das Xiangshan-Forum ist quasi das chinesische Gegenstück zur Münchener Sicherheitskonferenz. Es geht dort bloß wesentlich martialischer zu. Diesmal besonders pikant: Unter den Teilnehmenden fehlte ein Verteidigungsminister. Nach der offiziellen Absetzung von Li Shangfu gibt es noch keinen Nachfolger.
Doch genau das könnte indes der Türöffner für die USA gewesen sein, die an dem Forum teilnahmen. Denn der abgesetzte Li war von Washington sanktioniert. Unser Autor Jörn Petring registrierte daher vor Ort eine vage Annäherung Pekings an die USA. Deutliche Drohungen verlauteten derweil gegenüber Taiwan.
Forschungsministerin Stark-Watzinger hat sich den Satz geleistet: “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die Kommunistische Partei verbergen.” Das wollen wir natürlich nicht so stehenlassen. Tim Gabel hat sich in der Forschungs-Community umgehört – und ist auf Entsetzen gestoßen angesichts dieser pauschalen und undifferenzierten Aussage.
In unserem Standpunkt sprechen sich auch Doris Fischer und Hannes Gohli vom China-Kompetenzzentrum der Universität Würzburg gegen eine Pauschalisierung von Forschungskooperationen mit chinesischen Forschenden aus. Die generelle Ablehnung von Stipendiatinnen und Stipendiaten des China Scholarship Council (CSC) drohe zu einem ungewollten Social Profiling zu werden, warnen Fischer und Gohli.
Peking hat das Xiangshan-Forum genutzt, um ein Entspannungssignal in Richtung Washington zu senden. Der wichtigste Satz des Verteidigungsgipfels, der eine Art chinesische Version der Münchner Sicherheitskonferenz oder des asiatischen Shangri-La-Forums ist, kam von Zhang Youxia. Der 73-Jährige ist Vizechef der mächtigen Zentralen Militärkommission. Über ihm steht als Chef der Kommission nur Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Einerseits, so Zhang in seiner Eröffnungsrede am Montag, werde China die strategische Zusammenarbeit mit Russland ausbauen. Gleichzeitig sei China aber auch bestrebt, “auf Basis von gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und Win-Win-Zusammenarbeit, die militärische Beziehungen zu den USA weiterzuentwickeln”.
Diese Aussage ist insofern von Bedeutung, als die militärische Kommunikation zwischen Washington und Peking zuletzt zumindest auf höchster Ebene eingefroren war. China weigerte sich, mit hochrangigen US-Vertretern zu sprechen, weil der frühere chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu mit US-Sanktionen belegt war. Die Sanktionen stammen aus einer Zeit, als Li noch nicht Minister war.
Zhang schlug in seiner Rede allerdings auch harte Töne mit Blick auf Taiwan an. “Egal wer Taiwan in irgendeiner Weise von China abspalten möchte, die chinesische Armee wird dem niemals zustimmen und niemals Nachsicht üben”, sagte er. Taiwan läge in Chinas Kerninteresse.
Wenn Chinas Regierung gezwungen wäre, die Taiwan-Frage mit Gewalt zu lösen, werde es sich um einen rechtmäßigen und wiedervereinigenden Krieg handeln, hatte Generalleutnant He Lei der staatlichen Zeitung Global Times bereits am Sonntag gesagt.
Nun also die ausgestreckte Hand der Chinesen beim Xiangshan-Forum. Möglich war das nur, weil Li bekanntlich vergangene Woche abgesetzt wurde. Zuvor war er wochenlang nicht mehr öffentlich aufgetreten. Er teilt damit das Schicksal des früheren Außenministers Qin Gang. Auch er wurde Ende Juli seines Amtes enthoben, ohne dass Peking bis heute eine Erklärung dafür geliefert hätte.
Ein neuer Verteidigungsminister wurde noch nicht ernannt. Klar ist aber schon jetzt, dass der neue nicht unter US-Sanktionen stehen wird und somit Gespräche wieder problemlos möglich sein werden. Bemerkenswert: Während für Deutschland nur der Verteidigungsattaché der Botschaft beim Forum vertreten war, schickten die USA immerhin eine kleine Delegation.
Das Tauwetter zwischen Peking und Washington hält also an. Nach dem Besuch von Wang Yi in Washington rückt ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden im November beim APEC-Gipfel in San Francisco in greifbare Nähe. Harmonisch verlief in den vergangenen Tagen auch der Besuch des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom in China. Er zeigte sich sogar beim gemeinsamen Basketballspiel mit chinesischen Schulkindern.
Dass Gesprächsbedarf besteht, daran ließ Zhang in seiner Rede keinen Zweifel. Denn er bot nicht nur das Gespräch an. Er griff die USA zumindest indirekt auch an. “Einige Länder sorgen bewusst für Turbulenzen, mischen sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein und zetteln Farbrevolutionen an”, sagte Zhang ohne einen Namen zu nennen.
Sergej Schoigu sprang ihm bei. Der russische Verteidigungsminister warf den USA am Montag in Peking vor, geopolitische Spannungen zu schüren, um ihre “globale Vorherrschaft mit allen Mitteln” aufrechtzuerhalten. Auch beschuldigte Schoigu die NATO, ihre Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum unter dem Vorwand des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Ländern der Region auszuweiten.
Die US-Delegation kennt solche Reden und dürfte sie mit Gelassenheit aufgenommen haben. Denn ein wichtiges Ziel ist erreicht. Washington drängt seit langem darauf, die Militärgespräche mit China wieder in Gang zu bringen. Denn nur so können folgenschwere Missverständnisse vermieden werden.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat zum wiederholten Male zur Wachsamkeit bei Kooperationen mit China im Wissenschaftsbetrieb aufgerufen. “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die kommunistische Partei verbergen, darüber müssen wir uns klar sein”, sagte die FDP-Politikerin der “Welt”. Notwendig sei daher eine Überprüfung bestehender Kooperationsbeziehungen auch von Hochschulen, gerade bei Stipendiaten des staatlichen China Scholarship Council.
Öffentlich wollte sich auf Anfrage von Table.Media dazu gestern zunächst niemand äußern, aus Kreisen wissenschaftlicher Institutionen und Hochschulen waren allerdings deutliche Kritik und Populismus-Vorwürfe zu vernehmen. In Hintergrundgesprächen äußerten Gesprächspartner Erschrecken darüber, dass die Forschungsministerin mit solchen Aussagen alle Forschenden aus China unter Generalverdacht stelle. Das sei sowohl für konstruktive Beziehungen als auch für den Aufbau von dringend erforderlicher China-Kompetenz hinderlich.
