hohe Subventionen für die heimische Industrie, gepaart mit schmerzhaften Zöllen auf chinesische Produkte: Die USA setzen auf harte Industriepolitik, um ihre Cleantech-Unternehmen gegen die Konkurrenz aus der Volksrepublik zu wappnen. Das von Joe Biden am Dienstag angekündigte Sonderzollpaket hat es in sich. Washington schließt nun ein verbliebenes Schlupfloch für einen hochmodernen Typ von Solarprodukten.
Die Abschottung ist effektiv, sie erzeugt jedoch einen Zielkonflikt zwischen dem Schutz heimischer Industrien einerseits und den Voraussetzungen für die US-Energiewende andererseits, schreibt Christiane Kühl in ihrer Analyse. Denn die Transformation lasse sich durch günstige Produkte aus China beschleunigen.
Während Europa und Deutschland vor der gleichen Herausforderung stehen, kommt aufgrund der US-Zölle noch eine weitere Schwierigkeit hinzu. Überschüssige chinesische Cleantech-Produkte könnten in die EU umgeleitet werden – was den Preiskampf hier weiter verstärken würde.
Auf der einen Seite wachsen die Barrieren – auf der anderen gedeiht eine vielfach beschworene, grenzenlose Partnerschaft. Wladimir Putin ist zu Besuch bei Xi Jinping in Peking. Deutlich wird: Die Verbindung ist strategisch und langfristig ausgelegt. Die beiden Staatsführer versicherten sich am ersten Tag des Putin-Besuchs, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen.
Zudem lobt Putin Chinas Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln, Xi versichert wiederum, Russland bei seinen Kerninteressen zu unterstützen. Spätestens seit diesem Donnerstag sollte niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – sowohl beim Handel als auch strategisch, schreibt Michael Radunski.
Ich wünsche Ihnen viele interessante Einblicke bei der Lektüre.
Im Windschatten der großen Sonderzoll-Ankündigung Anfang der Woche haben die USA für Chinas Solarfirmen nun auch noch ein bisher zollfreies Schlupfloch geschlossen. Am Donnerstag kündigte das Präsidialamt in Washington an, die seit zwei Jahren gewährten Zollausnahmen für bifaziale Solarmodule demnächst zu beenden. Diese Module, die auf beiden Seiten Strom erzeugen können, waren seinerzeit noch ein Nischenprodukt.
Innerhalb kurzer Zeit sind sie jedoch zur wichtigsten Technologie für große Photovoltaik-Projekte der Versorger geworden, vor allem auf Freiflächen. Denn mithilfe beweglicher Träger lässt sich mit bifazialen – also zweiseitigen – Modulen die Sonne aus jeder Richtung einfangen. Sie sind damit auch interessant für die heimischen US-Produzenten, die das Weiße Haus nun besser schützen will.
Das Finanzministerium teilte parallel mit, den Entwicklern von Solarprojekten die Beantragung von Subventionen für den Einsatz lokal hergestellter Produkte zu erleichtern. Dafür müssen laut dem Inflation Reduction Act (IRA) mindestens 40 Prozent der Kosten eines Projekts für in den USA hergestellte Produkte ausgegeben werden. Bislang mussten die Projektentwickler dazu mühsam ihre erwarteten Kosten ausrechnen, nun soll es ein Standardverfahren geben.
Es zeigt sich, dass die Regierung von Präsident Joe Biden im beginnenden US-Wahlkampf in die Vollen geht, um die gerade erst als Wachstumsmotor entdeckte Cleantech-Branche zu schützen. Milliardenschwere Subventionen aus dem IRA erhält sie bereits, doch angesichts des Überangebots aus den gewaltigen Kapazitäten in China scheint dies Washington nicht auszureichen.
Für Solarzellen wird die Regierung den Zollsatz auf 50 Prozent verdoppeln, wie aus dem Zollpaket vom Dienstag hervorgeht. Auf chinesische Elektroautos werden sogar 100 Prozent fällig, auf Halbleiter ebenfalls 50 Prozent, auf Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge 25 Prozent. Das Handelsministerium in Peking forderte umgehend einen Stopp der Maßnahme. China werde sonst “entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Rechte und Interessen zu verteidigen”.
“Chinas Industriekapazitäten und Exporte in bestimmten Sektoren sind inzwischen so groß, dass sie die Rentabilität von Investitionen in den USA und anderen Ländern untergraben können”, sagte dazu die nationale Wirtschaftsberaterin des Weißen Hauses, Lael Brainard, am Donnerstag. “China ist jetzt einfach zu groß, um nur nach seinen eigenen Regeln zu spielen.” Es sieht nicht so aus, als gebe es eine einvernehmliche Lösung.
Zuletzt will Biden auch eine Zollbefreiung für Solarmodule aufheben, die von chinesischen Unternehmen in Malaysia, Kambodscha, Thailand und Vietnam hergestellt werden. Einige chinesische Solarfirmen weichen in diese Länder aus, um die US-Importverbote für Produkte aus Zwangsarbeit etwa in Xinjiang zu umgehen, das eine Hochburg der chinesischen Solarindustrie ist. Exportfirmen der gesamten Lieferkette ziehen sich von dort derzeit schrittweise zurück.
Doch China dominiert bei Solaranlagen – ebenso wie etwa bei Elektrobatterien – die gesamte Lieferkette. Und so beziehen die chinesischen Firmen in Malaysia oder Vietnam ihre Rohstoffe und Vorprodukte wie Polysilizium oder Wafer weiter aus der Volksrepublik. Bei Wafern hält China einen globalen Marktanteil von gut 97 Prozent, sodass auch die nun durch Sonderzölle geschützten US-Solarhersteller auf chinesische Lieferanten angewiesen sind, um überhaupt produzieren zu können. Das zeigt: Es ist kompliziert.
Die vorübergehende Ausnahmeregelung für die vier Länder in Südostasien hatte Biden übrigens vor zwei Jahren auf Antrag der heimischen US-Projektentwickler eingeführt, die nicht auf die günstigen Importe verzichten wollten. Damit zeigt sich in den USA der gleiche Konflikt innerhalb der Branche wie in Europa: Auch hierzulande lehnt die Downstream-Industrie höhere EU-Zölle vehement ab, während die Solarmodul- und Solaranlagenhersteller Brüssel um Subventionen, Zölle oder andere Hilfen bitten. Sie müssen auch 2024 mit geringen oder gar negativen Margen rechnen.
Anlagenbauer und Installateure profitieren davon, dass sie aus der Volksrepublik hochwertige, günstige Produkte einkaufen und preiswert verkaufen können. Und gerade für viele private Haushalte machten Chinas Solarmodule eine eigene Photovoltaik-Anlage auf dem Dach erst finanzierbar. Die Vermarkter fürchten daher, nicht ganz zu Unrecht, bei steigenden Preisen einen Einbruch des florierenden Marktes.
