ein Erfolg deutscher Subventionspolitik – wenn auch ein ganz schön kostspieliger. Nach harten Verhandlungen scheint es der deutschen Seite ganz offenbar gelungen zu sein, TSMC, den absoluten Spitzenplayer der weltweiten Chipindustrie, nach Deutschland zu holen. Die endgültige Entscheidung soll im August bekannt gegeben werden.
Drei bis vier Milliarden Euro an staatlichen Geldern soll das taiwanische Unternehmen offenbar erhalten, damit es in Dresden ein Hightech-Werk errichtet. Im Vergleich zu den zehn Milliarden Euro, die Konkurrent Intel für seine Investitionen in Magdeburg fordert, scheint der Preis, den TSMC fordert, passabel zu sein. Seine modernsten Mikrochips, über die TSCM ein Quasimonopol verfügt, wollen die Taiwaner aber nicht in “Silicon Saxony” herstellen lassen, sondern nur solche, wie sie vor einem Jahrzehnt schon aktuell waren. Schließlich soll der Firmenhauptsitz in Taiwan auch künftig als “Silizium-Schild” unersetzlich für den Westen bleiben, analysiert Finn Mayer-Kuckuk.
Während Elektrobusse in deutschen Städten noch zur Ausnahme gehören, haben sich E-Busse aus China längst zum Exportschlager entwickelt. Fast in allen afrikanischen Ländern sind die elektrisch betriebene Linienbusse aus der Volksrepublik inzwischen präsent. 16.000 weitere E-Busse will der chinesische Hersteller Yutong der nigerianischen Megametropole Lagos verkaufen – wären da nicht die Finanzprobleme des nigerianischen Partnerunternehmens. Afrika.Table-Redakteur Christian von Hiller ist den Problemen nachgegangen.
Viel Spaß bei der heutigen Lektüre!
Der taiwanische Halbleiterhersteller TSMC spricht erstmals offen über seine geplante Investition in Dresden. Das Vorhaben mache gute Fortschritte, sagte der Senior Vice President für Business Development, Kevin Zhang 張曉強, in Amsterdam vor Journalisten. Die endgültige Entscheidung falle im August auf einer Vorstandssitzung.
Die EU und Deutschland werben heftig um den Marktführer für fortschrittliche Chips. Gerade die Autoindustrie drängt darauf, die überlebenswichtigen Komponenten wieder innerhalb der EU herzustellen. Das ist auch wichtiger Baustein für das “De-Risking”, das derzeit die China-Debatte beherrscht. Ein Konflikt um oder mit China soll nicht die komplette Industrie lahmlegen. Der Hauptstandort von TSMC in Hsinchu ist potenziell von einem chinesischen Griff nach Taiwan bedroht.
Ein TSMC-Standort in Dresden ist schon länger im Gespräch. Das taiwanische Unternehmen geht bereits mit neuen Fabriken in die USA und nach Japan – ebenfalls auf Wunsch der dortigen Regierungen. Jetzt ist Europa dran. Das Unternehmen konnte daher bei den Subventionen hoch pokern. Es hat gute Argumente dafür, dass der Staat einen Anreiz für die Investition setzen sollte:
Dem Vernehmen nach erhält TSMC drei bis vier Milliarden Euro vom Staat, das ist knapp die Hälfte der Kosten des Projekts von rund zehn Milliarden Euro. Als örtliche Partner sind der Halbleiterspezialist Infineon sowie der Autozulieferer Bosch im Gespräch. Die Zusammenarbeit mit nationalen Champions ist üblich. In Japan sind der Technikkonzern Sony und der Autozulieferer Denso mit im Boot.
Die höheren Kosten in Deutschland rechtfertigen zum Teil die Subventionen. Doch zugleich sind sie Ausdruck eines weltweiten Subventionswettlaufs. China selbst macht derzeit eine Billion Yuan (130 Milliarden Euro) für den Halbleitersektor locker. Alle großen Volkswirtschaften handeln derzeit ähnlich: Sie wollen oder müssen sich von den anderen unabhängiger machen.
China steht besonders unter Druck, schließlich schneiden die USA das Land effektiv vom Zugriff auf Halbleiter-Hochtechnik ab. Europa agiert hektisch unter dem Schockeindruck der Russland-Abhängigkeit nach dem Einmarsch in die Ukraine, doch die Idee einer Halbleiter-Ansiedlung entstand schon lange vorher. Die USA wenden 1,5 Billionen Dollar für den “Chips and Science Act” auf, der Technologien in die Heimat zurückholen soll. Es fließen weltweit ungeheure Summen von den Steuerzahlern in die Halbleiterindustrie.
Europa sieht nun die Gefahr, dass subventioniert hergestellte Halbleiter aus China dankbar von den Kunden genommen werden. Chinesische Staatsbetriebe könnten so die europäische Konkurrenz verdrängen und unentbehrlich werden.
Die EU-Kommission steuert dem unter anderem mit ihrem Chips Act entgegen, der Anreize für Halbleiterfertigung setzt. Die EU will ihren Anteil an der weltweiten Halbleiterherstellung bis 2030 von derzeit neun Prozent auf 20 Prozent mehr als verdoppeln. Unter dem Chips Act mobilisiert sie dafür 43 Milliarden Euro. TSMC will wohl Mittel aus dem Programm abrufen.
Die neue Chipfabrik in Dresden ist aus Sicht der deutschen Industrie sehr willkommen, doch TSMC bietet Europa hier mitnichten die aktuellste Technik. Aller Wahrscheinlichkeit nach baut das Unternehmen eine Fabrik für Halbleitergenerationen, wie sie um das Jahr 2010 herum aktuell waren. Konkret handelt es sich um Chips mit Strukturbreiten um 28 Nanometer.
Die technische Grenze, an die nur TSMC heranreicht, liegt zurzeit jedoch bei drei Nanometern, aktuelle High-End-Anwendungen auf dem Markt nutzen Chips mit Strukturgrößen zwischen vier und sieben Nanometern. Je kleiner die Zahl, desto schneller, stromsparender und kühler laufen die Chips. Moderne KI-Anwendungen brauchen die ungeheure Rechenkraft, die nur im einstelligen Nanometer-Bereich möglich ist.
Für die simpleren Computer im Auto der Gegenwart reichen 28-Nanometer-Chips jedoch derzeit noch völlig aus, daher hat Deutschland begierig zugegriffen. Chips in dieser Leistungsklasse werden jedoch in Europa bereits hergestellt – und sogar schon in Dresden.
Die modernsten Chips mit winzigen Strukturbreiten wird TSMC auf absehbare Zeit weiter in Taiwan herstellen. Das liegt auch im Interesse der bedrohten Inselrepublik. Der “Silizium-Schild” vor China funktioniert dann, wenn die USA den Ausfall systemwichtiger Lieferanten befürchten und daher eine konkrete Motivation für Militärhilfe haben.
TSMC ist derzeit definitiv systemrelevant. Das hat auch damit zu tun, wie sich die Branche entwickelt hat. Die Anbieter mit der besten Technik haben sich über Jahrzehnte durchgesetzt – und es sind nur wenige Unternehmen übriggeblieben, die tatsächlich physisch produzieren.
Die bekannten Namen des Chipgeschäfts wie Intel, AMD, Nvidia, Infineon, Apple oder Qualcomm lassen bei TSMC ihre Ideen umsetzen und kleben ihr Namensschild drauf. Die Auftraggeber haben den Vorteil, kein Kapital für Gebäude, Maschinen und Mitarbeiter aufwenden zu müssen und trotzdem modernste Produkte anbieten zu können.
