von 560 Millionen Euro aus dem Europäischen Wirtschaftsraum verhindern und so das Handelsungleichgewicht mit China verringern, argumentiert Lindahl.
Chinas Netz von Überwachungskameras soll künftig auch den Mond erfassen. “Der Aufbau und der Betrieb eines Überwachungssystems für die Mondbasis kann sich auf die Erfahrungen des chinesischen Skynet-Projekts stützen”, schreiben Forscher der China National Space Administration (CNSA) in einem Forschungspapier, über das die Zeitung South China Morning Post berichtet.
Skynet umfasst in China 600 Millionen Kameras, die fast jeden Winkel des Landes im Blick behalten. Auf dem Mond sollen die Kameras illegale Aktivitäten oder abweichendes Verhalten melden. Die Bilder sollen, wie auf dem chinesischen Erdboden, von KI-Chips ausgewertet werden.
China ist längst in den neuen Wettlauf zum Mond eingestiegen. Eine bemannte Landung auf dem Himmelskörper ist für die 2030er-Jahre angepeilt. Langfristig ist eine Mondbasis geplant. Diese brauche eine 360-Grad-Überwachung, schreiben die Autoren des Forschungspapiers. Die Kameras sollen je rund 100 Gramm wiegen und sich automatisch und drahtlos verbinden. “Skynet” ist eine etwas ironische Übersetzung für “Tianwang”: In der Science-Fiction-Filmreihe Terminator heißt so das KI-Netzwerk, das durchdreht und die Menschheit auslöschen will. fin
Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. hat China Aggression im Südchinesischen Meer vorgeworfen. Sein Land habe keine andere Wahl, als sich zu verteidigen. “Die territoriale Integrität der Philippinen darf nicht bedroht werden, und wenn Drohungen ausgesprochen werden, dann müssen wir uns gegen diese Drohungen verteidigen”, sagte Marcos am Montag der australischen Denkfabrik Lowy Institute.
Hintergrund ist ein jahrelanger Streit um die Hoheit im Südchinesischen Meer zwischen China, Philippinen, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Brunei. Peking beansprucht praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich – einschließlich von Gebieten in den Exklusiven Wirtschaftszonen (EWZ) der Anrainer.
Zuletzt haben die Spannungen wieder zugenommen. Die Philippinen werfen China vor, Fischern den Zugang zu Riffen und Korallen zu versperren und den Nachschub für seine Truppen zu verhindern. Als Reaktion will die Regierung von Ferdinand Marcos Jr. mit Bildern und Videoaufnahmen Chinas aggressives Verhalten aufdecken und einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Im chinesischen Außenministerium wirft man hingegen den Philippinen vor, im Südchinesischen Meer zu provozieren. China habe lediglich im Einklang mit den Gesetzen die notwendigen Schritte unternommen, um seine Souveränität und seine Interessen zu schützen. rad
Chinas Eurasien-Sondergesandter Li Hui soll zu Wochenbeginn in Brüssel eingetroffen sein. Li wurde am Montag in der belgischen Hauptstadt erwartet, hieß es aus EU-Kreisen. Den Informationen zufolge trifft er dort in diesen Tagen Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS).
Li hatte am Samstag den stellvertretenden russischen Außenminister Michail Jurjewitsch Galuzin in Moskau getroffen. Beide Seiten betonten, dass nur durch Verhandlungen ein Ausweg gefunden werden könnte, hieß es in einem chinesischen Pressestatement nach dem Treffen. Darin wurde lediglich von der “Ukraine-Krise” gesprochen.
Moskau betonte indes, dass Gespräche nicht ohne Russland stattfinden sollten. “Es wurde festgestellt, dass jede Diskussion über eine politische und diplomatische Lösung ohne die Beteiligung Russlands und unter Berücksichtigung seiner Interessen im Sicherheitsbereich unmöglich ist”, hieß es auf der Internetseite des russischen Außenministeriums. Li soll auch in die Ukraine sowie nach Frankreich, Polen und Deutschland reisen.
Li war im vergangenen Mai zum ersten Mal seit Beginn des Krieges in die Ukraine gereist und hatte auch in Moskau und Brüssel Gespräche geführt, jedoch ohne sichtbare Fortschritte. Zuvor hatte China im Februar 2023 ein Positionspapier zum Krieg in der Ukraine vorgelegt, in dem es die Achtung der Souveränität, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen forderte. ari
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Turk hat China gegenüber die Einhaltung der Grundrechte auch in Bezug auf die muslimische Minderheit der Uiguren angemahnt. Die Volksrepublik müsse die Empfehlungen seines Büros und anderer Menschenrechtsgremien “in Bezug auf Gesetze, Strategien und Praktiken umsetzen, die gegen die Grundrechte verstoßen – auch in den Regionen Xinjiang und Tibet”, sagte Turk am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.