Es ist ein klassischer Zielkonflikt, zwischen der nötigen Transformation und dem Schutz heimischer Industrien. Subventionen sind kostspielig, während Zölle zwar Geld in die Kasse spülen – aber im Falle der Cleantech-Industrie das übergeordnete Ziel der Energiewende gefährden oder zumindest verteuern. Brüssel wägt noch ab und lässt bisher nur Einzelfälle auf unzulässige Subventionen untersuchen. Biden dagegen setzt nun auf beides zugleich: hohe Subventionen für die eigene Branche und hohe Zölle gegen die unliebsame Konkurrenz, die auch noch vom geopolitischen Hauptrivalen kommt.
Die EU ist somit derzeit der einzige große Player, der weder große Subventionen zahlt noch hohe Zölle erhebt. Die neuen US-Zölle ebenso wie die kleineren Maßnahmen vom Donnerstag drohen daher nun noch mehr chinesische Cleantech-Produkte in die EU umzuleiten – was den Preisdruck weiter verstärken würde. Trotzdem warnen deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter die EU, den USA in puncto Sonderzölle nachzueifern. Verlierer seien die Marktteilnehmer, Verbraucher wie Unternehmen, sagte etwa der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura.
Dieser Besuch lässt keine Zweifel mehr offen – und ist zugleich ein Schlag für all jene, die immer noch darauf hoffen, ein rationales China vom kriegstreibenden Russland loseisen zu können. China und Russland stehen felsenfest zueinander. Als Wladimir Putin am Donnerstag in Peking mit Chinas Staatspräsident zusammentrifft, preist er das “beispiellos hohe Niveau der strategischen Partnerschaft” zwischen China und Russland. Xi wiederum verwendet zwar nicht mehr die viel zitierte “grenzenlose Partnerschaft”. Die Vielzahl der geschlossenen Abkommen deutet aber genau auf jene Grenzenlosigkeit hin.
Schon am ersten Tag von Putins zweitägigem Besuch in China wird deutlich: Diese Verbindung ist strategisch, tief und langfristig angelegt. Längst handelt es sich nicht mehr um eine rein bilaterale Partnerschaft. Xi und Putin haben bei ihren Überlegungen die Welt fest im Blick: Der Westen unter Führung der USA wird scharf kritisiert; der sogenannte Globale Süden dagegen umworben.
Aufmerksam lesen sollte man folgende Formulierung aus der gemeinsamen Erklärung von Putin und Xi: Hegemoniale und machtpolitische Staaten stünden Fairness und Gerechtigkeit entgegen und versuchten, die anerkannte internationale Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts durch eine “regelbasierte Ordnung” zu ersetzen und zu untergraben. Damit sprechen sich China und Russland explizit gegen eine regelbasierte Ordnung aus – 基于规则的秩序. Es ist nicht nur die Formulierung aller westlichen Staaten, sondern deren Grundüberzeugung, worauf eine gerechte Welt basieren sollte.
Putin und Xi versicherten sich gegenseitig, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen. In ihrer gemeinsamen Erklärung kritisieren sie, dass die USA weltweit ihre militärische Präsenz ausbauen. Genannt werden unter anderem amerikanische Pläne zur Stationierung bodengestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen in der Asien-Pazifik-Region und in Europa oder auch die Aukus-Allianz mit Großbritannien und Australien. Es handele sich um “äußerst destabilisierenden Schritte, die eine direkte Bedrohung der Sicherheit von Russland und China darstellen”, hieß es in der Erklärung.
Man werde deshalb die eigene Zusammenarbeit weiter koordinieren und verstärken, um “dem destruktiven und feindseligen Kurs Washingtons in Richtung der sogenannten ‘doppelten Eindämmung’ unserer Länder entgegenzuwirken”, heißt es darin.
“Interessant ist die Stelle, an der sie die Überlegungen kritisieren, russisches Staatsvermögen zu beschlagnahmen“, sagt Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, zu Table.Briefings. Hintergrund sind Gedankenspiele im Westen, einige der eingefrorenen Staatsgelder Russlands an die Ukraine zu übergeben. Es ist ein klares Zeichen an die EU.
Im Gegensatz zu den feindseligen USA sehen die beiden Staatsführer die chinesisch-russischen Beziehungen. Putin betonte, ihre Partnerschaft sei “einer der wichtigsten stabilisierenden Faktoren auf der internationalen Bühne“.
Auch die Ukraine ist Thema der Gespräche – allerdings nicht so, wie es sich westliche Politiker und Diplomaten eventuell erhofft haben. Putin lobt vor allem die chinesischen Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”. Das ist bemerkenswert. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.
Xi wiederum versichert Putin, China werde Russland fest unterstützen bei Angelegenheiten, die seine Kerninteressen betreffen – und nichts anderes ist Putins Obsession mit der Ukraine. Eine Lösung müsse laut Xi berechtigte Sicherheitsbedenken beachten – eine von Putins Begründungen für den russischen Angriff. Ziel sei die Gestaltung einer neuen, ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen Sicherheitsarchitektur, sagt Xi.
Spätestens seit diesem Donnerstag sollte also niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – weder an der Tiefe, noch an der Breite. In etlichen Bereichen will man noch enger zusammenarbeiten will, darunter:
Die Fülle an Abkommen sowie die vielen Bereiche, die abgedeckt werden, zeigen: China und Russland arbeiten intensiv daran, widerstandsfähiger gegen westliche Sanktionen zu werden.
Bemerkenswert ist zudem der militärische Aspekt. Neben einer verstärkten Zusammenarbeit haben sich Xi und Putin für eine Art Pufferzone zwischen Atommächten und anderen Militärbündnissen ausgesprochen. Es müsse auf eine “Expansion von Militärbündnissen und -koalitionen und die Schaffung militärischer Brückenköpfe direkt an der Grenze anderer Atommächte” verzichtet werden, heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung. Xi und Putin dürften mit dieser Formulierung klarmachen, dass sie einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine entschieden ablehnen.
21.05.2024, 16:30 Uhr
Bridge4Works, Networking Event (in Wiesbaden): New Generation Entrepreneurs Zhejiang Mehr
22.05.2024, 08:30 Uhr Beijing time
European Union Chamber of Commerce, Executive Breakfast (in Nanjing): Understanding China’s Data Security Regulations and Cross-Border Data Transfer for SME Manufacturing Companies Mehr
23.05.2024, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
China Team, Talkshow “Xiaolong Hu”: Herausforderungen und Management – Ansätze des China-Geschäfts Mehr
23.05.2024, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
EU SME Centre, Webinar: Taking Part in Trade Fairs in China Mehr
23.05.2024, 10:30 Uhr (16:30 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Swiss China Business Academy (2023-2024): Manpower and Employment Regulations Mehr
23.05.2024, 18:00 Uhr
Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen, Cinema China: Xie Fei: A Mongolian Tale Mehr
24.05.2024, 18:30 Uhr
sinokultur Zürich, sinokultur im Salon (in Zürich): Hong Kong cross-disciplinary artist and artist-curator Wong Chi-yung Mehr
Offizielle diplomatische Kontakte mit Taiwan wird die Bundesregierung auch künftig nicht aufnehmen. Einen intensiveren Austausch mit Taiwan soll es aber schon geben. Das Deutsche Institut Taipeh und die Taipei-Vertretung in Berlin, die jeweiligen inoffiziellen “Botschaften”, haben gemeinsam eine neue Dialogplattform für zivilgesellschaftlichen Austausch gegründet.