Die potenziellen Investitionspartner Bosch und Infineon betreiben in der Region Dresden bereits eigene Werke. Sie wären die idealen Abnehmer für die Produkte aus dem neuen TSMC-Werk, die das taiwanische Unternehmen in ihrem Auftrag fertigen könnte. Bosch stellt hier Halbleiterelemente für die Autoindustrie her.
Die nigerianische Hafenmetropole Lagos ist dabei, Deutschlands Großstädte in puncto Elektromobilität weit hinter sich zu lassen. Der chinesische Fabrikant Yutong Bus Co wird Lagos 12.000 Elektrobusse liefern und damit mehr als bisher in vielen deutschen Städten in Betrieb sind. In Berlin beispielsweise sind derzeit gerade einmal rund 1.500 Elektrobusse unterwegs.
Yutong stellt Plug-in-Hybrid-Busse, Batteriebusse und Oberleitungsbusse her und verkauft nach eigenen Angaben mehr als 16.000 “new energy busses” jährlich. Es ist der weltgrößte Hersteller von Elektrofahrzeugen und kooperiert mit MAN, um die Produkte von Yutong an internationale Standards heranzuführen.
Größter Hersteller in Europa ist Solaris mit einer Auslieferung von rund 400 Elektro- und Wasserstoffbussen im Jahr 2021 (Zahlen für 2022 sind noch nicht veröffentlicht.) Weitere europäische Hersteller sind Ebusco und VDL aus den Niederlanden. Auch MAN, Volkswagen und Daimler drängen auf den Markt für Elektrobusse.
Doch während die europäischen Bushersteller bisher in Afrika so gut wie nicht aktiv sind, ist Yutong nach eigenen Angaben in 50 afrikanischen Ländern und damit in fast allen der 54 vertreten. Seit 2004 bearbeitet Yutong den afrikanischen Markt und steht nun für 45 Prozent der chinesischen Busexporte auf dem Kontinent. In Nigeria und Äthiopien betreibt Yutong auch eigene Montagewerke.
Die Transaktion zwischen Yutong und der nigerianischen Hauptstadt Lagos wäre, sollte sie zu einem glücklichen Ende kommen, eine Sensation. Allerdings ist die Zukunft des nigerianischen Partners unklar, da dieser in existenzbedrohenden Schwierigkeiten steckt. Partner der Chinesen ist auf nigerianischer Seite Oando, einer der großen Ölkonzerne in Nigeria. Oando Clean Energy Limited (Ocel), die Oando über sein Unternehmen Oando Energy Resources besitzt, betreut das Busgeschäft mit Yutong und soll innerhalb von sieben Jahren die notwendige Infrastruktur aufbauen. So hat sich Ocel gegenüber der Lagos Metropolitan Area Transport Authority (Lamata) verpflichtet, ein funktionierendes Ökosystem auf Basis einer Infrastruktur für die Elektromobilität in der Metropolregion aufzubauen.
Das wird schwierig genug sein. Die größte Unsicherheit dieses Geschäfts liegt jedoch in den Unwägbarkeiten des Oando-Konzerns. Seit Jahren ist das Unternehmen in einen schweren Finanzskandal verwickelt. So hat die nigerianische Börsenaufsicht, die wie die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC heißt, Geldbußen und andere Strafen wegen Fehlpraktiken in den Finanzberichten des Konzerns verhängt. Im Jahr 2019 wurden gegen Oando wegen diesen Compliance-Verstößen harte Strafen verhängt, gegen die Oando ohne Erfolg vorgegangen ist.
Immerhin erreichte Oando im Sommer 2021 einen Vergleich mit der SEC, der Oando einen hohen, ungenannten Betrag gekostet hat. Doch der Konzern hat sich von diesem Skandal nie erholt. In den vergangenen zehn Jahren ist der Aktienkurs um 60 Prozent abgestürzt. Das an den Börsen Lagos und Johannesburg notierte Unternehmen hat aktuell eine Marktkapitalisierung von umgerechnet nur noch rund 150 Millionen Euro.
Vor etwa zwei Monaten, am 29. März, hat Oando mit erheblicher Verspätung seinen Geschäftsbericht für 2020 vorgelegt. Demnach hat Oando den Verlust von 171 Milliarden Naira (342 Millionen Euro) gegenüber dem Jahr zuvor auf 118 Milliarden Naira (236 Millionen Euro) reduzieren können. Doch das Minus von mehr als einer halben Milliarde Euro in nur zwei Jahren wiegt schwer.
Der Wirtschaftsprüfer BDO hatte im Jahresbericht zwar einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt, aber Zweifel an der Fortführung des Unternehmens geäußert. Am Tag darauf kündigte der wichtigste Aktionär von Oando, Ocean and Oil Development Partners an, sämtliche Anteile der Minderheitsaktionäre unter seine Kontrolle zu bringen und Oando von der Börse zu nehmen. Somit ist bisher nicht gesichert, dass Oando das Bus-Geschäft zu Ende bringen kann.
Unklar ist vor diesem Hintergrund auch, wie Oando angesichts seiner schweren Verluste den Kauf der Busse finanzieren will. Weder Oando noch Yutong haben den Auftragswert bekanntgegeben. Von daher lässt er sich nur grob schätzen: In Deutschland liegt der Preis für einen Standard-Elektrobus, der über Nacht geladen wird, bei etwas mehr als 500.000 Euro. Damit ist er in etwa doppelt so teuer wie ein konventioneller Dieselbus. Müsste Oando diesen Standardpreis bezahlen, läge allein der Kaufpreis für die chinesischen Busse bei sechs Milliarden Euro.
Zwar sollen die Busse für Lagos hochmodern sein und mit Klimaanlage wie auch mit W-Lan ausgestattet werden. Doch dürften die Yutong-Busse dennoch billiger als europäische Vergleichsmodelle sein. Zudem kann gehofft werden, dass die Oando-Manager einen ordentlichen Mengenrabatt herausgehandelt haben. Dennoch dürfte allein der Kauf der Busse mehrere Milliarden Euro kosten.
Auf den Kaufpreis für die Busse muss noch der Aufbau einer Ladeinfrastruktur in Lagos und die Einrichtung von Depots und Werkstätten für die 12.000 Busse gerechnet werden und mit Sicherheit auch der Aufbau einer ausreichenden Stromproduktion, da Nigeria schon heute nur einen Bruchteil der im Land benötigten Elektrizität produziert und die Bevölkerung nur stundenweise mit Strom versorgt wird.
Die Geschäftspartner haben bisher nicht bekannt gegeben, aus welchen Energiequellen der für die Busse benötigte Strom kommen soll. Allerdings ist Ocel auf den Bau und Betrieb von Solarparks und Windfarmen spezialisiert, aber auch auf die Herstellung von Biokraftstoffen, die Nutzung von Erdwärme und Abfallverwertung.
Trotz der Unsicherheit über die Zukunft von Oando zeigten sich die Yutong-Repräsentanten optimistisch: “Dies ist ein Wendepunkt für Yutong”, lässt sich Frank Lee, Leiter Westafrika bei Yutong, in einer Mitteilung des Unternehmens zitieren. “Es ist unsere erste Lieferung elektrischer Nahverkehrsbusse in Afrika südlich der Sahara und der erste Schritt zur groß angelegten Einführung eines elektrisch betriebenen öffentlichen Straßenverkehrssystems in Nigeria.” Es bleibt nur zu hoffen, dass der chinesische Partner mit den Bussen auch die Finanzierung dieses Auftrags liefert.
Der russische Ministerpräsident Michail Mischustin ist am Mittwoch in Peking mit Staatschef Xi Jinping und seinem Amtskollegen Li Qiang zusammengetroffen. Dabei unterzeichneten beide Seiten eine Reihe von Absichtserklärungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, etwa bei Investitionen, im Dienstleistungshandel, im Sport und im Patentwesen.