Sein Büro befinde sich im Dialog mit Peking, sagte Turk. Er forderte von China auch die Freilassung von Menschenrechtlern, Anwälten und anderen Personen, unter dem Vorwurf inhaftiert sind, Unruhe gestiftet zu haben. fin/rtr
Frankreich debattiert eine Strafgebühr für Super-Fast-Fashion-Anbieter wie Temu, Shein und Primark. Ein Gesetzentwurf, der eine Strafe von zehn Euro pro verkauftem Kleidungsstück vorschlägt, soll Mitte des Monats in der Nationalversammlung diskutiert werden. Ziel des Gesetzes sei es, “die Umweltauswirkungen der Textilindustrie” der an kurzlebiger Mode beteiligten Marken zu verringern.
Deshalb soll ein “Ökobeitrag” geleistet werden, um den Preisunterschied zwischen Produkten aus Super-Fast-Fashion und solchen aus nachhaltigeren Sektoren zu verringern. Christophe Béchu, französischer Minister für ökologischen Übergang, traf sich am Montag mit Vertretern der Modeindustrie, Verbänden und Textilherstellern, um über den Gesetzesentwurf zu sprechen. Temu wird auch in Frankreich stark genutzt. Fashion-Anbieter Shein hatte in Paris auch mit Pop-up-Stores Erfolg. ari
Acht Jahre lang war Andreas Scheuer Mitglied mehrerer Regierungen von Angela Merkel als Staatssekretär und als Minister. Mit dem Regierungswechsel 2021 war für den CSU-Abgeordneten die Zeit im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vorbei, stattdessen begann eine berufliche Umorientierung. “Wo sind Projekte, wo kann man sich einbringen, auch mit der Erfahrung, mit dem Netzwerk?”, erinnert sich Scheuer. Zu seinen Fachbereichen zählt unter anderem die Logistik.
“Und die Logistik spannt vieles zusammen”, sagt Scheuer. Das ist auch die Verbindung nach China. “Wenn ich mir die Dynamik in Asien anschaue und auch die China-Strategie, die jetzt in dieser Zeit neu entwickelt wurde, dann sieht man schon allein, dass der Wohlstand in Deutschland und der Erfolg der deutschen Wirtschaft vom Auslandsengagement abhängen.” Wenn ein Politiker wie er mit seiner Erfahrung und seinem Netzwerk mithelfen könne, nicht nur die Dialoge in Bezug auf Werte und Demokratie zu führen, sondern auch “in Bezug auf unsere wirtschaftlichen Interessen Made in Germany“, war er gewillt, dabei mitzuhelfen.
Deshalb entschied sich Scheuer 2022 dafür, Vorsitzender der Asienbrücke zu werden. Der überparteiliche Verein hat sich auf die Fahne geschrieben, die Kooperation zwischen den Ländern der asiatisch-pazifischen Region mit der Bundesrepublik Deutschland und der EU voranzubringen.
Scheuer ist nun das Gesicht und Sprachrohr des Vereins. Um einen bestimmten Raum, ein Land zu entwickeln, seien vor allem drei Dinge wichtig: “Das ist Energie, das ist Bildung und das ist Infrastruktur, vielleicht noch in den letzten Jahren stärker die Digitalisierung. Aber diese drei Bereiche, da hängt mein Herzblut dran”, sagt der 49-jährige Niederbayer.
Ein Schwerpunkt der Arbeit sind Events mit Experten und zur Vernetzung. “Immer, wenn Wahlen stattgefunden haben, ob in Taiwan, Thailand war oder auf den Philippinen, oder auch zum Parteitag in China, gibt es Expertenanhörungen, die virtuell stattfinden”, erklärt er. “Dann haben wir natürlich Delegationsreisen geplant – Thema Vietnam, Thema Dialog in Indien.”
Vor kurzem sei er in Vietnam, Malaysia und Indonesien gewesen, und auch in Japan und Korea. Der studierte Politikwissenschaftler kennt die handels- und geopolitische Bedeutung Chinas. Doch der gesamte Verein legt den Fokus nicht allein auf die Volksrepublik, sondern beschäftigt sich mit allen Staaten im ostasiatischen Raum.
“Wir sind Brücke, Brücke in jeder Beziehung”, sagt Scheuer. “Das Schöne ist, wenn dann eben aus so einem Gedanken was Konkretes entsteht.” Er sei früh in Vietnam gewesen und zuletzt erneut dorthin gereist. Daraus seien die ersten Verbindungen zwischen vietnamesischen und deutschen Unternehmen entstanden, wie der ehemalige Bundesminister berichtet. “Ich war dort mit jungen mittelständischen Familienunternehmern unterwegs, die ziemlich erstaunt waren, was für eine immense Dynamik Realität ist.”
