im Europaparlament hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch deutliche Worte für Ungarns Regierungschef Viktor Orbán parat: Mit seiner Politik gegenüber China und Russland gefährde er die Sicherheit der EU. “Wie kann es sein, dass die ungarische Regierung der chinesischen Polizei erlaubt, auf ihrem Territorium zu operieren? Das ist keine Verteidigung der Souveränität Europas, das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung”, sagte von der Leyen im Plenarsaal zu Orbán.
Ungarn ist nach wie vor der EU-Staat, der China am freundlichsten gegenübersteht – natürlich mit Eigennutz. Orbán will, dass das Land zu einem globalen Zentrum für Batterie- und Elektroautoproduktion aufsteigt, unterstützt durch Milliardeninvestitionen aus China, wie Christian Domke Seidel analysiert. Die Industrie dort hat es aber nicht einfach: Der Absatz von E-Autos in Europa stagniert, und auch die Produktion in Ungarn hat einen deutlichen Rückgang verzeichnet. Langfristig könnte sich der Einsatz aber dennoch lohnen.
Unsere zweite Analyse blickt in Richtung Taiwanstraße. Immer wenn in Taiwan wichtige politische Ereignisse anstehen, reagiert China mit Militärmanövern. Auch Donnerstag wird erwartet, dass die Volksbefreiungsarmee Taiwans 113. Nationalfeiertag mit Drohgebärden begleitet. Die USA und andere bereiten sich längst auf den Ernstfall vor, schreibt Angela Köckritz. US-Admiral Samuel Paparo erklärt gar, dass die USA die Taiwanstraße im Falle einer Invasion zur “Höllenlandschaft” machen könnten – ein Kampfgebiet voller unbemannter U-Boote und Drohnen, das den Angreifern das Leben zur Hölle macht. Doch wie wahrscheinlich sind solche Szenarien wirklich?
Es ist fast schon ein Ritual. Wann immer in Taiwan derzeit wichtige politische Ereignisse anstehen – Wahlen, bedeutende Staatsbesuche, Amtsvereidigungen – reagiert die chinesische Führung mit Militärmanövern. Und so rechnen taiwanische Sicherheitsbehörden damit, dass die chinesische Volksbefreiungsarmee auch an diesem Donnerstag Militärübungen vor der Insel abhalten wird, wenn der taiwanische Präsident William Lai Ching-te seine Rede zum Nationalfeiertag Taiwans hält. Genau das ist bereits bei Lais Amtsantritt im Mai geschehen.
In einem Entwurf dieser Rede, die der Nachrichtenagentur Reuters bereits am Mittwoch zugespielt wurde, verweist Lai einerseits auf das von Peking ausgehende “Chaos” und die “Belästigungen”, unter denen Taiwan zu leiden habe. Zum anderen bekräftigt er, dass er den Weg seiner Vorgängerin Tsai Ing-wen folgen und den Frieden und die Stabilität in der Taiwanstraße verantwortungsvoll aufrechterhalten wolle. Die von Lai erwähnten Drohgebärden haben in jüngster Zeit tatsächlich noch zugenommen, in Japan, dem südchinesischen Meer, vor allem aber um Taiwan. “Eine Wiedervereinigung”, erklärte KP-Generalsekretär Xi Jinping vor dem chinesischen Nationalfeiertag vergangene Woche, “ist ein unumkehrbarer Trend, eine Frage der Gerechtigkeit, die im Einklang mit dem allgemeinen Willen steht. Keiner wird den Lauf der Geschichte aufhalten können.”
Doch weil nicht alle der Meinung sind, dass die Geschichte den Lauf nehmen sollte, den Xi Jinping vorgezeichnet hat, bemühen sich Taiwan und seine inoffiziellen Verbündeten, allen voran die USA, Xi von einem militärischen Vorgehen abzuschrecken. Bis 2027 soll die Volksbefreiungsarmee nach dem Willen Xi Jinpings so gut vorbereitet sein, dass sie Taiwan einnehmen könne. Darauf deuten jedenfalls amerikanische Geheimdienstinformationen hin. Was noch nicht heißt, dass Xi die Invasion dann befehligen würde. Ob er diese Anweisung tatsächlich gegeben hat oder nicht, sie hat amerikanische Politiker und Sicherheitsexperten alarmiert. Milliarden US-Dollar flossen in Folge zu den US-Streitkräften im Pazifik.
Chinas wahrscheinlichste Strategie sei ein massiver Angriff ohne große Vorwarnung, sagte Admiral Samuel Paparo, der neue Chef des amerikanischen Indo-Pazifik-Kommandos der Washington Post. Allerdings würden die Chinesen nicht unvorbereitet und vorschnell in solch einen Konflikt eilen. Schließlich will Xi nicht Putins Fehler wiederholen, der im Februar 2022 mit einem schnellen Sieg in der Ukraine rechnete und stattdessen einen harten Zermürbungskrieg eingegangen ist.
Paparo bereitet eine Reaktion darauf vor, die er “Hellscape” nennt, übersetzt “Höllenlandschaft.” In dem Moment, in dem eine chinesische Invasionsflotte sich anschickte, die Taiwanstraße zu überqueren, würde das US-Militär Tausende unbemannte U-Boote, Schiffe und Drohnen dorthin schicken. “Ich würde die Taiwanstraße in eine unbemannte Höllenlandschaft verwandeln”, sagt Paparo. “Damit ich ihr Leben einen Monat lang wirklich elend machen kann. Das gibt mir Zeit für alles andere.”
Traditionell verfolgen die USA eine Politik der “strategischen Unklarheit”. Sie halten sich offen, ob sie Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs beistehen würden. Damit wollen sie sowohl China als auch Taiwan von riskanten Schritten abhalten und den prekären Status quo erhalten. Präsident Joe Biden hat jedoch mehrfach erklärt, dass er Taiwan im Ernstfall militärische Unterstützung leisten würde.
Taiwan könnte sich allenfalls eine kurze Zeit allein gegen eine chinesische Invasion verteidigen, bis amerikanisches Militär und eventuell auch japanischeTruppen dem Inselstaat zu Hilfe kommen würden. Sowohl die USA als auch Japan haben – wie viele andere Staaten auch – ein starkes Eigeninteresse daran, dass Taiwan nicht unter die Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas fällt.
Taiwan ist strategisch so bedeutend, dass der US-General Douglas MacArthur es einst einen “unsinkbaren Flugzeugträger” nannte. Der Inselstaat ist nicht nur der wichtigste Chiphersteller der Welt, sondern auch die einzige Demokratie im chinesischen Kulturraum. Trotzdem ist die Frage für eine US-Regierung, ob sie amerikanische Truppen nach Taiwan entsenden würde, eine politisch heikle. Umfragen, welche die Bereitschaft der Amerikaner untersuchten, Taiwan mit Truppen beizustehen, zeigten zuletzt stark schwankende Ergebnisse. Bejahten im Jahr 2021 noch 52 Prozent der Amerikaner diese Frage, waren es 2023 nurmehr 38 Prozent.