China sei bereit, weiterhin jene “Kerninteressen zu unterstützen, die es mit Russland teile”, sagte Xi bei seinem Treffen mit Mischustin laut Staatsmedien. Das beschränkt zwar verbal den Raum der Kooperation auf gemeinsame Interessen – und deutet an, dass Peking und Moskau durchaus auch mal unterschiedliche Interessen haben. Doch das gemeinsame Rütteln an der westlich dominierten Weltordnung überlagert derzeit alle möglichen Konflikte zwischen beiden Seiten. Beide Länder sollten ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Investitionen weiter verbessern und die Kooperation im Energiebereich ausbauen, betonte Xi. Premier Li betonte, China sei bereit, die Kooperation mit Russland auszubauen.
Mischustin äußerte sich bei dem Treffen mit Li zuversichtlich, dass Russland und China das angepeilte bilaterale Handelsvolumen von umgerechnet 200 Milliarden US-Dollar früher als geplant erreichen – und diesen Zielwert möglicherweise sogar übertreffen werden. Am Dienstag hatte Mischustin bereits an einem russisch-chinesischen Wirtschaftsforum in Shanghai teilgenommen und russische Agrarprodukte angepriesen.
Er lobte die bilateralen Beziehungen, die sich “heute auf einem beispiellos hohen Niveau” befänden. “Sie sind geprägt von gegenseitigem Respekt für die Interessen des anderen und dem Wunsch, gemeinsam auf Herausforderungen zu reagieren.” Für diese Herausforderungen machte Mischustin den “immensen kollektiven Druck des Westens” verantwortlich. ck
Chinas zweite Covid-Welle könnte im Juni ihren Höhepunkt erreichen und dann 65 Millionen Infektionen pro Woche umfassen. Das erklärte Zhong Nanshan, Direktor des Nationalen Forschungszentrums für Atemwegserkrankungen am Montag auf einem Forum in Südchina. Wie Caixin berichtet, fordert Chinas oberster Epidemiologe nun vor allem eine zügige Nachimpfung für die ältere und von Vorerkrankungen betroffene Bevölkerung.
Mit einer Überlastung der Krankenhäuser rechnet der Experte und Regierungsberater aber nicht. China entwickle derzeit Impfstoffe, die auch auf neue Varianten zugeschnitten seien. Die Zahl der Covid-Fälle war im April in der Volksrepublik sprunghaft angestiegen. Laut einem Bericht von Nanfang Daily, der offiziellen Zeitung des Provinzkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Guangdong, wurde die Infektionswelle durch die auch als Acrux bekannte Omicron-Subvariante XBB ausgelöst, die sich auch in anderen Teilen der Welt rasch ausbreitet.
Chinas Führung hatte im Februar erklärt, einen “großen und entscheidenden Sieg” gegen das Virus errungen zu haben. Präventive Covid-Maßnahmen wie eine Masken-oder Testpflicht bestehen derzeit so gut wie nicht mehr. fpe
Xie Feng, Chinas neuer Botschafter in Washington, hat am Dienstag offiziell seinen Posten angetreten. Er werde sich um eine bessere Zusammenarbeit zwischen China und den USA bemühen, doch die Beziehungen stünden vor “ernsten Schwierigkeiten und Herausforderungen”, sagte Xie vor Reportern nach der Landung auf dem John F. Kennedy International Airport in New York City. “Ich bin hierhergekommen, um Chinas Interessen zu wahren. Das ist meine heilige Verantwortung”, sagte Xie.
Der 59-Jährige war zuletzt als stellvertretender Außenminister Chinas tätig und dabei auch mit den US-Beziehungen betraut. Bei früheren Treffen mit Vertretern der Biden-Regierung schlug er oftmals einen konfrontativen Ton an, etwa beim Empfang der stellvertretenden Außenministerin Wendy Sherman im Jahr 2021 in Tianjin, wo er eine lange Liste von Forderungen an die USA zur Verbesserung der Beziehungen aufstellte und Washington beschuldigte, in China einen “imaginären Feind” zu sehen.
Auch nach dem Abschuss des chinesischen Spionageballons im Februar erhob Xie schwere Vorwürfe in Richtung Washington. Das Vorgehen der Vereinigten Staaten habe den “Bemühungen beider Seiten um eine Stabilisierung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen ernsten Schaden zugefügt“, erklärte er damals in einer Mitteilung. rtr/fpe
Der Klimawandel wirkt sich massiv auf das Hindukusch-Himalaya-Wassersystem aus und gefährdet die Wasser- und Energieversorgung von 16 asiatischen Anrainerstaaten. Zu den gefährdeten Staaten gehört auch China, wie eine neue Analyse des Think-Tanks China Water Risk zeigt. Der fortschreitende Klimawandel bedroht demnach die Pegelstände von Flüssen wie dem Jangtse, Huanghe (Gelber Fluss), Mekong, Brahmaputra, die auchbfür Chinas Versorgung mit Wasserkraft von großer Bedeutung sind – sowie den Pegel des durch Indien strömenden Ganges.
Die zehn größten Flüsse der Region versorgen fast drei Viertel der Wasserkraft- und 44 Prozent der Kohlekraftwerke in den 16 Ländern. Kohlekraftwerke nutzen Wasser zur Kühlung und Erzeugung von Dampf, der die Generatoren antreibt. Über 330 Gigawatt an Kraftwerkskapazität befände sich schon heute in Regionen mit “hohem oder extrem hohem Wasserstress”, so die Studie.
Wie sehr sich niedrige Pegelstände auf die Stromversorgung auswirken, wurde im Sommer 2022 in den chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan deutlich. Durch eine anhaltende Dürre waren die Pegel der Stauseen und Flüsse stark gesunken, sodass weniger Strom aus Wasserkraft produziert werden konnte. Es kam zu Stromrationierungen. Größter Leidtragender war damals die Industrie. Vereinzelt wurde aber auch die Versorgung von Privathaushalten eingeschränkt.
Die Autoren schlagen unter anderem vor:
Die Wasserstände der Flüsse werden laut der Studie durch “Gletscherschmelze, Schnee- und Regenfall sowie Monsunmuster beeinflusst, die wiederum den Klimawandel beeinträchtigen”. nib
Der chinesische Online-Modehändler Shein will Insidern zufolge eine Fabrik in Mexiko bauen und dadurch näher an seinen Märkten produzieren. Über den endgültigen Standort in Mexiko sei noch nicht entschieden worden, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Das Unternehmen werde Mittel aus seiner jüngsten Kapitalerhöhung in Höhe von zwei Milliarden Dollar zur Finanzierung der Expansion verwenden, weil es einen Börsengang in den USA anstrebe. Zwar lehnte das Unternehmen ab, sich zu dem Plan zu äußern, erklärte jedoch, dass es bei der Expansion in neue Märkte auf Lokalisierung setze. Dadurch ließen sich die Versandzeiten verkürzen und die Vertriebskosten für Kunden in Lateinamerika senken.
Bislang produziert der Konzern Bekleidung in China und verkauft sie ausschließlich im Ausland, vor allem in den USA und Europa. rtr
Anders als viele Länder Afrikas war China nie voll kolonialisiert. Doch das bis 1842 bewusst für ausländischen Handel und Aufenthalte nur stark eingeschränkt zugängliche Land wurde mit dem Ende des ersten Opiumkrieges (1839-1842) nicht nur forciert geöffnet, sondern zugleich punktuell kolonialisiert. Der Historiker Jürgen Osterhammel spricht von einer Stützpunktkolonialisierung, denn Teile des Landes standen unter ausländischer Rechtsprechung, ausländische Wirtschafts- und Regierungsvertreter gewannen in ganz China mehr und mehr an Macht. Durch das imperialistische Eindringen westlicher Staaten geriet das Land zunehmend in eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise.
