unterhält man sich mit Menschen in afrikanischen Ländern wie Kenia oder Namibia hört man durchaus oft gute Worte über China und die vielen chinesischen Investitionen auf dem Kontinent. Die Chinesen bringen fertig, was sie angefangen haben, heißt es dann etwa. Oder: Wenn China es geschafft hat, in wenigen Jahrzehnten so reich zu werden, dann schaffen wir das möglicherweise auch.
Im Globalen Süden wird China nicht so sehr als Bedrohung wahrgenommen, sondern als Vorbild und Hoffnungsträger für das eigene Vorankommen. Was als Sentiment bekannt ist, haben Andrew Chubb und sein Team von der amerikanischen Asia Society mit 2500 Umfrageergebnissen aus 160 Ländern untermauert. Im Interview mit Angela Köckritz erklärt Chubb: “Chinesische Unternehmen und Finanzinstitute sind auch an Orten stark vertreten, von denen sich die Entwicklungsagenturen und Handelsunternehmen anderer Länder weitgehend ferngehalten haben.”
Bei den Eliten dieser Länder wird dabei gerne mal ein Auge zugedrückt, wenn es um Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden durch chinesische Akteure geht. Viele Staats- und Regierungschefs haben durch gute Beziehungen zu China viel zu gewinnen. Das heißt für die meisten aber nicht, sich zwischen den USA und China auf eine Seite zu schlagen zu müssen, sagt Chubb. Sie wollen bestenfalls von beiden profitieren.
Gute Beziehungen zu Peking empfiehlt derweil ausgerechnet ein katholischer Pfarrer dem Vatikan. Der deutsche Michael Bauer arbeitet seit 2004 in der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai. Vor Ort hat er beobachtet, dass die dortigen Katholiken trotz Pekings strikter Einstellung zur Religionsfreiheit doch auch Spielraum haben, um ihren Glauben auszuleben, ohne sich dem Staat völlig unterzuordnen. In seinem Standpunkt erklärt er, was sich durch die Annäherung von Papst Franziskus bereits verbessert hat und warum Peking einen Geistlichen wie ihn überhaupt vor Ort duldet.
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Umfragen, die weltweit die Einstellung der Bürger zu China messen, explodiert. Sie und Ihr Team haben 2.500 Umfrageergebnisse aus 160 Ländern zu einem einzigen Datensatz zusammengefasst – dazu gehört eine interaktive Karte, mit der man wunderbar spielen kann. Auf den ersten Blick springt die Kluft zwischen einem Globalen Norden, der China sehr viel negativer wahrnimmt als der Globale Süden, ins Auge – geht man aber näher heran, wird das Bild sehr viel differenzierter.
Das stimmt – die Negativität im Globalen Norden ist sehr ausgeprägt, während der Globale Süden insgesamt eher positiv eingestellt ist. Und doch sind im Globalen Süden die Ausnahmen so zahlreich, dass man die Sichtweisen des Globalen Südens auf China nicht allgemein charakterisieren kann. Exakter wäre es zu sagen: Die Ansichten im Globalen Norden sind tendenziell negativ, die im Globalen Süden sehr vielfältig.
China ist vor allem in Russland, Pakistan, sowie in vielen Ländern Zentralasiens, des Mittleren Ostens und Afrikas populär. Sie schreiben, dass China nicht nur von den afrikanischen Eliten geschätzt wird, sondern sich auch bei afrikanischen Bürgern großer Beliebtheit erfreut. Warum?
Das ist eine gute Frage, die über das hinausgeht, was wir aus dieser Art von quantitativen Daten wirklich herauslesen können. Aber ich vermute, dass die positive Einstellung gegenüber China in den meisten Teilen Afrikas das Gefühl widerspiegelt, dass China einen Entwicklungsweg aufzeigt und wirtschaftliche Möglichkeiten bietet. Chinesische Unternehmen und Finanzinstitute sind auch an Orten stark vertreten, von denen sich die Entwicklungsagenturen und Handelsunternehmen anderer Länder weitgehend ferngehalten haben. Das erweckt den Eindruck, dass China dort auftaucht, wo andere es nicht tun.
Chinesische Medienunternehmen sind auf dem afrikanischen Kontinent sehr präsent. Auch lädt China viele Journalisten aus aller Welt nach China ein und bietet Trainings an. Könnte das auch eine Rolle spielen?
Das ist eine mögliche Interpretation, aber ich bin nicht sicher, ob das der Fall ist. Die Daten zeigen, dass die Einstellungen zu China auf dem afrikanischen Kontinent über die Zeit hinweg stabil bleiben. Die oben genannten Wirtschaftsfaktoren können die beständigen positiven Ergebnisse möglicherweise eher erklären als die aufs Ausland gerichtete Medien- und Propagandaoffensive der KPCh. Gleichzeitig könnte die Expansion der chinesischen Medien dazu beitragen haben, dass sich die afrikanische Sichtweise auf China während der Pandemie nicht verschlechtert hat.
Überraschend ist, dass die Masseninternierung von Uiguren in Xinjiang in den meisten muslimischen Ländern die Stimmung gegenüber China nicht beeinträchtigt hat – mit Ausnahme jener der Türken und Palästinenser.
Dies hat viele Menschen im Westen verwirrt – warum sind Länder mit muslimischer Mehrheit nicht empörter über die extreme Unterdrückung der islamischen Religionsausübung durch China? Viele der Staats- und Regierungschefs dieser Länder haben durch gute Beziehungen zu China viel zu gewinnen. Sie sind daher motiviert, Chinas repressive Politik zu loben, indem sie sie beispielsweise als “Errungenschaften” bei der Terrorismusbekämpfung bezeichnen. Im Gegensatz zu dem afrikanischen Beispiel, das wir gerade besprochen haben, kann man außerdem stärker argumentieren, dass Propaganda wirksam gewesen sein könnte – um den Auswirkungen negativer Informationen aus anderen Medienquellen wie Al Jazeera entgegenzuwirken. Ich sehe diese möglichen Propagandaeffekte jedoch eher als Ergänzung zum Einfluss von lokalen Führern. Wenn die Staatsoberhäupter im Mittleren Osten Chinas Gräueltaten gegen Muslime in Xinjiang scharf verurteilen würden, bezweifle ich, dass die Propagandaorgane der KPCh eine Verschlechterung des chinesischen Images verhindern könnten.
