Table.Briefing: China

US-Zölle und die Folgen für Europa + Skandal im Fischfang

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir haben das unter Donald Trump schon einmal sehr ähnlich erlebt: US-Präsident Joe Biden will hohe Strafzölle auf chinesische Produkte erheben. Eine 100-Prozent-Abgabe auf E-Autos aus der Volksrepublik ist geplant.

Die Abgabe ist zwar in der Praxis derzeit nahezu gleichgültig, da alle großen chinesischen E-Auto-Hersteller den US-Markt meiden. Und doch zeigt die Reaktion aus China, dass jetzt wohl ein neuer Handelskonflikt zwischen den USA und China ausbrechen wird, wie Jörn Petring analysiert. Uns in Europa sollte klar sein, dass die EU auch diesmal in diese Auseinandersetzung hineingezogen werden wird.

Europa geht es auch etwas an, wenn chinesische Fischer im Indischen Ozean auf Beutezug gehen. Denn was die britische Environmental Justice Foundation herausgefunden hat, sollte jedem Konsumenten den Appetit verderben. Gewalt gegen Mensch und Tier sind an der Tagesordnung und belasten die Lieferketten – lange bevor die Ware auf europäischen Tellern landet. Marcel Grzanna hat sich die EJF-Untersuchung angeschaut. Wie die Lidl-Gruppe auf die Vorwürfe von ethisch fragwürdig gefangenem Fisch im Kühlregal reagiert, lesen Sie in unserer Analyse.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Auto-Zölle: So zieht Washington die EU in einen Handelskonflikt mit China 

Diesen Sportwagen von BYD würde sicherlich auch so manch Amerikaner gerne fahren. Doch das dürfte teuer werden – wegen Bidens Strafzöllen.

Die bevorstehende deutliche Erhöhung der US-Strafzölle auf chinesische Elektroautos dürfte den Handelsstreit zwischen Peking und Washington weiter anheizen. Auf Berichte, wonach US-Präsident Joe Biden am Dienstag die Zölle auf Elektroautos von bisher 25 auf 100 Prozent erhöhen wird und auch andere grüne Produkte wie Solarmodule stärker ins Visier nehmen will, reagierte Peking mit scharfer Kritik. Man werde “alle notwendigen Maßnahmen” ergreifen, um die eigenen Interessen zu verteidigen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking.

Es sieht also ganz danach auch, dass die gefährliche Spirale aus Zoll und Gegenzoll wieder in Gang gerät. Das gefährliche Hochschaukeln hatte einst unter Donald Trump begonnen. Der ehemalige US-Präsident hatte vor allem 2018 und 2019 in mehreren Schritten Strafzölle auf chinesische Produkte im Volumen von insgesamt 370 Milliarden Dollar verhängt. Die Chinesen reagierten stets mit Gegenzöllen, zuletzt auf US-Importe im Volumen von 120 Milliarden Dollar.

Bislang meiden fast alle chinesischen Elektroautohersteller den US-Markt. Sie wissen um die schwierigen Beziehungen und wollen daher kein großes Risiko eingehen. Die Zölle würden das laufende Geschäft der Chinesen also kaum beeinträchtigen. Sie würden aber alle zukünftigen Expansionspläne in die USA begraben. Da es derzeit kaum Geschäft mit chinesischen E-Autos in den USA gibt, könnte Pekings Gegenschlag vorerst auch dosiert ausfallen. Schließlich sind die Chinesen in der Vergangenheit stets hinter den US-Zollvolumina zurückgeblieben.

Zölle für China ein Zeichen von US-Schwäche

Biden, so argumentieren die Chinesen, gehe es vor allem um ein politisches Manöver. “Die Idee, hohe Zölle auf chinesische Produkte zu erheben, ist eher politisch motiviert, um Wählerstimmen zu gewinnen“, zitieren chinesische Medien Gao Lingyun von der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Dass sowohl Demokraten als auch Republikaner im Wahlkampf mit einer harten Linie gegen China punkten wollen, ist kein neues Phänomen. Peking ist sich dessen durchaus bewusst.

Vor allem aber sehen Chinas Staatsmedien in der bevorstehenden US-Ankündigung ein Zeichen der Schwäche Washingtons. “Es zeigt, dass die USA ihre heimische Industrie nur durch hohe Zölle aufrechterhalten können, weil Chinas Fertigungskompetenz die der USA bei weitem übertrifft”, wird der Pekinger Ökonom Tian Yun in chinesischen Medien zitiert.

China: Strafzölle sollen Europa unter Druck setzen

Die Staatszeitung Global Times vermutet hinter dem Vorgehen der Amerikaner aber noch ein anderes Manöver. So sollen die Zölle auch “Druck auf Europa” ausüben. Die Argumentation: Höhere US-Zölle würden dazu führen, dass auch andere westliche Partner den Amerikanern folgen, damit die chinesischen Hersteller nicht noch stärker auf diese Märkte expandieren. 

Chen Qi, Direktor des Zentrums für US-China-Beziehungen an der Tsinghua-Universität, wirft sowohl den USA als auch der EU “Heuchelei” vor. Während sie China wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten verurteilten, beteiligten sie sich selbst an einem “globalen Subventionswettlauf“. So gewähre allein der Inflation Reduction Act in den USA rund 369 Milliarden US-Dollar an Steuererleichterungen und Subventionen für die saubere Energieindustrie. Chinesische Elektroautos seien aufgrund effizienter Lieferketten, technologischer Fähigkeiten und der Marktdynamik hochgradig kosteneffektiv, nicht aufgrund von Subventionen oder Dumpingpolitik. 

China dürfte US-Farmer ins Visier nehmen

Die Maßnahmen der USA und der EU stünden auch im Widerspruch zu ihrem erklärten Engagement für den Umwelt- und Klimaschutz. Barrieren gegen billige Elektroautos aus China würden ihrer Führungsrolle im globalen Kampf gegen den Klimawandel nicht gerecht. “Angesichts der Aussicht, ihre privilegierte Position in der Weltwirtschaftsordnung zu verlieren, greifen sie zu verzweifelten Maßnahmen, um ihren Einfluss auf Schlüsselindustrien zu bewahren”, sagte Chen. Die Untersuchungen gegen Chinas EV-Sektor seien nur ein Symptom dieses “größeren Übels” und “ein letzter Versuch, ihre wirtschaftliche Dominanz zu bewahren”. 

Agiert Peking wie bisher, dürften vor allem US-Landwirte ins Visier geraten. Schon in den ersten Runden des Handelsstreits traf es vor allem Agrarprodukte wie Sojabohnen und Schweinefleisch aus den USA. Damit hoffte Peking, die US-Führung zum Umdenken zu bewegen. Schließlich ist Landwirtschaft ein emotionales Thema. Und tatsächlich schlagen erste US-Politiker bereits Alarm. “Wir können nicht sicher sein, dass China die Landwirtschaft genauso treffen wird wie unter Trump, aber sie werden zurückschlagen”, zitierte Bloomberg den republikanischen US-Senator Chuck Grassley. 

  • Autoindustrie
  • Handel
  • USA
  • Zoll
Translation missing.

Fischerei: Mit diesen schmutzigen Praktiken drückt China die Kosten

Ein Crew-Mitglied eines chinesischen Fischerboot posiert mit der illegalen Beute.
Ein Crew-Mitglied eines chinesischen Fischerboot posiert mit der illegalen Beute.