Die sogenannte ‘Boxerbewegung’, die 1899 in Nordchina aufkam, war eine Reaktion darauf. Sie wurde von einer Acht-Nationen-Allianz, darunter das Deutsche Reich, auf brutalste Weise niedergeschlagen, Peking und Nordchina geplündert und gebrandschatzt. Die berühmte Hunnenrede Kaiser Wilhelms II. anlässlich der Verabschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps am 27. Juli 1900 war hierfür Programm: “Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht!” In China gilt die Zeit vom Beginn des ersten Opiumkrieges bis zur Gründung der Volksrepublik (1839-1949) bis heute als ‘Jahrhundert der Demütigungen’. Dass in dieser Zeit viele Kulturgüter geraubt wurden und illegal das Land verlassen haben, ist auch in China ein Thema. Die chinesische Regierung hat daher vor vier Jahren eine Sondereinheit zur Erforschung der Kulturgutverluste aus dieser Ära gegründet.
Natürlich kann niemand, der um 1900 in China Kunst erworben hat, unter den Generalverdacht gestellt werden, sich beabsichtigt oder unbeabsichtigt Plündergut angeeignet zu haben. Es ist unbestritten, dass der chinesische Kunstmarkt eine lange Tradition hat. Weil es um die Jahrhundertwende neben den grausamen Erwerbskontexten – wie sie die Monate rund um die Niederschlagung der ‘Boxerbewegung’ brachte – auch legale Wege des Kunsterwerbs in China gab, ist es notwendig, genauer hinzuschauen.
Sicher ist, dass ein Großteil der Ausländer:innen, die sich damals in Peking aufhielten, von den Plünderungen profitiert haben – Truppenmitglieder ebenso wie Diplomaten, Missionare und Kaufleute – und dass zahlreiche Sammler und Händler gerade wegen der ‘guten Gelegenheiten’ nach Peking reisten. Und auch lokale Akteur:innen haben geplündert. Die geraubten Schätze gingen viele Jahre durch den chinesischen Kunsthandel. Wer am Ende was unter welchen Umständen erworben oder verkauft hat, muss genau erforscht werden.
Diese Forschung steht noch am Anfang, denn man weiß noch zu wenig über die einzelnen militärischen Einsätze, die Mechanismen des Kunstmarktes und die Netzwerke von Sammlern und Händlern in der Zeit. Hier wird derzeit wichtige Grundlagenforschung betrieben, und wir erhoffen uns neue Quellenerschließungen durch chinesische Wissenschaftler:innen. Am Ende nimmt Provenienzforschung aber auch Wissenslücken in Kauf, da sich einzelne Objektbiografien oft nicht in Gänze rekonstruieren lassen.
Im Projekt “Spuren des ‘Boxerkrieges’ in deutschen Museumssammlungen – eine gemeinsame Annäherung”, an dem sich sieben deutsche Museen in Kooperation mit dem Palastmuseum Peking beteiligen, erforschen wir – ausgehend von unseren Häusern – die großen Linien des musealen Sammelns in der Zeit der Niederschlagung der ‘Boxerbewegung’ und die globalen Verflechtungen des Kulturtransfers von China nach Deutschland. Dabei ist es nicht entscheidend, welchen Beitrag die im beginnenden 20. Jahrhundert nach Deutschland gebrachten Kulturgüter für unser China-Verständnis hatten, sondern unter welchen Umständen sie das Ursprungsland verlassen haben.
Wenn es um die Aufarbeitung der kolonialen Verantwortungen Deutschlands geht, sollten wir keinen Aufwand scheuen. Die museale Provenienzforschung leistet hier – gemessen an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe – nur einen kleinen, aber sehr wichtigen Beitrag. Denn anhand der Forschung zu den Sammlungsbeständen werden nicht nur Mechanismen, Verflechtungen und Netzwerke sichtbar gemacht. Im Zuge der kooperativen Forschung mit den Herkunftsländern werden auch neue Beziehungsebenen geschaffen, die eine Basis für ein zukünftiges Miteinander bilden. Restitution ist nicht Teil der Provenienzforschung, sondern kann eine Konsequenz daraus sein, die aber nicht mehr in den Händen der Forscher:innen liegt.
Seit der durch den Versailler Vertrag auferlegten Rückführung chinesischer astronomischer Geräte im Jahre 1921 und einem politischen Akt der Rückgabe der DDR im Zuge des Abschlusses eines Freundschaftsvertrages mit der Volksrepublik von unter anderem 10 Boxerkriegsflaggen im Jahre 1955, gab es keine weiteren Restitutionen mehr von Deutschland an China. Dies könnte sich mit der nun verstärkt in deutschen Museen erfolgenden Aufarbeitung der kolonialen Sammlungsgeschichte in den nächsten Jahren ändern.
Privatsammler:innen können in Deutschland nicht zur Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte forciert werden. Aber öffentliche Einrichtungen haben sich der ethisch-moralischen Verpflichtung verschrieben, genau hinzuschauen und zu erforschen, unter welchen Umständen die Objekte in ihre Sammlungen gelangt sind. Sie möchten damit nicht nur die eigene Erwerbungsgeschichte aufarbeiten, sondern globalhistorische Zusammenhänge sichtbar machen und nicht zuletzt wichtige Impulse in die Gesellschaft senden. Dass dies erfolgreich gelingt, haben wir in unserem Projekt schon vielseitig erfahren. Der große Zuspruch und fruchtbare Austausch auf unserem Workshop im März dieses Jahres war Zeuge davon. Wir werden weiter den Austausch suchen und hoffen, im Laufe der Zeit immer mehr Menschen ‘mitgenommen’ zu haben.
Dr. Christine Howald ist stellvertretende Direktorin des Zentralarchivs, das die Provenienzforschung der Staatlichen Museen zu Berlin leitet und koordiniert. Sie ist Initiatorin und Leiterin des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverlustes seit November 2021 geförderten Verbundprojektes “Spuren des ‘Boxerkrieges’ in deutschen Museumssammlungen – eine gemeinsame Annäherung”, an dem das Museum am Rothenbaum -Kunst und Kulturen der Welt in Hamburg, das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig, das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main sowie das Museum Fünf Kontinente in München beteiligt sind. Den vorliegenden Text hat sie im Namen des gesamten Projektteams verfasst.
Zhuang Jingxiong wird neuer Präsident von SAIC-GM, dem chinesischen Pkw-Joint-Venture von General Motors und SAIC. Zhuang war zuvor Vizepräsident für den Bereich Sales. Er löst Wang Yongqing ab, der seit 2014 als Präsident von SAIC-GM tätig war.
Christoph Tisler ist seit April Head of Health Management Region China beim Joint-Venture BMW Brilliance. Davor war der in Ulm ausgebildete Doktor der Medizin für BMW in Berlin als Leiter des Gesundheitsdienstes tätig gewesen. Sein neuer Einsatzort ist Shenyang in der Provinz Liaoning.
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In die Filmreihe Jurassic Park hat es der Himalayasaurus noch nicht geschafft. Ein Grund dafür dürfte sein, dass von der Riesenechse, die aussieht wie ein übergewichtiger Delfin mit scharfen Zähnen, nur wenig bekannt ist. 1972 hatte ein chinesischer Forscher das erste Mal von diesem Seeungeheuer erfahren, das seit etwa 200 Millionen Jahren ausgestorben ist. Paläontologen erhoffen sich neue Erkenntnisse von dem Fossil, das sie in der Nähe von Lhasa entdeckt haben. Dort ist das Wesen auch bekannt als Tibetosaurier.
ein Erfolg deutscher Subventionspolitik – wenn auch ein ganz schön kostspieliger. Nach harten Verhandlungen scheint es der deutschen Seite ganz offenbar gelungen zu sein, TSMC, den absoluten Spitzenplayer der weltweiten Chipindustrie, nach Deutschland zu holen. Die endgültige Entscheidung soll im August bekannt gegeben werden.