Erstaunlich ist auch, dass Chinas Beliebtheit im Iran stark gelitten hat. Warum?
Das ist eine Frage für Iranexperten. Ich vermute, dass es mit der COVID-Pandemie zu tun haben könnte – der Iran war eines der ersten Länder, in denen sich das Virus ausbreitete. Das könnte Chinas Image geschadet haben. Es scheint auch, dass Chinas bedeutende Rolle bei der Normalisierung der Beziehungen zu Saudi-Arabien nicht dazu beigetragen hat, Chinas Beliebtheit in der iranischen Öffentlichkeit zu steigern.
Die Covid-Pandemie hat das Image Chinas in verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich beeinflusst. In Afrika hat die Beliebtheit nicht wirklich nachgelassen, in Südamerika ist sie jedoch stark gesunken. Können Sie das erklären?
Ich denke, es spiegelt einen Kampf der Narrative wider. Meines Wissens haben die chinesischen Staatsmedien in Lateinamerika nicht annähernd so viel Erfolg gehabt wie in Afrika. Daher scheint es nicht überraschend, dass die Lateinamerikaner die Idee, China für die Pandemie verantwortlich zu machen, angenommen haben, während viele afrikanische Zuschauer solchen negativen Informationen nicht ausgesetzt waren.
Man könnten annehmen, dass die Beliebtheit oder Unbeliebtheit der USA und Chinas zusammenhängen – dass dort, wo die Beliebtheit der USA nachlässt, jene Chinas steigt. Beobachten Sie einen solchen Effekt?
Ich denke, sie sind an einigen Stellen miteinander verbunden, aber meistens entkoppelt. Die meisten Länder der Welt wollen vermeiden, sich zwischen den USA und China entscheiden zu müssen. Sie wollen von beiden profitieren. Die Sinophone-Borderlands-Umfrage, eines der Schlüsselprojekte, aus dem Global Public Opinion on China Daten zusammenführt, hat ergeben, dass im globalen Süden sowohl die USA als auch China tendenziell positiv wahrgenommen werden. Unsere nächste Version wird hoffentlich einen Vergleichsmodus enthalten, der die Entwicklung des globalen Meinungskampfs zwischen den USA und China zeigt!
Andrew Chubb ist Foreign Policy and National Security Fellow am China Center des Asia Society Policy Instituts. Er ist zudem Dozent an der Abteilung für Politik, Philosophie und Religion der Lancaster Universität.
Ein Verbot von Tiktok in den USA wird wahrscheinlicher. Am Freitag hörten die neun Richter des Supreme Court mündliche Stellungnahmen zu dem Fall an. In der rund zweistündigen Anhörung kam auch Noel Francisco, der Anwalt von Tiktok zu Wort. Seine Argumentation, dass ein Verbot das von der amerikanischen Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit beschneide, wiesen die Richter zurück. Zudem äußerten sie Zweifel an der Behauptung des chinesischen Mutterkonzerns Bytedance, dass eine Abspaltung von Tiktok in den USA “unmöglich” sei.
US-Behörden wollen wegen Sicherheitsbedenken durchsetzen, dass Tiktok in den USA nur weiterbestehen darf, wenn Bytedance den amerikanischen Teil der Kurzvideo-App verkauft. Bereits am 19. Januar soll das Verbot in Kraft treten. Dann müsste die App aus den App-Stores von Google und Apple in den USA entfernt werden. Momentan hat die Video-Plattform in den Vereinigten Staaten etwa 170 Millionen Nutzer.
Donald Trump, der sich in seiner ersten Amtszeit noch kritisch zu Tiktok äußerte, setzt sich nun für eine einvernehmliche Lösung ein. Ende Dezember wandte er sich an den Supreme Court mit der Bitte, die Umsetzung des Gesetzes vorübergehend auszusetzen, um Verhandlungen zu ermöglichen.
Eine Entscheidung, ob das Gesetz in Kraft tritt oder vorübergehend ausgesetzt wird, könnte schon heute im Laufe des Tages bekanntgegeben werden. Tiktok-Anwalt Francisco warnte, dass ein Verbot auch andere Unternehmen zur Zielscheibe machen werde. fpe
Chinas Präsident Xi Jinping wird einen hochrangigen Gesandten zur Amtseinführung von Donald Trump schicken. Das geht aus einem Bericht der Financial Times hervor, der sich auf mehrere mit den Hintergrundgesprächen vertraute Personen beruft. Peking habe eine dementsprechende Ankündigung gegenüber Trumps Übergangsteam gemacht, heißt es dort. Ein wahrscheinlicher Kandidat sei demnach Vizepräsident Han Zheng. Er hatte Xi in der Vergangenheit bereits bei öffentlichen Zeremonien vertreten. Der Gesandte werde auch Gespräche mit Trumps Team führen, sagten die Quellen.
Laut dem Bericht der Financial Times kämen aber nach wie vor auch Außenminister Wang Yi oder Politbüro-Mitglied Cai Qi in Betracht. Die Berater Trumps bevorzugen demnach angeblich Cai Qi, der als Xis rechte Hand mehr Macht auf Chinas Staatschef habe. Einige Berater Trumps fürchten laut dem Bericht bereits, dass Trump sich unzufrieden zeigen könnte, sollte der chinesische Gesandte nur den Rang von Wang oder Han innehaben.
Trump hatte Xi vergangenen Monat eine persönliche Einladung zur Teilnahme an seiner Amtseinführung am 20. Januar ausgesprochen. Einige Beobachter werteten den ungewöhnlichen Schritt als Versuch, die Spannungen zwischen den Ländern in Trumps Amtszeit zu verringern. Andere betrachteten die Einladungen als bloßes politisches Theater. Trump hatte erst am Montag erklärt, dass er und Xi in seiner zweiten Amtszeit gut miteinander auskommen werden. Gleichzeitig hat Trump zahlreiche China-Kritiker in wichtige Positionen seiner neuen Regierung berufen, darunter Senator Marco Rubio als Außenminister. fpe/rtr
China will den Ankauf von Staatsanleihen für einen Monat aussetzen. Das kündigte die chinesische Zentralbank (PBOC) am Freitag an. Das Angebot an Bonds reiche demnach nicht mehr aus, um die Nachfrage zu decken, hieß es in einer Erklärung.