Experten der Uni Würzburg sehen derweil eine große Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet. Zudem könne die pauschale Ablehnung von CSC-Doktorandinnen und Doktoranden zu einem ungewollten “social profiling” werden, schreiben die China-Forschenden Doris Fischer und Hannes Gohli in ihrem Standpunkt, den sie ebenfalls in der heutigen Ausgabe des Research.Table lesen. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler unter Generalverdacht der Spionage stellen würden, seien aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern.
Stark-Watzinger warnte im Welt-Interview, China werde immer mehr zum systemischen Rivalen. “Bei globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel sollte es weiter Zusammenarbeit geben. Auch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China ist grundsätzlich wünschenswert.” Anders sehe es in sensiblen Bereichen aus, die militärische Relevanz hätten oder Menschenrechte beträfen, etwa Gesichtserkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz.
“Wir haben die Debatte mit der Wissenschaft über Forschungssicherheit begonnen”, sagte Stark-Watzinger. Es gebe von Hochschulen und Forschungseinrichtungen den Wunsch nach Orientierung und Unterstützung. “Hier machen wir Angebote. Welche Maßnahmen darüber hinaus sinnvoll sind, erarbeiten wir gemeinsam mit der Wissenschaft”, sagte sie. Welche konkreten Angebote und Konzepte das BMBF für Hochschulen und Forschungsinstitute anbietet, darüber gab das Interview keinen Aufschluss.
Auch in der Community wird die Brisanz des Themas unterschiedlich eingeschätzt. Wer konkrete Einblicke in das Thema Forschungssicherheit habe, müsse sagen, dass diese klaren Ansagen notwendig wären, hatte Nicolas Lunz, Exportkontrollbeauftragter der RWTH Aachen bereits in der vergangenen Woche Table.Media gesagt. Er verwies auf die Situation an deutschen Hochschulen: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung. Diese Doktoranden haben oft freien Zugang zu sensiblen Bereichen wie Halbleiter, Robotik, Quantencomputing.”
Wissenschaftliche Institutionen wie die HRK und die DFG haben dem Naivitätsvorwurf dagegen in den vergangenen Tagen widersprochen. Forschungseinrichtungen seien “viel sensibler bezüglich der Risiken geworden”, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber dem Fachmagazin ScienceBusiness. Man sei “von dem naiven Ansatz” weggekommen und habe das ambivalente Verhältnis zu China besser verstanden. Auch die DFG sieht die Verantwortung für die Bewertung bei den einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Hochschulen selbst.
Die Debatte hatte nach einer HRK-Veranstaltung an Fahrt aufgenommen, in der unter anderen auch Bettina Stark-Watzinger und ihr niederländischer Amtskollege Robertus Henricus Dijkgraaf, Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, teilnahmen. Dijkgraaf der gemeinsam mit Stark-Watzinger von der “Welt” interviewt wurde, verantwortet derzeit ein Gesetzesvorhaben, das die grundsätzliche Überprüfung von Nicht-EU-Akademikern vorsieht, die in den Niederlanden forschen wollen.
Auf die Frage, warum das Gesetzesvorhaben derzeit stockt, sagte Dijkgraaf der “Welt”, der Teufel liege im Detail. “Wir müssen sehr fein sezieren, um die Chancen der internationalen Zusammenarbeit nicht unnötig zu beschneiden und nicht mit zu viel Bürokratie zu belasten”. Das Screening in den Niederlanden solle eine Kombination des persönlichen Hintergrunds des jeweiligen Forschers, seines Forschungsgebiets und seines Einsatzorts sein. “Wir achten darauf, länderneutral vorzugehen, wollen nicht einzelne Länder ausschließen”, betonte Dijkgraaf.
Stark-Watzinger erteilte einem Screening von Forschungskooperationen in Deutschland in dem Interview eine Absage. Sie verwies darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland Verfassungsrang habe. Damit sei aber auch eine Verantwortung der Einrichtungen und der Forschenden verbunden. Das Risikobewusstsein in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei bereits stark gestiegen. “Zudem unterliegt auch das Wissenschaftssystem der Exportkontrolle. Das ist besonders für Dual-Use-Güter wichtig”, sagte die Bundesforschungsministerin.
Der Pharma- und Technologiekonzern Merck hat sich die Rechte an einem neuartigen Krebsmedikament des chinesischen Arzneimittelherstellers Jiangsu Hengrui gesichert. Dafür erhält die chinesische Seite eine Vorauszahlung von 160 Millionen Euro, wie Merck am Montag mitteilte. Darüber hinaus winken Jiangsu Hengrui weitere erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen sowie Lizenzzahlungen auf mögliche spätere Umsätze mit dem Mittel, die sich auf insgesamt bis zu 1,4 Milliarden Euro belaufen könnten.
Merck erhält dafür die weltweite Exklusivlizenz, mit Ausnahme von China, für die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung des Wirkstoffs HRS-1167 von Jiangsu Hengrui. Er gehört zur nächsten Generation von Tumormedikamenten, die die Überlebensstrategien von Krebszellen sabotieren. Diesen Ansatz verfolgen auch Konkurrenten wie Astrazeneca und GSK.
Das Darmstädter Unternehmen hat zudem die Option auf die Rechte außerhalb Chinas an einem weiteren Krebsmittel des Unternehmens sowie auf die gemeinsame Vermarktung der beiden Wirkstoffe in der Volksrepublik. rtr
Fast zwei Jahre nach der ersten Zahlungsunfähigkeit entscheidet ein Gericht in Hongkong über die Zukunft des weltweit am höchsten verschuldeten Immobilienentwicklers Evergrande. Die Anhörung zur Liquidation der China Evergrande Group in Hongkong werde auf den 4. Dezember vertagt, teilte Richterin Linda Chan am Montag mit. Evergrande müsse bis dahin einen konkreten überarbeiteten Restrukturierungsvorschlag vorlegen, andernfalls sei es wahrscheinlich, dass das Unternehmen abgewickelt werde.
Das Unternehmen hatte mehr als eineinhalb Jahre lang an einem Umschuldungsplan gearbeitet, der jedoch im vergangenen Monat durchkreuzt wurde, als Ermittlungen gegen den Chef und Gründer des Unternehmens, Hui Ka Yan, wegen des Verdachts auf kriminelle Aktivitäten eingeleitet wurden.