Kenntnisse von den Praktiken der chinesische Fernflotten-Fischerei können den Appetit auf Meerestiere verderben. Jagd auf geschützte Arten, Tierquälerei, Gewalt gegen Crewmitglieder und sklavenähnliche Beschäftigungen sind auf chinesischen Schiffen offenbar üblich – lange bevor die Waren dann auf europäischen Tellern landen. Eine neue Untersuchung durch die britische Environmental Justice Foundation (EFJ) hat Vorwürfe zu drastischen Verstößen gegen Tierschutz und Menschenrechte durch chinesische Fischer nochmals vertieft.

Die monatelange Recherche im südwestlichen Indischen Ozean, entlang der Ostküste des afrikanischen Kontinents, offenbarte 177 vermutete oder bestätigte Straftaten auf den Schiffen der chinesischen Fernflotte. Dazu zählt der Fang bedrohter Arten, illegale Methoden des Fischfangs sowie teilweise exzessive Gewalt durch Führungspersonal gegen Besatzungsmitglieder, die zudem schlecht bezahlt sind. Die Vorwürfe ähneln jenen Zuständen, die EJF in der Vergangenheit bereits auf Schiffen der chinesischen Fernflotte entlang der Westküste des Kontinents festgestellt hatte.

Staatliche Subventionen in Millionenhöhe

Chinesische Behörden sind nach Meinung der EJF dabei tief verwickelt in die Vorgänge, weil sie der eigenen Industrie aus wirtschaftlichen Interessen keine allzu strengen Regularien auferlegen wollen. China unterstützt die Industrie mit großzügigen Investitionen in die Fischfang-Infrastruktur und Subventionen in Millionenhöhe. “Man muss schon aktiv wegschauen, um das System dahinter nicht zu erkennen. Und es ist schwer zu glauben, dass chinesische Beamte davon nichts wissen”, sagt EJF-Geschäftsführer Steve Trent im Gespräch mit Table.Briefings.

Trent betont zwar, dass es nicht nur die chinesische Fernflotte ist, die illegale Methoden nutzt oder ihre Arbeiter schlecht bezahlt. Allerdings seien die Probleme in anderen Ländern “minimal im Vergleich zu China”. Ein entscheidender Unterschied sei die Handlungsbereitschaft der Regierungen. Taiwan, Südkorea oder Thailand hätten auf entsprechende Vorwürfe gegen ihren Fernflotten reagiert und Kontrolle und Transparenz deutlich erhöht. In China aber würden die Probleme von den Behörden ignoriert, obwohl die Beweislage inzwischen erdrückend ist.

Lücken in den Zertifizierungsprozessen

Für Konsumenten sind die Lieferketten nicht nachzuvollziehen. Zertifikate wie MSC oder Safe verschaffen den Eindruck nachhaltigen Fischfangs. Doch Umweltorganisationen beklagen seit Jahren Lücken in den Zertifizierungsprozessen, die schwere Verstöße gegen Tierschutz oder Menschenrechte übersehen. Unter welchen Umständen ein Fisch gefangen wurde, ehe er in Dosen oder tiefgefroren in europäischen Supermärkten landet, bleibt unter Umständen verborgen.

EJF-Gründer Trent wirft europäischen Händlern vor, nicht konsequent gegen die potenziellen Gefahren in ihren Lieferketten vorzugehen. Vor wenigen Wochen hatte die Organisation über die desaströsen Zustände bei der Zhejiang Ocean Family (ZOF) berichtet, einem der wichtigsten Versorger des internationalen Fisch-Großhandels. Mithilfe von Daten eines abgesagten Börsengangs von ZOF im Jahr 2023 konnte EJF die Lieferketten zu großen Einzelhändlern wie Amazon, Rakuten, Carrefour, Island, Lidl, Marks & Spencer oder El Corte Inglés nachzeichnen. Bei welchem dieser Unternehmen tatsächlich ZOF-Fänge in den Regalen landen, bleibt jedoch unklar.

Lidl verweist auf seinen Code of Conduct

Die deutsche Supermarktkette Lidl versichert, intensiv daran zu arbeiten, “negative Auswirkungen in unseren Lieferketten zu minimieren”. Man habe eine Untersuchung in der Angelegenheit eingeleitet. Allerdings könne man aufgrund des laufenden Verfahrens keine weiteren Informationen mitteilen. Das Unternehmen verweist auf seinen Code of Conduct. “Sollten uns konkrete Sachverhalte bezüglich Verstößen gegen diese Bestimmungen vorliegen, gehen wir dem nach und leiten entsprechende Schritte ein”, heißt es in einer Stellungnahme für Table.Briefings.

Die Fänge aus dem Indischen Ozean sind jedenfalls weitgehend für den Weltmarkt bestimmt. EJF empfiehlt deshalb dringend, dass der Großhandel seine Lieferketten offenlegt, um den Konsumenten die Entscheidung zu überlassen, ob sie Fisch verzehren wollen, der möglicherweise unter illegalen oder menschenverachtenden Bedingungen gefangen worden ist.

EJF hat in den vergangenen Jahren knapp 400 Besatzungsmitglieder chinesischer Schiffe befragt, die überwiegend aus Indonesien oder den Philippinen stammten. Die Organisation weist darauf hin, dass die Zeugenaussagen zwar starke Indizien, aber noch keine Beweise seien. Foto- und Filmaufnahmen, die konkrete Verstöße darstellen, liegen EJF zwar vor, allerdings sei es immer schwieriger, an solches Material zu gelangen, weil die Kapitäne der Schiffe den Besatzungsmitgliedern die Nutzung von Mobiltelefonen zunehmend verbieten.

Beste politische Beziehungen der Branche

Deswegen schickt die Organisation zusätzlich eigene Teams auf See, um Schiffe aufzuspüren und deren illegalen Praktiken aus der Distanz oder der Luft mit Filmaufnahmen zu dokumentieren. Dazu werteten die Aktivisten umfangreiches Satelliten-Material aus, das belegt, wie sich Schiffe lange in Gewässern aufhielten, die für den Fischfang verboten sind. An Zufälle glaubt Trent nicht. “Wer im Zickzack-Kurs durch diese Gewässer fährt, der macht das nicht aus Spaß. Dafür sind allein schon die Kosten für den Diesel viel zu hoch.” In den Häfen legten sich EJF-Mitarbeiter auf die Lauer, um die Schiffe beim Entladen zu beobachten und mögliche illegale Fänge zu identifizieren.

Politische Rückendeckung scheint die chinesische Fernflotte ausreichend zu genießen. China subventionierte die Branche in den vergangenen Jahren mit zweistelligen Millionen-Dollarbeträgen. In den Jahren 2019 bis 2021 flossen über 34 Millionen US-Dollar an die Betreiber der Fernflotte. Zudem ist beispielsweise ZOF bis in höchste Politkreise vernetzt. Die Wanxiang Gruppe aus Hangzhou, ihres Zeichens Besitzerin der ZOF, ist ein Mischkonzern, der unter anderem auch Autoteile produziert. Ihr Hauptaktionär ist der Milliardär Lu Weiding, der gleichzeitig Delegierter des 14. Nationalen Volkskongresses ist.

  • Fischerei
  • Lieferketten
  • Menschenrechte
  • Münchner Sicherheitskonferenz
  • Tierschutz

News

E-Autos: Wie die EU sich von Batterie-Importen aus China unabhängig machen könnte

Europäische Unternehmen haben einer aktuellen Studie zufolge alle technischen Möglichkeiten, eine eigene starke Batterieproduktion in Europa aufzubauen. Rund die Hälfte der geplanten EU-Produktion drohe jedoch wegen mangelnder Finanzierung in die USA oder China abzuwandern, heißt es in einer Untersuchung der Organisation Transport and Environment (T&E – Verkehr und Umwelt).

