Table.Briefing: China

Sorge vor Spionage + Vergangenheit von Sinologen

Liebe Leserin, lieber Leser,

es wäre naiv zu glauben, dass die chinesische Staatssicherheit nicht versucht, Informanten im oder aus dem Umfeld deutscher Parlamente zu rekrutieren. Die Wahrnehmung chinesischer Spionage mag sich bislang zwar weitgehend auf Wirtschaftsschnüffeleien begrenzen. Doch mit dem Fall des AfD-Politikers Maximilian Krah fällt ein Licht auf mögliche politische Ziele chinesischer Geheimdienstaktivitäten in Deutschland. Andere westliche Demokratien haben bereits Erfahrungen gesammelt.

Chinesischer Einfluss hinterlässt auch in der deutschen Sinologie seine Spuren. Ein Teil des Disziplin sieht sich mit der Forderung nach einer Aufarbeitung seiner Vergangenheit konfrontiert. Viele Chinaforscher mit Seniorität hatten in den 1970er-Jahren deshalb Zugang zum Land, weil sie große Sympathien für den Maoismus hegten. Das hat ihnen zwar einen Informationsvorsprung verschafft. Im heutigen Klima kommt jedoch die Forderung nach einer klaren Distanzierung von der damaligen Haltung auf.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Fall Krah bestätigt Sorgen des Verfassungsschutzes

Auf dem AfD-Bundesparteitag Ende Juli in Magdeburg: Maximilian Krah stellt sich als Spitzenkandidat für die Europawahl vor.

Jian G. soll aus dem AfD-Bundesvorstand Maximilian Krah in China eine große Nummer gemacht haben. Krahs chinesischstämmiger Mitarbeiter, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der “Silk Road Think Tank Association” (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.

Der Fall scheint die Sorge des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu bestätigen. Krah soll dem Bericht zufolge enge Verbindungen nach China pflegen und finanzielle Zuwendungen von dort erhalten haben. Auch soll Krah Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobby-Netzwerk gegeben haben.

Das BfV hatte erst Ende Juli vor eben jener IDCPC gewarnt, weil sie “de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist”. Das BfV formulierte explizit: “Vermeiden Sie im Austausch mit IDCPC-Angehörigen alle Handlungen, die tatbestandlich im Sinne von Paragraf 99 StGB gewertet werden können.” Der Paragraf nimmt Tätigkeiten für den Geheimdienst einer fremden Macht ins Visier.

Krah fällt ins Standard-Narrativ der Anwerbung

Krah studierte einst in China und pflegte nach eigenen Angaben die Kontakte dorthin nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter. “Damit fällt er dem ersten Anschein nach ins Standard-Narrativ der Anwerbung von ausländischen Informanten”, sagt Ralph Weber von der Universität Basel. In seiner Forschung beschäftigt sich der Politikwissenschaftler mit der Einflussnahme Chinas auf die Politik anderer Länder durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit (MSS).

Die Vorgehensweise von Geheimdiensten ist laut BfV immer ähnlich. “Sie forschen zunächst aus, wer interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet. Danach sprechen psychologisch geschulte Nachrichtendienstangehörige die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme an, etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz.”

Nur Bewusstsein für Wirtschaftsspionage

Krah und auch G. weisen Interessenkonflikte zurück. Krah fiel in den vergangenen Jahren allerdings wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete. Sein Mitarbeiter indes war vor seiner Anstellung im Büro des Politikers als Geschäftsmann in Deutschland in diversen Branchen tätig.

Chinesische Spionage ist hierzulande wahrlich nicht Neues. Aber bislang beschränkt sich deren Wahrnehmung eher auf ein Werkzeug für den Raub geistigen Eigentums. 2018 ging beispielsweise der Fall des Kölner Chemie-Unternehmens Lanxess durch die Medien. Dort hatten chinesischstämmige Mitarbeiter über Jahre hinweg Betriebsgeheimnisse nach China weitergegeben. Erst gestern berichtete die Financial Times, dass belgische Sicherheitsdienste die europäische Logistiksparte der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba ins Visier genommen haben.

Festnahme in Großbritannien

Auf dem Frachtflughafen in Lüttich gehen belgische Behörden Hinweisen auf “mögliche Spionage- und/oder Einmischungsaktivitäten” chinesischer Unternehmen “einschließlich Alibaba” nach, heißt es. Der Staatssicherheitsdienst (VSSE) ist alarmiert, weil die Gesetzgebung in China chinesische Unternehmen dazu zwingt, ihre Daten mit Behörden und Geheimdiensten zu teilen.

Doch auch die politische Dimension chinesischer Spionage drängt inzwischen verstärkt in den Vordergrund. Erst vor wenigen Wochen hatte die Verhaftung eines vermeintlichen chinesischen Spions aus dem Umfeld des britischen Parlaments für Aufsehen gesorgt.

Bislang gibt es weder eine Anklage, noch kursieren Details über die Zusammenarbeit des britischen Staatsbürgers mit einem Nachrichtendienst der Volksrepublik. Der Fall in Großbritannien aber reiht sich ein in Vorgänge, in denen es um den Verdacht geht, dass chinesische Interessen über rekrutierte Mittelsleute in politische Entscheidungsprozesse eines Ziellandes eingebracht werden.

KP profitiert von falschen Anschuldigungen

“All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen”, sagt Einheitsfront-Experte Weber.

Er mahnt zu großer Aufmerksamkeit. Organisationen der Einheitsfront, die sich weltweit um ein besseres Image der KP bemühen und politischen Dissens ersticken wollen, würden dem Ministerium für Staatssicherheit bisweilen auch als Deckung dienen. Dennoch sei es wichtig, dass westliche Gesellschaften nicht in Hysterie verfielen und überall reflexartig chinesische Spionage witterten. Andernfalls, so Weber, profitiert die Kommunistische Partei von jeder Anschuldigung, die sich als falsch herausstellt.

Rücktritte in Australien und Neuseeland

Schon länger setzen sich Australien und Neuseeland intensiv mit chinesischer Spionage auseinander. Als Teil des politischen Westens sind beide Staaten seit Jahren Ziele von Geheimdienstaktivitäten der Volksrepublik. Der Generalsekretär der Labor-Partei im Bundesstaat New South Wales, Sam Dastyari, trat von seinem Posten zurück, nachdem er einen chinesischstämmigen Großspender seiner Partei vor Ermittlungen durch den australischen Geheimdienst gewarnt hatte.