Ziel der Maßnahme ist, die Spekulationen von Investoren über ein geringes Wirtschaftswachstum einzudämmen, da dies die Währung schwäche und das Vertrauen von Unternehmen sowie Verbrauchern beeinträchtigt. In den vergangenen fünf Monaten hatte die Notenbank umgerechnet rund 133 Milliarden Euro an Staatsanleihen aufgekauft. Den Zeitpunkt für die Wiederaufnahme will die Zentralbank von den Marktbedingungen abhängig machen.
Zusätzlich versucht die Zentralbank, den Yuan durch die Ausgabe von Anleihen in Hongkong zu stabilisieren. Mit diesen Maßnahmen zielt die PBOC darauf ab, den Yuan zu stützen, die Renditen langfristiger Anleihen auf ein “vernünftiges Niveau” zu bringen und die Marktstabilität zu fördern. fpe
In Begleitung einer Delegation britischer Geschäftsleute und Finanzbeamter traf sich Rachel Reeves am Wochenende mit chinesischen Staats- und Regierungschefs, darunter Vizepremier He Lifeng und Vizepräsident Han Zheng zum 11. Wirtschafts- und Finanzdialog zwischen China und Großbritannien. Die britische Finanzministerin betonte dabei die Notwendigkeit einer “stabilen, pragmatischen” Beziehung zwischen Großbritannien und China. Nach dem Ende der Gespräche in Peking verkündete sie, dass China und Großbritannien Vereinbarungen “im Wert von 600 Millionen Pfund (715 Millionen Euro) für die nächsten fünf Jahre getroffen” hätten, ohne die Einzelheiten der Vereinbarungen darzulegen.
Überschattet wurde Reeves Reise nach Peking durch Turbulenzen an den Anleihemärkten, die die Kreditkosten auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise 2008 getrieben haben. Die oppositionelle Konservative Partei warf ihr vor, sie sei “nach China geflohen”, anstatt sich den Sorgen der Märkte hinsichtlich Inflation und wirtschaftlicher Stagnation zu widmen. Reeves rechtfertigte vor ihrer Reise in einem Meinungsartikel in der Times of London, dass China Großbritannien eine Chance bietet, das Wachstum anzukurbeln. Das Land könne die Tatsache nicht ignorieren, dass China sein viertgrößter Handelspartner sei und seine Exporte fast eine halbe Million Arbeitsplätze in Großbritannien stützten, so Reeves.
Auch der Zentralbankchef Pan Gongsheng traf sich in Peking mit seinem Amtskollegen Andrew Bailey von der Bank of England. Themen waren laut der chinesischen Zentralbank Finanzstabilität und Zusammenarbeit. Spitzenmanager von den Banken HSBC, Standard Chartered und der Londoner Börse LSE waren mit Bailey und Reeves nach Peking gereist.
Die chinesisch-britischen Beziehungen hatten sich zuletzt nach einer Reihe von Spionagevorwürfen von beiden Seiten, Chinas Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg und einem harten Vorgehen gegen die Bürgerrechte in Hongkong enorm verschlechtert. Der letzte Wirtschafts- und Finanzdialog fand 2019 statt, seit sechs Jahren lagen die hochrangigen Gespräche auf Eis. niw/rtr
Im Oktober 2024 verlängerte der Heilige Stuhl zusammen mit Peking zum dritten Mal das Abkommen über die Bischofsernennungen in Festlandchina. Die Bedingungen der Vereinbarung wurden nicht veröffentlicht, aber Papst Franziskus sagte, dass sie eine gemeinsame Kommission der chinesischen Regierung und des Vatikans für die Ernennung von Bischöfen vorsieht. Die Verlängerung belegt, dass der Papst den bisherigen Kurs seiner Chinapolitik, die von Verständigung statt von Konfrontation geprägt ist, fortsetzen will.
Diese vatikanische Chinapolitik ist innerhalb und außerhalb der Kirche nicht unumstritten, und von vielen Seiten wird dem Papst vorgeworfen, der chinesischen Seite zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben, dafür aber selber gar nichts empfangen zu haben. Hier ist zuzugeben, dass Rom am Anfang sicher etwas überoptimistisch war, und sicher selber mit dem Erreichten auch nicht ganz zufrieden ist. Dennoch haben meiner Ansicht nach die Kritiker mit ihrem radikalen Verriss auch nicht recht. Denn immerhin haben jetzt alle Bischöfe in China eine Anerkennung des Heiligen Stuhls und vor allem kann rechtmäßig kein neuer Bischof ohne Zustimmung des Papstes geweiht werden, und nach Klarstellung des Kardinalstaatssekretärs auch kein Bischof mehr von einer Diözese in eine andere ohne römisches Plazet versetzt werden. Das ist durchaus als Erfolg zu bewerten.
Das nächste Ziel des Heiligen Stuhls ist es nun, dass in Peking ein Office mit Vatikan-Diplomaten vor Ort eröffnet werden kann. Und es ist schon erstaunlich, dass dieser Wunsch Roms von Peking bisher nicht abgewiesen wurde. Handelt es sich hierbei nur um Taktik? Oder ist es vielleicht doch ein Zeichen, dass Peking sich mittelfristig sogar diplomatische Beziehungen vorstellen kann? Aus rein kirchenpolitischer Perspektive sind die Vorteile für die chinesischen Machthaber eher gering, doch wenn man geopolitische Gründe in den Vordergrund rückt, macht die Sache schon Sinn. Insgesamt scheint die Annäherung und das Verständnis zwischen Rom und Peking zwar recht langsam, doch aber weiter zuzunehmen.
