die europäische Fotovoltaik-Industrie kommt nicht zur Ruhe. Schon vor zehn Jahren war sie wegen des Ansturms der chinesischen Konkurrenz fast zugrunde gegangen. Inzwischen halten Firmen wie Longi, Trina Solar, Jinko Solar oder Risen weit mehr als 80 Prozent der globalen Marktanteile. Um so beunruhigender sind deshalb nun Berichte über Lagerhallen in Europa, die randvoll sind mit Solarmodulen aus chinesischer Herstellung, wie Christiane Kühl schreibt. Das feuert die Debatte über Dumping bei Solaranlagen erneut an. Die Hersteller erhoffen sich nun Hilfe aus Brüssel.
Auf der belgischen Hauptstadt liegt am Mittwoch und Donnerstag auch der Fokus, wenn es um die EU-eigene Infrastruktur-Initiative “Global Gateway” geht: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird hochrangige Vertreter aus rund 40 Staaten empfangen. Eine detaillierte Liste der Teilnehmer gibt es bisher nicht. Wer wird aus den afrikanischen Ländern in Brüssel dabei sein?
Beim Forum zur “Belt and Road”-Initiative waren unter anderem Kenias Präsident William Ruto und der ägyptische Premierminister Mustafa Madbuli anwesend. Das afrikanische Interesse an der BRI sei in den vergangenen Jahren nicht gesunken, schreibt Andreas Sieren. Er blickt noch einmal genauer auf die afrikanischen Teilnehmer des BRI-Forums der vergangenen Woche und bilanziert: China vergibt dort immer weniger Kredite.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die europäische Photovoltaik-Industrie ist vor zehn Jahren schon einmal fast unter dem Ansturm der chinesischen Konkurrenz zugrunde gegangen. Inzwischen halten Firmen wie Longi, Trina Solar, Jinko Solar oder Risen weit mehr als 80 Prozent des globalen Marktanteils. 2022 kamen nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 87 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaikanlagen aus der Volksrepublik. Eine heimische Photovoltaikindustrie ist in Europa erst so langsam wieder im Aufbau. Und so ist es leicht, die jungen Firmen mit Horrorberichten in Panik zu versetzen.
So geschehen Anfang Oktober, als das Business-Intelligence-Unternehmen Rystad Energy berichtete, dass sich Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 80 Gigawatt (GW) in Europas Lagern stapeln. Der Branchenverband European Solar Manufacturing Council (ESMC) schätzte, dass mit 40 GW etwa die Hälfte der Lagerware Solarmodule aus China sind. Zum Vergleich: Die Länder der EU haben 2022 insgesamt 41,4 GW neuer Solarkapazität installiert – es ist ein Rekordwert.
Sowohl chinesische als auch internationale Quellen hätten die irren Zahlen von Rystad zurückgewiesen, schreiben die Energie-Analysten der Pekinger Beratungsfirma Trivium. Der Trend sei dennoch klar: “Angesichts eines massiven Überangebots überschwemmen Chinas Solarhersteller derzeit die Überseemärkte mit spottbilligen Modulexporten.” Und auch wenn der Lagerstand wohl niedriger ist als von Rystad ermittelt: Die Branche ist sich einig, dass er zu hoch ist.
Die Überkapazitäten in der Volksrepublik sind groß und wachsen offenbar weiter an. “Die Ankündigungen für neue Produktionskapazitäten in China reißen nicht ab; immer mehr Unternehmen nehmen neue Produktionslinien in Betrieb, entgegen allen vernünftigen Geschäftsregeln”, kritisierte der ESMC, dem etwa 70 Unternehmen der Branche angehören.
Doch auch die Gemengelage aus Pandemie und Ukraine-Krieg hat nach einem Bericht des Fachmagazins pv-magazine zu der Misere beigetragen. Der Ukraine-Krieg befeuerte die Nachfrage nach Photovoltaik in Europa, während die noch mit den Nachwehen der Null-Covid-Politik kämpfenden Hersteller in China mit der Produktion 2022 zunächst nicht nachkamen. “Händler in ganz Europa sahen, dass ihre Bestände zur Neige gingen und bestellten massiv, um ihre Kunden sofort beliefern zu können”, sagte Edurne Zoco, Analystin bei S&P Global dem Magazin. Diese fuhren die Produktion folglich massiv hoch.
Die dramatischen Konsequenzen zeigen sich jetzt. Während einerseits die Nachfrage wieder in einem normaleren Tempo wächst, ist das Angebot massiv gestiegen. Die Folge ist ein plötzlicher Preisverfall seit dem Sommer. Die Preise für Solaranlagen stürzten binnen weniger Monate auf ein Rekord-Tief. So liegen die Durchschnittspreise für Module in der EU mit etwa 15 Cent pro Watt Leistung kaum noch über denen in China, die laut Trivium ihrerseits seit 2022 um etwa 40 Prozent gesunken sind. Die nun möglichen Verkaufspreise der gelagerten Module liegen daher unter jenen, die Großhändler und PV-Anlagenbauer in der hitzigen Phase im Einkauf dafür bezahlt hatten.
Der Vorwurf lautet nun: Chinas seit Jahren subventionierte Solarbranche verkaufe seine Produktions-Überschüsse unter den Herstellungskosten, das wäre Dumping. 40 Unternehmen aus der Branche – darunter der Schweizer Hersteller Meyer Burger, der in Deutschland unter anderem im sächsischen Freiberg und im “Solar Valley” bei Bitterfeld in Sachsen-Anhalt produziert, sowie der deutsche Modulproduzent Heckert Solar und das Start-up Nexwafe – forderten daher Mitte September in einem gemeinsamen Brief an die Europäische Union Unterstützung aus Brüssel.
Zwei Wochen später legten mehrere Bundesländer und Vertreter der Solarbranche in Berlin ein Zehn-Punkte-Programm zur Rettung der Solarmodulhersteller in Deutschland vor. Vor allem Sachsen und Sachsen-Anhalt machen Druck. In den beiden Ländern werden dem sächsischen Energieministerium zufolge Halbleiter, Zellen, Module, Vorprodukte und Anlagen für die Solarindustrie produziert. Sachsens Energieminister Wolfram Günther sprach bei der Präsentation von einer “heftigen Dumpingattacke Chinas”. Es sei fünf vor Zwölf. “Hier werden innovative und voll wettbewerbsfähige europäische Unternehmen mit staatlich subventionierten Kampfpreisen vom Markt gedrängt.”
Das Papier fordert unter anderem:
Letztere soll die unliebsame chinesische Konkurrenz aus dem Markt drängen. Denn seit die USA 2021 Importe von Solarmodulen mit Silizium aus Xinjiang in die USA verboten, werden Chinas ohnehin stark wachsende Ausfuhren immer stärker nach Europa umgeleitet. Auch der ESMC fordert daher das Zwangsarbeits-Importverbot. “Ziel ist, dass Entwicklung und Wertschöpfung in diesem Bereich bei uns bleiben und nicht dauerhaft abwandern”, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.
Die EU will die Abhängigkeiten vom Ausland und speziell von China reduzieren. Bis 2030 sollen nach dem geplanten NetZero Industry Act der EU-Kommission mindestens 40 Prozent aller Photovoltaikanlagen im europäischen Inland produziert werden. Dazu sollen Gigafabriken in Frankreich, Italien und Deutschland entstehen. Wie genau das geschafft werden soll, ist bisher ungewiss.
