könnte es einen Putschversuch wie am vergangenen Wochenende in Russland auch in China geben? Auf den ersten Blick mag diese Frage absurd erscheinen, zumal es in der Volksrepublik keine private Söldnerarmee gibt wie die “Wagner”-Gruppe in Russland. Und doch gibt es auch in Peking traditionell die Sorge vor einer Revolte aus dem Militär, schreibt Michael Radunski in seiner Analyse. Denn das ist in China das Problem: Je größer und mächtiger ein Militärapparat ist, desto unberechenbarer wird er – auch für einen Xi Jinping.
In der Forschungszusammenarbeit zwischen China und Deutschland war die Stimmung lange Zeit gut. Denn was sprach schon dagegen, voneinander lernen zu wollen? Doch auch das hat sich im deutsch-chinesischen Verhältnis gewaltig geändert.
Erst kam Kritik an Konfuzius-Instituten auf, weil sie offenbar versuchen, auf die deutsche Hochschullandschaft politisch Einfluss zu nehmen. Dann sanktioniert die chinesische Seite ganze europäische Wissenschaftseinrichtungen. Und nicht zuletzt Berichte über deutsche Wissenschaftler, die offenbar unwissentlich mit militärnahen Instituten in China zusammenarbeiten, heizen die Debatte zusätzlich an. Immer mehr aus der akademischen Welt fragen sich, wie viel man überhaupt noch mit autoritären Staaten wissenschaftlich kooperieren kann.
Ihnen einen schönen Donnerstag!
Der Aufstand von Jewgeni Prigoschin und seiner Söldnertruppe “Wagner” hat sicherlich in vielen Hauptstädten der Welt für Aufregung gesorgt. Besonders aber wohl in Peking. Dafür gibt es zahlreiche offensichtliche Gründe: Weniger wohl die persönliche Nähe zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping als vielmehr, dass Russland ein nahezu unverzichtbarer Partner in Chinas Wettstreit mit den USA ist, ein günstiger Energielieferant und man eine mehr als 4.000 Kilometer lange Grenze teilt, an der China Stabilität will.
Doch es gibt auch nicht ganz so offensichtliche Gründe, wie die Frage, ob ein Prigoschin-Aufstand auch in China möglich ist? Die Antwort: Ein solches Szenario ist in China nicht vorstellbar. Aber Sorge vor einem Aufstand aus dem chinesischen Militär besteht dennoch.
Ein Prigoschin-ähnlicher Putschversuch ist in China nicht möglich, schlicht, weil es in China keine Söldnertruppen wie die “Wagner”-Armee gibt. In Russland gibt es hingegen neben der russischen Armee zahlreiche weitere Kräfte: Truppen unter der Kontrolle des Moskauer Bürgermeisters, des lokalen Militaristen Ramsan Kadyrow in Tschetschenien oder eben die “Wagner”-Gruppe unter Prigoschin. Ganz zu schweigen von den Privatmilizen einiger Oligarchen. Sie alle befinden sich außerhalb der Befehlskette der russischen Armee.
Die Zeit der chinesischen Warlords (军阀时代) ist hingegen längst vorbei. Die Zeit von 1916 bis 1928 und teilweise bis in die 1930er/40er waren Jahre des ständigen Bürgerkriegs. Kein Herrscher konnte Anspruch auf ganz China erheben. Das Land war gespalten und schwach, den mörderischen Kämpfen fielen Millionen Menschen zum Opfer.
Es war Mao Zedong, der daraus den Leitspruch ableitete, dass die Macht aus den Gewehrläufen erwachse. Sein Leitgedanke lautete: Die Partei befehligt die Waffe, die Waffe darf niemals die Partei befehlen. Nachdem die Kommunisten 1949 den Bürgerkrieg gewonnen hatten, begann Mao deshalb, alle alternativen Machtquellen in China zu vernichten. Die Folge – und der große Unterschied zu anderen Staaten: Die chinesische Volksbefreiungsarmee ist bis heute eine Armee der Partei – und nicht eine Armee des Staates.
Daraus blindes Vertrauen abzuleiten, wäre ein Denkfehler – und würde ohnehin nicht zu der autoritären Führung in Zhongnanhai passen. “Xis wichtigster Posten ist deshalb der Vorsitz der Zentralen Militärkommission“, sagt Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider zu Table.Media. Deng Xiaoping (邓小平) war übrigens weder Parteivorsitzender noch Staatspräsident. Dafür aber Vorsitzender der Zentralen Militärkommission.
Dennoch ist die Sorge vor einem Aufstand aus dem Militär auch in China nicht ganz unberechtigt. 1971 versuchte der damalige Verteidigungsminister Lin Biao (林彪) gegen Mao zu putschen. Lin scheiterte und wollte nach Russland flüchten. Doch sein Flugzeug stürzte aus bis heute ungeklärten Gründen über der Mongolei ab.
Und auch Xi Jinping soll sich zumindest indirekt schon chinesischen Generälen gegenübergesehen haben. Es gibt Gerüchte, dass Bo Xilai (薄熙来) 2012 mit abtrünnigen Armeeführern Gespräche geführt habe, um handstreichartig die Macht zu übernehmen. Kurz nach seiner Machtübernahme sorgte Xi Jinping mit dafür, dass etliche Generäle entlassen wurden. Seither steht die Volksbefreiungsarmee wieder fest unter der Kontrolle der Parteiführung.
Der ehemalige CIA-Analyst John Culver führt vor diesem Hintergrund die Verhaftungen der chinesischen Generäle Xu Caihou (徐才厚) und Guo Boxiong (郭伯雄) an. Xu und Guo wurden noch unter Jiang Zemin 1999 in die Zentrale Militärkommission berufen und bauten anschließend über Jahre hinweg ihre Macht immer weiter aus, selbst als die Partei-, Staats- und Militärführung auf Hu Jintao überging. Erst Xi Jinping habe dieser Machtanhäufung ein Ende gesetzt und die Volksbefreiungsarmee von Illoyalität und Korruption befreit, urteilt Culver.
In einem militärischen Lehrbuch, das 2016 in Auszügen in der People’s Liberation Army Daily veröffentlicht wurde, heißt es zu dem Fall: “Die Probleme der Bestechung und Korruption von Guo Boxiong und Xu Caihou sind erschütternd. Aber das war nicht der Kern ihrer Probleme. Der springende Punkt war, dass sie gegen politische Grundsätze verstoßen hatten.”