Sebastian Bock, T&E-Geschäftsführer in Deutschland, sagte dazu gegenüber der Nachrichtenagentur AP: Die Europäische Investitionsbank (EIB) und der EU-Batteriefonds müssten besser aufgestellt werden, “um Investitionen in europäische Gigafabriken unterstützen zu können”.

Mit einer eigenen Batterieproduktion anstelle von Einfuhren aus China, könnte die EU zudem die CO₂-Emissionen deutlich senken. Eine vollständige Batterieproduktion in Europa würde rund 37 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen als bisherige Importe, heißt es in der Studie. Würden dann auch noch die benötigten Metalle in der EU gewonnen, statt auf Importe aus Asien zu setzen, wären weitere positive Auswirkungen auf die CO₂-Bilanz zu erreichen. Allein schon durch die wesentlich kürzeren Transportwege – im Vergleich zu importiertem Nickel aus Indonesien und in China verarbeitetem Lithium aus. T&E fordert deshalb, die Metalle verstärkt in Europa zu fördern und zu recyceln.

Die Europäische Union will bis 2030 mindestens zehn Prozent ihres Bedarfs an strategisch wichtigen Rohstoffen wie Nickel und Lithium aus eigener Gewinnung abdecken. Die Kapazitäten für die Verarbeitung sollen dann bei mindestens 40 Prozent liegen. Für die Batterieproduktion setzt man deshalb auch auf eine engere Zusammenarbeit mit Norwegen, das über große Rohstoffvorkommen in der Nordsee verfügt. rad

  • Autoindustrie
  • Energie
  • Handel
  • Lithium
  • Technologie

KI-Dialog: Worüber USA und China in Genf diskutieren

Vertreter der USA und China wollen sich am heutigen Dienstag in Genf treffen und über den Umgang mit Künstlicher Intelligenz diskutieren. In den Gesprächen soll unter anderem besprochen werden, wie Risiken der neuen Technologie eingehegt werden können. Auch soll geklärt werden, wie die beiden Länder “Risiko” und “Sicherheit” in diesem Bereich definieren. “Wir sind sicherlich bei vielen KI-Themen nicht einer Meinung”, sagte ein US-Vertreter. “Aber wir glauben, dass die Kommunikation über kritische KI-Risiken die Welt sicherer machen kann.” Das Treffen geht auf eine Einigung zwischen den beiden Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping in San Francisco zurück.

Beide Länder konkurrierten darum, die Regeln für den Einsatz der neuen Technologie zu gestalten. US-Beamte betonten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die amerikanische Politik der Biden-Administration bei dem Treffen nicht zur Verhandlung stünde. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden versucht, bei etlichen Zukunftsfragen in den Dialog mit China zu kommen, auch um Missverständnisse zwischen den beiden Rivalen zu reduzieren.

Schon im April war KI ein Thema zwischen US-Außenminister Antony Blinken und Chinas Außenminister Wang Yi. Bei ihrem Treffen in Peking vereinbarten sie Details, wie zukünftig formelle bilaterale Gespräche zu diesem Thema abgehalten werden sollen. “Dies ist das erste Treffen dieser Art. Daher gehen wir davon aus, dass die gesamte Bandbreite der Risiken besprochen wird, möchten aber zum jetzigen Zeitpunkt keine Einzelheiten vorwegnehmen”, sagte ein ranghoher Verwaltungsbeamter im Vorfeld des Treffens.

Das US-Außenministerium drängt China und Russland, sich der amerikanischen Erklärungen anzuschließen, wonach nur Menschen und niemals künstliche Intelligenz über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden würden. rad

  • Künstliche Intelligenz
  • Technologie
  • USA

Universitäten: Weshalb sich chinesische Studenten im Ausland selbst zensieren

Chinesische und Hongkonger Studenten, die im Ausland studieren, leben in Angst vor Einschüchterung, Belästigung und Überwachung. Zu diesem Ergebnis kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) in ihrem Bericht “On my campus, I’m afraid“, der am Montag veröffentlicht wurde. Die Schlussfolgerung stützt sich auf 32 Interviews, die Amnesty in acht Ländern, darunter Deutschland, mit Studenten aus China und Hongkong geführt hat.

Probates Mittel der Behörden sind Drohungen gegen die Familie der Studenten. Wer langfristig aus der Reihe tanzt, muss schlimmstenfalls mit Konsequenzen für Verwandte in der Volksrepublik rechnen. AI stellt fest, dass das allgemeine Bewusstsein unter ausländischen Studenten für die länderübergreifenden Unterdrückung durch chinesische Behörden ein “Klima der Angst” an den Universitäten in Westeuropa und Nordamerika geschaffen hat. Das erzeuge “Abschreckungseffekte” und schränkt die Teilnahme chinesischer Studenten am akademischen und sozialen Leben ein.

Praktisch alle befragten Studenten gaben an, dass sie sich in gewissem Maße selbst zensieren, sowohl online als auch offline. Sie gehen fest davon aus, dass ihre Kommunikation über chinesische Onlineplattformen von staatlichen Behörden überwacht wird.

Peking geißelt die Veröffentlichung als “böswillige Verleumdung”. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte: “Alle objektiven Medien stellen fest, dass die große Mehrheit der chinesischen Staatsbürger im Ausland stolz auf die Entwicklung und Stärke ihres Vaterlandes ist.” grz

  • Amnesty International
  • Bildung
  • Menschenrechte
  • Überwachung

Solarindustrie: Warum zwei chinesische Konsortien in Rumänien aussteigen

Zwei chinesische Unternehmen haben sich aus einem Solarprojekt in Rumänien zurückgezogen. Grund dafür ist offenbar, dass die Europäische Union eine Wettbewerbsuntersuchung gegen die beiden Firmen eingeleitet hatte. Das berichtet die japanische Zeitung “Nikkei Asia”. Konkret geht es um eine Tochtergesellschaft von LONGi Green Energy Technology und einen Verbund zweier Tochtergesellschaften der Shanghai Electric Group.

Die Europäische Kommission hatte im April eine Untersuchung gegen diese beiden Gruppen eingeleitet. Man wollte herausfinden, ob die Konsortien eventuell Empfänger umfangreicher, nicht offengelegter Subventionen der chinesischen Regierung sein könnten. Hätten die EU Verstöße festgestellt, wären die Firmen von der Ausschreibung ausgeschlossen worden. Hintergrund: Die EU unterstützt das Solarprojekt in Rumänien – so hätte man mit EU-Geld indirekt chinesische Subventionen finanziert.

Am Montag gab der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, nun bekannt, dass die Tochtergesellschaft von LONGi Green Energy Technology, einem führenden Hersteller von Solarmodulen, das Projekt zum Bau des Photovoltaikparks nicht mehr verfolge. Auch die Tochtergesellschaften der Shanghai Electric Group seien demnach ausgestiegen.