Die Situation des Katholizismus ist, wie aller anerkannten Religionen in China, gekennzeichnet durch die Vorgabe der “Sinisierung”, was nur zu einem kleinen Teil als Inkulturation zu verstehen ist, sondern hauptsächlich ein Codewort, das die Vorherrschaft und Kontrolle der Partei im Bereich der Religion signalisiert. Doch innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens haben die Bischöfe und Pfarrer, die Diözesen und Gemeinden weiterhin einen recht großen pastoralen Gestaltungsspielraum, und können durchaus auch missionarisch aktiv sein. So gibt es tausende Kirchen in China, in denen nicht nur jeden Sonntag hunderte von Gläubigen zum Gottesdienst zusammenkommen, sondern vorher und nachher auch ganz viele Gruppenaktivitäten stattfinden, von der Katechismus-Klasse über die Chorprobe bis zum Ehevorbereitungskurs. Und all dies geschieht mit dem Einverständnis des Staates und der Partei.
Da im Ausland oft nur die kritischen Punkte über Religion in China berichtet werden, erscheint oft ein einseitiges, zuweilen auch verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Keine Frage, es gibt immer noch Christen, die sich im Reich der Mitte in einer “kritischen Situation” befinden, und es ist wichtig, ihnen beizustehen. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein öffentlicher Protest ihnen nur sehr selten Fortschritte bringt. Oft ist es besser aus dem Hintergrund ihr Anliegen zur Sprache zu bringen. Und das ist auch der Ansatz von Papst Franziskus.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Feld der Religion bei aller Einheit der Vorgaben bei der Implementierung weiterhin je nach Region eine gewisse Pluralität der Umsetzungsmöglichkeiten besteht, und in vielen Gebieten auch pragmatische Lösungen möglich sind. Das Ziel der Machthaber ist nicht die Vernichtung der Religion, sondern die Einbindung der religiösen Gemeinschaften in das große gemeinsame Ziel, den Wiederaufstieg Chinas. Daher ist es sicher richtig festzustellen, dass der Einfluss von Staat und Partei auf die Religion recht stark ist, und dass jeder, der diesen Einfluss ablehnt, nur einen sehr geringen Gestaltungsspielraum hat.
Auch als ausländischer Priester ist es heutzutage nicht mehr möglich “unter dem Radar zu bleiben” und sich möglichst von allen Organen der Religionspolitik fernzuhalten. Doch eine gewisse Einbindung in die staatliche Religionspolitik hat nicht nur Nachteile, sondern kann durchaus auch Vorteile nicht nur für die ausländischen Gemeinden, sondern auch für die lokalen Christengemeinden haben. So wird es, um ein Beispiel zu nennen, in vielen Fällen in den Städten, in denen es fremdsprachige Gemeinden gibt, geduldet, dass auch in die chinesischsprachigen Gemeinden Kinder und Jugendliche zu den Gottesdiensten kommen, was an sich nach den Richtlinien so nicht unbedingt vorgesehen ist.
Die leninistische Dialektik der chinesischen Religionspolitik ist in ihren Auswirkungen also durchaus ambivalent. Manchmal werde ich gefragt: Kannst Du in Shanghai lebend die chinesische Religionspolitik kritisieren? Das ist öffentlich schwierig, und würde mir sehr wahrscheinlich sofort den Vorwurf der “Einmischung in innere chinesische Angelegenheiten” einbringen. Anderseits gibt es schon die Möglichkeit, “Vorschläge” zu machen. Das ist insofern durchaus positiv zu bewerten, wenn man bedenkt, dass man sich als ausländischer Pfarrer ja nur im “Duldungsstatus” befindet, und keine offizielle Anerkennung hat. Und ist dieser “Dialog” und “Austausch” mit Vertretern der chinesischen Religionspolitik nicht auch ein Zeichen einer gewissen De-facto-Anerkennung auch von chinesischer Seite? All dies zeigt, dass die Situation komplex und teilweise auch kompliziert ist, doch gewisse – sicherlich begrenzte – Handlungsmöglichkeiten da sind.
Meiner Ansicht nach wird es auch in Zukunft in China Christen geben, von denen die Einen näher und die Anderen ferner zum Staat stehen, und es wird auch in den Beziehungen zwischen Rom und Peking aller Wahrscheinlichkeit weiterhin auf und ab gehen. Dennoch erscheint mir auch aufgrund meiner eigenen Erfahrung als Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai vor dem Hintergrund der heutigen Kontextualität der Weg der Verständigung mit den staatlichen Autoritäten kein “Verrat am Evangelium”, sondern gerade die Möglichkeitsbedingung um der Botschaft Jesu Christi Resonanz bei den Menschen und in der Gesellschaft verschaffen zu können. Daher denke ich, ist es unerlässlich, sowohl auf die China-Politik von Papst Franziskus als auch auf die Situation der Religion in China sehr differenziert zu schauen, und auch die positiven Seiten wahrzunehmen.
Michael Bauer ist seit 2004 katholischer Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai.
Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute – mehr denn je – kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.
Adrian Goh wird mit Wirkung zum 1. April Chief Executive Officer der Niederlassung von Münchener Rück in China. Goh kam 2019 als Leiter des Enterprise Risk Management für die Region Asien-Pazifik, Naher Osten und Afrika zu Munich Re Singapur. Sein neuer Einsatzort ist Peking.
Yang Zhang ist seit November VP Of Network Planning & Operation bei Jaguar Land Rover China. Zhang hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Vertriebsmanagement, regionaler Vertrieb und Marketing in der Automobilindustrie. Zuletzt war er bei Xpeng Motors unter anderem für das Betriebsmanagement verantwortlich. Sein Einsatzort ist Shanghai.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Junge Chinesen geben angesichts der schwächelnden Wirtschaft und der hohen Arbeitslosigkeit immer weniger Geld aus. Das schlägt sich nicht nur bei Kinokarten nieder, sondern auch beim Essen. Unter dem Hashtag #花小钱吃大锅 – zu Deutsch “zahle wenig, esse viel” geben sich Chinas Netizens derzeit Ratschläge, wie man auch mit kleinem Geldbeutel alles aus einer Hot-Pot-Mahlzeit herausholen kann. Pro-Tipps sind etwa auf kleinere Familienrestaurants umzuschwenken oder gleich ganz in die Vororte auszuweichen. Und natürlich, auch wenn es schmerzt, statt Fleisch mehr sättigendes Gemüse und Tofu in der Brühe zu versenken.
unterhält man sich mit Menschen in afrikanischen Ländern wie Kenia oder Namibia hört man durchaus oft gute Worte über China und die vielen chinesischen Investitionen auf dem Kontinent. Die Chinesen bringen fertig, was sie angefangen haben, heißt es dann etwa. Oder: Wenn China es geschafft hat, in wenigen Jahrzehnten so reich zu werden, dann schaffen wir das möglicherweise auch.