Amerikanische Militärberater drängen die taiwanische Regierung seit geraumer Zeit zur sogenannten Stachelschwein-Strategie einer asymmetrischen Kriegsführung. Statt ihr Budget in prestigeträchtige Anschaffungen wie F-16 Kampfjets oder die Entwicklung eigener U-Boote zu investieren, sollte sie lieber große Mengen leichten mobiler Waffensysteme wie Javelin oder HIMARS kaufen, die sich schon in der Ukraine als sehr nützlich erwiesen hätten. Denn U-Boote und Kampfjets würden im Falle einer chinesischen Invasion durch gezielte Bombenangriffe nach Ansicht von US-Experten schnell zerstört werden können.
Tatsächlich sei dies aber nicht so einfach, sagt Lai I-Chung, Präsident des regierungsnahen Think Tanks Prospect Foundation im Gespräch mit Table.Briefings. “Schließlich müssen wir auch tagtäglich mit den Herausforderungen der chinesischen ‘Greyzone Warfare’ umgehen können.” Die Kommunistische Partei versucht die Taiwaner mit einer hybriden Bedrohung aus militärischen Drohgesten, Cyberattacken, wirtschaftlichem Druck und Desinformationskampagnen zu erschöpfen. Täglich dringen chinesische Kampfjets in die taiwanische Luftverteidigungszone ein – Taiwan brauche Kampfjets, um sie zu vertreiben, sagt Lai, und U-Boote, um chinesische Kriegsschiffe daran zu hindern, auf die Ostseite der Insel zu gelangen. “Inzwischen beobachten wir nicht nur viele chinesische Patrouillenboote in der Taiwanstraße, sondern auch viele Kriegsschiffe im Pazifik”, sagt Lai. “Der Druck wird immer stärker. Das ist nicht nur politische Pose, sondern eine echte Gefahr.”
Lange waren die Taiwaner sehr entspannt, was die Möglichkeit einer chinesischen Invasion betraf. Der Wehrdienst war zuletzt auf vier Monate gekürzt worden, viele Rekruten beschrieben ihn als eine Art “Sommercamp”. Ausländische Besucher, die das Land zum ersten Mal bereisten, vermerkten überrascht einen Lebensstil von beinahe südostasiatischer Leichtigkeit – trotz eines geopolitischen Konflikts, der seit Jahrzehnten gärte.
Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts für nationale Verteidigungs- und Sicherheitsforschung (INDSR), der wichtigsten militärischen Denkfabrik des Landes, hält ein Großteil der Taiwaner eine chinesische Invasion in den kommenden fünf Jahren für unwahrscheinlich. Rund 74 Prozent der 1.200 Befragten glauben, dass die US-Regierung Taiwan “indirekt” durch die Bereitstellung von Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und Waffen helfen würde. Aber nur 52 Prozent denken, dass das US-Militär seine Streitkräfte zur Intervention entsenden würde.
Dieser Glaube spiegelt sich auch im Wehrdienst wider, der bereits unter der Präsidentin Tsai Ing-wen auf ein Jahr verlängert wurde. Eine überwältigende Mehrheit der Taiwaner befürwortet das. Der taiwanische Wehretat soll zudem im nächsten Jahr um sechs Prozent steigen, mit einem neu gegründeten “Komitee für die Resilienz der gesamten Gesellschaft” will die Regierung das Bewusstsein der Bevölkerung für die hybride Bedrohung erhöhen. “Freunde in der Regierung erzählten mir, dass der Präsident persönlich angeordnet hat, keiner solle davon sprechen, dass man vor 2027 nichts zu befürchten habe”, sagt Lai I-Chung. “Er befürchtet, dass das die Menschen behäbig machen könnte. Außerdem sollten wir dem Ausland signalisieren, dass wir unsere Verteidigung ernst nehmen.” Die taiwanische Regierung unterstützte so auch die Produktion einer TV-Serie namens Zero Day, die im nächsten Jahr ausgestrahlt werden soll. Sie zeigt das apokalyptische Szenario eines chinesischen Angriffs. Hoffentlich bleibt es Fiktion.
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán will sein Land in einen der größten Batterie- und E-Autoproduzenten der Welt verwandeln – mit chinesischem Geld. Die Rechnung könnte aufgehen. Allerdings benötigt Orbán einen langen Atem. Denn auch Ungarn ist trotz üppiger chinesischer Investitionen nicht immun gegen äußere Einflüsse. Die Industrieproduktion ist in diesem Jahr um rund sechs Prozent eingebrochen und der Aufbau der nötigen industriellen Infrastruktur ins Stocken geraten. Auch weil der Absatz von E-Autos in Europa nicht in Schwung kommt.
Doch chinesische Investoren sind hartnäckig. Der rote Teppich, den Ungarn ihnen ausrollt, weckt langfristig Begehrlichkeiten. Laut Rhodium flossen im Jahr 2023 rund drei Milliarden Euro aus China nach Ungarn. Im Jahr davor waren es 1,5 Milliarden Euro. Ungarns Anteil an chinesischen Investitionen in Europa steigt kontinuierlich.
“Es ist bemerkenswert, wie viel von den chinesischen Investitionen in Europa samt Großbritannien nach Ungarn fließen”, sagt Alexander Brown, Senior-Analyst vom Mercator Institut für China Studien (Merics). Der Anteil lag 2022 bei 21 Prozent und im vergangenen Jahr bei 40 Prozent. Auffällig dabei: Während die Gesamtsumme der Investitionen 2023 auf nur noch 6,8 Milliarden Euro sank – so wenig wie seit dem Jahr 2010 nicht mehr – hielten die Chinesen den Ungarn die Treue.
Zu den beeindruckendsten Projekten gehört dabei die Batterieproduktion von Catl. Das Unternehmen möchte insgesamt 7,5 Milliarden Euro investieren, 9.000 Arbeitsplätze schaffen und 100 Gigawattstunden Akku-Kapazität produzieren – genug für etwa 430.000 Elektroautos. Wann diese Ziele erreicht sein werden, ist allerdings noch unklar. Die Produktion soll im Jahr 2025 anlaufen, bis 2026 sollen 3.000 Menschen eingestellt sein. Vorausgesetzt, alles läuft nach Plan.
