Table.Briefing: China

Schrott-Recycling + Atomenergie

  • Mit Schrott zu “grünem Stahl”
  • Ölfirmen interessieren sich für Russland-Projekt von Shell
  • Billige Kohle gegen Konjunktur-Schwäche
  • Sinolytics.Radar: Mehr Kernkraft für Chinas Klimaziele
Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt Zahlen, die jede Vorstellungskraft übersteigen. Die Stahlproduktion Chinas gehört dazu. Die Volksrepublik erzeugt jährlich über eine Milliarde Tonnen Rohstahl. Das ist das Gewicht von über sechs Millionen Blauwalen. Doch können Sie sich so viele Tiere vorstellen? Chinas Stahlsektor gehört zu den größten Klimasündern des Landes. Um die Emissionen zu senken, soll vermehrt Schrott recycelt werden, wie Ning Wang berichtet. Altmetall, das früher auf Mülldeponien landete, wird nun zu einem wichtigen Rohstoff.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich China bei Geschäften mit Russland etwas zurückgehalten. Zu groß ist die Angst chinesischer Unternehmen, auch von Sanktionen getroffen zu werden. Umso erstaunlicher ist die Nachricht, dass Shell Gespräche mit drei chinesischen Unternehmen führt. Es geht um die Übernahme einer Flüssigerdgas-Investition Shells. Wird China im Energiebereich also doch noch von den westlichen Sanktionen gegen Russland profitieren? Wir bleiben für Sie dran!

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Mit Schrott gegen den Klimawandel

China setzt bei der CO2-intensiven Stahlproduktion auf Recycling von Schrott. Auf dem Bild ist ein Ofen zu sehen, in dem offenes Feuer brennt.
Die Stahlproduktion verursacht große CO2-Emissionen

In Fachkreisen ist schon lange bekannt: Die Müllhalden dieser Welt gelten als Rohstofflager der Zukunft. Experten sprechen schon vom “Urban Mining”, dem Bergbau in der Stadt, um wichtige Rohstoffe zurückzugewinnen. Schrott ist wie Aluminium, Stahl, Kunststoff und Holz ein wichtiger Rohstoff geworden, der stark gefragt ist.

Gerade für die Stahlbranche ist Schrott enorm wichtig, um eine “grünere” Stahlproduktion zu erreichen. Um den CO2-Ausstoß des Stahlsektors zu senken, setzen immer mehr Hersteller auf nachhaltigere Produktionsprozesse. Beim elektrischen Lichtbogenofen wird beispielsweise nur Stahlschrott recycelt. Dabei entsteht etwa 80 Prozent weniger CO2, als bei der gängigen Herstellungsmethode. Der so hergestellte Stahl gilt als “grüner Stahl”. Auch China setzt zunehmend auf Recycling. Analysten von S&P Global prognostizieren, dass sich der Anteil von Schrott in der chinesischen Stahlproduktion bis 2025 auf 15 bis 20 Prozent erhöhen wird. 

Die Volksrepublik dominiert den Stahlmarkt

Mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls produziert die Volksrepublik und hat damit auf dem Weltmarkt eine Vormachtstellung. Die IKB Deutsche Industriebank rechnet vor, dass die weltweite Rohstahlproduktion vergangenen Jahres auf einen Rekord von über 1,9 Milliarden Tonnen anzog. Auf China, entfielen davon über eine Milliarde Tonnen.

China produziert mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls; durch Scrhott-Recycling sollen die Emissionen gesenkt werden.

“Wir gehen davon aus, dass die Preise für Schrott anziehen werden, denn es werden etliche Stahlwerke in China umgerüstet, um die Emissionen und den Energieverbrauch in der Branche zu reduzieren”, sagt Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Direktor bei der IKB für Industrials & Automotive gegenüber China.Table.

Noch aber produzieren über 90 Prozent der chinesischen Stahlwerke mit klassischen Hochöfen und sind damit einer der größten Emittenten von CO2. Die Branche ist für circa 15 Prozent der CO2-Emissionen Chinas verantwortlich. China Baowu, der weltgrößte Stahlproduzent hat 2020 laut Berechnungen des Finanzdienstleisters Bloomberg mehr Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre abgegeben als ganz Pakistan.