Der am höchsten verschuldete Immobilienentwickler der Welt mit Gesamtverbindlichkeiten von mehr als 300 Milliarden Dollar geriet Ende 2021 mit seinen Auslandsschulden in Verzug und wurde zum Symbol der Schuldenkrise, die seither den chinesischen Immobiliensektor erfasst hat. Eine Liquidation von Evergrande würde weitere Schockwellen durch die bereits fragilen Kapitalmärkte senden. Die Aktien des Unternehmens fielen am Montag um 13 Prozent. rtr
Bei Hongkongs Kommunalwahl im Dezember darf kein einziger Kandidat der größten und ältesten pro-demokratischen Partei antreten. Wegen der von Peking verordneten Wahlrechtsreform habe keiner der sechs Bewerber der Demokratischen Partei den Auswahlprozess geschafft, sagte AFP zufolge ihr Vorsitzender Lo Kin Hei. Auch der Bewerber für die kleine Partei ADPL, Kwok Wai Shing, wurde nach eigenen Angaben nicht zugelassen.
Der Bezirksrat war lange Zeit die einzige überwiegend vom Volk gewählte Vertretung in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Bei der vorherigen Kommunalwahl im Jahr 2019 und zum Höhepunkt der Proteste für größere politische Freiheiten legte das Demokratielager noch einen Erdrutschsieg hin. Doch im Zuge der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes hat die Führung die Peking veranlasst, dass die Kandidatur insbesondere vom pro-demokratischen massiv erschwert wird.
Ein Hongkonger Gericht hat derweil vier ehemalige Studentenvertreter wegen Anstachelung zu Körperverletzung zu je zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die vier seien für den Beschluss einer Resolution durch die Studentenvertretung verantwortlich, urteilte das Gericht am Montag. Die Resolution hatte Trauer über den Tod eines Mannes bekundet, der einen Polizisten mit einem Messer verletzt und sich dann selbst getötet hatte.
Die Richterin Adriana Noelle Tse Chin begründete ihr Urteil damit, dass die Wortwahl in der Resolution Hass gegen die Polizei geschürt habe. Sie sprach von einem “schweren Verbrechen”. Eine mildere Strafe wäre das falsche Signal an die Gesellschaft. rtr/flee
Die Vereinigten Staaten kaufen in großem Stil japanische Meeresfrüchte, um den chinesischen Boykott auszugleichen. China hatte ein Verbot auf die Einfuhr verhängt, nachdem die Japaner aufbereitetes Wasser aus dem havarierten Kernkraftwerk Fukushima ins Meer geleitet hatten. China, der größte Abnehmer von japanischen Meeresfrüchten, begründete den Stopp mit der Sorge um die Lebensmittelsicherheit.
Der US-Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, stellte die Initiative am Montag in einem Reuters-Interview vor. “Es wird ein langfristiger Vertrag zwischen den US-Streitkräften und der Fischerei hier in Japan sein”, sagte er. Washington wolle Emanuel zufolge weitere Maßnahmen prüfen, um Chinas Verbot auszugleichen, das nach der Meinung der US-Amerikaner Teil eines “Wirtschaftskriegs” ist. Die G7-Handelsminister hatten am Sonntag die sofortige Aufhebung der Verbote für japanische Lebensmittel gefordert, auch da die UN-Atomaufsichtsbehörde sich für die Sicherheit des Wassers verbürgt hatte.
Der erste Ankauf von Meeresfrüchten durch die USA umfasst knapp eine Tonne Jakobsmuscheln. Sie sollen vor allem der Verpflegung von US-Soldaten in Kantinen und an Bord von Schiffen sowie für den Verkauf in Geschäften und Restaurants auf Militärstützpunkten dienen. Der beste Weg, Chinas wirtschaftlichen Zwang zu beenden, sei dem betroffenen Land oder der betroffenen Industrie zu Hilfe zu kommen, sagte Emanuel. Auf einer Pressekonferenz am Montag erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, zu den Äußerungen Emanuels: “Die Aufgabe von Diplomaten ist es, die Freundschaft zwischen Ländern zu fördern, anstatt andere Länder zu verleumden und Unruhe zu stiften.” rtr/fpe
Die Entscheidung der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Nürnberg-Erlangen bis auf Weiteres keine Promotionsstipendiat:innen des China Scholarship Council (CSC) mehr aufzunehmen, hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Laut Medienberichten werden vom CSC geförderte Doktorand:innen aufgrund von Sicherheitsbedenken vorerst keinen Zugang zur Forschung an der FAU bekommen.
Die Entscheidung der FAU folgt offenbar einer Kritik durch das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) hinsichtlich der Umsetzung von Regeln des BAFA im Zusammenhang mit der Zulassung von CSC-Stipendiat:innen. Dabei wird die Entscheidung auch in den Kontext der von der Bundesregierung erlassenen Chinastrategie gestellt, die erhöhte Vorsicht im Umgang mit chinesischen Hochschulen fordert.
Entsprechend betonte die Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger in einem im August erschienen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ganz aktuell in der Montagausgabe der “Welt” die Risiken der Kooperation mit China. Unter anderem sprach sie über den möglichen Missbrauch von Forschung, ausländische Einflussnahme und den ungewollten Abfluss von Know-how und Technologie ins Ausland.
Von CSC-Stipendiat:innen wird befürchtet, dass sie, weil sie ein staatliches Stipendium erhalten, unter besonderem Druck stehen, an den Staat zu berichten. Dabei ist die Befürchtung, dass diese Berichtspflicht sich nicht auf ihre Forschungsfortschritte beschränkt, sondern dass sie auch Forschungsgeheimnisse berichten sollen, die ihnen aus der Mitarbeit in Forschungsteams deutscher Hochschulen zugänglich werden.
In einem solchen Fall ist der Unterschied zur Spionage nicht mehr groß, gleichzeitig stellt die vermutete Druckausübung ein ethisches Problem dar, da sie nicht vereinbar ist mit unseren Vorstellungen von Forschungsfreiheit. So weit, so einfach. Allerdings gilt es bei genauerer Betrachtung einiges zu bedenken: Spionage kann auf vielen Wegen erfolgen. Sie ist nicht an eine bestimmte Nationalität gebunden.