Doch Produktion und Export von Batterien laufen in Ungarn derzeit nicht rund. Beides erreichte im Jahr 2023 seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Jahr 2024 ist beides stark rückläufig. Das hat vor allem damit zu tun, dass sich Ungarn durch diese Fokussierung auf den Elektroautomarkt stark von dessen Entwicklung abhängig gemacht hat. Und der Absatz will in Europa nicht anziehen. Die deutschen Hersteller, die ebenfalls alle in Ungarn Werke betrieben, kriseln stark – auch und vor allem im E-Auto-Bereich.
Ungarn könnte die Offensive also etwas zu früh gestartet haben. Das bedeutet aber nicht, dass sie verkehrt ist. Schon vor den Plänen war das Land enorm wichtig für die Autoproduktion. “Die Frage ist, wie groß der Markt für Elektrofahrzeuge tatsächlich sein wird und wie schnell er in Europa wachsen wird”, sagt Brown. Momentan gäbe es eine Menge Unwägbarkeiten. Aber es werde definitiv eine stetig wachsende Nachfrage geben. “Europa wird wahrscheinlich nur zwei oder drei große Zentren für die Produktion von E-Fahrzeugen haben”, glaubt Brown. Und Ungarn wird aller Voraussicht nach eines davon sein.
Die Beziehungen zwischen Ungarn und China sind in den vergangenen Jahren immer intensiver geworden. Orbáns Regierung gewährt sogar chinesischen Polizeikräften, auf seinem Staatsgebiet zu operieren. In Brüssel sieht man das nicht gern und wirft Ungarn vor, die Souveränität der EU aus wirtschaftlichem Interesse preiszugeben. Geht es Peking mit seinen umfangreichen Investitionen also vornehmlich um politischen Spielraum innerhalb der EU?
Brown ist skeptisch. “Investitionen in Ungarn sind aus wirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll. Ich sehe sie nicht als rein politisch motivierten Schritt”, sagt er. In dem Land würden rund 700 verschiedene Zulieferer und diverse Erstausrüster produzieren. Ungarn sei schon vor dem gestiegenen Interesse aus China eine Drehscheibe für die Automobilindustrie gewesen.
Klar sei aber auch, dass Viktor Orbán einer der engsten Verbündeten von Xi Jinping ist. Auch während dessen jüngsten Europabesuch sei das wieder deutlich geworden. Der chinesische Staatschef besuchte Frankreich, Serbien und Ungarn. Der Ton der Gespräche war in Paris dabei deutlich kritischer und konfrontativer als im wohlgesonnenen Budapest. “Diese Beziehung funktioniert in beide Richtungen. Orbáns Regierung war sehr aktiv bei dem Versuch, ein freundlicheres Verhältnis zu asiatischen Staaten aufzubauen und bei der Schaffung wirtschaftlicher Kooperationen mit China zweifellos erfolgreich“, sagt Brown. Und natürlich schaffe sich Peking dadurch auch wertvolle Beziehungen in der EU.
Doch beim Thema Zölle hat man gesehen, dass einzelne Fragen sehr viel pragmatischer diskutiert werden Brown glaubt, dass Zusatzzölle auf chinesische Elektroautos eine neue Investitions-Dynamik schaffen könnten. “Wenn man Zölle einführt, ist es für die Unternehmen billiger, vor Ort zu produzieren, als auf den Markt zu exportieren.” Zusätzlich gibt es auf dem europäischen Elektroautomarkt enormes Wachstumspotenzial.
Doch auch beim Wachstum stößt Ungarn an seine Grenzen. Trotz schwacher Konjunktur aufgrund geringer Exportzahlen beträgt die Arbeitslosenquote gerade einmal 4,4 Prozent. Die Arbeitskräfte sind also knapp. Viele chinesische Unternehmen bringen die benötigten Facharbeiter deswegen lieber gleich mit. Jene Ungarn, die mit ihren Abgaben auch die Subventionen und Steuererleichterungen für die Ansiedlungen bezahlen, profitieren deshalb nicht in dem Ausmaß, wie Orbán es gerne darstellt.
Finnlands Präsident Alexander Stubb wird Ende Oktober in Peking auf den chinesischen Staatschef Xi Jinping und andere hochrangige chinesische Regierungsbeamte treffen. Das teilte die finnische Regierung am Mittwoch mit. Stubb werde die bilateralen Beziehungen sowie den Ukraine-Krieg und andere Sicherheitsfragen besprechen, hieß es in einer Erklärung seines Büros.
Finnland und China befinden sich seit Oktober vergangenen Jahres in einer heiklen diplomatischen Beziehung, nachdem das in Hongkong registrierte Frachtschiff Newnew Polar Bear Schäden an der Balticconnector-Gaspipeline verursacht und zwei Telekommunikationskabel durchtrennt hatte. Die chinesische Seite schiebt den Vorfall auf stürmisches Wetter. Finnlands Polizei vermutet allerdings einen unter Wasser gezogenen Anker als Ursache.
Die Zerstörung kritischer Infrastruktur kommt zu einem Zeitpunkt zunehmender geopolitischer Spannungen. Die Staaten im Baltikum beobachten mit wachsendem Misstrauen die engen Beziehungen zwischen Russland und China. rtr/ari
Die EU-Kommission bereitet nach Informationen aus Kommissionskreisen einen strategischen Dialog zur Zukunft der Automobilwirtschaft vor. Ein hochrangig besetztes Expertengremium soll sich umfassend um zentrale Fragen kümmern und Wege aufzuzeigen, wie die Branche aus der Krise kommt. Schwerpunkte des Dialogs sollen Strafzahlungen, CO₂-Flottengrenzwert Verbrenner-Aus sowie der Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos und deren Datenverwertung sein. Auch die wachsende Konkurrenz aus China dürfte zur Sprache kommen.
Der Dialog soll nach dem Muster des strategischen Dialogs zur Landwirtschaft organisiert werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in den vergangenen Tagen in Straßburg die CEOs der deutschen Autobauer in Einzelgesprächen getroffen: Oliver Blume von VW, Ola Källenius von Mercedes und Oliver Zipse von BMW. Die CEOs versuchen, EU-Ausgleichszölle auf Elektroautos aus chinesischer Produktion doch noch zu verhindern.
In Berlin hat VW derweil bereits maßgeschneiderte Vorschläge unterbreitet, um die eigenen Absatzprobleme bei E-Autos zu lösen: VW fordert eine E-Autoprämie von 4000 Euro bis zu einem Kaufpreis von 65.000 Euro, eine Prämie für gebrauchte E-Autos von 2500 Euro sowie für zwei Jahre einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf E-Fahrzeuge. mgr
Pakistanische Behörden wollen die Bewegungsfreiheit von chinesischen Staatsbürgern während des Treffens der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) aus Sicherheitsgründen einschränken. Das berichtete Reuters unter Berufung auf pakistanische Sicherheitsbeamte und einer internen Mitteilung. Demnach könnten die chinesischen Staatsbürger einem Sicherheitsrisiko durch Angriffe militanter Gruppen ausgesetzt sein.