Außenministerin Annalena Baerbock ernannte den Grünen-Politiker und scheidenden EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer zum deutschen Co-Vorsitzenden, auf taiwanischer Seite wird der ehemalige Soziologie-Professor Chung-Hwa Ku von der National Chengchi Universität den Co-Vorsitz übernehmen. Die Dialogplattform soll aus bis zu zwölf Mitgliedern pro Seite bestehen und sich einmal jährlich abwechselnd in Deutschland und Taiwan treffen.
Das erste Treffen fand am Dienstag und Mittwoch in Berlin statt. Hauptthema war dabei die “Resilienz der Demokratie” sowie die “nachhaltige wirtschaftliche Transformation und die Digitalgesellschaft”, wie Bütikofer mitteilte. Er schilderte eine “lebendige und tolle Atmosphäre”. Das Verhältnis zu China stand explizit nicht im Mittelpunkt. Vielmehr sei es darum gegangen, Taiwan auch mal um seiner selbst willen wahrzunehmen, und “nicht nur durch die Brille, was das jetzt für die Beziehung mit China heißt”, sagte Bütikofer.
Ein ähnliches Format zwischen der Bundesregierung und China existiert seit 2005, hat im Zuge der sich verschlechternden Beziehungen in den vergangenen Jahren allerdings deutlich an Bedeutung verloren. Die chinesische Botschaft reagierte nicht unmittelbar auf die Veranstaltung. Das chinesische Außenministerium hatte jedoch mehrfach die Europäer, darunter auch die Bundesregierung, davor gewarnt, “mit Blick auf Taiwan nicht mit dem Feuer zu spielen”. flee
Noch mehr Importbeschränkungen: Wegen des Verdachts auf Zwangsarbeit haben die USA 26 chinesische Textilunternehmen auf eine Schwarze Liste gesetzt und damit den Import von Produkten dieser Firmen verboten. Wie das Heimatschutzministerium in Washington nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mitteilte, beziehen diese Firmen ihre Baumwolle aus der einst mehrheitlich von Uiguren bewohnten Provinz Xinjiang, wo die Uiguren und andere muslimische Minderheiten systematisch unterdrückt werden.
Damit steigt auf dieser Liste die Zahl der Firmen, denen durch das Gesetz der Export ihrer Güter in die USA verboten ist, auf 65 an. Es ist nach Angaben des Heimatschutzministeriums eine der bislang größten Erweiterungen der Liste. Seit 2021 gilt in den USA ein Gesetz, das die Einfuhr von Gütern aus Xinjiang verbietet, die mutmaßlich unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden. flee
Das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie hat Autohersteller aufgefordert, bis 2025 ein Viertel ihrer Chips von lokalen Herstellern zu beziehen. Das berichtet Nikkei Asia. Die Leitlinien sind aber nicht verbindlich, sondern ein Prämien- oder Kreditsystem soll Anreize dafür schaffen. Auch andere Komponenten für Elektroautos, wie elektronische Steuereinheiten, Displays, thermische und Ladeversorgungssysteme will China demnach vermehrt aus dem Inland beziehen.
Chips gelten dank immer mehr elektronischer Features in Autos als wichtiges Wachstumsfeld. Laut dem Forschungsinstitut Yole Group könnte sich der Markt von knapp 40 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 78 Milliarden Euro im Jahr 2028 fast verdoppeln. Doch während in China ein Drittel aller weltweiten Autos verkauft werden und die Marktanteile chinesischer Elektroautohersteller am Gesamtmarkt stark steigen, tragen lokale Chiphersteller bisher nur 10 Prozent der Halbleiter bei.
Laut Antonia Hmaidi, Senior-Analystin beim Thinktank Merics, ist es vorerst zwar unwahrscheinlich, dass chinesische Hersteller ausländische Chips vollständig verdrängen. Bei Funktionen wie Bremssystemen sei es schwierig, etablierte internationale Anbieter einfach zu ersetzen. Aber bei manchen Arten von Halbleitern könnten chinesische Hersteller in den Augen der Expertin wahrscheinlich Marktanteile gewinnen. Viele der in Autos verbauten Chips benötigen keine hochmodernen Produktionswerkzeuge und Technologien.
“Bei Elektrofahrzeugen hat die Branche noch keine etablierten Lieferketten, was bedeutet, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für den Markteintritt ist”, sagt Hmaidi. “Bei Elektroautos sehen wir eine komplette Umgestaltung der Lieferkette. Chinesische Unternehmen betrachten Elektroautos als Smartphone auf Rädern, sodass ihrer Meinung nach viele Fähigkeiten und Komponenten, die für Smartphones funktionieren, auch für Elektroautos geeignet sind.”
Die neuen Leitlinien kommen vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen China und den USA aufgrund zahlreicher Maßnahmen, etwa Zöllen und Exportverboten im Tech- und Automobilbereich. Diese Woche kündigten die USA Zölle von 100 Prozent auf E-Autos aus China an. Noch für diesen Monat will Washington einem Bericht von Reuters zufolge Zölle von 25 Prozent auf synthetisches Grafit verhängen. Halbleiter aus chinesischer Produktion sollen 2025 mit Zöllen von 50 Prozent belegt werden. jul
Die schwache Nachfrage und der Konkurrenzkampf in China machen Siemens in der Vorzeige-Sparte Digital Industries länger und stärker zu schaffen als gedacht. Es werde bis weit ins zweite Halbjahr hinein dauern, bis die Kunden dort ihre Lager geräumt hätten und wieder mehr neu bestellten, sagte Vorstandschef Roland Busch. In Branchen wie der Solarindustrie und bei Elektroautos gebe es Überkapazitäten. Hinzu komme, dass auch die wichtigen exportgetriebenen Märkte Europas, wie etwa Deutschland, nur sehr langsam auf Touren kämen.
Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 (Januar bis März) hat der Münchner Technologiekonzern daher die Erwartungen verfehlt. Im Gesamtjahr werde der Umsatz eher um vier als um acht Prozent zulegen, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Damit verfehlte der Konzern im zweiten Quartal zum ersten Mal seit langem die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Analysten, obwohl Thomas bereits im März vor der Schwäche bei Digital Industries gewarnt hatte.
In der erfolgsverwöhnten Sparte Digital Industries, deren Kern die Fabrikautomatisierung ist, rechnet Siemens im Geschäftsjahr 2023/24 nun mit einem Umsatzrückgang um vier bis acht Prozent und deutlich schwächeren Margen. Im zweiten Quartal brachen die Umsätze und Aufträge bei Digital Industries um mehr als ein Zehntel ein, der operative Gewinn sogar um 41 Prozent. Es werde besser, aber nicht so schnell wie erhofft, sagte Busch.