Auch andere Staaten können Druck auf ihre Stipendiaten ausüben, wenn sie dies für opportun halten. Und Einheimische können – aus welchen Gründen auch immer – geneigt sein, Informationen abzugeben. Ferner ist Spionage nicht an eine bestimmte Finanzierungsform gebunden. Auch anders finanzierte Studierende oder Doktorand:innen können bereit sein, nach Hause zu berichten, sei es, weil sie auch ohne Stipendium staatstreu eingestellt sind, sei es, weil der chinesische Staat andere Wege findet, um Druck auszuüben.
Um es etwas drastisch zu formulieren: Kinder reicher Parteikader sind nicht auf staatliche Stipendien angewiesen. Die Aussetzung der Annahme von CSC geförderten Doktorand:innen ist also kein Garant für die Vermeidung von Risiken. Sie birgt zugleich die Gefahr, interessante junge Wissenschaftler:innen, die auf Stipendien angewiesen sind, ungerechtfertigt pauschal zu verdächtigen. Neben der Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet, kann die Ablehnung von CSC-Doktorand:innen zu einem ungewollten “social profiling” werden.
Risiken können in den komplexen Interessensverflechtungen, die in globalen (nicht nur chinesischen) Forschungskooperationen vorherrschen, nie ganz beigelegt werden. Bei der Aufgabe, die Chancen und Risiken der transnationalen Forschung zu evaluieren, geht es also darum, bestehende Risiken zu identifizieren, zukünftige Risiken zu antizipieren und Forscher:innen zu sensibilisieren. Die deutsche Wissenschaftslandschaft ist aktuell gut gewappnet, mit Risiken umzugehen.
Einzelne Hochschulen, wie auch die Universität Würzburg, haben dezidierte China Kompetenzzentren geschaffen, die Forscher:innen bei der Kooperation mit chinesischen Partner:innen (sowohl auf individueller, als auch institutioneller Ebene) zur Seite stehen. In regelmäßigen Treffen des Verbunds der Chinazentren an Deutschen Hochschulen tauschen sich Vorstandsmitglieder der einzelnen Kompetenzzentren mit Verwaltungspersonal von International Offices, der Ausfuhrkontrolle und der Kommissionen für Ethische Fragen aus.
Auch Leitfragen (HRK), Wegweiser (KIWI Kompass), Anweisungen (DVCS), Informationsbroschüren (Gemeinsamer Ausschuss) und Handbücher zur Exportkontrolle (BAFA) wurden entwickelt, um Lösungsansätze für Fragen, die in der Kooperation mit China entstehen, zu bieten. Neue Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Programm “RegioChina” gefördert werden, zielen darauf, über diverse Formate Forscher:innen und Verwaltungspersonal zu sensibilisieren und besser für die Kooperation mit China vorzubereiten.
In den vielen Diskussionen, die sich in den vorgenannten Austauschforen entwickelt haben, besteht weitgehend Konsens, dass es nicht darum gehen kann, die Kooperation mit China in Forschung und Lehre aufzukündigen. Keiner ist gezwungen, mit China zu kooperieren, aber es ist auch nicht zu verkennen, dass die Kooperation in vielen Forschungsbereichen attraktiv ist. Neben dem fachlichen Wissensaustausch profitieren deutsche und chinesische Wissenschaftler:innen von der “Horizonterweiterung”, die mit Forschungsaufenthalten im jeweils anderen Land einhergehen.
Gewappnet mit Werkzeugen der Risikominimierung und des fachübergreifenden Austausches profitiert die deutsche Wissenschaft daher nicht nur fachlich, sondern auch menschlich vom Austausch mit China. Daraus ergibt sich das Fazit, dass es neben Fortbildungen darauf ankommt, den Einzelfall zu prüfen. Jedoch sind Einzelfallentscheidungen aufwendig und leichter an Hochschulen zu organisieren, die über Chinakompetenzzentren und/oder Sinologien verfügen.
Für andere Hochschulen und Forschungseinrichtungen bedarf es zusätzlicher und längerfristig angelegter Unterstützung. Obwohl die Chinastrategie der Bundesregierung die Notwendigkeit des Kompetenzaufbaus im Umgang mit China unterstreicht, wird nicht deutlich, wie diese Unterstützung längerfristig organisatorisch und finanziell gewährleistet werden soll. Damit besteht die Sorge, dass Institutionen und Wissenschaftler:innen sich angesichts des wiederholten Aufrufs, nicht “naiv” mit China zusammenzuarbeiten, alleingelassen fühlen und die Zusammenarbeit einfach einstellen.
Wir wollen die vorhandenen Risiken keineswegs negieren; in der Forschung in und mit autoritären Regimen gelten besondere Regeln, es müssen also gesonderte Sicherheitsmechanismen und institutionalisierte Evaluierungsstrukturen geschaffen werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch an den möglichen Gewinn aus Forschungskooperation mit China erinnern, den pauschale Maßnahmen wie der Ausschluss von CSC geförderten Doktorand:innen ausblenden.
Prof. Dr. Doris Fischer ist seit März 2012 Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics an der Universität Würzburg und seit April 2021 Vizepräsidentin für Internationalisierung und Alumni. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen Chinas Wirtschaftspolitik und Industriepolitik.
Dr. Hannes Gohli ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl China Business and Economics. Seine zentralen Forschungsinteressen liegen in der nachhaltigen Entwicklung und Urbanisierung, sowie in der Politikgestaltung und Implementierung in der Volksrepublik China.
Joshua McLarin wird neuer Managing Director für China bei dem Logistik-Unternehmen Imperial Logistics mit Sitz in Duisburg. Unterstützt wird er dabei von Owen Li, der als Head of Commercial das Verkaufsteam in Shanghai leiten wird.
Marius Hayler wird General Manager Nio Deutschland. Er folgt auf Ralph Kranz, der das Unternehmen Ende Oktober aus persönlichen Gründen verlassen wird. Hayler ist aktuell General Manager von Nio Norwegen. Laut dem chinesischen E-Auto-Hersteller hat er mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie.
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Auch in China trauert man um Matthew Perry, der in der Serie “Friends” die Rolle des Chandler Bing verkörperte. Im Herzen vieler Chinesen hat die US-Sitcom einen besonderen Platz inne. Anfang der Nullerjahre wurde sie hier als Hilfe zum Englisch lernen eingeführt. Zum Reunions-Special im Jahr 2021 sicherten sich die großen Streamingplattformen iQiyi, Tencent Video und Youku umgehend die Übertragungsrechte. Sogar das -Café “Central Perk” aus der Serie haben chinesische Fans in Peking und Hangzhou bis ins Detail nachgebaut. Auf einem Fernseher laufen dort alle Friends-Folgen in Dauerschleife.
das Xiangshan-Forum ist quasi das chinesische Gegenstück zur Münchener Sicherheitskonferenz. Es geht dort bloß wesentlich martialischer zu. Diesmal besonders pikant: Unter den Teilnehmenden fehlte ein Verteidigungsminister. Nach der offiziellen Absetzung von Li Shangfu gibt es noch keinen Nachfolger.