Am Sonntag waren zwei chinesische Ingenieure bei einem Bombenanschlag in der Nähe des internationalen Flughafens von Karachi in Pakistan getötet worden. Die separatistische militante Gruppe Baloch Liberation Army (BLA) bekannte sich zu dem Anschlag.
Das Treffen der SCO, die aus neun Vollmitgliedern besteht, darunter China, Indien, Iran und Russland, ist für den 15. und 16. Oktober in Islamabad geplant. Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang wird bereits vor dem Treffen in der Stadt erwartet.
Li soll dort über wichtige Abkommen im Zusammenhang mit dem chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) verhandeln. Diese Abkommen sollen während bilateraler Treffen auf dem SCO-Gipfel offiziell die zweite Phase des CPEC einleiten. rtr/ari
Jozef Síkela (57), aktuell Tschechiens Minister für Industrie und Handel, war für alle möglichen Ressorts in der neuen EU-Kommission gehandelt worden: für Migration, Energie, zuletzt für Handel. Tschechiens Regierungschef Petr Fiala hatte den Anspruch an ein “starkes Wirtschaftsressort” für sein Land bekundet. Er setzte darauf, dass man sich in Brüssel daran erinnern werde, wie geschickt Síkela während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2022 die Mitgliedsländer auf einen gemeinsamen Kurs gegen Putins Gaskrieg gebracht hatte.
Geholfen hat es nicht. Die Opposition in Prag und die Medien des Landes zeigten sich enttäuscht, dass das Land mit einem “eher einflusslosen, schwammigen Ressort” wie dem des Kommissars für Internationale Partnerschaften “abgespeist” worden sei. Die Zeitschrift Reflex schrieb: “Den Kampf um ein wirklich starkes Wirtschaftsportfolio haben wir erneut verloren. Das passiert schon seit 20 Jahren, also seitdem wir Mitglied der EU sind. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass unser Einfluss innerhalb der EU gering ist.”
Premier Fiala, dem das in erster Linie angelastet wird, redete die künftige Rolle Síkelas schön: “Er wird den größten Haushalt verwalten, den jemals ein tschechischer Kommissar verwaltet hat, er wird über Investitionen in das Global-Gateway-Programm in Höhe von bis zu 300 Milliarden Euro entscheiden”, schrieb er im Netzwerk X. Die 300 Milliarden sind aber eine höchst zweifelhafte Summe, denn sie umfassen das gesamte Investitionsvolumen, welches das Programm “mobilisieren” soll, inklusive Kapital von Privaten und von nationalen Entwicklungsbanken.
Síkela selbst sagte, das Portfolio des Kommissars für Internationale Partnerschaften “wird mir die Möglichkeit geben, mich auf die Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit, die Diversifizierung unserer Lieferanten kritischer Rohstoffe und die Erschließung neuer Märkte für europäische Unternehmen zu konzentrieren.” Im Kern wird es für ihn darum gehen, dafür zu sorgen, dass vor allem Pekings Belt and Road Initiative (BRI) richtig Konkurrenz aus der EU bekommt. Bisher fehlt es der Infrastrukturinitiative aus Brüssel immer noch an Schwung.
Europa, das hatte Síkela jüngst auf einer Konferenz in Prag betont, müsse seine Abhängigkeit von Rohstoffen wie Gas, Erdöl, Atombrennstoffen, von Lithium oder von Spitzentechnologien wie Chips verringern. “Die Vertiefung der Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Ländern durch Handelsabkommen wird uns dabei helfen.”
Um diese Abhängigkeit – meist von China – zu verringern, will von der Leyen auf “Clean Trade and Investment Partnerships” setzen, die Síkela gemeinsam mit dem designierten Handelskommissar Maroš Šefčovič umsetzen soll. Angesichts des für neue Handelsabkommen schwierigeren Umfelds will die Kommission verstärkt auf gezielte Partnerschaften setzen.
Die Marktöffnung durch solche Partnerschaften soll sich nur auf einige wenige Sektoren beschränken, dabei aber durch europäische Investitionen in Partnerländern begleitet werden. So sollen rohstoffreiche Partnerländer einen größeren Teil der Wertschöpfung bei sich im Land halten können und die EU gleichzeitig ihre China-Abhängigkeit reduzieren können. Angesichts der großen Abhängigkeit der EU bei vielen Rohstoffen dürfte der Investitionsbedarf sehr groß sein.
Angenommen, dass die EU ihre Resilienzziele auch mit den entsprechend notwendigen Mitteln unterstützt, dürfte Síkelas Dossier also an Wichtigkeit gewinnen. Dabei wird ihm auch seine Erfahrung in der Finanzbranche zugutekommen.
Mehrere Jahre war er bei der Österreichischen Creditanstalt, der Bank Austria und der Erste Bank tätig. Nach der erfolgreichen Konsolidierung der Erste Bank in der Ukraine führte er als CEO die Slowakische Sparkasse an die Spitze, erzielte mit ihr Rekordergebnisse und wurde als Banker des Jahres geehrt. Später wurde Síkela, der Deutsch, Englisch und Russisch spricht, Mitglied des Vorstands der Erste Group Bank AG.
Ob Síkela auch aus dem Projekt Global Gateway eine Art europäische Wirtschaftsentwicklungsbank machen kann, wird davon abhängen, wie viele Mittel die Regierungen der Mitgliedstaaten ihm anvertrauen werden. Hans-Jörg Schmidt
Lei Li ist neue Professorin für Chinas Wirtschaft und Politik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Göttingen. Lis Forschung konzentriert sich insbesondere auf die Bereiche des internationalen Handels.
Qiangqi Song ist seit August General Manager bei Innomotics in Shanghai. Die Siemens-Tochter aus Nürnberg hat sich auf Elektromotoren spezialisiert. Songs Fachbereiche sind elektrische Großantriebe.
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Pilzesammeln ist unter jungen Chinesen ein Trend der Saison. Auf Social-Media-Kanälen wie Xiaohongshu inszenieren sie ihre Funde und gerne gleich den Fundort dazu. Besonders beliebte Provinzen für die Pilz-Posen sind Yunnan, Sichuan und Zhejiang, wo das beste Klima für ihr Wachstum herrscht. Allein in Yunnan gibt es 900 Pilzsorten, von denen 36 Prozent essbar sind. Nicht nur dort finden sich mittlerweile Anbieter von Mushroom-Glamping-Touren, wo man in idyllischer Szenerie übernachten und die gesammelten Pilze unter Anleitung vor Ort zubereiten kann.
im Europaparlament hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch deutliche Worte für Ungarns Regierungschef Viktor Orbán parat: Mit seiner Politik gegenüber China und Russland gefährde er die Sicherheit der EU. “Wie kann es sein, dass die ungarische Regierung der chinesischen Polizei erlaubt, auf ihrem Territorium zu operieren? Das ist keine Verteidigung der Souveränität Europas, das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung”, sagte von der Leyen im Plenarsaal zu Orbán.