Drei bis vier Milliarden Euro an staatlichen Geldern soll das taiwanische Unternehmen offenbar erhalten, damit es in Dresden ein Hightech-Werk errichtet. Im Vergleich zu den zehn Milliarden Euro, die Konkurrent Intel für seine Investitionen in Magdeburg fordert, scheint der Preis, den TSMC fordert, passabel zu sein. Seine modernsten Mikrochips, über die TSCM ein Quasimonopol verfügt, wollen die Taiwaner aber nicht in “Silicon Saxony” herstellen lassen, sondern nur solche, wie sie vor einem Jahrzehnt schon aktuell waren. Schließlich soll der Firmenhauptsitz in Taiwan auch künftig als “Silizium-Schild” unersetzlich für den Westen bleiben, analysiert Finn Mayer-Kuckuk.
Während Elektrobusse in deutschen Städten noch zur Ausnahme gehören, haben sich E-Busse aus China längst zum Exportschlager entwickelt. Fast in allen afrikanischen Ländern sind die elektrisch betriebene Linienbusse aus der Volksrepublik inzwischen präsent. 16.000 weitere E-Busse will der chinesische Hersteller Yutong der nigerianischen Megametropole Lagos verkaufen – wären da nicht die Finanzprobleme des nigerianischen Partnerunternehmens. Afrika.Table-Redakteur Christian von Hiller ist den Problemen nachgegangen.
Viel Spaß bei der heutigen Lektüre!
Der taiwanische Halbleiterhersteller TSMC spricht erstmals offen über seine geplante Investition in Dresden. Das Vorhaben mache gute Fortschritte, sagte der Senior Vice President für Business Development, Kevin Zhang 張曉強, in Amsterdam vor Journalisten. Die endgültige Entscheidung falle im August auf einer Vorstandssitzung.
Die EU und Deutschland werben heftig um den Marktführer für fortschrittliche Chips. Gerade die Autoindustrie drängt darauf, die überlebenswichtigen Komponenten wieder innerhalb der EU herzustellen. Das ist auch wichtiger Baustein für das “De-Risking”, das derzeit die China-Debatte beherrscht. Ein Konflikt um oder mit China soll nicht die komplette Industrie lahmlegen. Der Hauptstandort von TSMC in Hsinchu ist potenziell von einem chinesischen Griff nach Taiwan bedroht.
Ein TSMC-Standort in Dresden ist schon länger im Gespräch. Das taiwanische Unternehmen geht bereits mit neuen Fabriken in die USA und nach Japan – ebenfalls auf Wunsch der dortigen Regierungen. Jetzt ist Europa dran. Das Unternehmen konnte daher bei den Subventionen hoch pokern. Es hat gute Argumente dafür, dass der Staat einen Anreiz für die Investition setzen sollte:
Dem Vernehmen nach erhält TSMC drei bis vier Milliarden Euro vom Staat, das ist knapp die Hälfte der Kosten des Projekts von rund zehn Milliarden Euro. Als örtliche Partner sind der Halbleiterspezialist Infineon sowie der Autozulieferer Bosch im Gespräch. Die Zusammenarbeit mit nationalen Champions ist üblich. In Japan sind der Technikkonzern Sony und der Autozulieferer Denso mit im Boot.
Die höheren Kosten in Deutschland rechtfertigen zum Teil die Subventionen. Doch zugleich sind sie Ausdruck eines weltweiten Subventionswettlaufs. China selbst macht derzeit eine Billion Yuan (130 Milliarden Euro) für den Halbleitersektor locker. Alle großen Volkswirtschaften handeln derzeit ähnlich: Sie wollen oder müssen sich von den anderen unabhängiger machen.
China steht besonders unter Druck, schließlich schneiden die USA das Land effektiv vom Zugriff auf Halbleiter-Hochtechnik ab. Europa agiert hektisch unter dem Schockeindruck der Russland-Abhängigkeit nach dem Einmarsch in die Ukraine, doch die Idee einer Halbleiter-Ansiedlung entstand schon lange vorher. Die USA wenden 1,5 Billionen Dollar für den “Chips and Science Act” auf, der Technologien in die Heimat zurückholen soll. Es fließen weltweit ungeheure Summen von den Steuerzahlern in die Halbleiterindustrie.
Europa sieht nun die Gefahr, dass subventioniert hergestellte Halbleiter aus China dankbar von den Kunden genommen werden. Chinesische Staatsbetriebe könnten so die europäische Konkurrenz verdrängen und unentbehrlich werden.
Die EU-Kommission steuert dem unter anderem mit ihrem Chips Act entgegen, der Anreize für Halbleiterfertigung setzt. Die EU will ihren Anteil an der weltweiten Halbleiterherstellung bis 2030 von derzeit neun Prozent auf 20 Prozent mehr als verdoppeln. Unter dem Chips Act mobilisiert sie dafür 43 Milliarden Euro. TSMC will wohl Mittel aus dem Programm abrufen.
Die neue Chipfabrik in Dresden ist aus Sicht der deutschen Industrie sehr willkommen, doch TSMC bietet Europa hier mitnichten die aktuellste Technik. Aller Wahrscheinlichkeit nach baut das Unternehmen eine Fabrik für Halbleitergenerationen, wie sie um das Jahr 2010 herum aktuell waren. Konkret handelt es sich um Chips mit Strukturbreiten um 28 Nanometer.
Die technische Grenze, an die nur TSMC heranreicht, liegt zurzeit jedoch bei drei Nanometern, aktuelle High-End-Anwendungen auf dem Markt nutzen Chips mit Strukturgrößen zwischen vier und sieben Nanometern. Je kleiner die Zahl, desto schneller, stromsparender und kühler laufen die Chips. Moderne KI-Anwendungen brauchen die ungeheure Rechenkraft, die nur im einstelligen Nanometer-Bereich möglich ist.
Für die simpleren Computer im Auto der Gegenwart reichen 28-Nanometer-Chips jedoch derzeit noch völlig aus, daher hat Deutschland begierig zugegriffen. Chips in dieser Leistungsklasse werden jedoch in Europa bereits hergestellt – und sogar schon in Dresden.
Die modernsten Chips mit winzigen Strukturbreiten wird TSMC auf absehbare Zeit weiter in Taiwan herstellen. Das liegt auch im Interesse der bedrohten Inselrepublik. Der “Silizium-Schild” vor China funktioniert dann, wenn die USA den Ausfall systemwichtiger Lieferanten befürchten und daher eine konkrete Motivation für Militärhilfe haben.
TSMC ist derzeit definitiv systemrelevant. Das hat auch damit zu tun, wie sich die Branche entwickelt hat. Die Anbieter mit der besten Technik haben sich über Jahrzehnte durchgesetzt – und es sind nur wenige Unternehmen übriggeblieben, die tatsächlich physisch produzieren.
Die bekannten Namen des Chipgeschäfts wie Intel, AMD, Nvidia, Infineon, Apple oder Qualcomm lassen bei TSMC ihre Ideen umsetzen und kleben ihr Namensschild drauf. Die Auftraggeber haben den Vorteil, kein Kapital für Gebäude, Maschinen und Mitarbeiter aufwenden zu müssen und trotzdem modernste Produkte anbieten zu können.