Angesichts ihres Rückzugs wird die Europäische Kommission ihre Ermittlungen gegen die chinesischen Firmen einstellen. Rumänien will bis 2030 seine landesweite Solarenergiekapazität auf acht Gigawatt erhöhen. Damit sollen 24 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. rad

  • Energie
  • EU
  • Klima & Umwelt
  • Technologie

Presseschau

Verdopplung der Angriffe: Mehr Cyberattacken aus China und Russland RHEINISCHE POST
Delegationen aus USA und China beraten in Genf über Risiken von KI WEB.DE
Chinese Woman Jailed for Reporting on Covid Is Set to Be Freed NEW YORK TIMES
Pekings langer Arm reicht bis an die Schweizer Unis: Chinas Regime setzt Studierende im Ausland unter Druck ZOFINGER TAGBLATT
Drei mutmaßliche Geheimdienstmitarbeiter Hongkongs in London angeklagt HANDELSBLATT
Mögliche EU-Straf-Zölle gegen China besorgen deutsche Auto-Hersteller FAZ
Fast-growing Chinese retailer Miniso shifts expansion focus overseas FINANCIAL TIMES
More Chinese Cities Move to Buy Up Housing Inventories WALL STREET JOURNAL
China targets tropical Hainan for world’s biggest duty-free area FINANCIAL TIMES
Gazprom in den roten Zahlen, China kann Europageschäft nicht ersetzen DER STANDARD
USA: Chinas massiver Druck auf Nachbarn – kommt jetzt eine asiatische Nato? WELT

Heads

Cai Qi – Weshalb die Volksnähe des Xi-Vertrauten im Politbüro verloren ging

Cai Qi gilt manchem als Nummer Zwei in der Parteihierarchie.

Es ist nicht lange her, da gab sich Cai Qi volksnah und teils gar kritisch gegenüber dem kommunistischen Parteistaat. Während seiner Zeit als Parteifunktionär in der Provinz Zhejiang sammelte Cai mit seinem Profil auf Weibo Millionen Follower. Das Sperren von Facebook in China hielt er für “bedauerlich”. Als sich die Mutter eines lokalen Beamten online an ihn wandte, weil ihr Sohn nach Dienstschluss des Öfteren von Vorgesetzten zum gemeinsamen Trinken genötigt wurde – ein sehr verbreitetes Problem in Chinas Arbeitswelt – sprang Cai Qi ihr bei: “Ihr Sohn wird ab jetzt nicht mehr trinken müssen!”  

Cai veröffentlichte 2012 eine Sammlung seiner Weibo-Posts in Buchform unter dem Namen bōlí fángjiān (“玻璃房间 – Glaszimmer”), sprach sich für mehr Transparenz und offenen Dialog der Kommunistischen Partei im Umgang mit der Bevölkerung aus. 

Mitglied im Ständigen Ausschuss

Ein gutes Jahrzehnt später ist Cai Qi in die oberste Führungsschicht Chinas vorgedrungen. Er ist Vorsitzender des Zentralbüros der Kommunistischen Partei – der Hauptorganisationseinheit der Parteiführung – und Vizepräsident der mächtigen Nationalen Sicherheitskommission. Vor allem aber ist er seit Oktober 2022 eines von sieben Mitgliedern im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem engsten Machtzirkel der Partei mit Generalsekretär Xi Jinping an der Spitze. Dort hat Xi eine treue Gefolgschaft installiert – eine Auswahl alter Weggefährten.

Von Cais einstiger Volksnähe ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die Partei-Doktrin sieht vor, dass Intransparenz die Basis bildet, um politische Stabilität im Land zu wahren. Die Treffen des Ständigen Ausschusses und der Sicherheitskommission werden öffentlich nicht thematisiert, Entscheidungen nur sporadisch kommuniziert. Cai operiert nun in einer Black Box, im Herzen eines völlig intransparenten politischen Organs. Lebenszeichen von dort gibt er nur noch über die staatlichen Medien, aber schon lange nicht mehr über Weibo. Sein Konto hat er vor zehn Jahren stillgelegt.

Planstadt Xiong’an als Prestigeprojekt 

Abseits von seiner früheren Online-Präsenz gleicht die Geschichte von Cai Qis Aufstieg ins chinesische Machtzentrum einer klassischen Parteikarriere. In seiner Geburtsprovinz Fujian und später in Zhejiang arbeitete er sich über 30 Jahre hoch in den Rängen lokaler Partei- und Regierungsämter, die in China eng verzahnt sind. 2014 holte ihn die Parteiführung im Alter von damals 58 Jahren in die Hauptstadt. Cai wurde zunächst Bürgermeister und dann Parteigeneralsekretär von Peking – der nächste große Schritt. Denn auf jeder Entscheidungsebene ist die Parteifunktion mächtiger als die der Verwaltung.

In dieser Zeit verantwortete Cai unter anderem die Vertreibung Zehntausender Wanderarbeiter, die mehr denn je behördlichen Schikanen ausgesetzt wurden, um ihnen die Lust auf ein Leben in der Hauptstadt zu nehmen. Cai trieb dafür den Bau einer Planstadt etwa 100 Kilometer südwestlich von Peking voran, ihr Name lautet Xiong’an. Xiong’an soll bis zur Mitte des Jahrhunderts ein neuer Entwicklungsmotor für die Hauptstadtregion werden, nach dem Vorbild früherer zentral geplanter Wirtschaftszentren wie Shenzhen oder Pudong in Shanghai. 

Cai Qi arbeitete schon auf Provinzebene unter Xi 

Xiong’an gilt auch als persönliches Prestigeprojekt Xi Jinpings. Cais Engagement für Xiong’an kann daher auch als Signal persönlicher Loyalität gegenüber Xi gesehen werden. In Fujian und Zhejiang arbeitete Cai Qi bereits unter Xi, der in den vergangenen Jahren etliche seiner Untergebenen aus seiner Zeit in den Provinzregierungen in hohe Ämter beförderte. Cai Qi wird wie auch Ministerpräsident Li Qiang zur sogenannten Zhejiang-Clique gezählt.

Viele Beobachter sehen Cai als engsten Vertrauten Xi Jinpings, manche gar als heimliche Nummer Zwei in der internen Parteihierarchie, noch vor Li Qiang. Wie eng die Beziehung von Xi und Cai wirklich ist, ist unmöglich zu ermitteln. Nach außen hin jedenfalls dient Cai Qi in seinen Parteiämtern als Sprachrohr der offiziellen Ideologie, allen voran des Xí Jìnpíng sīxiǎng 习近平思想 – dem Denken von Xi Jinping. Leonardo Pape

  • Kommunistische Partei
  • Transparenz
  • Xi Jinping

Personalie

Isaline Hilaire hat bei Airbus den Posten Efficiency Project Leader China übernommen. Die Luft- und Raumfahrtingenieurin ist seit 14 Jahren bei Airbus tätig, vor allem in den Bereichen industrielle Planung, Management und Kundenbetreuung. Für ihre neue Rolle wechselt sie von Toulouse nach Peking. 

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Schwimmender Terminal vor Qingdao

Die Haikui No. 1 ist Chinas erste schwimmende Produktions-, Lager- und Verladeanlage in Zylinderform. Am Wochenende verließ sie den Hafen von Qingdao und machte sich auf den Weg ins Perlflussdelta, wo sie im Ölfeld Liuhua 11-1 bei einer Wassertiefe von 324 Metern eingesetzt werden soll. Die Haikui No. 1 soll schweren Stürmen standhalten und erst nach 15 Jahren auf See zur ersten Wartung in den Hafen müssen. Die Stahlkonstruktion hat eine Länge von 90 Metern und kann pro Tag etwa 5.500 Tonnen Rohöl verarbeiten. Knapp 60.000 Tonnen können an Bord gelagert werden.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wir haben das unter Donald Trump schon einmal sehr ähnlich erlebt: US-Präsident Joe Biden will hohe Strafzölle auf chinesische Produkte erheben. Eine 100-Prozent-Abgabe auf E-Autos aus der Volksrepublik ist geplant.