Im Globalen Süden wird China nicht so sehr als Bedrohung wahrgenommen, sondern als Vorbild und Hoffnungsträger für das eigene Vorankommen. Was als Sentiment bekannt ist, haben Andrew Chubb und sein Team von der amerikanischen Asia Society mit 2500 Umfrageergebnissen aus 160 Ländern untermauert. Im Interview mit Angela Köckritz erklärt Chubb: “Chinesische Unternehmen und Finanzinstitute sind auch an Orten stark vertreten, von denen sich die Entwicklungsagenturen und Handelsunternehmen anderer Länder weitgehend ferngehalten haben.”
Bei den Eliten dieser Länder wird dabei gerne mal ein Auge zugedrückt, wenn es um Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden durch chinesische Akteure geht. Viele Staats- und Regierungschefs haben durch gute Beziehungen zu China viel zu gewinnen. Das heißt für die meisten aber nicht, sich zwischen den USA und China auf eine Seite zu schlagen zu müssen, sagt Chubb. Sie wollen bestenfalls von beiden profitieren.
Gute Beziehungen zu Peking empfiehlt derweil ausgerechnet ein katholischer Pfarrer dem Vatikan. Der deutsche Michael Bauer arbeitet seit 2004 in der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai. Vor Ort hat er beobachtet, dass die dortigen Katholiken trotz Pekings strikter Einstellung zur Religionsfreiheit doch auch Spielraum haben, um ihren Glauben auszuleben, ohne sich dem Staat völlig unterzuordnen. In seinem Standpunkt erklärt er, was sich durch die Annäherung von Papst Franziskus bereits verbessert hat und warum Peking einen Geistlichen wie ihn überhaupt vor Ort duldet.
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Umfragen, die weltweit die Einstellung der Bürger zu China messen, explodiert. Sie und Ihr Team haben 2.500 Umfrageergebnisse aus 160 Ländern zu einem einzigen Datensatz zusammengefasst – dazu gehört eine interaktive Karte, mit der man wunderbar spielen kann. Auf den ersten Blick springt die Kluft zwischen einem Globalen Norden, der China sehr viel negativer wahrnimmt als der Globale Süden, ins Auge – geht man aber näher heran, wird das Bild sehr viel differenzierter.
Das stimmt – die Negativität im Globalen Norden ist sehr ausgeprägt, während der Globale Süden insgesamt eher positiv eingestellt ist. Und doch sind im Globalen Süden die Ausnahmen so zahlreich, dass man die Sichtweisen des Globalen Südens auf China nicht allgemein charakterisieren kann. Exakter wäre es zu sagen: Die Ansichten im Globalen Norden sind tendenziell negativ, die im Globalen Süden sehr vielfältig.
China ist vor allem in Russland, Pakistan, sowie in vielen Ländern Zentralasiens, des Mittleren Ostens und Afrikas populär. Sie schreiben, dass China nicht nur von den afrikanischen Eliten geschätzt wird, sondern sich auch bei afrikanischen Bürgern großer Beliebtheit erfreut. Warum?
Das ist eine gute Frage, die über das hinausgeht, was wir aus dieser Art von quantitativen Daten wirklich herauslesen können. Aber ich vermute, dass die positive Einstellung gegenüber China in den meisten Teilen Afrikas das Gefühl widerspiegelt, dass China einen Entwicklungsweg aufzeigt und wirtschaftliche Möglichkeiten bietet. Chinesische Unternehmen und Finanzinstitute sind auch an Orten stark vertreten, von denen sich die Entwicklungsagenturen und Handelsunternehmen anderer Länder weitgehend ferngehalten haben. Das erweckt den Eindruck, dass China dort auftaucht, wo andere es nicht tun.
Chinesische Medienunternehmen sind auf dem afrikanischen Kontinent sehr präsent. Auch lädt China viele Journalisten aus aller Welt nach China ein und bietet Trainings an. Könnte das auch eine Rolle spielen?
Das ist eine mögliche Interpretation, aber ich bin nicht sicher, ob das der Fall ist. Die Daten zeigen, dass die Einstellungen zu China auf dem afrikanischen Kontinent über die Zeit hinweg stabil bleiben. Die oben genannten Wirtschaftsfaktoren können die beständigen positiven Ergebnisse möglicherweise eher erklären als die aufs Ausland gerichtete Medien- und Propagandaoffensive der KPCh. Gleichzeitig könnte die Expansion der chinesischen Medien dazu beitragen haben, dass sich die afrikanische Sichtweise auf China während der Pandemie nicht verschlechtert hat.
Überraschend ist, dass die Masseninternierung von Uiguren in Xinjiang in den meisten muslimischen Ländern die Stimmung gegenüber China nicht beeinträchtigt hat – mit Ausnahme jener der Türken und Palästinenser.
Dies hat viele Menschen im Westen verwirrt – warum sind Länder mit muslimischer Mehrheit nicht empörter über die extreme Unterdrückung der islamischen Religionsausübung durch China? Viele der Staats- und Regierungschefs dieser Länder haben durch gute Beziehungen zu China viel zu gewinnen. Sie sind daher motiviert, Chinas repressive Politik zu loben, indem sie sie beispielsweise als “Errungenschaften” bei der Terrorismusbekämpfung bezeichnen. Im Gegensatz zu dem afrikanischen Beispiel, das wir gerade besprochen haben, kann man außerdem stärker argumentieren, dass Propaganda wirksam gewesen sein könnte – um den Auswirkungen negativer Informationen aus anderen Medienquellen wie Al Jazeera entgegenzuwirken. Ich sehe diese möglichen Propagandaeffekte jedoch eher als Ergänzung zum Einfluss von lokalen Führern. Wenn die Staatsoberhäupter im Mittleren Osten Chinas Gräueltaten gegen Muslime in Xinjiang scharf verurteilen würden, bezweifle ich, dass die Propagandaorgane der KPCh eine Verschlechterung des chinesischen Images verhindern könnten.