Zugleich bleibt China für ihn ein prominentes Thema. Vielleicht nicht unbedingt aus einer speziellen Faszination für die Volksrepublik heraus, sondern vor allem wegen des Einflusses, den Peking auf der ganzen Welt hat.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder die Gräueltaten der Hamas gegenüber Israel hätten zu einer neuen Dynamik auch in der Asienbrücke oder generell in der Außenpolitik geführt. “Das werden wir abbilden mit unseren Aktivitäten. Da sind wir bei den Fragen: Kann Getreide geliefert werden? Welche Auswirkungen haben die Energielieferungen zwischen Russland und China?” Da verändere sich einfach etwas für die Wirtschaft, was Produktion und Preise betrifft, und das hätte globale und strategische Auswirkungen bis hin zu Themen der Luft- und Raumfahrt oder Digitalisierung, meint Scheuer.
Die Welt ist nach den jüngsten Entwicklungen “besorgniserregend komplizierter geworden”, wie er es beschreibt. Er sei trotzdem Optimist und möchte nun, da er nicht mehr am Kabinettstisch sitzt, mit seinen Aktivitäten für die Asienbrücke die Position Deutschlands verbessern. Constantin Eckner
Xiaofei Tang ist seit Januar Head of China Marketing beim Singapurer Fin-Tech-Unternehmen Airwallex. Tang war zuvor in leitenden Positionen bei American Express und Bytedance in China tätig. Ihr Einsatzort ist Shanghai.
Heiko Joerg Schick hat bei Huawei Deutschland die Aufgabe des Chief Architect & Industry Expert in den Bereichen Adv. Computing, AI & Semiconductors übernommen. Schick ist seit mehr als neun Jahren für den chinesischen Tech-Konzern in dessen im German Research Center in München tätig.
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10.000 Meter tief. Das Bohrloch Shenditake 1 in der Taklamakan-Wüste in Xinjiang hat am Montag eine neue Rekordtiefe erreicht. Und es soll noch weitergehen, bis in 11.100 Meter Tiefe. Die Bohrung markiert einen Durchbruch bei der Erforschung tiefer Erdschichten. Der bisherige Weltrekord wurde in den 1970er-Jahren aufgestellt. Auf der sowjetischen Kola-Halbinsel erreichte man eine Tiefe von 12.262 Meter.
mit der Eröffnung der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes hat die Parlamentssaison begonnen. Sie wird eine Woche dauern, danach übernimmt wieder der Ständige Ausschuss des Volkskongresses die Gesetzgebung.
Die Konsultativkonferenz hat eigentlich eine zentrale Rolle in Chinas Demokratieverständnis. Die “Konsultation” des Volkes ersetzt hier Wahlen. Doch schon am ersten Tag der Sitzungswoche zeigte sich der wahre Trend der chinesischen Demokratie: Die traditionelle Pressekonferenz des Ministerpräsidenten wird abgeschafft.
Das ist ein düsteres Zeichen, wie Michael Radunski analysiert. Für China-Korrespondenten waren die Pressekonferenzen zum Volkskongress die einzig verbliebene Möglichkeit, den Regierenden zumindest einmal im Jahr nahezukommen. Doch auch die Ministerpräsidenten nutzen die Veranstaltung als Chance, um eigene Akzente zu setzen.
Doch die Presse ist zur Kontrolle in China nach offizieller Lesart überflüssig, schließlich liegt schon alle Macht beim Volk. Die Partei nimmt für sich in Anspruch, Missstände und Korruption aus eigener Kraft viel effektiver aufzudecken als die Medien das könnten. Xi Jinping nennt das ganzheitlich-prozessorientierte Volksdemokratie 全过程人民民主. Wir nennen es in der derzeitigen Ausprägung einfach Diktatur mit Parlaments-Folklore einmal im Jahr.
Als Montag Lou Qinjian in Peking vor die Presse tritt, sieht alles nach Routine aus. Der Sprecher des Nationalen Volkskongress (NVK) informiert über Ablauf und Themen der am Dienstag beginnenden Sitzung. Am Ende seiner Ausführung kündigt Lou noch an, dass es die obligatorische Pressekonferenz des Ministerpräsidenten zum Abschluss des NVK nicht mehr gibt – dieses Jahr nicht, und auch nicht in Zukunft. Es sei denn, es liegen “besondere Umstände” vor.