    Die Abgabe ist zwar in der Praxis derzeit nahezu gleichgültig, da alle großen chinesischen E-Auto-Hersteller den US-Markt meiden. Und doch zeigt die Reaktion aus China, dass jetzt wohl ein neuer Handelskonflikt zwischen den USA und China ausbrechen wird, wie Jörn Petring analysiert. Uns in Europa sollte klar sein, dass die EU auch diesmal in diese Auseinandersetzung hineingezogen werden wird.

    Europa geht es auch etwas an, wenn chinesische Fischer im Indischen Ozean auf Beutezug gehen. Denn was die britische Environmental Justice Foundation herausgefunden hat, sollte jedem Konsumenten den Appetit verderben. Gewalt gegen Mensch und Tier sind an der Tagesordnung und belasten die Lieferketten – lange bevor die Ware auf europäischen Tellern landet. Marcel Grzanna hat sich die EJF-Untersuchung angeschaut. Wie die Lidl-Gruppe auf die Vorwürfe von ethisch fragwürdig gefangenem Fisch im Kühlregal reagiert, lesen Sie in unserer Analyse.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Auto-Zölle: So zieht Washington die EU in einen Handelskonflikt mit China 

    Diesen Sportwagen von BYD würde sicherlich auch so manch Amerikaner gerne fahren. Doch das dürfte teuer werden – wegen Bidens Strafzöllen.

    Die bevorstehende deutliche Erhöhung der US-Strafzölle auf chinesische Elektroautos dürfte den Handelsstreit zwischen Peking und Washington weiter anheizen. Auf Berichte, wonach US-Präsident Joe Biden am Dienstag die Zölle auf Elektroautos von bisher 25 auf 100 Prozent erhöhen wird und auch andere grüne Produkte wie Solarmodule stärker ins Visier nehmen will, reagierte Peking mit scharfer Kritik. Man werde “alle notwendigen Maßnahmen” ergreifen, um die eigenen Interessen zu verteidigen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking.

    Es sieht also ganz danach auch, dass die gefährliche Spirale aus Zoll und Gegenzoll wieder in Gang gerät. Das gefährliche Hochschaukeln hatte einst unter Donald Trump begonnen. Der ehemalige US-Präsident hatte vor allem 2018 und 2019 in mehreren Schritten Strafzölle auf chinesische Produkte im Volumen von insgesamt 370 Milliarden Dollar verhängt. Die Chinesen reagierten stets mit Gegenzöllen, zuletzt auf US-Importe im Volumen von 120 Milliarden Dollar.

    Bislang meiden fast alle chinesischen Elektroautohersteller den US-Markt. Sie wissen um die schwierigen Beziehungen und wollen daher kein großes Risiko eingehen. Die Zölle würden das laufende Geschäft der Chinesen also kaum beeinträchtigen. Sie würden aber alle zukünftigen Expansionspläne in die USA begraben. Da es derzeit kaum Geschäft mit chinesischen E-Autos in den USA gibt, könnte Pekings Gegenschlag vorerst auch dosiert ausfallen. Schließlich sind die Chinesen in der Vergangenheit stets hinter den US-Zollvolumina zurückgeblieben.

    Zölle für China ein Zeichen von US-Schwäche

    Biden, so argumentieren die Chinesen, gehe es vor allem um ein politisches Manöver. “Die Idee, hohe Zölle auf chinesische Produkte zu erheben, ist eher politisch motiviert, um Wählerstimmen zu gewinnen“, zitieren chinesische Medien Gao Lingyun von der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Dass sowohl Demokraten als auch Republikaner im Wahlkampf mit einer harten Linie gegen China punkten wollen, ist kein neues Phänomen. Peking ist sich dessen durchaus bewusst.

    Vor allem aber sehen Chinas Staatsmedien in der bevorstehenden US-Ankündigung ein Zeichen der Schwäche Washingtons. “Es zeigt, dass die USA ihre heimische Industrie nur durch hohe Zölle aufrechterhalten können, weil Chinas Fertigungskompetenz die der USA bei weitem übertrifft”, wird der Pekinger Ökonom Tian Yun in chinesischen Medien zitiert.

    China: Strafzölle sollen Europa unter Druck setzen

    Die Staatszeitung Global Times vermutet hinter dem Vorgehen der Amerikaner aber noch ein anderes Manöver. So sollen die Zölle auch “Druck auf Europa” ausüben. Die Argumentation: Höhere US-Zölle würden dazu führen, dass auch andere westliche Partner den Amerikanern folgen, damit die chinesischen Hersteller nicht noch stärker auf diese Märkte expandieren. 

    Chen Qi, Direktor des Zentrums für US-China-Beziehungen an der Tsinghua-Universität, wirft sowohl den USA als auch der EU “Heuchelei” vor. Während sie China wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten verurteilten, beteiligten sie sich selbst an einem “globalen Subventionswettlauf“. So gewähre allein der Inflation Reduction Act in den USA rund 369 Milliarden US-Dollar an Steuererleichterungen und Subventionen für die saubere Energieindustrie. Chinesische Elektroautos seien aufgrund effizienter Lieferketten, technologischer Fähigkeiten und der Marktdynamik hochgradig kosteneffektiv, nicht aufgrund von Subventionen oder Dumpingpolitik. 

    China dürfte US-Farmer ins Visier nehmen

    Die Maßnahmen der USA und der EU stünden auch im Widerspruch zu ihrem erklärten Engagement für den Umwelt- und Klimaschutz. Barrieren gegen billige Elektroautos aus China würden ihrer Führungsrolle im globalen Kampf gegen den Klimawandel nicht gerecht. “Angesichts der Aussicht, ihre privilegierte Position in der Weltwirtschaftsordnung zu verlieren, greifen sie zu verzweifelten Maßnahmen, um ihren Einfluss auf Schlüsselindustrien zu bewahren”, sagte Chen. Die Untersuchungen gegen Chinas EV-Sektor seien nur ein Symptom dieses “größeren Übels” und “ein letzter Versuch, ihre wirtschaftliche Dominanz zu bewahren”. 

    Agiert Peking wie bisher, dürften vor allem US-Landwirte ins Visier geraten. Schon in den ersten Runden des Handelsstreits traf es vor allem Agrarprodukte wie Sojabohnen und Schweinefleisch aus den USA. Damit hoffte Peking, die US-Führung zum Umdenken zu bewegen. Schließlich ist Landwirtschaft ein emotionales Thema. Und tatsächlich schlagen erste US-Politiker bereits Alarm. “Wir können nicht sicher sein, dass China die Landwirtschaft genauso treffen wird wie unter Trump, aber sie werden zurückschlagen”, zitierte Bloomberg den republikanischen US-Senator Chuck Grassley. 

    • Autoindustrie
    • Handel
    • USA
    • Zoll
    Translation missing.

    Fischerei: Mit diesen schmutzigen Praktiken drückt China die Kosten

    Ein Crew-Mitglied eines chinesischen Fischerboot posiert mit der illegalen Beute.
    Ein Crew-Mitglied eines chinesischen Fischerboot posiert mit der illegalen Beute.