Auch die günstige lokale Konkurrenz mache Siemens in China zu schaffen: “Es gibt einige aggressive Anbieter.” Der Markt für Automatisierungstechnik sei aber intakt. Die angekündigten US-Strafzölle gegen China, unter anderem bei Elektroautos, Chips und Medizinprodukten, seien “nicht wirklich hilfreich”, merkte Finanzvorstand Thomas an. Das weiter florierende Geschäft mit Bau- und Infrastrukturtechnik (Smart Infrastructure) soll das Minus bei Digital Industries in diesem Jahr weitgehend wettmachen. rtr
Wie in vielen anderen Ländern ist die öffentliche Meinung in China heute polarisiert und in gewissem Maße auch gespalten. Selbstverständlich streitet man sich hier über andere Themen als im Westen.
So geben viele Chinesen den Vereinigten Staaten die Schuld an den Problemen in ihrem Land. Gleichzeitig machen nicht wenige Menschen die Einparteienherrschaft für Chinas grundlegende Probleme verantwortlich. Eine Invasion Taiwans hat unzählige lautstarke Befürworter; genauso gibt es aber auch Stimmen, denen es gleichgültig ist, ob die Insel unabhängig wird oder nicht. Einige rechnen sogar mit dem unausweichlichen Zerfall Chinas, da in von ethnischen Minderheiten bewohnten Regionen wie Xinjiang tiefer Hass herrscht. In China gibt es ein breites Meinungsspektrum – es ist bloß von außen kaum sichtbar.
Es gibt auch Chinesen, die gleichzeitig für scheinbar gegensätzliche Werte eintreten. Einige bezeichnen sich beispielsweise als “patriotische Feministinnen” oder “nationalistische LGBT-Anhänger”. Aber die chinesischen Behörden – die ultimativen Förderer von Patriotismus und Nationalismus in China – verachten sowohl den Feminismus als auch die Unterstützer von LGBT-Rechten.
Bekanntlich werden alle Medien und Veröffentlichungen in China stark zensiert. Äußerungen, die der Regierung missfallen, werden fast nie veröffentlicht, und falls doch, umgehend gelöscht. Diejenigen, die es wagen, “illegale Informationen und Kommentare” zu veröffentlichen, müssen mit Strafen rechnen, die vom Ausschluss von Social-Media-Plattformen bis hin zum Gefängnisaufenthalt reichen.
Aber es gibt sie, die mutigen Typen. Der chinesischen Regierung gelingt es zu ihrem Leidwesen noch immer nicht, ein – wie sie es nennt – zu hundert Prozent “klares öffentliches Meinungsumfeld” zu schaffen. Da helfen auch ihre technologisch immer ausgefeilteren Zensursysteme und das massive Aufgebot an Cyber-Polizisten nichts.
Wenn der Druck im Netz zu groß wird, müssen die Zensur-Algorithmen irgendwann kapitulieren. So war es auch im Fall des Augenarztes Li Wenliang aus Wuhan, der von der Polizei persönlich verwarnt wurde, weil er auf die Gefahr durch Covid hingewiesen hatte. Er starb Anfang 2020 an der Krankheit, hauptsächlich wegen des unzureichenden Gesundheitsschutzes für medizinisches Personal. In privaten Unterhaltungen, vor allem im Kreise von Menschen, die sich vertrauen, waren selbst in kleinen Städten in abgelegenen Provinzen dissidente Stimmen zu hören.
Anders als in westlichen Ländern ist es in China jedoch unmöglich, fundierte Zahlen über die unterschiedlichen Meinungen zu ermitteln, da Umfragen über die öffentliche politische Meinung nicht glaubwürdig durchgeführt werden können.
Da sie in einem Umfeld aufgewachsen sind, in dem eine echte freie Meinungsäußerung nie erlaubt war, haben sich die meisten Chinesen bereits die tief verwurzelte Gewohnheit der Selbstzensur angeeignet. Im Gespräch mit Menschen, denen sie nicht völlig vertrauen können, vermeiden sie automatisch politisch unkorrekte Äußerungen (im chinesischen Kontext) oder, noch besser, sie wiederholen einfach den Wortlaut, den sie aus dem offiziellen Fernsehen kennen.
Die Überwachung der Meinungsfreiheit wurde in einigen Perioden zwischen 1980 und 2013 etwas gelockert, aber niemand darf die Einparteienherrschaft infrage stellen oder direkte Kritik an führenden Politikern üben.
Es gab schon immer staatliche Vorschriften, die die Durchführung von Meinungsumfragen einschränkten. Selbst ohne diese Vorschriften ist es angesichts der immer schärferen Vorgehensweise gegen Dissidenten und der in den letzten zehn Jahren stetig ausgebauten Sprachüberwachungs- und Zensursysteme unmöglich, die wahren Gedanken der Bürger zu politischen und sozialen Fragen zu ermitteln.
Umfragen werden dennoch nach wie vor durchgeführt, und zwar nicht nur von staatlich geförderten Einrichtungen, sondern auch von Forschern aus dem Ausland, die in der Regel mit Organisationen in China zusammenarbeiten. Erstere sind eindeutig ein Teil der üblichen Propaganda. Letztere werden möglicherweise aus mangelndem Wissen um die chinesische Gewohnheit der Selbstzensur oder aus Gründen durchgeführt, die für Dritte nur schwer nachvollziehbar sind.
Im vergangenen Jahr veröffentlichten zwei Wissenschaftler der National University of Singapore beziehungsweise der kanadischen University of British Columbia eine Umfrage über die chinesische Meinung zur (un)friedlichen Wiedervereinigung mit Taiwan. Obwohl die Umfrage nur auf den Antworten von 1800 Teilnehmern basierte, erregte sie die Aufmerksamkeit einiger China-Beobachter. Wie hätten man denn die tatsächlichen Ansichten der Befragten zu diesem heiklen Thema in Erfahrung bringen können?
Auch eine von der Kennedy School of Government der Harvard University in Auftrag gegebene Umfrage aus den Jahren 2003 bis 2016 über die Zufriedenheit der Chinesen mit der chinesischen Regierung war von Anfang an äußerst problematisch. Einige wichtige Informationen über die Untersuchung, insbesondere die Methodik und die Maßnahmen zur Gewährleistung der Authentizität der Meinungen, wurden zurückgehalten. Dennoch wurde der Bericht von einigen China-Beobachtern zitiert.
Ohne verlässliche Umfragen kann man sich, wenn man in die schwer durchschaubare Gedankenwelt der Chinesen vordringen will, nur auf Forscher und Journalisten mit soliden, fundierten Kenntnissen über China verlassen.
Dorothea Mertes hat bei der AHK Greater China die Stelle Director Business Development übernommen. Zu ihren vorigen Arbeitgebern zählen der Bundesverband mittelständische Wirtschaft und NDE Germany.
Nikolai von Janczewski ist seit Mai Teamlead China Infotainment Stack bei Porsche. Der Wirtschaftswissenschaftler mit Tech-Hintergrund arbeitet seit vier Jahren für den Premium-Autobauer.
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“Stadt des ewigen Frühlings” – diesen Namen trägt Kunming nicht ohne Grund. Die Hauptstadt der südwestchinesischen Provinz Yunnan liegt auf einem Plateau, das Klima ist das ganze Jahr über mild.