Doch genau das könnte indes der Türöffner für die USA gewesen sein, die an dem Forum teilnahmen. Denn der abgesetzte Li war von Washington sanktioniert. Unser Autor Jörn Petring registrierte daher vor Ort eine vage Annäherung Pekings an die USA. Deutliche Drohungen verlauteten derweil gegenüber Taiwan.
Forschungsministerin Stark-Watzinger hat sich den Satz geleistet: “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die Kommunistische Partei verbergen.” Das wollen wir natürlich nicht so stehenlassen. Tim Gabel hat sich in der Forschungs-Community umgehört – und ist auf Entsetzen gestoßen angesichts dieser pauschalen und undifferenzierten Aussage.
In unserem Standpunkt sprechen sich auch Doris Fischer und Hannes Gohli vom China-Kompetenzzentrum der Universität Würzburg gegen eine Pauschalisierung von Forschungskooperationen mit chinesischen Forschenden aus. Die generelle Ablehnung von Stipendiatinnen und Stipendiaten des China Scholarship Council (CSC) drohe zu einem ungewollten Social Profiling zu werden, warnen Fischer und Gohli.
Peking hat das Xiangshan-Forum genutzt, um ein Entspannungssignal in Richtung Washington zu senden. Der wichtigste Satz des Verteidigungsgipfels, der eine Art chinesische Version der Münchner Sicherheitskonferenz oder des asiatischen Shangri-La-Forums ist, kam von Zhang Youxia. Der 73-Jährige ist Vizechef der mächtigen Zentralen Militärkommission. Über ihm steht als Chef der Kommission nur Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Einerseits, so Zhang in seiner Eröffnungsrede am Montag, werde China die strategische Zusammenarbeit mit Russland ausbauen. Gleichzeitig sei China aber auch bestrebt, “auf Basis von gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und Win-Win-Zusammenarbeit, die militärische Beziehungen zu den USA weiterzuentwickeln”.
Diese Aussage ist insofern von Bedeutung, als die militärische Kommunikation zwischen Washington und Peking zuletzt zumindest auf höchster Ebene eingefroren war. China weigerte sich, mit hochrangigen US-Vertretern zu sprechen, weil der frühere chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu mit US-Sanktionen belegt war. Die Sanktionen stammen aus einer Zeit, als Li noch nicht Minister war.
Zhang schlug in seiner Rede allerdings auch harte Töne mit Blick auf Taiwan an. “Egal wer Taiwan in irgendeiner Weise von China abspalten möchte, die chinesische Armee wird dem niemals zustimmen und niemals Nachsicht üben”, sagte er. Taiwan läge in Chinas Kerninteresse.
Wenn Chinas Regierung gezwungen wäre, die Taiwan-Frage mit Gewalt zu lösen, werde es sich um einen rechtmäßigen und wiedervereinigenden Krieg handeln, hatte Generalleutnant He Lei der staatlichen Zeitung Global Times bereits am Sonntag gesagt.
Nun also die ausgestreckte Hand der Chinesen beim Xiangshan-Forum. Möglich war das nur, weil Li bekanntlich vergangene Woche abgesetzt wurde. Zuvor war er wochenlang nicht mehr öffentlich aufgetreten. Er teilt damit das Schicksal des früheren Außenministers Qin Gang. Auch er wurde Ende Juli seines Amtes enthoben, ohne dass Peking bis heute eine Erklärung dafür geliefert hätte.
Ein neuer Verteidigungsminister wurde noch nicht ernannt. Klar ist aber schon jetzt, dass der neue nicht unter US-Sanktionen stehen wird und somit Gespräche wieder problemlos möglich sein werden. Bemerkenswert: Während für Deutschland nur der Verteidigungsattaché der Botschaft beim Forum vertreten war, schickten die USA immerhin eine kleine Delegation.
Das Tauwetter zwischen Peking und Washington hält also an. Nach dem Besuch von Wang Yi in Washington rückt ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden im November beim APEC-Gipfel in San Francisco in greifbare Nähe. Harmonisch verlief in den vergangenen Tagen auch der Besuch des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom in China. Er zeigte sich sogar beim gemeinsamen Basketballspiel mit chinesischen Schulkindern.
Dass Gesprächsbedarf besteht, daran ließ Zhang in seiner Rede keinen Zweifel. Denn er bot nicht nur das Gespräch an. Er griff die USA zumindest indirekt auch an. “Einige Länder sorgen bewusst für Turbulenzen, mischen sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein und zetteln Farbrevolutionen an”, sagte Zhang ohne einen Namen zu nennen.
Sergej Schoigu sprang ihm bei. Der russische Verteidigungsminister warf den USA am Montag in Peking vor, geopolitische Spannungen zu schüren, um ihre “globale Vorherrschaft mit allen Mitteln” aufrechtzuerhalten. Auch beschuldigte Schoigu die NATO, ihre Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum unter dem Vorwand des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Ländern der Region auszuweiten.
Die US-Delegation kennt solche Reden und dürfte sie mit Gelassenheit aufgenommen haben. Denn ein wichtiges Ziel ist erreicht. Washington drängt seit langem darauf, die Militärgespräche mit China wieder in Gang zu bringen. Denn nur so können folgenschwere Missverständnisse vermieden werden.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat zum wiederholten Male zur Wachsamkeit bei Kooperationen mit China im Wissenschaftsbetrieb aufgerufen. “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die kommunistische Partei verbergen, darüber müssen wir uns klar sein”, sagte die FDP-Politikerin der “Welt”. Notwendig sei daher eine Überprüfung bestehender Kooperationsbeziehungen auch von Hochschulen, gerade bei Stipendiaten des staatlichen China Scholarship Council.
Öffentlich wollte sich auf Anfrage von Table.Media dazu gestern zunächst niemand äußern, aus Kreisen wissenschaftlicher Institutionen und Hochschulen waren allerdings deutliche Kritik und Populismus-Vorwürfe zu vernehmen. In Hintergrundgesprächen äußerten Gesprächspartner Erschrecken darüber, dass die Forschungsministerin mit solchen Aussagen alle Forschenden aus China unter Generalverdacht stelle. Das sei sowohl für konstruktive Beziehungen als auch für den Aufbau von dringend erforderlicher China-Kompetenz hinderlich.