Ungarn ist nach wie vor der EU-Staat, der China am freundlichsten gegenübersteht – natürlich mit Eigennutz. Orbán will, dass das Land zu einem globalen Zentrum für Batterie- und Elektroautoproduktion aufsteigt, unterstützt durch Milliardeninvestitionen aus China, wie Christian Domke Seidel analysiert. Die Industrie dort hat es aber nicht einfach: Der Absatz von E-Autos in Europa stagniert, und auch die Produktion in Ungarn hat einen deutlichen Rückgang verzeichnet. Langfristig könnte sich der Einsatz aber dennoch lohnen.
Unsere zweite Analyse blickt in Richtung Taiwanstraße. Immer wenn in Taiwan wichtige politische Ereignisse anstehen, reagiert China mit Militärmanövern. Auch Donnerstag wird erwartet, dass die Volksbefreiungsarmee Taiwans 113. Nationalfeiertag mit Drohgebärden begleitet. Die USA und andere bereiten sich längst auf den Ernstfall vor, schreibt Angela Köckritz. US-Admiral Samuel Paparo erklärt gar, dass die USA die Taiwanstraße im Falle einer Invasion zur “Höllenlandschaft” machen könnten – ein Kampfgebiet voller unbemannter U-Boote und Drohnen, das den Angreifern das Leben zur Hölle macht. Doch wie wahrscheinlich sind solche Szenarien wirklich?
Es ist fast schon ein Ritual. Wann immer in Taiwan derzeit wichtige politische Ereignisse anstehen – Wahlen, bedeutende Staatsbesuche, Amtsvereidigungen – reagiert die chinesische Führung mit Militärmanövern. Und so rechnen taiwanische Sicherheitsbehörden damit, dass die chinesische Volksbefreiungsarmee auch an diesem Donnerstag Militärübungen vor der Insel abhalten wird, wenn der taiwanische Präsident William Lai Ching-te seine Rede zum Nationalfeiertag Taiwans hält. Genau das ist bereits bei Lais Amtsantritt im Mai geschehen.
In einem Entwurf dieser Rede, die der Nachrichtenagentur Reuters bereits am Mittwoch zugespielt wurde, verweist Lai einerseits auf das von Peking ausgehende “Chaos” und die “Belästigungen”, unter denen Taiwan zu leiden habe. Zum anderen bekräftigt er, dass er den Weg seiner Vorgängerin Tsai Ing-wen folgen und den Frieden und die Stabilität in der Taiwanstraße verantwortungsvoll aufrechterhalten wolle. Die von Lai erwähnten Drohgebärden haben in jüngster Zeit tatsächlich noch zugenommen, in Japan, dem südchinesischen Meer, vor allem aber um Taiwan. “Eine Wiedervereinigung”, erklärte KP-Generalsekretär Xi Jinping vor dem chinesischen Nationalfeiertag vergangene Woche, “ist ein unumkehrbarer Trend, eine Frage der Gerechtigkeit, die im Einklang mit dem allgemeinen Willen steht. Keiner wird den Lauf der Geschichte aufhalten können.”
Doch weil nicht alle der Meinung sind, dass die Geschichte den Lauf nehmen sollte, den Xi Jinping vorgezeichnet hat, bemühen sich Taiwan und seine inoffiziellen Verbündeten, allen voran die USA, Xi von einem militärischen Vorgehen abzuschrecken. Bis 2027 soll die Volksbefreiungsarmee nach dem Willen Xi Jinpings so gut vorbereitet sein, dass sie Taiwan einnehmen könne. Darauf deuten jedenfalls amerikanische Geheimdienstinformationen hin. Was noch nicht heißt, dass Xi die Invasion dann befehligen würde. Ob er diese Anweisung tatsächlich gegeben hat oder nicht, sie hat amerikanische Politiker und Sicherheitsexperten alarmiert. Milliarden US-Dollar flossen in Folge zu den US-Streitkräften im Pazifik.
Chinas wahrscheinlichste Strategie sei ein massiver Angriff ohne große Vorwarnung, sagte Admiral Samuel Paparo, der neue Chef des amerikanischen Indo-Pazifik-Kommandos der Washington Post. Allerdings würden die Chinesen nicht unvorbereitet und vorschnell in solch einen Konflikt eilen. Schließlich will Xi nicht Putins Fehler wiederholen, der im Februar 2022 mit einem schnellen Sieg in der Ukraine rechnete und stattdessen einen harten Zermürbungskrieg eingegangen ist.
Paparo bereitet eine Reaktion darauf vor, die er “Hellscape” nennt, übersetzt “Höllenlandschaft.” In dem Moment, in dem eine chinesische Invasionsflotte sich anschickte, die Taiwanstraße zu überqueren, würde das US-Militär Tausende unbemannte U-Boote, Schiffe und Drohnen dorthin schicken. “Ich würde die Taiwanstraße in eine unbemannte Höllenlandschaft verwandeln”, sagt Paparo. “Damit ich ihr Leben einen Monat lang wirklich elend machen kann. Das gibt mir Zeit für alles andere.”
Traditionell verfolgen die USA eine Politik der “strategischen Unklarheit”. Sie halten sich offen, ob sie Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs beistehen würden. Damit wollen sie sowohl China als auch Taiwan von riskanten Schritten abhalten und den prekären Status quo erhalten. Präsident Joe Biden hat jedoch mehrfach erklärt, dass er Taiwan im Ernstfall militärische Unterstützung leisten würde.
Taiwan könnte sich allenfalls eine kurze Zeit allein gegen eine chinesische Invasion verteidigen, bis amerikanisches Militär und eventuell auch japanischeTruppen dem Inselstaat zu Hilfe kommen würden. Sowohl die USA als auch Japan haben – wie viele andere Staaten auch – ein starkes Eigeninteresse daran, dass Taiwan nicht unter die Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas fällt.
Taiwan ist strategisch so bedeutend, dass der US-General Douglas MacArthur es einst einen “unsinkbaren Flugzeugträger” nannte. Der Inselstaat ist nicht nur der wichtigste Chiphersteller der Welt, sondern auch die einzige Demokratie im chinesischen Kulturraum. Trotzdem ist die Frage für eine US-Regierung, ob sie amerikanische Truppen nach Taiwan entsenden würde, eine politisch heikle. Umfragen, welche die Bereitschaft der Amerikaner untersuchten, Taiwan mit Truppen beizustehen, zeigten zuletzt stark schwankende Ergebnisse. Bejahten im Jahr 2021 noch 52 Prozent der Amerikaner diese Frage, waren es 2023 nurmehr 38 Prozent.