Blumenliebhaber kommen voll auf ihre Kosten, denn irgendwo gibt es hier immer eine Blütenpracht zu bestaunen. Diese gigantische Bougainville ist allerdings auch für die Einheimischen etwas Besonderes.
hohe Subventionen für die heimische Industrie, gepaart mit schmerzhaften Zöllen auf chinesische Produkte: Die USA setzen auf harte Industriepolitik, um ihre Cleantech-Unternehmen gegen die Konkurrenz aus der Volksrepublik zu wappnen. Das von Joe Biden am Dienstag angekündigte Sonderzollpaket hat es in sich. Washington schließt nun ein verbliebenes Schlupfloch für einen hochmodernen Typ von Solarprodukten.
Die Abschottung ist effektiv, sie erzeugt jedoch einen Zielkonflikt zwischen dem Schutz heimischer Industrien einerseits und den Voraussetzungen für die US-Energiewende andererseits, schreibt Christiane Kühl in ihrer Analyse. Denn die Transformation lasse sich durch günstige Produkte aus China beschleunigen.
Während Europa und Deutschland vor der gleichen Herausforderung stehen, kommt aufgrund der US-Zölle noch eine weitere Schwierigkeit hinzu. Überschüssige chinesische Cleantech-Produkte könnten in die EU umgeleitet werden – was den Preiskampf hier weiter verstärken würde.
Auf der einen Seite wachsen die Barrieren – auf der anderen gedeiht eine vielfach beschworene, grenzenlose Partnerschaft. Wladimir Putin ist zu Besuch bei Xi Jinping in Peking. Deutlich wird: Die Verbindung ist strategisch und langfristig ausgelegt. Die beiden Staatsführer versicherten sich am ersten Tag des Putin-Besuchs, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen.
Zudem lobt Putin Chinas Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln, Xi versichert wiederum, Russland bei seinen Kerninteressen zu unterstützen. Spätestens seit diesem Donnerstag sollte niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – sowohl beim Handel als auch strategisch, schreibt Michael Radunski.
Ich wünsche Ihnen viele interessante Einblicke bei der Lektüre.
Im Windschatten der großen Sonderzoll-Ankündigung Anfang der Woche haben die USA für Chinas Solarfirmen nun auch noch ein bisher zollfreies Schlupfloch geschlossen. Am Donnerstag kündigte das Präsidialamt in Washington an, die seit zwei Jahren gewährten Zollausnahmen für bifaziale Solarmodule demnächst zu beenden. Diese Module, die auf beiden Seiten Strom erzeugen können, waren seinerzeit noch ein Nischenprodukt.
Innerhalb kurzer Zeit sind sie jedoch zur wichtigsten Technologie für große Photovoltaik-Projekte der Versorger geworden, vor allem auf Freiflächen. Denn mithilfe beweglicher Träger lässt sich mit bifazialen – also zweiseitigen – Modulen die Sonne aus jeder Richtung einfangen. Sie sind damit auch interessant für die heimischen US-Produzenten, die das Weiße Haus nun besser schützen will.
Das Finanzministerium teilte parallel mit, den Entwicklern von Solarprojekten die Beantragung von Subventionen für den Einsatz lokal hergestellter Produkte zu erleichtern. Dafür müssen laut dem Inflation Reduction Act (IRA) mindestens 40 Prozent der Kosten eines Projekts für in den USA hergestellte Produkte ausgegeben werden. Bislang mussten die Projektentwickler dazu mühsam ihre erwarteten Kosten ausrechnen, nun soll es ein Standardverfahren geben.
Es zeigt sich, dass die Regierung von Präsident Joe Biden im beginnenden US-Wahlkampf in die Vollen geht, um die gerade erst als Wachstumsmotor entdeckte Cleantech-Branche zu schützen. Milliardenschwere Subventionen aus dem IRA erhält sie bereits, doch angesichts des Überangebots aus den gewaltigen Kapazitäten in China scheint dies Washington nicht auszureichen.
Für Solarzellen wird die Regierung den Zollsatz auf 50 Prozent verdoppeln, wie aus dem Zollpaket vom Dienstag hervorgeht. Auf chinesische Elektroautos werden sogar 100 Prozent fällig, auf Halbleiter ebenfalls 50 Prozent, auf Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge 25 Prozent. Das Handelsministerium in Peking forderte umgehend einen Stopp der Maßnahme. China werde sonst “entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Rechte und Interessen zu verteidigen”.
“Chinas Industriekapazitäten und Exporte in bestimmten Sektoren sind inzwischen so groß, dass sie die Rentabilität von Investitionen in den USA und anderen Ländern untergraben können”, sagte dazu die nationale Wirtschaftsberaterin des Weißen Hauses, Lael Brainard, am Donnerstag. “China ist jetzt einfach zu groß, um nur nach seinen eigenen Regeln zu spielen.” Es sieht nicht so aus, als gebe es eine einvernehmliche Lösung.
Zuletzt will Biden auch eine Zollbefreiung für Solarmodule aufheben, die von chinesischen Unternehmen in Malaysia, Kambodscha, Thailand und Vietnam hergestellt werden. Einige chinesische Solarfirmen weichen in diese Länder aus, um die US-Importverbote für Produkte aus Zwangsarbeit etwa in Xinjiang zu umgehen, das eine Hochburg der chinesischen Solarindustrie ist. Exportfirmen der gesamten Lieferkette ziehen sich von dort derzeit schrittweise zurück.
Doch China dominiert bei Solaranlagen – ebenso wie etwa bei Elektrobatterien – die gesamte Lieferkette. Und so beziehen die chinesischen Firmen in Malaysia oder Vietnam ihre Rohstoffe und Vorprodukte wie Polysilizium oder Wafer weiter aus der Volksrepublik. Bei Wafern hält China einen globalen Marktanteil von gut 97 Prozent, sodass auch die nun durch Sonderzölle geschützten US-Solarhersteller auf chinesische Lieferanten angewiesen sind, um überhaupt produzieren zu können. Das zeigt: Es ist kompliziert.
Die vorübergehende Ausnahmeregelung für die vier Länder in Südostasien hatte Biden übrigens vor zwei Jahren auf Antrag der heimischen US-Projektentwickler eingeführt, die nicht auf die günstigen Importe verzichten wollten. Damit zeigt sich in den USA der gleiche Konflikt innerhalb der Branche wie in Europa: Auch hierzulande lehnt die Downstream-Industrie höhere EU-Zölle vehement ab, während die Solarmodul- und Solaranlagenhersteller Brüssel um Subventionen, Zölle oder andere Hilfen bitten. Sie müssen auch 2024 mit geringen oder gar negativen Margen rechnen.
Anlagenbauer und Installateure profitieren davon, dass sie aus der Volksrepublik hochwertige, günstige Produkte einkaufen und preiswert verkaufen können. Und gerade für viele private Haushalte machten Chinas Solarmodule eine eigene Photovoltaik-Anlage auf dem Dach erst finanzierbar. Die Vermarkter fürchten daher, nicht ganz zu Unrecht, bei steigenden Preisen einen Einbruch des florierenden Marktes.