Das markiert den Bruch mit einer jahrzehntelangen Tradition – und zeigt zugleich, wie es derzeit um China bestellt ist: Nach außen gibt sich die Volksrepublik immer verschlossener. Selbst der harmlose, durchgeplante Austausch des Premiers mit Journalisten zum Volkskongresses wird nun gestrichen. Und nach innen bedeutet die PK-Absage eine deutliche Schwächung des Ministerpräsidenten. Die organisatorische Nummer Zwei hinter Präsident Xi Jinping verliert weiter an Spielraum.
Es ist ein weiterer Schritt, der zeigt, wie sehr sich China auf allen Ebenen verschließt. Der Volkskongress selbst hatte vor wenigen Jahren noch den Wert jener Pressekonferenz selbst gelobt. Auf dem offiziellen WeChat-Konto hieß es 2018, die Pressekonferenz sei “eines der wichtigen Fenster zur Beobachtung von Chinas Offenheit und Transparenz”.
Doch passt die Maßnahme nur allzu gut ins aktuelle Bild. Im vergangenen Jahr wurde die Veröffentlichung einiger wichtiger Wirtschaftsdaten eingestellt – etwa die damals rasant ansteigende Jugendarbeitslosenquote. Ebenfalls gestrichen wurde offenbar das so wichtige Dritte Plenum des Zentralkomitees, wo normalerweise die Leitplanken der chinesischen Wirtschaftspolitik entschieden werden. Es hätte eigentlich im Spätherbst stattfinden sollen.
Passend dazu wird während des Volkskongresses offenbar auch keinen neuen Außenminister ernannt. Auf der am Montag veröffentlichten NVK-Tagesordnung fehlte jedenfalls der Punkt Personalbesetzungen. Es scheint, als würde Wang Yi weiterhin als Außenminister fungieren, nachdem Qin Gang im Juli ohne Begründung gestürzt wurde.
Doch die Absage der Pressekonferenz hat auch Konsequenzen nach innen. Sie bedeutet eine deutliche Schwächung des Ministerpräsidenten, eigentlichen die Nummer Zwei hinter Partei- und Staatschef Xi Jinping. Doch Xi hat sich längst zum “Kern” von allem machen lassen, regiert als Vorsitzender Dutzender Kommissionen in alle Ebenen hinein und hat Zwängen wie der Amtszeitbeschränkung entledigt.
Doch Beobachter in China finden auch eine positive Deutung der Absage. “Es ist auch ein Spiegelbild von Li Qiangs Pragmatismus. Er konzentriert sich auf wichtige politische Richtungen, die alle in seinem Arbeitsbericht klar dargelegt sind”, sagte Wang Xiangwei, ehemaliger Chefredakteur der South China Morning Post. “Er glaubt nicht, dass eine zusätzliche Pressekonferenz notwendig ist, da die Minister besser in der Lage sind, detaillierte Richtlinien auszuarbeiten, und sie alle werden Pressekonferenzen abhalten.”
Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Pressekonferenz zum NVK-Abschluss bot den jeweiligen Ministerpräsidenten die Möglichkeit, eigene Akzente zu setzen – direkt und in aller Öffentlichkeit. Zwar waren die Veranstaltungen eng orchestriert, die Fragen der Journalisten mussten vorab eingereicht und genehmigt werden. Und doch kam es seit 1988 immer wieder zu Besonderheiten.
Im Jahr 1998 vermittelte Zhu Rongji den anwesenden Reportern eindrücklich, wie sehr er gegen Korruption vorgehen wolle – auch wenn er selbst Leib und Leben verliere. Wen Jiabao sorgte 2012 für Aufregung, als er warnte: “Ohne den Erfolg einer Reform des politischen Systems kann die Reform des Wirtschaftssystems nicht vollständig durchgeführt werden.” Wen widersprach damit dem Vorhaben vieler Kader, Wirtschaftsreformen auch ohne politische Liberalisierung vorzunehmen.
Und jener Wen sorgte wohl auch für die längste NVK-Pressekonferenz, als er auf eine Frage wartete, die nicht gestellt wurde, weil der Moderator den US-Journalisten schlicht nicht aufrufen wollte. Nach drei Stunden kam der US-Kollege doch noch zu Wort: Wen konnte endlich seinen Punkt machen und sich von dem Top-Politiker Bo Xilai distanzieren, der zuvor als künftiger Präsident gehandelt wurde. Wenige Tage später wurde Bo abgesetzt und später verhaftet.
Die Pressekonferenz des Premiers hat also immer wieder Neuigkeiten von internationaler Tragweite hervorgebracht. Zuletzt war es Li Keqiang, der 2020 eine landesweite Debatte über Armutsbekämpfung auslöste. Li beschwerte sich auf jener Pressekonferenz, dass zwei Fünftel der chinesischen Bevölkerung “nicht einmal genug verdienten, um ein Zimmer in einer mittelgroßen chinesischen Stadt zu mieten”.