Es gibt keine einfachen Lösungen. “Die EU steht vor einer zunehmend schwierigen Entscheidung: Entweder sie lässt sich auf billigere chinesische Cleantech-Importe ein, um einen reibungslosen Dekarbonisierungsprozess zu ermöglichen. Oder sie schützt die heimische Produktion sauberer Energie und macht damit die Energiewende teurer”, schreiben die Trivium-Experten. Ein Förderpaket im Ausmaß des “Inflation Reduction Act” (IRA) der USA aufzulegen, wäre für Brüssel schwierig und würde lange dauern.
Die EU erhebt seit 2014 bereits Antidumping- und Antisubventionszölle auf aus China importiertes Solarglas. Brüssel schaute auch damals auf die Auswirkungen der Zölle auf die Kostenstruktur der europäischen Photovoltaik-Modulhersteller und befand diese nicht als unverhältnismäßig.
Antidumpingzölle sind aber nur möglich, wenn wirklich Dumping vorliegt, sprich die angebotenen Preise unter den Herstellungskosten liegen – oder die Hersteller in den Exportmärkten weniger verlangen als auf dem Heimatmarkt. Laut Trivium und pv magazine liegen die Preise in China ähnlich niedrig wie derzeit in der EU. Die dortigen Herstellungskosten sind schwerer zu ermitteln, ebenso wie die Frage, ob Chinas Subventionen den Markt stark genug verzerren, um Antisubventionszölle zu rechtfertigen.
Meyer Burger-Chef Gunter Erfurt hat dazu eine klare Meinung. Er schrieb kürzlich auf Linkedin: “Nur noch acht Prozent aller Modulkapazitäten werden 2023 nicht von China kontrolliert sein. Das empfinden wir als normal und völlig OK? In Zeiten massiver geopolitischer Veränderungen? Ich bin enorm besorgt, und wir sollten es alle sein.”
Die wichtigen Volkswirtschaften aus Afrika waren alle vergangene Woche in China präsent, als der chinesische Präsident Xi Jinping die Meilensteine der ersten Dekade der “Belt and Road”-Initiative (BRI) präsentierte. Während Chinas Beziehungen mit westlichen Staaten meist schwierig sind und diese die BRI kritisieren, suchten afrikanische Regierungen beim dritten BRI-Forum nach 2017 und 2019 die Nähe zu China.
Rund 130 hochrangige Staatsvertreter waren der Einladung Chinas gefolgt, darunter 23 Staatsoberhäupter oder Regierungschefs. Das war ein deutlicher Rückgang von 37 Top-Gästen im Vergleich zum Forum von 2019. Die afrikanischen Vertreter hingegen kamen in etwa gleicher Stärke, darunter:
Dies entsprach etwa der afrikanischen Repräsentation im Vergleich zum vergangenen Forum. Aus Europa ging die Teilnahme jedoch stark zurück. Von dort kamen nur zwei Staatsvertreter, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und der serbische Präsident Aleksandar Vučić.
Das Forum zeigte, wie sehr China auf gute Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens setzt. Schon beim 15. Brics-Gipfel in Südafrika und dem G20–Gipfel in Indien in diesem Jahr machte die Regierung dies deutlich. Eigentlich stand bei der BRI, die Präsident Xi vor zehn Jahren in Kasachstan vorgestellt hatte, zunächst Zentralasien im Vordergrund. Doch heute hat Peking mehr als 200 Kooperationsabkommen mit 150 Ländern und 30 internationalen Organisationen, vor allem in Afrika, unterzeichnet.
Forscher der US-amerikanischen Boston University schätzen, dass zwischen 2013 und 2021 China rund 331 Milliarden Dollar im Rahmen der BRI investiert hat. Sie betonen aber auch, dass zahlreiche Empfänger chinesischer Finanzmittel einer “erheblichen Schuldenkrise ausgesetzt sind”. Trotzdem unterstützte Peking laut einer Weltbankstudie die Schuldnerländer mit Finanzspritzen von 240 Milliarden Dollar zwischen 2008 und 2021.
So befindet sich Kenia in akuten Zahlungsschwierigkeiten. Derzeit schuldet Kenia China rund sechs Milliarden Dollar, was Präsident William Ruto zwang, die Staatsausgaben um zehn Prozent zu reduzieren. “Der größte Teil unserer Einnahmen wird für die Rückzahlung chinesischer Kredite verwendet, was nicht nachhaltig ist”, bemerkt Karuti Kanyinga, Professor an der University of Nairobi.
Mit chinesischen Krediten baute Kenia eine neue Eisenbahnlinie von Mombasa über Nairobi zum Rift Valley. Ursprünglich sollte die 4,7 Milliarden Dollar teure Bahnstrecke nach Uganda verlängert werden und weitere Binnenländer in Ostafrika anbinden. Allerdings nahm die Regierung in Kampala Abstand von China und setzte auf eine Partnerschaft mit der Türkei.
Ruto zählte zu den führenden afrikanischen Staatsoberhäuptern, die beim “Belt and Road”-Forum anwesend waren. Er bat China um eine weitere Finanzspritze von einer Milliarde Dollar und vereinbarte mit Xi Jinping die Öffnung des chinesischen Marktes für landwirtschaftliche Produkte aus Kenia, um nach Rutos Worten “den Abschluss von Infrastrukturprogrammen zu gewährleisten”.
Auch Brics-Neumitglied Äthiopien machen die Schulden gegenüber China zu schaffen. China war das erste Land, das Addis Abeba mehr Luft ließ. China verhandelt derzeit auch mit anderen Ländern in Afrika. “Das ist sehr ermutigend”, sagt Annalisa Fedelino, die stellvertretende Afrika-Chefin des US-dominierten IWF. Insgesamt spielt China jedoch eine geringere Rolle in Afrikas Schulden als gemeinhin angenommen. Nur 12 Prozent der afrikanischen Schulden kommen von Krediten aus China. Die meisten chinesische Kredite in Afrika hat die China Exim-Bank gewährt.
China ist vorsichtiger bei der Kreditvergabe geworden. Während es 2016 noch 28 Milliarden Dollar jährlich waren, schrumpften die Kredite bereits 2019, also vor Covid und dem Ukrainekrieg, auf sieben Milliarden Dollar. “Es gibt keine Schuldenfallen bei der BRI”, fasst zum Beispiel Jean Louis Robinson, der Botschafter von Madagaskar in China die Lage zusammen. Vielmehr böte die BRI “für manche Schwellenländer weiterhin große Möglichkeiten.”
Dass China in Afrika auch stark kulturpolitisch engagiert ist, zeigen zwei Studien, die das Ifa-Institut für Auslandsbeziehungen veröffentlicht hat. Die Ergebnisse sollen am Dienstagabend in Berlin vorgestellt werden. Den Studien zufolge besteht eine Strategie Chinas darin, Kapazitäten zur Förderung von Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen und als Partner für Entwicklung wahrgenommen zu werden.
Dieser Logik folgend habe China kulturelle Initiativen innerhalb von Organisationen wie der Unesco gegründet. Gleichzeitig umgehe es diese und stärke eigenständige Vereinigungen wie BRI und Brics. Ziel der chinesischen Kulturdiplomatie sei es, eigene Narrative zu etablieren.
An ihrem eigenen Narrativ arbeitet auch die EU: Am Mittwoch und Donnerstag wird in Brüssel das “Global Gateway”-Forum stattfinden. Die Infrastruktur-Initiative der EU soll als Alternative zur BRI gesehen werden – bisher hakt es allerdings noch bei der Umsetzung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bei dem Forum hochrangige Vertreter aus 40 Ländern unter dem Motto “Stronger Together through Sustainable Investment” empfangen. Wer aus den afrikanischen Staaten dabei sein wird, ist noch nicht bekannt.
China und Russland vertiefen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit. Am Montag unterzeichneten beide Länder eine Reihe von Kooperationsvereinbarungen, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Die Branchen reichen demnach von der Industrie und Logistik bis hin zum elektronischen Handel und der Landwirtschaft. An der Konferenz in Shenyang, der Hauptstadt der Provinz Liaoning, nahmen Vertreter der russischen Wirtschaft und Politik teil sowie fast 800 chinesische Unternehmen.
Von Januar bis September hätten sich 40 russische Firmen in Liaoning niedergelassen, wie der chinesische Rundfunk berichtete. Die Exporte aus Liaoning nach Russland stiegen in diesem Zeitraum zudem um 82,3 Prozent auf 42,64 Milliarden Yuan (5,5 Milliarden Euro). rtr
Chinas Steueruntersuchung bei Apple-Zulieferer Foxconn könnte Insidern zufolge möglicherweise “politische Gründe” haben. Reuters zitierte am Montag zwei Foxconn-nahe Quellen, die erklärten, die Prüfung sei ungewöhnlich, da sie weniger als drei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in Taiwan stattfinde und mit Foxconns Diversifizierungsbemühungen zur Verlagerung eines Teils der Produktion aus China heraus zusammenhänge.
Die chinesischen Steuerbehörden hatten Foxconn nach einem Bericht staatlicher Medien einer Durchsuchung unterzogen. Betroffen waren demnach Büros des Elektronikriesen in den Provinzen Guangdong und Jiangsu, wie die staatliche Zeitung Global Times am Sonntag schrieb. Das Ministerium für Rohstoffe habe auch Foxconn-Büros in den Provinzen Henan und Hubei geprüft, wo das Unternehmen große Produktionsstätten hat. Foxconn beschäftigt in China Hunderttausende Arbeiter.
Nähere Einzelheiten zu den Durchsuchungen, deren Zeitpunkt und möglichen Ergebnissen wurden in dem Zeitungsbericht nicht genannt. Darin wird aber ein Experte mit den Worten zitiert, dass “die von Taiwan finanzierten Unternehmen, einschließlich Foxconn, zwar an den Dividenden der Entwicklung teilhaben und bemerkenswerte Fortschritte auf dem Festland machen, aber auch die entsprechende soziale Verantwortung übernehmen sollten und eine positive Rolle bei der Förderung der friedlichen Entwicklung der Beziehungen” zwischen beiden Seiten spielen sollten.
Für Apple arbeitet Foxconn an der Herstellung von iPhones, das Unternehmen produziert aber auch im Auftrag anderer Elektronik- und Computerfirmen. Foxconn-Gründer Terry Gou kündigte im August seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl in Taiwan Anfang kommenden Jahres an. Er gilt als China-freundlich. rtr/ari
Norbert Lammert (CDU), Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages, warnt davor die Brics-Staaten zu unterschätzen. “Ich persönlich finde die Erweiterung von Brics bemerkenswert, zumal dabei leicht absehbar ist, wer zwischen Russland und China der Koch und wer der Kellner ist”, sagte Lammert im Gespräch mit Table.Media. Der spannende Punkt der Entwicklung mit offenem Ende sei, zu sehen, dass es eine wachsende Zahl von Ländern gibt, die sich neu orientieren. “Man würde die mindestens potenzielle Bedeutung dieser Brics-Erweiterung unterschätzen, wenn man sie auf Handelsinteressen reduzierte“, betonte Norbert Lammert.
Die Debatte um die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrates in Deutschland sieht Lammert als überholt an. Inzwischen müsse man über einen Europäischen Sicherheitsrat sprechen. Es sei allerdings “erkennbar weltfremd”, hier je Einstimmigkeit zu erwarten, wenn alle Nationalstaaten gleichzeitig daran festhielten, das alleinige Sagen über ihre Armeen zu behalten. Das ganze Interview mit Norbert Lammert lesen Sie hier. ari
Die Europäische Union wird Ende November den letzten Schritt zur Einführung des neuen Handelsinstruments gegen wirtschaftliche Erpressung unternehmen: Die Unterzeichnung der Verordnung wird voraussichtlich am 22. November erfolgen, teilte der Rat der Europäischen Union am Montag mit. 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU wird das “anti-coercion tool” (ACI) dann in Kraft treten.
“Ziel ist es, mit dieser Gesetzgebung eine Deeskalation zu erreichen und im Dialog einen Abbau von Zwangsmaßnahmen im Handel und bei Investitionen herbeizuführen”, erklärte der Rat. Wenn dies nicht möglich sei, könne die EU dann als letztes Mittel Gegenmaßnahmen wie die Einführung von Handelsbeschränkungen ergreifen, beispielsweise in Form erhöhter Zölle, Einfuhr- oder Ausfuhrlizenzen.
Der Musterfall für ein Heranziehen des ACI ist das De-Facto-Handelsembargo Chinas gegen Litauen, nachdem Taiwan in Vilnius eine Vertretung mit Namen “Taiwan”-Büro eröffnet hatte. Der Streit wird im Dezember bereits zwei Jahre alt. Rückwirkend soll ACI allerdings nicht zum Einsatz kommen. ari
Japan wird am 28. und 29. Oktober Gastgeber des G7-Handelsministertreffens in Osaka sein. Das Hauptaugenmerk der Veranstaltung wird auf der Verbesserung der Lieferkettenresilienz und der Stärkung der Ausfuhrkontrollen für kritische Mineralien und Technologien liegen. Aber auch der von China ausgeübte “wirtschaftliche Zwang“, insbesondere die weit verbreiteten Verwerfungen aufgrund seiner intransparenten und marktverzerrenden industriepolitischen Maßnahmen, werden voraussichtlich ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Seit seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 wurde China wiederholt beschuldigt, unfaire Industriesubventionen zu gewähren. Das brachte dem Land mehrere WTO-Streitverfahren ein. Im Jahr 2006 beispielsweise beschwerten sich die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und Kanada, dass China – vorwiegend über seine sogenannten “Exportbasen“-Programme – die Exporte der Automobil- und Autoteile-Industrie subventionierte. Aufgrund der erheblich handelsverzerrenden Auswirkungen dieser Subventionen sind diese von der WTO strikt verboten.
Darüber hinaus behaupteten die USA im Jahr 2010, China würde einheimische Hersteller von Windkraftanlagen durch Gewährung von Zuschüssen an jene Unternehmen subventionieren, die in China hergestellte Komponenten verarbeiten. Im Jahr 2017 verlagerte sich der Fokus auf angebliche Subventionen für große chinesische Aluminiumhersteller. Und ein Jahr später gab die WTO der Klage der US-Bundesregierung statt, wonach China Ausgleichs- und Antidumpingzölle auf Hühnerfleischprodukte aus den USA erhebt.
Unterdessen ist der bilaterale Handel zwischen China und Südkorea deutlich zurückgegangen. Grund dafür sind die zunehmenden geopolitischen Spannungen und die Entscheidung Chinas, Hersteller von Elektrofahrzeugen, die Akkus aus Südkorea verwenden, von seinem Subventionsprogramm auszuschließen. Auch die Handelsbeziehungen zwischen China und Australien verschlechterten sich, nachdem China auf die Forderung des damaligen australischen Premierministers Scott Morrison nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Ursachen der Covid-19-Pandemie mit der Verhängung von Zöllen auf australische Waren wie Gerste, Wein, rotes Fleisch, Bauholz und Hummer reagiert hatte.
Vor einigen Monaten bekannten sich die Staats- und Regierungschefs der G7 zur Bekämpfung aller Formen des wirtschaftlichen Zwangs. Das könnte jedoch weitreichende Folgen haben, wenn man bedenkt, dass 19,4 Prozent der japanischen Exporte nach China gehen, so wie auch 7,5 Prozent der Exporte aus den USA, 6,8 Prozent aus Deutschland und 6,5 Prozent aus dem Vereinigten Königreich. Sollten die G7 Gegenmaßnahmen gegen Chinas wirtschaftlichen Zwang ergreifen, wäre es möglich, dass sich der chinesische Präsident Xi Jinping zu Vergeltungsmaßnahmen veranlasst sieht.
Doch abgesehen von den möglichen Auswirkungen auf die G7-Volkswirtschaften könnte sich eine derartige Anti-Zwangsmaßnahmen-Kampagne der G7 auch negativ auf den Welthandel auswirken. Zunächst einmal bietet die Schwammigkeit des Begriffs “wirtschaftlicher Zwang” nicht nur den G7-Staaten, sondern Regierungen weltweit die Möglichkeit, ihn als Vorwand für protektionistische Maßnahmen zu nutzen, wodurch Produktionskosten und Preise insgesamt steigen könnten.
Die EU definiert wirtschaftlichen Zwang als eine Situation, in der ein Drittland versucht, Druck auf die EU oder einen Mitgliedstaat in Bezug auf ihre Wahlfreiheit auszuüben, indem dieses Drittland Maßnahmen gegen die EU oder einen Mitgliedstaat ergreift oder zu ergreifen androht, welche sich auf den Handel oder Investitionen auswirken sollen. Während jedoch einige Taktiken und Instrumente eindeutig Zwang darstellen, wird nicht klar definiert, was als Maßnahme “gegen” ein anderes Land gilt. Angesichts dieser Unklarheit könnte der Begriff auf die politischen Strategien vieler Länder gemünzt werden.
Darüber hinaus haben die G7 zwar wiederholt betont, dass sie Exportkontrollen für ein “grundlegendes politisches Instrument” halten, um die Nutzung kritischer Technologien für militärische Zwecke zu verhindern, doch können solche Maßnahmen die langfristige Ressourcenallokation und den Welthandel verzerren, die Wettbewerbsfähigkeit untergraben und das Wirtschaftswachstum sowohl in den exportierenden als auch in den importierenden Ländern hemmen.
In einer Studie aus dem Jahr 1981 hat der Princeton-Ökonom Gene M. Grossman beispielsweise dargelegt, dass Anforderungen hinsichtlich des lokalen Anteils an der Herstellung häufig zu einem Rückgang der Produktion und zu höheren Preisen für Endprodukte führen, obwohl die Auswirkungen dieser Anforderungen auf inländische Zwischenprodukte unklar bleiben und weitgehend von marktspezifischen Faktoren und Produktionsprozessen abhängen.
In einem wissenschaftlichen Beitrag aus dem Jahr 1992 skizzieren Grossman und Elhanan Helpman ein Rahmenwerk für den Handelsschutz, in dem Branchen mit höherer Elastizität der Importnachfrage oder des Exportangebots weniger von Freihandelspraktiken abweichen. Und im Jahr 2012 stellten Will Martin und Kym Anderson fest, dass Veränderungen handelspolitischer Strategien, insbesondere Exportbeschränkungen, eine bedeutende Rolle beim Anstieg der weltweiten Preise für Grundnahrungsmittel während der Rohstoffbooms der Jahre 1973-1974 und 2006-2008 spielten.
Durch die Verabschiedung von Maßnahmen zur Verhinderung von wirtschaftlichem Zwang könnten die G7-Mitglieder ungewollt andere Länder dazu ermutigen, eigene Handelsschranken zu errichten. Allein im Jahr 2022 haben Staaten weltweit fast 3.000 protektionistische Maßnahmen umgesetzt, die Investitionen und den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen. Diese entweder von einzelnen Ländern oder größeren Gruppen ergriffenen Maßnahmen könnten die Unsicherheit verschärfen und den globalen Handel behindern.
Die zunehmende Fragmentierung zeigt bereits negative Auswirkungen. Während der Gesamtwert des Welthandels im Jahr 2022 49,5 Billionen Dollar erreichte, senkte die WTO kürzlich ihre Prognose für das Handelswachstum im Jahr 2023 von 1,7 auf 0,8 Prozent und begründete dies mit Beeinträchtigungen des Handels und einer Verlangsamung der Produktion.
Für die G7 gilt es, eine Führungsrolle bei der Deeskalation der Spannungen zu übernehmen. Die G7 könnten den Welthandel in die richtige Richtung lenken, wenn sie dafür sorgen, dass die WTO wirksam arbeitet, und Strafmaßnahmen, die die wirtschaftliche Stabilität gefährden, vermieden werden.
Lili Yan Ing ist Generalsekretärin der International Economic Association und leitende Beraterin für die Region Südostasien am Wirtschaftsforschungsinstitut für ASEAN und Ostasien.
Übersetzung: Helga Klinger-Groier
Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org
Sophia Yan, bisher Journalistin in Taipeh, wird neue Korrespondentin für die britische Tageszeitung Telegraph in Istanbul. Yan hatte mehr als elf Jahre aus Asien berichtet, darunter aus Taiwan, Hongkong, Peking und Tokio.
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163 Jahre lang waren sie nicht zusammen zu sehen. Nun hat das Poly Art Museum in Peking sie für die Öffentlichkeit wieder in einem Raum versammelt. Die fünf Kupfer-Büsten, die chinesische Sternzeichen darstellen, wurden 1860 von britischen und französischen Truppen aus dem alten Sommerpalast geraubt und in alle Winde verstreut. Zwei landeten in der Sammlung des Modedesigners Yves Saint Laurent. In den Nullerjahren entbrannte um die Kunstwerke eine kontrovers diskutierte Debatte. Für das neu erstarkte China wurden sie zum Symbol von Nationalstolz und Vergangenheitsbewältigung. Mehrere chinesische Museen konnten sieben der Büsten schließlich mit Unterstützung der Regierung ersteigern. Fünf weitere, die einen Drachen, eine Schlange, einen Hahn, eine Ziege und einen Hund darstellen, fehlen bis heute.
die europäische Fotovoltaik-Industrie kommt nicht zur Ruhe. Schon vor zehn Jahren war sie wegen des Ansturms der chinesischen Konkurrenz fast zugrunde gegangen. Inzwischen halten Firmen wie Longi, Trina Solar, Jinko Solar oder Risen weit mehr als 80 Prozent der globalen Marktanteile. Um so beunruhigender sind deshalb nun Berichte über Lagerhallen in Europa, die randvoll sind mit Solarmodulen aus chinesischer Herstellung, wie Christiane Kühl schreibt. Das feuert die Debatte über Dumping bei Solaranlagen erneut an. Die Hersteller erhoffen sich nun Hilfe aus Brüssel.
Auf der belgischen Hauptstadt liegt am Mittwoch und Donnerstag auch der Fokus, wenn es um die EU-eigene Infrastruktur-Initiative “Global Gateway” geht: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird hochrangige Vertreter aus rund 40 Staaten empfangen. Eine detaillierte Liste der Teilnehmer gibt es bisher nicht. Wer wird aus den afrikanischen Ländern in Brüssel dabei sein?
Beim Forum zur “Belt and Road”-Initiative waren unter anderem Kenias Präsident William Ruto und der ägyptische Premierminister Mustafa Madbuli anwesend. Das afrikanische Interesse an der BRI sei in den vergangenen Jahren nicht gesunken, schreibt Andreas Sieren. Er blickt noch einmal genauer auf die afrikanischen Teilnehmer des BRI-Forums der vergangenen Woche und bilanziert: China vergibt dort immer weniger Kredite.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die europäische Photovoltaik-Industrie ist vor zehn Jahren schon einmal fast unter dem Ansturm der chinesischen Konkurrenz zugrunde gegangen. Inzwischen halten Firmen wie Longi, Trina Solar, Jinko Solar oder Risen weit mehr als 80 Prozent des globalen Marktanteils. 2022 kamen nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 87 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaikanlagen aus der Volksrepublik. Eine heimische Photovoltaikindustrie ist in Europa erst so langsam wieder im Aufbau. Und so ist es leicht, die jungen Firmen mit Horrorberichten in Panik zu versetzen.
So geschehen Anfang Oktober, als das Business-Intelligence-Unternehmen Rystad Energy berichtete, dass sich Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 80 Gigawatt (GW) in Europas Lagern stapeln. Der Branchenverband European Solar Manufacturing Council (ESMC) schätzte, dass mit 40 GW etwa die Hälfte der Lagerware Solarmodule aus China sind. Zum Vergleich: Die Länder der EU haben 2022 insgesamt 41,4 GW neuer Solarkapazität installiert – es ist ein Rekordwert.
Sowohl chinesische als auch internationale Quellen hätten die irren Zahlen von Rystad zurückgewiesen, schreiben die Energie-Analysten der Pekinger Beratungsfirma Trivium. Der Trend sei dennoch klar: “Angesichts eines massiven Überangebots überschwemmen Chinas Solarhersteller derzeit die Überseemärkte mit spottbilligen Modulexporten.” Und auch wenn der Lagerstand wohl niedriger ist als von Rystad ermittelt: Die Branche ist sich einig, dass er zu hoch ist.
Die Überkapazitäten in der Volksrepublik sind groß und wachsen offenbar weiter an. “Die Ankündigungen für neue Produktionskapazitäten in China reißen nicht ab; immer mehr Unternehmen nehmen neue Produktionslinien in Betrieb, entgegen allen vernünftigen Geschäftsregeln”, kritisierte der ESMC, dem etwa 70 Unternehmen der Branche angehören.
Doch auch die Gemengelage aus Pandemie und Ukraine-Krieg hat nach einem Bericht des Fachmagazins pv-magazine zu der Misere beigetragen. Der Ukraine-Krieg befeuerte die Nachfrage nach Photovoltaik in Europa, während die noch mit den Nachwehen der Null-Covid-Politik kämpfenden Hersteller in China mit der Produktion 2022 zunächst nicht nachkamen. “Händler in ganz Europa sahen, dass ihre Bestände zur Neige gingen und bestellten massiv, um ihre Kunden sofort beliefern zu können”, sagte Edurne Zoco, Analystin bei S&P Global dem Magazin. Diese fuhren die Produktion folglich massiv hoch.
Die dramatischen Konsequenzen zeigen sich jetzt. Während einerseits die Nachfrage wieder in einem normaleren Tempo wächst, ist das Angebot massiv gestiegen. Die Folge ist ein plötzlicher Preisverfall seit dem Sommer. Die Preise für Solaranlagen stürzten binnen weniger Monate auf ein Rekord-Tief. So liegen die Durchschnittspreise für Module in der EU mit etwa 15 Cent pro Watt Leistung kaum noch über denen in China, die laut Trivium ihrerseits seit 2022 um etwa 40 Prozent gesunken sind. Die nun möglichen Verkaufspreise der gelagerten Module liegen daher unter jenen, die Großhändler und PV-Anlagenbauer in der hitzigen Phase im Einkauf dafür bezahlt hatten.
Der Vorwurf lautet nun: Chinas seit Jahren subventionierte Solarbranche verkaufe seine Produktions-Überschüsse unter den Herstellungskosten, das wäre Dumping. 40 Unternehmen aus der Branche – darunter der Schweizer Hersteller Meyer Burger, der in Deutschland unter anderem im sächsischen Freiberg und im “Solar Valley” bei Bitterfeld in Sachsen-Anhalt produziert, sowie der deutsche Modulproduzent Heckert Solar und das Start-up Nexwafe – forderten daher Mitte September in einem gemeinsamen Brief an die Europäische Union Unterstützung aus Brüssel.
Zwei Wochen später legten mehrere Bundesländer und Vertreter der Solarbranche in Berlin ein Zehn-Punkte-Programm zur Rettung der Solarmodulhersteller in Deutschland vor. Vor allem Sachsen und Sachsen-Anhalt machen Druck. In den beiden Ländern werden dem sächsischen Energieministerium zufolge Halbleiter, Zellen, Module, Vorprodukte und Anlagen für die Solarindustrie produziert. Sachsens Energieminister Wolfram Günther sprach bei der Präsentation von einer “heftigen Dumpingattacke Chinas”. Es sei fünf vor Zwölf. “Hier werden innovative und voll wettbewerbsfähige europäische Unternehmen mit staatlich subventionierten Kampfpreisen vom Markt gedrängt.”
Das Papier fordert unter anderem:
Letztere soll die unliebsame chinesische Konkurrenz aus dem Markt drängen. Denn seit die USA 2021 Importe von Solarmodulen mit Silizium aus Xinjiang in die USA verboten, werden Chinas ohnehin stark wachsende Ausfuhren immer stärker nach Europa umgeleitet. Auch der ESMC fordert daher das Zwangsarbeits-Importverbot. “Ziel ist, dass Entwicklung und Wertschöpfung in diesem Bereich bei uns bleiben und nicht dauerhaft abwandern”, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.
Die EU will die Abhängigkeiten vom Ausland und speziell von China reduzieren. Bis 2030 sollen nach dem geplanten NetZero Industry Act der EU-Kommission mindestens 40 Prozent aller Photovoltaikanlagen im europäischen Inland produziert werden. Dazu sollen Gigafabriken in Frankreich, Italien und Deutschland entstehen. Wie genau das geschafft werden soll, ist bisher ungewiss.
Es gibt keine einfachen Lösungen. “Die EU steht vor einer zunehmend schwierigen Entscheidung: Entweder sie lässt sich auf billigere chinesische Cleantech-Importe ein, um einen reibungslosen Dekarbonisierungsprozess zu ermöglichen. Oder sie schützt die heimische Produktion sauberer Energie und macht damit die Energiewende teurer”, schreiben die Trivium-Experten. Ein Förderpaket im Ausmaß des “Inflation Reduction Act” (IRA) der USA aufzulegen, wäre für Brüssel schwierig und würde lange dauern.
Die EU erhebt seit 2014 bereits Antidumping- und Antisubventionszölle auf aus China importiertes Solarglas. Brüssel schaute auch damals auf die Auswirkungen der Zölle auf die Kostenstruktur der europäischen Photovoltaik-Modulhersteller und befand diese nicht als unverhältnismäßig.
Antidumpingzölle sind aber nur möglich, wenn wirklich Dumping vorliegt, sprich die angebotenen Preise unter den Herstellungskosten liegen – oder die Hersteller in den Exportmärkten weniger verlangen als auf dem Heimatmarkt. Laut Trivium und pv magazine liegen die Preise in China ähnlich niedrig wie derzeit in der EU. Die dortigen Herstellungskosten sind schwerer zu ermitteln, ebenso wie die Frage, ob Chinas Subventionen den Markt stark genug verzerren, um Antisubventionszölle zu rechtfertigen.
Meyer Burger-Chef Gunter Erfurt hat dazu eine klare Meinung. Er schrieb kürzlich auf Linkedin: “Nur noch acht Prozent aller Modulkapazitäten werden 2023 nicht von China kontrolliert sein. Das empfinden wir als normal und völlig OK? In Zeiten massiver geopolitischer Veränderungen? Ich bin enorm besorgt, und wir sollten es alle sein.”
Die wichtigen Volkswirtschaften aus Afrika waren alle vergangene Woche in China präsent, als der chinesische Präsident Xi Jinping die Meilensteine der ersten Dekade der “Belt and Road”-Initiative (BRI) präsentierte. Während Chinas Beziehungen mit westlichen Staaten meist schwierig sind und diese die BRI kritisieren, suchten afrikanische Regierungen beim dritten BRI-Forum nach 2017 und 2019 die Nähe zu China.
Rund 130 hochrangige Staatsvertreter waren der Einladung Chinas gefolgt, darunter 23 Staatsoberhäupter oder Regierungschefs. Das war ein deutlicher Rückgang von 37 Top-Gästen im Vergleich zum Forum von 2019. Die afrikanischen Vertreter hingegen kamen in etwa gleicher Stärke, darunter:
Dies entsprach etwa der afrikanischen Repräsentation im Vergleich zum vergangenen Forum. Aus Europa ging die Teilnahme jedoch stark zurück. Von dort kamen nur zwei Staatsvertreter, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und der serbische Präsident Aleksandar Vučić.
Das Forum zeigte, wie sehr China auf gute Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens setzt. Schon beim 15. Brics-Gipfel in Südafrika und dem G20–Gipfel in Indien in diesem Jahr machte die Regierung dies deutlich. Eigentlich stand bei der BRI, die Präsident Xi vor zehn Jahren in Kasachstan vorgestellt hatte, zunächst Zentralasien im Vordergrund. Doch heute hat Peking mehr als 200 Kooperationsabkommen mit 150 Ländern und 30 internationalen Organisationen, vor allem in Afrika, unterzeichnet.
Forscher der US-amerikanischen Boston University schätzen, dass zwischen 2013 und 2021 China rund 331 Milliarden Dollar im Rahmen der BRI investiert hat. Sie betonen aber auch, dass zahlreiche Empfänger chinesischer Finanzmittel einer “erheblichen Schuldenkrise ausgesetzt sind”. Trotzdem unterstützte Peking laut einer Weltbankstudie die Schuldnerländer mit Finanzspritzen von 240 Milliarden Dollar zwischen 2008 und 2021.
So befindet sich Kenia in akuten Zahlungsschwierigkeiten. Derzeit schuldet Kenia China rund sechs Milliarden Dollar, was Präsident William Ruto zwang, die Staatsausgaben um zehn Prozent zu reduzieren. “Der größte Teil unserer Einnahmen wird für die Rückzahlung chinesischer Kredite verwendet, was nicht nachhaltig ist”, bemerkt Karuti Kanyinga, Professor an der University of Nairobi.
Mit chinesischen Krediten baute Kenia eine neue Eisenbahnlinie von Mombasa über Nairobi zum Rift Valley. Ursprünglich sollte die 4,7 Milliarden Dollar teure Bahnstrecke nach Uganda verlängert werden und weitere Binnenländer in Ostafrika anbinden. Allerdings nahm die Regierung in Kampala Abstand von China und setzte auf eine Partnerschaft mit der Türkei.
Ruto zählte zu den führenden afrikanischen Staatsoberhäuptern, die beim “Belt and Road”-Forum anwesend waren. Er bat China um eine weitere Finanzspritze von einer Milliarde Dollar und vereinbarte mit Xi Jinping die Öffnung des chinesischen Marktes für landwirtschaftliche Produkte aus Kenia, um nach Rutos Worten “den Abschluss von Infrastrukturprogrammen zu gewährleisten”.
Auch Brics-Neumitglied Äthiopien machen die Schulden gegenüber China zu schaffen. China war das erste Land, das Addis Abeba mehr Luft ließ. China verhandelt derzeit auch mit anderen Ländern in Afrika. “Das ist sehr ermutigend”, sagt Annalisa Fedelino, die stellvertretende Afrika-Chefin des US-dominierten IWF. Insgesamt spielt China jedoch eine geringere Rolle in Afrikas Schulden als gemeinhin angenommen. Nur 12 Prozent der afrikanischen Schulden kommen von Krediten aus China. Die meisten chinesische Kredite in Afrika hat die China Exim-Bank gewährt.
China ist vorsichtiger bei der Kreditvergabe geworden. Während es 2016 noch 28 Milliarden Dollar jährlich waren, schrumpften die Kredite bereits 2019, also vor Covid und dem Ukrainekrieg, auf sieben Milliarden Dollar. “Es gibt keine Schuldenfallen bei der BRI”, fasst zum Beispiel Jean Louis Robinson, der Botschafter von Madagaskar in China die Lage zusammen. Vielmehr böte die BRI “für manche Schwellenländer weiterhin große Möglichkeiten.”
Dass China in Afrika auch stark kulturpolitisch engagiert ist, zeigen zwei Studien, die das Ifa-Institut für Auslandsbeziehungen veröffentlicht hat. Die Ergebnisse sollen am Dienstagabend in Berlin vorgestellt werden. Den Studien zufolge besteht eine Strategie Chinas darin, Kapazitäten zur Förderung von Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen und als Partner für Entwicklung wahrgenommen zu werden.