Amerikanische Militärberater drängen die taiwanische Regierung seit geraumer Zeit zur sogenannten Stachelschwein-Strategie einer asymmetrischen Kriegsführung. Statt ihr Budget in prestigeträchtige Anschaffungen wie F-16 Kampfjets oder die Entwicklung eigener U-Boote zu investieren, sollte sie lieber große Mengen leichten mobiler Waffensysteme wie Javelin oder HIMARS kaufen, die sich schon in der Ukraine als sehr nützlich erwiesen hätten. Denn U-Boote und Kampfjets würden im Falle einer chinesischen Invasion durch gezielte Bombenangriffe nach Ansicht von US-Experten schnell zerstört werden können.
Tatsächlich sei dies aber nicht so einfach, sagt Lai I-Chung, Präsident des regierungsnahen Think Tanks Prospect Foundation im Gespräch mit Table.Briefings. “Schließlich müssen wir auch tagtäglich mit den Herausforderungen der chinesischen ‘Greyzone Warfare’ umgehen können.” Die Kommunistische Partei versucht die Taiwaner mit einer hybriden Bedrohung aus militärischen Drohgesten, Cyberattacken, wirtschaftlichem Druck und Desinformationskampagnen zu erschöpfen. Täglich dringen chinesische Kampfjets in die taiwanische Luftverteidigungszone ein – Taiwan brauche Kampfjets, um sie zu vertreiben, sagt Lai, und U-Boote, um chinesische Kriegsschiffe daran zu hindern, auf die Ostseite der Insel zu gelangen. “Inzwischen beobachten wir nicht nur viele chinesische Patrouillenboote in der Taiwanstraße, sondern auch viele Kriegsschiffe im Pazifik”, sagt Lai. “Der Druck wird immer stärker. Das ist nicht nur politische Pose, sondern eine echte Gefahr.”
Lange waren die Taiwaner sehr entspannt, was die Möglichkeit einer chinesischen Invasion betraf. Der Wehrdienst war zuletzt auf vier Monate gekürzt worden, viele Rekruten beschrieben ihn als eine Art “Sommercamp”. Ausländische Besucher, die das Land zum ersten Mal bereisten, vermerkten überrascht einen Lebensstil von beinahe südostasiatischer Leichtigkeit – trotz eines geopolitischen Konflikts, der seit Jahrzehnten gärte.
Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts für nationale Verteidigungs- und Sicherheitsforschung (INDSR), der wichtigsten militärischen Denkfabrik des Landes, hält ein Großteil der Taiwaner eine chinesische Invasion in den kommenden fünf Jahren für unwahrscheinlich. Rund 74 Prozent der 1.200 Befragten glauben, dass die US-Regierung Taiwan “indirekt” durch die Bereitstellung von Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und Waffen helfen würde. Aber nur 52 Prozent denken, dass das US-Militär seine Streitkräfte zur Intervention entsenden würde.
Dieser Glaube spiegelt sich auch im Wehrdienst wider, der bereits unter der Präsidentin Tsai Ing-wen auf ein Jahr verlängert wurde. Eine überwältigende Mehrheit der Taiwaner befürwortet das. Der taiwanische Wehretat soll zudem im nächsten Jahr um sechs Prozent steigen, mit einem neu gegründeten “Komitee für die Resilienz der gesamten Gesellschaft” will die Regierung das Bewusstsein der Bevölkerung für die hybride Bedrohung erhöhen. “Freunde in der Regierung erzählten mir, dass der Präsident persönlich angeordnet hat, keiner solle davon sprechen, dass man vor 2027 nichts zu befürchten habe”, sagt Lai I-Chung. “Er befürchtet, dass das die Menschen behäbig machen könnte. Außerdem sollten wir dem Ausland signalisieren, dass wir unsere Verteidigung ernst nehmen.” Die taiwanische Regierung unterstützte so auch die Produktion einer TV-Serie namens Zero Day, die im nächsten Jahr ausgestrahlt werden soll. Sie zeigt das apokalyptische Szenario eines chinesischen Angriffs. Hoffentlich bleibt es Fiktion.
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán will sein Land in einen der größten Batterie- und E-Autoproduzenten der Welt verwandeln – mit chinesischem Geld. Die Rechnung könnte aufgehen. Allerdings benötigt Orbán einen langen Atem. Denn auch Ungarn ist trotz üppiger chinesischer Investitionen nicht immun gegen äußere Einflüsse. Die Industrieproduktion ist in diesem Jahr um rund sechs Prozent eingebrochen und der Aufbau der nötigen industriellen Infrastruktur ins Stocken geraten. Auch weil der Absatz von E-Autos in Europa nicht in Schwung kommt.
Doch chinesische Investoren sind hartnäckig. Der rote Teppich, den Ungarn ihnen ausrollt, weckt langfristig Begehrlichkeiten. Laut Rhodium flossen im Jahr 2023 rund drei Milliarden Euro aus China nach Ungarn. Im Jahr davor waren es 1,5 Milliarden Euro. Ungarns Anteil an chinesischen Investitionen in Europa steigt kontinuierlich.
“Es ist bemerkenswert, wie viel von den chinesischen Investitionen in Europa samt Großbritannien nach Ungarn fließen”, sagt Alexander Brown, Senior-Analyst vom Mercator Institut für China Studien (Merics). Der Anteil lag 2022 bei 21 Prozent und im vergangenen Jahr bei 40 Prozent. Auffällig dabei: Während die Gesamtsumme der Investitionen 2023 auf nur noch 6,8 Milliarden Euro sank – so wenig wie seit dem Jahr 2010 nicht mehr – hielten die Chinesen den Ungarn die Treue.
Zu den beeindruckendsten Projekten gehört dabei die Batterieproduktion von Catl. Das Unternehmen möchte insgesamt 7,5 Milliarden Euro investieren, 9.000 Arbeitsplätze schaffen und 100 Gigawattstunden Akku-Kapazität produzieren – genug für etwa 430.000 Elektroautos. Wann diese Ziele erreicht sein werden, ist allerdings noch unklar. Die Produktion soll im Jahr 2025 anlaufen, bis 2026 sollen 3.000 Menschen eingestellt sein. Vorausgesetzt, alles läuft nach Plan.
Doch Produktion und Export von Batterien laufen in Ungarn derzeit nicht rund. Beides erreichte im Jahr 2023 seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Jahr 2024 ist beides stark rückläufig. Das hat vor allem damit zu tun, dass sich Ungarn durch diese Fokussierung auf den Elektroautomarkt stark von dessen Entwicklung abhängig gemacht hat. Und der Absatz will in Europa nicht anziehen. Die deutschen Hersteller, die ebenfalls alle in Ungarn Werke betrieben, kriseln stark – auch und vor allem im E-Auto-Bereich.
Ungarn könnte die Offensive also etwas zu früh gestartet haben. Das bedeutet aber nicht, dass sie verkehrt ist. Schon vor den Plänen war das Land enorm wichtig für die Autoproduktion. “Die Frage ist, wie groß der Markt für Elektrofahrzeuge tatsächlich sein wird und wie schnell er in Europa wachsen wird”, sagt Brown. Momentan gäbe es eine Menge Unwägbarkeiten. Aber es werde definitiv eine stetig wachsende Nachfrage geben. “Europa wird wahrscheinlich nur zwei oder drei große Zentren für die Produktion von E-Fahrzeugen haben”, glaubt Brown. Und Ungarn wird aller Voraussicht nach eines davon sein.
Die Beziehungen zwischen Ungarn und China sind in den vergangenen Jahren immer intensiver geworden. Orbáns Regierung gewährt sogar chinesischen Polizeikräften, auf seinem Staatsgebiet zu operieren. In Brüssel sieht man das nicht gern und wirft Ungarn vor, die Souveränität der EU aus wirtschaftlichem Interesse preiszugeben. Geht es Peking mit seinen umfangreichen Investitionen also vornehmlich um politischen Spielraum innerhalb der EU?
Brown ist skeptisch. “Investitionen in Ungarn sind aus wirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll. Ich sehe sie nicht als rein politisch motivierten Schritt”, sagt er. In dem Land würden rund 700 verschiedene Zulieferer und diverse Erstausrüster produzieren. Ungarn sei schon vor dem gestiegenen Interesse aus China eine Drehscheibe für die Automobilindustrie gewesen.
Klar sei aber auch, dass Viktor Orbán einer der engsten Verbündeten von Xi Jinping ist. Auch während dessen jüngsten Europabesuch sei das wieder deutlich geworden. Der chinesische Staatschef besuchte Frankreich, Serbien und Ungarn. Der Ton der Gespräche war in Paris dabei deutlich kritischer und konfrontativer als im wohlgesonnenen Budapest. “Diese Beziehung funktioniert in beide Richtungen. Orbáns Regierung war sehr aktiv bei dem Versuch, ein freundlicheres Verhältnis zu asiatischen Staaten aufzubauen und bei der Schaffung wirtschaftlicher Kooperationen mit China zweifellos erfolgreich“, sagt Brown. Und natürlich schaffe sich Peking dadurch auch wertvolle Beziehungen in der EU.
Doch beim Thema Zölle hat man gesehen, dass einzelne Fragen sehr viel pragmatischer diskutiert werden Brown glaubt, dass Zusatzzölle auf chinesische Elektroautos eine neue Investitions-Dynamik schaffen könnten. “Wenn man Zölle einführt, ist es für die Unternehmen billiger, vor Ort zu produzieren, als auf den Markt zu exportieren.” Zusätzlich gibt es auf dem europäischen Elektroautomarkt enormes Wachstumspotenzial.
Doch auch beim Wachstum stößt Ungarn an seine Grenzen. Trotz schwacher Konjunktur aufgrund geringer Exportzahlen beträgt die Arbeitslosenquote gerade einmal 4,4 Prozent. Die Arbeitskräfte sind also knapp. Viele chinesische Unternehmen bringen die benötigten Facharbeiter deswegen lieber gleich mit. Jene Ungarn, die mit ihren Abgaben auch die Subventionen und Steuererleichterungen für die Ansiedlungen bezahlen, profitieren deshalb nicht in dem Ausmaß, wie Orbán es gerne darstellt.
Finnlands Präsident Alexander Stubb wird Ende Oktober in Peking auf den chinesischen Staatschef Xi Jinping und andere hochrangige chinesische Regierungsbeamte treffen. Das teilte die finnische Regierung am Mittwoch mit. Stubb werde die bilateralen Beziehungen sowie den Ukraine-Krieg und andere Sicherheitsfragen besprechen, hieß es in einer Erklärung seines Büros.
Finnland und China befinden sich seit Oktober vergangenen Jahres in einer heiklen diplomatischen Beziehung, nachdem das in Hongkong registrierte Frachtschiff Newnew Polar Bear Schäden an der Balticconnector-Gaspipeline verursacht und zwei Telekommunikationskabel durchtrennt hatte. Die chinesische Seite schiebt den Vorfall auf stürmisches Wetter. Finnlands Polizei vermutet allerdings einen unter Wasser gezogenen Anker als Ursache.
Die Zerstörung kritischer Infrastruktur kommt zu einem Zeitpunkt zunehmender geopolitischer Spannungen. Die Staaten im Baltikum beobachten mit wachsendem Misstrauen die engen Beziehungen zwischen Russland und China. rtr/ari
Die EU-Kommission bereitet nach Informationen aus Kommissionskreisen einen strategischen Dialog zur Zukunft der Automobilwirtschaft vor. Ein hochrangig besetztes Expertengremium soll sich umfassend um zentrale Fragen kümmern und Wege aufzuzeigen, wie die Branche aus der Krise kommt. Schwerpunkte des Dialogs sollen Strafzahlungen, CO₂-Flottengrenzwert Verbrenner-Aus sowie der Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos und deren Datenverwertung sein. Auch die wachsende Konkurrenz aus China dürfte zur Sprache kommen.
Der Dialog soll nach dem Muster des strategischen Dialogs zur Landwirtschaft organisiert werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in den vergangenen Tagen in Straßburg die CEOs der deutschen Autobauer in Einzelgesprächen getroffen: Oliver Blume von VW, Ola Källenius von Mercedes und Oliver Zipse von BMW. Die CEOs versuchen, EU-Ausgleichszölle auf Elektroautos aus chinesischer Produktion doch noch zu verhindern.
In Berlin hat VW derweil bereits maßgeschneiderte Vorschläge unterbreitet, um die eigenen Absatzprobleme bei E-Autos zu lösen: VW fordert eine E-Autoprämie von 4000 Euro bis zu einem Kaufpreis von 65.000 Euro, eine Prämie für gebrauchte E-Autos von 2500 Euro sowie für zwei Jahre einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf E-Fahrzeuge. mgr
Pakistanische Behörden wollen die Bewegungsfreiheit von chinesischen Staatsbürgern während des Treffens der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) aus Sicherheitsgründen einschränken. Das berichtete Reuters unter Berufung auf pakistanische Sicherheitsbeamte und einer internen Mitteilung. Demnach könnten die chinesischen Staatsbürger einem Sicherheitsrisiko durch Angriffe militanter Gruppen ausgesetzt sein.