Die potenziellen Investitionspartner Bosch und Infineon betreiben in der Region Dresden bereits eigene Werke. Sie wären die idealen Abnehmer für die Produkte aus dem neuen TSMC-Werk, die das taiwanische Unternehmen in ihrem Auftrag fertigen könnte. Bosch stellt hier Halbleiterelemente für die Autoindustrie her.
Die nigerianische Hafenmetropole Lagos ist dabei, Deutschlands Großstädte in puncto Elektromobilität weit hinter sich zu lassen. Der chinesische Fabrikant Yutong Bus Co wird Lagos 12.000 Elektrobusse liefern und damit mehr als bisher in vielen deutschen Städten in Betrieb sind. In Berlin beispielsweise sind derzeit gerade einmal rund 1.500 Elektrobusse unterwegs.
Yutong stellt Plug-in-Hybrid-Busse, Batteriebusse und Oberleitungsbusse her und verkauft nach eigenen Angaben mehr als 16.000 “new energy busses” jährlich. Es ist der weltgrößte Hersteller von Elektrofahrzeugen und kooperiert mit MAN, um die Produkte von Yutong an internationale Standards heranzuführen.
Größter Hersteller in Europa ist Solaris mit einer Auslieferung von rund 400 Elektro- und Wasserstoffbussen im Jahr 2021 (Zahlen für 2022 sind noch nicht veröffentlicht.) Weitere europäische Hersteller sind Ebusco und VDL aus den Niederlanden. Auch MAN, Volkswagen und Daimler drängen auf den Markt für Elektrobusse.
Doch während die europäischen Bushersteller bisher in Afrika so gut wie nicht aktiv sind, ist Yutong nach eigenen Angaben in 50 afrikanischen Ländern und damit in fast allen der 54 vertreten. Seit 2004 bearbeitet Yutong den afrikanischen Markt und steht nun für 45 Prozent der chinesischen Busexporte auf dem Kontinent. In Nigeria und Äthiopien betreibt Yutong auch eigene Montagewerke.
Die Transaktion zwischen Yutong und der nigerianischen Hauptstadt Lagos wäre, sollte sie zu einem glücklichen Ende kommen, eine Sensation. Allerdings ist die Zukunft des nigerianischen Partners unklar, da dieser in existenzbedrohenden Schwierigkeiten steckt. Partner der Chinesen ist auf nigerianischer Seite Oando, einer der großen Ölkonzerne in Nigeria. Oando Clean Energy Limited (Ocel), die Oando über sein Unternehmen Oando Energy Resources besitzt, betreut das Busgeschäft mit Yutong und soll innerhalb von sieben Jahren die notwendige Infrastruktur aufbauen. So hat sich Ocel gegenüber der Lagos Metropolitan Area Transport Authority (Lamata) verpflichtet, ein funktionierendes Ökosystem auf Basis einer Infrastruktur für die Elektromobilität in der Metropolregion aufzubauen.
Das wird schwierig genug sein. Die größte Unsicherheit dieses Geschäfts liegt jedoch in den Unwägbarkeiten des Oando-Konzerns. Seit Jahren ist das Unternehmen in einen schweren Finanzskandal verwickelt. So hat die nigerianische Börsenaufsicht, die wie die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC heißt, Geldbußen und andere Strafen wegen Fehlpraktiken in den Finanzberichten des Konzerns verhängt. Im Jahr 2019 wurden gegen Oando wegen diesen Compliance-Verstößen harte Strafen verhängt, gegen die Oando ohne Erfolg vorgegangen ist.
Immerhin erreichte Oando im Sommer 2021 einen Vergleich mit der SEC, der Oando einen hohen, ungenannten Betrag gekostet hat. Doch der Konzern hat sich von diesem Skandal nie erholt. In den vergangenen zehn Jahren ist der Aktienkurs um 60 Prozent abgestürzt. Das an den Börsen Lagos und Johannesburg notierte Unternehmen hat aktuell eine Marktkapitalisierung von umgerechnet nur noch rund 150 Millionen Euro.
Vor etwa zwei Monaten, am 29. März, hat Oando mit erheblicher Verspätung seinen Geschäftsbericht für 2020 vorgelegt. Demnach hat Oando den Verlust von 171 Milliarden Naira (342 Millionen Euro) gegenüber dem Jahr zuvor auf 118 Milliarden Naira (236 Millionen Euro) reduzieren können. Doch das Minus von mehr als einer halben Milliarde Euro in nur zwei Jahren wiegt schwer.
Der Wirtschaftsprüfer BDO hatte im Jahresbericht zwar einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt, aber Zweifel an der Fortführung des Unternehmens geäußert. Am Tag darauf kündigte der wichtigste Aktionär von Oando, Ocean and Oil Development Partners an, sämtliche Anteile der Minderheitsaktionäre unter seine Kontrolle zu bringen und Oando von der Börse zu nehmen. Somit ist bisher nicht gesichert, dass Oando das Bus-Geschäft zu Ende bringen kann.
Unklar ist vor diesem Hintergrund auch, wie Oando angesichts seiner schweren Verluste den Kauf der Busse finanzieren will. Weder Oando noch Yutong haben den Auftragswert bekanntgegeben. Von daher lässt er sich nur grob schätzen: In Deutschland liegt der Preis für einen Standard-Elektrobus, der über Nacht geladen wird, bei etwas mehr als 500.000 Euro. Damit ist er in etwa doppelt so teuer wie ein konventioneller Dieselbus. Müsste Oando diesen Standardpreis bezahlen, läge allein der Kaufpreis für die chinesischen Busse bei sechs Milliarden Euro.
Zwar sollen die Busse für Lagos hochmodern sein und mit Klimaanlage wie auch mit W-Lan ausgestattet werden. Doch dürften die Yutong-Busse dennoch billiger als europäische Vergleichsmodelle sein. Zudem kann gehofft werden, dass die Oando-Manager einen ordentlichen Mengenrabatt herausgehandelt haben. Dennoch dürfte allein der Kauf der Busse mehrere Milliarden Euro kosten.
Auf den Kaufpreis für die Busse muss noch der Aufbau einer Ladeinfrastruktur in Lagos und die Einrichtung von Depots und Werkstätten für die 12.000 Busse gerechnet werden und mit Sicherheit auch der Aufbau einer ausreichenden Stromproduktion, da Nigeria schon heute nur einen Bruchteil der im Land benötigten Elektrizität produziert und die Bevölkerung nur stundenweise mit Strom versorgt wird.
Die Geschäftspartner haben bisher nicht bekannt gegeben, aus welchen Energiequellen der für die Busse benötigte Strom kommen soll. Allerdings ist Ocel auf den Bau und Betrieb von Solarparks und Windfarmen spezialisiert, aber auch auf die Herstellung von Biokraftstoffen, die Nutzung von Erdwärme und Abfallverwertung.
Trotz der Unsicherheit über die Zukunft von Oando zeigten sich die Yutong-Repräsentanten optimistisch: “Dies ist ein Wendepunkt für Yutong”, lässt sich Frank Lee, Leiter Westafrika bei Yutong, in einer Mitteilung des Unternehmens zitieren. “Es ist unsere erste Lieferung elektrischer Nahverkehrsbusse in Afrika südlich der Sahara und der erste Schritt zur groß angelegten Einführung eines elektrisch betriebenen öffentlichen Straßenverkehrssystems in Nigeria.” Es bleibt nur zu hoffen, dass der chinesische Partner mit den Bussen auch die Finanzierung dieses Auftrags liefert.
Der russische Ministerpräsident Michail Mischustin ist am Mittwoch in Peking mit Staatschef Xi Jinping und seinem Amtskollegen Li Qiang zusammengetroffen. Dabei unterzeichneten beide Seiten eine Reihe von Absichtserklärungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, etwa bei Investitionen, im Dienstleistungshandel, im Sport und im Patentwesen.