    Kenntnisse von den Praktiken der chinesische Fernflotten-Fischerei können den Appetit auf Meerestiere verderben. Jagd auf geschützte Arten, Tierquälerei, Gewalt gegen Crewmitglieder und sklavenähnliche Beschäftigungen sind auf chinesischen Schiffen offenbar üblich – lange bevor die Waren dann auf europäischen Tellern landen. Eine neue Untersuchung durch die britische Environmental Justice Foundation (EFJ) hat Vorwürfe zu drastischen Verstößen gegen Tierschutz und Menschenrechte durch chinesische Fischer nochmals vertieft.

    Die monatelange Recherche im südwestlichen Indischen Ozean, entlang der Ostküste des afrikanischen Kontinents, offenbarte 177 vermutete oder bestätigte Straftaten auf den Schiffen der chinesischen Fernflotte. Dazu zählt der Fang bedrohter Arten, illegale Methoden des Fischfangs sowie teilweise exzessive Gewalt durch Führungspersonal gegen Besatzungsmitglieder, die zudem schlecht bezahlt sind. Die Vorwürfe ähneln jenen Zuständen, die EJF in der Vergangenheit bereits auf Schiffen der chinesischen Fernflotte entlang der Westküste des Kontinents festgestellt hatte.

    Staatliche Subventionen in Millionenhöhe

    Chinesische Behörden sind nach Meinung der EJF dabei tief verwickelt in die Vorgänge, weil sie der eigenen Industrie aus wirtschaftlichen Interessen keine allzu strengen Regularien auferlegen wollen. China unterstützt die Industrie mit großzügigen Investitionen in die Fischfang-Infrastruktur und Subventionen in Millionenhöhe. “Man muss schon aktiv wegschauen, um das System dahinter nicht zu erkennen. Und es ist schwer zu glauben, dass chinesische Beamte davon nichts wissen”, sagt EJF-Geschäftsführer Steve Trent im Gespräch mit Table.Briefings.

    Trent betont zwar, dass es nicht nur die chinesische Fernflotte ist, die illegale Methoden nutzt oder ihre Arbeiter schlecht bezahlt. Allerdings seien die Probleme in anderen Ländern “minimal im Vergleich zu China”. Ein entscheidender Unterschied sei die Handlungsbereitschaft der Regierungen. Taiwan, Südkorea oder Thailand hätten auf entsprechende Vorwürfe gegen ihren Fernflotten reagiert und Kontrolle und Transparenz deutlich erhöht. In China aber würden die Probleme von den Behörden ignoriert, obwohl die Beweislage inzwischen erdrückend ist.

    Lücken in den Zertifizierungsprozessen

    Für Konsumenten sind die Lieferketten nicht nachzuvollziehen. Zertifikate wie MSC oder Safe verschaffen den Eindruck nachhaltigen Fischfangs. Doch Umweltorganisationen beklagen seit Jahren Lücken in den Zertifizierungsprozessen, die schwere Verstöße gegen Tierschutz oder Menschenrechte übersehen. Unter welchen Umständen ein Fisch gefangen wurde, ehe er in Dosen oder tiefgefroren in europäischen Supermärkten landet, bleibt unter Umständen verborgen.

    EJF-Gründer Trent wirft europäischen Händlern vor, nicht konsequent gegen die potenziellen Gefahren in ihren Lieferketten vorzugehen. Vor wenigen Wochen hatte die Organisation über die desaströsen Zustände bei der Zhejiang Ocean Family (ZOF) berichtet, einem der wichtigsten Versorger des internationalen Fisch-Großhandels. Mithilfe von Daten eines abgesagten Börsengangs von ZOF im Jahr 2023 konnte EJF die Lieferketten zu großen Einzelhändlern wie Amazon, Rakuten, Carrefour, Island, Lidl, Marks & Spencer oder El Corte Inglés nachzeichnen. Bei welchem dieser Unternehmen tatsächlich ZOF-Fänge in den Regalen landen, bleibt jedoch unklar.

    Lidl verweist auf seinen Code of Conduct

    Die deutsche Supermarktkette Lidl versichert, intensiv daran zu arbeiten, “negative Auswirkungen in unseren Lieferketten zu minimieren”. Man habe eine Untersuchung in der Angelegenheit eingeleitet. Allerdings könne man aufgrund des laufenden Verfahrens keine weiteren Informationen mitteilen. Das Unternehmen verweist auf seinen Code of Conduct. “Sollten uns konkrete Sachverhalte bezüglich Verstößen gegen diese Bestimmungen vorliegen, gehen wir dem nach und leiten entsprechende Schritte ein”, heißt es in einer Stellungnahme für Table.Briefings.

    Die Fänge aus dem Indischen Ozean sind jedenfalls weitgehend für den Weltmarkt bestimmt. EJF empfiehlt deshalb dringend, dass der Großhandel seine Lieferketten offenlegt, um den Konsumenten die Entscheidung zu überlassen, ob sie Fisch verzehren wollen, der möglicherweise unter illegalen oder menschenverachtenden Bedingungen gefangen worden ist.

    EJF hat in den vergangenen Jahren knapp 400 Besatzungsmitglieder chinesischer Schiffe befragt, die überwiegend aus Indonesien oder den Philippinen stammten. Die Organisation weist darauf hin, dass die Zeugenaussagen zwar starke Indizien, aber noch keine Beweise seien. Foto- und Filmaufnahmen, die konkrete Verstöße darstellen, liegen EJF zwar vor, allerdings sei es immer schwieriger, an solches Material zu gelangen, weil die Kapitäne der Schiffe den Besatzungsmitgliedern die Nutzung von Mobiltelefonen zunehmend verbieten.

    Beste politische Beziehungen der Branche

    Deswegen schickt die Organisation zusätzlich eigene Teams auf See, um Schiffe aufzuspüren und deren illegalen Praktiken aus der Distanz oder der Luft mit Filmaufnahmen zu dokumentieren. Dazu werteten die Aktivisten umfangreiches Satelliten-Material aus, das belegt, wie sich Schiffe lange in Gewässern aufhielten, die für den Fischfang verboten sind. An Zufälle glaubt Trent nicht. “Wer im Zickzack-Kurs durch diese Gewässer fährt, der macht das nicht aus Spaß. Dafür sind allein schon die Kosten für den Diesel viel zu hoch.” In den Häfen legten sich EJF-Mitarbeiter auf die Lauer, um die Schiffe beim Entladen zu beobachten und mögliche illegale Fänge zu identifizieren.

    Politische Rückendeckung scheint die chinesische Fernflotte ausreichend zu genießen. China subventionierte die Branche in den vergangenen Jahren mit zweistelligen Millionen-Dollarbeträgen. In den Jahren 2019 bis 2021 flossen über 34 Millionen US-Dollar an die Betreiber der Fernflotte. Zudem ist beispielsweise ZOF bis in höchste Politkreise vernetzt. Die Wanxiang Gruppe aus Hangzhou, ihres Zeichens Besitzerin der ZOF, ist ein Mischkonzern, der unter anderem auch Autoteile produziert. Ihr Hauptaktionär ist der Milliardär Lu Weiding, der gleichzeitig Delegierter des 14. Nationalen Volkskongresses ist.

    • Fischerei
    • Lieferketten
    • Menschenrechte
    • Münchner Sicherheitskonferenz
    • Tierschutz

    News

    E-Autos: Wie die EU sich von Batterie-Importen aus China unabhängig machen könnte

    Europäische Unternehmen haben einer aktuellen Studie zufolge alle technischen Möglichkeiten, eine eigene starke Batterieproduktion in Europa aufzubauen. Rund die Hälfte der geplanten EU-Produktion drohe jedoch wegen mangelnder Finanzierung in die USA oder China abzuwandern, heißt es in einer Untersuchung der Organisation Transport and Environment (T&E – Verkehr und Umwelt).