Es ist ein klassischer Zielkonflikt, zwischen der nötigen Transformation und dem Schutz heimischer Industrien. Subventionen sind kostspielig, während Zölle zwar Geld in die Kasse spülen – aber im Falle der Cleantech-Industrie das übergeordnete Ziel der Energiewende gefährden oder zumindest verteuern. Brüssel wägt noch ab und lässt bisher nur Einzelfälle auf unzulässige Subventionen untersuchen. Biden dagegen setzt nun auf beides zugleich: hohe Subventionen für die eigene Branche und hohe Zölle gegen die unliebsame Konkurrenz, die auch noch vom geopolitischen Hauptrivalen kommt.
Die EU ist somit derzeit der einzige große Player, der weder große Subventionen zahlt noch hohe Zölle erhebt. Die neuen US-Zölle ebenso wie die kleineren Maßnahmen vom Donnerstag drohen daher nun noch mehr chinesische Cleantech-Produkte in die EU umzuleiten – was den Preisdruck weiter verstärken würde. Trotzdem warnen deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter die EU, den USA in puncto Sonderzölle nachzueifern. Verlierer seien die Marktteilnehmer, Verbraucher wie Unternehmen, sagte etwa der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura.
Dieser Besuch lässt keine Zweifel mehr offen – und ist zugleich ein Schlag für all jene, die immer noch darauf hoffen, ein rationales China vom kriegstreibenden Russland loseisen zu können. China und Russland stehen felsenfest zueinander. Als Wladimir Putin am Donnerstag in Peking mit Chinas Staatspräsident zusammentrifft, preist er das “beispiellos hohe Niveau der strategischen Partnerschaft” zwischen China und Russland. Xi wiederum verwendet zwar nicht mehr die viel zitierte “grenzenlose Partnerschaft”. Die Vielzahl der geschlossenen Abkommen deutet aber genau auf jene Grenzenlosigkeit hin.
Schon am ersten Tag von Putins zweitägigem Besuch in China wird deutlich: Diese Verbindung ist strategisch, tief und langfristig angelegt. Längst handelt es sich nicht mehr um eine rein bilaterale Partnerschaft. Xi und Putin haben bei ihren Überlegungen die Welt fest im Blick: Der Westen unter Führung der USA wird scharf kritisiert; der sogenannte Globale Süden dagegen umworben.
Aufmerksam lesen sollte man folgende Formulierung aus der gemeinsamen Erklärung von Putin und Xi: Hegemoniale und machtpolitische Staaten stünden Fairness und Gerechtigkeit entgegen und versuchten, die anerkannte internationale Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts durch eine “regelbasierte Ordnung” zu ersetzen und zu untergraben. Damit sprechen sich China und Russland explizit gegen eine regelbasierte Ordnung aus – 基于规则的秩序. Es ist nicht nur die Formulierung aller westlichen Staaten, sondern deren Grundüberzeugung, worauf eine gerechte Welt basieren sollte.
Putin und Xi versicherten sich gegenseitig, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen. In ihrer gemeinsamen Erklärung kritisieren sie, dass die USA weltweit ihre militärische Präsenz ausbauen. Genannt werden unter anderem amerikanische Pläne zur Stationierung bodengestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen in der Asien-Pazifik-Region und in Europa oder auch die Aukus-Allianz mit Großbritannien und Australien. Es handele sich um “äußerst destabilisierenden Schritte, die eine direkte Bedrohung der Sicherheit von Russland und China darstellen”, hieß es in der Erklärung.
Man werde deshalb die eigene Zusammenarbeit weiter koordinieren und verstärken, um “dem destruktiven und feindseligen Kurs Washingtons in Richtung der sogenannten ‘doppelten Eindämmung’ unserer Länder entgegenzuwirken”, heißt es darin.
“Interessant ist die Stelle, an der sie die Überlegungen kritisieren, russisches Staatsvermögen zu beschlagnahmen“, sagt Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, zu Table.Briefings. Hintergrund sind Gedankenspiele im Westen, einige der eingefrorenen Staatsgelder Russlands an die Ukraine zu übergeben. Es ist ein klares Zeichen an die EU.
Im Gegensatz zu den feindseligen USA sehen die beiden Staatsführer die chinesisch-russischen Beziehungen. Putin betonte, ihre Partnerschaft sei “einer der wichtigsten stabilisierenden Faktoren auf der internationalen Bühne“.
Auch die Ukraine ist Thema der Gespräche – allerdings nicht so, wie es sich westliche Politiker und Diplomaten eventuell erhofft haben. Putin lobt vor allem die chinesischen Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”. Das ist bemerkenswert. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.
Xi wiederum versichert Putin, China werde Russland fest unterstützen bei Angelegenheiten, die seine Kerninteressen betreffen – und nichts anderes ist Putins Obsession mit der Ukraine. Eine Lösung müsse laut Xi berechtigte Sicherheitsbedenken beachten – eine von Putins Begründungen für den russischen Angriff. Ziel sei die Gestaltung einer neuen, ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen Sicherheitsarchitektur, sagt Xi.
Spätestens seit diesem Donnerstag sollte also niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – weder an der Tiefe, noch an der Breite. In etlichen Bereichen will man noch enger zusammenarbeiten will, darunter:
Die Fülle an Abkommen sowie die vielen Bereiche, die abgedeckt werden, zeigen: China und Russland arbeiten intensiv daran, widerstandsfähiger gegen westliche Sanktionen zu werden.
Bemerkenswert ist zudem der militärische Aspekt. Neben einer verstärkten Zusammenarbeit haben sich Xi und Putin für eine Art Pufferzone zwischen Atommächten und anderen Militärbündnissen ausgesprochen. Es müsse auf eine “Expansion von Militärbündnissen und -koalitionen und die Schaffung militärischer Brückenköpfe direkt an der Grenze anderer Atommächte” verzichtet werden, heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung. Xi und Putin dürften mit dieser Formulierung klarmachen, dass sie einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine entschieden ablehnen.
21.05.2024, 16:30 Uhr
Bridge4Works, Networking Event (in Wiesbaden): New Generation Entrepreneurs Zhejiang Mehr
22.05.2024, 08:30 Uhr Beijing time
European Union Chamber of Commerce, Executive Breakfast (in Nanjing): Understanding China’s Data Security Regulations and Cross-Border Data Transfer for SME Manufacturing Companies Mehr
23.05.2024, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
China Team, Talkshow “Xiaolong Hu”: Herausforderungen und Management – Ansätze des China-Geschäfts Mehr
23.05.2024, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
EU SME Centre, Webinar: Taking Part in Trade Fairs in China Mehr
23.05.2024, 10:30 Uhr (16:30 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Swiss China Business Academy (2023-2024): Manpower and Employment Regulations Mehr
23.05.2024, 18:00 Uhr
Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen, Cinema China: Xie Fei: A Mongolian Tale Mehr
24.05.2024, 18:30 Uhr
sinokultur Zürich, sinokultur im Salon (in Zürich): Hong Kong cross-disciplinary artist and artist-curator Wong Chi-yung Mehr
Offizielle diplomatische Kontakte mit Taiwan wird die Bundesregierung auch künftig nicht aufnehmen. Einen intensiveren Austausch mit Taiwan soll es aber schon geben. Das Deutsche Institut Taipeh und die Taipei-Vertretung in Berlin, die jeweiligen inoffiziellen “Botschaften”, haben gemeinsam eine neue Dialogplattform für zivilgesellschaftlichen Austausch gegründet.
