was anfänglich nur für führende Parteikader galt, zog immer weitere Kreise. Es folgten die Vorstandschefs von staatlichen Unternehmen, schließlich Investmentbanker und Universitätsprofessoren. Jetzt aber zielt die ideologische Kontrollwut der Kommunistischen Partei auch auf Teile der Durchschnittsbevölkerung ab – betroffen sind Lehrer, Kindergartenpädagogen oder sogar Studierende. Viele Menschen werden von den Behörden inzwischen dazu gezwungen, ihre Pässe einzureichen, um nicht mehr beliebig ins Ausland reisen zu können.
Die Verpflichtungen, die Chinesen zum Teil eingehen müssen, um eine Reise genehmigt zu bekommen, zeigten das paranoide Ausmaß des staatlichen Kontrollwahns Regierung, schreibt Fabian Kretschmer. Aus Sorge vor “geistiger Verschmutzung” isoliert die Kommunistische Partei lieber ihre Bürger, als dass sie den internationalen Austausch fördert. Die Staatsführung macht damit eines klar: Für bessere Beziehungen mit dem Ausland zu sorgen, traut sie ihren Landsleuten nicht zu. Das übernimmt sie lieber selbst und ignoriert dabei, dass sie das Ausland mit solchen Restriktionen eher verstört.
Jörn Petring beschäftigt sich derweil mit dem chinesischen Aktienmarkt, der seit Ende September eine beeindruckende Aufholjagd hingelegt hat. Analysten warnen allerdings davor, dass die gute Stimmung schnell verfliegen könnte, falls die chinesische Regierung bei ihrem Stimulus-Programm nicht ausreichend nachlegt.
Zuerst betraf es nur führende Parteikader, Dissidenten und ethnische Minderheiten wie Tibeter oder Uiguren. Dann folgten Vorstandschefs von Staatsbetrieben, schließlich Investmentbanker und Universitätsprofessoren. Doch jetzt zielt die ideologische Kontrollwut der Kommunistischen Partei auch auf weite Teile der Durchschnittsbevölkerung ab – von Lehrern über Kindergartenpädagogen bis hin zu einfachen Studenten. Viele Menschen werden von den Behörden dazu gezwungen, ihre Pässe einzureichen, um nicht mehr beliebig ins Ausland reisen zu können.
Die Financial Times hat das Ausmaß der Repressionen in einer flächendeckenden Recherche nachgezeichnet. Demnach mussten Angestellte von Staatsbetrieben und Lehrpersonal in etlichen Provinzen ihre Dokumente aushändigen. Unklar ist allerdings, wie zentralistisch die Maßnahmen gelenkt werden. Das sogenannte “persönlichen Auslandsreisemanagement” ermächtigt lokale Behörden dazu, Grenzübertritte zu regulieren und bei Bedarf zu verhindern.
Aufgrund der massiven Zensur wissen viele Chinesen selbst nicht einmal vom Ausmaß der Beschränkungen. “Der Bericht der Financial Times hat eine sehr negative Auswirkung auf das Image Chinas im Ausland”, schreibt etwa der renommierte Professor Fan Hongda, der an der Shanghai International Studies University forscht, auf seinem Weibo-Account: “Sollte es sich um eine Falschmeldung handeln, fordern Sie bitte die zuständigen nationalen Stellen auf, den Bericht so schnell wie möglich zu widerlegen!”
Das dürfte den aufgeforderten Stellen jedoch schwerfallen. Die Financial Times legt Dokumente vor, die erahnen lassen, wie geradezu paranoid die Parteiführung ihre Bürger vor ausländischem Einfluss abschirmen will. So muss etwa das Lehrpersonal einer Schule im ostchinesischen Wenzhou beim Antrag auf eine Auslandsreise nicht nur etliche Unterschriften von Vorgesetzten und der Disziplinarinspektion einsammeln, sondern auch vor dem Abflug ein Formular unterzeichnen. Darin verpflichtet man sich unter anderem dazu, im Ausland “keine reaktionären Filme zu schauen” oder “interne Angelegenheiten mit Fremden zu bereden”. Ebenso ist es streng verboten, ohne vorherige Genehmigung die geplante Reiseroute zu verändern.
In einigen Fällen wird sogar pensionierten Lehrern der Reisepass entzogen, selbst wenn diese Verwandte im Ausland haben. Und im Internet lassen sich nach wie die Meldungen mehrerer Universitäten finden, die eingeschriebene Studenten bestimmter Fakultäten ebenfalls dazu zwingen, ihre Dokumente einzureichen. Im westchinesischen Lanzhou ist der Fall einer Oberschule dokumentiert, in dem die Klassenvorstände dazu aufgefordert wurden, eine Liste sämtlicher Schüler zusammenzustellen, die über Reisepässe verfügen.
Die Regierung von Xi Jinping verhängt seit langem Reiseverbote gegen Menschenrechtsaktivisten, Dissidenten, Menschenrechtsanwälte und deren Familien. In Tibet und Xinjiang kommt es seit den Massendemonstrationen und Aufständen ethnischer Minderheiten in den Jahren 2008 und 2009 zu ähnlichen Maßnahmen.
Ausgeweitet wurden die Maßnahmen im Jahr 2022, als die Nationale Einwanderungsbehörde chinesische Staatsangehörige aufforderte, China nur im äußersten Notfall zu verlassen. Während dieser Zeit kam es gehäuft vor, dass Reisepässe chinesischer Staatsbürger nach deren Rückkehr aus dem Ausland ungültig gemacht wurden. Die Strenge der Maßnahmen stand damals im Zusammenhang mit der restriktiven Corona-Politik des Landes. Doch vor wenigen Monaten hatte Radio Free Asia Quellen zitiert, die eine Fortsetzung des faktischen Reiseverbotes auf vielen Ebenen ankündigten.
“Ich habe Englisch studiert, und mein Lebenstraum ist es, einmal ein englischsprachiges Land zu besuchen”, schreibt eine Lehrerin auf der chinesischen App Xiaohongshu: “Nun fühlt es sich an, als ob mein Traum zerschlagen wird”. Ebenfalls ist es längst Usus, dass auch Professoren stets mit einem “Aufpasser” erscheinen, wenn sie Botschaftstermine wahrnehmen. Meist bleiben sie Treffen mit Diplomaten ohnehin fern, weil allein die Anfrage auf Genehmigung bei der Parteizelle der Universität sie verdächtig erscheinen lässt.