Erstaunlich ist auch, dass Chinas Beliebtheit im Iran stark gelitten hat. Warum?
Das ist eine Frage für Iranexperten. Ich vermute, dass es mit der COVID-Pandemie zu tun haben könnte – der Iran war eines der ersten Länder, in denen sich das Virus ausbreitete. Das könnte Chinas Image geschadet haben. Es scheint auch, dass Chinas bedeutende Rolle bei der Normalisierung der Beziehungen zu Saudi-Arabien nicht dazu beigetragen hat, Chinas Beliebtheit in der iranischen Öffentlichkeit zu steigern.
Die Covid-Pandemie hat das Image Chinas in verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich beeinflusst. In Afrika hat die Beliebtheit nicht wirklich nachgelassen, in Südamerika ist sie jedoch stark gesunken. Können Sie das erklären?
Ich denke, es spiegelt einen Kampf der Narrative wider. Meines Wissens haben die chinesischen Staatsmedien in Lateinamerika nicht annähernd so viel Erfolg gehabt wie in Afrika. Daher scheint es nicht überraschend, dass die Lateinamerikaner die Idee, China für die Pandemie verantwortlich zu machen, angenommen haben, während viele afrikanische Zuschauer solchen negativen Informationen nicht ausgesetzt waren.
Man könnten annehmen, dass die Beliebtheit oder Unbeliebtheit der USA und Chinas zusammenhängen – dass dort, wo die Beliebtheit der USA nachlässt, jene Chinas steigt. Beobachten Sie einen solchen Effekt?
Ich denke, sie sind an einigen Stellen miteinander verbunden, aber meistens entkoppelt. Die meisten Länder der Welt wollen vermeiden, sich zwischen den USA und China entscheiden zu müssen. Sie wollen von beiden profitieren. Die Sinophone-Borderlands-Umfrage, eines der Schlüsselprojekte, aus dem Global Public Opinion on China Daten zusammenführt, hat ergeben, dass im globalen Süden sowohl die USA als auch China tendenziell positiv wahrgenommen werden. Unsere nächste Version wird hoffentlich einen Vergleichsmodus enthalten, der die Entwicklung des globalen Meinungskampfs zwischen den USA und China zeigt!
Andrew Chubb ist Foreign Policy and National Security Fellow am China Center des Asia Society Policy Instituts. Er ist zudem Dozent an der Abteilung für Politik, Philosophie und Religion der Lancaster Universität.
Ein Verbot von Tiktok in den USA wird wahrscheinlicher. Am Freitag hörten die neun Richter des Supreme Court mündliche Stellungnahmen zu dem Fall an. In der rund zweistündigen Anhörung kam auch Noel Francisco, der Anwalt von Tiktok zu Wort. Seine Argumentation, dass ein Verbot das von der amerikanischen Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit beschneide, wiesen die Richter zurück. Zudem äußerten sie Zweifel an der Behauptung des chinesischen Mutterkonzerns Bytedance, dass eine Abspaltung von Tiktok in den USA “unmöglich” sei.
US-Behörden wollen wegen Sicherheitsbedenken durchsetzen, dass Tiktok in den USA nur weiterbestehen darf, wenn Bytedance den amerikanischen Teil der Kurzvideo-App verkauft. Bereits am 19. Januar soll das Verbot in Kraft treten. Dann müsste die App aus den App-Stores von Google und Apple in den USA entfernt werden. Momentan hat die Video-Plattform in den Vereinigten Staaten etwa 170 Millionen Nutzer.
Donald Trump, der sich in seiner ersten Amtszeit noch kritisch zu Tiktok äußerte, setzt sich nun für eine einvernehmliche Lösung ein. Ende Dezember wandte er sich an den Supreme Court mit der Bitte, die Umsetzung des Gesetzes vorübergehend auszusetzen, um Verhandlungen zu ermöglichen.
Eine Entscheidung, ob das Gesetz in Kraft tritt oder vorübergehend ausgesetzt wird, könnte schon heute im Laufe des Tages bekanntgegeben werden. Tiktok-Anwalt Francisco warnte, dass ein Verbot auch andere Unternehmen zur Zielscheibe machen werde. fpe
Chinas Präsident Xi Jinping wird einen hochrangigen Gesandten zur Amtseinführung von Donald Trump schicken. Das geht aus einem Bericht der Financial Times hervor, der sich auf mehrere mit den Hintergrundgesprächen vertraute Personen beruft. Peking habe eine dementsprechende Ankündigung gegenüber Trumps Übergangsteam gemacht, heißt es dort. Ein wahrscheinlicher Kandidat sei demnach Vizepräsident Han Zheng. Er hatte Xi in der Vergangenheit bereits bei öffentlichen Zeremonien vertreten. Der Gesandte werde auch Gespräche mit Trumps Team führen, sagten die Quellen.
Laut dem Bericht der Financial Times kämen aber nach wie vor auch Außenminister Wang Yi oder Politbüro-Mitglied Cai Qi in Betracht. Die Berater Trumps bevorzugen demnach angeblich Cai Qi, der als Xis rechte Hand mehr Macht auf Chinas Staatschef habe. Einige Berater Trumps fürchten laut dem Bericht bereits, dass Trump sich unzufrieden zeigen könnte, sollte der chinesische Gesandte nur den Rang von Wang oder Han innehaben.
Trump hatte Xi vergangenen Monat eine persönliche Einladung zur Teilnahme an seiner Amtseinführung am 20. Januar ausgesprochen. Einige Beobachter werteten den ungewöhnlichen Schritt als Versuch, die Spannungen zwischen den Ländern in Trumps Amtszeit zu verringern. Andere betrachteten die Einladungen als bloßes politisches Theater. Trump hatte erst am Montag erklärt, dass er und Xi in seiner zweiten Amtszeit gut miteinander auskommen werden. Gleichzeitig hat Trump zahlreiche China-Kritiker in wichtige Positionen seiner neuen Regierung berufen, darunter Senator Marco Rubio als Außenminister. fpe/rtr
China will den Ankauf von Staatsanleihen für einen Monat aussetzen. Das kündigte die chinesische Zentralbank (PBOC) am Freitag an. Das Angebot an Bonds reiche demnach nicht mehr aus, um die Nachfrage zu decken, hieß es in einer Erklärung.