Kommentare dieser Art brachten Li Keqiang den Ruf als ökonomisches Gegengewicht zu Xi Jinping ein. Zukünftige Ministerpräsidenten werden diese Möglichkeit nicht mehr haben – zumindest nicht auf ihrer eigenen Pressekonferenz zum Abschluss des Nationalen Volkskongress.
Fast flehentlich klang Kadri Simson am Montag. “Wir können unsere Grenzen nicht schließen, weil wir Solarmodule brauchen”, sagte die EU-Energiekommissarin vor dem Treffen der Energieminister in Brüssel. “Wir müssen unsere Industrie unterstützen, aber wir brauchen alle Produkte, um unsere sehr ambitionierten Ziele für 2030 zu erreichen.” Anders gesagt: Die EU benötigt Solarprodukte aus China so dringend für den Ausbau der neuen Energiequellen, dass sie die Tore für die Einfuhr offen lassen muss.
Mit diesen Worten sind die Hoffnungen einiger europäischer Hersteller gestorben, die Kommission möge sie vor der Einfuhr chinesischer Module zu Dumpingpreisen schützen. Denn die gleiche Handschrift trug ein Brief, den Simson vergangenen Donnerstag zusammen mit Industriekommissar Thierry Breton an die Ratspräsidentschaft geschickt hatte.
Auf fünf Seiten listet das Papier Maßnahmen auf, wie die europäische Solarindustrie unterstützt werden soll. Doch Handelsbeschränkungen werden darin nicht einmal erwähnt. Weitergehende Diskussionen soll es nach dem Willen von Breton und Simson erst in der zweiten Jahreshälfte geben. Im Klartext: Nicht mehr mit dieser EU-Kommission.
Stattdessen spielen Simson und Breton den Ball an die Mitgliedstaaten zurück – aber auch an jene Unternehmen aus der Solarwirtschaft, die Front gemacht hatten gegen Einfuhrbeschränkungen für günstige Module. Noch zu Wochenbeginn hatten unter anderem Enpal, 1Komma5, EnBW und Vattenfall die neue Allianz Solar Economy Europe (SEE) vorgestellt.
Simson und Breton wollen die Händler dazu bringen, freiwillig Verantwortung zu übernehmen: “Großhändler und Vertriebe könnten sich verpflichten, eine Reihe von in der EU hergestellten PV-Produkten in ihr Portfolio aufzunehmen.” Bei einem der nächsten Ratstreffen könne eine entsprechende Erklärung mit Selbstverpflichtungen unterzeichnet werden – wahrscheinlich im Mai, ist aus der Branche zu hören. Das Schreiben richtet sich aber auch an die Mitgliedstaaten.
In Auktionen für Solaranlagen könnten die EU-Staaten “ambitionierte Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien” einführen, empfehlen Simson und Breton. Damit stärkt die Kommission auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Rücken, der in einem Solarpaket gerne Resilienz-Boni einführen würde, um Strom aus europäischen Solarmodulen höher zu vergüten. Die FDP lehnt das wegen der Kosten ab.
Langfristig müsse der Beihilferahmen aber auch Zuschüsse zu laufenden Kosten der Hersteller ermöglichen, fordert SolarPower-Europe-Präsident Aristotelis Chantavas. Man kann es als Eingeständnis verstehen, niemals günstiger als die chinesische Konkurrenz produzieren zu können.
“China verfolgt eine sehr aggressive Industriepolitik und Branchenstrategie. China gibt fast Drei- bis Viermal mehr an Industrieunterstützung und Subventionen aus als wir in der westlichen Welt”, sagt Johan Lindahl, Generalsekretär des European Solar Manufacturing Council (ESMC). Der Branchenverband vertritt die Interessen der europäischen PV-Fertigungsindustrie. Zu den bekanntesten Mitgliedern zählen beispielsweise die Hersteller Meyer Burger und Wackers.
Nach Schätzungen des Center for Strategic and International Studies (CSIS) gab die Volksrepublik im Jahr 2019 1,7 Prozent ihres BIP für Industrieunterstützung und Subventionen aus. In Frankreich waren es laut dem Bericht “Red Ink: Estimating Chinese Industrial Policy Spending in Comparative Perspective” nur 0,5 Prozent und in Deutschland 0,4 Prozent. China konzentriert sich in seiner Industriestrategie noch stärker auf strategische Sektoren wie Photovoltaik, Batterien oder E-Autos.