Außenministerin Annalena Baerbock ernannte den Grünen-Politiker und scheidenden EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer zum deutschen Co-Vorsitzenden, auf taiwanischer Seite wird der ehemalige Soziologie-Professor Chung-Hwa Ku von der National Chengchi Universität den Co-Vorsitz übernehmen. Die Dialogplattform soll aus bis zu zwölf Mitgliedern pro Seite bestehen und sich einmal jährlich abwechselnd in Deutschland und Taiwan treffen.
Das erste Treffen fand am Dienstag und Mittwoch in Berlin statt. Hauptthema war dabei die “Resilienz der Demokratie” sowie die “nachhaltige wirtschaftliche Transformation und die Digitalgesellschaft”, wie Bütikofer mitteilte. Er schilderte eine “lebendige und tolle Atmosphäre”. Das Verhältnis zu China stand explizit nicht im Mittelpunkt. Vielmehr sei es darum gegangen, Taiwan auch mal um seiner selbst willen wahrzunehmen, und “nicht nur durch die Brille, was das jetzt für die Beziehung mit China heißt”, sagte Bütikofer.
Ein ähnliches Format zwischen der Bundesregierung und China existiert seit 2005, hat im Zuge der sich verschlechternden Beziehungen in den vergangenen Jahren allerdings deutlich an Bedeutung verloren. Die chinesische Botschaft reagierte nicht unmittelbar auf die Veranstaltung. Das chinesische Außenministerium hatte jedoch mehrfach die Europäer, darunter auch die Bundesregierung, davor gewarnt, “mit Blick auf Taiwan nicht mit dem Feuer zu spielen”. flee
Noch mehr Importbeschränkungen: Wegen des Verdachts auf Zwangsarbeit haben die USA 26 chinesische Textilunternehmen auf eine Schwarze Liste gesetzt und damit den Import von Produkten dieser Firmen verboten. Wie das Heimatschutzministerium in Washington nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mitteilte, beziehen diese Firmen ihre Baumwolle aus der einst mehrheitlich von Uiguren bewohnten Provinz Xinjiang, wo die Uiguren und andere muslimische Minderheiten systematisch unterdrückt werden.
Damit steigt auf dieser Liste die Zahl der Firmen, denen durch das Gesetz der Export ihrer Güter in die USA verboten ist, auf 65 an. Es ist nach Angaben des Heimatschutzministeriums eine der bislang größten Erweiterungen der Liste. Seit 2021 gilt in den USA ein Gesetz, das die Einfuhr von Gütern aus Xinjiang verbietet, die mutmaßlich unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden. flee
Das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie hat Autohersteller aufgefordert, bis 2025 ein Viertel ihrer Chips von lokalen Herstellern zu beziehen. Das berichtet Nikkei Asia. Die Leitlinien sind aber nicht verbindlich, sondern ein Prämien- oder Kreditsystem soll Anreize dafür schaffen. Auch andere Komponenten für Elektroautos, wie elektronische Steuereinheiten, Displays, thermische und Ladeversorgungssysteme will China demnach vermehrt aus dem Inland beziehen.
Chips gelten dank immer mehr elektronischer Features in Autos als wichtiges Wachstumsfeld. Laut dem Forschungsinstitut Yole Group könnte sich der Markt von knapp 40 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 78 Milliarden Euro im Jahr 2028 fast verdoppeln. Doch während in China ein Drittel aller weltweiten Autos verkauft werden und die Marktanteile chinesischer Elektroautohersteller am Gesamtmarkt stark steigen, tragen lokale Chiphersteller bisher nur 10 Prozent der Halbleiter bei.
Laut Antonia Hmaidi, Senior-Analystin beim Thinktank Merics, ist es vorerst zwar unwahrscheinlich, dass chinesische Hersteller ausländische Chips vollständig verdrängen. Bei Funktionen wie Bremssystemen sei es schwierig, etablierte internationale Anbieter einfach zu ersetzen. Aber bei manchen Arten von Halbleitern könnten chinesische Hersteller in den Augen der Expertin wahrscheinlich Marktanteile gewinnen. Viele der in Autos verbauten Chips benötigen keine hochmodernen Produktionswerkzeuge und Technologien.
“Bei Elektrofahrzeugen hat die Branche noch keine etablierten Lieferketten, was bedeutet, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für den Markteintritt ist”, sagt Hmaidi. “Bei Elektroautos sehen wir eine komplette Umgestaltung der Lieferkette. Chinesische Unternehmen betrachten Elektroautos als Smartphone auf Rädern, sodass ihrer Meinung nach viele Fähigkeiten und Komponenten, die für Smartphones funktionieren, auch für Elektroautos geeignet sind.”
Die neuen Leitlinien kommen vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen China und den USA aufgrund zahlreicher Maßnahmen, etwa Zöllen und Exportverboten im Tech- und Automobilbereich. Diese Woche kündigten die USA Zölle von 100 Prozent auf E-Autos aus China an. Noch für diesen Monat will Washington einem Bericht von Reuters zufolge Zölle von 25 Prozent auf synthetisches Grafit verhängen. Halbleiter aus chinesischer Produktion sollen 2025 mit Zöllen von 50 Prozent belegt werden. jul
Die schwache Nachfrage und der Konkurrenzkampf in China machen Siemens in der Vorzeige-Sparte Digital Industries länger und stärker zu schaffen als gedacht. Es werde bis weit ins zweite Halbjahr hinein dauern, bis die Kunden dort ihre Lager geräumt hätten und wieder mehr neu bestellten, sagte Vorstandschef Roland Busch. In Branchen wie der Solarindustrie und bei Elektroautos gebe es Überkapazitäten. Hinzu komme, dass auch die wichtigen exportgetriebenen Märkte Europas, wie etwa Deutschland, nur sehr langsam auf Touren kämen.
Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 (Januar bis März) hat der Münchner Technologiekonzern daher die Erwartungen verfehlt. Im Gesamtjahr werde der Umsatz eher um vier als um acht Prozent zulegen, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Damit verfehlte der Konzern im zweiten Quartal zum ersten Mal seit langem die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Analysten, obwohl Thomas bereits im März vor der Schwäche bei Digital Industries gewarnt hatte.
In der erfolgsverwöhnten Sparte Digital Industries, deren Kern die Fabrikautomatisierung ist, rechnet Siemens im Geschäftsjahr 2023/24 nun mit einem Umsatzrückgang um vier bis acht Prozent und deutlich schwächeren Margen. Im zweiten Quartal brachen die Umsätze und Aufträge bei Digital Industries um mehr als ein Zehntel ein, der operative Gewinn sogar um 41 Prozent. Es werde besser, aber nicht so schnell wie erhofft, sagte Busch.