Auch Regierungsmitarbeiter dürfen ausländische Staatsbürger nur in Begleitung treffen. Ein in Peking lebender Korrespondent berichtet etwa von einer privaten Feier, bei der sich ein Mitarbeiter des Außenministeirums einst aus ebenjenem Grund verabschiedet habe.
Wenn an diesem Dienstag die Oktober-Feiertage enden, werden viele Augen auf die chinesischen Börsen gerichtet sein. Nach der rund einwöchigen Handelspause stellen sich Investoren vor allem eine Frage: Wird die Rally weitergehen? Kurz vor Beginn der Goldenen Woche, die am 1. Oktober begann, erlebten die chinesischen Börsen eine Euphoriewelle.
Die Märkte reagierten kraftvoll auf Pekings Ankündigung von Konjunkturhilfen. Der Shanghai Composite Index stieg in der letzten Septemberwoche um rund 20 Prozent, der technologieorientierte Shenzhen Component Index sogar um etwa 30 Prozent. Beide Indizes verzeichneten damit ihren größten wöchentlichen Gewinn seit Ende 2008.
Damals rettete Peking mit dem größten Hilfspaket der Landesgeschichte die chinesische Wirtschaft vor den Auswirkungen der US-Finanzkrise. Doch genau dieser Vergleich sorgt heute für Sorgen. Ökonomen befürchten, dass das aktuelle Konjunkturpaket nicht stark genug sein könnte, um einen dauerhaften Effekt zu erzielen. Das weiß auch die Regierung, die bereits weitere fiskalpolitische Maßnahmen in Aussicht gestellt hat.
Für Dienstag hat die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) zu einer Pressekonferenz geladen, um über die “systematische Umsetzung eines Pakets schrittweiser Maßnahmen zur soliden Förderung des Wirtschaftswachstums, der Strukturoptimierung und der anhaltenden Entwicklungsdynamik” zu informieren. Im Klartext könnte das bedeuten, dass die NDRC Details zur fiskalischen Unterstützung bekannt gibt, die den Konsum ankurbeln und damit auch die Börsen nachhaltig stützen soll.
“Wir brauchen dringend Maßnahmen auf der Nachfrageseite, insbesondere fiskalpolitische”, sagt Lu Sun von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Berichten zufolge könnte Chinas Finanzministerium zusätzliche Staatsanleihen im Wert von zwei Billionen Yuan (284 Milliarden Dollar) ausgeben. Diese Summe könnte zum Teil zur Unterstützung des Konsums verwendet werden. Doch das würde laut Sun nicht ausreichen. “Mehr fiskalische Maßnahmen und nachfrageseitige Impulse sind nötig als der Markt derzeit erwartet”, so die Analystin.
Andernfalls könnte der “Wumms” des Konjunkturpakets schnell verpuffen, befürchtet die britische Bank HBSC. Und die japanische Nomura Bank malt sogar ein noch düsteres Szenario, in welchem dem Börsenboom der vergangenen Tage ein Crash folgen könnte. Zumal der Aktienmarkt in der Vergangenheit nach erheblichen Anstiegen wiederholt abgestürzt war. Sowohl nach dem Ende der Pandemie-Maßnahmen im Sommer 2022 als auch im Frühjahr 2023 stiegen die Kurse in Erwartung einer Erholung zunächst sprunghaft an, befanden sich bald darauf aber wieder auf einem Abwärtstrend.
Doch seit dem Start der jüngsten Kursgewinne gibt es auch Stimmen, die überzeugt sind, dass der chinesische Aktienmarkt endlich das Schlimmste hinter sich hat. Es sei nun an der Zeit, massiv in China zu investieren und “alles” zu kaufen, sagt etwa der US-Milliardär und Hedgefonds-Manager David Tepper.
Optimisten wie er argumentieren mit der massiven Bewertungslücke, die mittlerweile zwischen chinesischen und vor allem US-Aktien besteht. So hatten Amazon und Alibaba um 2017 herum noch einen ähnlich großen Marktwert. Zu dieser Zeit erreichten beide Unternehmen eine Marktkapitalisierung zwischen 400 und 500 Milliarden US-Dollar. Amazon ist mittlerweile fast zwei Billionen US-Dollar wert, Alibaba dagegen nur noch 270 Milliarden US-Dollar. Auch Tencent und Facebook haben sich auf ähnlich unterschiedliche Weise entwickelt.
Ausländische Investoren sind zum Teil jedoch zögerlich, weil sie dem Braten noch nicht so recht trauen. “Ist es dieses Mal anders? Wir haben diese Anläufe und Starts schon erlebt mit chinesischen Konjunkturprogrammen unterschiedlicher Art, die jedoch nicht zu einer langfristigen konstruktiven Erholung geführt haben”, sagte Saira Malik, Chief Investment Officer des US-Vermögensverwalters Nuveen der Financial Times. “Diesmal sieht es für uns immer noch so aus, als ob die Auswirkungen auf den Aktienmarkt größer sind als auf die Wirtschaft.” Erst eine strukturelle Belebung könne den Optimismus schüren.
Ein Hauptgrund für den starken Anstieg der chinesischen Aktien könnte der zuvor herrschende extreme Pessimismus gegenüber dem Markt gewesen sein, glauben manche Analysten. Hedgefonds, die auf einen Rückgang gewettet hatten, kauften nun Aktien zurück, um ihre Short-Positionen zu decken, was die Preise steigen ließ. Bei Short-Positionen verkauft man Aktien, die man gar nicht besitzt, mit der Absicht, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen. Man leiht sich die Aktien von jemandem, der sie besitzt, und verkauft sie auf dem Markt.
Das könnte ein Indiz dafür sein, dass der Aktienmarkt die beste Phase der Rally wahrscheinlich schon hinter sich hat.
Taiwan erwartet zu seinem Nationalfeiertag am 10. Oktober chinesische Militärübungen. Die Volksrepublik könnte die bevorstehende Rede des taiwanischen Präsidenten William Lai Ching-te als Vorwand nutzen, um Druck auf die Insel auszuüben. China hatte bereits kurz nach Lais Amtseinführung im Mai mit militärischen Manövern reagiert und diese als Reaktion auf “separatistische Handlungen” gerechtfertigt. Es schickte schwer bewaffnete Kampfflugzeuge in die Luft und inszenierte Scheinangriffe.