    Sebastian Bock, T&E-Geschäftsführer in Deutschland, sagte dazu gegenüber der Nachrichtenagentur AP: Die Europäische Investitionsbank (EIB) und der EU-Batteriefonds müssten besser aufgestellt werden, “um Investitionen in europäische Gigafabriken unterstützen zu können”.

    Mit einer eigenen Batterieproduktion anstelle von Einfuhren aus China, könnte die EU zudem die CO₂-Emissionen deutlich senken. Eine vollständige Batterieproduktion in Europa würde rund 37 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen als bisherige Importe, heißt es in der Studie. Würden dann auch noch die benötigten Metalle in der EU gewonnen, statt auf Importe aus Asien zu setzen, wären weitere positive Auswirkungen auf die CO₂-Bilanz zu erreichen. Allein schon durch die wesentlich kürzeren Transportwege – im Vergleich zu importiertem Nickel aus Indonesien und in China verarbeitetem Lithium aus. T&E fordert deshalb, die Metalle verstärkt in Europa zu fördern und zu recyceln.

    Die Europäische Union will bis 2030 mindestens zehn Prozent ihres Bedarfs an strategisch wichtigen Rohstoffen wie Nickel und Lithium aus eigener Gewinnung abdecken. Die Kapazitäten für die Verarbeitung sollen dann bei mindestens 40 Prozent liegen. Für die Batterieproduktion setzt man deshalb auch auf eine engere Zusammenarbeit mit Norwegen, das über große Rohstoffvorkommen in der Nordsee verfügt. rad

    • Autoindustrie
    • Energie
    • Handel
    • Lithium
    • Technologie

    KI-Dialog: Worüber USA und China in Genf diskutieren

    Vertreter der USA und China wollen sich am heutigen Dienstag in Genf treffen und über den Umgang mit Künstlicher Intelligenz diskutieren. In den Gesprächen soll unter anderem besprochen werden, wie Risiken der neuen Technologie eingehegt werden können. Auch soll geklärt werden, wie die beiden Länder “Risiko” und “Sicherheit” in diesem Bereich definieren. “Wir sind sicherlich bei vielen KI-Themen nicht einer Meinung”, sagte ein US-Vertreter. “Aber wir glauben, dass die Kommunikation über kritische KI-Risiken die Welt sicherer machen kann.” Das Treffen geht auf eine Einigung zwischen den beiden Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping in San Francisco zurück.

    Beide Länder konkurrierten darum, die Regeln für den Einsatz der neuen Technologie zu gestalten. US-Beamte betonten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die amerikanische Politik der Biden-Administration bei dem Treffen nicht zur Verhandlung stünde. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden versucht, bei etlichen Zukunftsfragen in den Dialog mit China zu kommen, auch um Missverständnisse zwischen den beiden Rivalen zu reduzieren.

    Schon im April war KI ein Thema zwischen US-Außenminister Antony Blinken und Chinas Außenminister Wang Yi. Bei ihrem Treffen in Peking vereinbarten sie Details, wie zukünftig formelle bilaterale Gespräche zu diesem Thema abgehalten werden sollen. “Dies ist das erste Treffen dieser Art. Daher gehen wir davon aus, dass die gesamte Bandbreite der Risiken besprochen wird, möchten aber zum jetzigen Zeitpunkt keine Einzelheiten vorwegnehmen”, sagte ein ranghoher Verwaltungsbeamter im Vorfeld des Treffens.

    Das US-Außenministerium drängt China und Russland, sich der amerikanischen Erklärungen anzuschließen, wonach nur Menschen und niemals künstliche Intelligenz über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden würden. rad

    • Künstliche Intelligenz
    • Technologie
    • USA

    Universitäten: Weshalb sich chinesische Studenten im Ausland selbst zensieren

    Chinesische und Hongkonger Studenten, die im Ausland studieren, leben in Angst vor Einschüchterung, Belästigung und Überwachung. Zu diesem Ergebnis kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) in ihrem Bericht “On my campus, I’m afraid“, der am Montag veröffentlicht wurde. Die Schlussfolgerung stützt sich auf 32 Interviews, die Amnesty in acht Ländern, darunter Deutschland, mit Studenten aus China und Hongkong geführt hat.

    Probates Mittel der Behörden sind Drohungen gegen die Familie der Studenten. Wer langfristig aus der Reihe tanzt, muss schlimmstenfalls mit Konsequenzen für Verwandte in der Volksrepublik rechnen. AI stellt fest, dass das allgemeine Bewusstsein unter ausländischen Studenten für die länderübergreifenden Unterdrückung durch chinesische Behörden ein “Klima der Angst” an den Universitäten in Westeuropa und Nordamerika geschaffen hat. Das erzeuge “Abschreckungseffekte” und schränkt die Teilnahme chinesischer Studenten am akademischen und sozialen Leben ein.

    Praktisch alle befragten Studenten gaben an, dass sie sich in gewissem Maße selbst zensieren, sowohl online als auch offline. Sie gehen fest davon aus, dass ihre Kommunikation über chinesische Onlineplattformen von staatlichen Behörden überwacht wird.

    Peking geißelt die Veröffentlichung als “böswillige Verleumdung”. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte: “Alle objektiven Medien stellen fest, dass die große Mehrheit der chinesischen Staatsbürger im Ausland stolz auf die Entwicklung und Stärke ihres Vaterlandes ist.” grz

    • Amnesty International
    • Bildung
    • Menschenrechte
    • Überwachung

    Solarindustrie: Warum zwei chinesische Konsortien in Rumänien aussteigen

    Zwei chinesische Unternehmen haben sich aus einem Solarprojekt in Rumänien zurückgezogen. Grund dafür ist offenbar, dass die Europäische Union eine Wettbewerbsuntersuchung gegen die beiden Firmen eingeleitet hatte. Das berichtet die japanische Zeitung “Nikkei Asia”. Konkret geht es um eine Tochtergesellschaft von LONGi Green Energy Technology und einen Verbund zweier Tochtergesellschaften der Shanghai Electric Group.

    Die Europäische Kommission hatte im April eine Untersuchung gegen diese beiden Gruppen eingeleitet. Man wollte herausfinden, ob die Konsortien eventuell Empfänger umfangreicher, nicht offengelegter Subventionen der chinesischen Regierung sein könnten. Hätten die EU Verstöße festgestellt, wären die Firmen von der Ausschreibung ausgeschlossen worden. Hintergrund: Die EU unterstützt das Solarprojekt in Rumänien – so hätte man mit EU-Geld indirekt chinesische Subventionen finanziert.

    Am Montag gab der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, nun bekannt, dass die Tochtergesellschaft von LONGi Green Energy Technology, einem führenden Hersteller von Solarmodulen, das Projekt zum Bau des Photovoltaikparks nicht mehr verfolge. Auch die Tochtergesellschaften der Shanghai Electric Group seien demnach ausgestiegen.