China sei bereit, weiterhin jene “Kerninteressen zu unterstützen, die es mit Russland teile”, sagte Xi bei seinem Treffen mit Mischustin laut Staatsmedien. Das beschränkt zwar verbal den Raum der Kooperation auf gemeinsame Interessen – und deutet an, dass Peking und Moskau durchaus auch mal unterschiedliche Interessen haben. Doch das gemeinsame Rütteln an der westlich dominierten Weltordnung überlagert derzeit alle möglichen Konflikte zwischen beiden Seiten. Beide Länder sollten ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Investitionen weiter verbessern und die Kooperation im Energiebereich ausbauen, betonte Xi. Premier Li betonte, China sei bereit, die Kooperation mit Russland auszubauen.
Mischustin äußerte sich bei dem Treffen mit Li zuversichtlich, dass Russland und China das angepeilte bilaterale Handelsvolumen von umgerechnet 200 Milliarden US-Dollar früher als geplant erreichen – und diesen Zielwert möglicherweise sogar übertreffen werden. Am Dienstag hatte Mischustin bereits an einem russisch-chinesischen Wirtschaftsforum in Shanghai teilgenommen und russische Agrarprodukte angepriesen.
Er lobte die bilateralen Beziehungen, die sich “heute auf einem beispiellos hohen Niveau” befänden. “Sie sind geprägt von gegenseitigem Respekt für die Interessen des anderen und dem Wunsch, gemeinsam auf Herausforderungen zu reagieren.” Für diese Herausforderungen machte Mischustin den “immensen kollektiven Druck des Westens” verantwortlich. ck
Chinas zweite Covid-Welle könnte im Juni ihren Höhepunkt erreichen und dann 65 Millionen Infektionen pro Woche umfassen. Das erklärte Zhong Nanshan, Direktor des Nationalen Forschungszentrums für Atemwegserkrankungen am Montag auf einem Forum in Südchina. Wie Caixin berichtet, fordert Chinas oberster Epidemiologe nun vor allem eine zügige Nachimpfung für die ältere und von Vorerkrankungen betroffene Bevölkerung.
Mit einer Überlastung der Krankenhäuser rechnet der Experte und Regierungsberater aber nicht. China entwickle derzeit Impfstoffe, die auch auf neue Varianten zugeschnitten seien. Die Zahl der Covid-Fälle war im April in der Volksrepublik sprunghaft angestiegen. Laut einem Bericht von Nanfang Daily, der offiziellen Zeitung des Provinzkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Guangdong, wurde die Infektionswelle durch die auch als Acrux bekannte Omicron-Subvariante XBB ausgelöst, die sich auch in anderen Teilen der Welt rasch ausbreitet.
Chinas Führung hatte im Februar erklärt, einen “großen und entscheidenden Sieg” gegen das Virus errungen zu haben. Präventive Covid-Maßnahmen wie eine Masken-oder Testpflicht bestehen derzeit so gut wie nicht mehr. fpe
Xie Feng, Chinas neuer Botschafter in Washington, hat am Dienstag offiziell seinen Posten angetreten. Er werde sich um eine bessere Zusammenarbeit zwischen China und den USA bemühen, doch die Beziehungen stünden vor “ernsten Schwierigkeiten und Herausforderungen”, sagte Xie vor Reportern nach der Landung auf dem John F. Kennedy International Airport in New York City. “Ich bin hierhergekommen, um Chinas Interessen zu wahren. Das ist meine heilige Verantwortung”, sagte Xie.
Der 59-Jährige war zuletzt als stellvertretender Außenminister Chinas tätig und dabei auch mit den US-Beziehungen betraut. Bei früheren Treffen mit Vertretern der Biden-Regierung schlug er oftmals einen konfrontativen Ton an, etwa beim Empfang der stellvertretenden Außenministerin Wendy Sherman im Jahr 2021 in Tianjin, wo er eine lange Liste von Forderungen an die USA zur Verbesserung der Beziehungen aufstellte und Washington beschuldigte, in China einen “imaginären Feind” zu sehen.
Auch nach dem Abschuss des chinesischen Spionageballons im Februar erhob Xie schwere Vorwürfe in Richtung Washington. Das Vorgehen der Vereinigten Staaten habe den “Bemühungen beider Seiten um eine Stabilisierung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen ernsten Schaden zugefügt“, erklärte er damals in einer Mitteilung. rtr/fpe
Der Klimawandel wirkt sich massiv auf das Hindukusch-Himalaya-Wassersystem aus und gefährdet die Wasser- und Energieversorgung von 16 asiatischen Anrainerstaaten. Zu den gefährdeten Staaten gehört auch China, wie eine neue Analyse des Think-Tanks China Water Risk zeigt. Der fortschreitende Klimawandel bedroht demnach die Pegelstände von Flüssen wie dem Jangtse, Huanghe (Gelber Fluss), Mekong, Brahmaputra, die auchbfür Chinas Versorgung mit Wasserkraft von großer Bedeutung sind – sowie den Pegel des durch Indien strömenden Ganges.
Die zehn größten Flüsse der Region versorgen fast drei Viertel der Wasserkraft- und 44 Prozent der Kohlekraftwerke in den 16 Ländern. Kohlekraftwerke nutzen Wasser zur Kühlung und Erzeugung von Dampf, der die Generatoren antreibt. Über 330 Gigawatt an Kraftwerkskapazität befände sich schon heute in Regionen mit “hohem oder extrem hohem Wasserstress”, so die Studie.
Wie sehr sich niedrige Pegelstände auf die Stromversorgung auswirken, wurde im Sommer 2022 in den chinesischen Provinzen Yunnan und Sichuan deutlich. Durch eine anhaltende Dürre waren die Pegel der Stauseen und Flüsse stark gesunken, sodass weniger Strom aus Wasserkraft produziert werden konnte. Es kam zu Stromrationierungen. Größter Leidtragender war damals die Industrie. Vereinzelt wurde aber auch die Versorgung von Privathaushalten eingeschränkt.
Die Autoren schlagen unter anderem vor:
Die Wasserstände der Flüsse werden laut der Studie durch “Gletscherschmelze, Schnee- und Regenfall sowie Monsunmuster beeinflusst, die wiederum den Klimawandel beeinträchtigen”. nib
Der chinesische Online-Modehändler Shein will Insidern zufolge eine Fabrik in Mexiko bauen und dadurch näher an seinen Märkten produzieren. Über den endgültigen Standort in Mexiko sei noch nicht entschieden worden, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Das Unternehmen werde Mittel aus seiner jüngsten Kapitalerhöhung in Höhe von zwei Milliarden Dollar zur Finanzierung der Expansion verwenden, weil es einen Börsengang in den USA anstrebe. Zwar lehnte das Unternehmen ab, sich zu dem Plan zu äußern, erklärte jedoch, dass es bei der Expansion in neue Märkte auf Lokalisierung setze. Dadurch ließen sich die Versandzeiten verkürzen und die Vertriebskosten für Kunden in Lateinamerika senken.
Bislang produziert der Konzern Bekleidung in China und verkauft sie ausschließlich im Ausland, vor allem in den USA und Europa. rtr
Anders als viele Länder Afrikas war China nie voll kolonialisiert. Doch das bis 1842 bewusst für ausländischen Handel und Aufenthalte nur stark eingeschränkt zugängliche Land wurde mit dem Ende des ersten Opiumkrieges (1839-1842) nicht nur forciert geöffnet, sondern zugleich punktuell kolonialisiert. Der Historiker Jürgen Osterhammel spricht von einer Stützpunktkolonialisierung, denn Teile des Landes standen unter ausländischer Rechtsprechung, ausländische Wirtschafts- und Regierungsvertreter gewannen in ganz China mehr und mehr an Macht. Durch das imperialistische Eindringen westlicher Staaten geriet das Land zunehmend in eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise.
Die sogenannte ‘Boxerbewegung’, die 1899 in Nordchina aufkam, war eine Reaktion darauf. Sie wurde von einer Acht-Nationen-Allianz, darunter das Deutsche Reich, auf brutalste Weise niedergeschlagen, Peking und Nordchina geplündert und gebrandschatzt. Die berühmte Hunnenrede Kaiser Wilhelms II. anlässlich der Verabschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps am 27. Juli 1900 war hierfür Programm: “Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht!” In China gilt die Zeit vom Beginn des ersten Opiumkrieges bis zur Gründung der Volksrepublik (1839-1949) bis heute als ‘Jahrhundert der Demütigungen’. Dass in dieser Zeit viele Kulturgüter geraubt wurden und illegal das Land verlassen haben, ist auch in China ein Thema. Die chinesische Regierung hat daher vor vier Jahren eine Sondereinheit zur Erforschung der Kulturgutverluste aus dieser Ära gegründet.
Natürlich kann niemand, der um 1900 in China Kunst erworben hat, unter den Generalverdacht gestellt werden, sich beabsichtigt oder unbeabsichtigt Plündergut angeeignet zu haben. Es ist unbestritten, dass der chinesische Kunstmarkt eine lange Tradition hat. Weil es um die Jahrhundertwende neben den grausamen Erwerbskontexten – wie sie die Monate rund um die Niederschlagung der ‘Boxerbewegung’ brachte – auch legale Wege des Kunsterwerbs in China gab, ist es notwendig, genauer hinzuschauen.
Sicher ist, dass ein Großteil der Ausländer:innen, die sich damals in Peking aufhielten, von den Plünderungen profitiert haben – Truppenmitglieder ebenso wie Diplomaten, Missionare und Kaufleute – und dass zahlreiche Sammler und Händler gerade wegen der ‘guten Gelegenheiten’ nach Peking reisten. Und auch lokale Akteur:innen haben geplündert. Die geraubten Schätze gingen viele Jahre durch den chinesischen Kunsthandel. Wer am Ende was unter welchen Umständen erworben oder verkauft hat, muss genau erforscht werden.
Diese Forschung steht noch am Anfang, denn man weiß noch zu wenig über die einzelnen militärischen Einsätze, die Mechanismen des Kunstmarktes und die Netzwerke von Sammlern und Händlern in der Zeit. Hier wird derzeit wichtige Grundlagenforschung betrieben, und wir erhoffen uns neue Quellenerschließungen durch chinesische Wissenschaftler:innen. Am Ende nimmt Provenienzforschung aber auch Wissenslücken in Kauf, da sich einzelne Objektbiografien oft nicht in Gänze rekonstruieren lassen.
Im Projekt “Spuren des ‘Boxerkrieges’ in deutschen Museumssammlungen – eine gemeinsame Annäherung”, an dem sich sieben deutsche Museen in Kooperation mit dem Palastmuseum Peking beteiligen, erforschen wir – ausgehend von unseren Häusern – die großen Linien des musealen Sammelns in der Zeit der Niederschlagung der ‘Boxerbewegung’ und die globalen Verflechtungen des Kulturtransfers von China nach Deutschland. Dabei ist es nicht entscheidend, welchen Beitrag die im beginnenden 20. Jahrhundert nach Deutschland gebrachten Kulturgüter für unser China-Verständnis hatten, sondern unter welchen Umständen sie das Ursprungsland verlassen haben.
Wenn es um die Aufarbeitung der kolonialen Verantwortungen Deutschlands geht, sollten wir keinen Aufwand scheuen. Die museale Provenienzforschung leistet hier – gemessen an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe – nur einen kleinen, aber sehr wichtigen Beitrag. Denn anhand der Forschung zu den Sammlungsbeständen werden nicht nur Mechanismen, Verflechtungen und Netzwerke sichtbar gemacht. Im Zuge der kooperativen Forschung mit den Herkunftsländern werden auch neue Beziehungsebenen geschaffen, die eine Basis für ein zukünftiges Miteinander bilden. Restitution ist nicht Teil der Provenienzforschung, sondern kann eine Konsequenz daraus sein, die aber nicht mehr in den Händen der Forscher:innen liegt.
Seit der durch den Versailler Vertrag auferlegten Rückführung chinesischer astronomischer Geräte im Jahre 1921 und einem politischen Akt der Rückgabe der DDR im Zuge des Abschlusses eines Freundschaftsvertrages mit der Volksrepublik von unter anderem 10 Boxerkriegsflaggen im Jahre 1955, gab es keine weiteren Restitutionen mehr von Deutschland an China. Dies könnte sich mit der nun verstärkt in deutschen Museen erfolgenden Aufarbeitung der kolonialen Sammlungsgeschichte in den nächsten Jahren ändern.
Privatsammler:innen können in Deutschland nicht zur Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte forciert werden. Aber öffentliche Einrichtungen haben sich der ethisch-moralischen Verpflichtung verschrieben, genau hinzuschauen und zu erforschen, unter welchen Umständen die Objekte in ihre Sammlungen gelangt sind. Sie möchten damit nicht nur die eigene Erwerbungsgeschichte aufarbeiten, sondern globalhistorische Zusammenhänge sichtbar machen und nicht zuletzt wichtige Impulse in die Gesellschaft senden. Dass dies erfolgreich gelingt, haben wir in unserem Projekt schon vielseitig erfahren. Der große Zuspruch und fruchtbare Austausch auf unserem Workshop im März dieses Jahres war Zeuge davon. Wir werden weiter den Austausch suchen und hoffen, im Laufe der Zeit immer mehr Menschen ‘mitgenommen’ zu haben.
Dr. Christine Howald ist stellvertretende Direktorin des Zentralarchivs, das die Provenienzforschung der Staatlichen Museen zu Berlin leitet und koordiniert. Sie ist Initiatorin und Leiterin des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverlustes seit November 2021 geförderten Verbundprojektes “Spuren des ‘Boxerkrieges’ in deutschen Museumssammlungen – eine gemeinsame Annäherung”, an dem das Museum am Rothenbaum -Kunst und Kulturen der Welt in Hamburg, das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig, das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main sowie das Museum Fünf Kontinente in München beteiligt sind. Den vorliegenden Text hat sie im Namen des gesamten Projektteams verfasst.
Zhuang Jingxiong wird neuer Präsident von SAIC-GM, dem chinesischen Pkw-Joint-Venture von General Motors und SAIC. Zhuang war zuvor Vizepräsident für den Bereich Sales. Er löst Wang Yongqing ab, der seit 2014 als Präsident von SAIC-GM tätig war.
Christoph Tisler ist seit April Head of Health Management Region China beim Joint-Venture BMW Brilliance. Davor war der in Ulm ausgebildete Doktor der Medizin für BMW in Berlin als Leiter des Gesundheitsdienstes tätig gewesen. Sein neuer Einsatzort ist Shenyang in der Provinz Liaoning.
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In die Filmreihe Jurassic Park hat es der Himalayasaurus noch nicht geschafft. Ein Grund dafür dürfte sein, dass von der Riesenechse, die aussieht wie ein übergewichtiger Delfin mit scharfen Zähnen, nur wenig bekannt ist. 1972 hatte ein chinesischer Forscher das erste Mal von diesem Seeungeheuer erfahren, das seit etwa 200 Millionen Jahren ausgestorben ist. Paläontologen erhoffen sich neue Erkenntnisse von dem Fossil, das sie in der Nähe von Lhasa entdeckt haben. Dort ist das Wesen auch bekannt als Tibetosaurier.