Lai wird am 10. Oktober bei einer großen Feier vor dem Präsidentenamt in Taipeh eine Rede halten, um den 113. Geburtstag der Republik China, Taiwans offiziellem Namen, zu begehen. Im Oktober 1911 stürzte eine Gruppe Revolutionäre in Südchina die Qing-Dynastie und gründete im Anschluss die Republik China. Nachdem Chiang Kai-shek im chinesischen Bürgerkrieg (1927 bis 1949) gegen die Kommunisten unterlegen war, floh er mit zwei Millionen Gefolgsleuten seiner Kuomintang-Partei nach Taiwan. Mao Zedong gründete in China derweil die Volksrepublik. Zur Republik China gehörten nunmehr nur noch Taiwan und einige umliegende Inseln, die Chiang weiterhin regierte. rtr
Die ehemalige taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen wird diesen Monat die Tschechische Republik besuchen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, die auf mehrere anonyme Quellen verweist. Es handele sich um einen heiklen Besuch für eine hochrangige Politikerin, die die Regierung der Volksrepublik China wiederholt als “Separatistin” bezeichnet hat.
Die Tschechische Republik unterhält, wie die meisten Länder, keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Tschechien und der Inselstaat haben sich in den vergangenen Jahren angenähert. Kaum ein anderes Land, das keine offiziellen Beziehungen mit Taiwan pflegt, hat dem Land so viel Anerkennung gewährt wie Tschechien. So schloss Prag etwa eine Städtepartnerschaft mit Taipeh, Shanghai kündigte daraufhin erbost die seine.
Auch andere mitteleuropäische Staaten entwickelten engere Beziehungen zu Taiwan, das seinerseits stärkere Bündnisse in den Ländern sucht. Einige Staaten stiegen aus der Wirtschaftsplattform 17 plus 1 aus, die die Zusammenarbeit mittel- und osteuropäischer Staaten mit China vorantreiben sollte.
Tsai, die im Mai als Präsidentin abgelöst wurde, soll das Forum 2000 in Prag besuchen, das am 13. Oktober beginnt. Reuters berichtet, sie werde dort eine Rede halten. Während ihres Aufenthalts in der Tschechischen Republik wird Tsai zudem hochrangige tschechische und andere europäische Politiker treffen, hieß es. rtr/grz
Wegen wachsender Spannungen mit China haben Südkorea und die Philippinen eine verstärkte Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen beschlossen. Der südkoreanische Staatschef Yoon kündigte am Montag an, sein Land werde sich aktiv an der neuesten Phase milliardenschwerer Investitionen der Philippinen zur Modernisierung militärischer Sicherheitsinfrastruktur im Südchinesischen Meer beteiligen. Konkret gemeint sind damit weitere Waffenlieferungen.
Bei seinem Besuch in Manila verständigte sich Yoon mit seinem Amtskollegen Ferdinand Marcos Jr. darauf, eine internationale, regelbasierte Ordnung aufrechterhalten zu wollen, auch hinsichtlich der Sicherheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer. Es ist der erste Besuch eines südkoreanischen Präsidenten seit zehn Jahren. “Präsident Marcos und ich haben ein neues Kapitel unserer Partnerschaft aufgeschlagen, indem wir unsere Beziehung zu einer strategischen Partnerschaft erhoben haben”, sagte Yoon bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.
In der Vergangenheit hat Südkorea bereits FA-50-Kampfjets, Korvetten und Fregatten an die Philippinen verkauft. Die philippinische Regierung plant, ihr Militär mit Kampfjets, U-Booten und Raketensystemen aufzustocken, um die maritime Sicherheit zu stärken. China erhebt territorialen Anspruch auf Atolle und Inseln innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen. rtr/grz
Bei der US-Präsidentschaftsdebatte im vergangenen Monat wurde – abgesehen von ein paar wohlfeilen Bemerkungen – überraschend wenig über China gesprochen. Ex-Präsident Donald Trump behauptete, die von ihm vorgeschlagenen Importzölle würden “China und all die Länder, die uns seit Jahren abzocken” bestrafen. Vizepräsidentin Kamala Harris äußerte sich abfällig über Chinas Reaktion auf die Pandemie und erklärte, Präsident Xi Jinping sei verantwortlich für die “mangelnde und uns vorenthaltene Transparenz über die Ursprünge von COVID”.
Der mangelnde Fokus auf China war vorhersehbar. Die US-Wähler sind in diesem Wahlzyklus auf andere Themen fixiert: die Abtreibung und die reproduktiven Rechte von Frauen, Einwanderung und Grenzsicherheit sowie Inflation und Geldsorgen. Die Moderatoren gingen kaum auf das womöglich wichtigste außenpolitische Problem der USA im 21. Jahrhundert ein, obwohl die Kommission für die Nationale Verteidigungsstrategie und die Nationale Sicherheitsstrategie des Weißen Hauses die von China ausgehenden Risiken als nahezu existenziell eingestuft haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht nachvollziehbar, warum man sich nicht mit dieser Frage befasst.
China war in den vergangenen Wahlkämpfen stets ein wichtiges Diskussionsthema. Das begann mit der Debatte zwischen Richard Nixon und John F. Kennedy im Oktober 1960, bei der es zu intensiven Diskussionen über die umstrittenen Kinmen- und Matsu-Inseln in der Straße von Taiwan kam. Bei fast allen folgenden Präsidentschaftsdebatten – auch den drei Aufeinandertreffen zwischen Trump und Hillary Clinton im Jahr 2016 – gab es einen Austausch über die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. (Trumps ständige Anspielungen auf “Chai-nah” waren in jenem Jahr Gegenstand eines viralen Videos.) Ist die US-Wählerschaft von der polarisierten Diskussion in den sozialen Medien und dem 24-Stunden-Nachrichtenzyklus derart überfordert, dass sie das Interesse an einer substanziellen politischen Diskussion verloren hat?
Beide Parteien sind sich einig über die Bedrohung, die von China ausgeht. Dies könnte ihre Neigung erklären, das Thema zu ignorieren. US-Politiker tendieren dazu, andere für die von ihnen selbst verursachten Probleme verantwortlich zu machen. Insofern ist es kaum überraschen, dass China für alle Seiten als Sündenbock herhalten muss. So wird China beispielsweise für das massive amerikanische Handelsdefizit verantwortlich gemacht, dieses aber ist auch eine Folge des ebenso massiven Haushaltsdefizits und des damit einhergehenden Mangels an inländischen Ersparnissen. Dasselbe gilt für die US-Paranoia in Bezug auf Huawei, das zum Symbol des amerikanisch-chinesischen Technologiekriegs geworden ist: Es ist viel einfacher, die Schuld auf China zu schieben als anzuerkennen, dass die USA zu wenig Geld für Forschung und Entwicklung ausgegeben haben und dass dies das Innovationspotenzial der USA bedroht.
Ich bin nicht so naiv, zu erwarten, dass US-Politiker in strittigen Fragen wie China völlig aufrichtig sind. Wie ich in meinem Buch Accidental Conflict betone, sind falsche Narrative politisch äußerst nützlich und haben im Präsidentschaftswahlkampf 2024 ein neues Niveau erreicht. Nehmen wir Trumps Fixierung auf Zölle: Er stellt nicht nur falsch dar, wer sie bezahlt. Er verkehrt zudem ihre Auswirkungen ins Gegenteil, indem er fälschlicherweise behauptet, Zölle würden die Inflation im Inland senken und zugleich die Preise für ausländische Exporteure erhöhen.
Gleichzeitig kann man Harris dafür kritisieren, dass sie die Entscheidung der Biden-Regierung, Trumps China-Zölle aufrechtzuerhalten und neue einzuführen, begrüßt hat. Geht man gegen China vor, ohne die eigentliche Ursache der Probleme zu bekämpfen, nämlich den Mangel der inländischen Ersparnisse in den USA, ist das so, als drücke man einen wassergefüllten Ballon zusammen: Der Druck schiebt das Wasser lediglich an das andere Ende. Indem man eine vermeintlich bilaterale Lösung gefunden hat (Zölle gegenüber China), hat man das US-Handelsdefizit lediglich auf Mexiko, Vietnam, Kanada, Südkorea, Taiwan, Indien, Irland und Deutschland verlagert. Dies aber sind überwiegend Produzenten, die zu höheren Kosten fertigen, was die Preise für die unter Druck stehenden amerikanischen Familien erhöht.
Wenn es nach mir ginge, würde ich versuchen, den Kandidaten Antworten in Bezug auf drei wichtige Aspekte zu entlocken:
Erstens: Können die USA wirklich darauf hoffen, ein multilaterales Handelsdefizit (gegenüber 106 Ländern im Jahr 2023) zu beseitigen, indem sie ihren größten Handelspartner ins Visier nehmen? Die Regierung hat dies in den 1980er Jahren mit Japan versucht und ist damit gescheitert. Warum also glauben die Politiker, dass der gleiche Ansatz jetzt auf wundersame Weise mit China funktionieren wird?
Zweitens: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Handelskrieg nach hinten losgeht? Das gab es schon früher, die Große Depression der 1930er Jahre ist das schmerzlichste Beispiel dafür. Wenn Länder mit Zöllen belegt werden, neigen sie dazu, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Und wenn Unternehmen von Sanktionen betroffen sind, konzentrieren sie sich darauf, im Wettbewerb zu überleben. Huaweis neue Generation von Smartphones und Laptops sind ein eindrucksvolles Beispiel.
Drittens: Wie würde ein Sieg in einem chinesisch-amerikanischen Handelskrieg für die USA aussehen? Die gegenseitige Sorge um die nationale Sicherheit scheint einen Konflikt unvermeidlich zu machen. Die chinesische Führung befürchtet, dass Amerika eine umfassende Containment-Strategie verfolgt. Die USA bestreiten dies und argumentieren stattdessen, dass sie eine Strategie des sogenannten “kleinen Hofs mit hohem Zaun” verfolgen. Dabei wird eine kleine Zahl von Technologien, die über militärische Potenzial verfügen, strengen Restriktionen unterworfen, während der Handel in anderen Bereichen normal weitergehen soll.
Gibt es einen Kompromiss, der für beide Länder akzeptabler wäre? Dialog ist kein Schimpfwort. Man sollte ihn auch nicht mit Beschwichtigungspolitik verwechseln. Was wäre nötig, um die Möglichkeit einer neuen Ära des Dialogs zwischen den USA und China in Betracht einzuleiten?
Was mich am meisten beunruhigt, ist, dass eine uninteressierte Wählerschaft nicht geneigt ist, sich mit diesen und anderen Aspekten der China-Debatte auseinanderzusetzen – geschweige denn, Alternativen zum Konflikt in Betracht zu ziehen.
Amerika ist von einer toxischen Sinophobie befallen, die den Kalten Krieg wie eine Vorübung erscheinen lässt. Es muss doch einen besseren Weg des Engagements mit China geben, als hinter jeder Ecke eine Bedrohung zu sehen. Aber es wird äußerst schwierig, konstruktive Lösungen zu finden, wenn man US-Präsidentschaftskandidaten nicht dazu drängt, die schwierigsten Probleme des Landes zu diskutieren.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
Stephen S. Roach lehrt an der Universität Yale. Er war Chairman von Morgan Stanley Asia und ist der Verfasser von Unbalanced: The Codependency of America and China (Yale University Press, 2014) und Accidental Conflict: America, China, and the Clash of False Narratives (Yale University Press, 2022).
Copyright: Project Syndicate, 2024.
www.project-syndicate.org
Jalil Malek hat bei VW China den Posten Head of Quality Assurance Battery Systems übernommen. Malek war zuvor Head of Quality Assurance Powertrain. Sein Einsatzort bleibt weiterhin Peking.
Ivo Muth ist seit September Executive Vice President R&D und Member of the Board bei Audi China. Zuvor war er bei Bentley als VP, Head of R&D Electrical/Electronics in Manchester tätig. Sein neuer Einsatzort ist Peking.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Das Ende der Goldenen (Urlaubs-)Woche in China kündigte sich am Montag auch mit einem erhöhten Taxi-Aufkommen am Flughafen in Chongqing an. Die Reisewelle hatte Hunderte Millionen Chinesen während der vergangenen Tage in Bewegung gesetzt. Fluglinien hatten ihre Tickets im Schnitt um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesenkt, um die Reiselust der Menschen anzukurbeln. Die wirtschaftlich angespannte Lage verleitet viele Chinesen zur Sparsamkeit.
was anfänglich nur für führende Parteikader galt, zog immer weitere Kreise. Es folgten die Vorstandschefs von staatlichen Unternehmen, schließlich Investmentbanker und Universitätsprofessoren. Jetzt aber zielt die ideologische Kontrollwut der Kommunistischen Partei auch auf Teile der Durchschnittsbevölkerung ab – betroffen sind Lehrer, Kindergartenpädagogen oder sogar Studierende. Viele Menschen werden von den Behörden inzwischen dazu gezwungen, ihre Pässe einzureichen, um nicht mehr beliebig ins Ausland reisen zu können.
Die Verpflichtungen, die Chinesen zum Teil eingehen müssen, um eine Reise genehmigt zu bekommen, zeigten das paranoide Ausmaß des staatlichen Kontrollwahns Regierung, schreibt Fabian Kretschmer. Aus Sorge vor “geistiger Verschmutzung” isoliert die Kommunistische Partei lieber ihre Bürger, als dass sie den internationalen Austausch fördert. Die Staatsführung macht damit eines klar: Für bessere Beziehungen mit dem Ausland zu sorgen, traut sie ihren Landsleuten nicht zu. Das übernimmt sie lieber selbst und ignoriert dabei, dass sie das Ausland mit solchen Restriktionen eher verstört.
Jörn Petring beschäftigt sich derweil mit dem chinesischen Aktienmarkt, der seit Ende September eine beeindruckende Aufholjagd hingelegt hat. Analysten warnen allerdings davor, dass die gute Stimmung schnell verfliegen könnte, falls die chinesische Regierung bei ihrem Stimulus-Programm nicht ausreichend nachlegt.
Zuerst betraf es nur führende Parteikader, Dissidenten und ethnische Minderheiten wie Tibeter oder Uiguren. Dann folgten Vorstandschefs von Staatsbetrieben, schließlich Investmentbanker und Universitätsprofessoren. Doch jetzt zielt die ideologische Kontrollwut der Kommunistischen Partei auch auf weite Teile der Durchschnittsbevölkerung ab – von Lehrern über Kindergartenpädagogen bis hin zu einfachen Studenten. Viele Menschen werden von den Behörden dazu gezwungen, ihre Pässe einzureichen, um nicht mehr beliebig ins Ausland reisen zu können.
Die Financial Times hat das Ausmaß der Repressionen in einer flächendeckenden Recherche nachgezeichnet. Demnach mussten Angestellte von Staatsbetrieben und Lehrpersonal in etlichen Provinzen ihre Dokumente aushändigen. Unklar ist allerdings, wie zentralistisch die Maßnahmen gelenkt werden. Das sogenannte “persönlichen Auslandsreisemanagement” ermächtigt lokale Behörden dazu, Grenzübertritte zu regulieren und bei Bedarf zu verhindern.
Aufgrund der massiven Zensur wissen viele Chinesen selbst nicht einmal vom Ausmaß der Beschränkungen. “Der Bericht der Financial Times hat eine sehr negative Auswirkung auf das Image Chinas im Ausland”, schreibt etwa der renommierte Professor Fan Hongda, der an der Shanghai International Studies University forscht, auf seinem Weibo-Account: “Sollte es sich um eine Falschmeldung handeln, fordern Sie bitte die zuständigen nationalen Stellen auf, den Bericht so schnell wie möglich zu widerlegen!”
Das dürfte den aufgeforderten Stellen jedoch schwerfallen. Die Financial Times legt Dokumente vor, die erahnen lassen, wie geradezu paranoid die Parteiführung ihre Bürger vor ausländischem Einfluss abschirmen will. So muss etwa das Lehrpersonal einer Schule im ostchinesischen Wenzhou beim Antrag auf eine Auslandsreise nicht nur etliche Unterschriften von Vorgesetzten und der Disziplinarinspektion einsammeln, sondern auch vor dem Abflug ein Formular unterzeichnen. Darin verpflichtet man sich unter anderem dazu, im Ausland “keine reaktionären Filme zu schauen” oder “interne Angelegenheiten mit Fremden zu bereden”. Ebenso ist es streng verboten, ohne vorherige Genehmigung die geplante Reiseroute zu verändern.
In einigen Fällen wird sogar pensionierten Lehrern der Reisepass entzogen, selbst wenn diese Verwandte im Ausland haben. Und im Internet lassen sich nach wie die Meldungen mehrerer Universitäten finden, die eingeschriebene Studenten bestimmter Fakultäten ebenfalls dazu zwingen, ihre Dokumente einzureichen. Im westchinesischen Lanzhou ist der Fall einer Oberschule dokumentiert, in dem die Klassenvorstände dazu aufgefordert wurden, eine Liste sämtlicher Schüler zusammenzustellen, die über Reisepässe verfügen.
Die Regierung von Xi Jinping verhängt seit langem Reiseverbote gegen Menschenrechtsaktivisten, Dissidenten, Menschenrechtsanwälte und deren Familien. In Tibet und Xinjiang kommt es seit den Massendemonstrationen und Aufständen ethnischer Minderheiten in den Jahren 2008 und 2009 zu ähnlichen Maßnahmen.
Ausgeweitet wurden die Maßnahmen im Jahr 2022, als die Nationale Einwanderungsbehörde chinesische Staatsangehörige aufforderte, China nur im äußersten Notfall zu verlassen. Während dieser Zeit kam es gehäuft vor, dass Reisepässe chinesischer Staatsbürger nach deren Rückkehr aus dem Ausland ungültig gemacht wurden. Die Strenge der Maßnahmen stand damals im Zusammenhang mit der restriktiven Corona-Politik des Landes. Doch vor wenigen Monaten hatte Radio Free Asia Quellen zitiert, die eine Fortsetzung des faktischen Reiseverbotes auf vielen Ebenen ankündigten.
“Ich habe Englisch studiert, und mein Lebenstraum ist es, einmal ein englischsprachiges Land zu besuchen”, schreibt eine Lehrerin auf der chinesischen App Xiaohongshu: “Nun fühlt es sich an, als ob mein Traum zerschlagen wird”. Ebenfalls ist es längst Usus, dass auch Professoren stets mit einem “Aufpasser” erscheinen, wenn sie Botschaftstermine wahrnehmen. Meist bleiben sie Treffen mit Diplomaten ohnehin fern, weil allein die Anfrage auf Genehmigung bei der Parteizelle der Universität sie verdächtig erscheinen lässt.
Auch Regierungsmitarbeiter dürfen ausländische Staatsbürger nur in Begleitung treffen. Ein in Peking lebender Korrespondent berichtet etwa von einer privaten Feier, bei der sich ein Mitarbeiter des Außenministeirums einst aus ebenjenem Grund verabschiedet habe.
Wenn an diesem Dienstag die Oktober-Feiertage enden, werden viele Augen auf die chinesischen Börsen gerichtet sein. Nach der rund einwöchigen Handelspause stellen sich Investoren vor allem eine Frage: Wird die Rally weitergehen? Kurz vor Beginn der Goldenen Woche, die am 1. Oktober begann, erlebten die chinesischen Börsen eine Euphoriewelle.
Die Märkte reagierten kraftvoll auf Pekings Ankündigung von Konjunkturhilfen. Der Shanghai Composite Index stieg in der letzten Septemberwoche um rund 20 Prozent, der technologieorientierte Shenzhen Component Index sogar um etwa 30 Prozent. Beide Indizes verzeichneten damit ihren größten wöchentlichen Gewinn seit Ende 2008.
Damals rettete Peking mit dem größten Hilfspaket der Landesgeschichte die chinesische Wirtschaft vor den Auswirkungen der US-Finanzkrise. Doch genau dieser Vergleich sorgt heute für Sorgen. Ökonomen befürchten, dass das aktuelle Konjunkturpaket nicht stark genug sein könnte, um einen dauerhaften Effekt zu erzielen. Das weiß auch die Regierung, die bereits weitere fiskalpolitische Maßnahmen in Aussicht gestellt hat.
Für Dienstag hat die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) zu einer Pressekonferenz geladen, um über die “systematische Umsetzung eines Pakets schrittweiser Maßnahmen zur soliden Förderung des Wirtschaftswachstums, der Strukturoptimierung und der anhaltenden Entwicklungsdynamik” zu informieren. Im Klartext könnte das bedeuten, dass die NDRC Details zur fiskalischen Unterstützung bekannt gibt, die den Konsum ankurbeln und damit auch die Börsen nachhaltig stützen soll.
“Wir brauchen dringend Maßnahmen auf der Nachfrageseite, insbesondere fiskalpolitische”, sagt Lu Sun von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Berichten zufolge könnte Chinas Finanzministerium zusätzliche Staatsanleihen im Wert von zwei Billionen Yuan (284 Milliarden Dollar) ausgeben. Diese Summe könnte zum Teil zur Unterstützung des Konsums verwendet werden. Doch das würde laut Sun nicht ausreichen. “Mehr fiskalische Maßnahmen und nachfrageseitige Impulse sind nötig als der Markt derzeit erwartet”, so die Analystin.
Andernfalls könnte der “Wumms” des Konjunkturpakets schnell verpuffen, befürchtet die britische Bank HBSC. Und die japanische Nomura Bank malt sogar ein noch düsteres Szenario, in welchem dem Börsenboom der vergangenen Tage ein Crash folgen könnte. Zumal der Aktienmarkt in der Vergangenheit nach erheblichen Anstiegen wiederholt abgestürzt war. Sowohl nach dem Ende der Pandemie-Maßnahmen im Sommer 2022 als auch im Frühjahr 2023 stiegen die Kurse in Erwartung einer Erholung zunächst sprunghaft an, befanden sich bald darauf aber wieder auf einem Abwärtstrend.
Doch seit dem Start der jüngsten Kursgewinne gibt es auch Stimmen, die überzeugt sind, dass der chinesische Aktienmarkt endlich das Schlimmste hinter sich hat. Es sei nun an der Zeit, massiv in China zu investieren und “alles” zu kaufen, sagt etwa der US-Milliardär und Hedgefonds-Manager David Tepper.
Optimisten wie er argumentieren mit der massiven Bewertungslücke, die mittlerweile zwischen chinesischen und vor allem US-Aktien besteht. So hatten Amazon und Alibaba um 2017 herum noch einen ähnlich großen Marktwert. Zu dieser Zeit erreichten beide Unternehmen eine Marktkapitalisierung zwischen 400 und 500 Milliarden US-Dollar. Amazon ist mittlerweile fast zwei Billionen US-Dollar wert, Alibaba dagegen nur noch 270 Milliarden US-Dollar. Auch Tencent und Facebook haben sich auf ähnlich unterschiedliche Weise entwickelt.
Ausländische Investoren sind zum Teil jedoch zögerlich, weil sie dem Braten noch nicht so recht trauen. “Ist es dieses Mal anders? Wir haben diese Anläufe und Starts schon erlebt mit chinesischen Konjunkturprogrammen unterschiedlicher Art, die jedoch nicht zu einer langfristigen konstruktiven Erholung geführt haben”, sagte Saira Malik, Chief Investment Officer des US-Vermögensverwalters Nuveen der Financial Times. “Diesmal sieht es für uns immer noch so aus, als ob die Auswirkungen auf den Aktienmarkt größer sind als auf die Wirtschaft.” Erst eine strukturelle Belebung könne den Optimismus schüren.
Ein Hauptgrund für den starken Anstieg der chinesischen Aktien könnte der zuvor herrschende extreme Pessimismus gegenüber dem Markt gewesen sein, glauben manche Analysten. Hedgefonds, die auf einen Rückgang gewettet hatten, kauften nun Aktien zurück, um ihre Short-Positionen zu decken, was die Preise steigen ließ. Bei Short-Positionen verkauft man Aktien, die man gar nicht besitzt, mit der Absicht, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen. Man leiht sich die Aktien von jemandem, der sie besitzt, und verkauft sie auf dem Markt.
Das könnte ein Indiz dafür sein, dass der Aktienmarkt die beste Phase der Rally wahrscheinlich schon hinter sich hat.
Taiwan erwartet zu seinem Nationalfeiertag am 10. Oktober chinesische Militärübungen. Die Volksrepublik könnte die bevorstehende Rede des taiwanischen Präsidenten William Lai Ching-te als Vorwand nutzen, um Druck auf die Insel auszuüben. China hatte bereits kurz nach Lais Amtseinführung im Mai mit militärischen Manövern reagiert und diese als Reaktion auf “separatistische Handlungen” gerechtfertigt. Es schickte schwer bewaffnete Kampfflugzeuge in die Luft und inszenierte Scheinangriffe.
Lai wird am 10. Oktober bei einer großen Feier vor dem Präsidentenamt in Taipeh eine Rede halten, um den 113. Geburtstag der Republik China, Taiwans offiziellem Namen, zu begehen. Im Oktober 1911 stürzte eine Gruppe Revolutionäre in Südchina die Qing-Dynastie und gründete im Anschluss die Republik China. Nachdem Chiang Kai-shek im chinesischen Bürgerkrieg (1927 bis 1949) gegen die Kommunisten unterlegen war, floh er mit zwei Millionen Gefolgsleuten seiner Kuomintang-Partei nach Taiwan. Mao Zedong gründete in China derweil die Volksrepublik. Zur Republik China gehörten nunmehr nur noch Taiwan und einige umliegende Inseln, die Chiang weiterhin regierte. rtr
Die ehemalige taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen wird diesen Monat die Tschechische Republik besuchen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, die auf mehrere anonyme Quellen verweist. Es handele sich um einen heiklen Besuch für eine hochrangige Politikerin, die die Regierung der Volksrepublik China wiederholt als “Separatistin” bezeichnet hat.
Die Tschechische Republik unterhält, wie die meisten Länder, keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Tschechien und der Inselstaat haben sich in den vergangenen Jahren angenähert. Kaum ein anderes Land, das keine offiziellen Beziehungen mit Taiwan pflegt, hat dem Land so viel Anerkennung gewährt wie Tschechien. So schloss Prag etwa eine Städtepartnerschaft mit Taipeh, Shanghai kündigte daraufhin erbost die seine.
Auch andere mitteleuropäische Staaten entwickelten engere Beziehungen zu Taiwan, das seinerseits stärkere Bündnisse in den Ländern sucht. Einige Staaten stiegen aus der Wirtschaftsplattform 17 plus 1 aus, die die Zusammenarbeit mittel- und osteuropäischer Staaten mit China vorantreiben sollte.
Tsai, die im Mai als Präsidentin abgelöst wurde, soll das Forum 2000 in Prag besuchen, das am 13. Oktober beginnt. Reuters berichtet, sie werde dort eine Rede halten. Während ihres Aufenthalts in der Tschechischen Republik wird Tsai zudem hochrangige tschechische und andere europäische Politiker treffen, hieß es. rtr/grz
Wegen wachsender Spannungen mit China haben Südkorea und die Philippinen eine verstärkte Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen beschlossen. Der südkoreanische Staatschef Yoon kündigte am Montag an, sein Land werde sich aktiv an der neuesten Phase milliardenschwerer Investitionen der Philippinen zur Modernisierung militärischer Sicherheitsinfrastruktur im Südchinesischen Meer beteiligen. Konkret gemeint sind damit weitere Waffenlieferungen.
Bei seinem Besuch in Manila verständigte sich Yoon mit seinem Amtskollegen Ferdinand Marcos Jr. darauf, eine internationale, regelbasierte Ordnung aufrechterhalten zu wollen, auch hinsichtlich der Sicherheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer. Es ist der erste Besuch eines südkoreanischen Präsidenten seit zehn Jahren. “Präsident Marcos und ich haben ein neues Kapitel unserer Partnerschaft aufgeschlagen, indem wir unsere Beziehung zu einer strategischen Partnerschaft erhoben haben”, sagte Yoon bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.
In der Vergangenheit hat Südkorea bereits FA-50-Kampfjets, Korvetten und Fregatten an die Philippinen verkauft. Die philippinische Regierung plant, ihr Militär mit Kampfjets, U-Booten und Raketensystemen aufzustocken, um die maritime Sicherheit zu stärken. China erhebt territorialen Anspruch auf Atolle und Inseln innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen. rtr/grz
Bei der US-Präsidentschaftsdebatte im vergangenen Monat wurde – abgesehen von ein paar wohlfeilen Bemerkungen – überraschend wenig über China gesprochen. Ex-Präsident Donald Trump behauptete, die von ihm vorgeschlagenen Importzölle würden “China und all die Länder, die uns seit Jahren abzocken” bestrafen. Vizepräsidentin Kamala Harris äußerte sich abfällig über Chinas Reaktion auf die Pandemie und erklärte, Präsident Xi Jinping sei verantwortlich für die “mangelnde und uns vorenthaltene Transparenz über die Ursprünge von COVID”.
Der mangelnde Fokus auf China war vorhersehbar. Die US-Wähler sind in diesem Wahlzyklus auf andere Themen fixiert: die Abtreibung und die reproduktiven Rechte von Frauen, Einwanderung und Grenzsicherheit sowie Inflation und Geldsorgen. Die Moderatoren gingen kaum auf das womöglich wichtigste außenpolitische Problem der USA im 21. Jahrhundert ein, obwohl die Kommission für die Nationale Verteidigungsstrategie und die Nationale Sicherheitsstrategie des Weißen Hauses die von China ausgehenden Risiken als nahezu existenziell eingestuft haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht nachvollziehbar, warum man sich nicht mit dieser Frage befasst.
China war in den vergangenen Wahlkämpfen stets ein wichtiges Diskussionsthema. Das begann mit der Debatte zwischen Richard Nixon und John F. Kennedy im Oktober 1960, bei der es zu intensiven Diskussionen über die umstrittenen Kinmen- und Matsu-Inseln in der Straße von Taiwan kam. Bei fast allen folgenden Präsidentschaftsdebatten – auch den drei Aufeinandertreffen zwischen Trump und Hillary Clinton im Jahr 2016 – gab es einen Austausch über die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. (Trumps ständige Anspielungen auf “Chai-nah” waren in jenem Jahr Gegenstand eines viralen Videos.) Ist die US-Wählerschaft von der polarisierten Diskussion in den sozialen Medien und dem 24-Stunden-Nachrichtenzyklus derart überfordert, dass sie das Interesse an einer substanziellen politischen Diskussion verloren hat?
Beide Parteien sind sich einig über die Bedrohung, die von China ausgeht. Dies könnte ihre Neigung erklären, das Thema zu ignorieren. US-Politiker tendieren dazu, andere für die von ihnen selbst verursachten Probleme verantwortlich zu machen. Insofern ist es kaum überraschen, dass China für alle Seiten als Sündenbock herhalten muss. So wird China beispielsweise für das massive amerikanische Handelsdefizit verantwortlich gemacht, dieses aber ist auch eine Folge des ebenso massiven Haushaltsdefizits und des damit einhergehenden Mangels an inländischen Ersparnissen. Dasselbe gilt für die US-Paranoia in Bezug auf Huawei, das zum Symbol des amerikanisch-chinesischen Technologiekriegs geworden ist: Es ist viel einfacher, die Schuld auf China zu schieben als anzuerkennen, dass die USA zu wenig Geld für Forschung und Entwicklung ausgegeben haben und dass dies das Innovationspotenzial der USA bedroht.
Ich bin nicht so naiv, zu erwarten, dass US-Politiker in strittigen Fragen wie China völlig aufrichtig sind. Wie ich in meinem Buch Accidental Conflict betone, sind falsche Narrative politisch äußerst nützlich und haben im Präsidentschaftswahlkampf 2024 ein neues Niveau erreicht. Nehmen wir Trumps Fixierung auf Zölle: Er stellt nicht nur falsch dar, wer sie bezahlt. Er verkehrt zudem ihre Auswirkungen ins Gegenteil, indem er fälschlicherweise behauptet, Zölle würden die Inflation im Inland senken und zugleich die Preise für ausländische Exporteure erhöhen.
Gleichzeitig kann man Harris dafür kritisieren, dass sie die Entscheidung der Biden-Regierung, Trumps China-Zölle aufrechtzuerhalten und neue einzuführen, begrüßt hat. Geht man gegen China vor, ohne die eigentliche Ursache der Probleme zu bekämpfen, nämlich den Mangel der inländischen Ersparnisse in den USA, ist das so, als drücke man einen wassergefüllten Ballon zusammen: Der Druck schiebt das Wasser lediglich an das andere Ende. Indem man eine vermeintlich bilaterale Lösung gefunden hat (Zölle gegenüber China), hat man das US-Handelsdefizit lediglich auf Mexiko, Vietnam, Kanada, Südkorea, Taiwan, Indien, Irland und Deutschland verlagert. Dies aber sind überwiegend Produzenten, die zu höheren Kosten fertigen, was die Preise für die unter Druck stehenden amerikanischen Familien erhöht.
Wenn es nach mir ginge, würde ich versuchen, den Kandidaten Antworten in Bezug auf drei wichtige Aspekte zu entlocken:
Erstens: Können die USA wirklich darauf hoffen, ein multilaterales Handelsdefizit (gegenüber 106 Ländern im Jahr 2023) zu beseitigen, indem sie ihren größten Handelspartner ins Visier nehmen? Die Regierung hat dies in den 1980er Jahren mit Japan versucht und ist damit gescheitert. Warum also glauben die Politiker, dass der gleiche Ansatz jetzt auf wundersame Weise mit China funktionieren wird?
Zweitens: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Handelskrieg nach hinten losgeht? Das gab es schon früher, die Große Depression der 1930er Jahre ist das schmerzlichste Beispiel dafür. Wenn Länder mit Zöllen belegt werden, neigen sie dazu, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Und wenn Unternehmen von Sanktionen betroffen sind, konzentrieren sie sich darauf, im Wettbewerb zu überleben. Huaweis neue Generation von Smartphones und Laptops sind ein eindrucksvolles Beispiel.
Drittens: Wie würde ein Sieg in einem chinesisch-amerikanischen Handelskrieg für die USA aussehen? Die gegenseitige Sorge um die nationale Sicherheit scheint einen Konflikt unvermeidlich zu machen. Die chinesische Führung befürchtet, dass Amerika eine umfassende Containment-Strategie verfolgt. Die USA bestreiten dies und argumentieren stattdessen, dass sie eine Strategie des sogenannten “kleinen Hofs mit hohem Zaun” verfolgen. Dabei wird eine kleine Zahl von Technologien, die über militärische Potenzial verfügen, strengen Restriktionen unterworfen, während der Handel in anderen Bereichen normal weitergehen soll.
Gibt es einen Kompromiss, der für beide Länder akzeptabler wäre? Dialog ist kein Schimpfwort. Man sollte ihn auch nicht mit Beschwichtigungspolitik verwechseln. Was wäre nötig, um die Möglichkeit einer neuen Ära des Dialogs zwischen den USA und China in Betracht einzuleiten?
Was mich am meisten beunruhigt, ist, dass eine uninteressierte Wählerschaft nicht geneigt ist, sich mit diesen und anderen Aspekten der China-Debatte auseinanderzusetzen – geschweige denn, Alternativen zum Konflikt in Betracht zu ziehen.
Amerika ist von einer toxischen Sinophobie befallen, die den Kalten Krieg wie eine Vorübung erscheinen lässt. Es muss doch einen besseren Weg des Engagements mit China geben, als hinter jeder Ecke eine Bedrohung zu sehen. Aber es wird äußerst schwierig, konstruktive Lösungen zu finden, wenn man US-Präsidentschaftskandidaten nicht dazu drängt, die schwierigsten Probleme des Landes zu diskutieren.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
Stephen S. Roach lehrt an der Universität Yale. Er war Chairman von Morgan Stanley Asia und ist der Verfasser von Unbalanced: The Codependency of America and China (Yale University Press, 2014) und Accidental Conflict: America, China, and the Clash of False Narratives (Yale University Press, 2022).
Copyright: Project Syndicate, 2024.
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Jalil Malek hat bei VW China den Posten Head of Quality Assurance Battery Systems übernommen. Malek war zuvor Head of Quality Assurance Powertrain. Sein Einsatzort bleibt weiterhin Peking.
Ivo Muth ist seit September Executive Vice President R&D und Member of the Board bei Audi China. Zuvor war er bei Bentley als VP, Head of R&D Electrical/Electronics in Manchester tätig. Sein neuer Einsatzort ist Peking.
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Das Ende der Goldenen (Urlaubs-)Woche in China kündigte sich am Montag auch mit einem erhöhten Taxi-Aufkommen am Flughafen in Chongqing an. Die Reisewelle hatte Hunderte Millionen Chinesen während der vergangenen Tage in Bewegung gesetzt. Fluglinien hatten ihre Tickets im Schnitt um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesenkt, um die Reiselust der Menschen anzukurbeln. Die wirtschaftlich angespannte Lage verleitet viele Chinesen zur Sparsamkeit.