Darüber hinaus gewähren die USA im Rahmen des Inflation Reduction Act derzeit großzügige Steuernachlässe für Hersteller, die die Errichtung von Solarstrom-Produktionsprojekten planen. Washington hat zudem Einfuhrzölle auf chinesische Module eingeführt. Dadurch steigen dort die Kosten für die chinesischen Module.
Indien arbeite ebenfalls mit Subventionen, allerdings mit geringeren als China, wie Lindahl erklärt. Diese und andere Entwicklungen hätten dazu geführt, dass der europäische Markt für chinesische Hersteller am attraktivsten bleibt. “Deshalb strömt ein so großes Überangebot an Modulen nach Europa. Das hat zum Preisverfall geführt und zu einer sehr schwierigen Situation für die europäischen Modulhersteller”, erklärt Lindahl.
Lindahl sagt, dass sich seine Organisation nicht für Zölle auf die chinesischen Module eingesetzt habe. Denn eine mögliche Anti-Dumping-Untersuchung würde ein bis zwei Jahre dauern. Bis die Untersuchung abgeschlossen ist, wäre die Branche in der EU verschwunden.
ESMC hat sich stattdessen für Notfallmaßnahmen ausgesprochen, die für die nächsten zwei Jahre begrenzt sind. Sie würden gelten, bis der EU-Rechtsrahmen verbessert wird – durch die Gesetzespakete wie dem Net-Zero Industry Act oder dem Verbot von durch Zwangsarbeit hergestellten Gütern.
So könnte auf EU-Ebene eine Einrichtung etabliert werden, in der in Europa hergestellte Module zu Marktpreisen verkauft werden, erklärt Lindahl, “und dann entweder die EU oder die Mitgliedstaaten die Differenz zwischen dem Marktpreis und den aktuellen Produktionskosten decken“.
Dem ESMC-Generalsekretär zufolge würde sich die Differenz zwischen dem Marktpreis und den Produktionskosten auf 160 Millionen Euro belaufen. Um die Branche in Europa bei einer Auslastung von 40 Prozent am Laufen zu halten, also die Personalkosten in den Jahren 2025 und 2026 zu decken, schätzt der Verband, dass bis 2025 rund 880 Millionen Euro benötigt werden. Im Gegenzug würde ein solcher Schritt den Abfluss von 560 Millionen Euro aus dem Europäischen Wirtschaftsraum verhindern und so das Handelsungleichgewicht mit China verringern, argumentiert Lindahl.
Chinas Netz von Überwachungskameras soll künftig auch den Mond erfassen. “Der Aufbau und der Betrieb eines Überwachungssystems für die Mondbasis kann sich auf die Erfahrungen des chinesischen Skynet-Projekts stützen”, schreiben Forscher der China National Space Administration (CNSA) in einem Forschungspapier, über das die Zeitung South China Morning Post berichtet.
Skynet umfasst in China 600 Millionen Kameras, die fast jeden Winkel des Landes im Blick behalten. Auf dem Mond sollen die Kameras illegale Aktivitäten oder abweichendes Verhalten melden. Die Bilder sollen, wie auf dem chinesischen Erdboden, von KI-Chips ausgewertet werden.
China ist längst in den neuen Wettlauf zum Mond eingestiegen. Eine bemannte Landung auf dem Himmelskörper ist für die 2030er-Jahre angepeilt. Langfristig ist eine Mondbasis geplant. Diese brauche eine 360-Grad-Überwachung, schreiben die Autoren des Forschungspapiers. Die Kameras sollen je rund 100 Gramm wiegen und sich automatisch und drahtlos verbinden. “Skynet” ist eine etwas ironische Übersetzung für “Tianwang”: In der Science-Fiction-Filmreihe Terminator heißt so das KI-Netzwerk, das durchdreht und die Menschheit auslöschen will. fin
Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. hat China Aggression im Südchinesischen Meer vorgeworfen. Sein Land habe keine andere Wahl, als sich zu verteidigen. “Die territoriale Integrität der Philippinen darf nicht bedroht werden, und wenn Drohungen ausgesprochen werden, dann müssen wir uns gegen diese Drohungen verteidigen”, sagte Marcos am Montag der australischen Denkfabrik Lowy Institute.
Hintergrund ist ein jahrelanger Streit um die Hoheit im Südchinesischen Meer zwischen China, Philippinen, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Brunei. Peking beansprucht praktisch das gesamte Südchinesische Meer für sich – einschließlich von Gebieten in den Exklusiven Wirtschaftszonen (EWZ) der Anrainer.