Am Sonntag waren zwei chinesische Ingenieure bei einem Bombenanschlag in der Nähe des internationalen Flughafens von Karachi in Pakistan getötet worden. Die separatistische militante Gruppe Baloch Liberation Army (BLA) bekannte sich zu dem Anschlag.
Das Treffen der SCO, die aus neun Vollmitgliedern besteht, darunter China, Indien, Iran und Russland, ist für den 15. und 16. Oktober in Islamabad geplant. Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang wird bereits vor dem Treffen in der Stadt erwartet.
Li soll dort über wichtige Abkommen im Zusammenhang mit dem chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) verhandeln. Diese Abkommen sollen während bilateraler Treffen auf dem SCO-Gipfel offiziell die zweite Phase des CPEC einleiten. rtr/ari
Jozef Síkela (57), aktuell Tschechiens Minister für Industrie und Handel, war für alle möglichen Ressorts in der neuen EU-Kommission gehandelt worden: für Migration, Energie, zuletzt für Handel. Tschechiens Regierungschef Petr Fiala hatte den Anspruch an ein “starkes Wirtschaftsressort” für sein Land bekundet. Er setzte darauf, dass man sich in Brüssel daran erinnern werde, wie geschickt Síkela während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2022 die Mitgliedsländer auf einen gemeinsamen Kurs gegen Putins Gaskrieg gebracht hatte.
Geholfen hat es nicht. Die Opposition in Prag und die Medien des Landes zeigten sich enttäuscht, dass das Land mit einem “eher einflusslosen, schwammigen Ressort” wie dem des Kommissars für Internationale Partnerschaften “abgespeist” worden sei. Die Zeitschrift Reflex schrieb: “Den Kampf um ein wirklich starkes Wirtschaftsportfolio haben wir erneut verloren. Das passiert schon seit 20 Jahren, also seitdem wir Mitglied der EU sind. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass unser Einfluss innerhalb der EU gering ist.”
Premier Fiala, dem das in erster Linie angelastet wird, redete die künftige Rolle Síkelas schön: “Er wird den größten Haushalt verwalten, den jemals ein tschechischer Kommissar verwaltet hat, er wird über Investitionen in das Global-Gateway-Programm in Höhe von bis zu 300 Milliarden Euro entscheiden”, schrieb er im Netzwerk X. Die 300 Milliarden sind aber eine höchst zweifelhafte Summe, denn sie umfassen das gesamte Investitionsvolumen, welches das Programm “mobilisieren” soll, inklusive Kapital von Privaten und von nationalen Entwicklungsbanken.
Síkela selbst sagte, das Portfolio des Kommissars für Internationale Partnerschaften “wird mir die Möglichkeit geben, mich auf die Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit, die Diversifizierung unserer Lieferanten kritischer Rohstoffe und die Erschließung neuer Märkte für europäische Unternehmen zu konzentrieren.” Im Kern wird es für ihn darum gehen, dafür zu sorgen, dass vor allem Pekings Belt and Road Initiative (BRI) richtig Konkurrenz aus der EU bekommt. Bisher fehlt es der Infrastrukturinitiative aus Brüssel immer noch an Schwung.
Europa, das hatte Síkela jüngst auf einer Konferenz in Prag betont, müsse seine Abhängigkeit von Rohstoffen wie Gas, Erdöl, Atombrennstoffen, von Lithium oder von Spitzentechnologien wie Chips verringern. “Die Vertiefung der Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Ländern durch Handelsabkommen wird uns dabei helfen.”
Um diese Abhängigkeit – meist von China – zu verringern, will von der Leyen auf “Clean Trade and Investment Partnerships” setzen, die Síkela gemeinsam mit dem designierten Handelskommissar Maroš Šefčovič umsetzen soll. Angesichts des für neue Handelsabkommen schwierigeren Umfelds will die Kommission verstärkt auf gezielte Partnerschaften setzen.
Die Marktöffnung durch solche Partnerschaften soll sich nur auf einige wenige Sektoren beschränken, dabei aber durch europäische Investitionen in Partnerländern begleitet werden. So sollen rohstoffreiche Partnerländer einen größeren Teil der Wertschöpfung bei sich im Land halten können und die EU gleichzeitig ihre China-Abhängigkeit reduzieren können. Angesichts der großen Abhängigkeit der EU bei vielen Rohstoffen dürfte der Investitionsbedarf sehr groß sein.
Angenommen, dass die EU ihre Resilienzziele auch mit den entsprechend notwendigen Mitteln unterstützt, dürfte Síkelas Dossier also an Wichtigkeit gewinnen. Dabei wird ihm auch seine Erfahrung in der Finanzbranche zugutekommen.
Mehrere Jahre war er bei der Österreichischen Creditanstalt, der Bank Austria und der Erste Bank tätig. Nach der erfolgreichen Konsolidierung der Erste Bank in der Ukraine führte er als CEO die Slowakische Sparkasse an die Spitze, erzielte mit ihr Rekordergebnisse und wurde als Banker des Jahres geehrt. Später wurde Síkela, der Deutsch, Englisch und Russisch spricht, Mitglied des Vorstands der Erste Group Bank AG.
Ob Síkela auch aus dem Projekt Global Gateway eine Art europäische Wirtschaftsentwicklungsbank machen kann, wird davon abhängen, wie viele Mittel die Regierungen der Mitgliedstaaten ihm anvertrauen werden. Hans-Jörg Schmidt
Lei Li ist neue Professorin für Chinas Wirtschaft und Politik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Göttingen. Lis Forschung konzentriert sich insbesondere auf die Bereiche des internationalen Handels.
Qiangqi Song ist seit August General Manager bei Innomotics in Shanghai. Die Siemens-Tochter aus Nürnberg hat sich auf Elektromotoren spezialisiert. Songs Fachbereiche sind elektrische Großantriebe.
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Pilzesammeln ist unter jungen Chinesen ein Trend der Saison. Auf Social-Media-Kanälen wie Xiaohongshu inszenieren sie ihre Funde und gerne gleich den Fundort dazu. Besonders beliebte Provinzen für die Pilz-Posen sind Yunnan, Sichuan und Zhejiang, wo das beste Klima für ihr Wachstum herrscht. Allein in Yunnan gibt es 900 Pilzsorten, von denen 36 Prozent essbar sind. Nicht nur dort finden sich mittlerweile Anbieter von Mushroom-Glamping-Touren, wo man in idyllischer Szenerie übernachten und die gesammelten Pilze unter Anleitung vor Ort zubereiten kann.