Experten der Uni Würzburg sehen derweil eine große Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet. Zudem könne die pauschale Ablehnung von CSC-Doktorandinnen und Doktoranden zu einem ungewollten “social profiling” werden, schreiben die China-Forschenden Doris Fischer und Hannes Gohli in ihrem Standpunkt, den sie ebenfalls in der heutigen Ausgabe des Research.Table lesen. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler unter Generalverdacht der Spionage stellen würden, seien aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern.
Stark-Watzinger warnte im Welt-Interview, China werde immer mehr zum systemischen Rivalen. “Bei globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel sollte es weiter Zusammenarbeit geben. Auch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China ist grundsätzlich wünschenswert.” Anders sehe es in sensiblen Bereichen aus, die militärische Relevanz hätten oder Menschenrechte beträfen, etwa Gesichtserkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz.
“Wir haben die Debatte mit der Wissenschaft über Forschungssicherheit begonnen”, sagte Stark-Watzinger. Es gebe von Hochschulen und Forschungseinrichtungen den Wunsch nach Orientierung und Unterstützung. “Hier machen wir Angebote. Welche Maßnahmen darüber hinaus sinnvoll sind, erarbeiten wir gemeinsam mit der Wissenschaft”, sagte sie. Welche konkreten Angebote und Konzepte das BMBF für Hochschulen und Forschungsinstitute anbietet, darüber gab das Interview keinen Aufschluss.
Auch in der Community wird die Brisanz des Themas unterschiedlich eingeschätzt. Wer konkrete Einblicke in das Thema Forschungssicherheit habe, müsse sagen, dass diese klaren Ansagen notwendig wären, hatte Nicolas Lunz, Exportkontrollbeauftragter der RWTH Aachen bereits in der vergangenen Woche Table.Media gesagt. Er verwies auf die Situation an deutschen Hochschulen: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung. Diese Doktoranden haben oft freien Zugang zu sensiblen Bereichen wie Halbleiter, Robotik, Quantencomputing.”
Wissenschaftliche Institutionen wie die HRK und die DFG haben dem Naivitätsvorwurf dagegen in den vergangenen Tagen widersprochen. Forschungseinrichtungen seien “viel sensibler bezüglich der Risiken geworden”, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber dem Fachmagazin ScienceBusiness. Man sei “von dem naiven Ansatz” weggekommen und habe das ambivalente Verhältnis zu China besser verstanden. Auch die DFG sieht die Verantwortung für die Bewertung bei den einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Hochschulen selbst.
Die Debatte hatte nach einer HRK-Veranstaltung an Fahrt aufgenommen, in der unter anderen auch Bettina Stark-Watzinger und ihr niederländischer Amtskollege Robertus Henricus Dijkgraaf, Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, teilnahmen. Dijkgraaf der gemeinsam mit Stark-Watzinger von der “Welt” interviewt wurde, verantwortet derzeit ein Gesetzesvorhaben, das die grundsätzliche Überprüfung von Nicht-EU-Akademikern vorsieht, die in den Niederlanden forschen wollen.
Auf die Frage, warum das Gesetzesvorhaben derzeit stockt, sagte Dijkgraaf der “Welt”, der Teufel liege im Detail. “Wir müssen sehr fein sezieren, um die Chancen der internationalen Zusammenarbeit nicht unnötig zu beschneiden und nicht mit zu viel Bürokratie zu belasten”. Das Screening in den Niederlanden solle eine Kombination des persönlichen Hintergrunds des jeweiligen Forschers, seines Forschungsgebiets und seines Einsatzorts sein. “Wir achten darauf, länderneutral vorzugehen, wollen nicht einzelne Länder ausschließen”, betonte Dijkgraaf.
Stark-Watzinger erteilte einem Screening von Forschungskooperationen in Deutschland in dem Interview eine Absage. Sie verwies darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland Verfassungsrang habe. Damit sei aber auch eine Verantwortung der Einrichtungen und der Forschenden verbunden. Das Risikobewusstsein in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei bereits stark gestiegen. “Zudem unterliegt auch das Wissenschaftssystem der Exportkontrolle. Das ist besonders für Dual-Use-Güter wichtig”, sagte die Bundesforschungsministerin.
Der Pharma- und Technologiekonzern Merck hat sich die Rechte an einem neuartigen Krebsmedikament des chinesischen Arzneimittelherstellers Jiangsu Hengrui gesichert. Dafür erhält die chinesische Seite eine Vorauszahlung von 160 Millionen Euro, wie Merck am Montag mitteilte. Darüber hinaus winken Jiangsu Hengrui weitere erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen sowie Lizenzzahlungen auf mögliche spätere Umsätze mit dem Mittel, die sich auf insgesamt bis zu 1,4 Milliarden Euro belaufen könnten.
Merck erhält dafür die weltweite Exklusivlizenz, mit Ausnahme von China, für die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung des Wirkstoffs HRS-1167 von Jiangsu Hengrui. Er gehört zur nächsten Generation von Tumormedikamenten, die die Überlebensstrategien von Krebszellen sabotieren. Diesen Ansatz verfolgen auch Konkurrenten wie Astrazeneca und GSK.
Das Darmstädter Unternehmen hat zudem die Option auf die Rechte außerhalb Chinas an einem weiteren Krebsmittel des Unternehmens sowie auf die gemeinsame Vermarktung der beiden Wirkstoffe in der Volksrepublik. rtr
Fast zwei Jahre nach der ersten Zahlungsunfähigkeit entscheidet ein Gericht in Hongkong über die Zukunft des weltweit am höchsten verschuldeten Immobilienentwicklers Evergrande. Die Anhörung zur Liquidation der China Evergrande Group in Hongkong werde auf den 4. Dezember vertagt, teilte Richterin Linda Chan am Montag mit. Evergrande müsse bis dahin einen konkreten überarbeiteten Restrukturierungsvorschlag vorlegen, andernfalls sei es wahrscheinlich, dass das Unternehmen abgewickelt werde.
Das Unternehmen hatte mehr als eineinhalb Jahre lang an einem Umschuldungsplan gearbeitet, der jedoch im vergangenen Monat durchkreuzt wurde, als Ermittlungen gegen den Chef und Gründer des Unternehmens, Hui Ka Yan, wegen des Verdachts auf kriminelle Aktivitäten eingeleitet wurden.