Doch damit soll bald Schluss sein. Die Stahlbranche hat sich verpflichtet, die Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts gegenüber ihrem Höchststand um 30 Prozent zu senken. So sollen alte Anlagen durch neuere und “saubere” Anlagen ersetzt werden. 

Heinz-Jürgen Büchner von der Deutschen Industriebank geht davon aus, dass “spätestens in zehn Jahren, aber wahrscheinlich früher, bis zu 20 Prozent der chinesischen Stahlproduktion in elektrischen Lichtbogenöfen erzeugt werden“. Er sieht in der Umrüstung auch einen sinnvollen Weg, um das steigende Schrottaufkommen im Land zu bewältigen. In Zukunft müssen mehr PKW verschrottet werden. Werden die Altautos in der Stahlproduktion recycelt, würden “zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen”, so Büchner.

Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2060 zu erreichen, greift Peking noch tiefer in die Werkzeugkiste. Im vergangenen Jahr wurde die Stahlproduktion erheblich zurückgefahren, um klimaschädlichen Emissionen einzudämmen. Doch aufgrund des wirtschaftlichen Abschwunges wurden die Ziele zuletzt wieder verwässert (China.Table berichtete).

Eisenerzpreise fallen aus Sorge um die Lockdowns in China

Erst am Samstag hat Chen Kelong, Sprecher des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) gesagt, dass die Regierung alles tun wird, angemessene Stahlpreise aufrechtzuerhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Hersteller in der gesamten Wertschöpfungskette weiterhin Gewinne erzielen können. 

Chens Erklärung ging ein Einbruch der globalen Eisenerzpreise am Montag voraus. In Singapur gingen die Terminkontrakte für den wichtigsten Rohstoff für die Stahlerzeugung zeitweise um bis zu zwölf Prozent zurück, da die Besorgnis über die chinesische Nachfrage zunahm, berichtete Bloomberg. Am selben Tag brach der meistgehandelte Eisenerz-Futures-Kontrakt an der chinesischen Dalian Commodity Exchange für die Lieferung im September um zehn Prozent ein, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin.

Wird Schrott statt Eisenerz und Koks von den Stahlwerken genutzt, werden pro Tonne Stahl 1,67 Tonnen CO2-Emissionen verhindert, so eine Studie des Fraunhofer-Instituts. Die Einsparungen kämen dem gleich, was ein Pendler im Durchschnitt im Jahr mit seinem Auto an Emissionen freisetzt, wenn er täglich eine Strecke von 40 Kilometern zurücklegen muss

China braucht Schrott-Importe

“China bewegt sich in Richtung eines höherprozentigen Schrotteinsatzes und reduziert den Prozentsatz von Stahl, der aus Eisenerz hergestellt wurde”, sagte Schott Newell von Newell Recycling Equipment, USA/China bei einem Branchen-Webinar im vergangenen Jahr. “Vor ein paar Jahren herrschte Sorge, dass China ein riesiges Schrott-exportierendes Land wird – mit dem Effekt, dass es den Schrottpreisen weltweit schadet. Das Gegenteil ist eingetreten. China braucht Schrottimporte mehr als Eisenerz und Kohle, um die Ziele einer saubereren Umwelt und einer kosteneffektiveren Stahlproduktion zu erreichen“, berichtet das Fachblatt “EU-Recycling + Umwelttechnik”.

Auch die Nachfrage nach Schrott in Europa wird weiter zunehmen. Laut dem Industrieverband Eurofer kommen 42 Prozent des in Europa produzierten Stahls bereits aus Elektroöfen. Weltweit wird ein Viertel des Stahls so produziert. Durch die Nachfrage aus China und anderen asiatischen Staaten wird der Schrott nun zu einem kostbaren Rohstoff im Kampf gegen den Klimawandel.

  • Emissionen
  • Klima
  • Recycling

News

Shell will Beteiligung an russischer LNG-Anlage loswerden

Der Energieriese Shell befindet sich Medienberichten zufolge in Gesprächen mit chinesischen Unternehmen, um seine Beteiligung an einem großen russischen Gasprojekt zu verkaufen. Das in London notierte Unternehmen spreche mit den staatlichen chinesischen Ölunternehmen CNOOC, CNPC und Sinopec über seine 27,5-prozentige Beteiligung am Flüssigerdgas-Venture Sachalin II, berichtete die britische Zeitung The Telegraph am Donnerstag. In den Gesprächen ging es demnach um den möglichen Verkauf von Shells Anteilen an ein, zwei oder an alle drei Unternehmen, hieß es in dem Bericht. Shell sei aber auch für potenzielle Käufer außerhalb Chinas offen.

Sachalin II wird vom russischen Gasgiganten Gazprom kontrolliert und betrieben. Das Projekt zur Förderung von Erdgas und Öl befindet sich nördlich der russischen Pazifikinsel Sachalin im Ochotskischen Meer. Weitere Beteiligte sind die japanischen Unternehmen Mitsui & Co und Mitsubishi. Shell äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Auch die chinesischen Ölunternehmen gaben Reuters zufolge keine Stellungnahme ab. Shell hatte im Februar angekündigt, seine Betriebe in Russland, einschließlich der LNG-Anlage Sachalin II, einzustellen, nachdem die Sanktionen gegen Moskau wegen der Invasion der Ukraine verschärft worden waren. rtr/ari

  • Energie
  • Geopolitik
  • Rohstoffe
  • Russland

Kohle als Mittel gegen schwache Konjunktur

Die Regierung will offenbar der Wirtschaft helfen, indem sie mit billiger Kohle die Energiepreise drückt. Die Förderung soll in diesem Jahr um sieben Prozent steigen, berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf Medienberichte. Das sind 300 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Dabei handelt es sich seit 2020 um den zweiten hohen Anstieg in Folge. Im Rahmen der Konjunkturförderung sei auch der Bau neuer Kohlekraftwerke geplant.

Den Ausstieg aus fossilen Energieträgern hebt sich die Führung offenbar für Jahre ohne Krisen und Probleme auf. China hat sich ohnehin nie zu einem gleichmäßigen Abbau der Kohleförderung verpflichtet, sondern nur ihren Höhepunkt für das Jahr 2030 in Aussicht gestellt. fin

  • Energie
  • Klima
  • Kohle
  • Konjunktur
  • Nachhaltigkeit
  • Rohstoffe

Sinolytics.Radar

China setzt bei Energiesicherheit auf Kernkraft

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung in China ist mit 5,02 Prozent im Jahr 2021 derzeit noch gering.
  • Im Gegensatz zu dem Atomausstieg anderer Länder wie Japan und Deutschland ist China jedoch entschlossen, seine Kernenergiekapazität auszubauen und den Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung zu erhöhen. Nach Expertenschätzungen wird der Anteil der Kernenergie am gesamten Strommix Chinas in Zukunft 10-15 Prozent erreichen.
  • Der Staatsrat hat im April 2022 den Bau von sechs neuen Kernkraftwerken genehmigt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der derzeit im Bau befindlichen Kernkraftwerke in China auf 24.
  • Eine der wesentlichen politischen Absichten, die hinter dem kontinuierlichen Ausbau der Kernenergie in China stehen, ist die Bestrebung der Regierung, die Energiesicherheit durch die Schaffung inländischer Energiequellen zu erhöhen, insbesondere angesichts einer zunehmenden schwierigen geopolitischen Lage. Eine weitere Absicht ist die Nutzung der Kernenergie als wirtschaftlich praktikable Lösung zur Erreichung der Klimaschutzziele des Landes.
  • Nach dem Erdbeben von Fukushima im Jahr 2011 gab es eine kurzzeitige Phase des politischen Zögerns, die zu einer vorübergehenden Verlangsamung des Ausbaus der Kernenergie und einer Bewertung von Chinas eigenen Kernkrafttechnologien der dritten Generation von 2015 bis 2018 führte. Seit 2019 hat die Regierung jedoch das Zulassungstempo erhöht und das erste chinesische Kernkraftwerk der dritten Generation, das auf eigenem Know-how basiert, erfolgreich in Betrieb genommen.
  • Interessanterweise hat China unter den sechs jüngsten Projekten zwei Kernkraftwerke genehmigt, die auf importierten Technologien von Westing House, einem US-amerikanischen Unternehmen für Kernkrafttechnologie, basieren. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die Spannungen zwischen China und den USA bei der “Entkopplung” von Kernkrafttechnologie und Ausrüstung etwas lockern.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Mit Schrott zu “grünem Stahl”
    • Ölfirmen interessieren sich für Russland-Projekt von Shell
    • Billige Kohle gegen Konjunktur-Schwäche
    • Sinolytics.Radar: Mehr Kernkraft für Chinas Klimaziele
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es gibt Zahlen, die jede Vorstellungskraft übersteigen. Die Stahlproduktion Chinas gehört dazu. Die Volksrepublik erzeugt jährlich über eine Milliarde Tonnen Rohstahl. Das ist das Gewicht von über sechs Millionen Blauwalen. Doch können Sie sich so viele Tiere vorstellen? Chinas Stahlsektor gehört zu den größten Klimasündern des Landes. Um die Emissionen zu senken, soll vermehrt Schrott recycelt werden, wie Ning Wang berichtet. Altmetall, das früher auf Mülldeponien landete, wird nun zu einem wichtigen Rohstoff.

    Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich China bei Geschäften mit Russland etwas zurückgehalten. Zu groß ist die Angst chinesischer Unternehmen, auch von Sanktionen getroffen zu werden. Umso erstaunlicher ist die Nachricht, dass Shell Gespräche mit drei chinesischen Unternehmen führt. Es geht um die Übernahme einer Flüssigerdgas-Investition Shells. Wird China im Energiebereich also doch noch von den westlichen Sanktionen gegen Russland profitieren? Wir bleiben für Sie dran!

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    Nico Beckert
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    Analyse

    Mit Schrott gegen den Klimawandel

    China setzt bei der CO2-intensiven Stahlproduktion auf Recycling von Schrott. Auf dem Bild ist ein Ofen zu sehen, in dem offenes Feuer brennt.
    Die Stahlproduktion verursacht große CO2-Emissionen

    In Fachkreisen ist schon lange bekannt: Die Müllhalden dieser Welt gelten als Rohstofflager der Zukunft. Experten sprechen schon vom “Urban Mining”, dem Bergbau in der Stadt, um wichtige Rohstoffe zurückzugewinnen. Schrott ist wie Aluminium, Stahl, Kunststoff und Holz ein wichtiger Rohstoff geworden, der stark gefragt ist.

    Gerade für die Stahlbranche ist Schrott enorm wichtig, um eine “grünere” Stahlproduktion zu erreichen. Um den CO2-Ausstoß des Stahlsektors zu senken, setzen immer mehr Hersteller auf nachhaltigere Produktionsprozesse. Beim elektrischen Lichtbogenofen wird beispielsweise nur Stahlschrott recycelt. Dabei entsteht etwa 80 Prozent weniger CO2, als bei der gängigen Herstellungsmethode. Der so hergestellte Stahl gilt als “grüner Stahl”. Auch China setzt zunehmend auf Recycling. Analysten von S&P Global prognostizieren, dass sich der Anteil von Schrott in der chinesischen Stahlproduktion bis 2025 auf 15 bis 20 Prozent erhöhen wird. 

    Die Volksrepublik dominiert den Stahlmarkt

    Mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls produziert die Volksrepublik und hat damit auf dem Weltmarkt eine Vormachtstellung. Die IKB Deutsche Industriebank rechnet vor, dass die weltweite Rohstahlproduktion vergangenen Jahres auf einen Rekord von über 1,9 Milliarden Tonnen anzog. Auf China, entfielen davon über eine Milliarde Tonnen.

    China produziert mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls; durch Scrhott-Recycling sollen die Emissionen gesenkt werden.

    “Wir gehen davon aus, dass die Preise für Schrott anziehen werden, denn es werden etliche Stahlwerke in China umgerüstet, um die Emissionen und den Energieverbrauch in der Branche zu reduzieren”, sagt Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Direktor bei der IKB für Industrials & Automotive gegenüber China.Table.

    Noch aber produzieren über 90 Prozent der chinesischen Stahlwerke mit klassischen Hochöfen und sind damit einer der größten Emittenten von CO2. Die Branche ist für circa 15 Prozent der CO2-Emissionen Chinas verantwortlich. China Baowu, der weltgrößte Stahlproduzent hat 2020 laut Berechnungen des Finanzdienstleisters Bloomberg mehr Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre abgegeben als ganz Pakistan.

    Doch damit soll bald Schluss sein. Die Stahlbranche hat sich verpflichtet, die Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts gegenüber ihrem Höchststand um 30 Prozent zu senken. So sollen alte Anlagen durch neuere und “saubere” Anlagen ersetzt werden. 

    Heinz-Jürgen Büchner von der Deutschen Industriebank geht davon aus, dass “spätestens in zehn Jahren, aber wahrscheinlich früher, bis zu 20 Prozent der chinesischen Stahlproduktion in elektrischen Lichtbogenöfen erzeugt werden“. Er sieht in der Umrüstung auch einen sinnvollen Weg, um das steigende Schrottaufkommen im Land zu bewältigen. In Zukunft müssen mehr PKW verschrottet werden. Werden die Altautos in der Stahlproduktion recycelt, würden “zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen”, so Büchner.

    Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2060 zu erreichen, greift Peking noch tiefer in die Werkzeugkiste. Im vergangenen Jahr wurde die Stahlproduktion erheblich zurückgefahren, um klimaschädlichen Emissionen einzudämmen. Doch aufgrund des wirtschaftlichen Abschwunges wurden die Ziele zuletzt wieder verwässert (China.Table berichtete).

    Eisenerzpreise fallen aus Sorge um die Lockdowns in China

    Erst am Samstag hat Chen Kelong, Sprecher des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) gesagt, dass die Regierung alles tun wird, angemessene Stahlpreise aufrechtzuerhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Hersteller in der gesamten Wertschöpfungskette weiterhin Gewinne erzielen können. 

    Chens Erklärung ging ein Einbruch der globalen Eisenerzpreise am Montag voraus. In Singapur gingen die Terminkontrakte für den wichtigsten Rohstoff für die Stahlerzeugung zeitweise um bis zu zwölf Prozent zurück, da die Besorgnis über die chinesische Nachfrage zunahm, berichtete Bloomberg. Am selben Tag brach der meistgehandelte Eisenerz-Futures-Kontrakt an der chinesischen Dalian Commodity Exchange für die Lieferung im September um zehn Prozent ein, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin.

    Wird Schrott statt Eisenerz und Koks von den Stahlwerken genutzt, werden pro Tonne Stahl 1,67 Tonnen CO2-Emissionen verhindert, so eine Studie des Fraunhofer-Instituts. Die Einsparungen kämen dem gleich, was ein Pendler im Durchschnitt im Jahr mit seinem Auto an Emissionen freisetzt, wenn er täglich eine Strecke von 40 Kilometern zurücklegen muss

    China braucht Schrott-Importe

    “China bewegt sich in Richtung eines höherprozentigen Schrotteinsatzes und reduziert den Prozentsatz von Stahl, der aus Eisenerz hergestellt wurde”, sagte Schott Newell von Newell Recycling Equipment, USA/China bei einem Branchen-Webinar im vergangenen Jahr. “Vor ein paar Jahren herrschte Sorge, dass China ein riesiges Schrott-exportierendes Land wird – mit dem Effekt, dass es den Schrottpreisen weltweit schadet. Das Gegenteil ist eingetreten. China braucht Schrottimporte mehr als Eisenerz und Kohle, um die Ziele einer saubereren Umwelt und einer kosteneffektiveren Stahlproduktion zu erreichen“, berichtet das Fachblatt “EU-Recycling + Umwelttechnik”.

    Auch die Nachfrage nach Schrott in Europa wird weiter zunehmen. Laut dem Industrieverband Eurofer kommen 42 Prozent des in Europa produzierten Stahls bereits aus Elektroöfen. Weltweit wird ein Viertel des Stahls so produziert. Durch die Nachfrage aus China und anderen asiatischen Staaten wird der Schrott nun zu einem kostbaren Rohstoff im Kampf gegen den Klimawandel.

    • Emissionen
    • Klima
    • Recycling

    News

    Shell will Beteiligung an russischer LNG-Anlage loswerden

    Der Energieriese Shell befindet sich Medienberichten zufolge in Gesprächen mit chinesischen Unternehmen, um seine Beteiligung an einem großen russischen Gasprojekt zu verkaufen. Das in London notierte Unternehmen spreche mit den staatlichen chinesischen Ölunternehmen CNOOC, CNPC und Sinopec über seine 27,5-prozentige Beteiligung am Flüssigerdgas-Venture Sachalin II, berichtete die britische Zeitung The Telegraph am Donnerstag. In den Gesprächen ging es demnach um den möglichen Verkauf von Shells Anteilen an ein, zwei oder an alle drei Unternehmen, hieß es in dem Bericht. Shell sei aber auch für potenzielle Käufer außerhalb Chinas offen.

    Sachalin II wird vom russischen Gasgiganten Gazprom kontrolliert und betrieben. Das Projekt zur Förderung von Erdgas und Öl befindet sich nördlich der russischen Pazifikinsel Sachalin im Ochotskischen Meer. Weitere Beteiligte sind die japanischen Unternehmen Mitsui & Co und Mitsubishi. Shell äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Auch die chinesischen Ölunternehmen gaben Reuters zufolge keine Stellungnahme ab. Shell hatte im Februar angekündigt, seine Betriebe in Russland, einschließlich der LNG-Anlage Sachalin II, einzustellen, nachdem die Sanktionen gegen Moskau wegen der Invasion der Ukraine verschärft worden waren. rtr/ari

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    • Geopolitik
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    • Russland

    Kohle als Mittel gegen schwache Konjunktur

    Die Regierung will offenbar der Wirtschaft helfen, indem sie mit billiger Kohle die Energiepreise drückt. Die Förderung soll in diesem Jahr um sieben Prozent steigen, berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf Medienberichte. Das sind 300 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Dabei handelt es sich seit 2020 um den zweiten hohen Anstieg in Folge. Im Rahmen der Konjunkturförderung sei auch der Bau neuer Kohlekraftwerke geplant.

    Den Ausstieg aus fossilen Energieträgern hebt sich die Führung offenbar für Jahre ohne Krisen und Probleme auf. China hat sich ohnehin nie zu einem gleichmäßigen Abbau der Kohleförderung verpflichtet, sondern nur ihren Höhepunkt für das Jahr 2030 in Aussicht gestellt. fin

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    • Kohle
    • Konjunktur
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    Sinolytics.Radar

    China setzt bei Energiesicherheit auf Kernkraft

    Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
    • Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung in China ist mit 5,02 Prozent im Jahr 2021 derzeit noch gering.
    • Im Gegensatz zu dem Atomausstieg anderer Länder wie Japan und Deutschland ist China jedoch entschlossen, seine Kernenergiekapazität auszubauen und den Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung zu erhöhen. Nach Expertenschätzungen wird der Anteil der Kernenergie am gesamten Strommix Chinas in Zukunft 10-15 Prozent erreichen.
    • Der Staatsrat hat im April 2022 den Bau von sechs neuen Kernkraftwerken genehmigt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der derzeit im Bau befindlichen Kernkraftwerke in China auf 24.
    • Eine der wesentlichen politischen Absichten, die hinter dem kontinuierlichen Ausbau der Kernenergie in China stehen, ist die Bestrebung der Regierung, die Energiesicherheit durch die Schaffung inländischer Energiequellen zu erhöhen, insbesondere angesichts einer zunehmenden schwierigen geopolitischen Lage. Eine weitere Absicht ist die Nutzung der Kernenergie als wirtschaftlich praktikable Lösung zur Erreichung der Klimaschutzziele des Landes.
    • Nach dem Erdbeben von Fukushima im Jahr 2011 gab es eine kurzzeitige Phase des politischen Zögerns, die zu einer vorübergehenden Verlangsamung des Ausbaus der Kernenergie und einer Bewertung von Chinas eigenen Kernkrafttechnologien der dritten Generation von 2015 bis 2018 führte. Seit 2019 hat die Regierung jedoch das Zulassungstempo erhöht und das erste chinesische Kernkraftwerk der dritten Generation, das auf eigenem Know-how basiert, erfolgreich in Betrieb genommen.
    • Interessanterweise hat China unter den sechs jüngsten Projekten zwei Kernkraftwerke genehmigt, die auf importierten Technologien von Westing House, einem US-amerikanischen Unternehmen für Kernkrafttechnologie, basieren. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die Spannungen zwischen China und den USA bei der “Entkopplung” von Kernkrafttechnologie und Ausrüstung etwas lockern.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    China.Table Redaktion

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