In Neuseeland musste ein chinesischstämmiges Mitglied des neuseeländischen Repräsentantenhauses zurücktreten, weil der Geheimdienst warnte. Der Parlamentarier Jian Yang war vor seiner Übersiedlung aus der Volksrepublik Mitglied der Kommunistischen Partei und hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Volksbefreiungsarmee gearbeitet. Diese Einzelheiten hatte er jahrelang verschwiegen. Unterdessen hatte er intensiv an der neuseeländischen China-Strategie mitgearbeitet.

  • Einheitsfront
  • Europäisches Parlament
  • Spionage
  • Verfassungsschutz

Kommunismus und Klassenkampf holen die deutsche Sinologie ein

Die deutsche Sinologie hat viel Arbeit vor sich. Personell knapp besetzt kann sie den riesigen Bedarf an China-Kompetenz bei steigender Nachfrage unmöglich decken. Noch dazu ist der Fachbereich zurzeit intensiv mit sich selbst beschäftigt.

Es kursieren Fragen, die an seiner Glaubwürdigkeit rütteln. Wie unabhängig ist die Disziplin von den Interessen des chinesischen Parteistaats? Wird ein allzu kritischer Umgang mit der Kommunistischen Partei in der China-Wissenschaft hierzulande blockiert? Hat die Sinologie den Maoismus ausreichend aufgearbeitet?

Die Fragen werden emotional diskutiert, weil sie die Grundfesten einer elitären Fachrichtung angreifen, deren Bedeutung mit Chinas wachsendem Einfluss auf das Weltgeschehen zunimmt, aber von jungen Studenten verstärkt ignoriert wird. Ein Teil der Fachschaft fühlt sich “zu Unrecht an den Pranger gestellt” von jenen, die ihm vorwirft, kompromittiert zu sein durch ein Netzwerk, das ihm bessere Karrierechancen verschafft.

Diskussion um die Glaubwürdigkeit

Die Diskussion um die Glaubwürdigkeit ist hausgemacht. Die emeritierten Professoren Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer hatten einen Zeitungsbeitrag über eine Reise nach Xinjiang geschrieben und ein Ende der EU-Sanktionen gegen chinesische Funktionäre empfohlen.

Auf breiter Front erntete das Duo Unverständnis. Zumindest in Deutschland. Der Sinologe Kai Vogelsang von der Universität Hamburg hält die “fatalen Fehleinschätzungen der chinesischen Diktatur”, wie die von Heberer und Schmidt-Glintzer, am vergangenen Wochenende in der NZZ nicht nur für individuelles Versagen, sondern für eine “Bankrotterklärung der Sinologie”.

Chinesische Medien dagegen sahen in der Darstellung eine Bestätigung für die Perspektive der Regierung in Peking, die ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang als Notwendigkeit abtut. Dass zwei derart erfahrene Sinologen bei einem so brisanten Thema, bei dem Peking mit aller Kraft um die Deutungshoheit ringt, Monate nach ihrer Reise in die Falle einer Redaktion getappt sein sollen, die gerne “harte Thesen” hatte lesen wollen, ist für einen Großteil der Fachwelt schwer nachvollziehbar.

Gewichtige Stimme der deutschen China-Forschung

Heberer zum Beispiel betrieb schon lange intensive Feldforschung im Land, bevor China als Wirtschaftspartner in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückte. Er erarbeitete sich eine Autorität in der Disziplin, die bis heute nachwirkt. Dabei halfen ihm Verbindungen zum chinesischen Parteistaat, die schon in den 1970er-Jahren über den Kommunistenbund Westdeutschlands (KBW) entstanden waren. Wegen seiner tiefen Kenntnisse der Volksrepublik avancierte er zu einem einflussreichen Politikberater, der Bundes- und Ministerpräsidenten auf deren China-Reisen begleitete.

Heberer war als junger Mann in den 1970er-Jahren nach Peking gegangen und hatte dort für eine örtliche Propaganda-Zeitung gearbeitet. Parallel dazu forschte er im Feld zu ethnischen Minderheiten. Bis 1982 verfasste er mehrere Artikel für das Journal “Kommunismus und Klassenkampf”, das Organ des westdeutschen Kommunistenbundes. In einem zitierte er den Sowjet-Diktator Josef Stalin mit lobenden Worten. Seine intimen Kenntnisse des kommunistischen Chinas verdankt er also auch seiner damaligen ideologischen Nähe zum System.

“Hat über Jahre ein falsches Chinabild vermittelt”

All das ist lange her. Und Heberer war beileibe nicht der Einzige, der dem Maoismus in dieser Zeit aufgeschlossen gegenüberstand. Beispiel: Reinhard Bütikofer. Der Grünen-Europaparlamentarier engagierte sich damals ebenso im KBW. Inzwischen distanziert sich Bütikofer jedoch von seiner jugendlichen Begeisterung und gilt als Kritiker des chinesischen Parteistaats.

Eine vergleichbare Distanzierung vermisst der Politologe Andreas Fulda von der Universität Nottingham von Heberer. “Mir ist kein wissenschaftlicher Text bekannt, in dem er selbstkritisch seine politische Arbeit in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren reflektiert hat. Seine spätere China-Wissenschaft war blind für die Schattenseiten der chinesischen Autokratie und hat über Jahre ein falsches Chinabild vermittelt”, sagt Fulda. Er glaubt, dass der Fall zu Reformen in der deutschen Sinologie führen wird.

Heberer hatte erheblichen Einfluss

Sinologe Sascha Klotzbücher von der Universität Bratislava wirft seiner Disziplin vor, Heberer nie abverlangt zu haben, sich deutlicher zu distanzieren und die Verfehlungen der Kommunistischen Partei in die Beurteilung des Landes einfließen zu lassen, sondern sich stattdessen “um ihn geschart” zu haben. Heberer habe explizit vorgemacht, dass für Feldforschung langjährige Kooperation mit den Behörden vor Ort nötig sei, was in einer stark staatszentrierten, technologisch-bürokratischen Sichtweise gemündet sei. “Die Nichtbeachtung von diesen potentiellen Interessenkonflikten in dieser Position und ihre Entstehungsgeschichte bleiben sein blinder Fleck”, sagt Klotzbücher.

Der Sinologe und Xinjiang-Experte Björn Alpermann, der in der Vergangenheit schon mit Heberer publizierte, sagt, dass es kein Geheimnis sei, dass Heberer einst als begeisterter Maoist nach China gegangen war. “Das wissen alle. Und es gab auch immer wieder unterschiedliche Auffassungen. Aber nur weil er früher Maoist war, ist nicht alles Wissenschaftliche von ihm untauglich.” Allerdings sagt Alpermann auch, dass die Perspektive Heberers auf die Volksrepublik stets die Fortschritte des Parteistaats ins Visier nimmt.

