Table.Briefing: China

Taiwans Präsident stellt Forderungen + China trauert um Freund Raisi

Liebe Leserin, lieber Leser,

Forrest Gump hat einmal gesagt, das Leben sei wie eine Pralinenschachtel. Man wisse nie, was man bekommt. So ähnlich verhält es sich jetzt auch in den Beziehungen zwischen Iran und China – nach dem tragischen Unfall des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.

In Peking dürfte man den Tod von Raisi mit Bedauern zur Kenntnis genommen haben. Außenpolitik lässt sich prinzipiell leichter gestalten, wenn ein Partnerstaat – von großen, eigenen Interessen getrieben – in die Beziehungen investiert. Raisi war sehr bemüht um Chinas Gunst für sein Land. Das wurde im Februar vergangenen Jahres bei seinem Staatsbesuch deutlich.

Ob sein Nachfolger einen ähnlich intensiven Austausch mit China suchen wird oder einen weniger zugewandten Kurs fährt, wird in Peking erwartungsvoll beobachtet. Allerdings ist auch klar, dass Chinas Einfluss in der Region keineswegs von innenpolitischen Entscheidungen des Iran abhängig ist. Mit den Saudis kann Peking auch sehr gut, schreibt Michael Radunski und zeigt: Für China geht es um mehr als bilateralen Austausch.

Die Volksrepublik macht vor, wie Diversifizierung funktioniert. In erster Linie zwar politisch und nicht wirtschaftlich, aber im Prinzip sind es die gleichen Mechanismen. Peking greift deshalb gelassen in die Pralinenschachtel und wartet einfach ab, was es bekommt.

Die Taiwaner haben derweil im Januar in einer demokratischen Wahl entschieden, was sie für die nächsten vier Jahre bekommen. Nämlich William Lai von der Demokratischen Fortschrittspartei als neuen Präsidenten. Am Montag hielt Lai seine Antrittsrede und vergewisserte seine Landsleute, weshalb sie ihn an der Spitze der Regierung wollen.

Lai forderte Peking auf, die Realität der Existenz der Republik China (Taiwans offizieller Name) anzuerkennen und die Wünsche des taiwanischen Volkes zu respektieren. Sein Satz “Die Republik China und die Volksrepublik China sind sich gegenseitig nicht untergeordnet” wurde von der Menge mit tosendem Applaus begrüßt, berichtet David Demes aus Taipeh.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

Iran: Was der Tod von Regierungschef Raisi für Chinas Strategie im Nahen Osten bedeutet

Raisi im Februar 2023 in Peking: Irans Präsident hat sein Land auf China ausgerichtet.

Xi Jinping hat am Montag in einer offiziellen Beileidsbotschaft seine tiefe Trauer über den Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zum Ausdruck gebracht. Raisi habe seit seinem Amtsantritt einen wichtigen Beitrag zur Festigung und zum Ausbau der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen China und Iran geleistet, schrieb Xi. Mit Raisi habe das chinesische Volk einen guten Freund verloren.

Damit liegt Xi absolut richtig. Denn Raisi verfolgte in seiner Zeit als Präsident eine “Look East”-Politik: Unter seiner Präsidentschaft verschlechterten sich Irans Beziehungen zum Westen, während die Bindung an China – und auch Russland – deutlich verstärkt wurden. In Peking nahm man das freudig zur Kenntnis, lobte Teheran als “Freund” und “strategischen Partner”. Doch im Alltag gibt sich China knallhart. Denn die Führung in Peking verfolgt ein größeres Ziel: China will seinen Einfluss im Nahen Osten ausbauen – und Iran ist dabei lediglich ein Akteur von vielen.

Die Grundlage: Raisis Besuch in Peking

Die Grundlage für die zuletzt guten bilateralen Beziehungen legte Irans Präsident Raisi im Februar 2023. Seine Reise nach Peking war der erste Besuch eines iranischen Präsidenten in China seit 20 Jahren. Xi lobte damals die “unerschütterliche Zusammenarbeit”, die Freundschaft und “strategische Partnerschaft” zwischen China und Iran.

Im chinesischen Staatsfernsehen wurde jedoch schon damals deutlich, dass Peking wohl mehr im Blick hat als eine gute bilaterale Zusammenarbeit: “Je skrupelloser Amerika agiert, desto enger müssen jene zusammenrücken, die Stabilität und Entwicklung und alternative Wege zum Wohlstand suchen”, hieß es in einem Kommentar.

Im großen Konflikt mit den USA ist Iran ein willkommener Partner. Und so hatten die rhetorischen Blumen durchaus wirtschaftliche Konsequenzen: Seit Raisis Besuch in Peking haben sich Chinas Investitionen in Iran verzehnfacht – von 200 Millionen US-Dollar auf zwei Milliarden US-Dollar, wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim unter Berufung auf den Vorsitzenden der Organisation für Auslandsinvestitionen berichtet. Das Geld fließe demnach vor allem in die Bereiche Logistik, Infrastruktur und Bergbau.

Öl-Handel auf Rekordhoch

Ebenfalls auf Rekordhoch ist der Öl-Handel zwischen China und Iran. Nach Angaben des Datenunternehmens Vortexa verkaufte Teheran in den ersten drei Monaten des Jahres durchschnittlich 1,56 Mio. Barrel pro Tag – fast alles davon wurde nach China exportiert. Während der Westen unter Führung der USA immer weitere Sanktionen gegen Iran verhängt, nimmt China das Öl nur allzu gerne entgegen.

Dabei zeigt Peking aber deutlich, dass man rhetorisch vielleicht ein Freund sein mag, im Alltag jedoch hart verhandelt. Sprich: Peking drückt gnadenlos den Preis für iranisches Öl. Eine Analyse der Nachrichtenagentur Reuters zeigt: Indem China Rohöl aus sanktionierten Ländern wie Iran und Russland einkauft, habe Peking allein 2023 zehn Milliarden US-Dollar eingespart. Und als Iran im Januar mal höhere Preise verlangte, geriet der Export nach China sofort ins Stocken.

Zudem wird der Handel in chinesischem Renminbi abgewickelt. Die Folge: Iran kann davon entweder chinesische Waren kaufen oder Vermögenswerte bei einer chinesischen Bank parken.

Bei allem die USA fest im Blick

Doch China bindet sich keineswegs ausschließlich an Iran. Vielmehr versucht es sich in politischer Balance – auch in einer so komplizierten Region wie dem Nahen Osten. Selbst zu den unterschiedlichen Gegenspielern unterhält man gute Verbindungen: zu den Palästinensern, aber auch zu Israel, zu Saudi-Arabien wie zu Iran. “Dieser äußerst schwierige Balanceakt gelingt vor allem, weil China sich bislang aus allem herausgehalten hat”, sagt Alexander Gabujew, Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center.

Vor fast genau einem Jahr ist es China sogar gelungen, die seit Jahren verfeindeten Staaten Saudi-Arabien und Iran dazu zu bringen, an einer Normalisierung ihrer Beziehungen zu arbeiten. Es ist quasi die Blaupause der chinesischen Strategie: sich international als bessere Alternative zu den USA zu präsentieren.

  • Energie
  • Geopolitik
  • Handel
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  • USA
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Taiwan: Weshalb Präsident Lai bei seiner Antrittsrede tosenden Applaus erhielt

Präsident Lai Ching-te (mitte) bei seiner Amtseinführung. Er tritt die Nachfolge von Tsai Ing-wen (li.) an, die acht Jahre regiert hatte. Die ehemalige Repräsentantin Taiwans in den USA, Hsiao Bi-khim (re.), ist neue Vizepräsidentin.
Präsident William Lai Ching-te (mitte) bei seiner Amtseinführung. Er tritt die Nachfolge von Tsai Ing-wen (li.) an.

Mit einer bunten und ausgelassenen Zeremonie feierte Taiwan gestern seine demokratischen Errungenschaften und kulturelle Vielfalt. Am Morgen wurden der bisherige Vizepräsident Lai Ching-te, auch William Lai genannt, und die ehemalige taiwanische Repräsentantin in den USA, Hsiao Bi-khim, als Präsident und Vizepräsidentin vereidigt. Im Januar hatten die beiden das Präsidentenamt für die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) gewonnen. Es ist die dritte DPP-Präsidentschaft in Folge – das gab es noch nie. Die scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen verabschiedete sich nach acht Jahren im Amt.

In seiner Antrittsrede kritisierte Lai die Volksrepublik China für die anhaltende Bedrohung Taiwans und der Region. “Chinas militärische Aktionen und Grauzonen-Bedrohungen stellen heute die größte strategische Herausforderung für Frieden und Stabilität in der Welt dar”, sagte der 64-Jährige. Lai forderte Peking auf, die Realität der Existenz der Republik China (Taiwans offizieller Name) anzuerkennen und die Wünsche des taiwanischen Volkes zu respektieren. Sein Satz “Die Republik China und die Volksrepublik China sind sich gegenseitig nicht untergeordnet” wurde von der Menge mit tosendem Applaus begrüßt. Diese Formulierung stammt aus einem DPP-Richtungspapier von 1999 und wurde von Lais Vorgängerin Tsai populär gemacht.

Lai erwähnt den Konsens von 1992 nicht

Anders als seine Vorgängerin, die in ihrer ersten Antrittsrede noch die “historische Realität der Gespräche des Jahres 1992” erwähnt hatte, ohne den “Konsens von 1992” beim Namen zu nennen, hat Lai in seiner Ansprache ganz davon abgesehen, den in Taiwan seit Jahren immer unbeliebteren Konsens auch nur anzudeuten. China setzt den Konsens gleich mit dem “Ein China-Prinzip”, wonach beide Seiten der Taiwanstraße zu einem China gehören, und betrachtet ihn als Bedingung für alle Kontakte mit Taiwan.

Lai folgte auch nicht der Forderung einiger taiwanischer Medien, Xi Jinpings Wortwahl von der “Chinesischen Nation” (zhonghua minzu) aufzugreifen. Der Direktor der Ma-Ying-jeou-Stiftung des ehemaligen KMT-Präsidenten Ma kritisierte Lais Rede entsprechend und warf ihm vor, sich für eine taiwanische Unabhängigkeit einzusetzen.

Einen ähnlichen Tonfall schlug am Nachmittag auch das chinesische Büro für Taiwan-Angelegenheiten an und erklärte, dass Lai mit seiner Rede ein “gefährliches Signal zur Zerstörung des Friedens und der Stabilität in der Taiwanstraße” ausgestrahlt und seinen wahren Charakter als “Arbeiter für eine taiwanische Unabhängigkeit” gezeigt habe. In seiner Stellungnahme kritisierte das Büro außerdem, dass Taipeh Hilfe aus dem Ausland und Waffenkäufe anstrebe, um eine taiwanische Unabhängigkeit zu verwirklichen.

Hashtags zur Amtseinführung in China zensiert

Der Politikwissenschaftler Wen-Ti Sung von der Australian National University hält diese Formulierung für einen Beleg für Chinas Sorge vor Taiwans engeren Sicherheitskooperationen mit internationalen Partnern. Auf dem chinesischen Microblogging-Dienst Weibo wurden Hashtags zur Amtseinführung zensiert.

In seiner Rede hatte Lai angedeutet, zunächst weniger kontroverse Themen wie Tourismus und Studentenaustausch anzugehen, um Vertrauen aufzubauen. Unter Präsident Ma waren viele chinesische Studierende nach Taiwan gekommen. Im April 2020 hatte China entsprechende Programme eingestellt. Es wird spekuliert, dass Taiwan bald die Wiederaufnahme von Gruppenreisen nach China erlauben und den beruflichen Austausch erleichtern könnte.

Der Zeremonie in Taipeh wohnten Vertreter aus 29 Ländern bei, darunter Taiwans verbliebene zwölf “diplomatische Verbündete”. Besondere Aufmerksamkeit erregte die Teilnahme des ehemaligen US-Außenministers Mike Pompeo und der ehemaligen litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė. Auch eine Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter und Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit waren auf der Ehrentribüne vor dem Präsidialamt zugegen.

Keine Parlamentsmehrheit für die DPP

In den nächsten vier Jahren wird sich zeigen, wie effektiv Lai ohne Mehrheit im Parlament regieren kann. Seit den Wahlen im Januar hat sich die oppositionelle KMT mit der Taiwanischen Volkspartei (TPP) zusammengetan, um gemeinsam die Macht des Parlaments auszubauen und alle Gesetzesvorhaben der DPP zu blockieren. In der vergangenen Woche kam es zu Handgreiflichkeiten im Plenarsaal, als Abgeordnete der DPP versuchten, die Verabschiedung einiger Gesetzesvorhaben zu stoppen, die die KMT und TPP ohne ausreichende Debatte im Schnellverfahren durch das Parlament bringen wollten.

Lai betonte Taiwans führende Rolle in der Chip-Industrie und erklärte das Ziel, Taiwan zum asiatischen Produktionszentrum für Drohnen für die demokratische Welt zu machen. Außerdem solle das Land weiter an der Entwicklung von Satelliten arbeiten. Dabei geht es vermutlich auch darum, Taiwans Kommunikation gegenüber einer chinesischen Aggression widerstandsfähiger zu machen.

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News

Ukraine: Darum will Selenskyj China als Vermittler

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat China als möglichen Vermittler im Ukraine-Krieg ins Spiel gebracht. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP sagte Selenskyj, er wolle mit Ländern wie China zusammenarbeiten, die “Einfluss auf Russland” hätten, da sein Land vor einer neuen Moskauer Offensive stehe. Selenskyj forderte Peking auf, nächsten Monat an Friedensgesprächen teilzunehmen. Das AFP-Interview wurde am Freitag ausgestrahlt.

Selenskyj sagte, der chinesische Staatschef Xi Jinping habe ihm in einem Telefonat versichert, dass Peking die territoriale Integrität der Ukraine unterstütze. Er sagte allerdings nicht, wann der Austausch mit Xi stattgefunden habe. Die Einbindung globaler Akteure wie China sei von entscheidender Bedeutung. “Sie haben Einfluss auf Russland, und je mehr solcher Länder wir auf unserer Seite haben … desto mehr muss Russland agieren und mit [mehr Ländern] muss man rechnen”, sagte Selenskyj.

Zuletzt hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die chinesischen Bemühungen gelobt. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”, sagte Putin bei seiner China-Reise in Peking vergangene Woche. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt. rad

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  • Ukraine-Krieg

Anti-Dumping: Warum China Strafzölle auf Chemikalien aus der EU prüft

China droht im Handelskonflikt mit den USA und der EU mit Zöllen auf bestimmte Chemikalien, die teils auch in Autos verwendet werden. Das Handelsministerium in Peking hat eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet gegen solche Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan.

Wie das Handelsministerium am Sonntag weiter mitteilte, handelt es sich bei den betroffenen Chemikalien um “copolymerisiertes Paraformaldehyd”, das Kupfer, Zink, Zinn, Blei und andere metallische Werkstoffe teilweise ersetzen könne und unter anderem in Automobilteilen, elektrischen Geräten und Industriemaschinen verwendet werde. Die Untersuchung soll innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein, könne jedoch “unter besonderen Umständen” um weitere sechs Monate verlängert werden, hieß es.

EU erwartet, dass China die WTO-Regeln einhält

Ein EU-Sprecher sagte am Sonntag auf Anfrage in Brüssel, die Europäische Kommission nehme diese Entscheidung der Volksrepublik China zur Kenntnis. “Wir werden nun den Inhalt der Untersuchung sorgfältig prüfen, bevor wir über die nächsten Schritte entscheiden.” Die EU-Kommission erwarte, dass diese Untersuchung in vollem Umfang mit allen einschlägigen Regeln und Verpflichtungen der Welthandelsorganisation (WTO) in Einklang stehe.

Die Maßnahme der chinesischen Regierung wird von Experten als Gegenreaktion auf die jüngsten Handelsstreitigkeiten mit dem Westen gewertet. So hat US-Präsident Joe Biden unter anderem Sonderzölle von 100 Prozent gegen Elektroauto-Importe aus China verhängt. Die EU untersucht derzeit selbst, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU Strafzölle erhebt, steht noch aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die deutsche Wirtschaft hatten sich gegen solche Zölle ausgesprochen. dpa

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Sicherheitsgesetz: Wie ein Verein die Briten zu Sanktionen bewegen will

Die Menschenrechtsorganisation Hong Kong Watch hat die britische Regierung aufgefordert, sechs Hongkonger Beamte zu sanktionieren. Anlass dafür ist die Verabschiedung eines eigenen Sicherheitsgesetzes für die Stadt sowie die zunehmend grenzüberschreitenden Repressionen durch die Kommunistische Partei Chinas in Großbritannien. Zu diesem Zweck legte die Organisation ein Briefing vor, mit dem sie der britischen Regierung die rechtliche Grundlage für die Sanktionen liefern möchte.

Hong Kong Watch setzt sich für den Erhalt von Bürger- und Menschenrechten in Hongkong ein. Zu den Argumenten in dem Briefing gehören die fortwährende Verletzung der chinesisch-britischen Erklärung zum Status der Stadt nach ihrer Rückgabe an die Volksrepublik, die London eigentlich dazu verpflichtet, die Autonomie und die Rechte der Bevölkerung von Hongkong zu garantieren.

Die zu sanktionierenden Beamten haben eine führende Rolle bei Ausarbeitung und Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes gespielt. Laut Hong Kong Watch hätten sie die rechtswidrige Anwendung von Gewalt und anderes polizeiliches Fehlverhalten genehmigt, zudem nach internationalem Recht völlig akzeptable Tätigkeiten mit Isolationshaft bestraft, oder die Verhaftung von Kindern zugelassen.

Auf der Sanktionsliste stehen Hongkongs Regierungschef John Lee Ka-chiu, Justizminister Paul Lam Ting-kwok, Sicherheitsminister Chris Tang Ping-keung, Verwaltungs-Generalsekretär Eric Chan Kwok-ki, der Minister für Verfassungsfragen, Erick Tsang Kwok-wai, und die Ministerin für den öffentlichen Dienst, Ingrid Yeung Ho Poi-yan. Mögliche Sanktionen können das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote umfassen. grz

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Autonomes Fahren: Weshalb Tesla die KI auch in China trainieren will

Daten chinesischer Tesla-Fahrer sollen Insidern zufolge künftig vor Ort zum Training einer Künstlichen Intelligenz (KI) für selbstfahrende Autos genutzt werden. Dazu plane der US-Anbieter von Elektroautos ein eigenes Rechenzentrum in der Volksrepublik, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Wochenende.

Bislang habe das Unternehmen versucht, eine Genehmigung für den Transfer der Daten ins Ausland zu erhalten, um dort die Software für sein “Full Self Driving” (FSD) zu verfeinern. Es blieb aber unklar, ob Tesla die Datenverarbeitung vor Ort als Alternative für den Fall eines Transfer-Verbots vorantreibe oder ob die Firma zweigleisig fahren wolle.

Getrieben werden Teslas neue China-Pläne von den wachsenden Spannungen zwischen den USA und China. Um den technologischen und militärischen Aufstieg der Volksrepublik zu bremsen, hat die Regierung in Washington Exporte von Hochtechnologie stark eingeschränkt. Dadurch kann Tesla die neueste Version seines FSD-Systems in China nicht anbieten und gerät im Vergleich zu lokalen Konkurrenten wie BYD ins Hintertreffen.

Für den Aufbau eines KI-Rechenzentrums in der Volksrepublik müsste Tesla wohl auf chinesische Chip-Lieferanten ausweichen, betonte einer der Insider. Der Autobauer habe auch mit dem Weltmarktführer Nvidia verhandelt. Dieser darf wegen des US-Embargos allerdings keine hochmodernen KI-Prozessoren nach China liefern.

China hat die größte Flotte von Fahrzeugen, die mit allerlei Sensoren gespickt sind. Diese sammeln unzählige Informationen über den oft dichten Verkehr in den zahlreichen Millionenmetropolen des Landes, was den Datenschatz für Autobauer besonders wertvoll macht. Insidern zufolge bemüht sich Tesla seit 2021 um eine Ausfuhrgenehmigung für die Daten seiner chinesischen Kunden. “Es wäre definitiv ein Meilenstein für Tesla, FSD in China einzuführen und die chinesischen Daten für das Algorithmus-Training zu nutzen”, sagte Yale Zhang, Geschäftsführer der Beratungsfirma Automotive Insight. rtr

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Presseschau

China droht EU mit Vergeltungsmaßnahmen im Handelsstreit HANDELSBLATT
Dumpingvorwurf: China will Plastikimporte aus EU und USA prüfen TAGESSCHAU
William Lai tritt Amt an: Taiwans neuer Präsident lässt sich nicht von China einschüchtern TAGESANZEIGER
Taiwan: Neuer Präsident Lai vereidigt – harter Kurs gegenüber Peking WEB.DE
China droht Taiwan zur Amtseinführung des neuen Präsidenten TAGESSCHAU
China stuft US-Rüstungskonzerne als “unzuverlässige Unternehmen” ein ZEIT
Immobiliensektor: Chinas Krisenpaket treibt die Börse an HANDELSBLATT
China will Gasturbinengeschäft von MAN Energy Solutions kaufen: Jetzt schaltet sich die Regierung ein FRANKFURTER RUNDSCHAU
Gastbeitrag des Chinesischen Botschafters Wu Ken: Ich rate deutschen Politikern, nicht so naiv zu sein BERLINER ZEITUNG
Taiwan rüstet auf: Kamikaze-Drohnen aus den USA sollen China abschrecken MERKUR
Philippines urges China to allow scrutiny of disputed South China Sea shoal REUTERS
China nimmt ersten Drohnen-Flugzeugträger der Welt in Betrieb TELEPOLIS
Gemeinsame Übung mit Kambodscha: Chinesisches Militär präsentiert kriegstauglichen Roboterhund SPIEGEL

Heads

Hu Chunfeng: Weshalb die Zensur einem empörten Livestreamer den Kanal abstellt

Screenshot auf dem Video Livestream von Hu Chunfeng, kurz nachdem ein zugeschalteter Nutzer gefragt hatte, ob Hu glaube, dass Xi Jinping ein Diktator sei.
Screenshot aus dem Livestream von Hu Chunfeng, kurz nachdem ein zugeschalteter Nutzer gefragt hatte, ob Hu glaube, dass Xi Jinping ein Diktator sei.

Hu Chunfeng reagierte mit einer Tirade der Empörung. Der Fragesteller sei verrückt. Er werde sicherlich Besuch bekommen von jemandem und müsse die rechtlichen Konsequenzen für seine Frage tragen. “Denkst du, dass Xi Jinping ein Diktator ist?” – Wie kann man nur? Schließlich schmiss Hu den Nutzer entrüstet aus der Liveschalte. Den oder die Besucher, die Hu ihm prophezeite, waren eine Referenz an die chinesische Polizei oder Staatssicherheit.

Der Livestreamer war sich sofort darüber im Klaren, dass schon die Frage, ob Xi ein Diktator sei, eine Grenzüberschreitung bedeutete, die die Sicherheitsbehörden auf den Plan rufen könnte. Sein Instinkt trog ihn nicht: Der bemerkenswerte Livestream war vorläufig sein letzter. Zunächst hieß es, Hu wolle sich eine dreitägige Auszeit nehmen, weil er sich angeblich nicht wohlfühlte. Kurz darauf wurde die Krankmeldung ersetzt durch den Hinweis: “Dieses Konto ist momentan gesperrt.”

An dem Status hat sich bislang nichts geändert. 15.000 Abonnenten warten noch immer auf neuen Content. Klar ist: Hu Chunfeng fiel der Hysterie der chinesischen Zensoren zum Opfer. Diese haben offenbar Angst davor, nicht konsequent genug jeden Funken zivilgesellschaftlicher Debatte im Land im Keim zu ersticken.

“Alles, was mit Xi Jinping zu tun hat, ist tabu”

Schon 2022 war der Kanal eines anderen Livestreamers bei Bilibili blockiert worden. Der Kosmetik-Influencer Austin Li hatte kurz vor dem 33. Jahrestag des Tiananmen-Massakers am 4. Juni ein Törtchen in Form eines Panzers in die Kamera gehalten. Erst dreieinhalb Monate später durfte Li wieder auf Sendung.

Die Plattformen handeln aus Angst, weil das Thema, ob Xi Jinping ein Diktator ist oder nicht, überhaupt nicht diskutiert werden kann”, sagte Liu Lipeng zu Radio Free Asia. Liu arbeitete früher selbst als Zensor für das Online-Portal Sina.com und lebt inzwischen im US-Exil. “Alles, was mit Xi Jinping zu tun hat, ist tabu und ein höchst sensibles Thema”, sagte Liu.

Allein die Erwähnung des Namens Xi in Chinas sozialen Medien löst Nervosität unter den Zensoren aus. Nicht einmal Referenzen sind mehr erlaubt. Nach dem Tod des ehemaligen Premierministers Li Keqiang Ende 2023 verbreitet sich der Popsong “Too Bad It Wasn’t You” in sozialen Medien. Allerdings nicht lange – schnell schritten die Zensoren ein und verhinderten weitere Assoziationen.

Vor anderthalb Jahren schon hatte das Internetportal China Digital Space berichtet, dass bereits im Jahr 2016 35.467 verschiedenen Sätzen und Begriffe zensiert waren, die einen Bezug zu Staatschef Xi Jinping herstellen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahl seitdem weiter erhöht hat.

Apple entfernt Whatsapp auf Anordnung der Regierung

Die US-Demokratieberatung Freedom House schlug eine Brücke zwischen dem Fall des blockierten Livestreamers Hu und einer Entscheidung des US-Technologiekonzerns Apple vom 19. April. Das Unternehmen hatte verkündet, die Messengerdienste WhatsApp und Threads aus seinem App Store in China entfernt und damit der Anweisung Pekings Folge geleistet zu haben. Die Behörden hatten in den Anwendungen ihrer Meinung nach “aufrührerische” Inhalte über Xi entdeckt.

“Der Kontrast zwischen diesen beiden Fällen ist erschreckend”, so Freedom House. Ein gewöhnlicher chinesischer Internetnutzer habe “alles riskiert, um seine Unzufriedenheit mit der zunehmend repressiven Herrschaft von Xi [mit seiner Frage] zum Ausdruck zu bringen”, während sich eines der größten Unternehmen der Welt “erneut dem Druck der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) gebeugt” habe. Seit 2017 hat Apple bereits Hunderte von Virtual Private Networks (VPN) aus seinem China-App Store entfernt, die es den Nutzern ermöglicht hatten, unbemerkt über einen Umweg auf zensierte Inhalte oder gesperrte Anwendungen zurückgreifen zu können. Die meisten Expats nutzen solche VPN-Tunnel.

Ex-Zensor Liu glaubt indessen, dass Hu Chunfeng falsch reagiert habe, um eine Sperre seines Kanals zu verhindern. “Seine Reaktion war zu dramatisch. Das hat die Verbreitung des Ausschnitts gefördert“, sagt Liu. Stattdessen hätte Hu freudig und überzeugend antworten sollen, dass Xi Jinping selbstverständlich kein Diktator sei. So aber habe Hu Chunfeng den Eindruck erweckt, dass er die Frage allein durch seine impulsive Reaktion beantwortet habe. grz

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Personalien

Jenny Wang hat beim Energieversorger RWE als Ingenieurin im Bereich Prozesssicherheit angefangen. Zuvor war sie bei Avery Dennison in Belgien in ähnlicher Rolle beschäftigt. Sie hat ihren Uniabschluss an der East China University of Science and Technology gemacht und in China bei DuPont angefangen.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Ob hier das Copyright von Star Wars verletzt wurde? So ganz eindeutig dürfte es nicht sein. Denn die Sturmtruppen aus der bekannten Star Wars-Saga dürften mit allem, aber nicht mit Zen-Buddhismus in Verbindung gebracht werden. Dann noch eher Meister Yoda. Dieser Zen-Trooper ist momentan auf dem Hongkong Affordable Art Fair ausgestellt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Forrest Gump hat einmal gesagt, das Leben sei wie eine Pralinenschachtel. Man wisse nie, was man bekommt. So ähnlich verhält es sich jetzt auch in den Beziehungen zwischen Iran und China – nach dem tragischen Unfall des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.

    In Peking dürfte man den Tod von Raisi mit Bedauern zur Kenntnis genommen haben. Außenpolitik lässt sich prinzipiell leichter gestalten, wenn ein Partnerstaat – von großen, eigenen Interessen getrieben – in die Beziehungen investiert. Raisi war sehr bemüht um Chinas Gunst für sein Land. Das wurde im Februar vergangenen Jahres bei seinem Staatsbesuch deutlich.

    Ob sein Nachfolger einen ähnlich intensiven Austausch mit China suchen wird oder einen weniger zugewandten Kurs fährt, wird in Peking erwartungsvoll beobachtet. Allerdings ist auch klar, dass Chinas Einfluss in der Region keineswegs von innenpolitischen Entscheidungen des Iran abhängig ist. Mit den Saudis kann Peking auch sehr gut, schreibt Michael Radunski und zeigt: Für China geht es um mehr als bilateralen Austausch.

    Die Volksrepublik macht vor, wie Diversifizierung funktioniert. In erster Linie zwar politisch und nicht wirtschaftlich, aber im Prinzip sind es die gleichen Mechanismen. Peking greift deshalb gelassen in die Pralinenschachtel und wartet einfach ab, was es bekommt.

    Die Taiwaner haben derweil im Januar in einer demokratischen Wahl entschieden, was sie für die nächsten vier Jahre bekommen. Nämlich William Lai von der Demokratischen Fortschrittspartei als neuen Präsidenten. Am Montag hielt Lai seine Antrittsrede und vergewisserte seine Landsleute, weshalb sie ihn an der Spitze der Regierung wollen.

    Lai forderte Peking auf, die Realität der Existenz der Republik China (Taiwans offizieller Name) anzuerkennen und die Wünsche des taiwanischen Volkes zu respektieren. Sein Satz “Die Republik China und die Volksrepublik China sind sich gegenseitig nicht untergeordnet” wurde von der Menge mit tosendem Applaus begrüßt, berichtet David Demes aus Taipeh.

    Ihr
    Marcel Grzanna
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    Iran: Was der Tod von Regierungschef Raisi für Chinas Strategie im Nahen Osten bedeutet

    Raisi im Februar 2023 in Peking: Irans Präsident hat sein Land auf China ausgerichtet.

    Xi Jinping hat am Montag in einer offiziellen Beileidsbotschaft seine tiefe Trauer über den Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zum Ausdruck gebracht. Raisi habe seit seinem Amtsantritt einen wichtigen Beitrag zur Festigung und zum Ausbau der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen China und Iran geleistet, schrieb Xi. Mit Raisi habe das chinesische Volk einen guten Freund verloren.

    Damit liegt Xi absolut richtig. Denn Raisi verfolgte in seiner Zeit als Präsident eine “Look East”-Politik: Unter seiner Präsidentschaft verschlechterten sich Irans Beziehungen zum Westen, während die Bindung an China – und auch Russland – deutlich verstärkt wurden. In Peking nahm man das freudig zur Kenntnis, lobte Teheran als “Freund” und “strategischen Partner”. Doch im Alltag gibt sich China knallhart. Denn die Führung in Peking verfolgt ein größeres Ziel: China will seinen Einfluss im Nahen Osten ausbauen – und Iran ist dabei lediglich ein Akteur von vielen.

    Die Grundlage: Raisis Besuch in Peking

    Die Grundlage für die zuletzt guten bilateralen Beziehungen legte Irans Präsident Raisi im Februar 2023. Seine Reise nach Peking war der erste Besuch eines iranischen Präsidenten in China seit 20 Jahren. Xi lobte damals die “unerschütterliche Zusammenarbeit”, die Freundschaft und “strategische Partnerschaft” zwischen China und Iran.

    Im chinesischen Staatsfernsehen wurde jedoch schon damals deutlich, dass Peking wohl mehr im Blick hat als eine gute bilaterale Zusammenarbeit: “Je skrupelloser Amerika agiert, desto enger müssen jene zusammenrücken, die Stabilität und Entwicklung und alternative Wege zum Wohlstand suchen”, hieß es in einem Kommentar.

    Im großen Konflikt mit den USA ist Iran ein willkommener Partner. Und so hatten die rhetorischen Blumen durchaus wirtschaftliche Konsequenzen: Seit Raisis Besuch in Peking haben sich Chinas Investitionen in Iran verzehnfacht – von 200 Millionen US-Dollar auf zwei Milliarden US-Dollar, wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim unter Berufung auf den Vorsitzenden der Organisation für Auslandsinvestitionen berichtet. Das Geld fließe demnach vor allem in die Bereiche Logistik, Infrastruktur und Bergbau.

    Öl-Handel auf Rekordhoch

    Ebenfalls auf Rekordhoch ist der Öl-Handel zwischen China und Iran. Nach Angaben des Datenunternehmens Vortexa verkaufte Teheran in den ersten drei Monaten des Jahres durchschnittlich 1,56 Mio. Barrel pro Tag – fast alles davon wurde nach China exportiert. Während der Westen unter Führung der USA immer weitere Sanktionen gegen Iran verhängt, nimmt China das Öl nur allzu gerne entgegen.

    Dabei zeigt Peking aber deutlich, dass man rhetorisch vielleicht ein Freund sein mag, im Alltag jedoch hart verhandelt. Sprich: Peking drückt gnadenlos den Preis für iranisches Öl. Eine Analyse der Nachrichtenagentur Reuters zeigt: Indem China Rohöl aus sanktionierten Ländern wie Iran und Russland einkauft, habe Peking allein 2023 zehn Milliarden US-Dollar eingespart. Und als Iran im Januar mal höhere Preise verlangte, geriet der Export nach China sofort ins Stocken.

    Zudem wird der Handel in chinesischem Renminbi abgewickelt. Die Folge: Iran kann davon entweder chinesische Waren kaufen oder Vermögenswerte bei einer chinesischen Bank parken.

    Bei allem die USA fest im Blick

    Doch China bindet sich keineswegs ausschließlich an Iran. Vielmehr versucht es sich in politischer Balance – auch in einer so komplizierten Region wie dem Nahen Osten. Selbst zu den unterschiedlichen Gegenspielern unterhält man gute Verbindungen: zu den Palästinensern, aber auch zu Israel, zu Saudi-Arabien wie zu Iran. “Dieser äußerst schwierige Balanceakt gelingt vor allem, weil China sich bislang aus allem herausgehalten hat”, sagt Alexander Gabujew, Direktor des renommierten Carnegie Russia Eurasia Center.

    Vor fast genau einem Jahr ist es China sogar gelungen, die seit Jahren verfeindeten Staaten Saudi-Arabien und Iran dazu zu bringen, an einer Normalisierung ihrer Beziehungen zu arbeiten. Es ist quasi die Blaupause der chinesischen Strategie: sich international als bessere Alternative zu den USA zu präsentieren.

    • Energie
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    Taiwan: Weshalb Präsident Lai bei seiner Antrittsrede tosenden Applaus erhielt

    Präsident Lai Ching-te (mitte) bei seiner Amtseinführung. Er tritt die Nachfolge von Tsai Ing-wen (li.) an, die acht Jahre regiert hatte. Die ehemalige Repräsentantin Taiwans in den USA, Hsiao Bi-khim (re.), ist neue Vizepräsidentin.
    Präsident William Lai Ching-te (mitte) bei seiner Amtseinführung. Er tritt die Nachfolge von Tsai Ing-wen (li.) an.

    Mit einer bunten und ausgelassenen Zeremonie feierte Taiwan gestern seine demokratischen Errungenschaften und kulturelle Vielfalt. Am Morgen wurden der bisherige Vizepräsident Lai Ching-te, auch William Lai genannt, und die ehemalige taiwanische Repräsentantin in den USA, Hsiao Bi-khim, als Präsident und Vizepräsidentin vereidigt. Im Januar hatten die beiden das Präsidentenamt für die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) gewonnen. Es ist die dritte DPP-Präsidentschaft in Folge – das gab es noch nie. Die scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen verabschiedete sich nach acht Jahren im Amt.

    In seiner Antrittsrede kritisierte Lai die Volksrepublik China für die anhaltende Bedrohung Taiwans und der Region. “Chinas militärische Aktionen und Grauzonen-Bedrohungen stellen heute die größte strategische Herausforderung für Frieden und Stabilität in der Welt dar”, sagte der 64-Jährige. Lai forderte Peking auf, die Realität der Existenz der Republik China (Taiwans offizieller Name) anzuerkennen und die Wünsche des taiwanischen Volkes zu respektieren. Sein Satz “Die Republik China und die Volksrepublik China sind sich gegenseitig nicht untergeordnet” wurde von der Menge mit tosendem Applaus begrüßt. Diese Formulierung stammt aus einem DPP-Richtungspapier von 1999 und wurde von Lais Vorgängerin Tsai populär gemacht.

    Lai erwähnt den Konsens von 1992 nicht

    Anders als seine Vorgängerin, die in ihrer ersten Antrittsrede noch die “historische Realität der Gespräche des Jahres 1992” erwähnt hatte, ohne den “Konsens von 1992” beim Namen zu nennen, hat Lai in seiner Ansprache ganz davon abgesehen, den in Taiwan seit Jahren immer unbeliebteren Konsens auch nur anzudeuten. China setzt den Konsens gleich mit dem “Ein China-Prinzip”, wonach beide Seiten der Taiwanstraße zu einem China gehören, und betrachtet ihn als Bedingung für alle Kontakte mit Taiwan.

    Lai folgte auch nicht der Forderung einiger taiwanischer Medien, Xi Jinpings Wortwahl von der “Chinesischen Nation” (zhonghua minzu) aufzugreifen. Der Direktor der Ma-Ying-jeou-Stiftung des ehemaligen KMT-Präsidenten Ma kritisierte Lais Rede entsprechend und warf ihm vor, sich für eine taiwanische Unabhängigkeit einzusetzen.

    Einen ähnlichen Tonfall schlug am Nachmittag auch das chinesische Büro für Taiwan-Angelegenheiten an und erklärte, dass Lai mit seiner Rede ein “gefährliches Signal zur Zerstörung des Friedens und der Stabilität in der Taiwanstraße” ausgestrahlt und seinen wahren Charakter als “Arbeiter für eine taiwanische Unabhängigkeit” gezeigt habe. In seiner Stellungnahme kritisierte das Büro außerdem, dass Taipeh Hilfe aus dem Ausland und Waffenkäufe anstrebe, um eine taiwanische Unabhängigkeit zu verwirklichen.

    Hashtags zur Amtseinführung in China zensiert

    Der Politikwissenschaftler Wen-Ti Sung von der Australian National University hält diese Formulierung für einen Beleg für Chinas Sorge vor Taiwans engeren Sicherheitskooperationen mit internationalen Partnern. Auf dem chinesischen Microblogging-Dienst Weibo wurden Hashtags zur Amtseinführung zensiert.

    In seiner Rede hatte Lai angedeutet, zunächst weniger kontroverse Themen wie Tourismus und Studentenaustausch anzugehen, um Vertrauen aufzubauen. Unter Präsident Ma waren viele chinesische Studierende nach Taiwan gekommen. Im April 2020 hatte China entsprechende Programme eingestellt. Es wird spekuliert, dass Taiwan bald die Wiederaufnahme von Gruppenreisen nach China erlauben und den beruflichen Austausch erleichtern könnte.

    Der Zeremonie in Taipeh wohnten Vertreter aus 29 Ländern bei, darunter Taiwans verbliebene zwölf “diplomatische Verbündete”. Besondere Aufmerksamkeit erregte die Teilnahme des ehemaligen US-Außenministers Mike Pompeo und der ehemaligen litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė. Auch eine Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter und Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit waren auf der Ehrentribüne vor dem Präsidialamt zugegen.

    Keine Parlamentsmehrheit für die DPP

    In den nächsten vier Jahren wird sich zeigen, wie effektiv Lai ohne Mehrheit im Parlament regieren kann. Seit den Wahlen im Januar hat sich die oppositionelle KMT mit der Taiwanischen Volkspartei (TPP) zusammengetan, um gemeinsam die Macht des Parlaments auszubauen und alle Gesetzesvorhaben der DPP zu blockieren. In der vergangenen Woche kam es zu Handgreiflichkeiten im Plenarsaal, als Abgeordnete der DPP versuchten, die Verabschiedung einiger Gesetzesvorhaben zu stoppen, die die KMT und TPP ohne ausreichende Debatte im Schnellverfahren durch das Parlament bringen wollten.

    Lai betonte Taiwans führende Rolle in der Chip-Industrie und erklärte das Ziel, Taiwan zum asiatischen Produktionszentrum für Drohnen für die demokratische Welt zu machen. Außerdem solle das Land weiter an der Entwicklung von Satelliten arbeiten. Dabei geht es vermutlich auch darum, Taiwans Kommunikation gegenüber einer chinesischen Aggression widerstandsfähiger zu machen.

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    Ukraine: Darum will Selenskyj China als Vermittler

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat China als möglichen Vermittler im Ukraine-Krieg ins Spiel gebracht. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP sagte Selenskyj, er wolle mit Ländern wie China zusammenarbeiten, die “Einfluss auf Russland” hätten, da sein Land vor einer neuen Moskauer Offensive stehe. Selenskyj forderte Peking auf, nächsten Monat an Friedensgesprächen teilzunehmen. Das AFP-Interview wurde am Freitag ausgestrahlt.

    Selenskyj sagte, der chinesische Staatschef Xi Jinping habe ihm in einem Telefonat versichert, dass Peking die territoriale Integrität der Ukraine unterstütze. Er sagte allerdings nicht, wann der Austausch mit Xi stattgefunden habe. Die Einbindung globaler Akteure wie China sei von entscheidender Bedeutung. “Sie haben Einfluss auf Russland, und je mehr solcher Länder wir auf unserer Seite haben … desto mehr muss Russland agieren und mit [mehr Ländern] muss man rechnen”, sagte Selenskyj.

    Zuletzt hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die chinesischen Bemühungen gelobt. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”, sagte Putin bei seiner China-Reise in Peking vergangene Woche. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt. rad

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    Anti-Dumping: Warum China Strafzölle auf Chemikalien aus der EU prüft

    China droht im Handelskonflikt mit den USA und der EU mit Zöllen auf bestimmte Chemikalien, die teils auch in Autos verwendet werden. Das Handelsministerium in Peking hat eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet gegen solche Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan.

    Wie das Handelsministerium am Sonntag weiter mitteilte, handelt es sich bei den betroffenen Chemikalien um “copolymerisiertes Paraformaldehyd”, das Kupfer, Zink, Zinn, Blei und andere metallische Werkstoffe teilweise ersetzen könne und unter anderem in Automobilteilen, elektrischen Geräten und Industriemaschinen verwendet werde. Die Untersuchung soll innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein, könne jedoch “unter besonderen Umständen” um weitere sechs Monate verlängert werden, hieß es.

    EU erwartet, dass China die WTO-Regeln einhält

    Ein EU-Sprecher sagte am Sonntag auf Anfrage in Brüssel, die Europäische Kommission nehme diese Entscheidung der Volksrepublik China zur Kenntnis. “Wir werden nun den Inhalt der Untersuchung sorgfältig prüfen, bevor wir über die nächsten Schritte entscheiden.” Die EU-Kommission erwarte, dass diese Untersuchung in vollem Umfang mit allen einschlägigen Regeln und Verpflichtungen der Welthandelsorganisation (WTO) in Einklang stehe.

    Die Maßnahme der chinesischen Regierung wird von Experten als Gegenreaktion auf die jüngsten Handelsstreitigkeiten mit dem Westen gewertet. So hat US-Präsident Joe Biden unter anderem Sonderzölle von 100 Prozent gegen Elektroauto-Importe aus China verhängt. Die EU untersucht derzeit selbst, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU Strafzölle erhebt, steht noch aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die deutsche Wirtschaft hatten sich gegen solche Zölle ausgesprochen. dpa

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    Sicherheitsgesetz: Wie ein Verein die Briten zu Sanktionen bewegen will

    Die Menschenrechtsorganisation Hong Kong Watch hat die britische Regierung aufgefordert, sechs Hongkonger Beamte zu sanktionieren. Anlass dafür ist die Verabschiedung eines eigenen Sicherheitsgesetzes für die Stadt sowie die zunehmend grenzüberschreitenden Repressionen durch die Kommunistische Partei Chinas in Großbritannien. Zu diesem Zweck legte die Organisation ein Briefing vor, mit dem sie der britischen Regierung die rechtliche Grundlage für die Sanktionen liefern möchte.

    Hong Kong Watch setzt sich für den Erhalt von Bürger- und Menschenrechten in Hongkong ein. Zu den Argumenten in dem Briefing gehören die fortwährende Verletzung der chinesisch-britischen Erklärung zum Status der Stadt nach ihrer Rückgabe an die Volksrepublik, die London eigentlich dazu verpflichtet, die Autonomie und die Rechte der Bevölkerung von Hongkong zu garantieren.

    Die zu sanktionierenden Beamten haben eine führende Rolle bei Ausarbeitung und Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes gespielt. Laut Hong Kong Watch hätten sie die rechtswidrige Anwendung von Gewalt und anderes polizeiliches Fehlverhalten genehmigt, zudem nach internationalem Recht völlig akzeptable Tätigkeiten mit Isolationshaft bestraft, oder die Verhaftung von Kindern zugelassen.

    Auf der Sanktionsliste stehen Hongkongs Regierungschef John Lee Ka-chiu, Justizminister Paul Lam Ting-kwok, Sicherheitsminister Chris Tang Ping-keung, Verwaltungs-Generalsekretär Eric Chan Kwok-ki, der Minister für Verfassungsfragen, Erick Tsang Kwok-wai, und die Ministerin für den öffentlichen Dienst, Ingrid Yeung Ho Poi-yan. Mögliche Sanktionen können das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote umfassen. grz

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    Autonomes Fahren: Weshalb Tesla die KI auch in China trainieren will

    Daten chinesischer Tesla-Fahrer sollen Insidern zufolge künftig vor Ort zum Training einer Künstlichen Intelligenz (KI) für selbstfahrende Autos genutzt werden. Dazu plane der US-Anbieter von Elektroautos ein eigenes Rechenzentrum in der Volksrepublik, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Wochenende.

    Bislang habe das Unternehmen versucht, eine Genehmigung für den Transfer der Daten ins Ausland zu erhalten, um dort die Software für sein “Full Self Driving” (FSD) zu verfeinern. Es blieb aber unklar, ob Tesla die Datenverarbeitung vor Ort als Alternative für den Fall eines Transfer-Verbots vorantreibe oder ob die Firma zweigleisig fahren wolle.

    Getrieben werden Teslas neue China-Pläne von den wachsenden Spannungen zwischen den USA und China. Um den technologischen und militärischen Aufstieg der Volksrepublik zu bremsen, hat die Regierung in Washington Exporte von Hochtechnologie stark eingeschränkt. Dadurch kann Tesla die neueste Version seines FSD-Systems in China nicht anbieten und gerät im Vergleich zu lokalen Konkurrenten wie BYD ins Hintertreffen.

    Für den Aufbau eines KI-Rechenzentrums in der Volksrepublik müsste Tesla wohl auf chinesische Chip-Lieferanten ausweichen, betonte einer der Insider. Der Autobauer habe auch mit dem Weltmarktführer Nvidia verhandelt. Dieser darf wegen des US-Embargos allerdings keine hochmodernen KI-Prozessoren nach China liefern.

    China hat die größte Flotte von Fahrzeugen, die mit allerlei Sensoren gespickt sind. Diese sammeln unzählige Informationen über den oft dichten Verkehr in den zahlreichen Millionenmetropolen des Landes, was den Datenschatz für Autobauer besonders wertvoll macht. Insidern zufolge bemüht sich Tesla seit 2021 um eine Ausfuhrgenehmigung für die Daten seiner chinesischen Kunden. “Es wäre definitiv ein Meilenstein für Tesla, FSD in China einzuführen und die chinesischen Daten für das Algorithmus-Training zu nutzen”, sagte Yale Zhang, Geschäftsführer der Beratungsfirma Automotive Insight. rtr

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    China droht EU mit Vergeltungsmaßnahmen im Handelsstreit HANDELSBLATT
    Dumpingvorwurf: China will Plastikimporte aus EU und USA prüfen TAGESSCHAU
    William Lai tritt Amt an: Taiwans neuer Präsident lässt sich nicht von China einschüchtern TAGESANZEIGER
    Taiwan: Neuer Präsident Lai vereidigt – harter Kurs gegenüber Peking WEB.DE
    China droht Taiwan zur Amtseinführung des neuen Präsidenten TAGESSCHAU
    China stuft US-Rüstungskonzerne als “unzuverlässige Unternehmen” ein ZEIT
    Immobiliensektor: Chinas Krisenpaket treibt die Börse an HANDELSBLATT
    China will Gasturbinengeschäft von MAN Energy Solutions kaufen: Jetzt schaltet sich die Regierung ein FRANKFURTER RUNDSCHAU
    Gastbeitrag des Chinesischen Botschafters Wu Ken: Ich rate deutschen Politikern, nicht so naiv zu sein BERLINER ZEITUNG
    Taiwan rüstet auf: Kamikaze-Drohnen aus den USA sollen China abschrecken MERKUR
    Philippines urges China to allow scrutiny of disputed South China Sea shoal REUTERS
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    Gemeinsame Übung mit Kambodscha: Chinesisches Militär präsentiert kriegstauglichen Roboterhund SPIEGEL

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    Hu Chunfeng: Weshalb die Zensur einem empörten Livestreamer den Kanal abstellt

    Screenshot auf dem Video Livestream von Hu Chunfeng, kurz nachdem ein zugeschalteter Nutzer gefragt hatte, ob Hu glaube, dass Xi Jinping ein Diktator sei.
    Screenshot aus dem Livestream von Hu Chunfeng, kurz nachdem ein zugeschalteter Nutzer gefragt hatte, ob Hu glaube, dass Xi Jinping ein Diktator sei.

    Hu Chunfeng reagierte mit einer Tirade der Empörung. Der Fragesteller sei verrückt. Er werde sicherlich Besuch bekommen von jemandem und müsse die rechtlichen Konsequenzen für seine Frage tragen. “Denkst du, dass Xi Jinping ein Diktator ist?” – Wie kann man nur? Schließlich schmiss Hu den Nutzer entrüstet aus der Liveschalte. Den oder die Besucher, die Hu ihm prophezeite, waren eine Referenz an die chinesische Polizei oder Staatssicherheit.

    Der Livestreamer war sich sofort darüber im Klaren, dass schon die Frage, ob Xi ein Diktator sei, eine Grenzüberschreitung bedeutete, die die Sicherheitsbehörden auf den Plan rufen könnte. Sein Instinkt trog ihn nicht: Der bemerkenswerte Livestream war vorläufig sein letzter. Zunächst hieß es, Hu wolle sich eine dreitägige Auszeit nehmen, weil er sich angeblich nicht wohlfühlte. Kurz darauf wurde die Krankmeldung ersetzt durch den Hinweis: “Dieses Konto ist momentan gesperrt.”

    An dem Status hat sich bislang nichts geändert. 15.000 Abonnenten warten noch immer auf neuen Content. Klar ist: Hu Chunfeng fiel der Hysterie der chinesischen Zensoren zum Opfer. Diese haben offenbar Angst davor, nicht konsequent genug jeden Funken zivilgesellschaftlicher Debatte im Land im Keim zu ersticken.

    “Alles, was mit Xi Jinping zu tun hat, ist tabu”

    Schon 2022 war der Kanal eines anderen Livestreamers bei Bilibili blockiert worden. Der Kosmetik-Influencer Austin Li hatte kurz vor dem 33. Jahrestag des Tiananmen-Massakers am 4. Juni ein Törtchen in Form eines Panzers in die Kamera gehalten. Erst dreieinhalb Monate später durfte Li wieder auf Sendung.

    Die Plattformen handeln aus Angst, weil das Thema, ob Xi Jinping ein Diktator ist oder nicht, überhaupt nicht diskutiert werden kann”, sagte Liu Lipeng zu Radio Free Asia. Liu arbeitete früher selbst als Zensor für das Online-Portal Sina.com und lebt inzwischen im US-Exil. “Alles, was mit Xi Jinping zu tun hat, ist tabu und ein höchst sensibles Thema”, sagte Liu.

    Allein die Erwähnung des Namens Xi in Chinas sozialen Medien löst Nervosität unter den Zensoren aus. Nicht einmal Referenzen sind mehr erlaubt. Nach dem Tod des ehemaligen Premierministers Li Keqiang Ende 2023 verbreitet sich der Popsong “Too Bad It Wasn’t You” in sozialen Medien. Allerdings nicht lange – schnell schritten die Zensoren ein und verhinderten weitere Assoziationen.

    Vor anderthalb Jahren schon hatte das Internetportal China Digital Space berichtet, dass bereits im Jahr 2016 35.467 verschiedenen Sätzen und Begriffe zensiert waren, die einen Bezug zu Staatschef Xi Jinping herstellen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahl seitdem weiter erhöht hat.

    Apple entfernt Whatsapp auf Anordnung der Regierung

    Die US-Demokratieberatung Freedom House schlug eine Brücke zwischen dem Fall des blockierten Livestreamers Hu und einer Entscheidung des US-Technologiekonzerns Apple vom 19. April. Das Unternehmen hatte verkündet, die Messengerdienste WhatsApp und Threads aus seinem App Store in China entfernt und damit der Anweisung Pekings Folge geleistet zu haben. Die Behörden hatten in den Anwendungen ihrer Meinung nach “aufrührerische” Inhalte über Xi entdeckt.

    “Der Kontrast zwischen diesen beiden Fällen ist erschreckend”, so Freedom House. Ein gewöhnlicher chinesischer Internetnutzer habe “alles riskiert, um seine Unzufriedenheit mit der zunehmend repressiven Herrschaft von Xi [mit seiner Frage] zum Ausdruck zu bringen”, während sich eines der größten Unternehmen der Welt “erneut dem Druck der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) gebeugt” habe. Seit 2017 hat Apple bereits Hunderte von Virtual Private Networks (VPN) aus seinem China-App Store entfernt, die es den Nutzern ermöglicht hatten, unbemerkt über einen Umweg auf zensierte Inhalte oder gesperrte Anwendungen zurückgreifen zu können. Die meisten Expats nutzen solche VPN-Tunnel.

    Ex-Zensor Liu glaubt indessen, dass Hu Chunfeng falsch reagiert habe, um eine Sperre seines Kanals zu verhindern. “Seine Reaktion war zu dramatisch. Das hat die Verbreitung des Ausschnitts gefördert“, sagt Liu. Stattdessen hätte Hu freudig und überzeugend antworten sollen, dass Xi Jinping selbstverständlich kein Diktator sei. So aber habe Hu Chunfeng den Eindruck erweckt, dass er die Frage allein durch seine impulsive Reaktion beantwortet habe. grz

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    Personalien

    Jenny Wang hat beim Energieversorger RWE als Ingenieurin im Bereich Prozesssicherheit angefangen. Zuvor war sie bei Avery Dennison in Belgien in ähnlicher Rolle beschäftigt. Sie hat ihren Uniabschluss an der East China University of Science and Technology gemacht und in China bei DuPont angefangen.

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    Dessert

    Ob hier das Copyright von Star Wars verletzt wurde? So ganz eindeutig dürfte es nicht sein. Denn die Sturmtruppen aus der bekannten Star Wars-Saga dürften mit allem, aber nicht mit Zen-Buddhismus in Verbindung gebracht werden. Dann noch eher Meister Yoda. Dieser Zen-Trooper ist momentan auf dem Hongkong Affordable Art Fair ausgestellt.

    China.Table Redaktion

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