Der am höchsten verschuldete Immobilienentwickler der Welt mit Gesamtverbindlichkeiten von mehr als 300 Milliarden Dollar geriet Ende 2021 mit seinen Auslandsschulden in Verzug und wurde zum Symbol der Schuldenkrise, die seither den chinesischen Immobiliensektor erfasst hat. Eine Liquidation von Evergrande würde weitere Schockwellen durch die bereits fragilen Kapitalmärkte senden. Die Aktien des Unternehmens fielen am Montag um 13 Prozent. rtr
Bei Hongkongs Kommunalwahl im Dezember darf kein einziger Kandidat der größten und ältesten pro-demokratischen Partei antreten. Wegen der von Peking verordneten Wahlrechtsreform habe keiner der sechs Bewerber der Demokratischen Partei den Auswahlprozess geschafft, sagte AFP zufolge ihr Vorsitzender Lo Kin Hei. Auch der Bewerber für die kleine Partei ADPL, Kwok Wai Shing, wurde nach eigenen Angaben nicht zugelassen.
Der Bezirksrat war lange Zeit die einzige überwiegend vom Volk gewählte Vertretung in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Bei der vorherigen Kommunalwahl im Jahr 2019 und zum Höhepunkt der Proteste für größere politische Freiheiten legte das Demokratielager noch einen Erdrutschsieg hin. Doch im Zuge der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes hat die Führung die Peking veranlasst, dass die Kandidatur insbesondere vom pro-demokratischen massiv erschwert wird.
Ein Hongkonger Gericht hat derweil vier ehemalige Studentenvertreter wegen Anstachelung zu Körperverletzung zu je zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die vier seien für den Beschluss einer Resolution durch die Studentenvertretung verantwortlich, urteilte das Gericht am Montag. Die Resolution hatte Trauer über den Tod eines Mannes bekundet, der einen Polizisten mit einem Messer verletzt und sich dann selbst getötet hatte.
Die Richterin Adriana Noelle Tse Chin begründete ihr Urteil damit, dass die Wortwahl in der Resolution Hass gegen die Polizei geschürt habe. Sie sprach von einem “schweren Verbrechen”. Eine mildere Strafe wäre das falsche Signal an die Gesellschaft. rtr/flee
Die Vereinigten Staaten kaufen in großem Stil japanische Meeresfrüchte, um den chinesischen Boykott auszugleichen. China hatte ein Verbot auf die Einfuhr verhängt, nachdem die Japaner aufbereitetes Wasser aus dem havarierten Kernkraftwerk Fukushima ins Meer geleitet hatten. China, der größte Abnehmer von japanischen Meeresfrüchten, begründete den Stopp mit der Sorge um die Lebensmittelsicherheit.
Der US-Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, stellte die Initiative am Montag in einem Reuters-Interview vor. “Es wird ein langfristiger Vertrag zwischen den US-Streitkräften und der Fischerei hier in Japan sein”, sagte er. Washington wolle Emanuel zufolge weitere Maßnahmen prüfen, um Chinas Verbot auszugleichen, das nach der Meinung der US-Amerikaner Teil eines “Wirtschaftskriegs” ist. Die G7-Handelsminister hatten am Sonntag die sofortige Aufhebung der Verbote für japanische Lebensmittel gefordert, auch da die UN-Atomaufsichtsbehörde sich für die Sicherheit des Wassers verbürgt hatte.
Der erste Ankauf von Meeresfrüchten durch die USA umfasst knapp eine Tonne Jakobsmuscheln. Sie sollen vor allem der Verpflegung von US-Soldaten in Kantinen und an Bord von Schiffen sowie für den Verkauf in Geschäften und Restaurants auf Militärstützpunkten dienen. Der beste Weg, Chinas wirtschaftlichen Zwang zu beenden, sei dem betroffenen Land oder der betroffenen Industrie zu Hilfe zu kommen, sagte Emanuel. Auf einer Pressekonferenz am Montag erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, zu den Äußerungen Emanuels: “Die Aufgabe von Diplomaten ist es, die Freundschaft zwischen Ländern zu fördern, anstatt andere Länder zu verleumden und Unruhe zu stiften.” rtr/fpe
Die Entscheidung der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Nürnberg-Erlangen bis auf Weiteres keine Promotionsstipendiat:innen des China Scholarship Council (CSC) mehr aufzunehmen, hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Laut Medienberichten werden vom CSC geförderte Doktorand:innen aufgrund von Sicherheitsbedenken vorerst keinen Zugang zur Forschung an der FAU bekommen.
Die Entscheidung der FAU folgt offenbar einer Kritik durch das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) hinsichtlich der Umsetzung von Regeln des BAFA im Zusammenhang mit der Zulassung von CSC-Stipendiat:innen. Dabei wird die Entscheidung auch in den Kontext der von der Bundesregierung erlassenen Chinastrategie gestellt, die erhöhte Vorsicht im Umgang mit chinesischen Hochschulen fordert.
Entsprechend betonte die Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger in einem im August erschienen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ganz aktuell in der Montagausgabe der “Welt” die Risiken der Kooperation mit China. Unter anderem sprach sie über den möglichen Missbrauch von Forschung, ausländische Einflussnahme und den ungewollten Abfluss von Know-how und Technologie ins Ausland.
Von CSC-Stipendiat:innen wird befürchtet, dass sie, weil sie ein staatliches Stipendium erhalten, unter besonderem Druck stehen, an den Staat zu berichten. Dabei ist die Befürchtung, dass diese Berichtspflicht sich nicht auf ihre Forschungsfortschritte beschränkt, sondern dass sie auch Forschungsgeheimnisse berichten sollen, die ihnen aus der Mitarbeit in Forschungsteams deutscher Hochschulen zugänglich werden.
In einem solchen Fall ist der Unterschied zur Spionage nicht mehr groß, gleichzeitig stellt die vermutete Druckausübung ein ethisches Problem dar, da sie nicht vereinbar ist mit unseren Vorstellungen von Forschungsfreiheit. So weit, so einfach. Allerdings gilt es bei genauerer Betrachtung einiges zu bedenken: Spionage kann auf vielen Wegen erfolgen. Sie ist nicht an eine bestimmte Nationalität gebunden.