Heberers Doktorand Christian Göbel hält eine daraus resultierende Erbsünde für eine falsche Schlussfolgerung. Er sagt: “Nur weil ich bei Heberer promoviert habe, vertrete ich nicht eine bestimmte Position. Wenn wir unterschiedliche Ansichten hatten, dann war die Diskussion produktiv und auf Augenhöhe.

Heberers Vergangenheit außerhalb der Sinologie kaum bekannt

Innerhalb der Sinologie ist Heberers Vergangenheit weitgehend bekannt. Außerhalb der Disziplin ist sie es aber nicht. Und das ist der Knackpunkt. Denn es sind ausgerechnet Heberer und andere Stimmen, die mit “unsäglichen Aussagen” (Göbel) wie jetzt zu Xinjiang die öffentliche Wahrnehmung im China-Diskurs stark mitgestalten.

Die Sinologin und ehemalige Leiterin des Konfuzius-Instituts an der FU Berlin, Mechthild Leutner, zum Beispiel hatte wiederholt bis in die Gegenwart im Deutschen Bundestag die Internierungslager als berufliche Ausbildungs- und Deradikalisierungszentren bezeichnet. Leutner war im selben Monat von Heberers und Schmidt-Glintzers Xinjiang-Reise im Mai 2023 mit Heberer in Peking, um politikwissenschaftliche Forschung zu erörtern, wie es hieß. Ob sie auch mit in Xinjiang war, ist unklar.

Heberer jedenfalls wehrt sich. Mit einer Notwendigkeit zur Aufarbeitung des Maoismus habe seine jüngste Publikation nichts zu tun, schreibt er in einer E-Mail an China.Table.

Schmidt-Glintzer: Dokument Nr. 9 “spannend”

Auch Schmidt-Glintzer pflegt gute Drähte nach Peking. Im Jahr 1984 saß er auf der Tribüne am Platz des Himmlischen Friedens, als die Volksrepublik ihr 35-jähriges Staatsjubiläum feierte. Eine solche Anerkennung wird sicher nicht jedem Sinologen zuteil, sondern vor allem jenen, die China als Freund bezeichnet. Auch er sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die zunehmend totalitäre Regierungsform in seiner Beurteilung Chinas nicht zu berücksichtigen.

Im Jahr 2020 beispielsweise bezeichnete er das berüchtigte Dokument Nr. 9, ein internes KP-Strategiepapier als “spannend” und “kein Anlass, Angst zu haben”. In dem Papier wird vor westlichen Werten und deren Verbreitung in China gewarnt. Unter vielen China-Kennern gilt das Dokument als Indikator für die totalitären Tendenzen des Regimes unter Xi Jinping.

Sinologe Vogelsang ist dennoch überzeugt, dass eine neue Generation von Sinologen herangewachsen sei, die “über theoretische Schärfe, begriffliche Genauigkeit und einen kritischen Blick verfügen”, um beweisen zu können, dass Sinologen keineswegs “China-Versteher” oder “Apologeten des Regimes” sein müssen. “Sie müssen sich nur zu Wort melden”, fordert Vogelsang.

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News

Abgeordnete kritisieren Baerbock für China-Strategie

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat am Donnerstag im Bundestag die im Juni von der Ampel-Regierung vorgestellte China-Strategie verteidigt. “China verändert sich als Partner, als Wettbewerber und zunehmend als systemischer Rivale”, sagte Baerbock. “Wir dürfen diese Entwicklung weder übersehen noch übergehen.”

Sorge bereite ihr vor allem Chinas Außenpolitik, die sich durch “Unterstützung für Assad, diplomatische Beziehungen zu den Taliban und ein immer offensiveres Vorgehen im Indopazifik” auszeichne. Baerbock verwies auf eine neue Landkarte der chinesischen Regierung, um ihre territorialen Ansprüche in Ostasien zu unterstreichen. Dies seien “Ansprüche, die fast das ganze Südchinesische Meer bis unmittelbar vor die Küsten der anderen Anrainerstaaten betreffen und Territorialkonflikte mit anderen Staaten unterstreichen”. 

Mit ihrer China-Strategie gebe die Bundesregierung den Beziehungen zu der Volksrepublik erstmals einen festen Rahmen, sagte Baerbock. “Wir wollen überall dort kooperieren, wo das möglich ist – aber auf Grundlage fairer Regeln.”

Opposition beklagt schöne Worte statt starker Taten

Von der Opposition kam prompt Kritik an dieser positiven Darstellung. Zu oft täte die Bundesregierung das Gegenteil von dem, was sie aufgeschrieben hat, kritisierte Jens Spahn von der CDU. Es sei richtig, zu diversifizieren, um die Risiken mit China zu minimieren. Die Verhandlungen etwa um das Freihandelsabkommen mit Lateinamerika, Mercosur, würden aber so überfrachtet mit zusätzlichen Vorschlägen, dass es gar nicht zu einem Abschluss komme. Erste Länder Lateinamerikas wollten aussteigen. Deutschland könne Motor für neue Handelsverträge sein, sagte Spahn. “Aber zu sehen ist nichts von der Bundesregierung.” 

Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch warf Baerbock vor, durch kritische Äußerungen und bewusste Abgrenzung Konflikte mit China zu schüren. “Das ist ein Spiel mit dem Feuer”, sagte Lötzsch. Anstatt China als Rivalen einzustufen, müsse Deutschland die Volksrepublik “als Partner sehen – und dort, wo es nötig ist, als Partner zurückgewinnen”. In “fünf Jahrzehnten harter Arbeit” hätten frühere Bundesregierungen das Verhältnis zu China aufgebaut, wetterte der AFD-Abgeordnete Petr Bystron. “Sie zertrampeln alles, was diese aufgebaut haben.”

Baerbock hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem US-Sender Fox News Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping als “Diktator” bezeichnet und damit nicht nur in Peking für Unmut gesorgt. Auch Mitarbeiter in ihrem eigenen Ministerium werfen ihr dager fehlendes Gespür für Diplomatie vor, sie würde mit solchen Äußerungen unnötig Porzellan zerschlagen. Baerbocks Klima-Sonderbeauftragte Jennifer Morgan bekam das bei ihrem derzeitigen Besuch in Peking zu spüren. Kein ranggleicher Beamter auf chinesischer Seite war bereit, sie zu empfangen. flee

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Li Shangfu und Qin Gang fehlen bei Politbüro-Sitzung

China will der Wirtschaftsflaute mit verstärkten Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung in Staatsunternehmen und im Finanzsektor begegnen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch unter Berufung auf eine Politbüro-Sitzung unter dem Vorsitz von Präsident Xi Jinping. Es sollten diejenigen Firmen gefördert werden, die sich nicht an Korruption beteiligen, zitierte Xinhua aus der Sitzung. Die Wettbewerbsfähigkeit staatseigener Unternehmen müsse kontinuierlich verbessert werden und Finanzunternehmen verstärkt “der Realwirtschaft und der nationalen Strategie dienen.”