Zuletzt haben die Spannungen wieder zugenommen. Die Philippinen werfen China vor, Fischern den Zugang zu Riffen und Korallen zu versperren und den Nachschub für seine Truppen zu verhindern. Als Reaktion will die Regierung von Ferdinand Marcos Jr. mit Bildern und Videoaufnahmen Chinas aggressives Verhalten aufdecken und einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Im chinesischen Außenministerium wirft man hingegen den Philippinen vor, im Südchinesischen Meer zu provozieren. China habe lediglich im Einklang mit den Gesetzen die notwendigen Schritte unternommen, um seine Souveränität und seine Interessen zu schützen. rad
Chinas Eurasien-Sondergesandter Li Hui soll zu Wochenbeginn in Brüssel eingetroffen sein. Li wurde am Montag in der belgischen Hauptstadt erwartet, hieß es aus EU-Kreisen. Den Informationen zufolge trifft er dort in diesen Tagen Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS).
Li hatte am Samstag den stellvertretenden russischen Außenminister Michail Jurjewitsch Galuzin in Moskau getroffen. Beide Seiten betonten, dass nur durch Verhandlungen ein Ausweg gefunden werden könnte, hieß es in einem chinesischen Pressestatement nach dem Treffen. Darin wurde lediglich von der “Ukraine-Krise” gesprochen.
Moskau betonte indes, dass Gespräche nicht ohne Russland stattfinden sollten. “Es wurde festgestellt, dass jede Diskussion über eine politische und diplomatische Lösung ohne die Beteiligung Russlands und unter Berücksichtigung seiner Interessen im Sicherheitsbereich unmöglich ist”, hieß es auf der Internetseite des russischen Außenministeriums. Li soll auch in die Ukraine sowie nach Frankreich, Polen und Deutschland reisen.
Li war im vergangenen Mai zum ersten Mal seit Beginn des Krieges in die Ukraine gereist und hatte auch in Moskau und Brüssel Gespräche geführt, jedoch ohne sichtbare Fortschritte. Zuvor hatte China im Februar 2023 ein Positionspapier zum Krieg in der Ukraine vorgelegt, in dem es die Achtung der Souveränität, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen forderte. ari
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Turk hat China gegenüber die Einhaltung der Grundrechte auch in Bezug auf die muslimische Minderheit der Uiguren angemahnt. Die Volksrepublik müsse die Empfehlungen seines Büros und anderer Menschenrechtsgremien “in Bezug auf Gesetze, Strategien und Praktiken umsetzen, die gegen die Grundrechte verstoßen – auch in den Regionen Xinjiang und Tibet”, sagte Turk am Montag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.
Sein Büro befinde sich im Dialog mit Peking, sagte Turk. Er forderte von China auch die Freilassung von Menschenrechtlern, Anwälten und anderen Personen, unter dem Vorwurf inhaftiert sind, Unruhe gestiftet zu haben. fin/rtr
Frankreich debattiert eine Strafgebühr für Super-Fast-Fashion-Anbieter wie Temu, Shein und Primark. Ein Gesetzentwurf, der eine Strafe von zehn Euro pro verkauftem Kleidungsstück vorschlägt, soll Mitte des Monats in der Nationalversammlung diskutiert werden. Ziel des Gesetzes sei es, “die Umweltauswirkungen der Textilindustrie” der an kurzlebiger Mode beteiligten Marken zu verringern.
Deshalb soll ein “Ökobeitrag” geleistet werden, um den Preisunterschied zwischen Produkten aus Super-Fast-Fashion und solchen aus nachhaltigeren Sektoren zu verringern. Christophe Béchu, französischer Minister für ökologischen Übergang, traf sich am Montag mit Vertretern der Modeindustrie, Verbänden und Textilherstellern, um über den Gesetzesentwurf zu sprechen. Temu wird auch in Frankreich stark genutzt. Fashion-Anbieter Shein hatte in Paris auch mit Pop-up-Stores Erfolg. ari
Acht Jahre lang war Andreas Scheuer Mitglied mehrerer Regierungen von Angela Merkel als Staatssekretär und als Minister. Mit dem Regierungswechsel 2021 war für den CSU-Abgeordneten die Zeit im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vorbei, stattdessen begann eine berufliche Umorientierung. “Wo sind Projekte, wo kann man sich einbringen, auch mit der Erfahrung, mit dem Netzwerk?”, erinnert sich Scheuer. Zu seinen Fachbereichen zählt unter anderem die Logistik.
“Und die Logistik spannt vieles zusammen”, sagt Scheuer. Das ist auch die Verbindung nach China. “Wenn ich mir die Dynamik in Asien anschaue und auch die China-Strategie, die jetzt in dieser Zeit neu entwickelt wurde, dann sieht man schon allein, dass der Wohlstand in Deutschland und der Erfolg der deutschen Wirtschaft vom Auslandsengagement abhängen.” Wenn ein Politiker wie er mit seiner Erfahrung und seinem Netzwerk mithelfen könne, nicht nur die Dialoge in Bezug auf Werte und Demokratie zu führen, sondern auch “in Bezug auf unsere wirtschaftlichen Interessen Made in Germany“, war er gewillt, dabei mitzuhelfen.