Ziel der Maßnahme ist, die Spekulationen von Investoren über ein geringes Wirtschaftswachstum einzudämmen, da dies die Währung schwäche und das Vertrauen von Unternehmen sowie Verbrauchern beeinträchtigt. In den vergangenen fünf Monaten hatte die Notenbank umgerechnet rund 133 Milliarden Euro an Staatsanleihen aufgekauft. Den Zeitpunkt für die Wiederaufnahme will die Zentralbank von den Marktbedingungen abhängig machen.
Zusätzlich versucht die Zentralbank, den Yuan durch die Ausgabe von Anleihen in Hongkong zu stabilisieren. Mit diesen Maßnahmen zielt die PBOC darauf ab, den Yuan zu stützen, die Renditen langfristiger Anleihen auf ein “vernünftiges Niveau” zu bringen und die Marktstabilität zu fördern. fpe
In Begleitung einer Delegation britischer Geschäftsleute und Finanzbeamter traf sich Rachel Reeves am Wochenende mit chinesischen Staats- und Regierungschefs, darunter Vizepremier He Lifeng und Vizepräsident Han Zheng zum 11. Wirtschafts- und Finanzdialog zwischen China und Großbritannien. Die britische Finanzministerin betonte dabei die Notwendigkeit einer “stabilen, pragmatischen” Beziehung zwischen Großbritannien und China. Nach dem Ende der Gespräche in Peking verkündete sie, dass China und Großbritannien Vereinbarungen “im Wert von 600 Millionen Pfund (715 Millionen Euro) für die nächsten fünf Jahre getroffen” hätten, ohne die Einzelheiten der Vereinbarungen darzulegen.
Überschattet wurde Reeves Reise nach Peking durch Turbulenzen an den Anleihemärkten, die die Kreditkosten auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise 2008 getrieben haben. Die oppositionelle Konservative Partei warf ihr vor, sie sei “nach China geflohen”, anstatt sich den Sorgen der Märkte hinsichtlich Inflation und wirtschaftlicher Stagnation zu widmen. Reeves rechtfertigte vor ihrer Reise in einem Meinungsartikel in der Times of London, dass China Großbritannien eine Chance bietet, das Wachstum anzukurbeln. Das Land könne die Tatsache nicht ignorieren, dass China sein viertgrößter Handelspartner sei und seine Exporte fast eine halbe Million Arbeitsplätze in Großbritannien stützten, so Reeves.
Auch der Zentralbankchef Pan Gongsheng traf sich in Peking mit seinem Amtskollegen Andrew Bailey von der Bank of England. Themen waren laut der chinesischen Zentralbank Finanzstabilität und Zusammenarbeit. Spitzenmanager von den Banken HSBC, Standard Chartered und der Londoner Börse LSE waren mit Bailey und Reeves nach Peking gereist.
Die chinesisch-britischen Beziehungen hatten sich zuletzt nach einer Reihe von Spionagevorwürfen von beiden Seiten, Chinas Unterstützung für Russland im Ukraine-Krieg und einem harten Vorgehen gegen die Bürgerrechte in Hongkong enorm verschlechtert. Der letzte Wirtschafts- und Finanzdialog fand 2019 statt, seit sechs Jahren lagen die hochrangigen Gespräche auf Eis. niw/rtr
Im Oktober 2024 verlängerte der Heilige Stuhl zusammen mit Peking zum dritten Mal das Abkommen über die Bischofsernennungen in Festlandchina. Die Bedingungen der Vereinbarung wurden nicht veröffentlicht, aber Papst Franziskus sagte, dass sie eine gemeinsame Kommission der chinesischen Regierung und des Vatikans für die Ernennung von Bischöfen vorsieht. Die Verlängerung belegt, dass der Papst den bisherigen Kurs seiner Chinapolitik, die von Verständigung statt von Konfrontation geprägt ist, fortsetzen will.
Diese vatikanische Chinapolitik ist innerhalb und außerhalb der Kirche nicht unumstritten, und von vielen Seiten wird dem Papst vorgeworfen, der chinesischen Seite zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben, dafür aber selber gar nichts empfangen zu haben. Hier ist zuzugeben, dass Rom am Anfang sicher etwas überoptimistisch war, und sicher selber mit dem Erreichten auch nicht ganz zufrieden ist. Dennoch haben meiner Ansicht nach die Kritiker mit ihrem radikalen Verriss auch nicht recht. Denn immerhin haben jetzt alle Bischöfe in China eine Anerkennung des Heiligen Stuhls und vor allem kann rechtmäßig kein neuer Bischof ohne Zustimmung des Papstes geweiht werden, und nach Klarstellung des Kardinalstaatssekretärs auch kein Bischof mehr von einer Diözese in eine andere ohne römisches Plazet versetzt werden. Das ist durchaus als Erfolg zu bewerten.
Das nächste Ziel des Heiligen Stuhls ist es nun, dass in Peking ein Office mit Vatikan-Diplomaten vor Ort eröffnet werden kann. Und es ist schon erstaunlich, dass dieser Wunsch Roms von Peking bisher nicht abgewiesen wurde. Handelt es sich hierbei nur um Taktik? Oder ist es vielleicht doch ein Zeichen, dass Peking sich mittelfristig sogar diplomatische Beziehungen vorstellen kann? Aus rein kirchenpolitischer Perspektive sind die Vorteile für die chinesischen Machthaber eher gering, doch wenn man geopolitische Gründe in den Vordergrund rückt, macht die Sache schon Sinn. Insgesamt scheint die Annäherung und das Verständnis zwischen Rom und Peking zwar recht langsam, doch aber weiter zuzunehmen.