Auch andere Staaten können Druck auf ihre Stipendiaten ausüben, wenn sie dies für opportun halten. Und Einheimische können – aus welchen Gründen auch immer – geneigt sein, Informationen abzugeben. Ferner ist Spionage nicht an eine bestimmte Finanzierungsform gebunden. Auch anders finanzierte Studierende oder Doktorand:innen können bereit sein, nach Hause zu berichten, sei es, weil sie auch ohne Stipendium staatstreu eingestellt sind, sei es, weil der chinesische Staat andere Wege findet, um Druck auszuüben.
Um es etwas drastisch zu formulieren: Kinder reicher Parteikader sind nicht auf staatliche Stipendien angewiesen. Die Aussetzung der Annahme von CSC geförderten Doktorand:innen ist also kein Garant für die Vermeidung von Risiken. Sie birgt zugleich die Gefahr, interessante junge Wissenschaftler:innen, die auf Stipendien angewiesen sind, ungerechtfertigt pauschal zu verdächtigen. Neben der Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet, kann die Ablehnung von CSC-Doktorand:innen zu einem ungewollten “social profiling” werden.
Risiken können in den komplexen Interessensverflechtungen, die in globalen (nicht nur chinesischen) Forschungskooperationen vorherrschen, nie ganz beigelegt werden. Bei der Aufgabe, die Chancen und Risiken der transnationalen Forschung zu evaluieren, geht es also darum, bestehende Risiken zu identifizieren, zukünftige Risiken zu antizipieren und Forscher:innen zu sensibilisieren. Die deutsche Wissenschaftslandschaft ist aktuell gut gewappnet, mit Risiken umzugehen.
Einzelne Hochschulen, wie auch die Universität Würzburg, haben dezidierte China Kompetenzzentren geschaffen, die Forscher:innen bei der Kooperation mit chinesischen Partner:innen (sowohl auf individueller, als auch institutioneller Ebene) zur Seite stehen. In regelmäßigen Treffen des Verbunds der Chinazentren an Deutschen Hochschulen tauschen sich Vorstandsmitglieder der einzelnen Kompetenzzentren mit Verwaltungspersonal von International Offices, der Ausfuhrkontrolle und der Kommissionen für Ethische Fragen aus.
Auch Leitfragen (HRK), Wegweiser (KIWI Kompass), Anweisungen (DVCS), Informationsbroschüren (Gemeinsamer Ausschuss) und Handbücher zur Exportkontrolle (BAFA) wurden entwickelt, um Lösungsansätze für Fragen, die in der Kooperation mit China entstehen, zu bieten. Neue Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Programm “RegioChina” gefördert werden, zielen darauf, über diverse Formate Forscher:innen und Verwaltungspersonal zu sensibilisieren und besser für die Kooperation mit China vorzubereiten.
In den vielen Diskussionen, die sich in den vorgenannten Austauschforen entwickelt haben, besteht weitgehend Konsens, dass es nicht darum gehen kann, die Kooperation mit China in Forschung und Lehre aufzukündigen. Keiner ist gezwungen, mit China zu kooperieren, aber es ist auch nicht zu verkennen, dass die Kooperation in vielen Forschungsbereichen attraktiv ist. Neben dem fachlichen Wissensaustausch profitieren deutsche und chinesische Wissenschaftler:innen von der “Horizonterweiterung”, die mit Forschungsaufenthalten im jeweils anderen Land einhergehen.
Gewappnet mit Werkzeugen der Risikominimierung und des fachübergreifenden Austausches profitiert die deutsche Wissenschaft daher nicht nur fachlich, sondern auch menschlich vom Austausch mit China. Daraus ergibt sich das Fazit, dass es neben Fortbildungen darauf ankommt, den Einzelfall zu prüfen. Jedoch sind Einzelfallentscheidungen aufwendig und leichter an Hochschulen zu organisieren, die über Chinakompetenzzentren und/oder Sinologien verfügen.
Für andere Hochschulen und Forschungseinrichtungen bedarf es zusätzlicher und längerfristig angelegter Unterstützung. Obwohl die Chinastrategie der Bundesregierung die Notwendigkeit des Kompetenzaufbaus im Umgang mit China unterstreicht, wird nicht deutlich, wie diese Unterstützung längerfristig organisatorisch und finanziell gewährleistet werden soll. Damit besteht die Sorge, dass Institutionen und Wissenschaftler:innen sich angesichts des wiederholten Aufrufs, nicht “naiv” mit China zusammenzuarbeiten, alleingelassen fühlen und die Zusammenarbeit einfach einstellen.
Wir wollen die vorhandenen Risiken keineswegs negieren; in der Forschung in und mit autoritären Regimen gelten besondere Regeln, es müssen also gesonderte Sicherheitsmechanismen und institutionalisierte Evaluierungsstrukturen geschaffen werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch an den möglichen Gewinn aus Forschungskooperation mit China erinnern, den pauschale Maßnahmen wie der Ausschluss von CSC geförderten Doktorand:innen ausblenden.
Prof. Dr. Doris Fischer ist seit März 2012 Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics an der Universität Würzburg und seit April 2021 Vizepräsidentin für Internationalisierung und Alumni. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen Chinas Wirtschaftspolitik und Industriepolitik.
Dr. Hannes Gohli ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl China Business and Economics. Seine zentralen Forschungsinteressen liegen in der nachhaltigen Entwicklung und Urbanisierung, sowie in der Politikgestaltung und Implementierung in der Volksrepublik China.
Joshua McLarin wird neuer Managing Director für China bei dem Logistik-Unternehmen Imperial Logistics mit Sitz in Duisburg. Unterstützt wird er dabei von Owen Li, der als Head of Commercial das Verkaufsteam in Shanghai leiten wird.
Marius Hayler wird General Manager Nio Deutschland. Er folgt auf Ralph Kranz, der das Unternehmen Ende Oktober aus persönlichen Gründen verlassen wird. Hayler ist aktuell General Manager von Nio Norwegen. Laut dem chinesischen E-Auto-Hersteller hat er mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie.
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Auch in China trauert man um Matthew Perry, der in der Serie “Friends” die Rolle des Chandler Bing verkörperte. Im Herzen vieler Chinesen hat die US-Sitcom einen besonderen Platz inne. Anfang der Nullerjahre wurde sie hier als Hilfe zum Englisch lernen eingeführt. Zum Reunions-Special im Jahr 2021 sicherten sich die großen Streamingplattformen iQiyi, Tencent Video und Youku umgehend die Übertragungsrechte. Sogar das -Café “Central Perk” aus der Serie haben chinesische Fans in Peking und Hangzhou bis ins Detail nachgebaut. Auf einem Fernseher laufen dort alle Friends-Folgen in Dauerschleife.