Unter der Führung von Xi Jinping wurde die Kontrolle der Partei über die Volksbefreiungsarmee – vor allem über die People’s Armed Police erheblich verschärft. Die People’s Armed Police (中国人民武装警察部队) ist eine paramilitärische Einheit, die vor allem im Inneren Chinas wirkt. Sie ist vor allem für innere Sicherheit, Aufstands- und Terrorismusbekämpfung sowie Katastrophenhilfe zuständig.
“Die chinesische Führung unter Xi achtet sehr darauf, dass die regionalen Militärkommandanten regelmäßig versetzt oder ausgetauscht werden. So soll die Entstehung unabhängiger Machtbasen in der Volksbefreiungsarmee verhindern werden. Man sagt: Die Generäle sollen keine Pfahlwurzeln in den Boden ziehen”, erklärt Sandschneider, der als Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors” arbeitet.
“Letztendlich wissen wir nicht, ob es einen wie Prigoschin in China gibt”, räumt der Politikwissenschaftler ein. “Aber sollte es ihn geben, würden wir ihn aus Sicherheitsgründen ganz sicher sehen, bis er selbst in Erscheinung tritt.” Denn nicht nur die Führung in Peking wird ihre Lehren aus dem Aufstand in Russland ziehen, sondern auch die Militärs. Ein Putschist muss sich absolut sicher sein, ehe er sich aus der Deckung wagen kann. Andernfalls droht ihm das gleiche Schicksal wie Prigoschin. Oder ein weitaus Schlimmeres.
Dialogbereitschaft auf der einen Seite und nur begrenzter Spielraum für neue Kooperationen auf der anderen Seite: Die Ausführungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu den siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, die im Juni in Berlin stattgefunden haben, beschreiben einen Spagat zwischen Kooperationswillen und Rückzugtendenzen.
In den Treffen mit den beiden Partnerministerien, dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) und dem Ministerium für Bildung (MOW) sei man sich einig gewesen, “dass die Zusammenarbeit in Bildung und Forschung eine wichtige Grundlage der bilateralen Beziehungen darstellt”, sagte ein BMBF-Sprecher. Der chinesische Forschungsminister Wan Gang war nicht in Berlin, dafür sein Stellvertreter Zhang Guangiun.
“Harter Wettbewerber” und “systemischer Rivale”: Das sind die Begriffe, die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger derzeit vornehmlich für China benutzt. So geschehen zum Beispiel am 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China im vergangenen Oktober. Da hatte die Ministerin dazu aufgerufen, die “deutsch-chinesischen Beziehungen immer wieder kritisch zu hinterfragen”.
Im März reiste sie nach Taiwan und unterschrieb dort, trotz chinesischer Protestnote, Forschungsvereinbarungen mit der taiwanesischen Regierung. Nicht nur in den Beziehungen mit Russland hat seit dem russischen Angriffskrieg eine Zeitenwende stattgefunden. In der Politik will man sich nicht noch einmal Naivität im Umgang mit Abhängigkeiten vorwerfen lassen. Das Verhältnis mit China steht deshalb auf dem Prüfstand. Die Ausführungen des BMBF zum Verlauf der deutsch-chinesischen Konsultationen lesen sich wie eine Mängelliste:
Der Wille zum fortgesetzten Dialog sei aber auf beiden Seiten vorhanden, sagt der BMBF-Sprecher: “Die globalen Herausforderungen können nicht von einzelnen Akteuren gelöst werden – internationale Wissenschaftskooperation ist hierfür unerlässlich.” Als Zeichen des guten Willens habe man zwei Austauschworkshops zur Nachhaltigkeit vorgeschlagen und die chinesische Seite zur nächsten turnusmäßigen WTZ-Sitzung eingeladen.
Die Debatte über eine kritische Reflektion der Forschungsbeziehungen zwischen China und Deutschland hatte Anfang des Jahres auch der Bericht des amerikanischen Sicherheitsforschers Jeffrey Stoff und des von ihm gegründeten Unternehmen Center for Research Security and Integrity angeheizt. Stoff dokumentierte, wie deutsche Wissenschaftler mit militärnahen Instituten in China zusammenarbeiten, teilweise ohne es zu wissen. Sein Fazit: Das Problembewusstsein ist unterentwickelt.
“Jeff Stoff hat uns zum Nachdenken und Reden gebracht, das ist auf jeden Fall ein Verdienst der Studie”, sagt Hannes Gohli, Geschäftsführer des China Kompetenzzentrums an der Universität Würzburg. Der China-Forscher hält die Methodik der Stoff-Studie zwar für wenig transparent und vermutet auch geschäftliche Interessen dahinter. Stoff will mit seiner Firma auch Sicherheitsdaten vertreiben. Insgesamt hält Gohli es aber für “sehr gesund, wenn man die Forschungskooperationen mit autoritären Staaten reflektiert und hinterfragt.”
Welch großen Bedarf es dafür gibt, sieht man allein an der Anzahl der Fachveranstaltungen, die es aktuell zu dem Thema gibt. Im Mai veranstaltete das BMBF im Rahmen des Projekts WIKOOP-Infra die Konferenz “Handlungssicherheit in Forschungskooperationen mit China” an der auch Staatssekretär Jens Brandenburg teilnahm. Auch Gohli diskutierte kürzlich über “Internationale Kooperationen in der Wissenschaft” mit China-Fokus an der Universität Ulm, unter anderem mit Jeffrey Stoff.
Offensichtlich sucht man an vielen Stellen im deutschen Wissenschaftssystem gerade nach einem neuen Umgang mit China. Am heutigen Donnerstag diskutieren Experten am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) über das Thema: Deutsche Forschungskooperationen: Wissen Schaffen für oder mit China? Table.Media ist Kooperationspartner der Veranstaltung.
Laut Experte Sascha Klotzbücher, einem der Diskutanten, gelte es das große Interesse von chinesischen Forschern am Wissenschaftsstandort Deutschland für einen Dialog zu nutzen. “Dieser muss konsequent auf den Prinzipien und der Redefreiheit unserer Gesellschaft beruhen”. Deutschland brauche mehr und eine andere “Chinakompetenz” auch jenseits der Sinologie, meint der Associate Professor für Sinologie an der Comenius-Universität Bratislava.
Auch der Würzburger Experte Hannes Gohli plädiert für eine Strategie mit Bedacht und Nachhaltigkeit. Man sollte nicht generell Kooperationen einschränken, sondern “Einzelfälle sehr genau prüfen und die Chinaforschung und -kompetenz in der Wissenschaft deutlich ausbauen”. Die Universität Würzburg hat das China Kompetenzzentrum dafür Ende Oktober 2022 eröffnet. Ein Einzelkämpfer sei er aber nicht, sagt Gohli. An vielen Hochschulen in Deutschland gebe es gute Beratungsstrukturen. Auch die Leitlinien von der HRK, von der DAAD und auch von der BAFA seien eine gute Grundlage zur Beschäftigung mit dem Thema.
“Da wir nicht alle Fragen aus diesen Katalogen stellen können, das würde ForscherInnen überwältigen, suchen wir uns eben für anbahnende Kooperationen, basierend auf deren individuellen An- bzw. Herausforderungen, die entsprechenden Leitfragen aus den bereits existierenden Katalogen”, sagt Gohli. Generell solle man sich um mehr Dialog mit China bemühen, statt mit einer großen Geste Förderprogramme und -kooperationen abzubauen.
“Wir brauchen keine roten Linien, sondern eine gewissenhafte Einzelfallprüfung, mehr Personal und eine intensive Beschäftigung mit dem Thema.”
Nach den Regierungskonsultationen ist nun vor der China-Strategie, auf die auch die Wissenschaftscommunity wartet. Die Bundesregierung hatte die Strategie ursprünglich für den 20. Juni angekündigt. Jetzt wird man in der Koalition wohl die Sommerpause nutzen, um über einen neuen Umgang und neue Lösungen im deutsch-chinesischen Verhältnis nachzudenken – auch im Bereich der Forschungskooperationen.
Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs tut sich bei einer gemeinsamen Position zur China-Politik offenbar immer noch schwer. In einem Entwurf der Schlussfolgerungen zum EU-Gipfeltreffen am Donnerstag wird der “vielschichtige politische Ansatz des 27-Länder-Blocks gegenüber China” bekräftigt und auf “konstruktive und stabile Ziele” mit China verwiesen. In dem Entwurf wird zudem betont, dass Brüssel “nicht die Absicht hat, sich abzukoppeln oder sich nach innen zu wenden.” Die EU wolle jedoch ihre Pläne zur Risikoreduzierung fortsetzen, um Abhängigkeiten von China in wichtigen Industriezweigen zu vermeiden.
Die Schlussfolgerungen der EU-Staats- und Regierungschefs enthält dem Entwurf zufolge auch Formulierungen zu Taiwan: Zwar wird die “Ein-China-Politik” der EU bekräftigt, Besorgnis wird jedoch über wachsende Spannungen in der Taiwanstraße ausgedrückt. “Der Europäische Rat ist gegen jegliche einseitigen Versuche, den Status quo durch Gewalt oder Erpressung zu ändern”, heißt es in dem Entwurf.
Abgesehen von den Anmerkungen zu wirtschaftlichem De-Risking enthält der Entwurf keine großen Neuerungen zu den Position des EU-Rats. Die Beziehungen zu China und die kürzlich vorgestellte Strategie für wirtschaftliche Sicherheit sollten bei dem EU-Gipfeltreffen eigentlich höher auf der Agenda stehen. Die Geschehnisse um den Putschversuch in Russland hatten das Thema jedoch in den Hintergrund gedrängt. ari
Nach dem Veto des Bundeswirtschaftsministeriums gegen einen chinesischen Investor hat der Chip-Hersteller Elmos Semiconductor einen neuen Käufer für seine Wafer-Fertigung in Dortmund gefunden. Das US-Technologie-Unternehmen Littelfuse zahle 93 Millionen Euro für die Produktion von Siliziumscheiben für die Chip-Herstellung, teilte Elmos am Mittwoch mit.
Eigentlich wollte Elmos die Sparte für knapp 85 Millionen Euro an eine schwedische Tochter der chinesischen Sai Microelectronics verkaufen. Im November hatte der Bund den Verkauf jedoch unter Verweis auf das Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Chinesische Unternehmen sollten keinen Zugriff auf deutsche Technologie bekommen.
Die Wafer, die in Dortmund gefertigt werden, sind aber nicht Hightech. Aus ihnen entstehen vor allem Leistungshalbleiter für die Autoindustrie, auf die Elmos spezialisiert ist. Man habe mit Littelfuse eine bis 2029 laufende Abnahmevereinbarung für einen Teil der in Dortmund produzierten Wafer unterzeichnet, erklärte Elmos. rtr/flee
Die USA erwägen dem Wall Street Journal zufolge eine Verschärfung der Lizenzvorschriften für den Export von Spezialchips für künstliche Intelligenz (KI) nach China. Die Lieferungen der Komponenten an chinesische Abnehmer soll bereits im Juli eingestellt werden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen am Dienstag.
Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit den anhaltenden Spannungen zwischen China und der Biden-Regierung, in deren Kreuzfeuer die US-Chiphersteller wie Nvidia, Micron und AMD geraten sind. Die USA hatten wegen Sicherheitsbedenken bereits Beschränkungen für die Ausfuhr von Hochleistungschips erlassen. Nvidia passte daraufhin seine Chips den Exportvorschriften an, die nun erneut unter die verschärften Bedingungen fallen würden. Durch den von ChatGPT ausgelösten KI-Boom steigt die Chip-Nachfrage weltweit. rtr
US-Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley hat ihrem früheren Vorgesetzten Donald Trump eine zu chinafreundliche Politik vorgeworfen. Der Ex-Präsident habe sich “fast nur auf” die Handelsbeziehungen zur Volksrepublik fokussiert und “zu wenig gegen den Rest der chinesischen Bedrohung” unternommen, sagte Haley laut Associate Press am Dienstag in einer Rede in der Denkfabrik American Enterprise Institute. Trump habe es vor allem versäumt, Verbündete der USA für ein Vorgehen “gegen die chinesische Bedrohung”” zu gewinnen.
Haley, will wie auch Trump für die Republikaner kandidieren. Sie war ab Januar 2017 unter Präsident Donald Trump US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, trat aber bereits Ende 2018 von diesem Amt zurück. Sie kritisiert auch, dass Trump Xi Jinping zum 70. Geburtstag der Herrschaft der KP gratuliert hatte. “Das sendet eine falsche Botschaft in die Welt. Chinesischer Kommunismus muss verurteilt, niemals beglückwünscht werden.” flee
Kultur- und Sozialwissenschaftler werden gelegentlich bezichtigt, Stubengelehrte zu sein, welche die Welt vom eigenen Schreibtisch oder aus Archiven heraus zu erklären versuchen. Für Gunter Schubert ist solch eine Arbeitsweise keine Option. Der Sinologe von der Eberhard Karls Universität Tübingen ist regelmäßig vor Ort in China – auch als wir ihn für dieses Porträt interviewen. “Man muss gewissermaßen die professionelle Philosophie entwickeln, dass es ohne regelmäßigen Kontakt mit der Region, mit dem Land, mit der Gesellschaft vor Ort nicht geht. Grundsätzlich hängt es von Netzwerken und Kontakten ab, wie der Zugang zum Feld überhaupt ist. Das ist sicherlich die größte Schwierigkeit in China”, sagt Schubert.
Gerade bei der Forschung, die er mit lokalen Regierungen mache, sei es immer politisch sensibel. Da gehe es ohne Kollegen und ohne Netzwerke gar nicht, um bis dahin vorzustoßen. “Auch dann ist die Sache manchmal volatil, weil die lokalen Regierungen bei Personalwechseln oder bei plötzlichen Politikwechseln möglicherweise verhalten sind oder die eine oder andere Tür zuschlägt”, ergänzt Schubert.
Schubert hat nach seinem Studium von Politikwissenschaft, Jura und Sinologie an den Universitäten in Marburg und Hamburg im Jahr 1990 seinen ersten längeren akademischen Aufenthalt unternommen. Bis 1992 war er Gastwissenschaftler am Institut für Internationale Beziehungen der Nationalen Chengchi-Universität in Taipeh.
Taiwan bildet seit jeher einen Schwerpunkt in der Forschungsarbeit Schuberts, der 2008 an der Universität Tübingen auch das European Research Center on Contemporary Taiwan (ERCCT) gegründet hat und dieses bis heute leitet. Zuletzt war er unter anderem Herausgeber des “Taiwan Handbook on Contemporary Taiwan” sowie Co-Editor des 2022 erschienenen Sammelbandes “Taiwan During the First Administration of Tsai Ing-wen. Navigating in Stormy Waters”. “Ich habe durch meine Arbeit gezeigt, dass ich kein Unabhängigkeitsaktivist bin, sondern dass ich mich wissenschaftlich mit dem Gegenstand beschäftige”, sagt Schubert. Er habe bisher nie den Eindruck gehabt, dass man es in China nicht akzeptieren würde, wenn man sich wissenschaftlich mit Taiwan beschäftige.
“Ich habe auch viele Vorträge gehalten in China zu Taiwan. Das war sogar hochinteressant für die Leute. Diese Vorlesungssäle waren immer sehr voll und es bestand insofern stets ein hohes Bedürfnis, Informationen von Experten zu erhalten, die sich in Taiwan auskennen, und zu erfahren, wie sie Sachverhalte einschätzen”, ergänzt er. Auch in China werde versucht, kritische Themen anzugehen. Zumindest sei dies in der Hu-Jintao-Zeit und der frühen Xi-Jingping-Zeit noch so gewesen. Wie es in Zukunft wird, kann Schubert zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen.
Im Jahr 2003 erhielt der gebürtige Düsseldorfer den Lehrstuhl für Greater China Studies in Tübingen und hat sich seitdem wissenschaftlich den Ruf als ausgewogener und zugleich scharfsinniger Analytiker erarbeitet. Dabei ist Schubert nicht ständig in der breiten Öffentlichkeit präsent, um Stellung zu Entwicklungen in der Volksrepublik zu beziehen. “Ich bin kein Journalist, ich bin auch kein Think-Tanker, sondern ich versuche, die Dinge aus der Makroperspektive einzuordnen und dem Ganzen eher analytisch zu begegnen. Ich laufe nicht jeder neuen Meldung hinterher”, sagt Schubert.
Tagesaktuelle Entwicklungen beeinflussten jedoch ebenso seine Arbeit, weil sie Forschungsprojekte kontextualisierten. Aktuell konzipierten er und Kollegen ein neues Projekt, in dem es um die chinesische “Globalpolitik” und in diesem Kontext auch um die politische Ökonomie der sino-taiwanischen Beziehungen gehe. Diese haben sich natürlich mit der Zeit stark verändert. “Das Forschungsdesign verändert sich durch das politische Umfeld und muss natürlich ständig angepasst werden. Ich versuche, den Blick auf das Wesentliche zu lenken, auf die strukturellen Faktoren.” Das sei seine Aufgabe als Akademiker. Hingegen halte er sich aus dem beständigen “Interview-Business” heraus. Das sei kurzfristig angelegt und “nicht mein Brot-und-Butter-Geschäft.” Constantin Eckner
Michael Rockel wird ab 1. Juli neuer CEO von Lanxess in Greater China. Rockel war zuletzt Leiter für Marketing & Sales Bereichs Lanxess High Performance Materials (jetzt Envalior) in China. Er folgt auf Ming Cheng Chien, der bis zu seiner Pensionierung Ende Dezember 2023 Präsident der APAC-Region bleiben wird.
Chiang Tung-keung wird ab Oktober neuer General Manager des Hongkonger Energie-Anbieters CLP. Er folgt Richard Lancaster nach, der CLP mehr als eine Dekade vorstand.
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Hartes Training für Hangzhou: Diese Sportlerinnen treten in Shenyang bei den Trials für den 100-Meter-Lauf für die Asian Games an. Die Asienspiele finde vom 23. September bis 8. Oktober in Hangzhou statt. Geplant waren sie eigentlich für das vergangene Jahr, sie wurden wegen der Covid-Pandemie jedosch geschoben.
könnte es einen Putschversuch wie am vergangenen Wochenende in Russland auch in China geben? Auf den ersten Blick mag diese Frage absurd erscheinen, zumal es in der Volksrepublik keine private Söldnerarmee gibt wie die “Wagner”-Gruppe in Russland. Und doch gibt es auch in Peking traditionell die Sorge vor einer Revolte aus dem Militär, schreibt Michael Radunski in seiner Analyse. Denn das ist in China das Problem: Je größer und mächtiger ein Militärapparat ist, desto unberechenbarer wird er – auch für einen Xi Jinping.
In der Forschungszusammenarbeit zwischen China und Deutschland war die Stimmung lange Zeit gut. Denn was sprach schon dagegen, voneinander lernen zu wollen? Doch auch das hat sich im deutsch-chinesischen Verhältnis gewaltig geändert.
Erst kam Kritik an Konfuzius-Instituten auf, weil sie offenbar versuchen, auf die deutsche Hochschullandschaft politisch Einfluss zu nehmen. Dann sanktioniert die chinesische Seite ganze europäische Wissenschaftseinrichtungen. Und nicht zuletzt Berichte über deutsche Wissenschaftler, die offenbar unwissentlich mit militärnahen Instituten in China zusammenarbeiten, heizen die Debatte zusätzlich an. Immer mehr aus der akademischen Welt fragen sich, wie viel man überhaupt noch mit autoritären Staaten wissenschaftlich kooperieren kann.
Ihnen einen schönen Donnerstag!
Der Aufstand von Jewgeni Prigoschin und seiner Söldnertruppe “Wagner” hat sicherlich in vielen Hauptstädten der Welt für Aufregung gesorgt. Besonders aber wohl in Peking. Dafür gibt es zahlreiche offensichtliche Gründe: Weniger wohl die persönliche Nähe zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping als vielmehr, dass Russland ein nahezu unverzichtbarer Partner in Chinas Wettstreit mit den USA ist, ein günstiger Energielieferant und man eine mehr als 4.000 Kilometer lange Grenze teilt, an der China Stabilität will.
Doch es gibt auch nicht ganz so offensichtliche Gründe, wie die Frage, ob ein Prigoschin-Aufstand auch in China möglich ist? Die Antwort: Ein solches Szenario ist in China nicht vorstellbar. Aber Sorge vor einem Aufstand aus dem chinesischen Militär besteht dennoch.
Ein Prigoschin-ähnlicher Putschversuch ist in China nicht möglich, schlicht, weil es in China keine Söldnertruppen wie die “Wagner”-Armee gibt. In Russland gibt es hingegen neben der russischen Armee zahlreiche weitere Kräfte: Truppen unter der Kontrolle des Moskauer Bürgermeisters, des lokalen Militaristen Ramsan Kadyrow in Tschetschenien oder eben die “Wagner”-Gruppe unter Prigoschin. Ganz zu schweigen von den Privatmilizen einiger Oligarchen. Sie alle befinden sich außerhalb der Befehlskette der russischen Armee.
Die Zeit der chinesischen Warlords (军阀时代) ist hingegen längst vorbei. Die Zeit von 1916 bis 1928 und teilweise bis in die 1930er/40er waren Jahre des ständigen Bürgerkriegs. Kein Herrscher konnte Anspruch auf ganz China erheben. Das Land war gespalten und schwach, den mörderischen Kämpfen fielen Millionen Menschen zum Opfer.
Es war Mao Zedong, der daraus den Leitspruch ableitete, dass die Macht aus den Gewehrläufen erwachse. Sein Leitgedanke lautete: Die Partei befehligt die Waffe, die Waffe darf niemals die Partei befehlen. Nachdem die Kommunisten 1949 den Bürgerkrieg gewonnen hatten, begann Mao deshalb, alle alternativen Machtquellen in China zu vernichten. Die Folge – und der große Unterschied zu anderen Staaten: Die chinesische Volksbefreiungsarmee ist bis heute eine Armee der Partei – und nicht eine Armee des Staates.
Daraus blindes Vertrauen abzuleiten, wäre ein Denkfehler – und würde ohnehin nicht zu der autoritären Führung in Zhongnanhai passen. “Xis wichtigster Posten ist deshalb der Vorsitz der Zentralen Militärkommission“, sagt Politikwissenschaftler Eberhard Sandschneider zu Table.Media. Deng Xiaoping (邓小平) war übrigens weder Parteivorsitzender noch Staatspräsident. Dafür aber Vorsitzender der Zentralen Militärkommission.
Dennoch ist die Sorge vor einem Aufstand aus dem Militär auch in China nicht ganz unberechtigt. 1971 versuchte der damalige Verteidigungsminister Lin Biao (林彪) gegen Mao zu putschen. Lin scheiterte und wollte nach Russland flüchten. Doch sein Flugzeug stürzte aus bis heute ungeklärten Gründen über der Mongolei ab.
Und auch Xi Jinping soll sich zumindest indirekt schon chinesischen Generälen gegenübergesehen haben. Es gibt Gerüchte, dass Bo Xilai (薄熙来) 2012 mit abtrünnigen Armeeführern Gespräche geführt habe, um handstreichartig die Macht zu übernehmen. Kurz nach seiner Machtübernahme sorgte Xi Jinping mit dafür, dass etliche Generäle entlassen wurden. Seither steht die Volksbefreiungsarmee wieder fest unter der Kontrolle der Parteiführung.
Der ehemalige CIA-Analyst John Culver führt vor diesem Hintergrund die Verhaftungen der chinesischen Generäle Xu Caihou (徐才厚) und Guo Boxiong (郭伯雄) an. Xu und Guo wurden noch unter Jiang Zemin 1999 in die Zentrale Militärkommission berufen und bauten anschließend über Jahre hinweg ihre Macht immer weiter aus, selbst als die Partei-, Staats- und Militärführung auf Hu Jintao überging. Erst Xi Jinping habe dieser Machtanhäufung ein Ende gesetzt und die Volksbefreiungsarmee von Illoyalität und Korruption befreit, urteilt Culver.
In einem militärischen Lehrbuch, das 2016 in Auszügen in der People’s Liberation Army Daily veröffentlicht wurde, heißt es zu dem Fall: “Die Probleme der Bestechung und Korruption von Guo Boxiong und Xu Caihou sind erschütternd. Aber das war nicht der Kern ihrer Probleme. Der springende Punkt war, dass sie gegen politische Grundsätze verstoßen hatten.”
Unter der Führung von Xi Jinping wurde die Kontrolle der Partei über die Volksbefreiungsarmee – vor allem über die People’s Armed Police erheblich verschärft. Die People’s Armed Police (中国人民武装警察部队) ist eine paramilitärische Einheit, die vor allem im Inneren Chinas wirkt. Sie ist vor allem für innere Sicherheit, Aufstands- und Terrorismusbekämpfung sowie Katastrophenhilfe zuständig.
“Die chinesische Führung unter Xi achtet sehr darauf, dass die regionalen Militärkommandanten regelmäßig versetzt oder ausgetauscht werden. So soll die Entstehung unabhängiger Machtbasen in der Volksbefreiungsarmee verhindern werden. Man sagt: Die Generäle sollen keine Pfahlwurzeln in den Boden ziehen”, erklärt Sandschneider, der als Partner bei der Beratungsfirma “Berlin Global Advisors” arbeitet.
“Letztendlich wissen wir nicht, ob es einen wie Prigoschin in China gibt”, räumt der Politikwissenschaftler ein. “Aber sollte es ihn geben, würden wir ihn aus Sicherheitsgründen ganz sicher sehen, bis er selbst in Erscheinung tritt.” Denn nicht nur die Führung in Peking wird ihre Lehren aus dem Aufstand in Russland ziehen, sondern auch die Militärs. Ein Putschist muss sich absolut sicher sein, ehe er sich aus der Deckung wagen kann. Andernfalls droht ihm das gleiche Schicksal wie Prigoschin. Oder ein weitaus Schlimmeres.
Dialogbereitschaft auf der einen Seite und nur begrenzter Spielraum für neue Kooperationen auf der anderen Seite: Die Ausführungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu den siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, die im Juni in Berlin stattgefunden haben, beschreiben einen Spagat zwischen Kooperationswillen und Rückzugtendenzen.
In den Treffen mit den beiden Partnerministerien, dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) und dem Ministerium für Bildung (MOW) sei man sich einig gewesen, “dass die Zusammenarbeit in Bildung und Forschung eine wichtige Grundlage der bilateralen Beziehungen darstellt”, sagte ein BMBF-Sprecher. Der chinesische Forschungsminister Wan Gang war nicht in Berlin, dafür sein Stellvertreter Zhang Guangiun.
“Harter Wettbewerber” und “systemischer Rivale”: Das sind die Begriffe, die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger derzeit vornehmlich für China benutzt. So geschehen zum Beispiel am 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China im vergangenen Oktober. Da hatte die Ministerin dazu aufgerufen, die “deutsch-chinesischen Beziehungen immer wieder kritisch zu hinterfragen”.
Im März reiste sie nach Taiwan und unterschrieb dort, trotz chinesischer Protestnote, Forschungsvereinbarungen mit der taiwanesischen Regierung. Nicht nur in den Beziehungen mit Russland hat seit dem russischen Angriffskrieg eine Zeitenwende stattgefunden. In der Politik will man sich nicht noch einmal Naivität im Umgang mit Abhängigkeiten vorwerfen lassen. Das Verhältnis mit China steht deshalb auf dem Prüfstand. Die Ausführungen des BMBF zum Verlauf der deutsch-chinesischen Konsultationen lesen sich wie eine Mängelliste:
Der Wille zum fortgesetzten Dialog sei aber auf beiden Seiten vorhanden, sagt der BMBF-Sprecher: “Die globalen Herausforderungen können nicht von einzelnen Akteuren gelöst werden – internationale Wissenschaftskooperation ist hierfür unerlässlich.” Als Zeichen des guten Willens habe man zwei Austauschworkshops zur Nachhaltigkeit vorgeschlagen und die chinesische Seite zur nächsten turnusmäßigen WTZ-Sitzung eingeladen.
Die Debatte über eine kritische Reflektion der Forschungsbeziehungen zwischen China und Deutschland hatte Anfang des Jahres auch der Bericht des amerikanischen Sicherheitsforschers Jeffrey Stoff und des von ihm gegründeten Unternehmen Center for Research Security and Integrity angeheizt. Stoff dokumentierte, wie deutsche Wissenschaftler mit militärnahen Instituten in China zusammenarbeiten, teilweise ohne es zu wissen. Sein Fazit: Das Problembewusstsein ist unterentwickelt.
“Jeff Stoff hat uns zum Nachdenken und Reden gebracht, das ist auf jeden Fall ein Verdienst der Studie”, sagt Hannes Gohli, Geschäftsführer des China Kompetenzzentrums an der Universität Würzburg. Der China-Forscher hält die Methodik der Stoff-Studie zwar für wenig transparent und vermutet auch geschäftliche Interessen dahinter. Stoff will mit seiner Firma auch Sicherheitsdaten vertreiben. Insgesamt hält Gohli es aber für “sehr gesund, wenn man die Forschungskooperationen mit autoritären Staaten reflektiert und hinterfragt.”
Welch großen Bedarf es dafür gibt, sieht man allein an der Anzahl der Fachveranstaltungen, die es aktuell zu dem Thema gibt. Im Mai veranstaltete das BMBF im Rahmen des Projekts WIKOOP-Infra die Konferenz “Handlungssicherheit in Forschungskooperationen mit China” an der auch Staatssekretär Jens Brandenburg teilnahm. Auch Gohli diskutierte kürzlich über “Internationale Kooperationen in der Wissenschaft” mit China-Fokus an der Universität Ulm, unter anderem mit Jeffrey Stoff.
Offensichtlich sucht man an vielen Stellen im deutschen Wissenschaftssystem gerade nach einem neuen Umgang mit China. Am heutigen Donnerstag diskutieren Experten am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) über das Thema: Deutsche Forschungskooperationen: Wissen Schaffen für oder mit China? Table.Media ist Kooperationspartner der Veranstaltung.
Laut Experte Sascha Klotzbücher, einem der Diskutanten, gelte es das große Interesse von chinesischen Forschern am Wissenschaftsstandort Deutschland für einen Dialog zu nutzen. “Dieser muss konsequent auf den Prinzipien und der Redefreiheit unserer Gesellschaft beruhen”. Deutschland brauche mehr und eine andere “Chinakompetenz” auch jenseits der Sinologie, meint der Associate Professor für Sinologie an der Comenius-Universität Bratislava.
Auch der Würzburger Experte Hannes Gohli plädiert für eine Strategie mit Bedacht und Nachhaltigkeit. Man sollte nicht generell Kooperationen einschränken, sondern “Einzelfälle sehr genau prüfen und die Chinaforschung und -kompetenz in der Wissenschaft deutlich ausbauen”. Die Universität Würzburg hat das China Kompetenzzentrum dafür Ende Oktober 2022 eröffnet. Ein Einzelkämpfer sei er aber nicht, sagt Gohli. An vielen Hochschulen in Deutschland gebe es gute Beratungsstrukturen. Auch die Leitlinien von der HRK, von der DAAD und auch von der BAFA seien eine gute Grundlage zur Beschäftigung mit dem Thema.
“Da wir nicht alle Fragen aus diesen Katalogen stellen können, das würde ForscherInnen überwältigen, suchen wir uns eben für anbahnende Kooperationen, basierend auf deren individuellen An- bzw. Herausforderungen, die entsprechenden Leitfragen aus den bereits existierenden Katalogen”, sagt Gohli. Generell solle man sich um mehr Dialog mit China bemühen, statt mit einer großen Geste Förderprogramme und -kooperationen abzubauen.
“Wir brauchen keine roten Linien, sondern eine gewissenhafte Einzelfallprüfung, mehr Personal und eine intensive Beschäftigung mit dem Thema.”
Nach den Regierungskonsultationen ist nun vor der China-Strategie, auf die auch die Wissenschaftscommunity wartet. Die Bundesregierung hatte die Strategie ursprünglich für den 20. Juni angekündigt. Jetzt wird man in der Koalition wohl die Sommerpause nutzen, um über einen neuen Umgang und neue Lösungen im deutsch-chinesischen Verhältnis nachzudenken – auch im Bereich der Forschungskooperationen.
Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs tut sich bei einer gemeinsamen Position zur China-Politik offenbar immer noch schwer. In einem Entwurf der Schlussfolgerungen zum EU-Gipfeltreffen am Donnerstag wird der “vielschichtige politische Ansatz des 27-Länder-Blocks gegenüber China” bekräftigt und auf “konstruktive und stabile Ziele” mit China verwiesen. In dem Entwurf wird zudem betont, dass Brüssel “nicht die Absicht hat, sich abzukoppeln oder sich nach innen zu wenden.” Die EU wolle jedoch ihre Pläne zur Risikoreduzierung fortsetzen, um Abhängigkeiten von China in wichtigen Industriezweigen zu vermeiden.
Die Schlussfolgerungen der EU-Staats- und Regierungschefs enthält dem Entwurf zufolge auch Formulierungen zu Taiwan: Zwar wird die “Ein-China-Politik” der EU bekräftigt, Besorgnis wird jedoch über wachsende Spannungen in der Taiwanstraße ausgedrückt. “Der Europäische Rat ist gegen jegliche einseitigen Versuche, den Status quo durch Gewalt oder Erpressung zu ändern”, heißt es in dem Entwurf.
Abgesehen von den Anmerkungen zu wirtschaftlichem De-Risking enthält der Entwurf keine großen Neuerungen zu den Position des EU-Rats. Die Beziehungen zu China und die kürzlich vorgestellte Strategie für wirtschaftliche Sicherheit sollten bei dem EU-Gipfeltreffen eigentlich höher auf der Agenda stehen. Die Geschehnisse um den Putschversuch in Russland hatten das Thema jedoch in den Hintergrund gedrängt. ari
Nach dem Veto des Bundeswirtschaftsministeriums gegen einen chinesischen Investor hat der Chip-Hersteller Elmos Semiconductor einen neuen Käufer für seine Wafer-Fertigung in Dortmund gefunden. Das US-Technologie-Unternehmen Littelfuse zahle 93 Millionen Euro für die Produktion von Siliziumscheiben für die Chip-Herstellung, teilte Elmos am Mittwoch mit.
Eigentlich wollte Elmos die Sparte für knapp 85 Millionen Euro an eine schwedische Tochter der chinesischen Sai Microelectronics verkaufen. Im November hatte der Bund den Verkauf jedoch unter Verweis auf das Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Chinesische Unternehmen sollten keinen Zugriff auf deutsche Technologie bekommen.
Die Wafer, die in Dortmund gefertigt werden, sind aber nicht Hightech. Aus ihnen entstehen vor allem Leistungshalbleiter für die Autoindustrie, auf die Elmos spezialisiert ist. Man habe mit Littelfuse eine bis 2029 laufende Abnahmevereinbarung für einen Teil der in Dortmund produzierten Wafer unterzeichnet, erklärte Elmos. rtr/flee
Die USA erwägen dem Wall Street Journal zufolge eine Verschärfung der Lizenzvorschriften für den Export von Spezialchips für künstliche Intelligenz (KI) nach China. Die Lieferungen der Komponenten an chinesische Abnehmer soll bereits im Juli eingestellt werden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen am Dienstag.
Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit den anhaltenden Spannungen zwischen China und der Biden-Regierung, in deren Kreuzfeuer die US-Chiphersteller wie Nvidia, Micron und AMD geraten sind. Die USA hatten wegen Sicherheitsbedenken bereits Beschränkungen für die Ausfuhr von Hochleistungschips erlassen. Nvidia passte daraufhin seine Chips den Exportvorschriften an, die nun erneut unter die verschärften Bedingungen fallen würden. Durch den von ChatGPT ausgelösten KI-Boom steigt die Chip-Nachfrage weltweit. rtr
US-Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley hat ihrem früheren Vorgesetzten Donald Trump eine zu chinafreundliche Politik vorgeworfen. Der Ex-Präsident habe sich “fast nur auf” die Handelsbeziehungen zur Volksrepublik fokussiert und “zu wenig gegen den Rest der chinesischen Bedrohung” unternommen, sagte Haley laut Associate Press am Dienstag in einer Rede in der Denkfabrik American Enterprise Institute. Trump habe es vor allem versäumt, Verbündete der USA für ein Vorgehen “gegen die chinesische Bedrohung”” zu gewinnen.
Haley, will wie auch Trump für die Republikaner kandidieren. Sie war ab Januar 2017 unter Präsident Donald Trump US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, trat aber bereits Ende 2018 von diesem Amt zurück. Sie kritisiert auch, dass Trump Xi Jinping zum 70. Geburtstag der Herrschaft der KP gratuliert hatte. “Das sendet eine falsche Botschaft in die Welt. Chinesischer Kommunismus muss verurteilt, niemals beglückwünscht werden.” flee
Kultur- und Sozialwissenschaftler werden gelegentlich bezichtigt, Stubengelehrte zu sein, welche die Welt vom eigenen Schreibtisch oder aus Archiven heraus zu erklären versuchen. Für Gunter Schubert ist solch eine Arbeitsweise keine Option. Der Sinologe von der Eberhard Karls Universität Tübingen ist regelmäßig vor Ort in China – auch als wir ihn für dieses Porträt interviewen. “Man muss gewissermaßen die professionelle Philosophie entwickeln, dass es ohne regelmäßigen Kontakt mit der Region, mit dem Land, mit der Gesellschaft vor Ort nicht geht. Grundsätzlich hängt es von Netzwerken und Kontakten ab, wie der Zugang zum Feld überhaupt ist. Das ist sicherlich die größte Schwierigkeit in China”, sagt Schubert.
Gerade bei der Forschung, die er mit lokalen Regierungen mache, sei es immer politisch sensibel. Da gehe es ohne Kollegen und ohne Netzwerke gar nicht, um bis dahin vorzustoßen. “Auch dann ist die Sache manchmal volatil, weil die lokalen Regierungen bei Personalwechseln oder bei plötzlichen Politikwechseln möglicherweise verhalten sind oder die eine oder andere Tür zuschlägt”, ergänzt Schubert.
Schubert hat nach seinem Studium von Politikwissenschaft, Jura und Sinologie an den Universitäten in Marburg und Hamburg im Jahr 1990 seinen ersten längeren akademischen Aufenthalt unternommen. Bis 1992 war er Gastwissenschaftler am Institut für Internationale Beziehungen der Nationalen Chengchi-Universität in Taipeh.
Taiwan bildet seit jeher einen Schwerpunkt in der Forschungsarbeit Schuberts, der 2008 an der Universität Tübingen auch das European Research Center on Contemporary Taiwan (ERCCT) gegründet hat und dieses bis heute leitet. Zuletzt war er unter anderem Herausgeber des “Taiwan Handbook on Contemporary Taiwan” sowie Co-Editor des 2022 erschienenen Sammelbandes “Taiwan During the First Administration of Tsai Ing-wen. Navigating in Stormy Waters”. “Ich habe durch meine Arbeit gezeigt, dass ich kein Unabhängigkeitsaktivist bin, sondern dass ich mich wissenschaftlich mit dem Gegenstand beschäftige”, sagt Schubert. Er habe bisher nie den Eindruck gehabt, dass man es in China nicht akzeptieren würde, wenn man sich wissenschaftlich mit Taiwan beschäftige.
“Ich habe auch viele Vorträge gehalten in China zu Taiwan. Das war sogar hochinteressant für die Leute. Diese Vorlesungssäle waren immer sehr voll und es bestand insofern stets ein hohes Bedürfnis, Informationen von Experten zu erhalten, die sich in Taiwan auskennen, und zu erfahren, wie sie Sachverhalte einschätzen”, ergänzt er. Auch in China werde versucht, kritische Themen anzugehen. Zumindest sei dies in der Hu-Jintao-Zeit und der frühen Xi-Jingping-Zeit noch so gewesen. Wie es in Zukunft wird, kann Schubert zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen.
Im Jahr 2003 erhielt der gebürtige Düsseldorfer den Lehrstuhl für Greater China Studies in Tübingen und hat sich seitdem wissenschaftlich den Ruf als ausgewogener und zugleich scharfsinniger Analytiker erarbeitet. Dabei ist Schubert nicht ständig in der breiten Öffentlichkeit präsent, um Stellung zu Entwicklungen in der Volksrepublik zu beziehen. “Ich bin kein Journalist, ich bin auch kein Think-Tanker, sondern ich versuche, die Dinge aus der Makroperspektive einzuordnen und dem Ganzen eher analytisch zu begegnen. Ich laufe nicht jeder neuen Meldung hinterher”, sagt Schubert.
Tagesaktuelle Entwicklungen beeinflussten jedoch ebenso seine Arbeit, weil sie Forschungsprojekte kontextualisierten. Aktuell konzipierten er und Kollegen ein neues Projekt, in dem es um die chinesische “Globalpolitik” und in diesem Kontext auch um die politische Ökonomie der sino-taiwanischen Beziehungen gehe. Diese haben sich natürlich mit der Zeit stark verändert. “Das Forschungsdesign verändert sich durch das politische Umfeld und muss natürlich ständig angepasst werden. Ich versuche, den Blick auf das Wesentliche zu lenken, auf die strukturellen Faktoren.” Das sei seine Aufgabe als Akademiker. Hingegen halte er sich aus dem beständigen “Interview-Business” heraus. Das sei kurzfristig angelegt und “nicht mein Brot-und-Butter-Geschäft.” Constantin Eckner
Michael Rockel wird ab 1. Juli neuer CEO von Lanxess in Greater China. Rockel war zuletzt Leiter für Marketing & Sales Bereichs Lanxess High Performance Materials (jetzt Envalior) in China. Er folgt auf Ming Cheng Chien, der bis zu seiner Pensionierung Ende Dezember 2023 Präsident der APAC-Region bleiben wird.
Chiang Tung-keung wird ab Oktober neuer General Manager des Hongkonger Energie-Anbieters CLP. Er folgt Richard Lancaster nach, der CLP mehr als eine Dekade vorstand.
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Hartes Training für Hangzhou: Diese Sportlerinnen treten in Shenyang bei den Trials für den 100-Meter-Lauf für die Asian Games an. Die Asienspiele finde vom 23. September bis 8. Oktober in Hangzhou statt. Geplant waren sie eigentlich für das vergangene Jahr, sie wurden wegen der Covid-Pandemie jedosch geschoben.