Fernsehaufnahmen des Treffens legten nahe, dass der ehemalige Außenminister Qin Gang und der offenbar auch in Ungnade gefallene Verteidigungsministers Li Shangfu nicht an der Sitzung teilnahmen. Gegen beide sollen Ermittlungen laufen: Im Falle Lis soll es dabei um die Beschaffung von Militärausrüstung gehen, bei Qin um eine Affäre mit einer Korrespondentin in Washington. Zu beiden Fällen hat sich Peking bisher offiziell nicht erklärt. rtr/ari

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Apple passt App-Store an chinesische Regeln an

Der US-Technikkonzern Apple gibt Druck aus China nach und beschränkt in der Volksrepublik den Zugang zu Anwendungen in seinem App-Store. Das berichtet die South China Morning Post. Das amerikanische Unternehmen hatte in den vergangenen Tagen noch versucht, die strengere Zensur der Apps abzuwenden.

Bisher konnten iPhone-Kunden in China über VPN westliche Apps herunterladen und installieren. Das stellte aber im Fall verbotener Apps zumindest eine Grauzone, wenn nicht eine Regulierungslücke dar. Künftig finden sich im App-Store nur noch Anwendungen, die vom Informationsministerium MIIT lizenziert sind. Betroffen sein könnten vor allem Kommunikationsanwendungen wie Whatsapp, X (vormals Twitter) oder Youtube. Es wird damit für iPhone-Nutzer, die ihr Smartphone dort neu einrichten, schwieriger, diese Apps zu installieren. fin

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Heads

Rahile Dawut – Symbol für das Schicksal der Uiguren

Die lebenslange Haftstrafe für Rahile Dawut steht symbolisch für das Schicksal der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang. Die jüngsten Erkenntnisse der Xinjiang-Forschung zeigen, dass die Zahl uigurischer Kurzzeit-Lagerinsassen zuletzt drastisch zurückgegangen ist. Allerdings ist in der gleichen Zeit die Anzahl sehr langer Gefängnisstrafen steil angestiegen. Was für Außenstehende wie eine positive Entwicklung erscheinen mag, ist für die lokale Bevölkerung jedoch kein Grund zur Hoffnung. Und so muss auch die Anthropologin Dawut davon ausgehen, dass sie nie wieder in Freiheit leben wird.

Das Leben Rahile Dawuts ist auch Thema einer Graphic Novel.

Dawut hatte allen Widrigkeiten zum Trotz bis vor Kurzem dennoch die Hoffnung, dass ihr Urteil revidiert werden könnte. 2018 hatte sie ein Gericht als “Gefahr für die nationale Sicherheit” eingestuft und der “Absplitterung” schuldig gesprochen. Weil Dawuts Fall, wie abertausende andere in der Region, unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehandelt wurde, ist unklar, was den Straftatbestand begründet haben sollte.

Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass von einer siebenstelligen Zahl an Menschen, die von der chinesischen Regierung zwischen wenigen Monaten und einigen Jahren in die Internierungs- und Umerziehungslager gesteckt worden waren, nur noch wenige Zehntausende übrig geblieben sind.

Bevölkerung zutiefst eingeschüchtert

Eine Normalisierung bedeutet das jedoch nicht, wie der dänische Xinjiang-Forscher Rune Steenberg sagt. Denn der jahrelangen Einschüchterung der breiten Masse folgt nun die gezielte Zersetzung der uigurischen Gesellschaft – auf perfide Art und Weise.

Die intellektuelle Elite und einige Hunderttausend andere Uiguren und Uigurinnen sitzen inzwischen in regulären Gefängnissen und haben faktisch keine Perspektive auf eine baldige Rückkehr ins Leben. Das geht aus der Forschung Steenbergs hervor. Der Rest der Bevölkerung ist durch die Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht nur zutiefst eingeschüchtert und verhält sich möglichst unauffällig, um harte Strafen gegen sich selbst und Familienmitglieder zu vermeiden.

Zudem werden sie durch eine zunehmende Integration in die örtliche Industrie an ihren Arbeitsplätzen engmaschig überwacht. Die inzwischen ausgefeilten technischen Möglichkeiten zur Gesichtserkennung, Standortbestimmung und Überwachung der Kommunikation haben Internierungslager als Kontrollinstanzen weitgehend ersetzt.

Dawut war bekannt für ihre Gesetzestreue

“Rahile Dawut ist eine weltliche Wissenschaftlerin, die dafür bekannt ist, den Gesetzen und Regularien der chinesischen Regierung Folge geleistet zu haben”, sagt Forscher Steenberg über die 57-Jährige. Er ist überzeugt davon, dass man weder ihr noch tausenden anderen Intellektuellen aus Xinjiang eine Verbindung zum Terror und Extremismus nachsagen kann.

Dawut ist weit über die chinesischen Landesgrenzen als Anthropologin bekannt. Sie war Expertin für Tradition und Kultur der uigurischen Ethnie und lehrte an der Universität Xinjiang in der Regionalhauptstadt Urumqi. 2007 hatte sie dort ein Forschungsinstitut gegründet, das sich mit dem Brauchtum der Minderheiten in China befasste. Sie gab Seminare an renommierten Universitäten in den USA und Großbritannien. 2020 wurde sie vom Akademiker-Netzwerk Scholars at Risk mit dem Courage-to-Think-Award ausgezeichnet. 30 Jahre lang war sie auch Mitglied der Kommunistischen Partei.

Revisionsgesuch abgelehnt

Ihr Fall veranlasste vergangene Woche das US-Außenministerium, ihre Inhaftierung in einer Stellungnahme als ungerechtfertigt zu verurteilen. Wo Dawut in Haft ist, wie es ihr geht, ob sie möglicherweise Kontakt mit Familienmitgliedern in Xinjiang hatte seit ihrer Festnahme 2017, ist unklar.

Zumindest, dass sie noch lebt, ist seit wenigen Tagen Gewissheit. Doch die Hoffnung auf eine verkürzte Haft ist dahin. Die US-Menschenrechtsstiftung Dui Hua hat über eine Quelle in der chinesischen Regierung die Bestätigung erhalten, dass das Revisionsgesuch Dawuts abgelehnt wurde und ihre lebenslange Haftstrafe somit rechtskräftig sei. grz

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    es wäre naiv zu glauben, dass die chinesische Staatssicherheit nicht versucht, Informanten im oder aus dem Umfeld deutscher Parlamente zu rekrutieren. Die Wahrnehmung chinesischer Spionage mag sich bislang zwar weitgehend auf Wirtschaftsschnüffeleien begrenzen. Doch mit dem Fall des AfD-Politikers Maximilian Krah fällt ein Licht auf mögliche politische Ziele chinesischer Geheimdienstaktivitäten in Deutschland. Andere westliche Demokratien haben bereits Erfahrungen gesammelt.

    Chinesischer Einfluss hinterlässt auch in der deutschen Sinologie seine Spuren. Ein Teil des Disziplin sieht sich mit der Forderung nach einer Aufarbeitung seiner Vergangenheit konfrontiert. Viele Chinaforscher mit Seniorität hatten in den 1970er-Jahren deshalb Zugang zum Land, weil sie große Sympathien für den Maoismus hegten. Das hat ihnen zwar einen Informationsvorsprung verschafft. Im heutigen Klima kommt jedoch die Forderung nach einer klaren Distanzierung von der damaligen Haltung auf.

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    Finn Mayer-Kuckuk
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    Fall Krah bestätigt Sorgen des Verfassungsschutzes

    Auf dem AfD-Bundesparteitag Ende Juli in Magdeburg: Maximilian Krah stellt sich als Spitzenkandidat für die Europawahl vor.

    Jian G. soll aus dem AfD-Bundesvorstand Maximilian Krah in China eine große Nummer gemacht haben. Krahs chinesischstämmiger Mitarbeiter, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der “Silk Road Think Tank Association” (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.

    Der Fall scheint die Sorge des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu bestätigen. Krah soll dem Bericht zufolge enge Verbindungen nach China pflegen und finanzielle Zuwendungen von dort erhalten haben. Auch soll Krah Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobby-Netzwerk gegeben haben.

    Das BfV hatte erst Ende Juli vor eben jener IDCPC gewarnt, weil sie “de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist”. Das BfV formulierte explizit: “Vermeiden Sie im Austausch mit IDCPC-Angehörigen alle Handlungen, die tatbestandlich im Sinne von Paragraf 99 StGB gewertet werden können.” Der Paragraf nimmt Tätigkeiten für den Geheimdienst einer fremden Macht ins Visier.

    Krah fällt ins Standard-Narrativ der Anwerbung

    Krah studierte einst in China und pflegte nach eigenen Angaben die Kontakte dorthin nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter. “Damit fällt er dem ersten Anschein nach ins Standard-Narrativ der Anwerbung von ausländischen Informanten”, sagt Ralph Weber von der Universität Basel. In seiner Forschung beschäftigt sich der Politikwissenschaftler mit der Einflussnahme Chinas auf die Politik anderer Länder durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit (MSS).

    Die Vorgehensweise von Geheimdiensten ist laut BfV immer ähnlich. “Sie forschen zunächst aus, wer interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet. Danach sprechen psychologisch geschulte Nachrichtendienstangehörige die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme an, etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz.”

    Nur Bewusstsein für Wirtschaftsspionage

    Krah und auch G. weisen Interessenkonflikte zurück. Krah fiel in den vergangenen Jahren allerdings wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete. Sein Mitarbeiter indes war vor seiner Anstellung im Büro des Politikers als Geschäftsmann in Deutschland in diversen Branchen tätig.

    Chinesische Spionage ist hierzulande wahrlich nicht Neues. Aber bislang beschränkt sich deren Wahrnehmung eher auf ein Werkzeug für den Raub geistigen Eigentums. 2018 ging beispielsweise der Fall des Kölner Chemie-Unternehmens Lanxess durch die Medien. Dort hatten chinesischstämmige Mitarbeiter über Jahre hinweg Betriebsgeheimnisse nach China weitergegeben. Erst gestern berichtete die Financial Times, dass belgische Sicherheitsdienste die europäische Logistiksparte der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba ins Visier genommen haben.

    Festnahme in Großbritannien

    Auf dem Frachtflughafen in Lüttich gehen belgische Behörden Hinweisen auf “mögliche Spionage- und/oder Einmischungsaktivitäten” chinesischer Unternehmen “einschließlich Alibaba” nach, heißt es. Der Staatssicherheitsdienst (VSSE) ist alarmiert, weil die Gesetzgebung in China chinesische Unternehmen dazu zwingt, ihre Daten mit Behörden und Geheimdiensten zu teilen.

    Doch auch die politische Dimension chinesischer Spionage drängt inzwischen verstärkt in den Vordergrund. Erst vor wenigen Wochen hatte die Verhaftung eines vermeintlichen chinesischen Spions aus dem Umfeld des britischen Parlaments für Aufsehen gesorgt.

    Bislang gibt es weder eine Anklage, noch kursieren Details über die Zusammenarbeit des britischen Staatsbürgers mit einem Nachrichtendienst der Volksrepublik. Der Fall in Großbritannien aber reiht sich ein in Vorgänge, in denen es um den Verdacht geht, dass chinesische Interessen über rekrutierte Mittelsleute in politische Entscheidungsprozesse eines Ziellandes eingebracht werden.

    KP profitiert von falschen Anschuldigungen

    “All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen”, sagt Einheitsfront-Experte Weber.

    Er mahnt zu großer Aufmerksamkeit. Organisationen der Einheitsfront, die sich weltweit um ein besseres Image der KP bemühen und politischen Dissens ersticken wollen, würden dem Ministerium für Staatssicherheit bisweilen auch als Deckung dienen. Dennoch sei es wichtig, dass westliche Gesellschaften nicht in Hysterie verfielen und überall reflexartig chinesische Spionage witterten. Andernfalls, so Weber, profitiert die Kommunistische Partei von jeder Anschuldigung, die sich als falsch herausstellt.

    Rücktritte in Australien und Neuseeland

    Schon länger setzen sich Australien und Neuseeland intensiv mit chinesischer Spionage auseinander. Als Teil des politischen Westens sind beide Staaten seit Jahren Ziele von Geheimdienstaktivitäten der Volksrepublik. Der Generalsekretär der Labor-Partei im Bundesstaat New South Wales, Sam Dastyari, trat von seinem Posten zurück, nachdem er einen chinesischstämmigen Großspender seiner Partei vor Ermittlungen durch den australischen Geheimdienst gewarnt hatte.

    In Neuseeland musste ein chinesischstämmiges Mitglied des neuseeländischen Repräsentantenhauses zurücktreten, weil der Geheimdienst warnte. Der Parlamentarier Jian Yang war vor seiner Übersiedlung aus der Volksrepublik Mitglied der Kommunistischen Partei und hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Volksbefreiungsarmee gearbeitet. Diese Einzelheiten hatte er jahrelang verschwiegen. Unterdessen hatte er intensiv an der neuseeländischen China-Strategie mitgearbeitet.