Auch die günstige lokale Konkurrenz mache Siemens in China zu schaffen: “Es gibt einige aggressive Anbieter.” Der Markt für Automatisierungstechnik sei aber intakt. Die angekündigten US-Strafzölle gegen China, unter anderem bei Elektroautos, Chips und Medizinprodukten, seien “nicht wirklich hilfreich”, merkte Finanzvorstand Thomas an. Das weiter florierende Geschäft mit Bau- und Infrastrukturtechnik (Smart Infrastructure) soll das Minus bei Digital Industries in diesem Jahr weitgehend wettmachen. rtr
Wie in vielen anderen Ländern ist die öffentliche Meinung in China heute polarisiert und in gewissem Maße auch gespalten. Selbstverständlich streitet man sich hier über andere Themen als im Westen.
So geben viele Chinesen den Vereinigten Staaten die Schuld an den Problemen in ihrem Land. Gleichzeitig machen nicht wenige Menschen die Einparteienherrschaft für Chinas grundlegende Probleme verantwortlich. Eine Invasion Taiwans hat unzählige lautstarke Befürworter; genauso gibt es aber auch Stimmen, denen es gleichgültig ist, ob die Insel unabhängig wird oder nicht. Einige rechnen sogar mit dem unausweichlichen Zerfall Chinas, da in von ethnischen Minderheiten bewohnten Regionen wie Xinjiang tiefer Hass herrscht. In China gibt es ein breites Meinungsspektrum – es ist bloß von außen kaum sichtbar.
Es gibt auch Chinesen, die gleichzeitig für scheinbar gegensätzliche Werte eintreten. Einige bezeichnen sich beispielsweise als “patriotische Feministinnen” oder “nationalistische LGBT-Anhänger”. Aber die chinesischen Behörden – die ultimativen Förderer von Patriotismus und Nationalismus in China – verachten sowohl den Feminismus als auch die Unterstützer von LGBT-Rechten.
Bekanntlich werden alle Medien und Veröffentlichungen in China stark zensiert. Äußerungen, die der Regierung missfallen, werden fast nie veröffentlicht, und falls doch, umgehend gelöscht. Diejenigen, die es wagen, “illegale Informationen und Kommentare” zu veröffentlichen, müssen mit Strafen rechnen, die vom Ausschluss von Social-Media-Plattformen bis hin zum Gefängnisaufenthalt reichen.
Aber es gibt sie, die mutigen Typen. Der chinesischen Regierung gelingt es zu ihrem Leidwesen noch immer nicht, ein – wie sie es nennt – zu hundert Prozent “klares öffentliches Meinungsumfeld” zu schaffen. Da helfen auch ihre technologisch immer ausgefeilteren Zensursysteme und das massive Aufgebot an Cyber-Polizisten nichts.
Wenn der Druck im Netz zu groß wird, müssen die Zensur-Algorithmen irgendwann kapitulieren. So war es auch im Fall des Augenarztes Li Wenliang aus Wuhan, der von der Polizei persönlich verwarnt wurde, weil er auf die Gefahr durch Covid hingewiesen hatte. Er starb Anfang 2020 an der Krankheit, hauptsächlich wegen des unzureichenden Gesundheitsschutzes für medizinisches Personal. In privaten Unterhaltungen, vor allem im Kreise von Menschen, die sich vertrauen, waren selbst in kleinen Städten in abgelegenen Provinzen dissidente Stimmen zu hören.
Anders als in westlichen Ländern ist es in China jedoch unmöglich, fundierte Zahlen über die unterschiedlichen Meinungen zu ermitteln, da Umfragen über die öffentliche politische Meinung nicht glaubwürdig durchgeführt werden können.
Da sie in einem Umfeld aufgewachsen sind, in dem eine echte freie Meinungsäußerung nie erlaubt war, haben sich die meisten Chinesen bereits die tief verwurzelte Gewohnheit der Selbstzensur angeeignet. Im Gespräch mit Menschen, denen sie nicht völlig vertrauen können, vermeiden sie automatisch politisch unkorrekte Äußerungen (im chinesischen Kontext) oder, noch besser, sie wiederholen einfach den Wortlaut, den sie aus dem offiziellen Fernsehen kennen.
Die Überwachung der Meinungsfreiheit wurde in einigen Perioden zwischen 1980 und 2013 etwas gelockert, aber niemand darf die Einparteienherrschaft infrage stellen oder direkte Kritik an führenden Politikern üben.
Es gab schon immer staatliche Vorschriften, die die Durchführung von Meinungsumfragen einschränkten. Selbst ohne diese Vorschriften ist es angesichts der immer schärferen Vorgehensweise gegen Dissidenten und der in den letzten zehn Jahren stetig ausgebauten Sprachüberwachungs- und Zensursysteme unmöglich, die wahren Gedanken der Bürger zu politischen und sozialen Fragen zu ermitteln.
Umfragen werden dennoch nach wie vor durchgeführt, und zwar nicht nur von staatlich geförderten Einrichtungen, sondern auch von Forschern aus dem Ausland, die in der Regel mit Organisationen in China zusammenarbeiten. Erstere sind eindeutig ein Teil der üblichen Propaganda. Letztere werden möglicherweise aus mangelndem Wissen um die chinesische Gewohnheit der Selbstzensur oder aus Gründen durchgeführt, die für Dritte nur schwer nachvollziehbar sind.
Im vergangenen Jahr veröffentlichten zwei Wissenschaftler der National University of Singapore beziehungsweise der kanadischen University of British Columbia eine Umfrage über die chinesische Meinung zur (un)friedlichen Wiedervereinigung mit Taiwan. Obwohl die Umfrage nur auf den Antworten von 1800 Teilnehmern basierte, erregte sie die Aufmerksamkeit einiger China-Beobachter. Wie hätten man denn die tatsächlichen Ansichten der Befragten zu diesem heiklen Thema in Erfahrung bringen können?
Auch eine von der Kennedy School of Government der Harvard University in Auftrag gegebene Umfrage aus den Jahren 2003 bis 2016 über die Zufriedenheit der Chinesen mit der chinesischen Regierung war von Anfang an äußerst problematisch. Einige wichtige Informationen über die Untersuchung, insbesondere die Methodik und die Maßnahmen zur Gewährleistung der Authentizität der Meinungen, wurden zurückgehalten. Dennoch wurde der Bericht von einigen China-Beobachtern zitiert.
Ohne verlässliche Umfragen kann man sich, wenn man in die schwer durchschaubare Gedankenwelt der Chinesen vordringen will, nur auf Forscher und Journalisten mit soliden, fundierten Kenntnissen über China verlassen.
Dorothea Mertes hat bei der AHK Greater China die Stelle Director Business Development übernommen. Zu ihren vorigen Arbeitgebern zählen der Bundesverband mittelständische Wirtschaft und NDE Germany.
Nikolai von Janczewski ist seit Mai Teamlead China Infotainment Stack bei Porsche. Der Wirtschaftswissenschaftler mit Tech-Hintergrund arbeitet seit vier Jahren für den Premium-Autobauer.
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“Stadt des ewigen Frühlings” – diesen Namen trägt Kunming nicht ohne Grund. Die Hauptstadt der südwestchinesischen Provinz Yunnan liegt auf einem Plateau, das Klima ist das ganze Jahr über mild.
Blumenliebhaber kommen voll auf ihre Kosten, denn irgendwo gibt es hier immer eine Blütenpracht zu bestaunen. Diese gigantische Bougainville ist allerdings auch für die Einheimischen etwas Besonderes.