Die Situation des Katholizismus ist, wie aller anerkannten Religionen in China, gekennzeichnet durch die Vorgabe der “Sinisierung”, was nur zu einem kleinen Teil als Inkulturation zu verstehen ist, sondern hauptsächlich ein Codewort, das die Vorherrschaft und Kontrolle der Partei im Bereich der Religion signalisiert. Doch innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens haben die Bischöfe und Pfarrer, die Diözesen und Gemeinden weiterhin einen recht großen pastoralen Gestaltungsspielraum, und können durchaus auch missionarisch aktiv sein. So gibt es tausende Kirchen in China, in denen nicht nur jeden Sonntag hunderte von Gläubigen zum Gottesdienst zusammenkommen, sondern vorher und nachher auch ganz viele Gruppenaktivitäten stattfinden, von der Katechismus-Klasse über die Chorprobe bis zum Ehevorbereitungskurs. Und all dies geschieht mit dem Einverständnis des Staates und der Partei.
Da im Ausland oft nur die kritischen Punkte über Religion in China berichtet werden, erscheint oft ein einseitiges, zuweilen auch verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Keine Frage, es gibt immer noch Christen, die sich im Reich der Mitte in einer “kritischen Situation” befinden, und es ist wichtig, ihnen beizustehen. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein öffentlicher Protest ihnen nur sehr selten Fortschritte bringt. Oft ist es besser aus dem Hintergrund ihr Anliegen zur Sprache zu bringen. Und das ist auch der Ansatz von Papst Franziskus.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Feld der Religion bei aller Einheit der Vorgaben bei der Implementierung weiterhin je nach Region eine gewisse Pluralität der Umsetzungsmöglichkeiten besteht, und in vielen Gebieten auch pragmatische Lösungen möglich sind. Das Ziel der Machthaber ist nicht die Vernichtung der Religion, sondern die Einbindung der religiösen Gemeinschaften in das große gemeinsame Ziel, den Wiederaufstieg Chinas. Daher ist es sicher richtig festzustellen, dass der Einfluss von Staat und Partei auf die Religion recht stark ist, und dass jeder, der diesen Einfluss ablehnt, nur einen sehr geringen Gestaltungsspielraum hat.
Auch als ausländischer Priester ist es heutzutage nicht mehr möglich “unter dem Radar zu bleiben” und sich möglichst von allen Organen der Religionspolitik fernzuhalten. Doch eine gewisse Einbindung in die staatliche Religionspolitik hat nicht nur Nachteile, sondern kann durchaus auch Vorteile nicht nur für die ausländischen Gemeinden, sondern auch für die lokalen Christengemeinden haben. So wird es, um ein Beispiel zu nennen, in vielen Fällen in den Städten, in denen es fremdsprachige Gemeinden gibt, geduldet, dass auch in die chinesischsprachigen Gemeinden Kinder und Jugendliche zu den Gottesdiensten kommen, was an sich nach den Richtlinien so nicht unbedingt vorgesehen ist.
Die leninistische Dialektik der chinesischen Religionspolitik ist in ihren Auswirkungen also durchaus ambivalent. Manchmal werde ich gefragt: Kannst Du in Shanghai lebend die chinesische Religionspolitik kritisieren? Das ist öffentlich schwierig, und würde mir sehr wahrscheinlich sofort den Vorwurf der “Einmischung in innere chinesische Angelegenheiten” einbringen. Anderseits gibt es schon die Möglichkeit, “Vorschläge” zu machen. Das ist insofern durchaus positiv zu bewerten, wenn man bedenkt, dass man sich als ausländischer Pfarrer ja nur im “Duldungsstatus” befindet, und keine offizielle Anerkennung hat. Und ist dieser “Dialog” und “Austausch” mit Vertretern der chinesischen Religionspolitik nicht auch ein Zeichen einer gewissen De-facto-Anerkennung auch von chinesischer Seite? All dies zeigt, dass die Situation komplex und teilweise auch kompliziert ist, doch gewisse – sicherlich begrenzte – Handlungsmöglichkeiten da sind.
Meiner Ansicht nach wird es auch in Zukunft in China Christen geben, von denen die Einen näher und die Anderen ferner zum Staat stehen, und es wird auch in den Beziehungen zwischen Rom und Peking aller Wahrscheinlichkeit weiterhin auf und ab gehen. Dennoch erscheint mir auch aufgrund meiner eigenen Erfahrung als Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai vor dem Hintergrund der heutigen Kontextualität der Weg der Verständigung mit den staatlichen Autoritäten kein “Verrat am Evangelium”, sondern gerade die Möglichkeitsbedingung um der Botschaft Jesu Christi Resonanz bei den Menschen und in der Gesellschaft verschaffen zu können. Daher denke ich, ist es unerlässlich, sowohl auf die China-Politik von Papst Franziskus als auch auf die Situation der Religion in China sehr differenziert zu schauen, und auch die positiven Seiten wahrzunehmen.
Michael Bauer ist seit 2004 katholischer Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Shanghai.
Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute – mehr denn je – kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.
Adrian Goh wird mit Wirkung zum 1. April Chief Executive Officer der Niederlassung von Münchener Rück in China. Goh kam 2019 als Leiter des Enterprise Risk Management für die Region Asien-Pazifik, Naher Osten und Afrika zu Munich Re Singapur. Sein neuer Einsatzort ist Peking.
Yang Zhang ist seit November VP Of Network Planning & Operation bei Jaguar Land Rover China. Zhang hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Vertriebsmanagement, regionaler Vertrieb und Marketing in der Automobilindustrie. Zuletzt war er bei Xpeng Motors unter anderem für das Betriebsmanagement verantwortlich. Sein Einsatzort ist Shanghai.
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Junge Chinesen geben angesichts der schwächelnden Wirtschaft und der hohen Arbeitslosigkeit immer weniger Geld aus. Das schlägt sich nicht nur bei Kinokarten nieder, sondern auch beim Essen. Unter dem Hashtag #花小钱吃大锅 – zu Deutsch “zahle wenig, esse viel” geben sich Chinas Netizens derzeit Ratschläge, wie man auch mit kleinem Geldbeutel alles aus einer Hot-Pot-Mahlzeit herausholen kann. Pro-Tipps sind etwa auf kleinere Familienrestaurants umzuschwenken oder gleich ganz in die Vororte auszuweichen. Und natürlich, auch wenn es schmerzt, statt Fleisch mehr sättigendes Gemüse und Tofu in der Brühe zu versenken.