    • Einheitsfront
    • Europäisches Parlament
    • Spionage
    • Verfassungsschutz

    Kommunismus und Klassenkampf holen die deutsche Sinologie ein

    Die deutsche Sinologie hat viel Arbeit vor sich. Personell knapp besetzt kann sie den riesigen Bedarf an China-Kompetenz bei steigender Nachfrage unmöglich decken. Noch dazu ist der Fachbereich zurzeit intensiv mit sich selbst beschäftigt.

    Es kursieren Fragen, die an seiner Glaubwürdigkeit rütteln. Wie unabhängig ist die Disziplin von den Interessen des chinesischen Parteistaats? Wird ein allzu kritischer Umgang mit der Kommunistischen Partei in der China-Wissenschaft hierzulande blockiert? Hat die Sinologie den Maoismus ausreichend aufgearbeitet?

    Die Fragen werden emotional diskutiert, weil sie die Grundfesten einer elitären Fachrichtung angreifen, deren Bedeutung mit Chinas wachsendem Einfluss auf das Weltgeschehen zunimmt, aber von jungen Studenten verstärkt ignoriert wird. Ein Teil der Fachschaft fühlt sich “zu Unrecht an den Pranger gestellt” von jenen, die ihm vorwirft, kompromittiert zu sein durch ein Netzwerk, das ihm bessere Karrierechancen verschafft.

    Diskussion um die Glaubwürdigkeit

    Die Diskussion um die Glaubwürdigkeit ist hausgemacht. Die emeritierten Professoren Thomas Heberer und Helwig Schmidt-Glintzer hatten einen Zeitungsbeitrag über eine Reise nach Xinjiang geschrieben und ein Ende der EU-Sanktionen gegen chinesische Funktionäre empfohlen.

    Auf breiter Front erntete das Duo Unverständnis. Zumindest in Deutschland. Der Sinologe Kai Vogelsang von der Universität Hamburg hält die “fatalen Fehleinschätzungen der chinesischen Diktatur”, wie die von Heberer und Schmidt-Glintzer, am vergangenen Wochenende in der NZZ nicht nur für individuelles Versagen, sondern für eine “Bankrotterklärung der Sinologie”.

    Chinesische Medien dagegen sahen in der Darstellung eine Bestätigung für die Perspektive der Regierung in Peking, die ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang als Notwendigkeit abtut. Dass zwei derart erfahrene Sinologen bei einem so brisanten Thema, bei dem Peking mit aller Kraft um die Deutungshoheit ringt, Monate nach ihrer Reise in die Falle einer Redaktion getappt sein sollen, die gerne “harte Thesen” hatte lesen wollen, ist für einen Großteil der Fachwelt schwer nachvollziehbar.

    Gewichtige Stimme der deutschen China-Forschung

    Heberer zum Beispiel betrieb schon lange intensive Feldforschung im Land, bevor China als Wirtschaftspartner in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückte. Er erarbeitete sich eine Autorität in der Disziplin, die bis heute nachwirkt. Dabei halfen ihm Verbindungen zum chinesischen Parteistaat, die schon in den 1970er-Jahren über den Kommunistenbund Westdeutschlands (KBW) entstanden waren. Wegen seiner tiefen Kenntnisse der Volksrepublik avancierte er zu einem einflussreichen Politikberater, der Bundes- und Ministerpräsidenten auf deren China-Reisen begleitete.

    Heberer war als junger Mann in den 1970er-Jahren nach Peking gegangen und hatte dort für eine örtliche Propaganda-Zeitung gearbeitet. Parallel dazu forschte er im Feld zu ethnischen Minderheiten. Bis 1982 verfasste er mehrere Artikel für das Journal “Kommunismus und Klassenkampf”, das Organ des westdeutschen Kommunistenbundes. In einem zitierte er den Sowjet-Diktator Josef Stalin mit lobenden Worten. Seine intimen Kenntnisse des kommunistischen Chinas verdankt er also auch seiner damaligen ideologischen Nähe zum System.

    “Hat über Jahre ein falsches Chinabild vermittelt”

    All das ist lange her. Und Heberer war beileibe nicht der Einzige, der dem Maoismus in dieser Zeit aufgeschlossen gegenüberstand. Beispiel: Reinhard Bütikofer. Der Grünen-Europaparlamentarier engagierte sich damals ebenso im KBW. Inzwischen distanziert sich Bütikofer jedoch von seiner jugendlichen Begeisterung und gilt als Kritiker des chinesischen Parteistaats.

    Eine vergleichbare Distanzierung vermisst der Politologe Andreas Fulda von der Universität Nottingham von Heberer. “Mir ist kein wissenschaftlicher Text bekannt, in dem er selbstkritisch seine politische Arbeit in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren reflektiert hat. Seine spätere China-Wissenschaft war blind für die Schattenseiten der chinesischen Autokratie und hat über Jahre ein falsches Chinabild vermittelt”, sagt Fulda. Er glaubt, dass der Fall zu Reformen in der deutschen Sinologie führen wird.

    Heberer hatte erheblichen Einfluss

    Sinologe Sascha Klotzbücher von der Universität Bratislava wirft seiner Disziplin vor, Heberer nie abverlangt zu haben, sich deutlicher zu distanzieren und die Verfehlungen der Kommunistischen Partei in die Beurteilung des Landes einfließen zu lassen, sondern sich stattdessen “um ihn geschart” zu haben. Heberer habe explizit vorgemacht, dass für Feldforschung langjährige Kooperation mit den Behörden vor Ort nötig sei, was in einer stark staatszentrierten, technologisch-bürokratischen Sichtweise gemündet sei. “Die Nichtbeachtung von diesen potentiellen Interessenkonflikten in dieser Position und ihre Entstehungsgeschichte bleiben sein blinder Fleck”, sagt Klotzbücher.

    Der Sinologe und Xinjiang-Experte Björn Alpermann, der in der Vergangenheit schon mit Heberer publizierte, sagt, dass es kein Geheimnis sei, dass Heberer einst als begeisterter Maoist nach China gegangen war. “Das wissen alle. Und es gab auch immer wieder unterschiedliche Auffassungen. Aber nur weil er früher Maoist war, ist nicht alles Wissenschaftliche von ihm untauglich.” Allerdings sagt Alpermann auch, dass die Perspektive Heberers auf die Volksrepublik stets die Fortschritte des Parteistaats ins Visier nimmt.

    Heberers Doktorand Christian Göbel hält eine daraus resultierende Erbsünde für eine falsche Schlussfolgerung. Er sagt: “Nur weil ich bei Heberer promoviert habe, vertrete ich nicht eine bestimmte Position. Wenn wir unterschiedliche Ansichten hatten, dann war die Diskussion produktiv und auf Augenhöhe.

    Heberers Vergangenheit außerhalb der Sinologie kaum bekannt

    Innerhalb der Sinologie ist Heberers Vergangenheit weitgehend bekannt. Außerhalb der Disziplin ist sie es aber nicht. Und das ist der Knackpunkt. Denn es sind ausgerechnet Heberer und andere Stimmen, die mit “unsäglichen Aussagen” (Göbel) wie jetzt zu Xinjiang die öffentliche Wahrnehmung im China-Diskurs stark mitgestalten.

    Die Sinologin und ehemalige Leiterin des Konfuzius-Instituts an der FU Berlin, Mechthild Leutner, zum Beispiel hatte wiederholt bis in die Gegenwart im Deutschen Bundestag die Internierungslager als berufliche Ausbildungs- und Deradikalisierungszentren bezeichnet. Leutner war im selben Monat von Heberers und Schmidt-Glintzers Xinjiang-Reise im Mai 2023 mit Heberer in Peking, um politikwissenschaftliche Forschung zu erörtern, wie es hieß. Ob sie auch mit in Xinjiang war, ist unklar.

    Heberer jedenfalls wehrt sich. Mit einer Notwendigkeit zur Aufarbeitung des Maoismus habe seine jüngste Publikation nichts zu tun, schreibt er in einer E-Mail an China.Table.

    Schmidt-Glintzer: Dokument Nr. 9 “spannend”

    Auch Schmidt-Glintzer pflegt gute Drähte nach Peking. Im Jahr 1984 saß er auf der Tribüne am Platz des Himmlischen Friedens, als die Volksrepublik ihr 35-jähriges Staatsjubiläum feierte. Eine solche Anerkennung wird sicher nicht jedem Sinologen zuteil, sondern vor allem jenen, die China als Freund bezeichnet. Auch er sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die zunehmend totalitäre Regierungsform in seiner Beurteilung Chinas nicht zu berücksichtigen.

    Im Jahr 2020 beispielsweise bezeichnete er das berüchtigte Dokument Nr. 9, ein internes KP-Strategiepapier als “spannend” und “kein Anlass, Angst zu haben”. In dem Papier wird vor westlichen Werten und deren Verbreitung in China gewarnt. Unter vielen China-Kennern gilt das Dokument als Indikator für die totalitären Tendenzen des Regimes unter Xi Jinping.

    Sinologe Vogelsang ist dennoch überzeugt, dass eine neue Generation von Sinologen herangewachsen sei, die “über theoretische Schärfe, begriffliche Genauigkeit und einen kritischen Blick verfügen”, um beweisen zu können, dass Sinologen keineswegs “China-Versteher” oder “Apologeten des Regimes” sein müssen. “Sie müssen sich nur zu Wort melden”, fordert Vogelsang.

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    Abgeordnete kritisieren Baerbock für China-Strategie

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat am Donnerstag im Bundestag die im Juni von der Ampel-Regierung vorgestellte China-Strategie verteidigt. “China verändert sich als Partner, als Wettbewerber und zunehmend als systemischer Rivale”, sagte Baerbock. “Wir dürfen diese Entwicklung weder übersehen noch übergehen.”

    Sorge bereite ihr vor allem Chinas Außenpolitik, die sich durch “Unterstützung für Assad, diplomatische Beziehungen zu den Taliban und ein immer offensiveres Vorgehen im Indopazifik” auszeichne. Baerbock verwies auf eine neue Landkarte der chinesischen Regierung, um ihre territorialen Ansprüche in Ostasien zu unterstreichen. Dies seien “Ansprüche, die fast das ganze Südchinesische Meer bis unmittelbar vor die Küsten der anderen Anrainerstaaten betreffen und Territorialkonflikte mit anderen Staaten unterstreichen”. 

    Mit ihrer China-Strategie gebe die Bundesregierung den Beziehungen zu der Volksrepublik erstmals einen festen Rahmen, sagte Baerbock. “Wir wollen überall dort kooperieren, wo das möglich ist – aber auf Grundlage fairer Regeln.”

    Opposition beklagt schöne Worte statt starker Taten

    Von der Opposition kam prompt Kritik an dieser positiven Darstellung. Zu oft täte die Bundesregierung das Gegenteil von dem, was sie aufgeschrieben hat, kritisierte Jens Spahn von der CDU. Es sei richtig, zu diversifizieren, um die Risiken mit China zu minimieren. Die Verhandlungen etwa um das Freihandelsabkommen mit Lateinamerika, Mercosur, würden aber so überfrachtet mit zusätzlichen Vorschlägen, dass es gar nicht zu einem Abschluss komme. Erste Länder Lateinamerikas wollten aussteigen. Deutschland könne Motor für neue Handelsverträge sein, sagte Spahn. “Aber zu sehen ist nichts von der Bundesregierung.” 

    Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch warf Baerbock vor, durch kritische Äußerungen und bewusste Abgrenzung Konflikte mit China zu schüren. “Das ist ein Spiel mit dem Feuer”, sagte Lötzsch. Anstatt China als Rivalen einzustufen, müsse Deutschland die Volksrepublik “als Partner sehen – und dort, wo es nötig ist, als Partner zurückgewinnen”. In “fünf Jahrzehnten harter Arbeit” hätten frühere Bundesregierungen das Verhältnis zu China aufgebaut, wetterte der AFD-Abgeordnete Petr Bystron. “Sie zertrampeln alles, was diese aufgebaut haben.”

    Baerbock hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem US-Sender Fox News Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping als “Diktator” bezeichnet und damit nicht nur in Peking für Unmut gesorgt. Auch Mitarbeiter in ihrem eigenen Ministerium werfen ihr dager fehlendes Gespür für Diplomatie vor, sie würde mit solchen Äußerungen unnötig Porzellan zerschlagen. Baerbocks Klima-Sonderbeauftragte Jennifer Morgan bekam das bei ihrem derzeitigen Besuch in Peking zu spüren. Kein ranggleicher Beamter auf chinesischer Seite war bereit, sie zu empfangen. flee

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    Li Shangfu und Qin Gang fehlen bei Politbüro-Sitzung

    China will der Wirtschaftsflaute mit verstärkten Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung in Staatsunternehmen und im Finanzsektor begegnen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch unter Berufung auf eine Politbüro-Sitzung unter dem Vorsitz von Präsident Xi Jinping. Es sollten diejenigen Firmen gefördert werden, die sich nicht an Korruption beteiligen, zitierte Xinhua aus der Sitzung. Die Wettbewerbsfähigkeit staatseigener Unternehmen müsse kontinuierlich verbessert werden und Finanzunternehmen verstärkt “der Realwirtschaft und der nationalen Strategie dienen.”