Deshalb entschied sich Scheuer 2022 dafür, Vorsitzender der Asienbrücke zu werden. Der überparteiliche Verein hat sich auf die Fahne geschrieben, die Kooperation zwischen den Ländern der asiatisch-pazifischen Region mit der Bundesrepublik Deutschland und der EU voranzubringen.
Scheuer ist nun das Gesicht und Sprachrohr des Vereins. Um einen bestimmten Raum, ein Land zu entwickeln, seien vor allem drei Dinge wichtig: “Das ist Energie, das ist Bildung und das ist Infrastruktur, vielleicht noch in den letzten Jahren stärker die Digitalisierung. Aber diese drei Bereiche, da hängt mein Herzblut dran”, sagt der 49-jährige Niederbayer.
Ein Schwerpunkt der Arbeit sind Events mit Experten und zur Vernetzung. “Immer, wenn Wahlen stattgefunden haben, ob in Taiwan, Thailand war oder auf den Philippinen, oder auch zum Parteitag in China, gibt es Expertenanhörungen, die virtuell stattfinden”, erklärt er. “Dann haben wir natürlich Delegationsreisen geplant – Thema Vietnam, Thema Dialog in Indien.”
Vor kurzem sei er in Vietnam, Malaysia und Indonesien gewesen, und auch in Japan und Korea. Der studierte Politikwissenschaftler kennt die handels- und geopolitische Bedeutung Chinas. Doch der gesamte Verein legt den Fokus nicht allein auf die Volksrepublik, sondern beschäftigt sich mit allen Staaten im ostasiatischen Raum.
“Wir sind Brücke, Brücke in jeder Beziehung”, sagt Scheuer. “Das Schöne ist, wenn dann eben aus so einem Gedanken was Konkretes entsteht.” Er sei früh in Vietnam gewesen und zuletzt erneut dorthin gereist. Daraus seien die ersten Verbindungen zwischen vietnamesischen und deutschen Unternehmen entstanden, wie der ehemalige Bundesminister berichtet. “Ich war dort mit jungen mittelständischen Familienunternehmern unterwegs, die ziemlich erstaunt waren, was für eine immense Dynamik Realität ist.”
Zugleich bleibt China für ihn ein prominentes Thema. Vielleicht nicht unbedingt aus einer speziellen Faszination für die Volksrepublik heraus, sondern vor allem wegen des Einflusses, den Peking auf der ganzen Welt hat.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder die Gräueltaten der Hamas gegenüber Israel hätten zu einer neuen Dynamik auch in der Asienbrücke oder generell in der Außenpolitik geführt. “Das werden wir abbilden mit unseren Aktivitäten. Da sind wir bei den Fragen: Kann Getreide geliefert werden? Welche Auswirkungen haben die Energielieferungen zwischen Russland und China?” Da verändere sich einfach etwas für die Wirtschaft, was Produktion und Preise betrifft, und das hätte globale und strategische Auswirkungen bis hin zu Themen der Luft- und Raumfahrt oder Digitalisierung, meint Scheuer.
Die Welt ist nach den jüngsten Entwicklungen “besorgniserregend komplizierter geworden”, wie er es beschreibt. Er sei trotzdem Optimist und möchte nun, da er nicht mehr am Kabinettstisch sitzt, mit seinen Aktivitäten für die Asienbrücke die Position Deutschlands verbessern. Constantin Eckner
Xiaofei Tang ist seit Januar Head of China Marketing beim Singapurer Fin-Tech-Unternehmen Airwallex. Tang war zuvor in leitenden Positionen bei American Express und Bytedance in China tätig. Ihr Einsatzort ist Shanghai.
Heiko Joerg Schick hat bei Huawei Deutschland die Aufgabe des Chief Architect & Industry Expert in den Bereichen Adv. Computing, AI & Semiconductors übernommen. Schick ist seit mehr als neun Jahren für den chinesischen Tech-Konzern in dessen im German Research Center in München tätig.
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10.000 Meter tief. Das Bohrloch Shenditake 1 in der Taklamakan-Wüste in Xinjiang hat am Montag eine neue Rekordtiefe erreicht. Und es soll noch weitergehen, bis in 11.100 Meter Tiefe. Die Bohrung markiert einen Durchbruch bei der Erforschung tiefer Erdschichten. Der bisherige Weltrekord wurde in den 1970er-Jahren aufgestellt. Auf der sowjetischen Kola-Halbinsel erreichte man eine Tiefe von 12.262 Meter.