es bleiben voraussichtlich elf Monate bis zur nächsten Bundestagswahl. Zeit, auf ein Thema zu blicken, das immer drängender wird: den Kampf gegen Desinformation. Experten beobachten, dass Desinformation-Entrepreneure, seien sie nun staatlich organisiert oder nicht, immer geschickter werden. KI verleiht ihnen zudem völlig neue Möglichkeiten. Schweden steuert mit einer Agentur für psychologische Verteidigung dagegen – eine Idee, die durchaus auch für Deutschland relevant sein könnte. Fabian Peltsch hat mit dem schwedischen Desinformationsexperten Frederick Fooy ein Interview über hybride Bedrohungen geführt.
Um handfeste militärische Bedrohungen geht es bei unserem zweiten Thema. Laut Informationen des südkoreanischen Geheimdiensts sendet Nordkorea offenbar im großen Stil Truppen nach Russland, die an der Seite russischer Soldaten in der Ukraine kämpfen sollen. Demnach erhalten die nordkoreanischen Soldaten nicht nur russische Uniformen, sie werden auch mit falschen russischen Identitäten ausgestattet, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern. Sie sollen sich als Burjaten ausgeben, eine mongolische Ethnie in Sibirien. Nun stellt sich die Frage, was Nordkorea als Gegenleistung dafür erhält, und ob Putin im schlimmsten Fall bereit wäre, Kims Atomprogramm zu unterstützen. China bleibt unterdessen auffällig wortkarg. Ich empfehle Ihnen den äußerst spannenden Text von Fabian Kretschmer.
Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch unseren heutigen Standpunkt. Der indische Professors Brahma Chellaney erklärt, warum Brics+, die in dieser Woche im russischen Kasan tagen, so vielen Ländern des sogenannten Globalen Südens so attraktiv erscheint. Und warum der Westen mit seiner Sanktionspolitik ungewollt Chinas Pläne vorantreibt. Es ist ein Text, der viele Fragen aufwirft. Sollte der Westen diesen Ländern nicht vielleicht bessere Angebote machen? Sie in ihrem Wunsch nach einer repräsentativeren Weltordnung unterstützen?
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen guten Start in die Woche,
Herr Fooy, die Psychological Defence Agency (PDA) wurde 2022 vom schwedischen Justizministerium eingerichtet, um falschen Informationen aus dem Ausland entgegenzuwirken. Was war der Grund für die Einrichtung dieser neuen Behörde?
2014, kurz vor der Annexion der Krim durch Russland, stellten wir eine Zunahme neuer Formen von Desinformation und Propaganda fest. Dies machte den Wiederaufbau einer psychologischen Verteidigungskapazität dringlicher. Im Jahr 2019 kündigte die Regierung die Schaffung einer neuen Agentur für psychologische Verteidigung an. Wir können sie als Teil von Schwedens umfassenderer Verteidigung gegen hybride Bedrohungen betrachten.
Die schwedische Regierung wies darauf hin, dass vor allem Russland, China und der Iran Desinformationskampagnen gegen Schweden richten. Was macht die Ansätze dieser Länder besorgniserregend?
Ich würde sagen, dass Russland die meiste Erfahrung mit der Polarisierung innerhalb einer Gesellschaft hat. China verfügt über die größten Ressourcen, um Schwachstellen anzugreifen. Und der Iran ist so etwas wie ein Spätzünder. Wir hatten kürzlich eine sehr ernste Desinformationskampagne gegen unsere Kinderschutzdienste. Verschiedene Gruppen im Nahen Osten, die nicht direkt mit dem Staat verbunden sind, behaupteten, die schwedischen Kinderschutzdienste würden muslimische Kinder entführen und versuchen, sie zu Christen zu machen oder sie von homosexuellen Eltern erziehen zu lassen. Diese Angelegenheit hätte zu schlimmen Konsequenzen führen können.
Wie sieht die Arbeit Ihrer Behörde aus, wenn sie mit solchen “Foreign Malign Information Influence”-Angriffen konfrontiert wird, wie Sie sie nennen?
Zunächst einmal: Wir sind kein Nachrichtendienst. Wir arbeiten ausschließlich Open Source. Viele unserer Bemühungen konzentrieren sich darauf, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken, die Menschen aufzuklären und mit sozialen Einrichtungen, religiösen Organisationen und anderen Institutionen zusammenzuarbeiten. Es ist nicht unser Ziel, jede Desinformation aus Moskau, Peking oder Teheran zu widerlegen. Das wäre eine übermenschliche Anstrengung und manchmal kontraproduktiv, in dem es ein falsches Narrativ noch bekannter macht.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Bezug auf China?
Eins vorab: Wir dürfen nicht vergessen, dass in autoritären Regimen die meisten Aktivitäten zur Informationsbeeinflussung auf die Bevölkerung im eigenen Land abzielen. Davon abgesehen verfügt China über enorme personelle Ressourcen, um auf globaler Ebene aktiv zu werden. Die chinesischen Staatsmedien haben eine unglaubliche Reichweite. Sie werden in Dutzenden von Sprachen veröffentlicht und sind oft unglaublich professionell produziert. Ich habe Fälle erlebt, in denen selbst angesehene Medien wie die BBC unwissentlich Quellen der chinesischen Staatsmedien zitiert haben. Ihr Einfluss wächst, vor allem im globalen Süden. So hat beispielsweise ein chinesischer Verlag die Veröffentlichungsrechte für die meisten Bordmagazine in afrikanischen Airlines aufgekauft.
Was für Auswirkungen hat das für westliche Demokratien wie Schweden?
Wie bereits erwähnt, zielt Chinas Einflussnahme zunehmend auf Themen jenseits seiner eigenen Grenzen. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Israel und Hamas haben wir zum Beispiel antisemitische Äußerungen in den chinesischen Staatsmedien festgestellt. Das ist merkwürdig, da Antisemitismus unter den chinesischen Bürgern nicht weit verbreitet ist. Aber diese Medienberichte können von Arabisch sprechenden Menschen im gesamten Nahen Osten, in Nordafrika und auch in Europa gelesen werden – zumeist ohne, dass die Leser merken, dass die Quelle chinesisch ist. Das Gleiche geschieht mit russischen Quellen. Viele Menschen hinterfragen die Herkunft dieser Inhalte nicht. Das wollen wir ändern.
Man hat manchmal das Gefühl, dass China und Russland ihre Desinformationskampagnen koordinieren.
Nein, ich würde nicht sagen, dass sie sich koordinieren. Sie haben Vereinbarungen getroffen, wie zum Beispiel Programme zum Austausch von Journalisten, und sie verstärken manchmal die Botschaften des jeweils anderen. So können beispielsweise Berichte in russischen Medien in chinesischen Zeitungen erscheinen und umgekehrt. Von “Koordination” zu sprechen, wäre jedoch eine Übertreibung. Beide sind durch die Wahrnehmung gemeinsamer äußerer Feinde geeint, aber ihre Operationen sind nicht kooperativ im westlichen Sinne.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen dem Schutz Schwedens vor Desinformation und der Wahrung der Meinungsfreiheit, insbesondere wenn schwedische Bürger versehentlich falsche Informationen verbreiten?
Die Meinungsfreiheit ist für uns von entscheidender Bedeutung, und wir betreiben weder Zensur noch Fact Checking. Das ist Sache der Medien und anderer Organisationen. Wir konzentrieren uns auf die Medienkompetenz und stellen sicher, dass die Öffentlichkeit das, was sie liest, kritisch bewerten und die Absicht hinter bestimmten Darstellungen verstehen kann. Wir arbeiten mit Bildungseinrichtungen zusammen, und haben bereits über 20.000 Personen darin geschult, wie man ausländische Desinformation erkennt und bekämpft.
Die PDA bereitet Schweden auch auf die Möglichkeit eines Krieges vor. Wie würde die Agentur die Regierung in einer nationalen Sicherheitskrise unterstützen?
Ich kann nicht im Detail auf die Kriegsplanung eingehen, aber ich kann bestätigen, dass unser Mandat die Vorbereitung auf alle Szenarien umfasst, von Krisen bis hin zu einem ausgewachsenen Krieg. Wir sind Teil von Schwedens Gesamtverteidigungsstrategie.
Ich bin sicher, dass man aus der Situation in der Ukraine und der russischen Desinformation dort eine Menge lernen kann.
Ja, auf jeden Fall. Die Situation in der Ukraine ist für uns von größter Bedeutung. Und wenn es darum geht, herauszufinden, wie der chinesische Informationsfluss funktioniert, schauen wir auch auf Taiwan. Jede Demokratie liefert Puzzlestücke, die uns helfen zu verstehen, wie diese staatlichen Akteure agieren.
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft voraus, zum Beispiel aufgrund neuer Technologien?
KI und Deepfakes werden eine große Herausforderung darstellen, vor allem im Hinblick darauf, wie viele Informationen in ein System eingespeist werden können. Aber wir haben auch einige Vorteile. Die chinesische Desinformation wird beispielsweise oft durch die starren Doktrinen der KPCh eingeschränkt. Russland hingegen war bei der Annexion der Krim einfallsreicher als bei seinem Einmarsch in der Ukraine. Die Qualität der Desinformation variiert je nach Thema und je nachdem, wer dahintersteckt.
Das bedeutet also, dass die Qualität sehr unterschiedlich ist, selbst wenn sie von demselben staatlichen Akteur stammt?
Die meisten staatlichen Akteure verfügen nicht über eine einzige Stelle, die sich mit der Beeinflussung von Informationen befasst, sondern es gibt bestimmte Denkfabriken und Sicherheitsdienste, die Teil der Streitkräfte sind. In China gibt es auch einen Markt für Desinformationskampagnen, bei denen Nationalisten sich plötzlich über bestimmte Themen in den Medien aufregen und nicht unbedingt dem Willen der Regierungsbehörden folgen. Meine größte Sorge ist, dass eine Reihe von Personen in einem der autoritären Staaten wirklich einfallsreich wird und viele Ressourcen von ihren Regierungen zur Verfügung gestellt bekommt. Eine solche Organisation könnte auf Schwachstellen in unserer Gesellschaft abzielen, die uns noch gar nicht bewusst sind.
Frederick Fooy arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt gegen die Informationsbeeinflussung durch verschiedene Akteure. Er verfügt über Erfahrungen bei den schwedischen Streitkräften, die bis ins Jahr 1989 zurückreichen, einschließlich Einsätzen auf dem Balkan. Frederick hat einen B.A. in Byzantinologie von der New York University und einen M.A. in Stadtpolitik vom Brooklyn College.
Bereits seit längerem wurde spekuliert, dass Nordkorea nach flächendeckenden Munitionslieferungen auch Truppen nach Russland schicken könnte. Nun hat der südkoreanische Nachrichtendienst erstmals massive Anschuldigungen erhoben: Nordkorea hätte demnach bereits 1500 Soldaten nach Wladiwostok verschifft, insgesamt soll es sich um rund 12.000 Mann aus vier Brigaden handeln – darunter auch die besten Spezialeinheiten von Machthaber Kim Jong-un.
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol hat am Freitag eine Sitzung einberufen, um die Sicherheitslage mit führenden Vertretern aus Militär-, Sicherheits- und Geheimdienstkreisen zu besprechen. In einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Präsidialamt heißt es, dass man davon ausgeht, Nordkoreas Zusammenarbeit würde über reine Waffenlieferungen hinausgehen und auch die Entsendung von Soldaten umfassen. Dies würde eine “ernste Sicherheitsbedrohung nicht nur für unser Land, sondern auch für die internationale Gemeinschaft darstellen”, heißt es. “Wir verurteilen die militärische Zusammenarbeit Nordkoreas mit Russland, die den Weltfrieden gefährdet, aufs Schärfste und fordern Nordkorea auf, seine Truppen unverzüglich aus dem Russland-Ukraine-Krieg abzuziehen”, sagte Choo Kyung-ho, Fraktionsvorsitzender der regierenden Gungminui-him (“People Power Party”), am Sonntag.
Was der südkoreanische Geheimdienst NIS am Freitag enthüllt hat, ist äußerst besorgniserregend: Demnach erhalten die nordkoreanischen Truppen nicht nur russische Uniformen, sondern wurden auch mit russischen Falschidentitäten ausgestattet, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern. So sollen sie sich als Burjaten ausgeben, einer mongolischen Ethnie in Sibirien.
Der NIS fußt seine Beweise zum einen auf einer Gesichtserkennungssoftware zur Identifizierung von Soldaten, welche man gemeinsam mit dem ukrainischen Geheimdienst eingesetzt habe. Zudem untermauert der südkoreanische Nachrichtendienst seine Anschuldigungen mit Satellitenfotos. Einige davon hat der NIS bereits veröffentlicht: Sie zeigen unter anderem die russischen Schiffe, welche die Truppen vom nordkoreanischen Hafen Chongjin transportiert haben sollen. Endgültige, unabhängig überprüfbare Beweise sind dies allerdings nicht.
Gleichzeitig hat Spravda, eine Kommunikationsabteilung der ukrainischen Regierung, ein Video veröffentlicht, das nordkoreanische Soldaten in einem Ausbildungslager zeigen soll. Während der Aufnahmen ist unter anderem zu sehen, wie diese in einer Schlange warten und sich ihre Uniformen abholen.
Nach ihrer Ankunft in Russland wurden die nordkoreanischen Rekruten demnach gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, in dem sie ihre Größen für Kleidung, Kopfbedeckung und Schuhe angeben sollten. Dem US-Fernsehsender CNN ist es gelungen, an jenen Fragebogen zu gelangen. Teile davon sind in russischer Sprache verfasst, die Konfektionsgrößen jedoch in Koreanisch.
Fakt ist: Machthaber Kim Jong-un und der russische Präsident Wladimir Putin haben ihre militärische Zusammenarbeit in diesem Jahr rasant intensiviert. Erst im Juni unterzeichneten beide eine Vereinbarung, die de facto einer Allianz gleichkommt. Denn die allumfassende strategische Zusammenarbeit sieht auch einen gegenseitigen Beistand für den Fall eines Angriffs durch einen Drittstaat vor. Zudem hat Nordkorea in den letzten Monaten Millionen an Artilleriemunition an Russland geliefert, ebenso Kurzstreckenraketen und wohl auch technische Ingenieure.
Neben den Sicherheitsgarantien, die Moskau liefert, hofft Pjöngjang nicht nur auf Auslandsdevisen aus Russland. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Russland auch Militärtechnologie nach Nordkorea im Gegenzug für die entsandten Soldaten liefern könnte. Das schlimmstmögliche Szenario aus der Perspektive der internationalen Staatengemeinschaft wäre sicherlich, wenn Russland das nordkoreanische Atomprogramm unterstützen würde.
Bislang hielten die meisten Experten dies für unwahrscheinlich. Doch schienen viele Szenarien, die mittlerweile eingetreten sind, noch vor wenigen Monaten nahezu ausgeschlossen. Und Fakt ist: Je stärker Russland auf Unterstützung von Außen angewiesen ist, desto niedriger dürfte die Hemmschwelle sein, auch Nukleartechnologie bereitzustellen. Dementsprechend gefährlich ist die aktuelle Dynamik zwischen Pjöngjang und Moskau.
Bereits die Entsendung von nordkoreanischen Soldaten stellt für Seoul eine rote Linie dar, die Präsident Yoon mehrfach deklariert hat. Der jetzige Verstoß könnte dazu führen, dass Südkorea seinen Standpunkt ändert, die Ukraine fortan doch mit direkten Waffenlieferungen zu unterstützen.
Bislang hat sich Südkorea aus taktischen Erwägungen bei der Unterstützung der Ukraine eher zurückgehalten: So trägt das Land zwar weitgehend die Sanktionspolitik mit, schickt jedoch keine Waffen nach Kiew – sehr wohl jedoch an Polen und die baltischen Staaten. In Südkorea ist man sich des Drahtseilakts bewusst, den der Ukraine-Krieg darstellt: Ein zu starkes Engagement könnte zur Folge haben, dass Russland seine Zusammenarbeit mit Nordkorea entgegen informeller Zusagen weiter expandiert. Doch wie es ausschaut, ist jener Super-Gau bereits eingetreten.
Ob China die quasi-Militärallianz zwischen Russlands und Nordkorea gutheißt, ist fraglich. Die meisten Experten hatten bisher vermutet, dass Xi Jinping die enge Achse Pjöngjang-Moskau kritisch beäugt, da sie den Einfluss Pekings auf das Kim-Regime mindert. Zudem behauptet China nach Außen hin, dass es jegliche weitere Eskalation in der “Ukraine-Krise” ablehnt – und insbesondere die USA für ihre Waffenlieferungen nach Kiew kritisiert.
Kritik aus Peking an Nordkoreas direkter Kriegseinmischung blieb bislang vollständig aus, ganz im Gegenteil: Nordkoreanische Staatsmedien veröffentlichten erst am Sonntag eine Grußbotschaft von Xi Jinping, in der dieser davon sprach, die Beziehungen zwischen den zwei Ländern vorantreiben sowie den “globalen Frieden” fördern zu wollen: “China und die Demokratische Volksrepublik Korea sind durch dieselben Berge und Flüsse miteinander verbunden, und die traditionelle Freundschaft zwischen den beiden Ländern immer stärker”, heißt es in der Grußbotschaft.
Dennoch kann der am Sonntag publizierte Brief nicht als direkte Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen gelesen werden, denn laut nordkoreanischen Angaben sei dieser bereits am Mittwoch verfasst worden. Fakt ist jedoch, dass China alles andere als eine neutrale Partei im Ukraine-Krieg ist. Xi steht fest an der Seite seines “alten Freundes” Putin. Vom Vakuum, welches westliche Firmen durch ihren Exodus aus Russland hinterlassen haben, profitiert die Volksrepublik massiv – in Form von boomendem Handel und günstigen Öllieferungen. Und China versorgt die Russen auch mit sogenannten “Dual-Use-Gütern”; also Produkten, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Fabian Kretschmer
Seit 2019 baut das chinesische Staatsunternehmen Cosco Shipping als Mehrheitseigner den Tiefwasserhafen Chancay an der peruanischen Pazifikküste, etwa 75 km nördlich der Hauptstadt Lima. Mitte November soll er eröffnet werden.
Die peruanischen Behörden hoffen, dass das 3,6 Milliarden US-Dollar Projekt zu einem Drehkreuz des Handels zwischen Südamerika und Asien wird. Chancay kann größere Schiffe aufnehmen als ältere peruanische Häfen, Containerschiffe werden für den Weg nach Asien nicht mehr wie bislang 45, sondern nur noch zehn Tage brauchen.
Von Ende November an werden zwei Containerschiffe pro Woche Shanghai anlaufen, und könnten von dort bei Bedarf weitere Häfen in Asien ansteuern, sagt Carlos Tejada, Generaldirektor der Cosco Shipping Chancay Peru, einer Tochtergesellschaft von Cosco Shipping in Hongkong. Cosco, das den Hafen betreiben wird, hält 60 Prozent der Anteile, die verbleibenden 40 Prozent gehören der peruanischen Bergbaufirma Volcan Compañía Minera, einer Tochterfirma des schweizerischen Glencore Konzerns.
Cosco ist eine der weltweit größten international tätigen Reedereien. Chinesische Staatsunternehmen besitzen oder betreiben mehr als 100 Terminals und Häfen oder Anteile davon in mehr als 50 Ländern weltweit. China ist damit zur herausragenden Schifffahrtsmacht der Welt geworden. Ihre Kapazitäten im Schiffsbau übersteigen laut amerikanischen Geheimdienstinformationen die amerikanischen um das Zweihundertfache. rtr/aiko
Im Rahmen seiner zweitägigen Chinareise hat der britische Außenminister David Lammy am Freitag in Peking Chinas Außenminister Wang Yi getroffen. Beide betonten dabei ihren Wunsch nach guten Handelsbeziehungen. Am Samstag traf Lammy in Shanghai mit führenden Vertretern der britischen Wirtschaft zusammen.
London strebt unter der neuen Labour-Regierung einen Neustart der Beziehungen an. China ist der sechstgrößte Handelspartner Großbritanniens. Doch Großbritanniens positive Haltung gegenüber China hatte sich in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Insbesondere Auseinandersetzungen über Menschenrechte, Hongkong und den Vorwurf der chinesischen Spionage waren Streitpunkte.
Die Labour-Regierung hat eine regierungsweite Prüfung der Beziehungen zwischen Großbritannien und China in Auftrag gegeben und erklärt, dass sie angesichts der Vorwürfe über chinesisches Cyber-Hacking und Spionage auf britischem Boden gegenüber China “klarsichtig” sein werde.
Lammy sagte, dass er bei seinen Gesprächen mit Wang am Freitag in Peking auch über Themen gesprochen habe, zu denen beide Seiten unterschiedlicher Meinung sind. Hongkong, Taiwan und die Menschenrechte in Xinjiang seien zur Sprache gekommen. Die britische Position zu Taiwan werde sich unter der Labour-Regierung nicht ändern, sagte Lammy. Er äußerte sich besorgt über “einige der Spannungen, die wir in der Straße von Taiwan sehen, weil das nicht im Interesse der Weltgemeinschaft ist.”
Sebastien Lai, der Sohn des inhaftierten pro-demokratischen Unternehmers und britischen Staatsbürgers Jimmy Lai, äußerte gegenüber Sky News die Hoffnung, dass Lammy klargestellt haben, dass die Beziehungen nicht normalisiert werden könnten, solange sein Vater, ein britischer Staatsbürger, im Gefängnis sitze. Lai hatte mit Apple Daily eine der populärsten Zeitungen Hong Kongs herausgegeben. Jimmy Lai wurde 2020 wegen seiner Beteiligung an Pro-Demokratie-Protesten verhaftet. rtr
Die italienischen Zollbehörden werden dem chinesischen Staatsunternehmen Nuctech Ausrüstung im Wert von mehr als 15 Millionen Euro abkaufen, finanziert aus EU-Töpfen, obgleich gegen die Firma in der EU derzeit wegen möglicher Verletzungen der Subventionsverordnung eine Untersuchung läuft. Das berichtet die South China Morning Post.
Der Fall zeigt, wie schwer es der EU fällt, gegen chinesische Unternehmen vorzugehen, die sie als riskant oder deren Geschäftsgebaren sie als unfair empfinden. Nuctec gewann im September zwei Ausschreibungen der italienischen Agentur für Zoll und Monopole: den ersten über mobile Scansysteme, mit denen LKWs in italienischen Häfen durchleuchtet werden sollen. Den zweiten über mobile Scanner, mit denen Menschen oder Gegenstände untersucht werden können. In beiden Fällen stammt das Geld aus dem EU-Budget für Zollkontrollausrüstung, einem Ein-Milliarden-Euro-Programm, mit dem die Zollausrüstung des Blocks erneuert werden soll.
Von 27 EU-Mitgliedsstaaten nutzen 25 Nuctec in ihrer Zollarbeit. Es ist nicht der einzige Fall, der der EU-Kommission aufstößt. Seit Jahren drängt sie die Mitgliedsstaaten, Huawei-Komponenten aus ihren Breitbandsystemen zu entfernen, doch trotz Sicherheitsbedenken sind diese EU-weit immer noch verbreitet.
Im vergangenen Jahr verbannten EU-Institutionen, darunter auch das Europäische Parlament, die chinesische Social Media App Tiktok von allen offiziell genutzten Geräten. Trotzdem ist die App so populär unter EU-Abgeordneten, dass Tiktok kommende Woche eigens eine Trainingssitzung für deren Mitarbeiter abhalten wird. aiko
Ein neues Zeitalter der internationalen Beziehungen bricht an. Da der Anteil des Westens am globalen BIP sinkt und die Welt zunehmend multipolar wird, drängen die Länder darauf, ihre Positionen in einer neu entstehenden Ordnung zu festigen. Dies gilt sowohl für Schwellenländer – vertreten durch die kürzlich erweiterte BRICS-Gruppe – welche die Regeln der neuen Ordnung mitschreiben möchten, als auch für kleinere Länder, die nach Beziehungen suchen, die ihnen helfen, ihre Interessen zu wahren.
BRICS ist damit zu einem Symbol für die Sehnsucht nach einer Weltordnung geworden, von der sich größere Teile der Welt repräsentiert sehen, die sie gegen die Institutionen des Westens absichert und ihnen dabei hilft, mit der wachsenden geopolitischen Unsicherheit umzugehen. Sie hat sich als äußerst attraktiv erwiesen. Anfang des Jahres erweiterte sich die BRICS-Gruppe von fünf Ländern (Brasilien, China, Indien, Russland und Südafrika) auf neun Länder (mit Ägypten, Äthiopien, Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten). Fast drei Dutzend weitere Länder – darunter das NATO-Mitglied Türkei, die engen US-Partner Thailand und Mexiko sowie Indonesien, das größte muslimische Land der Welt – haben einen Antrag auf Beitritt gestellt.
Die Vielfalt der Mitglieder (und Bewerber) unterstreicht zwar die breite Anziehungskraft der BRICS+, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Es handelt sich um Länder mit sehr unterschiedlichen politischen Systemen und Volkswirtschaften, die sehr unterschiedliche nationale Ziele verfolgen. Einige stehen sogar im Widerspruch zueinander: China und Indien befinden sich seit mehr als vier Jahren in einer militärischen Pattsituation im Himalaya, nachdem China heimlich in indisches Gebiet eingedrungen ist.
Schon mit nur fünf Mitgliedern war es schwierig für die BRICS, gemeinsame Interessen in einen gemeinsamen Aktionsplan umzusetzen und auf der globalen Bühne zu einer geeinten Kraft zu werden. Mit neun – und möglicherweise mehr – Mitgliedsländern wird es nachhaltige Anstrengungen erfordern, eine gemeinsame Identität zu schaffen und eine Agenda zu setzen. Mit internen Spaltungen zu kämpfen haben aber auch andere multilaterale Gruppierungen, die keine formellen, auf einer Charta basierenden Institutionen mit ständigen Sekretariaten sind – wie die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die G20 und sogar die G7.
Darüber hinaus haben die BRICS eine beachtliche Widerstandsfähigkeit bewiesen. Westliche Analysten haben vorhergesagt, dass die Gruppierung sich auflösen oder in die Bedeutungslosigkeit abdriften würde. Doch der BRICS+-Gipfel in diesem Monat in Kasan, Russland – der erste seit der Erweiterung – könnte durchaus einer weiteren Vergrößerung Momentum geben. Unterstreicht er doch das Scheitern des Westens, Russland nach seiner Invasion der Ukraine zu isolieren.
Das bedeutet nicht, dass man die Frage des Zusammenhalts unterschätzen sollte. Die Gründungsmitglieder sind sich nicht einmal über ihre grundlegenden Ziele einig: Während China und Russland die von den Vereinigten Staaten geführte Weltordnung herausfordern wollen, streben Brasilien und Indien eine Reform der bestehenden internationalen Institutionen an. Sie scheinen sich mit jedweder antiwestlicher Ausrichtung unwohl zu fühlen.
Bei dieser Uneinigkeit könnte die Erweiterung jedoch den Ausschlag geben. Sechs der neun Mitglieder der Gruppe, darunter alle vier Neuzugänge, gehören offiziell der blockfreien Bewegung an, zwei (Brasilien und China) sind Beobachter. Dies deutet darauf hin, dass es innerhalb der BRICS+ einen erheblichen Druck geben wird, einen Mittelweg zu finden, der sich auf die Demokratisierung der Weltordnung konzentriert, statt den Westen herauszufordern.
Allerdings hat sich der Westen in letzter Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es darum geht, das Vertrauen der Entwicklungsländer zu fördern. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass er Finanzen zur Waffe machte, die Zinsen auf eingefrorene russische Zentralbankvermögen beschlagnahmte, haben in der nichtwestlichen Welt für zunehmende Unruhe gesorgt. Infolgedessen scheint eine wachsende Zahl von Ländern daran interessiert zu sein, Alternativen auszuprobieren, darunter neue grenzüberschreitende Zahlungsmechanismen. Einige Länder überdenken auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar bei internationalen Transaktionen und Reservebeständen.
All dies könnte den größeren Plänen Russlands und Chinas entgegenkommen. Beide sind natürliche Konkurrenten, die teilweise in Reaktion auf die US-Politik zu engen strategischen Partnern geworden sind. Insbesondere China könnte davon profitieren, beispielsweise durch die verstärkte internationale Nutzung des Renminbi. Russland erwirtschaftet einen Großteil seiner internationalen Exporteinnahmen in Renminbi und legt sie hauptsächlich bei chinesischen Banken an, wodurch China effektiv an den Erträgen beteiligt wird. Chinas Ziel ist die Schaffung eines alternativen Finanzsystems auf Renminbi-Basis – und genau das unterstützt der Westen unbeabsichtigt durch seine finanzielle Kriegsführung.
Die BRICS-Staaten schaffen bereits Institutionen. 2015 gründeten sie die Neue Entwicklungsbank (NEB), die von Indien konzipiert wurde und ihren Sitz in Shanghai hat. Die NEB ist nicht nur die erste multilaterale Entwicklungsbank der Welt, die von Schwellenländern gegründet und geleitet wird, sondern auch die einzige, deren Gründungsmitglieder gleichberechtigte Anteilseigner mit gleicher Stimmmacht bleiben, auch wenn weitere Länder beitreten. Im Gegensatz dazu sind die USA der dominierende Anteilseigner der Weltbank und haben ein Vetorecht.
Die erweiterte BRICS+ verfügt über globale Schlagkraft. Die Gruppierung stellt die G7 in den Schatten, sowohl demografisch (mit fast 46 Prozent der Weltbevölkerung im Vergleich zu 8,8 Prozent der G7) als auch wirtschaftlich (mit einem Anteil von 35 Prozent am globalen BIP im Vergleich zu 30 Prozent der G7). Ihre Volkswirtschaften werden wahrscheinlich auch die wichtigste Quelle für künftiges globales Wachstum sein. Da der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate den Ölproduzenten Brasilien und Russland als Mitglieder beigetreten sind, machen die BRICS+ nun etwa 40 Prozent der Rohölproduktion und -exporte aus.
Ja, die Gruppe steht vor großen Herausforderungen. Nicht zuletzt vor der Aufgabe, sich zu einer bedeutenden globalen Kraft mit klaren (und realistischen) politischen und wirtschaftlichen Zielen zu vereinen. Aber sie hat auch das Potenzial, eine bedeutende Rolle bei der längst überfälligen Neugestaltung einer globalen Ordnung zu spielen, die die Realitäten des 21. Jahrhunderts besser widerspiegelt.
Brahma Chellaney, emeritierter Professor für Strategische Studien am Center for Policy Research in Neu-Delhi und Fellow an der Robert Bosch Academy in Berlin, ist Autor von “Water, Peace, and War: Confronting the Global Water Crisis“ (Rowman & Littlefield, 2013).
Copyright: Project Syndicate, 2024.
Michael Struckmeyer ist seit September Creator Partnership Manager bei der TikTok-Mutterfirma ByteDance in Peking. Das Hauptfeld des Senior Managers fokussiert sich dabei auf das TikTok Shop US Creator Team. Struckmeyer verfügt über jahrelange China-Erfahrung. In den vergangenen 15 Jahren war er unter anderem für TÜV Rheinland Greater China und den Elektrohersteller GPV tätig.
Kimi Xu ist seit September Leiter der IBC-Logistik China der Hoyer-Gruppe. Zuvor war Xu bei dem Hamburger Logistikdienstleister als Commercial Manager tätig. Sein Einsatzort bleibt Shanghai.
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Wer im Netz genug Panda-Videos gesehen hat, weiß: Die Bären sind ziemlich ungeschickt. Daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass die Lebenserwartung eines Großen Pandas in der Wildnis nur bei 20 Jahren liegt, während Pandas in Gefangenschaft um die 30 Jahre alt werden. Gute Pflege ist alles und gut umsorgt ist auch Ai Lian im Zoo von Chongqing. Zu seinem 5. Geburtstag haben die Pfleger ein echtes Festmahl für ihn kreiert. Alles Gute!
es bleiben voraussichtlich elf Monate bis zur nächsten Bundestagswahl. Zeit, auf ein Thema zu blicken, das immer drängender wird: den Kampf gegen Desinformation. Experten beobachten, dass Desinformation-Entrepreneure, seien sie nun staatlich organisiert oder nicht, immer geschickter werden. KI verleiht ihnen zudem völlig neue Möglichkeiten. Schweden steuert mit einer Agentur für psychologische Verteidigung dagegen – eine Idee, die durchaus auch für Deutschland relevant sein könnte. Fabian Peltsch hat mit dem schwedischen Desinformationsexperten Frederick Fooy ein Interview über hybride Bedrohungen geführt.
Um handfeste militärische Bedrohungen geht es bei unserem zweiten Thema. Laut Informationen des südkoreanischen Geheimdiensts sendet Nordkorea offenbar im großen Stil Truppen nach Russland, die an der Seite russischer Soldaten in der Ukraine kämpfen sollen. Demnach erhalten die nordkoreanischen Soldaten nicht nur russische Uniformen, sie werden auch mit falschen russischen Identitäten ausgestattet, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern. Sie sollen sich als Burjaten ausgeben, eine mongolische Ethnie in Sibirien. Nun stellt sich die Frage, was Nordkorea als Gegenleistung dafür erhält, und ob Putin im schlimmsten Fall bereit wäre, Kims Atomprogramm zu unterstützen. China bleibt unterdessen auffällig wortkarg. Ich empfehle Ihnen den äußerst spannenden Text von Fabian Kretschmer.
Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch unseren heutigen Standpunkt. Der indische Professors Brahma Chellaney erklärt, warum Brics+, die in dieser Woche im russischen Kasan tagen, so vielen Ländern des sogenannten Globalen Südens so attraktiv erscheint. Und warum der Westen mit seiner Sanktionspolitik ungewollt Chinas Pläne vorantreibt. Es ist ein Text, der viele Fragen aufwirft. Sollte der Westen diesen Ländern nicht vielleicht bessere Angebote machen? Sie in ihrem Wunsch nach einer repräsentativeren Weltordnung unterstützen?
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen guten Start in die Woche,
Herr Fooy, die Psychological Defence Agency (PDA) wurde 2022 vom schwedischen Justizministerium eingerichtet, um falschen Informationen aus dem Ausland entgegenzuwirken. Was war der Grund für die Einrichtung dieser neuen Behörde?
2014, kurz vor der Annexion der Krim durch Russland, stellten wir eine Zunahme neuer Formen von Desinformation und Propaganda fest. Dies machte den Wiederaufbau einer psychologischen Verteidigungskapazität dringlicher. Im Jahr 2019 kündigte die Regierung die Schaffung einer neuen Agentur für psychologische Verteidigung an. Wir können sie als Teil von Schwedens umfassenderer Verteidigung gegen hybride Bedrohungen betrachten.
Die schwedische Regierung wies darauf hin, dass vor allem Russland, China und der Iran Desinformationskampagnen gegen Schweden richten. Was macht die Ansätze dieser Länder besorgniserregend?
Ich würde sagen, dass Russland die meiste Erfahrung mit der Polarisierung innerhalb einer Gesellschaft hat. China verfügt über die größten Ressourcen, um Schwachstellen anzugreifen. Und der Iran ist so etwas wie ein Spätzünder. Wir hatten kürzlich eine sehr ernste Desinformationskampagne gegen unsere Kinderschutzdienste. Verschiedene Gruppen im Nahen Osten, die nicht direkt mit dem Staat verbunden sind, behaupteten, die schwedischen Kinderschutzdienste würden muslimische Kinder entführen und versuchen, sie zu Christen zu machen oder sie von homosexuellen Eltern erziehen zu lassen. Diese Angelegenheit hätte zu schlimmen Konsequenzen führen können.
Wie sieht die Arbeit Ihrer Behörde aus, wenn sie mit solchen “Foreign Malign Information Influence”-Angriffen konfrontiert wird, wie Sie sie nennen?
Zunächst einmal: Wir sind kein Nachrichtendienst. Wir arbeiten ausschließlich Open Source. Viele unserer Bemühungen konzentrieren sich darauf, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken, die Menschen aufzuklären und mit sozialen Einrichtungen, religiösen Organisationen und anderen Institutionen zusammenzuarbeiten. Es ist nicht unser Ziel, jede Desinformation aus Moskau, Peking oder Teheran zu widerlegen. Das wäre eine übermenschliche Anstrengung und manchmal kontraproduktiv, in dem es ein falsches Narrativ noch bekannter macht.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Bezug auf China?
Eins vorab: Wir dürfen nicht vergessen, dass in autoritären Regimen die meisten Aktivitäten zur Informationsbeeinflussung auf die Bevölkerung im eigenen Land abzielen. Davon abgesehen verfügt China über enorme personelle Ressourcen, um auf globaler Ebene aktiv zu werden. Die chinesischen Staatsmedien haben eine unglaubliche Reichweite. Sie werden in Dutzenden von Sprachen veröffentlicht und sind oft unglaublich professionell produziert. Ich habe Fälle erlebt, in denen selbst angesehene Medien wie die BBC unwissentlich Quellen der chinesischen Staatsmedien zitiert haben. Ihr Einfluss wächst, vor allem im globalen Süden. So hat beispielsweise ein chinesischer Verlag die Veröffentlichungsrechte für die meisten Bordmagazine in afrikanischen Airlines aufgekauft.
Was für Auswirkungen hat das für westliche Demokratien wie Schweden?
Wie bereits erwähnt, zielt Chinas Einflussnahme zunehmend auf Themen jenseits seiner eigenen Grenzen. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Israel und Hamas haben wir zum Beispiel antisemitische Äußerungen in den chinesischen Staatsmedien festgestellt. Das ist merkwürdig, da Antisemitismus unter den chinesischen Bürgern nicht weit verbreitet ist. Aber diese Medienberichte können von Arabisch sprechenden Menschen im gesamten Nahen Osten, in Nordafrika und auch in Europa gelesen werden – zumeist ohne, dass die Leser merken, dass die Quelle chinesisch ist. Das Gleiche geschieht mit russischen Quellen. Viele Menschen hinterfragen die Herkunft dieser Inhalte nicht. Das wollen wir ändern.
Man hat manchmal das Gefühl, dass China und Russland ihre Desinformationskampagnen koordinieren.
Nein, ich würde nicht sagen, dass sie sich koordinieren. Sie haben Vereinbarungen getroffen, wie zum Beispiel Programme zum Austausch von Journalisten, und sie verstärken manchmal die Botschaften des jeweils anderen. So können beispielsweise Berichte in russischen Medien in chinesischen Zeitungen erscheinen und umgekehrt. Von “Koordination” zu sprechen, wäre jedoch eine Übertreibung. Beide sind durch die Wahrnehmung gemeinsamer äußerer Feinde geeint, aber ihre Operationen sind nicht kooperativ im westlichen Sinne.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen dem Schutz Schwedens vor Desinformation und der Wahrung der Meinungsfreiheit, insbesondere wenn schwedische Bürger versehentlich falsche Informationen verbreiten?
Die Meinungsfreiheit ist für uns von entscheidender Bedeutung, und wir betreiben weder Zensur noch Fact Checking. Das ist Sache der Medien und anderer Organisationen. Wir konzentrieren uns auf die Medienkompetenz und stellen sicher, dass die Öffentlichkeit das, was sie liest, kritisch bewerten und die Absicht hinter bestimmten Darstellungen verstehen kann. Wir arbeiten mit Bildungseinrichtungen zusammen, und haben bereits über 20.000 Personen darin geschult, wie man ausländische Desinformation erkennt und bekämpft.
Die PDA bereitet Schweden auch auf die Möglichkeit eines Krieges vor. Wie würde die Agentur die Regierung in einer nationalen Sicherheitskrise unterstützen?
Ich kann nicht im Detail auf die Kriegsplanung eingehen, aber ich kann bestätigen, dass unser Mandat die Vorbereitung auf alle Szenarien umfasst, von Krisen bis hin zu einem ausgewachsenen Krieg. Wir sind Teil von Schwedens Gesamtverteidigungsstrategie.
Ich bin sicher, dass man aus der Situation in der Ukraine und der russischen Desinformation dort eine Menge lernen kann.
Ja, auf jeden Fall. Die Situation in der Ukraine ist für uns von größter Bedeutung. Und wenn es darum geht, herauszufinden, wie der chinesische Informationsfluss funktioniert, schauen wir auch auf Taiwan. Jede Demokratie liefert Puzzlestücke, die uns helfen zu verstehen, wie diese staatlichen Akteure agieren.
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft voraus, zum Beispiel aufgrund neuer Technologien?
KI und Deepfakes werden eine große Herausforderung darstellen, vor allem im Hinblick darauf, wie viele Informationen in ein System eingespeist werden können. Aber wir haben auch einige Vorteile. Die chinesische Desinformation wird beispielsweise oft durch die starren Doktrinen der KPCh eingeschränkt. Russland hingegen war bei der Annexion der Krim einfallsreicher als bei seinem Einmarsch in der Ukraine. Die Qualität der Desinformation variiert je nach Thema und je nachdem, wer dahintersteckt.
Das bedeutet also, dass die Qualität sehr unterschiedlich ist, selbst wenn sie von demselben staatlichen Akteur stammt?
Die meisten staatlichen Akteure verfügen nicht über eine einzige Stelle, die sich mit der Beeinflussung von Informationen befasst, sondern es gibt bestimmte Denkfabriken und Sicherheitsdienste, die Teil der Streitkräfte sind. In China gibt es auch einen Markt für Desinformationskampagnen, bei denen Nationalisten sich plötzlich über bestimmte Themen in den Medien aufregen und nicht unbedingt dem Willen der Regierungsbehörden folgen. Meine größte Sorge ist, dass eine Reihe von Personen in einem der autoritären Staaten wirklich einfallsreich wird und viele Ressourcen von ihren Regierungen zur Verfügung gestellt bekommt. Eine solche Organisation könnte auf Schwachstellen in unserer Gesellschaft abzielen, die uns noch gar nicht bewusst sind.
Frederick Fooy arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt gegen die Informationsbeeinflussung durch verschiedene Akteure. Er verfügt über Erfahrungen bei den schwedischen Streitkräften, die bis ins Jahr 1989 zurückreichen, einschließlich Einsätzen auf dem Balkan. Frederick hat einen B.A. in Byzantinologie von der New York University und einen M.A. in Stadtpolitik vom Brooklyn College.
Bereits seit längerem wurde spekuliert, dass Nordkorea nach flächendeckenden Munitionslieferungen auch Truppen nach Russland schicken könnte. Nun hat der südkoreanische Nachrichtendienst erstmals massive Anschuldigungen erhoben: Nordkorea hätte demnach bereits 1500 Soldaten nach Wladiwostok verschifft, insgesamt soll es sich um rund 12.000 Mann aus vier Brigaden handeln – darunter auch die besten Spezialeinheiten von Machthaber Kim Jong-un.
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol hat am Freitag eine Sitzung einberufen, um die Sicherheitslage mit führenden Vertretern aus Militär-, Sicherheits- und Geheimdienstkreisen zu besprechen. In einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Präsidialamt heißt es, dass man davon ausgeht, Nordkoreas Zusammenarbeit würde über reine Waffenlieferungen hinausgehen und auch die Entsendung von Soldaten umfassen. Dies würde eine “ernste Sicherheitsbedrohung nicht nur für unser Land, sondern auch für die internationale Gemeinschaft darstellen”, heißt es. “Wir verurteilen die militärische Zusammenarbeit Nordkoreas mit Russland, die den Weltfrieden gefährdet, aufs Schärfste und fordern Nordkorea auf, seine Truppen unverzüglich aus dem Russland-Ukraine-Krieg abzuziehen”, sagte Choo Kyung-ho, Fraktionsvorsitzender der regierenden Gungminui-him (“People Power Party”), am Sonntag.
Was der südkoreanische Geheimdienst NIS am Freitag enthüllt hat, ist äußerst besorgniserregend: Demnach erhalten die nordkoreanischen Truppen nicht nur russische Uniformen, sondern wurden auch mit russischen Falschidentitäten ausgestattet, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern. So sollen sie sich als Burjaten ausgeben, einer mongolischen Ethnie in Sibirien.
Der NIS fußt seine Beweise zum einen auf einer Gesichtserkennungssoftware zur Identifizierung von Soldaten, welche man gemeinsam mit dem ukrainischen Geheimdienst eingesetzt habe. Zudem untermauert der südkoreanische Nachrichtendienst seine Anschuldigungen mit Satellitenfotos. Einige davon hat der NIS bereits veröffentlicht: Sie zeigen unter anderem die russischen Schiffe, welche die Truppen vom nordkoreanischen Hafen Chongjin transportiert haben sollen. Endgültige, unabhängig überprüfbare Beweise sind dies allerdings nicht.
Gleichzeitig hat Spravda, eine Kommunikationsabteilung der ukrainischen Regierung, ein Video veröffentlicht, das nordkoreanische Soldaten in einem Ausbildungslager zeigen soll. Während der Aufnahmen ist unter anderem zu sehen, wie diese in einer Schlange warten und sich ihre Uniformen abholen.
Nach ihrer Ankunft in Russland wurden die nordkoreanischen Rekruten demnach gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, in dem sie ihre Größen für Kleidung, Kopfbedeckung und Schuhe angeben sollten. Dem US-Fernsehsender CNN ist es gelungen, an jenen Fragebogen zu gelangen. Teile davon sind in russischer Sprache verfasst, die Konfektionsgrößen jedoch in Koreanisch.
Fakt ist: Machthaber Kim Jong-un und der russische Präsident Wladimir Putin haben ihre militärische Zusammenarbeit in diesem Jahr rasant intensiviert. Erst im Juni unterzeichneten beide eine Vereinbarung, die de facto einer Allianz gleichkommt. Denn die allumfassende strategische Zusammenarbeit sieht auch einen gegenseitigen Beistand für den Fall eines Angriffs durch einen Drittstaat vor. Zudem hat Nordkorea in den letzten Monaten Millionen an Artilleriemunition an Russland geliefert, ebenso Kurzstreckenraketen und wohl auch technische Ingenieure.
Neben den Sicherheitsgarantien, die Moskau liefert, hofft Pjöngjang nicht nur auf Auslandsdevisen aus Russland. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Russland auch Militärtechnologie nach Nordkorea im Gegenzug für die entsandten Soldaten liefern könnte. Das schlimmstmögliche Szenario aus der Perspektive der internationalen Staatengemeinschaft wäre sicherlich, wenn Russland das nordkoreanische Atomprogramm unterstützen würde.
Bislang hielten die meisten Experten dies für unwahrscheinlich. Doch schienen viele Szenarien, die mittlerweile eingetreten sind, noch vor wenigen Monaten nahezu ausgeschlossen. Und Fakt ist: Je stärker Russland auf Unterstützung von Außen angewiesen ist, desto niedriger dürfte die Hemmschwelle sein, auch Nukleartechnologie bereitzustellen. Dementsprechend gefährlich ist die aktuelle Dynamik zwischen Pjöngjang und Moskau.
Bereits die Entsendung von nordkoreanischen Soldaten stellt für Seoul eine rote Linie dar, die Präsident Yoon mehrfach deklariert hat. Der jetzige Verstoß könnte dazu führen, dass Südkorea seinen Standpunkt ändert, die Ukraine fortan doch mit direkten Waffenlieferungen zu unterstützen.
Bislang hat sich Südkorea aus taktischen Erwägungen bei der Unterstützung der Ukraine eher zurückgehalten: So trägt das Land zwar weitgehend die Sanktionspolitik mit, schickt jedoch keine Waffen nach Kiew – sehr wohl jedoch an Polen und die baltischen Staaten. In Südkorea ist man sich des Drahtseilakts bewusst, den der Ukraine-Krieg darstellt: Ein zu starkes Engagement könnte zur Folge haben, dass Russland seine Zusammenarbeit mit Nordkorea entgegen informeller Zusagen weiter expandiert. Doch wie es ausschaut, ist jener Super-Gau bereits eingetreten.
Ob China die quasi-Militärallianz zwischen Russlands und Nordkorea gutheißt, ist fraglich. Die meisten Experten hatten bisher vermutet, dass Xi Jinping die enge Achse Pjöngjang-Moskau kritisch beäugt, da sie den Einfluss Pekings auf das Kim-Regime mindert. Zudem behauptet China nach Außen hin, dass es jegliche weitere Eskalation in der “Ukraine-Krise” ablehnt – und insbesondere die USA für ihre Waffenlieferungen nach Kiew kritisiert.
Kritik aus Peking an Nordkoreas direkter Kriegseinmischung blieb bislang vollständig aus, ganz im Gegenteil: Nordkoreanische Staatsmedien veröffentlichten erst am Sonntag eine Grußbotschaft von Xi Jinping, in der dieser davon sprach, die Beziehungen zwischen den zwei Ländern vorantreiben sowie den “globalen Frieden” fördern zu wollen: “China und die Demokratische Volksrepublik Korea sind durch dieselben Berge und Flüsse miteinander verbunden, und die traditionelle Freundschaft zwischen den beiden Ländern immer stärker”, heißt es in der Grußbotschaft.
Dennoch kann der am Sonntag publizierte Brief nicht als direkte Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen gelesen werden, denn laut nordkoreanischen Angaben sei dieser bereits am Mittwoch verfasst worden. Fakt ist jedoch, dass China alles andere als eine neutrale Partei im Ukraine-Krieg ist. Xi steht fest an der Seite seines “alten Freundes” Putin. Vom Vakuum, welches westliche Firmen durch ihren Exodus aus Russland hinterlassen haben, profitiert die Volksrepublik massiv – in Form von boomendem Handel und günstigen Öllieferungen. Und China versorgt die Russen auch mit sogenannten “Dual-Use-Gütern”; also Produkten, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Fabian Kretschmer
Seit 2019 baut das chinesische Staatsunternehmen Cosco Shipping als Mehrheitseigner den Tiefwasserhafen Chancay an der peruanischen Pazifikküste, etwa 75 km nördlich der Hauptstadt Lima. Mitte November soll er eröffnet werden.
Die peruanischen Behörden hoffen, dass das 3,6 Milliarden US-Dollar Projekt zu einem Drehkreuz des Handels zwischen Südamerika und Asien wird. Chancay kann größere Schiffe aufnehmen als ältere peruanische Häfen, Containerschiffe werden für den Weg nach Asien nicht mehr wie bislang 45, sondern nur noch zehn Tage brauchen.
Von Ende November an werden zwei Containerschiffe pro Woche Shanghai anlaufen, und könnten von dort bei Bedarf weitere Häfen in Asien ansteuern, sagt Carlos Tejada, Generaldirektor der Cosco Shipping Chancay Peru, einer Tochtergesellschaft von Cosco Shipping in Hongkong. Cosco, das den Hafen betreiben wird, hält 60 Prozent der Anteile, die verbleibenden 40 Prozent gehören der peruanischen Bergbaufirma Volcan Compañía Minera, einer Tochterfirma des schweizerischen Glencore Konzerns.
Cosco ist eine der weltweit größten international tätigen Reedereien. Chinesische Staatsunternehmen besitzen oder betreiben mehr als 100 Terminals und Häfen oder Anteile davon in mehr als 50 Ländern weltweit. China ist damit zur herausragenden Schifffahrtsmacht der Welt geworden. Ihre Kapazitäten im Schiffsbau übersteigen laut amerikanischen Geheimdienstinformationen die amerikanischen um das Zweihundertfache. rtr/aiko
Im Rahmen seiner zweitägigen Chinareise hat der britische Außenminister David Lammy am Freitag in Peking Chinas Außenminister Wang Yi getroffen. Beide betonten dabei ihren Wunsch nach guten Handelsbeziehungen. Am Samstag traf Lammy in Shanghai mit führenden Vertretern der britischen Wirtschaft zusammen.
London strebt unter der neuen Labour-Regierung einen Neustart der Beziehungen an. China ist der sechstgrößte Handelspartner Großbritanniens. Doch Großbritanniens positive Haltung gegenüber China hatte sich in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Insbesondere Auseinandersetzungen über Menschenrechte, Hongkong und den Vorwurf der chinesischen Spionage waren Streitpunkte.
Die Labour-Regierung hat eine regierungsweite Prüfung der Beziehungen zwischen Großbritannien und China in Auftrag gegeben und erklärt, dass sie angesichts der Vorwürfe über chinesisches Cyber-Hacking und Spionage auf britischem Boden gegenüber China “klarsichtig” sein werde.
Lammy sagte, dass er bei seinen Gesprächen mit Wang am Freitag in Peking auch über Themen gesprochen habe, zu denen beide Seiten unterschiedlicher Meinung sind. Hongkong, Taiwan und die Menschenrechte in Xinjiang seien zur Sprache gekommen. Die britische Position zu Taiwan werde sich unter der Labour-Regierung nicht ändern, sagte Lammy. Er äußerte sich besorgt über “einige der Spannungen, die wir in der Straße von Taiwan sehen, weil das nicht im Interesse der Weltgemeinschaft ist.”
Sebastien Lai, der Sohn des inhaftierten pro-demokratischen Unternehmers und britischen Staatsbürgers Jimmy Lai, äußerte gegenüber Sky News die Hoffnung, dass Lammy klargestellt haben, dass die Beziehungen nicht normalisiert werden könnten, solange sein Vater, ein britischer Staatsbürger, im Gefängnis sitze. Lai hatte mit Apple Daily eine der populärsten Zeitungen Hong Kongs herausgegeben. Jimmy Lai wurde 2020 wegen seiner Beteiligung an Pro-Demokratie-Protesten verhaftet. rtr
Die italienischen Zollbehörden werden dem chinesischen Staatsunternehmen Nuctech Ausrüstung im Wert von mehr als 15 Millionen Euro abkaufen, finanziert aus EU-Töpfen, obgleich gegen die Firma in der EU derzeit wegen möglicher Verletzungen der Subventionsverordnung eine Untersuchung läuft. Das berichtet die South China Morning Post.
Der Fall zeigt, wie schwer es der EU fällt, gegen chinesische Unternehmen vorzugehen, die sie als riskant oder deren Geschäftsgebaren sie als unfair empfinden. Nuctec gewann im September zwei Ausschreibungen der italienischen Agentur für Zoll und Monopole: den ersten über mobile Scansysteme, mit denen LKWs in italienischen Häfen durchleuchtet werden sollen. Den zweiten über mobile Scanner, mit denen Menschen oder Gegenstände untersucht werden können. In beiden Fällen stammt das Geld aus dem EU-Budget für Zollkontrollausrüstung, einem Ein-Milliarden-Euro-Programm, mit dem die Zollausrüstung des Blocks erneuert werden soll.
Von 27 EU-Mitgliedsstaaten nutzen 25 Nuctec in ihrer Zollarbeit. Es ist nicht der einzige Fall, der der EU-Kommission aufstößt. Seit Jahren drängt sie die Mitgliedsstaaten, Huawei-Komponenten aus ihren Breitbandsystemen zu entfernen, doch trotz Sicherheitsbedenken sind diese EU-weit immer noch verbreitet.
Im vergangenen Jahr verbannten EU-Institutionen, darunter auch das Europäische Parlament, die chinesische Social Media App Tiktok von allen offiziell genutzten Geräten. Trotzdem ist die App so populär unter EU-Abgeordneten, dass Tiktok kommende Woche eigens eine Trainingssitzung für deren Mitarbeiter abhalten wird. aiko
Ein neues Zeitalter der internationalen Beziehungen bricht an. Da der Anteil des Westens am globalen BIP sinkt und die Welt zunehmend multipolar wird, drängen die Länder darauf, ihre Positionen in einer neu entstehenden Ordnung zu festigen. Dies gilt sowohl für Schwellenländer – vertreten durch die kürzlich erweiterte BRICS-Gruppe – welche die Regeln der neuen Ordnung mitschreiben möchten, als auch für kleinere Länder, die nach Beziehungen suchen, die ihnen helfen, ihre Interessen zu wahren.
BRICS ist damit zu einem Symbol für die Sehnsucht nach einer Weltordnung geworden, von der sich größere Teile der Welt repräsentiert sehen, die sie gegen die Institutionen des Westens absichert und ihnen dabei hilft, mit der wachsenden geopolitischen Unsicherheit umzugehen. Sie hat sich als äußerst attraktiv erwiesen. Anfang des Jahres erweiterte sich die BRICS-Gruppe von fünf Ländern (Brasilien, China, Indien, Russland und Südafrika) auf neun Länder (mit Ägypten, Äthiopien, Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten). Fast drei Dutzend weitere Länder – darunter das NATO-Mitglied Türkei, die engen US-Partner Thailand und Mexiko sowie Indonesien, das größte muslimische Land der Welt – haben einen Antrag auf Beitritt gestellt.
Die Vielfalt der Mitglieder (und Bewerber) unterstreicht zwar die breite Anziehungskraft der BRICS+, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Es handelt sich um Länder mit sehr unterschiedlichen politischen Systemen und Volkswirtschaften, die sehr unterschiedliche nationale Ziele verfolgen. Einige stehen sogar im Widerspruch zueinander: China und Indien befinden sich seit mehr als vier Jahren in einer militärischen Pattsituation im Himalaya, nachdem China heimlich in indisches Gebiet eingedrungen ist.
Schon mit nur fünf Mitgliedern war es schwierig für die BRICS, gemeinsame Interessen in einen gemeinsamen Aktionsplan umzusetzen und auf der globalen Bühne zu einer geeinten Kraft zu werden. Mit neun – und möglicherweise mehr – Mitgliedsländern wird es nachhaltige Anstrengungen erfordern, eine gemeinsame Identität zu schaffen und eine Agenda zu setzen. Mit internen Spaltungen zu kämpfen haben aber auch andere multilaterale Gruppierungen, die keine formellen, auf einer Charta basierenden Institutionen mit ständigen Sekretariaten sind – wie die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die G20 und sogar die G7.
Darüber hinaus haben die BRICS eine beachtliche Widerstandsfähigkeit bewiesen. Westliche Analysten haben vorhergesagt, dass die Gruppierung sich auflösen oder in die Bedeutungslosigkeit abdriften würde. Doch der BRICS+-Gipfel in diesem Monat in Kasan, Russland – der erste seit der Erweiterung – könnte durchaus einer weiteren Vergrößerung Momentum geben. Unterstreicht er doch das Scheitern des Westens, Russland nach seiner Invasion der Ukraine zu isolieren.
Das bedeutet nicht, dass man die Frage des Zusammenhalts unterschätzen sollte. Die Gründungsmitglieder sind sich nicht einmal über ihre grundlegenden Ziele einig: Während China und Russland die von den Vereinigten Staaten geführte Weltordnung herausfordern wollen, streben Brasilien und Indien eine Reform der bestehenden internationalen Institutionen an. Sie scheinen sich mit jedweder antiwestlicher Ausrichtung unwohl zu fühlen.
Bei dieser Uneinigkeit könnte die Erweiterung jedoch den Ausschlag geben. Sechs der neun Mitglieder der Gruppe, darunter alle vier Neuzugänge, gehören offiziell der blockfreien Bewegung an, zwei (Brasilien und China) sind Beobachter. Dies deutet darauf hin, dass es innerhalb der BRICS+ einen erheblichen Druck geben wird, einen Mittelweg zu finden, der sich auf die Demokratisierung der Weltordnung konzentriert, statt den Westen herauszufordern.
Allerdings hat sich der Westen in letzter Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es darum geht, das Vertrauen der Entwicklungsländer zu fördern. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass er Finanzen zur Waffe machte, die Zinsen auf eingefrorene russische Zentralbankvermögen beschlagnahmte, haben in der nichtwestlichen Welt für zunehmende Unruhe gesorgt. Infolgedessen scheint eine wachsende Zahl von Ländern daran interessiert zu sein, Alternativen auszuprobieren, darunter neue grenzüberschreitende Zahlungsmechanismen. Einige Länder überdenken auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar bei internationalen Transaktionen und Reservebeständen.
All dies könnte den größeren Plänen Russlands und Chinas entgegenkommen. Beide sind natürliche Konkurrenten, die teilweise in Reaktion auf die US-Politik zu engen strategischen Partnern geworden sind. Insbesondere China könnte davon profitieren, beispielsweise durch die verstärkte internationale Nutzung des Renminbi. Russland erwirtschaftet einen Großteil seiner internationalen Exporteinnahmen in Renminbi und legt sie hauptsächlich bei chinesischen Banken an, wodurch China effektiv an den Erträgen beteiligt wird. Chinas Ziel ist die Schaffung eines alternativen Finanzsystems auf Renminbi-Basis – und genau das unterstützt der Westen unbeabsichtigt durch seine finanzielle Kriegsführung.
Die BRICS-Staaten schaffen bereits Institutionen. 2015 gründeten sie die Neue Entwicklungsbank (NEB), die von Indien konzipiert wurde und ihren Sitz in Shanghai hat. Die NEB ist nicht nur die erste multilaterale Entwicklungsbank der Welt, die von Schwellenländern gegründet und geleitet wird, sondern auch die einzige, deren Gründungsmitglieder gleichberechtigte Anteilseigner mit gleicher Stimmmacht bleiben, auch wenn weitere Länder beitreten. Im Gegensatz dazu sind die USA der dominierende Anteilseigner der Weltbank und haben ein Vetorecht.
Die erweiterte BRICS+ verfügt über globale Schlagkraft. Die Gruppierung stellt die G7 in den Schatten, sowohl demografisch (mit fast 46 Prozent der Weltbevölkerung im Vergleich zu 8,8 Prozent der G7) als auch wirtschaftlich (mit einem Anteil von 35 Prozent am globalen BIP im Vergleich zu 30 Prozent der G7). Ihre Volkswirtschaften werden wahrscheinlich auch die wichtigste Quelle für künftiges globales Wachstum sein. Da der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate den Ölproduzenten Brasilien und Russland als Mitglieder beigetreten sind, machen die BRICS+ nun etwa 40 Prozent der Rohölproduktion und -exporte aus.
Ja, die Gruppe steht vor großen Herausforderungen. Nicht zuletzt vor der Aufgabe, sich zu einer bedeutenden globalen Kraft mit klaren (und realistischen) politischen und wirtschaftlichen Zielen zu vereinen. Aber sie hat auch das Potenzial, eine bedeutende Rolle bei der längst überfälligen Neugestaltung einer globalen Ordnung zu spielen, die die Realitäten des 21. Jahrhunderts besser widerspiegelt.
Brahma Chellaney, emeritierter Professor für Strategische Studien am Center for Policy Research in Neu-Delhi und Fellow an der Robert Bosch Academy in Berlin, ist Autor von “Water, Peace, and War: Confronting the Global Water Crisis“ (Rowman & Littlefield, 2013).
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Michael Struckmeyer ist seit September Creator Partnership Manager bei der TikTok-Mutterfirma ByteDance in Peking. Das Hauptfeld des Senior Managers fokussiert sich dabei auf das TikTok Shop US Creator Team. Struckmeyer verfügt über jahrelange China-Erfahrung. In den vergangenen 15 Jahren war er unter anderem für TÜV Rheinland Greater China und den Elektrohersteller GPV tätig.
Kimi Xu ist seit September Leiter der IBC-Logistik China der Hoyer-Gruppe. Zuvor war Xu bei dem Hamburger Logistikdienstleister als Commercial Manager tätig. Sein Einsatzort bleibt Shanghai.
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Wer im Netz genug Panda-Videos gesehen hat, weiß: Die Bären sind ziemlich ungeschickt. Daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass die Lebenserwartung eines Großen Pandas in der Wildnis nur bei 20 Jahren liegt, während Pandas in Gefangenschaft um die 30 Jahre alt werden. Gute Pflege ist alles und gut umsorgt ist auch Ai Lian im Zoo von Chongqing. Zu seinem 5. Geburtstag haben die Pfleger ein echtes Festmahl für ihn kreiert. Alles Gute!