    Fernsehaufnahmen des Treffens legten nahe, dass der ehemalige Außenminister Qin Gang und der offenbar auch in Ungnade gefallene Verteidigungsministers Li Shangfu nicht an der Sitzung teilnahmen. Gegen beide sollen Ermittlungen laufen: Im Falle Lis soll es dabei um die Beschaffung von Militärausrüstung gehen, bei Qin um eine Affäre mit einer Korrespondentin in Washington. Zu beiden Fällen hat sich Peking bisher offiziell nicht erklärt. rtr/ari

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    Apple passt App-Store an chinesische Regeln an

    Der US-Technikkonzern Apple gibt Druck aus China nach und beschränkt in der Volksrepublik den Zugang zu Anwendungen in seinem App-Store. Das berichtet die South China Morning Post. Das amerikanische Unternehmen hatte in den vergangenen Tagen noch versucht, die strengere Zensur der Apps abzuwenden.

    Bisher konnten iPhone-Kunden in China über VPN westliche Apps herunterladen und installieren. Das stellte aber im Fall verbotener Apps zumindest eine Grauzone, wenn nicht eine Regulierungslücke dar. Künftig finden sich im App-Store nur noch Anwendungen, die vom Informationsministerium MIIT lizenziert sind. Betroffen sein könnten vor allem Kommunikationsanwendungen wie Whatsapp, X (vormals Twitter) oder Youtube. Es wird damit für iPhone-Nutzer, die ihr Smartphone dort neu einrichten, schwieriger, diese Apps zu installieren. fin

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    Rahile Dawut – Symbol für das Schicksal der Uiguren

    Die lebenslange Haftstrafe für Rahile Dawut steht symbolisch für das Schicksal der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang. Die jüngsten Erkenntnisse der Xinjiang-Forschung zeigen, dass die Zahl uigurischer Kurzzeit-Lagerinsassen zuletzt drastisch zurückgegangen ist. Allerdings ist in der gleichen Zeit die Anzahl sehr langer Gefängnisstrafen steil angestiegen. Was für Außenstehende wie eine positive Entwicklung erscheinen mag, ist für die lokale Bevölkerung jedoch kein Grund zur Hoffnung. Und so muss auch die Anthropologin Dawut davon ausgehen, dass sie nie wieder in Freiheit leben wird.

    Das Leben Rahile Dawuts ist auch Thema einer Graphic Novel.

    Dawut hatte allen Widrigkeiten zum Trotz bis vor Kurzem dennoch die Hoffnung, dass ihr Urteil revidiert werden könnte. 2018 hatte sie ein Gericht als “Gefahr für die nationale Sicherheit” eingestuft und der “Absplitterung” schuldig gesprochen. Weil Dawuts Fall, wie abertausende andere in der Region, unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehandelt wurde, ist unklar, was den Straftatbestand begründet haben sollte.

    Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass von einer siebenstelligen Zahl an Menschen, die von der chinesischen Regierung zwischen wenigen Monaten und einigen Jahren in die Internierungs- und Umerziehungslager gesteckt worden waren, nur noch wenige Zehntausende übrig geblieben sind.

    Bevölkerung zutiefst eingeschüchtert

    Eine Normalisierung bedeutet das jedoch nicht, wie der dänische Xinjiang-Forscher Rune Steenberg sagt. Denn der jahrelangen Einschüchterung der breiten Masse folgt nun die gezielte Zersetzung der uigurischen Gesellschaft – auf perfide Art und Weise.

    Die intellektuelle Elite und einige Hunderttausend andere Uiguren und Uigurinnen sitzen inzwischen in regulären Gefängnissen und haben faktisch keine Perspektive auf eine baldige Rückkehr ins Leben. Das geht aus der Forschung Steenbergs hervor. Der Rest der Bevölkerung ist durch die Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht nur zutiefst eingeschüchtert und verhält sich möglichst unauffällig, um harte Strafen gegen sich selbst und Familienmitglieder zu vermeiden.

    Zudem werden sie durch eine zunehmende Integration in die örtliche Industrie an ihren Arbeitsplätzen engmaschig überwacht. Die inzwischen ausgefeilten technischen Möglichkeiten zur Gesichtserkennung, Standortbestimmung und Überwachung der Kommunikation haben Internierungslager als Kontrollinstanzen weitgehend ersetzt.

    Dawut war bekannt für ihre Gesetzestreue

    “Rahile Dawut ist eine weltliche Wissenschaftlerin, die dafür bekannt ist, den Gesetzen und Regularien der chinesischen Regierung Folge geleistet zu haben”, sagt Forscher Steenberg über die 57-Jährige. Er ist überzeugt davon, dass man weder ihr noch tausenden anderen Intellektuellen aus Xinjiang eine Verbindung zum Terror und Extremismus nachsagen kann.

    Dawut ist weit über die chinesischen Landesgrenzen als Anthropologin bekannt. Sie war Expertin für Tradition und Kultur der uigurischen Ethnie und lehrte an der Universität Xinjiang in der Regionalhauptstadt Urumqi. 2007 hatte sie dort ein Forschungsinstitut gegründet, das sich mit dem Brauchtum der Minderheiten in China befasste. Sie gab Seminare an renommierten Universitäten in den USA und Großbritannien. 2020 wurde sie vom Akademiker-Netzwerk Scholars at Risk mit dem Courage-to-Think-Award ausgezeichnet. 30 Jahre lang war sie auch Mitglied der Kommunistischen Partei.

    Revisionsgesuch abgelehnt

    Ihr Fall veranlasste vergangene Woche das US-Außenministerium, ihre Inhaftierung in einer Stellungnahme als ungerechtfertigt zu verurteilen. Wo Dawut in Haft ist, wie es ihr geht, ob sie möglicherweise Kontakt mit Familienmitgliedern in Xinjiang hatte seit ihrer Festnahme 2017, ist unklar.

    Zumindest, dass sie noch lebt, ist seit wenigen Tagen Gewissheit. Doch die Hoffnung auf eine verkürzte Haft ist dahin. Die US-Menschenrechtsstiftung Dui Hua hat über eine Quelle in der chinesischen Regierung die Bestätigung erhalten, dass das Revisionsgesuch Dawuts abgelehnt wurde und ihre lebenslange Haftstrafe somit rechtskräftig sei. grz

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    China.Table Redaktion

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