    Angesichts ihres Rückzugs wird die Europäische Kommission ihre Ermittlungen gegen die chinesischen Firmen einstellen. Rumänien will bis 2030 seine landesweite Solarenergiekapazität auf acht Gigawatt erhöhen. Damit sollen 24 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. rad

    • Energie
    • EU
    • Klima & Umwelt
    • Technologie

    Presseschau

    Verdopplung der Angriffe: Mehr Cyberattacken aus China und Russland RHEINISCHE POST
    Delegationen aus USA und China beraten in Genf über Risiken von KI WEB.DE
    Chinese Woman Jailed for Reporting on Covid Is Set to Be Freed NEW YORK TIMES
    Pekings langer Arm reicht bis an die Schweizer Unis: Chinas Regime setzt Studierende im Ausland unter Druck ZOFINGER TAGBLATT
    Drei mutmaßliche Geheimdienstmitarbeiter Hongkongs in London angeklagt HANDELSBLATT
    Mögliche EU-Straf-Zölle gegen China besorgen deutsche Auto-Hersteller FAZ
    Fast-growing Chinese retailer Miniso shifts expansion focus overseas FINANCIAL TIMES
    More Chinese Cities Move to Buy Up Housing Inventories WALL STREET JOURNAL
    China targets tropical Hainan for world’s biggest duty-free area FINANCIAL TIMES
    Gazprom in den roten Zahlen, China kann Europageschäft nicht ersetzen DER STANDARD
    USA: Chinas massiver Druck auf Nachbarn – kommt jetzt eine asiatische Nato? WELT

    Heads

    Cai Qi – Weshalb die Volksnähe des Xi-Vertrauten im Politbüro verloren ging

    Cai Qi gilt manchem als Nummer Zwei in der Parteihierarchie.

    Es ist nicht lange her, da gab sich Cai Qi volksnah und teils gar kritisch gegenüber dem kommunistischen Parteistaat. Während seiner Zeit als Parteifunktionär in der Provinz Zhejiang sammelte Cai mit seinem Profil auf Weibo Millionen Follower. Das Sperren von Facebook in China hielt er für “bedauerlich”. Als sich die Mutter eines lokalen Beamten online an ihn wandte, weil ihr Sohn nach Dienstschluss des Öfteren von Vorgesetzten zum gemeinsamen Trinken genötigt wurde – ein sehr verbreitetes Problem in Chinas Arbeitswelt – sprang Cai Qi ihr bei: “Ihr Sohn wird ab jetzt nicht mehr trinken müssen!”  

    Cai veröffentlichte 2012 eine Sammlung seiner Weibo-Posts in Buchform unter dem Namen bōlí fángjiān (“玻璃房间 – Glaszimmer”), sprach sich für mehr Transparenz und offenen Dialog der Kommunistischen Partei im Umgang mit der Bevölkerung aus. 

    Mitglied im Ständigen Ausschuss

    Ein gutes Jahrzehnt später ist Cai Qi in die oberste Führungsschicht Chinas vorgedrungen. Er ist Vorsitzender des Zentralbüros der Kommunistischen Partei – der Hauptorganisationseinheit der Parteiführung – und Vizepräsident der mächtigen Nationalen Sicherheitskommission. Vor allem aber ist er seit Oktober 2022 eines von sieben Mitgliedern im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem engsten Machtzirkel der Partei mit Generalsekretär Xi Jinping an der Spitze. Dort hat Xi eine treue Gefolgschaft installiert – eine Auswahl alter Weggefährten.

    Von Cais einstiger Volksnähe ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die Partei-Doktrin sieht vor, dass Intransparenz die Basis bildet, um politische Stabilität im Land zu wahren. Die Treffen des Ständigen Ausschusses und der Sicherheitskommission werden öffentlich nicht thematisiert, Entscheidungen nur sporadisch kommuniziert. Cai operiert nun in einer Black Box, im Herzen eines völlig intransparenten politischen Organs. Lebenszeichen von dort gibt er nur noch über die staatlichen Medien, aber schon lange nicht mehr über Weibo. Sein Konto hat er vor zehn Jahren stillgelegt.

    Planstadt Xiong’an als Prestigeprojekt 

    Abseits von seiner früheren Online-Präsenz gleicht die Geschichte von Cai Qis Aufstieg ins chinesische Machtzentrum einer klassischen Parteikarriere. In seiner Geburtsprovinz Fujian und später in Zhejiang arbeitete er sich über 30 Jahre hoch in den Rängen lokaler Partei- und Regierungsämter, die in China eng verzahnt sind. 2014 holte ihn die Parteiführung im Alter von damals 58 Jahren in die Hauptstadt. Cai wurde zunächst Bürgermeister und dann Parteigeneralsekretär von Peking – der nächste große Schritt. Denn auf jeder Entscheidungsebene ist die Parteifunktion mächtiger als die der Verwaltung.

    In dieser Zeit verantwortete Cai unter anderem die Vertreibung Zehntausender Wanderarbeiter, die mehr denn je behördlichen Schikanen ausgesetzt wurden, um ihnen die Lust auf ein Leben in der Hauptstadt zu nehmen. Cai trieb dafür den Bau einer Planstadt etwa 100 Kilometer südwestlich von Peking voran, ihr Name lautet Xiong’an. Xiong’an soll bis zur Mitte des Jahrhunderts ein neuer Entwicklungsmotor für die Hauptstadtregion werden, nach dem Vorbild früherer zentral geplanter Wirtschaftszentren wie Shenzhen oder Pudong in Shanghai. 

    Cai Qi arbeitete schon auf Provinzebene unter Xi 

    Xiong’an gilt auch als persönliches Prestigeprojekt Xi Jinpings. Cais Engagement für Xiong’an kann daher auch als Signal persönlicher Loyalität gegenüber Xi gesehen werden. In Fujian und Zhejiang arbeitete Cai Qi bereits unter Xi, der in den vergangenen Jahren etliche seiner Untergebenen aus seiner Zeit in den Provinzregierungen in hohe Ämter beförderte. Cai Qi wird wie auch Ministerpräsident Li Qiang zur sogenannten Zhejiang-Clique gezählt.

    Viele Beobachter sehen Cai als engsten Vertrauten Xi Jinpings, manche gar als heimliche Nummer Zwei in der internen Parteihierarchie, noch vor Li Qiang. Wie eng die Beziehung von Xi und Cai wirklich ist, ist unmöglich zu ermitteln. Nach außen hin jedenfalls dient Cai Qi in seinen Parteiämtern als Sprachrohr der offiziellen Ideologie, allen voran des Xí Jìnpíng sīxiǎng 习近平思想 – dem Denken von Xi Jinping. Leonardo Pape

    • Kommunistische Partei
    • Transparenz
    • Xi Jinping

    Personalie

    Isaline Hilaire hat bei Airbus den Posten Efficiency Project Leader China übernommen. Die Luft- und Raumfahrtingenieurin ist seit 14 Jahren bei Airbus tätig, vor allem in den Bereichen industrielle Planung, Management und Kundenbetreuung. Für ihre neue Rolle wechselt sie von Toulouse nach Peking. 

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Schwimmender Terminal vor Qingdao

    Die Haikui No. 1 ist Chinas erste schwimmende Produktions-, Lager- und Verladeanlage in Zylinderform. Am Wochenende verließ sie den Hafen von Qingdao und machte sich auf den Weg ins Perlflussdelta, wo sie im Ölfeld Liuhua 11-1 bei einer Wassertiefe von 324 Metern eingesetzt werden soll. Die Haikui No. 1 soll schweren Stürmen standhalten und erst nach 15 Jahren auf See zur ersten Wartung in den Hafen müssen. Die Stahlkonstruktion hat eine Länge von 90 Metern und kann pro Tag etwa 5.500 Tonnen Rohöl verarbeiten. Knapp 60.000 Tonnen können an Bord gelagert werden.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen