Table.Briefing: China

Taiwan und die Zeitenwende + EU-Kammer optimistisch

  • Taiwan: Annäherung an die Zeitenwende
  • EU-Kammer auf Besuch in Brüssel
  • Termine der kommenden Woche
  • Zweite Corona-Welle steht bevor
  • Jörg Wuttke verlässt China
  • Japan und USA vertiefen Bündnis
  • Bosch investiert fast eine Milliarde
  • Bayerns Wirtschaft klagt über Subventionen
  • Neue Liste lizenzpflichtiger Importwaren
  • Blick aus China: Importierte Feiertage
Liebe Leserin, lieber Leser,

Taiwan-Besuche von Politikern als Solidaritätsbekundung standen in den letzten Monaten hoch im Kurs. Felix Lee geht daher der Frage nach, ob sich in der Besuchs-Diplomatie eine Zeitenwende in der Taiwan-Politik abzeichnet. Besonderes Interesse gilt hier der SPD, schließlich haben Grüne und FDP bereits deutlich Stellung bezogen.

Die prominenten SPD-Außenpolitiker Michael Roth und Nils Schmid bestätigten Lee, dass ein Umdenken stattfindet, auch wenn die herkömmlichen Leitlinien gegenüber China weiterhin gelten. Im Gesamtbild rückt eine echte Zäsur aber so schnell näher, dass Experten schon alarmiert sind: Eine Abkehr von der Ein-China-Politik würde Taiwan eher gefährden als nützen.

Drei Tage, 23 Termine – das Bedürfnis nach persönlichem Austausch ist groß. Kaum sind die Reiserestriktionen gefallen, besucht eine Delegation der EU-Handelskammer Brüssel. Die Repräsentanten der europäischen Unternehmen trafen Parlamentarier, EU-Kommissionsvertreter und chinesische Diplomaten. Neben Corona gibt es zahlreiche wirtschaftliche und politische Probleme, die den Unternehmern Sorgen bereiten. Kammerpräsident Jörg Wuttke fand markige Worte für die Ausrichtung der Volksrepublik unter Xi: “Mehr Marx statt Markt”. Marcel Grzanna berichtet aus Brüssel. 

Wir als Redaktion feiern übrigens heute ein kleines Jubiläum: Dies ist die 500. Ausgabe des China.Table, es gibt uns jetzt über zwei Jahre. Möglich ist der Erfolg jedoch nur durch Sie, unsere Leser. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre und ein schönes Wochenende.

Ihre
Julia Fiedler
Bild von Julia  Fiedler

Analyse

In der Taiwan-Politik zeichnet sich die Zeitenwende ab

SPD-Abgeordneter Michael Roth: Russlandpolitik als Vorbild für Deutschlands Taiwan Politik und Umgang mit China.
SPD-Abgeordneter Michael Roth: Russlandpolitik als Vorbild für Umgang mit China.

Der Taiwan-Konflikt ist im Berliner Politikbetrieb angekommen. Noch vor Kurzem bestand die Gefahr, dass Bundestagsabgeordnete Taiwan mit Thailand verwechseln. Heute folgt ein Taiwan-Besuch von deutschen Politikern dem nächsten. Die Bewahrung Taiwans als demokratischer Staat steht ganz oben auf der außenpolitischen Agenda. Politiker hoffen offenbar, mittels Solidarität für die 9.000 Kilometer entfernte Insel bei den Wählern daheim zu punkten.

Das Außen- und das Wirtschaftsministerium, beide von Grünen geführt, haben in ihren geleakten Strategie-Papieren die Unterstützung Taiwans ganz explizit aufgegriffen. Mit dem Besuch einer hochrangigen FDP-Delegation in diesen Tagen in Taipeh, darunter auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann, setzt auch die FDP als zweite Regierungspartei ein klares Zeichen für ein eigenständiges Taiwan.

SPD positioniert sich: Russlandpolitik soll Vorbild sein

Und selbst die SPD wählt nun schärfere Worte, obwohl sie wie die Vorgängerregierung unter Angela Merkel eigentlich tendenziell auf Kooperation mit der Führung in Peking setzte und auf keinen Fall deutsche Geschäftsinteressen in der Volksrepublik riskieren wollte. “Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns im vereinten Europa und in der Gemeinschaft demokratischer, freiheitlicher Rechtsstaaten leider viel zu spät die Augen geöffnet”, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, gegenüber China.Table. 

Er hält eine Eskalation um Taiwan für ein realistisches Szenario in den nächsten Jahren. Deutschland und Europa müssten sich darauf vorbereiten, so Roth. Und dazu gehöre, der chinesischen Führung deutlich zu machen, dass der politische Westen geschlossen auf eine militärische Eskalation reagieren werde. “Die große Einigkeit in der Russlandpolitik muss hier unser Vorbild sein.” 

Bruch mit China nicht ausgeschlossen

SPD-Chef Lars Klingbeil schließt selbst einen Bruch mit China nicht mehr aus. “Wir müssen uns bewusst machen, dass morgen, übermorgen oder in zehn Jahren der Zeitpunkt kommen kann, an dem China Grenzen überschreitet”, sagte Klingbeil in der Wochenzeitung Die Zeit. “Wenn China Taiwan angreift, wird sich auch unsere Beziehung zu China fundamental ändern, so wie das jetzt mit Russland der Fall ist.” 

Deutschland müsse unabhängiger von China werden, andere Märkte erschließen und andere Partner für den Handel mit Rohstoffen finden, sagen beide SPD-Politiker – und stimmen damit den Ansichten von Grünen und FDP zu. Entsprechend begrüßt Roth auch den Besuch der FDP-Delegation diese Woche in Taiwan. “Auch ich habe mich schon mit dem Repräsentanten Taiwans in Deutschland ausgetauscht. Solche Gespräche sind mitnichten eine Provokation.”

Verschiebung, aber kein Erdrutsch

Klare Worte, die es unter der Vorgängerregierung nicht gegeben hätte. Und so sieht es auch die Führung in Peking, die mit entsprechenden Protestnoten und gar mit zusätzlichen Militärmanövern auf die FDP-Reise reagiert hat. Doch handelt es sich wirklich um einen Richtungswechsel in der Taiwan-Politik der Bundesregierung, gar um eine Zäsur?

Politiker verneinen diese Frage. “Ich würde nicht von einer Zäsur sprechen, sondern von einem gewachsenen Bewusstsein für die Region”, sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid gegenüber China.Table. Seine Fraktion habe bereits vor drei Jahren in einem Positionspapier festgehalten, dass es nicht zu einer einseitigen Änderung des Status quo durch die Volksrepublik China oder zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung in der Taiwan-Straße kommen darf, sondern nur im gegenseitigen Einvernehmen.

“Wichtiges Signal” – und eine Aufwertung Taiwans

Die Besuchsdiplomatie der letzten Monate – neben der FDP waren auch zwei parteiübergreifende Delegationen aus dem Bundestag in Taiwan – wertet Schmid als “wichtiges Signal”. Zugleich warnt er davor, die Protestnoten der chinesischen Führung überzubewerten. Schließlich habe sich an der deutschen Position zur Ein-China-Politik nichts geändert.

Gunter Schubert, China-Politologe an der Universität Tübingen, beurteilt das differenzierter. Zwar erkennt auch er kein Abrücken der Bundesregierung, von der “Ein-China-Politik”, die ein Bekenntnis Deutschlands zur Eigenstaatlichkeit Taiwans ausschließt. Deutschland gehe aber durchaus, wie auch andere Staaten, nun den Weg, “implizit zwischen der ‘Ein China-Politik’ einerseits und dem ‘Ein China-Prinzip’ andererseits zu unterscheiden.”

Drohungen Pekings bewirken Umdenken

Das bedeutet: Die Bundesregierung folgt auf offizieller Ebene weiterhin dem Verlangen Pekings, Taiwan und China als Teil eines Gesamtchinas zu betrachten. Doch die Regierung trennt diese Position vom Souveränitätsanspruch der Volksrepublik China über Taiwan. Und dieser Souveränitätsanspruch werde “durch zunehmenden Delegationsverkehr, Sympathiebekundungen gegenüber Taiwan, und auch mit direkten Bezügen auf Taiwan – etwa in strategischen Dokumenten – untergraben”.

Genauso wie die Grünen reize auch die FDP diese neue Politik aus, so Schubert. Und die SPD? Sie hat bislang zwar auf Kooperation mit Peking gesetzt, dürfte diese Haltung aber ändern – und zwar in dem Maße, in dem sich der Konflikt zwischen China und Taiwan verschärft. 

Kratzen am Status quo kann auch gefährlich sein

Die Zeitenwende in der Taiwan-Politik zeichnet sich bereits so deutlich ab, dass andere Politologen sogar schon regelrecht alarmiert sind. Als “verantwortungslose Politik” bezeichnet Eberhard Sandschneider das Vorgehen von FDP und Grünen. “Taiwan nützt das gar nichts. Es erhöht nur das Risiko für Taiwan, wie man an den Reaktionen der Volksrepublik sieht”, sagt der Ostasien-Experte, der bis 2016 das Forschungszentrum der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) leitete. Er spricht von “Verlogenheit dieser Politik”, die gut sei für den “innenpolitischen Applaus”. Das gelte für Strack-Zimmermann und die FDP genauso, wie es für Nancy Pelosi gegolten habe.

Sandschneider betont, dass nichts gegen Taiwan-Besuche selbst von Fachministern spreche, solange es um wirtschaftliche Zusammenarbeit gehe und nationalstaatliche Symbolik beiseite gelassen werde. Einen solchen Besuch hatte es mit Günter Rexrodt als Wirtschaftsminister im Jahre 1997 gegeben. Dagegen hatte Peking nur wenig einzuwenden. Die Teilnahme von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, sende jedoch ein anderes Signal.

Das Risiko tragen die Menschen in Taiwan, so Sandschneider. “Wer an diesem Konflikt leichtsinnig dreht, der muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Und das fehlt mir in der deutschen Politik”, kritisiert der Politologe. “Gemessen an dem Risiko, dass da ein massiver Konflikt entsteht, der weltwirtschaftlich katastrophale Folgen hätte.” Er betont: China-Taiwan sei eben doch etwas anderes als Russland-Ukraine. Auch für die deutsche Wirtschaft. “Die beste Option im Augenblick für beide Seiten ist der Status quo”, zeigt sich Sandschneider überzeugt.

  • Ampel-Koalition
  • Bundesregierung
  • Deutschland
  • Geopolitik
  • Taiwan

Nach Covid bremst Marx

Die EU-Handelskammer in China hat das Ende der Null-Covid-Politik für ihren ersten Besuch in Brüssel seit rund drei Jahren genutzt. Die Delegation unter der Leitung von Kammer-Präsident Jörg Wuttke absolvierte seit Montag einen regelrechten Termin-Marathon, um mit zahlreichen Vertretern der EU-Kommission, Parlamentariern und chinesischen Diplomaten persönlich zusammenzukommen. Für Wuttke ist es die letzte Reise nach Brüssel als Kammerpräsident. Im Mai wird der 65-Jährige seinen Posten nach drei Amtszeiten und mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze zur Verfügung stellen.

Der Zeitplan, den sich die Delegation während ihres einwöchigen Besuchs auferlegt hat, ist Ausdruck für die Dringlichkeit des persönlichen Austauschs, den die Reisebeschränkungen der vergangenen Jahre drastisch erschwert haben. 23 Termine in den ersten drei Tagen des Trips nutzten die Repräsentanten der europäischen Unternehmen in China, um ihre Sorgen und ihre Sicht auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik zu vermitteln.

“Fünf Prozent Wachstum sind möglich”

Gespräche fanden unter anderem statt mit EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und Chinas EU-Botschafter Fu Cong. Immer ganz oben auf der Agenda: der Ausblick nach Covid. “2022 war ein Alptraum”, sagte Wuttke am Donnerstagmorgen bei einem Pressebriefing in Brüssel. “Aber die gute Nachricht ist, dass es vorbei ist.” Im zweiten Quartal erwartet die Kammer einen deutlichen Aufschwung der Wirtschaft. Für 2023 hält Wuttke ein Wachstum von fünf Prozent noch immer für möglich.

Dazu müsse China jedoch “nachsichtiger und gütiger” handeln und nicht mit neuen Restriktionen für Handelspartner reagieren, wie in dieser Woche bereits geschehen. Einreisenden aus Japan und Südkorea wurden Kurzzeit-Visa verweigert, nachdem beide Länder eine Testpflicht für Ankömmlinge aus der Volksrepublik eingeführt hatten. Auch Deutschland testet inzwischen, wird aber von Gegenmaßnahmen bislang verschont.

Ideologie als Bremsklotz für das Wachstum

Doch Covid ist nur eine von vielen Nöten, die europäische Unternehmen in China zuletzt umtrieben. Schwieriger Marktzugang, stotternder Binnenkonsum und unfaire Behandlung plagen die Unternehmen seit langem. Doch im Vergleich zu den 2000er-Jahren habe sich die politische Atmosphäre so stark zum Negativen verändert, dass auch Wuttke inzwischen skeptisch ist, daran könne sich zeitnah etwas ändern.

“Mehr Marx statt Markt”, umriss der Kammerpräsident die ideologische Neuausrichtung der Volksrepublik unter Staatspräsident Xi Jinping, die langfristig einen Bremsklotz für Wachstum und Öffnung darstellen werde. Denn weniger Markt bedeutet eine Stärkung der ineffizienten und traditionell stark subventionierten Staatsunternehmen, die die Kommunistische Partei eigentlich seit fast zwei Jahrzehnten reformieren und moderner gestalten möchte.

“Kein Krieg” um Taiwan zumindest binnen zehn Jahren

Peking werde für diese strategische Entscheidung einen hohen Preis zahlen. Die EU-Kammer geht davon aus, dass China bis zum Jahr 2050 enorm viel Wirtschaftsleistung einbüßen werde, sollte das Land seinen “sozialistischen Pfad” weiter beschreiten. Statt einem noch vor wenigen Jahren prognostizierten Optimum von 55.000 Dollar würden pro Kopf lediglich 34.000 Dollar erwirtschaftet werden, sagen Studien voraus. “China muss wissen, ob ihm seine ideologische Ausrichtung 21.000 Dollar pro Kopf wert ist”, so Wuttke.

Die Taiwan-Frage hängt derweil wie ein Damoklesschwert über dem Chinageschäft. Die demokratisch regierte Insel ist seit der russischen Invasion in der Ukraine verstärkt ins Bewusstsein der westlichen Welt gerückt. Wuttke ist sicher, dass es zumindest “binnen der nächsten zehn Jahre” keinen Krieg geben werde. Zu groß seien die wirtschaftlichen Konsequenzen, die Peking für eine Invasion der Insel in Kauf nehmen muss. Das gilt allerdings nur, sofern am Status quo nicht gerüttelt wird. Sprich: Es dürfte keine ernsthaften Unabhängigkeitsbestrebungen in Taiwan geben.

  • EU
  • Handel
  • Jörg Wuttke

Termine

16.01.2023, 18:00 Uhr (17.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
SOAS University of London, Webinar: Revisiting Women’s Cinema: Feminism, Socialism, and Mainstream Culture in Modern China Mehr

17.01.2023, 19:30 Uhr
Deutsch-Chinesische Gesellschaft Trier e.V., Vortrag in Präsenz: Prof. Dr. Ylva Monschein: Armutsbekämpfung in und von China Mehr

17.01.2023, 18:00 Uhr (18.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
Kontech Insights, Webinar: Experience Digital China – Get inspired by Customers from the Future Mehr

18.01.2023, 12:00 Uhr (19:00 Uhr Beijing time)
Mercator Institute for China Studies, Online-Konferenz: MERICS China Forecast 2023 Mehr

18.01.2023, 18:30 Uhr
DESY, GIGA und Universität Hamburg, Vortrag und Diskussion: Chinas Datenstrategie zwischen offener Wissenschaft und Geopolitik Mehr

19.01.2023, 10:30 Uhr (17:30 Uhr Beijing time)
China Netzwerk Baden-Württemberg Arbeitskreis Legal&Tax, Austausch: Absicherung des Chinageschäfts: Hermesbürgschaften und Investitionsbürgschaften des Bundes im Vergleich Mehr

19.01.2023, 15:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Österreichisches Institut für Internationale Politik, Online Panel-Diskussion: China-Russia relations and the war in Ukraine Mehr

19.01.2023, 18:00 Uhr (20.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira Associates, Webinar: The End of China’s Zero-Covid Policy: What’s Next? Mehr

20.01.2023, 02:00 Uhr (09:00 Uhr Beijing time)
The China Project, Webinar: US & China: Twin Economic Growth Engines Mehr

20.01.2023, 21:30 Uhr (21.01.2023, 04:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Buchvorstellung und Diskussion: Overreach: How China Derailed its Peaceful Rise Mehr

21.02.2023, 15:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
British Interplanetary Society, Webinar: China In Space – The Science, Observation and Application Programmes with Brian Harvey Mehr

News

Modellierer: Noch höhere Corona-Welle steht bevor

Die Corona-Welle in China könnte an diesem Freitag mit 3,7 Millionen Neuinfektionen einen ersten Höhepunkt erreichen. Das haben Forscher des unabhängigen Datenanalyseinstituts Airfinity berechnet. Die Zahl der Todesfälle aufgrund von Corona könnte zehn Tage später mit 25.000 pro Tag ebenfalls ihren ersten Höhepunkt erreichen.

Schätzungen zufolge wird die Infektionswelle, die China seit Anfang Dezember erfasst hat, dann etwa eine halbe Million Todesfälle durch Covid-19 gefordert haben. Diese Zahl könnte bis Ende April auf insgesamt 1,7 Millionen steigen, so Airfinity. China veröffentlicht keine aktuellen Daten zu Corona-Infektionen und Todesfällen. Zudem wird ein Todesfall nach Definition der chinesischen Behörden nur als Corona-Todesfall bezeichnet, wenn die Person nach der Infektion an einer Lungenentzündung oder Versagen der Atemwege gestorben ist.

Anfang März könnte dann ein weiterer Höhepunkt der Infektionswelle mit täglich 4,2 Millionen Infektionen kommen, so Airfinity. Der Schwerpunkt wird dann voraussichtlich im ländlichen Raum liegen. Auf dem Land leben besonders viele alte Menschen, die in China aus Angst vor Nebenwirkungen oft unzureichend geimpft sind. Zudem ist die medizinische Versorgung nicht so gut.

Vor dem chinesischen Neujahrsfest am 22. Januar werden mehrere Hundert Millionen Chinesen in ihre Heimat oder zu Verwandten reisen, dadurch wird das Virus aus den Metropolen in kleinere und mittelgroße Städte sowie ländliche Regionen getragen. Mangels konkreter Daten stützen sich die Modellierer auch auf Schätzungen und indirekte Informationsquellen. In den Großstädten der Küstenregionen war der Höhepunkt der Welle gefühlt um Weihnachten herum durchgezogen. jul

  • Chinesisch Neujahr
  • Coronavirus
  • Gesundheit

Jörg Wuttke verlässt China

Der Mitinitiator und langjährige Präsident der Europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke, wird nach mehr als 35 Jahren die Volksrepublik China verlassen. Der 65-Jährige bestätigte im Gespräch mit Table.Media, dass er im kommenden Jahr mit seiner Familie in die USA umziehen werde, um sich dort neuen Aufgaben zu widmen.

Im Mai wird Wuttke zunächst sein Mandat der EU-Kammer niederlegen, “um endlich den Jüngeren Platz zu machen”, sagte er. Insgesamt leitete der Kraichgauer die Geschicke der Kammer mit Unterbrechungen für drei Amtszeiten. Für den Chemie-Konzern BASF ist Wuttke seit 1997 Generalbevollmächtigter in China. grz

  • EU
  • Handel
  • Jörg Wuttke

USA und Japan kooperieren mit Blick auf China

Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida trifft am Freitag US-Präsident Joe Biden in Washington. Die wichtigsten Entscheidungen sind jedoch bereits gefallen. Die USA haben Japan am Donnerstag militärischen Beistand zugesagt, sollte China nach japanischen Südinseln greifen. Um Kishidas Besuch vorzubereiten, waren bereits Außenminister Yoshimasa Hayashi und Verteidigungsminister Yasukazu Hamada in Washington.

Die japanischen Okinawa-Inseln liegen in der Nähe von Taiwan direkt vor dem chinesischen Festland. Die USA betreiben dort bereits eine große Militärbasis. In einer gemeinsamen Erklärung prangerten die Minister “gefährliche und provokative” Aktivitäten Chinas an und riefen zu Frieden auf. Die neue Zusammenarbeit steht also ausdrücklich im Zusammenhang mit China. Die USA und Japan dehnten die Definition eines Angriffs auch auf Attacken im Weltraum aus. fin

  • Geopolitik
  • Japan
  • Militär
  • Taiwan
  • USA

Bosch investiert fast eine Milliarde

Bosch baut seine Aktivitäten in China weiter aus. Über mehrere Jahre sollen rund 950 Millionen Euro in ein neues Zentrum für Forschung, Entwicklung und Fertigung am Standort Suzhou fließen. Dort werden Komponenten für Elektromobilität und automatisiertes Fahren für chinesische Autobauer entwickelt und hergestellt, wie Bosch am Donnerstag mitteilte. Der erste Teil des Zentrums solle Mitte 2024 stehen. “Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft auf dem größten Automarkt der Welt”, erklärte Bosch-Chef Stefan Hartung. Suzhou gehört schon heute zu den weltweit größten Standorten des Stiftungskonzerns, mit fast 10.000 Beschäftigten in vier Werken. Insgesamt hat Bosch rund 55.000 Mitarbeiter in China. rtr

  • Autoindustrie
  • Bosch
  • Handel
  • Industrie

Bayerische Wirtschaft fordert Abwehr von Subventionen

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) fordert EU-Maßnahmen gegen subventionierte Produkte aus China. Diese sollten notfalls auch einseitig erfolgen. Grundlage der Forderung ist eine Studie, die das Forschungsinstitut Prognos für die vbw erstellt hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass chinesische Subventionen es schwerer machen, deutsche Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die chinesischen Waren seien dadurch günstiger. fin

  • Handel
  • Subventionen

Mofcom veröffentlicht Liste lizenzpflichtiger Import-Waren

Das chinesische Wirtschaftsministerium (Mofcom) hat die Einfuhrlizenz-Liste für 2023 veröffentlicht. Auf der Liste steht, für welche Warengruppen Importeure eine Lizenz benötigen, um diese in die Volksrepublik einführen zu können. Laut Auskunft der Bundesaußenbehörde Germany Trade and Invest (GTAI) gab es diesmal nur “minimale Änderungen” in der Liste. Die Listen werden jedes Jahr angepasst. ari

  • GTAI
  • Handel
  • Import
  • Zölle

Presseschau

Asia, Europe Look to Collective Action to Restrain China WSJ
Corona-Infektionswelle: Experten erwarten 3,7 Millionen neue Infektionen pro Tag in China TAGESSPIEGEL
In China wütet die Pandemie – auch deshalb ist der grosse Reiseboom nach der Grenzöffnung bisher ausgeblieben NZZ
Chinese fret over elderly as WHO warns of holiday COVID surge REUTERS
Mainland Chinese head to Hong Kong for mRNA COVID-19 vaccines CHANNELNEWSASIA
Flugbuchungen steigen in China sprunghaft an AEROTELEGRAPH
Britain criticises systematic erosion of freedoms in Hong Kong by China ABC
With F.B.I. Search, U.S. Escalates Global Fight Over Chinese Police Outposts NYTIMES
Indian army chief: China border situation is “unpredictable” CHANNELNEWSASIA
Glücksfund in Schweden: Was die seltenen Erden für den Westen und China bedeuten AARGAUERZEITUNG
Scoop: White House narrowing executive order on China investments AXIOS
Konkurrenzkampf mit China: Forscher fürchten um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit SPIEGEL
Verbraucherpreise in China ziehen im Dezember wieder an WIWO
How Biden’s microchip ban is curbing China’s AI weapons efforts DEFENSENEWS
Chinese military invents smart shield designed to make laser weapons useless SCMP
BYD meistverkaufte Automarke in China, Vorstoß auf indischen Markt ECOREPORTER
Deutsche E-Auto-Hersteller unter Druck – Konkurrenz von Tesla und China T-ONLINE
Eine Milliarde US-Dollar: Bosch investiert massiv in China STUTTGARTER-NACHRICHTEN
Chinas Regierung fürchtet, dass Musks Starlink Internet-Zensur zunichte macht – Tesla: Zweifel an Ausbau des China-Werks – Aktie unter Druck FINANZMARKTWELT
China baut Monster-Windrad: Eine Umdrehung und das E-Auto ist voll EFAHRER
NASA: Chinas Aktivitäten besorgen US-Weltraumbehörde FUTUREZONE
Guangzhou in China: Auto rast in Fußgängergruppe – fünf Tote und dreizehn Verletzte SPIEGEL
China hat erstmals ein Pferd für den Reitsport geklont – mit deutschen Genen RND
France fines TikTok $5.4 million for online tracking shortcomings EURONEWS

Blick aus China

Importierte Feiertage

Vor uns liegt eine ganze Reihe von Valentinstagen. Einige zählen das Laternenfest (Yuanxiao) zu diesen romantischen Feiertagen. Dieses Jahr fällt es auf den 5. Februar. Aber dem Valentinstag nach amerikanischem Vorbild am 14. Februar wird wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Er ist vor allem bei der jüngeren Generation beliebt, da er aus dem Westen importiert wurde. Üblicherweise schenken an diesem Tag die Frauen ihren Partnern Schokolade, um damit ihre Liebe zu zeigen. Von den Männern wird erwartet, dass sie sich später dafür erkenntlich zeigen.

Manche behaupten dagegen, der eigentliche chinesische Valentinstag sei der 7. Juli nach dem Mondkalender. Dieses Datum hat tatsächlich eine romantische Bedeutung. Der Volksglaube besagt, dass ein unglückliches Paar – ein Kuhhirte und eine Weberin – von einer bösen Göttin auf unterschiedliche Seiten der Milchstraße verbannt wurde. Nur einmal im Jahr, an diesem Tag, ist es ihnen erlaubt, sich auf einer Brücke zu treffen, die von Elstern des guten Willens gebildet wird. 

Als sich dieser Tag im alten China allmählich zu einem Feiertag entwickelte, beteten die Mädchen an diesem Tag eigentlich um Gaben für den Haushalt, insbesondere für Näharbeiten, und nicht um die Liebe. Der Grund dafür war offensichtlich. Romantische Liebe wurde zwar schon in der alten chinesischen Literatur thematisiert, aber vom herrschenden Wertesystem nie befürwortet. Die Liebe war in China zwar Privatsache, die aber erst ab den 1980er-Jahren von den Eingriffen des Staates und der Familie verschont blieb.   

Zahlreiche Feste sind sowohl in China als auch in anderen Teilen der Welt offizielle Feiertage, beispielsweise das Neujahrsfest, der Tag der Arbeit am 1. Mai und der Weltfrauentag am 8. März. Dieser gilt in China zwar nicht als gesetzlicher Feiertag, aber die meisten Arbeitgeber erlauben ihren weiblichen Angestellten, schon mittags Feierabend zu machen. Diese drei Tage sind schon seit Jahrzehnten ein fester Teil des chinesischen Kalenders. Obwohl sie alle ihren Ursprung im Ausland haben, werden sie längst nicht mehr als fremde Feiertage angesehen. 

Dann sind da noch einige exotische Feiertage, die keine gesetzlichen Feiertage sind, aber von einigen Chinesen, vor allem in den Großstädten, gefeiert werden. Dazu gehören Erntedank, Halloween, der Muttertag im Mai und der Vatertag im Juni. Das bekannteste Fest ist natürlich Weihnachten.

Bemerkenswert ist, dass die in China offen gefeierten importierten Feiertage – sowohl die offiziellen als auch die inoffiziellen – allesamt aus dem Westen stammen, hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten. Das Erntedankfest, Muttertag und Vatertag werden in verschiedenen Ländern an unterschiedlichen Tagen begangen. Die Chinesen, die sie feiern, orientieren sich am US-Kalender. Neben der Beliebtheit von Halloween ist dies ein weiteres Zeichen für die Faszination für die amerikanische Popkultur. Damit einher geht der typisch amerikanische Stil: übertrieben, zuckersüß, manchmal sogar etwas kitschig.  

Die Akzeptanz inoffizieller westlichen Feiertage zeugt von der zunehmenden Wertschätzung davon, seine Gefühle auszudrücken und von einem wachsenden Bedürfnis nach Unterhaltung. Sie werden von der Regierung in der Regel toleriert, mit Ausnahme von Weihnachten.

Die Regierung verachtet Weihnachten

In China ist Santa Claus eine bekannte Figur. Ein großväterlicher, rot gekleideter Mann, der auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten Geschenke an Kinder verteilt: Das ist etwas, das die Herzen der Menschen verschiedener Kulturen mit Leichtigkeit erobert.  

Große, funkelnde Weihnachtsbäume stehen auch vor den Einkaufszentren in den chinesischen Großstädten. Trendbewusste Menschen haben ihren Partner an Heiligabend zu einem schicken Abendessen auszuführen, doch in der vergangenen Jahresendsaison fielen Shoppen und Fressen aus Angst vor Corona leider meist aus.

Darüber hinaus hat sich in den letzten zehn Jahren unter den jungen Chinesen eine neue skurrile Weihnachtstradition eingebürgert: Sie schenken einander einen Apfel, genannt “Früchte für den Frieden”. Der Heiligabend heißt auf Chinesisch “Friedliche Nacht”, Ping An Ye (平安夜). Und der Apfel heißt Ping Guo (苹果). Beide Wörter haben ein Zeichen, das Ping ausgesprochen wird. Das klingt weit hergeholt und geradezu kitschig, aber es ist ein gutes Beispiel dafür, wie einer fremden Tradition eine einheimische Note verliehen wird. 

Und selbstverständlich gibt es Menschen, die Weihnachten aus religiösen Gründen feiern: die Millionen von chinesischen Christen. Dennoch ist Weihnachten kein gesetzlicher Feiertag in China. Ganz im Gegenteil, Ausbrüche von Fremdenfeindlichkeit und Angst vor dem wachsenden Einfluss des Christentums haben zuweilen zu Aufrufen zum Boykott von Weihnachten geführt, insbesondere an Universitäten. Die Universitätsleitungen wollen ihre Studenten von weihnachtlichen Veranstaltungen fernhalten. 

Obgleich einige westliche Feiertage ihren Weg nach China gefunden haben, werden die Feste ethnischer Minderheiten in China in den mehrheitlich von der Han-Bevölkerung bewohnten Regionen nicht gefeiert. 

  • Gesellschaft
  • Kultur

Personalien

Die chinesische Regierung hat eine Reihe von Führungspositionen auf Vizeminister-Ebene neu besetzt.

Li Chunlin und Yang Yinkai werden Vizechefs der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission NDRC.

Dong Jianguo wird Vizeminister für Bauwesen.

Wang Daoxi wird Vizeminister für Wasserwirtschaft.

Cong Lin wird Vizevorsitzende der Banken- und Versicherungsaufsicht CIRC. Sie löst Liang Tao ab.

Li Hongyan wird Vizechefin der Währungsbehörde SAFE.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Sie müssen sich nicht an den letzten Strohhalm klammern: die 20.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der Xinhe-Manufakturen in Pingdu, Shandong. Ihre Heimatprovinz, aus der auch Konfuzius stammt, produziert reichlich Weizen und Gerste. Deren Stroh, das zu Zeiten des großen Philosophen noch als Dreck galt, ist heute Rohstoff für gewebtes Handwerk. Die Körbe und Taschen in diesem Showroom werden mit zahlreichen altüberlieferten Techniken hergestellt. Wer in Deutschland ein wenig Philosophie in seinen Alltag einflechten möchte, kann übrigens einen Webkurs am Konfuzius-Institut in Stralsund besuchen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Taiwan: Annäherung an die Zeitenwende
    • EU-Kammer auf Besuch in Brüssel
    • Termine der kommenden Woche
    • Zweite Corona-Welle steht bevor
    • Jörg Wuttke verlässt China
    • Japan und USA vertiefen Bündnis
    • Bosch investiert fast eine Milliarde
    • Bayerns Wirtschaft klagt über Subventionen
    • Neue Liste lizenzpflichtiger Importwaren
    • Blick aus China: Importierte Feiertage
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Taiwan-Besuche von Politikern als Solidaritätsbekundung standen in den letzten Monaten hoch im Kurs. Felix Lee geht daher der Frage nach, ob sich in der Besuchs-Diplomatie eine Zeitenwende in der Taiwan-Politik abzeichnet. Besonderes Interesse gilt hier der SPD, schließlich haben Grüne und FDP bereits deutlich Stellung bezogen.

    Die prominenten SPD-Außenpolitiker Michael Roth und Nils Schmid bestätigten Lee, dass ein Umdenken stattfindet, auch wenn die herkömmlichen Leitlinien gegenüber China weiterhin gelten. Im Gesamtbild rückt eine echte Zäsur aber so schnell näher, dass Experten schon alarmiert sind: Eine Abkehr von der Ein-China-Politik würde Taiwan eher gefährden als nützen.

    Drei Tage, 23 Termine – das Bedürfnis nach persönlichem Austausch ist groß. Kaum sind die Reiserestriktionen gefallen, besucht eine Delegation der EU-Handelskammer Brüssel. Die Repräsentanten der europäischen Unternehmen trafen Parlamentarier, EU-Kommissionsvertreter und chinesische Diplomaten. Neben Corona gibt es zahlreiche wirtschaftliche und politische Probleme, die den Unternehmern Sorgen bereiten. Kammerpräsident Jörg Wuttke fand markige Worte für die Ausrichtung der Volksrepublik unter Xi: “Mehr Marx statt Markt”. Marcel Grzanna berichtet aus Brüssel. 

    Wir als Redaktion feiern übrigens heute ein kleines Jubiläum: Dies ist die 500. Ausgabe des China.Table, es gibt uns jetzt über zwei Jahre. Möglich ist der Erfolg jedoch nur durch Sie, unsere Leser. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre und ein schönes Wochenende.

    Ihre
    Julia Fiedler
    Bild von Julia  Fiedler

    Analyse

    In der Taiwan-Politik zeichnet sich die Zeitenwende ab

    SPD-Abgeordneter Michael Roth: Russlandpolitik als Vorbild für Deutschlands Taiwan Politik und Umgang mit China.
    SPD-Abgeordneter Michael Roth: Russlandpolitik als Vorbild für Umgang mit China.

    Der Taiwan-Konflikt ist im Berliner Politikbetrieb angekommen. Noch vor Kurzem bestand die Gefahr, dass Bundestagsabgeordnete Taiwan mit Thailand verwechseln. Heute folgt ein Taiwan-Besuch von deutschen Politikern dem nächsten. Die Bewahrung Taiwans als demokratischer Staat steht ganz oben auf der außenpolitischen Agenda. Politiker hoffen offenbar, mittels Solidarität für die 9.000 Kilometer entfernte Insel bei den Wählern daheim zu punkten.

    Das Außen- und das Wirtschaftsministerium, beide von Grünen geführt, haben in ihren geleakten Strategie-Papieren die Unterstützung Taiwans ganz explizit aufgegriffen. Mit dem Besuch einer hochrangigen FDP-Delegation in diesen Tagen in Taipeh, darunter auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann, setzt auch die FDP als zweite Regierungspartei ein klares Zeichen für ein eigenständiges Taiwan.

    SPD positioniert sich: Russlandpolitik soll Vorbild sein

    Und selbst die SPD wählt nun schärfere Worte, obwohl sie wie die Vorgängerregierung unter Angela Merkel eigentlich tendenziell auf Kooperation mit der Führung in Peking setzte und auf keinen Fall deutsche Geschäftsinteressen in der Volksrepublik riskieren wollte. “Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns im vereinten Europa und in der Gemeinschaft demokratischer, freiheitlicher Rechtsstaaten leider viel zu spät die Augen geöffnet”, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, gegenüber China.Table. 

    Er hält eine Eskalation um Taiwan für ein realistisches Szenario in den nächsten Jahren. Deutschland und Europa müssten sich darauf vorbereiten, so Roth. Und dazu gehöre, der chinesischen Führung deutlich zu machen, dass der politische Westen geschlossen auf eine militärische Eskalation reagieren werde. “Die große Einigkeit in der Russlandpolitik muss hier unser Vorbild sein.” 

    Bruch mit China nicht ausgeschlossen

    SPD-Chef Lars Klingbeil schließt selbst einen Bruch mit China nicht mehr aus. “Wir müssen uns bewusst machen, dass morgen, übermorgen oder in zehn Jahren der Zeitpunkt kommen kann, an dem China Grenzen überschreitet”, sagte Klingbeil in der Wochenzeitung Die Zeit. “Wenn China Taiwan angreift, wird sich auch unsere Beziehung zu China fundamental ändern, so wie das jetzt mit Russland der Fall ist.” 

    Deutschland müsse unabhängiger von China werden, andere Märkte erschließen und andere Partner für den Handel mit Rohstoffen finden, sagen beide SPD-Politiker – und stimmen damit den Ansichten von Grünen und FDP zu. Entsprechend begrüßt Roth auch den Besuch der FDP-Delegation diese Woche in Taiwan. “Auch ich habe mich schon mit dem Repräsentanten Taiwans in Deutschland ausgetauscht. Solche Gespräche sind mitnichten eine Provokation.”

    Verschiebung, aber kein Erdrutsch

    Klare Worte, die es unter der Vorgängerregierung nicht gegeben hätte. Und so sieht es auch die Führung in Peking, die mit entsprechenden Protestnoten und gar mit zusätzlichen Militärmanövern auf die FDP-Reise reagiert hat. Doch handelt es sich wirklich um einen Richtungswechsel in der Taiwan-Politik der Bundesregierung, gar um eine Zäsur?

    Politiker verneinen diese Frage. “Ich würde nicht von einer Zäsur sprechen, sondern von einem gewachsenen Bewusstsein für die Region”, sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid gegenüber China.Table. Seine Fraktion habe bereits vor drei Jahren in einem Positionspapier festgehalten, dass es nicht zu einer einseitigen Änderung des Status quo durch die Volksrepublik China oder zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung in der Taiwan-Straße kommen darf, sondern nur im gegenseitigen Einvernehmen.

    “Wichtiges Signal” – und eine Aufwertung Taiwans

    Die Besuchsdiplomatie der letzten Monate – neben der FDP waren auch zwei parteiübergreifende Delegationen aus dem Bundestag in Taiwan – wertet Schmid als “wichtiges Signal”. Zugleich warnt er davor, die Protestnoten der chinesischen Führung überzubewerten. Schließlich habe sich an der deutschen Position zur Ein-China-Politik nichts geändert.

    Gunter Schubert, China-Politologe an der Universität Tübingen, beurteilt das differenzierter. Zwar erkennt auch er kein Abrücken der Bundesregierung, von der “Ein-China-Politik”, die ein Bekenntnis Deutschlands zur Eigenstaatlichkeit Taiwans ausschließt. Deutschland gehe aber durchaus, wie auch andere Staaten, nun den Weg, “implizit zwischen der ‘Ein China-Politik’ einerseits und dem ‘Ein China-Prinzip’ andererseits zu unterscheiden.”

    Drohungen Pekings bewirken Umdenken

    Das bedeutet: Die Bundesregierung folgt auf offizieller Ebene weiterhin dem Verlangen Pekings, Taiwan und China als Teil eines Gesamtchinas zu betrachten. Doch die Regierung trennt diese Position vom Souveränitätsanspruch der Volksrepublik China über Taiwan. Und dieser Souveränitätsanspruch werde “durch zunehmenden Delegationsverkehr, Sympathiebekundungen gegenüber Taiwan, und auch mit direkten Bezügen auf Taiwan – etwa in strategischen Dokumenten – untergraben”.

    Genauso wie die Grünen reize auch die FDP diese neue Politik aus, so Schubert. Und die SPD? Sie hat bislang zwar auf Kooperation mit Peking gesetzt, dürfte diese Haltung aber ändern – und zwar in dem Maße, in dem sich der Konflikt zwischen China und Taiwan verschärft. 

    Kratzen am Status quo kann auch gefährlich sein

    Die Zeitenwende in der Taiwan-Politik zeichnet sich bereits so deutlich ab, dass andere Politologen sogar schon regelrecht alarmiert sind. Als “verantwortungslose Politik” bezeichnet Eberhard Sandschneider das Vorgehen von FDP und Grünen. “Taiwan nützt das gar nichts. Es erhöht nur das Risiko für Taiwan, wie man an den Reaktionen der Volksrepublik sieht”, sagt der Ostasien-Experte, der bis 2016 das Forschungszentrum der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) leitete. Er spricht von “Verlogenheit dieser Politik”, die gut sei für den “innenpolitischen Applaus”. Das gelte für Strack-Zimmermann und die FDP genauso, wie es für Nancy Pelosi gegolten habe.

    Sandschneider betont, dass nichts gegen Taiwan-Besuche selbst von Fachministern spreche, solange es um wirtschaftliche Zusammenarbeit gehe und nationalstaatliche Symbolik beiseite gelassen werde. Einen solchen Besuch hatte es mit Günter Rexrodt als Wirtschaftsminister im Jahre 1997 gegeben. Dagegen hatte Peking nur wenig einzuwenden. Die Teilnahme von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, sende jedoch ein anderes Signal.

    Das Risiko tragen die Menschen in Taiwan, so Sandschneider. “Wer an diesem Konflikt leichtsinnig dreht, der muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Und das fehlt mir in der deutschen Politik”, kritisiert der Politologe. “Gemessen an dem Risiko, dass da ein massiver Konflikt entsteht, der weltwirtschaftlich katastrophale Folgen hätte.” Er betont: China-Taiwan sei eben doch etwas anderes als Russland-Ukraine. Auch für die deutsche Wirtschaft. “Die beste Option im Augenblick für beide Seiten ist der Status quo”, zeigt sich Sandschneider überzeugt.

    • Ampel-Koalition
    • Bundesregierung
    • Deutschland
    • Geopolitik
    • Taiwan

    Nach Covid bremst Marx

    Die EU-Handelskammer in China hat das Ende der Null-Covid-Politik für ihren ersten Besuch in Brüssel seit rund drei Jahren genutzt. Die Delegation unter der Leitung von Kammer-Präsident Jörg Wuttke absolvierte seit Montag einen regelrechten Termin-Marathon, um mit zahlreichen Vertretern der EU-Kommission, Parlamentariern und chinesischen Diplomaten persönlich zusammenzukommen. Für Wuttke ist es die letzte Reise nach Brüssel als Kammerpräsident. Im Mai wird der 65-Jährige seinen Posten nach drei Amtszeiten und mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze zur Verfügung stellen.

    Der Zeitplan, den sich die Delegation während ihres einwöchigen Besuchs auferlegt hat, ist Ausdruck für die Dringlichkeit des persönlichen Austauschs, den die Reisebeschränkungen der vergangenen Jahre drastisch erschwert haben. 23 Termine in den ersten drei Tagen des Trips nutzten die Repräsentanten der europäischen Unternehmen in China, um ihre Sorgen und ihre Sicht auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik zu vermitteln.

    “Fünf Prozent Wachstum sind möglich”

    Gespräche fanden unter anderem statt mit EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und Chinas EU-Botschafter Fu Cong. Immer ganz oben auf der Agenda: der Ausblick nach Covid. “2022 war ein Alptraum”, sagte Wuttke am Donnerstagmorgen bei einem Pressebriefing in Brüssel. “Aber die gute Nachricht ist, dass es vorbei ist.” Im zweiten Quartal erwartet die Kammer einen deutlichen Aufschwung der Wirtschaft. Für 2023 hält Wuttke ein Wachstum von fünf Prozent noch immer für möglich.

    Dazu müsse China jedoch “nachsichtiger und gütiger” handeln und nicht mit neuen Restriktionen für Handelspartner reagieren, wie in dieser Woche bereits geschehen. Einreisenden aus Japan und Südkorea wurden Kurzzeit-Visa verweigert, nachdem beide Länder eine Testpflicht für Ankömmlinge aus der Volksrepublik eingeführt hatten. Auch Deutschland testet inzwischen, wird aber von Gegenmaßnahmen bislang verschont.

    Ideologie als Bremsklotz für das Wachstum

    Doch Covid ist nur eine von vielen Nöten, die europäische Unternehmen in China zuletzt umtrieben. Schwieriger Marktzugang, stotternder Binnenkonsum und unfaire Behandlung plagen die Unternehmen seit langem. Doch im Vergleich zu den 2000er-Jahren habe sich die politische Atmosphäre so stark zum Negativen verändert, dass auch Wuttke inzwischen skeptisch ist, daran könne sich zeitnah etwas ändern.

    “Mehr Marx statt Markt”, umriss der Kammerpräsident die ideologische Neuausrichtung der Volksrepublik unter Staatspräsident Xi Jinping, die langfristig einen Bremsklotz für Wachstum und Öffnung darstellen werde. Denn weniger Markt bedeutet eine Stärkung der ineffizienten und traditionell stark subventionierten Staatsunternehmen, die die Kommunistische Partei eigentlich seit fast zwei Jahrzehnten reformieren und moderner gestalten möchte.

    “Kein Krieg” um Taiwan zumindest binnen zehn Jahren

    Peking werde für diese strategische Entscheidung einen hohen Preis zahlen. Die EU-Kammer geht davon aus, dass China bis zum Jahr 2050 enorm viel Wirtschaftsleistung einbüßen werde, sollte das Land seinen “sozialistischen Pfad” weiter beschreiten. Statt einem noch vor wenigen Jahren prognostizierten Optimum von 55.000 Dollar würden pro Kopf lediglich 34.000 Dollar erwirtschaftet werden, sagen Studien voraus. “China muss wissen, ob ihm seine ideologische Ausrichtung 21.000 Dollar pro Kopf wert ist”, so Wuttke.

    Die Taiwan-Frage hängt derweil wie ein Damoklesschwert über dem Chinageschäft. Die demokratisch regierte Insel ist seit der russischen Invasion in der Ukraine verstärkt ins Bewusstsein der westlichen Welt gerückt. Wuttke ist sicher, dass es zumindest “binnen der nächsten zehn Jahre” keinen Krieg geben werde. Zu groß seien die wirtschaftlichen Konsequenzen, die Peking für eine Invasion der Insel in Kauf nehmen muss. Das gilt allerdings nur, sofern am Status quo nicht gerüttelt wird. Sprich: Es dürfte keine ernsthaften Unabhängigkeitsbestrebungen in Taiwan geben.

    • EU
    • Handel
    • Jörg Wuttke

    Termine

    16.01.2023, 18:00 Uhr (17.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
    SOAS University of London, Webinar: Revisiting Women’s Cinema: Feminism, Socialism, and Mainstream Culture in Modern China Mehr

    17.01.2023, 19:30 Uhr
    Deutsch-Chinesische Gesellschaft Trier e.V., Vortrag in Präsenz: Prof. Dr. Ylva Monschein: Armutsbekämpfung in und von China Mehr

    17.01.2023, 18:00 Uhr (18.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
    Kontech Insights, Webinar: Experience Digital China – Get inspired by Customers from the Future Mehr

    18.01.2023, 12:00 Uhr (19:00 Uhr Beijing time)
    Mercator Institute for China Studies, Online-Konferenz: MERICS China Forecast 2023 Mehr

    18.01.2023, 18:30 Uhr
    DESY, GIGA und Universität Hamburg, Vortrag und Diskussion: Chinas Datenstrategie zwischen offener Wissenschaft und Geopolitik Mehr

    19.01.2023, 10:30 Uhr (17:30 Uhr Beijing time)
    China Netzwerk Baden-Württemberg Arbeitskreis Legal&Tax, Austausch: Absicherung des Chinageschäfts: Hermesbürgschaften und Investitionsbürgschaften des Bundes im Vergleich Mehr

    19.01.2023, 15:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
    Österreichisches Institut für Internationale Politik, Online Panel-Diskussion: China-Russia relations and the war in Ukraine Mehr

    19.01.2023, 18:00 Uhr (20.01.2023, 01:00 Uhr Beijing time)
    Dezan Shira Associates, Webinar: The End of China’s Zero-Covid Policy: What’s Next? Mehr

    20.01.2023, 02:00 Uhr (09:00 Uhr Beijing time)
    The China Project, Webinar: US & China: Twin Economic Growth Engines Mehr

    20.01.2023, 21:30 Uhr (21.01.2023, 04:30 Uhr Beijing time)
    Center for Strategic & International Studies, Buchvorstellung und Diskussion: Overreach: How China Derailed its Peaceful Rise Mehr

    21.02.2023, 15:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
    British Interplanetary Society, Webinar: China In Space – The Science, Observation and Application Programmes with Brian Harvey Mehr

    News

    Modellierer: Noch höhere Corona-Welle steht bevor

    Die Corona-Welle in China könnte an diesem Freitag mit 3,7 Millionen Neuinfektionen einen ersten Höhepunkt erreichen. Das haben Forscher des unabhängigen Datenanalyseinstituts Airfinity berechnet. Die Zahl der Todesfälle aufgrund von Corona könnte zehn Tage später mit 25.000 pro Tag ebenfalls ihren ersten Höhepunkt erreichen.

    Schätzungen zufolge wird die Infektionswelle, die China seit Anfang Dezember erfasst hat, dann etwa eine halbe Million Todesfälle durch Covid-19 gefordert haben. Diese Zahl könnte bis Ende April auf insgesamt 1,7 Millionen steigen, so Airfinity. China veröffentlicht keine aktuellen Daten zu Corona-Infektionen und Todesfällen. Zudem wird ein Todesfall nach Definition der chinesischen Behörden nur als Corona-Todesfall bezeichnet, wenn die Person nach der Infektion an einer Lungenentzündung oder Versagen der Atemwege gestorben ist.

    Anfang März könnte dann ein weiterer Höhepunkt der Infektionswelle mit täglich 4,2 Millionen Infektionen kommen, so Airfinity. Der Schwerpunkt wird dann voraussichtlich im ländlichen Raum liegen. Auf dem Land leben besonders viele alte Menschen, die in China aus Angst vor Nebenwirkungen oft unzureichend geimpft sind. Zudem ist die medizinische Versorgung nicht so gut.

    Vor dem chinesischen Neujahrsfest am 22. Januar werden mehrere Hundert Millionen Chinesen in ihre Heimat oder zu Verwandten reisen, dadurch wird das Virus aus den Metropolen in kleinere und mittelgroße Städte sowie ländliche Regionen getragen. Mangels konkreter Daten stützen sich die Modellierer auch auf Schätzungen und indirekte Informationsquellen. In den Großstädten der Küstenregionen war der Höhepunkt der Welle gefühlt um Weihnachten herum durchgezogen. jul

    • Chinesisch Neujahr
    • Coronavirus
    • Gesundheit

    Jörg Wuttke verlässt China

    Der Mitinitiator und langjährige Präsident der Europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke, wird nach mehr als 35 Jahren die Volksrepublik China verlassen. Der 65-Jährige bestätigte im Gespräch mit Table.Media, dass er im kommenden Jahr mit seiner Familie in die USA umziehen werde, um sich dort neuen Aufgaben zu widmen.

    Im Mai wird Wuttke zunächst sein Mandat der EU-Kammer niederlegen, “um endlich den Jüngeren Platz zu machen”, sagte er. Insgesamt leitete der Kraichgauer die Geschicke der Kammer mit Unterbrechungen für drei Amtszeiten. Für den Chemie-Konzern BASF ist Wuttke seit 1997 Generalbevollmächtigter in China. grz

    • EU
    • Handel
    • Jörg Wuttke

    USA und Japan kooperieren mit Blick auf China

    Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida trifft am Freitag US-Präsident Joe Biden in Washington. Die wichtigsten Entscheidungen sind jedoch bereits gefallen. Die USA haben Japan am Donnerstag militärischen Beistand zugesagt, sollte China nach japanischen Südinseln greifen. Um Kishidas Besuch vorzubereiten, waren bereits Außenminister Yoshimasa Hayashi und Verteidigungsminister Yasukazu Hamada in Washington.

    Die japanischen Okinawa-Inseln liegen in der Nähe von Taiwan direkt vor dem chinesischen Festland. Die USA betreiben dort bereits eine große Militärbasis. In einer gemeinsamen Erklärung prangerten die Minister “gefährliche und provokative” Aktivitäten Chinas an und riefen zu Frieden auf. Die neue Zusammenarbeit steht also ausdrücklich im Zusammenhang mit China. Die USA und Japan dehnten die Definition eines Angriffs auch auf Attacken im Weltraum aus. fin

    • Geopolitik
    • Japan
    • Militär
    • Taiwan
    • USA

    Bosch investiert fast eine Milliarde

    Bosch baut seine Aktivitäten in China weiter aus. Über mehrere Jahre sollen rund 950 Millionen Euro in ein neues Zentrum für Forschung, Entwicklung und Fertigung am Standort Suzhou fließen. Dort werden Komponenten für Elektromobilität und automatisiertes Fahren für chinesische Autobauer entwickelt und hergestellt, wie Bosch am Donnerstag mitteilte. Der erste Teil des Zentrums solle Mitte 2024 stehen. “Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft auf dem größten Automarkt der Welt”, erklärte Bosch-Chef Stefan Hartung. Suzhou gehört schon heute zu den weltweit größten Standorten des Stiftungskonzerns, mit fast 10.000 Beschäftigten in vier Werken. Insgesamt hat Bosch rund 55.000 Mitarbeiter in China. rtr

    • Autoindustrie
    • Bosch
    • Handel
    • Industrie

    Bayerische Wirtschaft fordert Abwehr von Subventionen

    Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) fordert EU-Maßnahmen gegen subventionierte Produkte aus China. Diese sollten notfalls auch einseitig erfolgen. Grundlage der Forderung ist eine Studie, die das Forschungsinstitut Prognos für die vbw erstellt hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass chinesische Subventionen es schwerer machen, deutsche Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die chinesischen Waren seien dadurch günstiger. fin

    • Handel
    • Subventionen

    Mofcom veröffentlicht Liste lizenzpflichtiger Import-Waren

    Das chinesische Wirtschaftsministerium (Mofcom) hat die Einfuhrlizenz-Liste für 2023 veröffentlicht. Auf der Liste steht, für welche Warengruppen Importeure eine Lizenz benötigen, um diese in die Volksrepublik einführen zu können. Laut Auskunft der Bundesaußenbehörde Germany Trade and Invest (GTAI) gab es diesmal nur “minimale Änderungen” in der Liste. Die Listen werden jedes Jahr angepasst. ari

    • GTAI
    • Handel
    • Import
    • Zölle

    Presseschau

    Asia, Europe Look to Collective Action to Restrain China WSJ
    Corona-Infektionswelle: Experten erwarten 3,7 Millionen neue Infektionen pro Tag in China TAGESSPIEGEL
    In China wütet die Pandemie – auch deshalb ist der grosse Reiseboom nach der Grenzöffnung bisher ausgeblieben NZZ
    Chinese fret over elderly as WHO warns of holiday COVID surge REUTERS
    Mainland Chinese head to Hong Kong for mRNA COVID-19 vaccines CHANNELNEWSASIA
    Flugbuchungen steigen in China sprunghaft an AEROTELEGRAPH
    Britain criticises systematic erosion of freedoms in Hong Kong by China ABC
    With F.B.I. Search, U.S. Escalates Global Fight Over Chinese Police Outposts NYTIMES
    Indian army chief: China border situation is “unpredictable” CHANNELNEWSASIA
    Glücksfund in Schweden: Was die seltenen Erden für den Westen und China bedeuten AARGAUERZEITUNG
    Scoop: White House narrowing executive order on China investments AXIOS
    Konkurrenzkampf mit China: Forscher fürchten um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit SPIEGEL
    Verbraucherpreise in China ziehen im Dezember wieder an WIWO
    How Biden’s microchip ban is curbing China’s AI weapons efforts DEFENSENEWS
    Chinese military invents smart shield designed to make laser weapons useless SCMP
    BYD meistverkaufte Automarke in China, Vorstoß auf indischen Markt ECOREPORTER
    Deutsche E-Auto-Hersteller unter Druck – Konkurrenz von Tesla und China T-ONLINE
    Eine Milliarde US-Dollar: Bosch investiert massiv in China STUTTGARTER-NACHRICHTEN
    Chinas Regierung fürchtet, dass Musks Starlink Internet-Zensur zunichte macht – Tesla: Zweifel an Ausbau des China-Werks – Aktie unter Druck FINANZMARKTWELT
    China baut Monster-Windrad: Eine Umdrehung und das E-Auto ist voll EFAHRER
    NASA: Chinas Aktivitäten besorgen US-Weltraumbehörde FUTUREZONE
    Guangzhou in China: Auto rast in Fußgängergruppe – fünf Tote und dreizehn Verletzte SPIEGEL
    China hat erstmals ein Pferd für den Reitsport geklont – mit deutschen Genen RND
    France fines TikTok $5.4 million for online tracking shortcomings EURONEWS

    Blick aus China

    Importierte Feiertage

    Vor uns liegt eine ganze Reihe von Valentinstagen. Einige zählen das Laternenfest (Yuanxiao) zu diesen romantischen Feiertagen. Dieses Jahr fällt es auf den 5. Februar. Aber dem Valentinstag nach amerikanischem Vorbild am 14. Februar wird wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Er ist vor allem bei der jüngeren Generation beliebt, da er aus dem Westen importiert wurde. Üblicherweise schenken an diesem Tag die Frauen ihren Partnern Schokolade, um damit ihre Liebe zu zeigen. Von den Männern wird erwartet, dass sie sich später dafür erkenntlich zeigen.

    Manche behaupten dagegen, der eigentliche chinesische Valentinstag sei der 7. Juli nach dem Mondkalender. Dieses Datum hat tatsächlich eine romantische Bedeutung. Der Volksglaube besagt, dass ein unglückliches Paar – ein Kuhhirte und eine Weberin – von einer bösen Göttin auf unterschiedliche Seiten der Milchstraße verbannt wurde. Nur einmal im Jahr, an diesem Tag, ist es ihnen erlaubt, sich auf einer Brücke zu treffen, die von Elstern des guten Willens gebildet wird. 

    Als sich dieser Tag im alten China allmählich zu einem Feiertag entwickelte, beteten die Mädchen an diesem Tag eigentlich um Gaben für den Haushalt, insbesondere für Näharbeiten, und nicht um die Liebe. Der Grund dafür war offensichtlich. Romantische Liebe wurde zwar schon in der alten chinesischen Literatur thematisiert, aber vom herrschenden Wertesystem nie befürwortet. Die Liebe war in China zwar Privatsache, die aber erst ab den 1980er-Jahren von den Eingriffen des Staates und der Familie verschont blieb.   

    Zahlreiche Feste sind sowohl in China als auch in anderen Teilen der Welt offizielle Feiertage, beispielsweise das Neujahrsfest, der Tag der Arbeit am 1. Mai und der Weltfrauentag am 8. März. Dieser gilt in China zwar nicht als gesetzlicher Feiertag, aber die meisten Arbeitgeber erlauben ihren weiblichen Angestellten, schon mittags Feierabend zu machen. Diese drei Tage sind schon seit Jahrzehnten ein fester Teil des chinesischen Kalenders. Obwohl sie alle ihren Ursprung im Ausland haben, werden sie längst nicht mehr als fremde Feiertage angesehen. 

    Dann sind da noch einige exotische Feiertage, die keine gesetzlichen Feiertage sind, aber von einigen Chinesen, vor allem in den Großstädten, gefeiert werden. Dazu gehören Erntedank, Halloween, der Muttertag im Mai und der Vatertag im Juni. Das bekannteste Fest ist natürlich Weihnachten.

    Bemerkenswert ist, dass die in China offen gefeierten importierten Feiertage – sowohl die offiziellen als auch die inoffiziellen – allesamt aus dem Westen stammen, hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten. Das Erntedankfest, Muttertag und Vatertag werden in verschiedenen Ländern an unterschiedlichen Tagen begangen. Die Chinesen, die sie feiern, orientieren sich am US-Kalender. Neben der Beliebtheit von Halloween ist dies ein weiteres Zeichen für die Faszination für die amerikanische Popkultur. Damit einher geht der typisch amerikanische Stil: übertrieben, zuckersüß, manchmal sogar etwas kitschig.  

    Die Akzeptanz inoffizieller westlichen Feiertage zeugt von der zunehmenden Wertschätzung davon, seine Gefühle auszudrücken und von einem wachsenden Bedürfnis nach Unterhaltung. Sie werden von der Regierung in der Regel toleriert, mit Ausnahme von Weihnachten.

    Die Regierung verachtet Weihnachten

    In China ist Santa Claus eine bekannte Figur. Ein großväterlicher, rot gekleideter Mann, der auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten Geschenke an Kinder verteilt: Das ist etwas, das die Herzen der Menschen verschiedener Kulturen mit Leichtigkeit erobert.  

    Große, funkelnde Weihnachtsbäume stehen auch vor den Einkaufszentren in den chinesischen Großstädten. Trendbewusste Menschen haben ihren Partner an Heiligabend zu einem schicken Abendessen auszuführen, doch in der vergangenen Jahresendsaison fielen Shoppen und Fressen aus Angst vor Corona leider meist aus.

    Darüber hinaus hat sich in den letzten zehn Jahren unter den jungen Chinesen eine neue skurrile Weihnachtstradition eingebürgert: Sie schenken einander einen Apfel, genannt “Früchte für den Frieden”. Der Heiligabend heißt auf Chinesisch “Friedliche Nacht”, Ping An Ye (平安夜). Und der Apfel heißt Ping Guo (苹果). Beide Wörter haben ein Zeichen, das Ping ausgesprochen wird. Das klingt weit hergeholt und geradezu kitschig, aber es ist ein gutes Beispiel dafür, wie einer fremden Tradition eine einheimische Note verliehen wird. 

    Und selbstverständlich gibt es Menschen, die Weihnachten aus religiösen Gründen feiern: die Millionen von chinesischen Christen. Dennoch ist Weihnachten kein gesetzlicher Feiertag in China. Ganz im Gegenteil, Ausbrüche von Fremdenfeindlichkeit und Angst vor dem wachsenden Einfluss des Christentums haben zuweilen zu Aufrufen zum Boykott von Weihnachten geführt, insbesondere an Universitäten. Die Universitätsleitungen wollen ihre Studenten von weihnachtlichen Veranstaltungen fernhalten. 

    Obgleich einige westliche Feiertage ihren Weg nach China gefunden haben, werden die Feste ethnischer Minderheiten in China in den mehrheitlich von der Han-Bevölkerung bewohnten Regionen nicht gefeiert. 

    • Gesellschaft
    • Kultur

    Personalien

    Die chinesische Regierung hat eine Reihe von Führungspositionen auf Vizeminister-Ebene neu besetzt.

    Li Chunlin und Yang Yinkai werden Vizechefs der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission NDRC.

    Dong Jianguo wird Vizeminister für Bauwesen.

    Wang Daoxi wird Vizeminister für Wasserwirtschaft.

    Cong Lin wird Vizevorsitzende der Banken- und Versicherungsaufsicht CIRC. Sie löst Liang Tao ab.

    Li Hongyan wird Vizechefin der Währungsbehörde SAFE.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Sie müssen sich nicht an den letzten Strohhalm klammern: die 20.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der Xinhe-Manufakturen in Pingdu, Shandong. Ihre Heimatprovinz, aus der auch Konfuzius stammt, produziert reichlich Weizen und Gerste. Deren Stroh, das zu Zeiten des großen Philosophen noch als Dreck galt, ist heute Rohstoff für gewebtes Handwerk. Die Körbe und Taschen in diesem Showroom werden mit zahlreichen altüberlieferten Techniken hergestellt. Wer in Deutschland ein wenig Philosophie in seinen Alltag einflechten möchte, kann übrigens einen Webkurs am Konfuzius-Institut in Stralsund besuchen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen