Bundesamt für Kartographie und Geodäsie – das klingt nicht gerade nach James Bond. Dieses Empfinden mag sich bereits mit der Nachricht erheblich geändert haben, dass chinesische Hacker dieses Amt vor drei Jahren erfolgreich ausspioniert haben.
Wie erfolgreich dieser Angriff tatsächlich war, erklärt Finn Mayer-Kuckuk in seiner Analyse: Denn die offiziellen Kartendaten des ganzen Landes – in 3D! – sind militärisch von hohem Wert, nicht nur mit Blick auf Chinas gute Freundschaft mit dem Aggressor Russland.
Deswegen ist es so wichtig, dass die Bundesregierung in ihrer Reaktion der vor einem Jahr vorgestellten China-Strategie folgt und deutliche Worte für die Attacke findet. Denn die drei Jahre alte Geschichte veranschaulicht schlicht die stetig ansteigende Bedrohungslage.
Ist das noch Olympia, oder schon Kindergarten? Das mögen sich einige gefragt haben, als sie davon hörten, wie sich Spitzensportler gegenseitig mit Verachtung und Ignoranz strafen oder von Spitzentrainern, die absichtlich mit Wasser vollgespritzt wurden.
Die albernen Verhaltensweisen haben aber einen ernsten Hintergrund: Pan Zhanle ist in Paris zum Sieg geschwommen, und das schneller als jemals jemand zuvor. Er siegte mit einer Körperlänge und ganzen 1,08 Sekunden vor dem Zweitplatzierten. Diese im Wortsinn unglaubliche Überlegenheit in Kombination mit den positiven chinesischen Doping-Proben der Vergangenheit und deren hanebüchenen Rechtfertigungen ist der Grund dafür, dass sich der Weltrekordler nun von seinen Konkurrenten diskriminiert fühlt. Das Traurige daran: Pan selbst ist bisher nie positiv getestet worden.
Die Gemengelage rund um Chinas ungeliebte Olympia-Teilnehmende hat Michael Radunski aufgedröselt. Sein Fazit: Schuld hat keineswegs nur das zwielichtige chinesische System, sondern tragen auch die inkonsequenten internationalen Kontroll-Institutionen.
Eine erkenntnisreiche Lektüre zum Wochenausklang wünscht Ihnen
Der Cyber-Angriff liegt schon drei Jahre zurück, doch der Botschafter wurde erst jetzt einbestellt. Am Mittwoch hat das Außenministerium Chinas Repräsentanten in Berlin, Wu Ken, zum Gespräch gebeten. Thema des unangenehmen Termins: Spionage bei einer wichtigen Bundesbehörde. Denn das Innenministerium konnte jetzt nachweisen: Staatliche chinesische Hacker sind in die Systeme des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie eingedrungen.
So ein Angriff hat Auswirkungen auf die Sicherheit Deutschlands. Das Militär benötigt schon immer Kartendaten für seine Operationen – und niemand hat Deutschland so kleinteilig vermessen wie das Bundesamt für Kartographie. Die deutschen Sicherheitsdienste konnten nachweisen, dass die Angreifer sich 2021 in einem Teilbereich des Netzwerks im Kartenamt frei tummeln konnten. China wiederum unterstellt Deutschland mit seinem Vorwurf “Feindseligkeit”.
Für die Regierung handelte es sich um einen geeigneten Anlass, um die neue Politik deutlicher Worte gegenüber China auszuprobieren. Das Auswärtige Amt und das Innenministerium, das die China-Strategie entscheidend formuliert haben, füllen sie nun auch mit Leben.
Das Strategiepapier von Juli 2023 hatte eine Veränderung im Umgang mit China gefordert. Der Schutz kritischer Infrastruktur und die Sicherheit im Cyberraum haben darin eigene Unterkapitel. “Die Bundesregierung geht entschieden gegen böswillige Cyberaktivitäten vor”, lautet dort der Vorsatz.
Anhand der nachgewiesenen Spionage bei einer Bundesbehörde konnte man nun deutlich machen, dass Deutschland nicht alles kommentarlos durchgehen lässt. “Es geht auch darum, für den Fall einer eindeutigen Attribution jetzt ein Signal in Richtung China zu setzen, dass sich die deutsche Seite der Cyberangriffe bewusst ist und dies diplomatisch nicht toleriert“, sagt Dennis-Kenji Kipker, Forschungsdirektor beim Cyberintelligence Institute in Frankfurt, das er mitgegründet hat.
Spionage beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie kann die Bundesregierung aber eben schon deshalb nicht auf die leichte Schulter nehmen, weil sie auch militärisch relevant ist. Das Bundesamt verwaltet die offiziellen Kartendaten Deutschlands – und zwar nicht nur als dröge Landkarten, sondern in 3D. Inzwischen ist dort sogar ein digitaler Zwilling Deutschlands in Arbeit: ein detailliertes Modell des ganzen Landes in vielen Details. Das Bundesamt weiß sogar, wie dick die Erdschichten in Deutschland sind und woraus sie an welcher Stelle bestehen.
“Die gesammelten Daten könnten für Angriffe auf kritische Infrastrukturen in Deutschland verwendet werden”, sagt Antonia Hmaidi, Senior Analyst beim auf China spezialisierten Merics-Institut. “Da die chinesische Regierung nachweislich Hacks zur Vorbereitung von Angriffen auf kritische Infrastrukturen in anderen Ländern einsetzt, besteht die Sorge, dass dies auch das Ziel dieses Angriffs sein könnte.” Für einen Angreifer sind solche Daten von unschätzbarem Wert. Marschflugkörper können damit um Hügel und Windräder navigieren, eine Panzerarmee könnte ihr Vorrücken optimal planen; es lassen sich Netzknotenpunkte identifizieren und ausschalten und andere Schwachstellen in der Infrastruktur aufspüren. Und: China paktiert jetzt schon mit Russland, das Deutschland bereits offen mit Krieg gedroht hat.
Innenministerin Nancy Faeser zeigt sich sehr selbstbewusst, wirklich einen chinesischen Angriff nachgewiesen zu haben. “Wir fordern China auf, derartige Cyberattacken zu unterlassen und zu unterbinden. Diese Cyberangriffe bedrohen die digitale Souveränität Deutschlands und Europas”, sagte sie laut Pressemitteilung.
Tatsächlich gibt es inzwischen Regeln dafür, was als Angriff einer fremden Macht gelten kann. “Deutschland verfügt seit 2021 über ein nationales Attributionsverfahren für Cyberangriffe“, sagt Kipker. Dabei handele es sich um einen technischen und politischen Prozess, in dem geprüft wird, ob eine diplomatisch relevante Anschuldigung gerechtfertigt ist. Eine Schlüsselrolle habe hier das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Vor der Veröffentlichung koordiniere sich die Regierung dann in der Regel auch mit verbündeten Staaten.
Doch so ominös der Angriff gerade auf das Bundeskartenamt ist: Es handelt sich dabei nur um einen kleinen Teil eines größeren Bildes. Feasers Ministerium hat noch zahlreiche weitere von China ausgehende Cyber-Attacken auf deutsche Einrichtungen registriert. Die Opfer kamen aus der ganzen Bandbreite der Gesellschaft:
Dabei handelt es sich durchaus nicht um die Wiederholung eines alten Spiels, sondern um eine zunehmende Bedrohung. “Die Vorgehensweise der Cyberspionageakteure erfuhr eine deutliche qualitative und quantitative Weiterentwicklung, wodurch eine bislang kaum dagewesene Reichweite und Effektivität erreicht werden konnten”, stellt das Ministerium fest. Besonders betroffen waren IT-Dienstleister, die für Behörden arbeiten.
Zuständig für die Aufklärung ist das Bundesamt für Verfassungsschutz, also der deutsche Inlandsgeheimdienst. Dieser hat am Donnerstag auch ein neues Papier mit einer Auswertung chinesischer Geheimdienstaktivitäten veröffentlicht. Es geht dabei allerdings um ein bekanntes Leak, das China.Table bereits analysiert hat. “Es gibt keine Möglichkeit, sich vollständig gegen solche Hacker zu schützen”, sagt Hmaidi. “Daher ist es eine kluge Maßnahme, dafür zu sorgen, dass selbst im Falle eines erfolgreichen Angriffs nicht alle Daten verfügbar sind, zum Beispiel, indem der Zugang zu den Daten auf die Personen beschränkt wird, die sie benötigen.”
Cybersicherheits-Experte Kipker erwartet, dass die Ermittler auch künftig noch viel zu tun haben. “Ich denke nicht, dass eine solche diplomatische Verwarnung in Zukunft etwas ändern wird, denn Spionage gibt es schon seit jeher und wird es mit den gestiegenen digitalen Möglichkeiten auch zukünftig weiter geben”, sagt er. “Sinnvoller wäre es deshalb, diesen Vorfall zu nutzen, um die Cybersicherheitskapazitäten in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland flächendeckend zu stärken.”
Pan Zhanle (潘展乐) ist der schnellste Schwimmer der Welt. In unglaublichen 46,40 Sekunden hat der chinesische Schwimmer die 100-Meter-Freistil zurückgelegt. Das ist Gold – und der erste Weltrekord bei den Olympischen Spielen in Paris. Beim Wettkampf in der La Défense Arena von Paris blieb der 19 Jahre alte Chinese ganze vier Zehntelsekunden unter seiner eigenen Bestmarke. Doch Pans grandiose Leistung wird überschattet.
Das Misstrauen unter den Athleten wächst, der Umgang miteinander wird ruppiger. Das ist besonders bitter, denn eigentlich sollte es bei den Wettkämpfen nur um die Sportler und ihre Leistungen gehen. Schuld daran sind ein chinesisches Doping-System, aber auch inkonsequente Institutionen wie die Welt-Anti-Dopingagentur Wada. Der Fall Pan Zhanle offenbart diese traurige Entwicklung.
Direkt nach seinem Erfolg gab er noch am Beckenrand chinesischen Medien bereitwillig Interviews. Doch statt seinen Erfolg zu genießen, stimmte er nachdenkliche Töne an und erhob Vorwürfe gegenüber dem Zweitplatzierten Australier Kyle Chalmers sowie gegen Schwimmer aus anderen Ländern.
Pan sagte dem chinesischen Fernsehsender CCTV: “Nachdem wir am ersten Tag die 4×100-Meter-Freistilstaffel beendet hatten, grüßte ich Chalmers, aber er ignorierte mich völlig.” Andere Schwimmer wie der Amerikaner Jack Alexy hätten sich herablassend verhalten. Beim Training hätten Alexy und andere US-Schwimmer Rollwenden vor gezielt Pans Trainer geübt und so absichtlich Wasser direkt auf die chinesischen Trainer gespritzt.
“Es fühlte sich einfach so an, als würden sie auf uns herabblicken“, klagte Pan und fügte hinzu: “Darf ich das sagen?” Wenige Sekunden später hatte der Olympiasieger aber offensichtlich seine Selbstsicherheit wiedergefunden und sagte: “Aber heute haben wir sie alle geschlagen und den Weltrekord in einem so schwierigen Becken gebrochen.”
Chalmers streitet die Vorwürfe ab. Doch die vermeintlich persönliche Auseinandersetzung zwischen zwei Kontrahenten zeigt das größere Problem: Chinas Doping und das windige Verhalten der Welt-Anti-Dopingagentur Wada.
Chinas Dopingaffäre ist der große Schatten, der über den Olympischen Spielen in Paris hängt. Und immer kommen neue Meldungen hinzu. Doch der Reihe nach: Vor drei Jahren wurden 23 chinesische Spitzenschwimmer positiv auf die Einnahme des Herzmittels Trimetazidin getestet – aber nicht dafür bestraft. Die Wada ließ sich mit fadenscheinigen Ausreden des chinesischen Schwimmverbandes abspeisen. Und so durften die Sportler an den folgenden Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen in Tokio unbehelligt teilnehmen.
Am Dienstag wurden zwei weitere Fälle bekannt. Die New York Times berichtete, dass bei Tang Muhan und He Junyi 2022 das anabole Steroid Metandienon nachgewiesen worden war. Auch sie wurden nicht gesperrt. Jedes Mal präsentieren Chinas Behörden und Anti-Doping-Instanzen eine neue Kontaminierungsthese: Mal ist die Hotelküche verunreinigt, mal das Fleisch beziehungsweise der dazugehörige Hamburger. Mehr noch: Insgesamt elf positiv getestete chinesische Schwimmathleten sind bei den Spielen in Paris dabei.
Das Verrückte dabei: Pan Zhanle gehört nicht zu jenen positiv-getesteten Schwimmern. Und doch wird nun auch sein Erfolg mit Skepsis bewertet.
Denn Pan siegte nicht nur in Weltrekordzeit, er war eine Körperlänge und ganze 1,08 Sekunden vor dem Zweitplatzierten. Normalerweise beträgt der Abstand zwischen Erstem und Zweiten beim 100 Meter Freistil der Männer wenige Tausendstelsekunden. 2012 in London waren es 0,01 Sekunden, 2020 in Tokio 0,06 Sekunden.
Entsprechend sauer sind andere Sportler und deren Trainer. Misstrauisch blickt man auf Chinas Erfolge. “Ich habe diesen Sport studiert, ich habe Geschwindigkeit studiert”, sagte der ehemalige australische Olympiateilnehmer Brett Hawke nach Pans Sieg. “In diesem Feld gewinnt man 100 Meter Freistil nicht mit einer Körperlänge Vorsprung. Das schafft man einfach nicht.” Hawke ist mittlerweile Trainer der australischen Schwimmmannschaft. Er ist überzeugt: “Es ist menschlich nicht möglich, dieses Feld mit einer Körperlänge Vorsprung zu schlagen.”
In chinesischen Medien wie der Global Times oder auf Sina Weibo wittert man längst eine Verschwörung gegen China. Hawke lässt das nicht gelten und bekräftigt: “Es ist mir egal, was Sie sagen. Es geht hier nicht um Rasse, es richtet sich nicht gegen eine bestimmte Person oder Nation, es ist einfach das, was ich sehe und weiß.”
Und so zeigt sich im Sieg von Pan Zhanle eine traurige Entwicklung. Statt über seine Schwimmtechnik, sein hartes Training oder sein glänzendes Rennen wird vor allem über die Wada, über verunreinigte Küchen und Hamburger-Fleisch gesprochen. In den Medien ist ein solch kritischer Blick wichtig. Zwischen den Sportlern erschüttert gegenseitiges Misstrauen hingegen an den Grundfesten des sportlichen Wettbewerbs.
06.08.2024, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Understanding China’s New IIT Law and the Six-Year Rule: A Guide for Foreign Taxpayers Mehr
08.08.2024, 8:00 Uhr (14:00 Uhr Beijing time)
ANU College of Asia and the Pacific, China Seminar Series (online): From South China to Australia: Sources Surrounding 19th-century Cantonese Bilingual Lexicons Mehr
08.08.2024, 08:50 Uhr (14:40 Beijing time)
German Chamber of Commerce in China , GCC Knowledge Hub (online): GCC Knowledge Hub: Inside the Chinese Social Credit System: What Companies Need to Know Mehr
08.08.2024, 16:00 Uhr (22:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic & International Studies, Webinar: U.S. Investments in Asia: Catalyzing Sustainable Growth through Strategic Partnerships Mehr
08.08.2024, 18:00 Uhr (24:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: At a Crossroads for Your China Business – When and How to Survive, Right-size, or Exit Mehr
09.08.2024, 14:30 Beijing time
German Chamber of Commerce in China – East China, Event in Shanghai Government Affairs Exchange 政府事务沙龙会 Mehr
11.08.2024, 11:00 Uhr
Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen, Liederabend mit Shichao Cheng (Tenor) & Fan Yang (Klavier): Die Magelone in China Mehr
12.08.2024, 9:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
China Studies Centre, Webinar: Gender Quota Adoption and Institutional Change in China Mehr
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt China als Vermittler in dem seit 29 Monaten andauernden Krieg mit Russland ab. “Wenn China will, kann es Russland dazu zwingen, diesen Krieg zu beenden. Ich möchte nicht, dass (China) als Vermittler auftritt. Ich möchte, dass es Druck auf Russland ausübt, um diesen Krieg zu beenden”, sagte Selenskyj zu Reportern.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba war vor kurzem in China, um auszuloten, ob die Volksrepublik eine konstruktive Rolle für einen gerechten Frieden einnehmen könnte. Direkt im Anschluss hatte die Ukraine den chinesischen Außenminister Wang Yi zu einem Gegenbesuch eingeladen. Die Schweiz hatte im Juni einen Friedensgipfel ausgerichtet, an dem weder Russland noch China teilnahmen. Im November soll es einen zweiten solchen Gipfel geben, bei dem eine Teilnahme Russlands noch möglich ist. rtr/cyb
Der Autobauer BMW geht von einer Abmilderung der von der Europäischen Union vorläufig verhängten Zusatzzölle auf Elektroautos aus China aus. “Wir sind nach den intensiven Diskussionen zuversichtlich, dass der sehr hohe Zoll von 37,6 Prozent nicht eintreten wird”, sagte BMW-Chef Oliver Zipse am Donnerstag. Die bessere Lösung wären gleich hohe Zölle auf beiden Seiten, am besten gar keine. Die zusätzlichen Importzölle, mit denen die EU auf unfaire Wettbewerbsvorteile durch Subventionen der E-Autoproduktion in China reagiert, nannte Zipse eine Sackgasse. BMW ist selbst davon betroffen, weil der elektrische Mini in China gebaut und nach Europa exportiert wird. Der Autobauer selbst würde allerdings nicht unter den Höchstsatz von 37,6 Prozent fallen. “Solche Maßnahmen stärken nicht die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller”, kritisierte der Manager, “im Gegenteil.”
Nach den Worten von Volkswagen-Chef Oliver Blume ist die Regierung in Peking für Gespräche über eine faire Lösung bei Zöllen auf Elektroautos offen. Diesen Eindruck habe er in den Gesprächen mit Ministern bei seiner jüngsten Reise in der Volksrepublik gewonnen, sagte Blume. Zugleich forderte er ein Zollsystem, das die Unternehmen begünstige, welche in der jeweiligen Region investierten. Es sei positiv, wenn chinesische Autobauer in Europa Beschäftigung aufbauten, sagte er. “Wenn wir in China investieren, wollen wir von einer ähnlichen Vereinbarung profitieren.” rtr
Die USA ziehen offenbar in Erwägung, Chinas Zugang zu KI-Speicherchips und Anlagen zur Herstellung dieser Halbleiter noch im August einseitig zu beschränken. Die Maßnahme soll den US-Hersteller Micron und die führenden südkoreanischen Unternehmen SK Hynix und Samsung Electronics davon abhalten, chinesische Firmen mit sogenannten HBM-Chips zu beliefern, berichtet Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertrauten Personen. HBM steht für High-Bandwidth-Memory. Bisher sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Die drei Unternehmen beherrschen den weltweiten HBM-Markt.
Die Regierung Biden arbeitet an mehreren Beschränkungen, die darauf abzielen, wichtige Technologie aus den Händen chinesischer Hersteller fernzuhalten, darunter auch Beschränkungen für den Verkauf von Chipherstellungsanlagen. Micron wäre von der geplanten Regelung weitgehend nicht betroffen, da der in Idaho ansässige Chiphersteller auf den Verkauf seiner HBM-Produkte nach China seit 2023 verzichtet, so die Quellen gegenüber Bloomberg.
Es ist demnach noch unklar, welche Befugnisse die USA nutzen würden, um die südkoreanischen Firmen einzuschränken. Eine Möglichkeit ist die Foreign Direct Product Rule (FDPR), die es Washington ermöglicht, im Ausland hergestellte Produkte zu kontrollieren, wenn diese auch nur kleinste Mengen amerikanischer Technologie verwenden. Die neuen Beschränkungen könnten schon Ende August als Teil eines umfassenderen Regelpakets vorgestellt werden, das auch Sanktionen gegen mehr als 120 chinesische Firmen und neue Beschränkungen für verschiedene Arten von Chipausrüstung umfasst. Dabei sollen aber wichtige Verbündete wie Japan, die Niederlande und Südkorea ausgenommen sein, wie auch Reuters berichtet. cyb
Die Motive des Westens und Chinas für die Kreditvergabe an afrikanische Länder sind sehr unterschiedlich. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), das als eines der ersten Institute die Motive für Kreditvergabe untersucht hat. Wenig überraschend ist die Feststellung, dass Chinas Kreditvergabe vor allem von seinen wirtschaftlichen Interessen geleitet ist. Neu hingegen ist eine Erkenntnis über westliche Kredite: Die westlichen Länder verfolgen mit ihrer Kreditvergabe auch Ziele, die ihren Eigeninteressen zu widersprechen scheinen.
Für die Studie hat IfW-Autor Eckhardt Bode für den Zeitraum zwischen 2000 und 2019 systematisch die Kreditvergabe Chinas mit der von sechs großen westlichen Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Japan und den USA) abgeglichen. Die entsprechenden Daten basieren auf der Africa Debt Database des IfW, einem Datensatz von knapp 7.000 Krediten, die China, westliche Länder und multilaterale Organisationen an afrikanische Länder vergeben haben.
Demnach vergab China in diesem Zeitraum Kredite eher an afrikanische Länder mit mehr natürlichen Ressourcen, geringerem Ausfallrisiko und höherer Zahlungsbereitschaft für Kredite. Peking nutzte die höhere Zahlungsbereitschaft der afrikanischen Länder aus, indem es unverhältnismäßig hohe Zinsen für seine Kredite verlangte. Diese Motive zeigen sich in der Kreditvergabe westlicher Länder nicht, die Kredite eher an ressourcenarme und hochverschuldete Länder vergaben und niedrigere Zinsen für Kredite verlangten. Der westliche Ansatz könnte durch die Bereitstellung von Entwicklungshilfe motiviert sein, vermutet Bode. Es seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um die tatsächlichen Beweggründe zu ermitteln.
Für China zählten bei der Kreditvergabe vor allem wirtschaftliche Interessen: die Förderung des eigenen Wirtschaftswachstums, der Zugang zu natürlichen Ressourcen, die Expansion chinesischer Unternehmen im Ausland sowie die Anlage seiner enormen Devisenreserven. Der Zugang zu den Ressourcen und Märkten Afrikas ist auch ein Motiv für die Kreditvergabe westlicher Länder. Allerdings beschränkte sich der Westen auf die Sicherung der bestehenden Importe, während China auf die Erschließung neuer Lieferanten setzte.
Auch geopolitische Überlegungen spielten für China eine Rolle: Peking verlieh eher Kredite an afrikanische Länder, die das Ein-China-Prinzip unterstützen – also Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennen – und in der UN-Generalversammlung eher mit den Positionen Chinas übereinstimmen. Die westlichen Länder teilten diese Motive nicht und bevorzugten stattdessen die Kreditvergabe an Länder mit einer stabilen Regierung.
Zurzeit sind einige von Chinas afrikanischen Schuldnern in große finanzielle Schwierigkeiten geraten, darunter Tschad, Äthiopien, Ghana und Sambia. Die Verhandlungen über eine Umstrukturierung der Staatsschulden gehen nicht recht voran, auch aufgrund der nach wie vor ungelösten Interessenkonflikte und tiefem Misstrauen zwischen China und den westlichen Ländern. “Chinas derzeit mangelnde Kompromissbereitschaft bei den Schuldenverhandlungen könnte die Schuldenkrise verschärfen und weitere afrikanische Länder in die Zahlungsunfähigkeit treiben.”
“Das derzeitige Vorgehen erinnert an die 1980er und 1990er Jahre, als westliche Gläubiger eine ähnlich harte Haltung gegenüber verschuldeten lateinamerikanischen Ländern einnahmen”, warnt IfW-Forscher Bode. “Diese Länder haben dann ein Jahrzehnt durch wiederkehrende Zahlungsprobleme und eine verzögerte wirtschaftliche Erholung verloren.” ajs
Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris hat nicht nur die Konservativen im Westen verärgert, sondern auch deren Pendants in China. Diese kritisierten, die Zeremonie sei zu sexualisiert und die Sensibilität der nicht-westlichen Menschen gegenüber solche Inhalte ignoriert worden. Während die großen staatlichen Medien es vermieden, die Zeremonie schlechtzureden, hagelte es in den sozialen Medien heftige Kritik.
In einem längeren Artikel mit dem Titel “Arroganz, Impertinenz und Entartung” erklärte ein populärer nationalistischer Meinungsmacher, die Zeremonie habe einen schlechten Einfluss auf Kinder, weil sie “stark sexualisiert” sei und “zu viel LGBT-Propaganda” enthalte. Die Olympischen Spiele “hätten nicht als Lehrkulisse der weißen Linken 白左 über die Komplexität und Fluidität der Sexualität dienen sollen”, schrieb Ren Yi, Investmentbanker in Peking und ebenfalls ein einflussreicher Blogger zu Politik und internationalen Beziehungen. Der Artikel wurde innerhalb von drei Tagen mehr als 100.000 Mal gelesen.
Laut Ren war den Machern der Show, die aus einem multiethnischen und multikulturellen Land stammen, wohl bewusst, dass diese Menschen aus anderen Kulturen verärgern würde. Aber sie hätten sie trotzdem inszeniert, wie sie es wollten, weil sie einfach “egozentrisch sind und keinen Respekt vor anderen haben”, schrieb er. Ren erhielt in den chinesischen sozialen Medien viel Zuspruch, die die Zeremonie als “chaotischen Kulturmüll” und sogar als “Begräbnis der westlichen Zivilisation” anprangerten.
Einige chinesische Kritiker ärgerten sich besonders über die Szene eines Dreierspektakels in einer Bibliothek. Ein Mitglied einer Chatgruppe, der ich angehöre, behauptete, das Trio habe “große französische Klassiker besudelt, die sie gelesen hatten”. Sie schien nur wenig über die gezeigten Buchtitel zu wissen, handeln die meisten von ihnen doch nach traditionellen Ansichten von unsittlichen Beziehungen.
Der Kommentator der Live-Übertragung der Eröffnungszeremonie im chinesischen Fernsehen schwieg während der Dreier-Romanze eine ganze Weile. Solche Szenen wären auf chinesischen Bildschirmen sonst absolut verboten. Und zwar nicht nur die Dreier-Romanze, sondern auch LGBT, Tattoos und Piercings. Offensichtlich hatten die Verantwortlichen beim chinesischen Zentralfernsehen keinen Plan B für solch schockierende Dinge. Und sie hatten auch nicht den Mut, die Übertragung zu unterbrechen, denn das hätte zu einem Skandal geführt.
Dennoch gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Chinesen, die die Inklusivität der Gala zu schätzen wissen. Diese Menschen wurden von Kritikern wie Ren als blinde Bewunderer des Westens mit Minderwertigkeitskomplexen abgetan. Ihr Geist sei “kolonisiert” worden, schrieb ein Nutzer auf Weibo, dem chinesischen Pendant zu X.
Die chinesische Gesellschaft ist in den letzten zehn Jahren deutlich konservativer geworden. In den ersten Jahren des Jahrhunderts gab es in China aufkeimende Bewegungen für Feminismus, LGBT und kulturelle Vielfalt, die seit dem Machtantritt von Xi Jinping stark zensiert und unterdrückt werden.
Liberal denkende Menschen haben sich zurückgezogen, während konservative Stimmen immer lauter werden. Selbsternannte Wächter “traditioneller Werte” attackieren Menschen, die unkonventionelle Kleidung tragen oder gleichgeschlechtliche Intimität zeigen.
Verständlicherweise denken viele Chinesen immer noch wehmütig an die Olympischen Spiele 2008 in Peking und dessen Eröffnungsfeier im Riefenstahl-Stil, bei der jeder Einzelne ein kleines Atom in einem Meer von Darstellern war. Bedauerlicherweise sind diese berauschenden Zeiten längst vorbei. Eingefleischte Patrioten beschweren sich nun, dass China nicht das Rampenlicht bekommen habe, das es verdiene: Das chinesische Team musste sich ein Boot mit Athleten aus anderen Ländern teilen und bekam nur einen flüchtigen Auftritt auf dem Bildschirm.
Generell hat die Begeisterung der chinesischen Öffentlichkeit für die Olympischen Spiele deutlich nachgelassen. Schließlich scheint das chinesische Publikum endlich begriffen zu haben, dass die olympischen Medaillen ihre trüben Einkommensaussichten nicht im Geringsten verbessern werden.
Im Vorfeld der Olympischen Spiele berichteten die staatlichen Medien immer noch nach dem alten Schema über die aufwändige Vorbereitung der Nationalmannschaft. Die chinesische Delegation, die seit Jahrzehnten Unsummen an Steuergeldern verbraucht, umfasst 300 Nicht-Athleten und ein 2.000-köpfiges Fernsehteam; offizielle Medien berichteten, dass die Nationalmannschaft mehr als 300 Klimaanlagen und sogar ihre eigenen Matratzen mitgebracht habe. Das staatliche Fernsehen zeigte stolz Bilder von Lastwagen mit Containern, die Material für die chinesische Mannschaft geladen hatten und an den Wahrzeichen von Paris vorbeifuhren.
Die Berichterstattung, die eigentlich die finanzielle Stärke des Landes und das Engagement der Regierung für die chinesischen Athleten demonstrieren sollte, ging jedoch nach hinten los und stieß auf massiven Spott und Kritik angesichts der Ausschweifungen. Die chinesische Delegation bekam den Zorn der Öffentlichkeit zu spüren und gab sich größte Mühe, den Bericht über Klimaanlagen und Matratzen zurückzuweisen.
Jonathan Helary hat im Juli den Posten des VP Sales Americas & China beim französischen Unternehmen Safran Aircraft Engines übernommen, das unter anderem Flugzeugtriebwerke und Raketenmotoren herstellt.
Wang Xuefeng ist Chinas neue Botschafterin von Dänemark. Sie löst Feng Tie ab.
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So sieht es aus, wenn Tausende Fischerboote von Zhoushan aus in der Küstenprovinz Zhejiang nach einem dreimonatigen sogenannten Fischereimoratorium zu Fangeinsätzen wieder in See stechen dürfen. Was es mit diesem Moratorium genau auf sich hat? Fischer der ganzen Region müssen anlegen und drei Monate Pause einlegen, damit sich die Fischbestände im Ostchinesischen Meer zumindest ein Stück weit wieder erholen können. Das hilft – ändert trotzdem aber nur wenig am grundsätzlichen Problem: dass Chinas angrenzenden Meere allesamt gnadenlos überfischt sind.
Bundesamt für Kartographie und Geodäsie – das klingt nicht gerade nach James Bond. Dieses Empfinden mag sich bereits mit der Nachricht erheblich geändert haben, dass chinesische Hacker dieses Amt vor drei Jahren erfolgreich ausspioniert haben.
Wie erfolgreich dieser Angriff tatsächlich war, erklärt Finn Mayer-Kuckuk in seiner Analyse: Denn die offiziellen Kartendaten des ganzen Landes – in 3D! – sind militärisch von hohem Wert, nicht nur mit Blick auf Chinas gute Freundschaft mit dem Aggressor Russland.
Deswegen ist es so wichtig, dass die Bundesregierung in ihrer Reaktion der vor einem Jahr vorgestellten China-Strategie folgt und deutliche Worte für die Attacke findet. Denn die drei Jahre alte Geschichte veranschaulicht schlicht die stetig ansteigende Bedrohungslage.
Ist das noch Olympia, oder schon Kindergarten? Das mögen sich einige gefragt haben, als sie davon hörten, wie sich Spitzensportler gegenseitig mit Verachtung und Ignoranz strafen oder von Spitzentrainern, die absichtlich mit Wasser vollgespritzt wurden.
Die albernen Verhaltensweisen haben aber einen ernsten Hintergrund: Pan Zhanle ist in Paris zum Sieg geschwommen, und das schneller als jemals jemand zuvor. Er siegte mit einer Körperlänge und ganzen 1,08 Sekunden vor dem Zweitplatzierten. Diese im Wortsinn unglaubliche Überlegenheit in Kombination mit den positiven chinesischen Doping-Proben der Vergangenheit und deren hanebüchenen Rechtfertigungen ist der Grund dafür, dass sich der Weltrekordler nun von seinen Konkurrenten diskriminiert fühlt. Das Traurige daran: Pan selbst ist bisher nie positiv getestet worden.
Die Gemengelage rund um Chinas ungeliebte Olympia-Teilnehmende hat Michael Radunski aufgedröselt. Sein Fazit: Schuld hat keineswegs nur das zwielichtige chinesische System, sondern tragen auch die inkonsequenten internationalen Kontroll-Institutionen.
Eine erkenntnisreiche Lektüre zum Wochenausklang wünscht Ihnen
Der Cyber-Angriff liegt schon drei Jahre zurück, doch der Botschafter wurde erst jetzt einbestellt. Am Mittwoch hat das Außenministerium Chinas Repräsentanten in Berlin, Wu Ken, zum Gespräch gebeten. Thema des unangenehmen Termins: Spionage bei einer wichtigen Bundesbehörde. Denn das Innenministerium konnte jetzt nachweisen: Staatliche chinesische Hacker sind in die Systeme des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie eingedrungen.
So ein Angriff hat Auswirkungen auf die Sicherheit Deutschlands. Das Militär benötigt schon immer Kartendaten für seine Operationen – und niemand hat Deutschland so kleinteilig vermessen wie das Bundesamt für Kartographie. Die deutschen Sicherheitsdienste konnten nachweisen, dass die Angreifer sich 2021 in einem Teilbereich des Netzwerks im Kartenamt frei tummeln konnten. China wiederum unterstellt Deutschland mit seinem Vorwurf “Feindseligkeit”.
Für die Regierung handelte es sich um einen geeigneten Anlass, um die neue Politik deutlicher Worte gegenüber China auszuprobieren. Das Auswärtige Amt und das Innenministerium, das die China-Strategie entscheidend formuliert haben, füllen sie nun auch mit Leben.
Das Strategiepapier von Juli 2023 hatte eine Veränderung im Umgang mit China gefordert. Der Schutz kritischer Infrastruktur und die Sicherheit im Cyberraum haben darin eigene Unterkapitel. “Die Bundesregierung geht entschieden gegen böswillige Cyberaktivitäten vor”, lautet dort der Vorsatz.
Anhand der nachgewiesenen Spionage bei einer Bundesbehörde konnte man nun deutlich machen, dass Deutschland nicht alles kommentarlos durchgehen lässt. “Es geht auch darum, für den Fall einer eindeutigen Attribution jetzt ein Signal in Richtung China zu setzen, dass sich die deutsche Seite der Cyberangriffe bewusst ist und dies diplomatisch nicht toleriert“, sagt Dennis-Kenji Kipker, Forschungsdirektor beim Cyberintelligence Institute in Frankfurt, das er mitgegründet hat.
Spionage beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie kann die Bundesregierung aber eben schon deshalb nicht auf die leichte Schulter nehmen, weil sie auch militärisch relevant ist. Das Bundesamt verwaltet die offiziellen Kartendaten Deutschlands – und zwar nicht nur als dröge Landkarten, sondern in 3D. Inzwischen ist dort sogar ein digitaler Zwilling Deutschlands in Arbeit: ein detailliertes Modell des ganzen Landes in vielen Details. Das Bundesamt weiß sogar, wie dick die Erdschichten in Deutschland sind und woraus sie an welcher Stelle bestehen.
“Die gesammelten Daten könnten für Angriffe auf kritische Infrastrukturen in Deutschland verwendet werden”, sagt Antonia Hmaidi, Senior Analyst beim auf China spezialisierten Merics-Institut. “Da die chinesische Regierung nachweislich Hacks zur Vorbereitung von Angriffen auf kritische Infrastrukturen in anderen Ländern einsetzt, besteht die Sorge, dass dies auch das Ziel dieses Angriffs sein könnte.” Für einen Angreifer sind solche Daten von unschätzbarem Wert. Marschflugkörper können damit um Hügel und Windräder navigieren, eine Panzerarmee könnte ihr Vorrücken optimal planen; es lassen sich Netzknotenpunkte identifizieren und ausschalten und andere Schwachstellen in der Infrastruktur aufspüren. Und: China paktiert jetzt schon mit Russland, das Deutschland bereits offen mit Krieg gedroht hat.
Innenministerin Nancy Faeser zeigt sich sehr selbstbewusst, wirklich einen chinesischen Angriff nachgewiesen zu haben. “Wir fordern China auf, derartige Cyberattacken zu unterlassen und zu unterbinden. Diese Cyberangriffe bedrohen die digitale Souveränität Deutschlands und Europas”, sagte sie laut Pressemitteilung.
Tatsächlich gibt es inzwischen Regeln dafür, was als Angriff einer fremden Macht gelten kann. “Deutschland verfügt seit 2021 über ein nationales Attributionsverfahren für Cyberangriffe“, sagt Kipker. Dabei handele es sich um einen technischen und politischen Prozess, in dem geprüft wird, ob eine diplomatisch relevante Anschuldigung gerechtfertigt ist. Eine Schlüsselrolle habe hier das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Vor der Veröffentlichung koordiniere sich die Regierung dann in der Regel auch mit verbündeten Staaten.
Doch so ominös der Angriff gerade auf das Bundeskartenamt ist: Es handelt sich dabei nur um einen kleinen Teil eines größeren Bildes. Feasers Ministerium hat noch zahlreiche weitere von China ausgehende Cyber-Attacken auf deutsche Einrichtungen registriert. Die Opfer kamen aus der ganzen Bandbreite der Gesellschaft:
Dabei handelt es sich durchaus nicht um die Wiederholung eines alten Spiels, sondern um eine zunehmende Bedrohung. “Die Vorgehensweise der Cyberspionageakteure erfuhr eine deutliche qualitative und quantitative Weiterentwicklung, wodurch eine bislang kaum dagewesene Reichweite und Effektivität erreicht werden konnten”, stellt das Ministerium fest. Besonders betroffen waren IT-Dienstleister, die für Behörden arbeiten.
Zuständig für die Aufklärung ist das Bundesamt für Verfassungsschutz, also der deutsche Inlandsgeheimdienst. Dieser hat am Donnerstag auch ein neues Papier mit einer Auswertung chinesischer Geheimdienstaktivitäten veröffentlicht. Es geht dabei allerdings um ein bekanntes Leak, das China.Table bereits analysiert hat. “Es gibt keine Möglichkeit, sich vollständig gegen solche Hacker zu schützen”, sagt Hmaidi. “Daher ist es eine kluge Maßnahme, dafür zu sorgen, dass selbst im Falle eines erfolgreichen Angriffs nicht alle Daten verfügbar sind, zum Beispiel, indem der Zugang zu den Daten auf die Personen beschränkt wird, die sie benötigen.”
Cybersicherheits-Experte Kipker erwartet, dass die Ermittler auch künftig noch viel zu tun haben. “Ich denke nicht, dass eine solche diplomatische Verwarnung in Zukunft etwas ändern wird, denn Spionage gibt es schon seit jeher und wird es mit den gestiegenen digitalen Möglichkeiten auch zukünftig weiter geben”, sagt er. “Sinnvoller wäre es deshalb, diesen Vorfall zu nutzen, um die Cybersicherheitskapazitäten in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland flächendeckend zu stärken.”
Pan Zhanle (潘展乐) ist der schnellste Schwimmer der Welt. In unglaublichen 46,40 Sekunden hat der chinesische Schwimmer die 100-Meter-Freistil zurückgelegt. Das ist Gold – und der erste Weltrekord bei den Olympischen Spielen in Paris. Beim Wettkampf in der La Défense Arena von Paris blieb der 19 Jahre alte Chinese ganze vier Zehntelsekunden unter seiner eigenen Bestmarke. Doch Pans grandiose Leistung wird überschattet.
Das Misstrauen unter den Athleten wächst, der Umgang miteinander wird ruppiger. Das ist besonders bitter, denn eigentlich sollte es bei den Wettkämpfen nur um die Sportler und ihre Leistungen gehen. Schuld daran sind ein chinesisches Doping-System, aber auch inkonsequente Institutionen wie die Welt-Anti-Dopingagentur Wada. Der Fall Pan Zhanle offenbart diese traurige Entwicklung.
Direkt nach seinem Erfolg gab er noch am Beckenrand chinesischen Medien bereitwillig Interviews. Doch statt seinen Erfolg zu genießen, stimmte er nachdenkliche Töne an und erhob Vorwürfe gegenüber dem Zweitplatzierten Australier Kyle Chalmers sowie gegen Schwimmer aus anderen Ländern.
Pan sagte dem chinesischen Fernsehsender CCTV: “Nachdem wir am ersten Tag die 4×100-Meter-Freistilstaffel beendet hatten, grüßte ich Chalmers, aber er ignorierte mich völlig.” Andere Schwimmer wie der Amerikaner Jack Alexy hätten sich herablassend verhalten. Beim Training hätten Alexy und andere US-Schwimmer Rollwenden vor gezielt Pans Trainer geübt und so absichtlich Wasser direkt auf die chinesischen Trainer gespritzt.
“Es fühlte sich einfach so an, als würden sie auf uns herabblicken“, klagte Pan und fügte hinzu: “Darf ich das sagen?” Wenige Sekunden später hatte der Olympiasieger aber offensichtlich seine Selbstsicherheit wiedergefunden und sagte: “Aber heute haben wir sie alle geschlagen und den Weltrekord in einem so schwierigen Becken gebrochen.”
Chalmers streitet die Vorwürfe ab. Doch die vermeintlich persönliche Auseinandersetzung zwischen zwei Kontrahenten zeigt das größere Problem: Chinas Doping und das windige Verhalten der Welt-Anti-Dopingagentur Wada.
Chinas Dopingaffäre ist der große Schatten, der über den Olympischen Spielen in Paris hängt. Und immer kommen neue Meldungen hinzu. Doch der Reihe nach: Vor drei Jahren wurden 23 chinesische Spitzenschwimmer positiv auf die Einnahme des Herzmittels Trimetazidin getestet – aber nicht dafür bestraft. Die Wada ließ sich mit fadenscheinigen Ausreden des chinesischen Schwimmverbandes abspeisen. Und so durften die Sportler an den folgenden Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen in Tokio unbehelligt teilnehmen.
Am Dienstag wurden zwei weitere Fälle bekannt. Die New York Times berichtete, dass bei Tang Muhan und He Junyi 2022 das anabole Steroid Metandienon nachgewiesen worden war. Auch sie wurden nicht gesperrt. Jedes Mal präsentieren Chinas Behörden und Anti-Doping-Instanzen eine neue Kontaminierungsthese: Mal ist die Hotelküche verunreinigt, mal das Fleisch beziehungsweise der dazugehörige Hamburger. Mehr noch: Insgesamt elf positiv getestete chinesische Schwimmathleten sind bei den Spielen in Paris dabei.
Das Verrückte dabei: Pan Zhanle gehört nicht zu jenen positiv-getesteten Schwimmern. Und doch wird nun auch sein Erfolg mit Skepsis bewertet.
Denn Pan siegte nicht nur in Weltrekordzeit, er war eine Körperlänge und ganze 1,08 Sekunden vor dem Zweitplatzierten. Normalerweise beträgt der Abstand zwischen Erstem und Zweiten beim 100 Meter Freistil der Männer wenige Tausendstelsekunden. 2012 in London waren es 0,01 Sekunden, 2020 in Tokio 0,06 Sekunden.
Entsprechend sauer sind andere Sportler und deren Trainer. Misstrauisch blickt man auf Chinas Erfolge. “Ich habe diesen Sport studiert, ich habe Geschwindigkeit studiert”, sagte der ehemalige australische Olympiateilnehmer Brett Hawke nach Pans Sieg. “In diesem Feld gewinnt man 100 Meter Freistil nicht mit einer Körperlänge Vorsprung. Das schafft man einfach nicht.” Hawke ist mittlerweile Trainer der australischen Schwimmmannschaft. Er ist überzeugt: “Es ist menschlich nicht möglich, dieses Feld mit einer Körperlänge Vorsprung zu schlagen.”
In chinesischen Medien wie der Global Times oder auf Sina Weibo wittert man längst eine Verschwörung gegen China. Hawke lässt das nicht gelten und bekräftigt: “Es ist mir egal, was Sie sagen. Es geht hier nicht um Rasse, es richtet sich nicht gegen eine bestimmte Person oder Nation, es ist einfach das, was ich sehe und weiß.”
Und so zeigt sich im Sieg von Pan Zhanle eine traurige Entwicklung. Statt über seine Schwimmtechnik, sein hartes Training oder sein glänzendes Rennen wird vor allem über die Wada, über verunreinigte Küchen und Hamburger-Fleisch gesprochen. In den Medien ist ein solch kritischer Blick wichtig. Zwischen den Sportlern erschüttert gegenseitiges Misstrauen hingegen an den Grundfesten des sportlichen Wettbewerbs.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt China als Vermittler in dem seit 29 Monaten andauernden Krieg mit Russland ab. “Wenn China will, kann es Russland dazu zwingen, diesen Krieg zu beenden. Ich möchte nicht, dass (China) als Vermittler auftritt. Ich möchte, dass es Druck auf Russland ausübt, um diesen Krieg zu beenden”, sagte Selenskyj zu Reportern.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba war vor kurzem in China, um auszuloten, ob die Volksrepublik eine konstruktive Rolle für einen gerechten Frieden einnehmen könnte. Direkt im Anschluss hatte die Ukraine den chinesischen Außenminister Wang Yi zu einem Gegenbesuch eingeladen. Die Schweiz hatte im Juni einen Friedensgipfel ausgerichtet, an dem weder Russland noch China teilnahmen. Im November soll es einen zweiten solchen Gipfel geben, bei dem eine Teilnahme Russlands noch möglich ist. rtr/cyb
Der Autobauer BMW geht von einer Abmilderung der von der Europäischen Union vorläufig verhängten Zusatzzölle auf Elektroautos aus China aus. “Wir sind nach den intensiven Diskussionen zuversichtlich, dass der sehr hohe Zoll von 37,6 Prozent nicht eintreten wird”, sagte BMW-Chef Oliver Zipse am Donnerstag. Die bessere Lösung wären gleich hohe Zölle auf beiden Seiten, am besten gar keine. Die zusätzlichen Importzölle, mit denen die EU auf unfaire Wettbewerbsvorteile durch Subventionen der E-Autoproduktion in China reagiert, nannte Zipse eine Sackgasse. BMW ist selbst davon betroffen, weil der elektrische Mini in China gebaut und nach Europa exportiert wird. Der Autobauer selbst würde allerdings nicht unter den Höchstsatz von 37,6 Prozent fallen. “Solche Maßnahmen stärken nicht die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller”, kritisierte der Manager, “im Gegenteil.”
Nach den Worten von Volkswagen-Chef Oliver Blume ist die Regierung in Peking für Gespräche über eine faire Lösung bei Zöllen auf Elektroautos offen. Diesen Eindruck habe er in den Gesprächen mit Ministern bei seiner jüngsten Reise in der Volksrepublik gewonnen, sagte Blume. Zugleich forderte er ein Zollsystem, das die Unternehmen begünstige, welche in der jeweiligen Region investierten. Es sei positiv, wenn chinesische Autobauer in Europa Beschäftigung aufbauten, sagte er. “Wenn wir in China investieren, wollen wir von einer ähnlichen Vereinbarung profitieren.” rtr
Die USA ziehen offenbar in Erwägung, Chinas Zugang zu KI-Speicherchips und Anlagen zur Herstellung dieser Halbleiter noch im August einseitig zu beschränken. Die Maßnahme soll den US-Hersteller Micron und die führenden südkoreanischen Unternehmen SK Hynix und Samsung Electronics davon abhalten, chinesische Firmen mit sogenannten HBM-Chips zu beliefern, berichtet Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertrauten Personen. HBM steht für High-Bandwidth-Memory. Bisher sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Die drei Unternehmen beherrschen den weltweiten HBM-Markt.
Die Regierung Biden arbeitet an mehreren Beschränkungen, die darauf abzielen, wichtige Technologie aus den Händen chinesischer Hersteller fernzuhalten, darunter auch Beschränkungen für den Verkauf von Chipherstellungsanlagen. Micron wäre von der geplanten Regelung weitgehend nicht betroffen, da der in Idaho ansässige Chiphersteller auf den Verkauf seiner HBM-Produkte nach China seit 2023 verzichtet, so die Quellen gegenüber Bloomberg.
Es ist demnach noch unklar, welche Befugnisse die USA nutzen würden, um die südkoreanischen Firmen einzuschränken. Eine Möglichkeit ist die Foreign Direct Product Rule (FDPR), die es Washington ermöglicht, im Ausland hergestellte Produkte zu kontrollieren, wenn diese auch nur kleinste Mengen amerikanischer Technologie verwenden. Die neuen Beschränkungen könnten schon Ende August als Teil eines umfassenderen Regelpakets vorgestellt werden, das auch Sanktionen gegen mehr als 120 chinesische Firmen und neue Beschränkungen für verschiedene Arten von Chipausrüstung umfasst. Dabei sollen aber wichtige Verbündete wie Japan, die Niederlande und Südkorea ausgenommen sein, wie auch Reuters berichtet. cyb
Die Motive des Westens und Chinas für die Kreditvergabe an afrikanische Länder sind sehr unterschiedlich. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), das als eines der ersten Institute die Motive für Kreditvergabe untersucht hat. Wenig überraschend ist die Feststellung, dass Chinas Kreditvergabe vor allem von seinen wirtschaftlichen Interessen geleitet ist. Neu hingegen ist eine Erkenntnis über westliche Kredite: Die westlichen Länder verfolgen mit ihrer Kreditvergabe auch Ziele, die ihren Eigeninteressen zu widersprechen scheinen.
Für die Studie hat IfW-Autor Eckhardt Bode für den Zeitraum zwischen 2000 und 2019 systematisch die Kreditvergabe Chinas mit der von sechs großen westlichen Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Japan und den USA) abgeglichen. Die entsprechenden Daten basieren auf der Africa Debt Database des IfW, einem Datensatz von knapp 7.000 Krediten, die China, westliche Länder und multilaterale Organisationen an afrikanische Länder vergeben haben.
Demnach vergab China in diesem Zeitraum Kredite eher an afrikanische Länder mit mehr natürlichen Ressourcen, geringerem Ausfallrisiko und höherer Zahlungsbereitschaft für Kredite. Peking nutzte die höhere Zahlungsbereitschaft der afrikanischen Länder aus, indem es unverhältnismäßig hohe Zinsen für seine Kredite verlangte. Diese Motive zeigen sich in der Kreditvergabe westlicher Länder nicht, die Kredite eher an ressourcenarme und hochverschuldete Länder vergaben und niedrigere Zinsen für Kredite verlangten. Der westliche Ansatz könnte durch die Bereitstellung von Entwicklungshilfe motiviert sein, vermutet Bode. Es seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um die tatsächlichen Beweggründe zu ermitteln.
Für China zählten bei der Kreditvergabe vor allem wirtschaftliche Interessen: die Förderung des eigenen Wirtschaftswachstums, der Zugang zu natürlichen Ressourcen, die Expansion chinesischer Unternehmen im Ausland sowie die Anlage seiner enormen Devisenreserven. Der Zugang zu den Ressourcen und Märkten Afrikas ist auch ein Motiv für die Kreditvergabe westlicher Länder. Allerdings beschränkte sich der Westen auf die Sicherung der bestehenden Importe, während China auf die Erschließung neuer Lieferanten setzte.
Auch geopolitische Überlegungen spielten für China eine Rolle: Peking verlieh eher Kredite an afrikanische Länder, die das Ein-China-Prinzip unterstützen – also Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennen – und in der UN-Generalversammlung eher mit den Positionen Chinas übereinstimmen. Die westlichen Länder teilten diese Motive nicht und bevorzugten stattdessen die Kreditvergabe an Länder mit einer stabilen Regierung.
Zurzeit sind einige von Chinas afrikanischen Schuldnern in große finanzielle Schwierigkeiten geraten, darunter Tschad, Äthiopien, Ghana und Sambia. Die Verhandlungen über eine Umstrukturierung der Staatsschulden gehen nicht recht voran, auch aufgrund der nach wie vor ungelösten Interessenkonflikte und tiefem Misstrauen zwischen China und den westlichen Ländern. “Chinas derzeit mangelnde Kompromissbereitschaft bei den Schuldenverhandlungen könnte die Schuldenkrise verschärfen und weitere afrikanische Länder in die Zahlungsunfähigkeit treiben.”
“Das derzeitige Vorgehen erinnert an die 1980er und 1990er Jahre, als westliche Gläubiger eine ähnlich harte Haltung gegenüber verschuldeten lateinamerikanischen Ländern einnahmen”, warnt IfW-Forscher Bode. “Diese Länder haben dann ein Jahrzehnt durch wiederkehrende Zahlungsprobleme und eine verzögerte wirtschaftliche Erholung verloren.” ajs
Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris hat nicht nur die Konservativen im Westen verärgert, sondern auch deren Pendants in China. Diese kritisierten, die Zeremonie sei zu sexualisiert und die Sensibilität der nicht-westlichen Menschen gegenüber solche Inhalte ignoriert worden. Während die großen staatlichen Medien es vermieden, die Zeremonie schlechtzureden, hagelte es in den sozialen Medien heftige Kritik.
In einem längeren Artikel mit dem Titel “Arroganz, Impertinenz und Entartung” erklärte ein populärer nationalistischer Meinungsmacher, die Zeremonie habe einen schlechten Einfluss auf Kinder, weil sie “stark sexualisiert” sei und “zu viel LGBT-Propaganda” enthalte. Die Olympischen Spiele “hätten nicht als Lehrkulisse der weißen Linken 白左 über die Komplexität und Fluidität der Sexualität dienen sollen”, schrieb Ren Yi, Investmentbanker in Peking und ebenfalls ein einflussreicher Blogger zu Politik und internationalen Beziehungen. Der Artikel wurde innerhalb von drei Tagen mehr als 100.000 Mal gelesen.
Laut Ren war den Machern der Show, die aus einem multiethnischen und multikulturellen Land stammen, wohl bewusst, dass diese Menschen aus anderen Kulturen verärgern würde. Aber sie hätten sie trotzdem inszeniert, wie sie es wollten, weil sie einfach “egozentrisch sind und keinen Respekt vor anderen haben”, schrieb er. Ren erhielt in den chinesischen sozialen Medien viel Zuspruch, die die Zeremonie als “chaotischen Kulturmüll” und sogar als “Begräbnis der westlichen Zivilisation” anprangerten.
Einige chinesische Kritiker ärgerten sich besonders über die Szene eines Dreierspektakels in einer Bibliothek. Ein Mitglied einer Chatgruppe, der ich angehöre, behauptete, das Trio habe “große französische Klassiker besudelt, die sie gelesen hatten”. Sie schien nur wenig über die gezeigten Buchtitel zu wissen, handeln die meisten von ihnen doch nach traditionellen Ansichten von unsittlichen Beziehungen.
Der Kommentator der Live-Übertragung der Eröffnungszeremonie im chinesischen Fernsehen schwieg während der Dreier-Romanze eine ganze Weile. Solche Szenen wären auf chinesischen Bildschirmen sonst absolut verboten. Und zwar nicht nur die Dreier-Romanze, sondern auch LGBT, Tattoos und Piercings. Offensichtlich hatten die Verantwortlichen beim chinesischen Zentralfernsehen keinen Plan B für solch schockierende Dinge. Und sie hatten auch nicht den Mut, die Übertragung zu unterbrechen, denn das hätte zu einem Skandal geführt.
Dennoch gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Chinesen, die die Inklusivität der Gala zu schätzen wissen. Diese Menschen wurden von Kritikern wie Ren als blinde Bewunderer des Westens mit Minderwertigkeitskomplexen abgetan. Ihr Geist sei “kolonisiert” worden, schrieb ein Nutzer auf Weibo, dem chinesischen Pendant zu X.
Die chinesische Gesellschaft ist in den letzten zehn Jahren deutlich konservativer geworden. In den ersten Jahren des Jahrhunderts gab es in China aufkeimende Bewegungen für Feminismus, LGBT und kulturelle Vielfalt, die seit dem Machtantritt von Xi Jinping stark zensiert und unterdrückt werden.
Liberal denkende Menschen haben sich zurückgezogen, während konservative Stimmen immer lauter werden. Selbsternannte Wächter “traditioneller Werte” attackieren Menschen, die unkonventionelle Kleidung tragen oder gleichgeschlechtliche Intimität zeigen.
Verständlicherweise denken viele Chinesen immer noch wehmütig an die Olympischen Spiele 2008 in Peking und dessen Eröffnungsfeier im Riefenstahl-Stil, bei der jeder Einzelne ein kleines Atom in einem Meer von Darstellern war. Bedauerlicherweise sind diese berauschenden Zeiten längst vorbei. Eingefleischte Patrioten beschweren sich nun, dass China nicht das Rampenlicht bekommen habe, das es verdiene: Das chinesische Team musste sich ein Boot mit Athleten aus anderen Ländern teilen und bekam nur einen flüchtigen Auftritt auf dem Bildschirm.
Generell hat die Begeisterung der chinesischen Öffentlichkeit für die Olympischen Spiele deutlich nachgelassen. Schließlich scheint das chinesische Publikum endlich begriffen zu haben, dass die olympischen Medaillen ihre trüben Einkommensaussichten nicht im Geringsten verbessern werden.
Im Vorfeld der Olympischen Spiele berichteten die staatlichen Medien immer noch nach dem alten Schema über die aufwändige Vorbereitung der Nationalmannschaft. Die chinesische Delegation, die seit Jahrzehnten Unsummen an Steuergeldern verbraucht, umfasst 300 Nicht-Athleten und ein 2.000-köpfiges Fernsehteam; offizielle Medien berichteten, dass die Nationalmannschaft mehr als 300 Klimaanlagen und sogar ihre eigenen Matratzen mitgebracht habe. Das staatliche Fernsehen zeigte stolz Bilder von Lastwagen mit Containern, die Material für die chinesische Mannschaft geladen hatten und an den Wahrzeichen von Paris vorbeifuhren.
Die Berichterstattung, die eigentlich die finanzielle Stärke des Landes und das Engagement der Regierung für die chinesischen Athleten demonstrieren sollte, ging jedoch nach hinten los und stieß auf massiven Spott und Kritik angesichts der Ausschweifungen. Die chinesische Delegation bekam den Zorn der Öffentlichkeit zu spüren und gab sich größte Mühe, den Bericht über Klimaanlagen und Matratzen zurückzuweisen.
Jonathan Helary hat im Juli den Posten des VP Sales Americas & China beim französischen Unternehmen Safran Aircraft Engines übernommen, das unter anderem Flugzeugtriebwerke und Raketenmotoren herstellt.
Wang Xuefeng ist Chinas neue Botschafterin von Dänemark. Sie löst Feng Tie ab.
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So sieht es aus, wenn Tausende Fischerboote von Zhoushan aus in der Küstenprovinz Zhejiang nach einem dreimonatigen sogenannten Fischereimoratorium zu Fangeinsätzen wieder in See stechen dürfen. Was es mit diesem Moratorium genau auf sich hat? Fischer der ganzen Region müssen anlegen und drei Monate Pause einlegen, damit sich die Fischbestände im Ostchinesischen Meer zumindest ein Stück weit wieder erholen können. Das hilft – ändert trotzdem aber nur wenig am grundsätzlichen Problem: dass Chinas angrenzenden Meere allesamt gnadenlos überfischt sind.