Dieser Logik folgend habe China kulturelle Initiativen innerhalb von Organisationen wie der Unesco gegründet. Gleichzeitig umgehe es diese und stärke eigenständige Vereinigungen wie BRI und Brics. Ziel der chinesischen Kulturdiplomatie sei es, eigene Narrative zu etablieren.
An ihrem eigenen Narrativ arbeitet auch die EU: Am Mittwoch und Donnerstag wird in Brüssel das “Global Gateway”-Forum stattfinden. Die Infrastruktur-Initiative der EU soll als Alternative zur BRI gesehen werden – bisher hakt es allerdings noch bei der Umsetzung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bei dem Forum hochrangige Vertreter aus 40 Ländern unter dem Motto “Stronger Together through Sustainable Investment” empfangen. Wer aus den afrikanischen Staaten dabei sein wird, ist noch nicht bekannt.
China und Russland vertiefen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit. Am Montag unterzeichneten beide Länder eine Reihe von Kooperationsvereinbarungen, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Die Branchen reichen demnach von der Industrie und Logistik bis hin zum elektronischen Handel und der Landwirtschaft. An der Konferenz in Shenyang, der Hauptstadt der Provinz Liaoning, nahmen Vertreter der russischen Wirtschaft und Politik teil sowie fast 800 chinesische Unternehmen.
Von Januar bis September hätten sich 40 russische Firmen in Liaoning niedergelassen, wie der chinesische Rundfunk berichtete. Die Exporte aus Liaoning nach Russland stiegen in diesem Zeitraum zudem um 82,3 Prozent auf 42,64 Milliarden Yuan (5,5 Milliarden Euro). rtr
Chinas Steueruntersuchung bei Apple-Zulieferer Foxconn könnte Insidern zufolge möglicherweise “politische Gründe” haben. Reuters zitierte am Montag zwei Foxconn-nahe Quellen, die erklärten, die Prüfung sei ungewöhnlich, da sie weniger als drei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in Taiwan stattfinde und mit Foxconns Diversifizierungsbemühungen zur Verlagerung eines Teils der Produktion aus China heraus zusammenhänge.
Die chinesischen Steuerbehörden hatten Foxconn nach einem Bericht staatlicher Medien einer Durchsuchung unterzogen. Betroffen waren demnach Büros des Elektronikriesen in den Provinzen Guangdong und Jiangsu, wie die staatliche Zeitung Global Times am Sonntag schrieb. Das Ministerium für Rohstoffe habe auch Foxconn-Büros in den Provinzen Henan und Hubei geprüft, wo das Unternehmen große Produktionsstätten hat. Foxconn beschäftigt in China Hunderttausende Arbeiter.
Nähere Einzelheiten zu den Durchsuchungen, deren Zeitpunkt und möglichen Ergebnissen wurden in dem Zeitungsbericht nicht genannt. Darin wird aber ein Experte mit den Worten zitiert, dass “die von Taiwan finanzierten Unternehmen, einschließlich Foxconn, zwar an den Dividenden der Entwicklung teilhaben und bemerkenswerte Fortschritte auf dem Festland machen, aber auch die entsprechende soziale Verantwortung übernehmen sollten und eine positive Rolle bei der Förderung der friedlichen Entwicklung der Beziehungen” zwischen beiden Seiten spielen sollten.
Für Apple arbeitet Foxconn an der Herstellung von iPhones, das Unternehmen produziert aber auch im Auftrag anderer Elektronik- und Computerfirmen. Foxconn-Gründer Terry Gou kündigte im August seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl in Taiwan Anfang kommenden Jahres an. Er gilt als China-freundlich. rtr/ari
Norbert Lammert (CDU), Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages, warnt davor die Brics-Staaten zu unterschätzen. “Ich persönlich finde die Erweiterung von Brics bemerkenswert, zumal dabei leicht absehbar ist, wer zwischen Russland und China der Koch und wer der Kellner ist”, sagte Lammert im Gespräch mit Table.Media. Der spannende Punkt der Entwicklung mit offenem Ende sei, zu sehen, dass es eine wachsende Zahl von Ländern gibt, die sich neu orientieren. “Man würde die mindestens potenzielle Bedeutung dieser Brics-Erweiterung unterschätzen, wenn man sie auf Handelsinteressen reduzierte“, betonte Norbert Lammert.
Die Debatte um die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrates in Deutschland sieht Lammert als überholt an. Inzwischen müsse man über einen Europäischen Sicherheitsrat sprechen. Es sei allerdings “erkennbar weltfremd”, hier je Einstimmigkeit zu erwarten, wenn alle Nationalstaaten gleichzeitig daran festhielten, das alleinige Sagen über ihre Armeen zu behalten. Das ganze Interview mit Norbert Lammert lesen Sie hier. ari
Die Europäische Union wird Ende November den letzten Schritt zur Einführung des neuen Handelsinstruments gegen wirtschaftliche Erpressung unternehmen: Die Unterzeichnung der Verordnung wird voraussichtlich am 22. November erfolgen, teilte der Rat der Europäischen Union am Montag mit. 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU wird das “anti-coercion tool” (ACI) dann in Kraft treten.
“Ziel ist es, mit dieser Gesetzgebung eine Deeskalation zu erreichen und im Dialog einen Abbau von Zwangsmaßnahmen im Handel und bei Investitionen herbeizuführen”, erklärte der Rat. Wenn dies nicht möglich sei, könne die EU dann als letztes Mittel Gegenmaßnahmen wie die Einführung von Handelsbeschränkungen ergreifen, beispielsweise in Form erhöhter Zölle, Einfuhr- oder Ausfuhrlizenzen.
Der Musterfall für ein Heranziehen des ACI ist das De-Facto-Handelsembargo Chinas gegen Litauen, nachdem Taiwan in Vilnius eine Vertretung mit Namen “Taiwan”-Büro eröffnet hatte. Der Streit wird im Dezember bereits zwei Jahre alt. Rückwirkend soll ACI allerdings nicht zum Einsatz kommen. ari
Japan wird am 28. und 29. Oktober Gastgeber des G7-Handelsministertreffens in Osaka sein. Das Hauptaugenmerk der Veranstaltung wird auf der Verbesserung der Lieferkettenresilienz und der Stärkung der Ausfuhrkontrollen für kritische Mineralien und Technologien liegen. Aber auch der von China ausgeübte “wirtschaftliche Zwang“, insbesondere die weit verbreiteten Verwerfungen aufgrund seiner intransparenten und marktverzerrenden industriepolitischen Maßnahmen, werden voraussichtlich ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Seit seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 wurde China wiederholt beschuldigt, unfaire Industriesubventionen zu gewähren. Das brachte dem Land mehrere WTO-Streitverfahren ein. Im Jahr 2006 beispielsweise beschwerten sich die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und Kanada, dass China – vorwiegend über seine sogenannten “Exportbasen“-Programme – die Exporte der Automobil- und Autoteile-Industrie subventionierte. Aufgrund der erheblich handelsverzerrenden Auswirkungen dieser Subventionen sind diese von der WTO strikt verboten.
Darüber hinaus behaupteten die USA im Jahr 2010, China würde einheimische Hersteller von Windkraftanlagen durch Gewährung von Zuschüssen an jene Unternehmen subventionieren, die in China hergestellte Komponenten verarbeiten. Im Jahr 2017 verlagerte sich der Fokus auf angebliche Subventionen für große chinesische Aluminiumhersteller. Und ein Jahr später gab die WTO der Klage der US-Bundesregierung statt, wonach China Ausgleichs- und Antidumpingzölle auf Hühnerfleischprodukte aus den USA erhebt.
Unterdessen ist der bilaterale Handel zwischen China und Südkorea deutlich zurückgegangen. Grund dafür sind die zunehmenden geopolitischen Spannungen und die Entscheidung Chinas, Hersteller von Elektrofahrzeugen, die Akkus aus Südkorea verwenden, von seinem Subventionsprogramm auszuschließen. Auch die Handelsbeziehungen zwischen China und Australien verschlechterten sich, nachdem China auf die Forderung des damaligen australischen Premierministers Scott Morrison nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Ursachen der Covid-19-Pandemie mit der Verhängung von Zöllen auf australische Waren wie Gerste, Wein, rotes Fleisch, Bauholz und Hummer reagiert hatte.
Vor einigen Monaten bekannten sich die Staats- und Regierungschefs der G7 zur Bekämpfung aller Formen des wirtschaftlichen Zwangs. Das könnte jedoch weitreichende Folgen haben, wenn man bedenkt, dass 19,4 Prozent der japanischen Exporte nach China gehen, so wie auch 7,5 Prozent der Exporte aus den USA, 6,8 Prozent aus Deutschland und 6,5 Prozent aus dem Vereinigten Königreich. Sollten die G7 Gegenmaßnahmen gegen Chinas wirtschaftlichen Zwang ergreifen, wäre es möglich, dass sich der chinesische Präsident Xi Jinping zu Vergeltungsmaßnahmen veranlasst sieht.
Doch abgesehen von den möglichen Auswirkungen auf die G7-Volkswirtschaften könnte sich eine derartige Anti-Zwangsmaßnahmen-Kampagne der G7 auch negativ auf den Welthandel auswirken. Zunächst einmal bietet die Schwammigkeit des Begriffs “wirtschaftlicher Zwang” nicht nur den G7-Staaten, sondern Regierungen weltweit die Möglichkeit, ihn als Vorwand für protektionistische Maßnahmen zu nutzen, wodurch Produktionskosten und Preise insgesamt steigen könnten.
Die EU definiert wirtschaftlichen Zwang als eine Situation, in der ein Drittland versucht, Druck auf die EU oder einen Mitgliedstaat in Bezug auf ihre Wahlfreiheit auszuüben, indem dieses Drittland Maßnahmen gegen die EU oder einen Mitgliedstaat ergreift oder zu ergreifen androht, welche sich auf den Handel oder Investitionen auswirken sollen. Während jedoch einige Taktiken und Instrumente eindeutig Zwang darstellen, wird nicht klar definiert, was als Maßnahme “gegen” ein anderes Land gilt. Angesichts dieser Unklarheit könnte der Begriff auf die politischen Strategien vieler Länder gemünzt werden.
Darüber hinaus haben die G7 zwar wiederholt betont, dass sie Exportkontrollen für ein “grundlegendes politisches Instrument” halten, um die Nutzung kritischer Technologien für militärische Zwecke zu verhindern, doch können solche Maßnahmen die langfristige Ressourcenallokation und den Welthandel verzerren, die Wettbewerbsfähigkeit untergraben und das Wirtschaftswachstum sowohl in den exportierenden als auch in den importierenden Ländern hemmen.
In einer Studie aus dem Jahr 1981 hat der Princeton-Ökonom Gene M. Grossman beispielsweise dargelegt, dass Anforderungen hinsichtlich des lokalen Anteils an der Herstellung häufig zu einem Rückgang der Produktion und zu höheren Preisen für Endprodukte führen, obwohl die Auswirkungen dieser Anforderungen auf inländische Zwischenprodukte unklar bleiben und weitgehend von marktspezifischen Faktoren und Produktionsprozessen abhängen.
In einem wissenschaftlichen Beitrag aus dem Jahr 1992 skizzieren Grossman und Elhanan Helpman ein Rahmenwerk für den Handelsschutz, in dem Branchen mit höherer Elastizität der Importnachfrage oder des Exportangebots weniger von Freihandelspraktiken abweichen. Und im Jahr 2012 stellten Will Martin und Kym Anderson fest, dass Veränderungen handelspolitischer Strategien, insbesondere Exportbeschränkungen, eine bedeutende Rolle beim Anstieg der weltweiten Preise für Grundnahrungsmittel während der Rohstoffbooms der Jahre 1973-1974 und 2006-2008 spielten.
Durch die Verabschiedung von Maßnahmen zur Verhinderung von wirtschaftlichem Zwang könnten die G7-Mitglieder ungewollt andere Länder dazu ermutigen, eigene Handelsschranken zu errichten. Allein im Jahr 2022 haben Staaten weltweit fast 3.000 protektionistische Maßnahmen umgesetzt, die Investitionen und den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen. Diese entweder von einzelnen Ländern oder größeren Gruppen ergriffenen Maßnahmen könnten die Unsicherheit verschärfen und den globalen Handel behindern.
Die zunehmende Fragmentierung zeigt bereits negative Auswirkungen. Während der Gesamtwert des Welthandels im Jahr 2022 49,5 Billionen Dollar erreichte, senkte die WTO kürzlich ihre Prognose für das Handelswachstum im Jahr 2023 von 1,7 auf 0,8 Prozent und begründete dies mit Beeinträchtigungen des Handels und einer Verlangsamung der Produktion.
Für die G7 gilt es, eine Führungsrolle bei der Deeskalation der Spannungen zu übernehmen. Die G7 könnten den Welthandel in die richtige Richtung lenken, wenn sie dafür sorgen, dass die WTO wirksam arbeitet, und Strafmaßnahmen, die die wirtschaftliche Stabilität gefährden, vermieden werden.
Lili Yan Ing ist Generalsekretärin der International Economic Association und leitende Beraterin für die Region Südostasien am Wirtschaftsforschungsinstitut für ASEAN und Ostasien.
Übersetzung: Helga Klinger-Groier
Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org
Sophia Yan, bisher Journalistin in Taipeh, wird neue Korrespondentin für die britische Tageszeitung Telegraph in Istanbul. Yan hatte mehr als elf Jahre aus Asien berichtet, darunter aus Taiwan, Hongkong, Peking und Tokio.
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163 Jahre lang waren sie nicht zusammen zu sehen. Nun hat das Poly Art Museum in Peking sie für die Öffentlichkeit wieder in einem Raum versammelt. Die fünf Kupfer-Büsten, die chinesische Sternzeichen darstellen, wurden 1860 von britischen und französischen Truppen aus dem alten Sommerpalast geraubt und in alle Winde verstreut. Zwei landeten in der Sammlung des Modedesigners Yves Saint Laurent. In den Nullerjahren entbrannte um die Kunstwerke eine kontrovers diskutierte Debatte. Für das neu erstarkte China wurden sie zum Symbol von Nationalstolz und Vergangenheitsbewältigung. Mehrere chinesische Museen konnten sieben der Büsten schließlich mit Unterstützung der Regierung ersteigern. Fünf weitere, die einen Drachen, eine Schlange, einen Hahn, eine Ziege und einen Hund darstellen, fehlen bis heute.