ist Tiktok die gefährlichste App der Welt? Es gibt sicherlich gefährlichere Handy-Anwendungen als Kurzvideos, aber bei Tiktok kommen die hohe Benutzerzahl und die politische Schlagkraft hinzu, um jedem Risiko zusätzliche Relevanz zu geben. Die App hat 1,6 Milliarden aktive Nutzer, und für viele junge Leute ist sie die wichtigste Informationsquelle.
Grund genug, bei einem Datensicherheits-Guru nachzufragen: Ist es sinnvoll, wenn Olaf Scholz sich mit mehr oder minder lustigen Filmchen auf der chinesischen App präsentiert? Peter Schaar ist vielen Menschen noch als Datenschutzbeauftragter des Bundes in Erinnerung. Er sagt im Gespräch mit Fabian Peltsch: Bei chinesischen Apps sollte gerade ein Kanzler vorsichtig sein. In der Rolle als SPD-Wahlkämpfer hält er die Nutzung aber für vertretbar – schließlich gilt es auch, junge Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Hier kapituliert dann der politische Pragmatismus vor dem Suchtpotenzial.
Die ganze Bandbreite der Technologieoffenheit in einem Motor: Der Staatsbetrieb FAW experimentiert mit einem Dreifachantrieb, der mit Benzin, Wasserstoff und Strom zurechtkommt. Auch wenn eine tatsächliche Markteinführung eher unwahrscheinlich erscheint, macht FAW damit wertvolle Erfahrungen, schreibt Christian Domke Seidel. Am Ende könnte immer noch eine Anwendung beispielsweise als Schiffsmotor stehen.
In zwei unserer Beiträge geht es heute auch um die geplanten Einfuhrzölle der EU auf chinesische Elektroautos. Denn noch diese Woche könnte es so weit sein: Sobald die Europawahl geschafft ist, will die Kommission aktiv werden.
Olaf Scholz verwendet Tiktok, um mit Wählern in Kontakt zu treten. Andererseits hält die Bundesregierung ihre Beamten an, die App nicht auf dienstlichen Geräten zu nutzen. Sehen Sie darin einen Widerspruch und ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Dass das eine widersprüchliche Praxis ist, lässt sich nicht bestreiten. Die Frage ist, inwieweit es dennoch für Politikerinnen und Politiker sinnvoll ist, solche Plattformen zu nutzen, und was die Rechtfertigungsgründe sind. Wenn es zum Beispiel um Parteivertreter geht, überwiegt meiner Ansicht nach das Meinungsbildungsinteresse. Die Parteien haben einen verfassungsrechtlichen Auftrag durch unser Grundgesetz, an der Meinungsbildung des Volkes mitzuwirken.
Und dafür brauchen sie Tiktok?
Hier muss immer abgewogen werden, und die Ergebnisse können sich durchaus unterscheiden. Wenn man dort große Gruppen erreichen kann, die woanders nicht mehr oder nur schwer zu erreichen sind, also speziell Jugendliche, die diesen Dienst mehrheitlich nutzen, dann halte ich Tiktok-Auftritte – trotz genereller rechtlicher Bedenken hinsichtlich des Dienstes – durchaus für vertretbar. Auch Privatleuten, die dort ihre Meinung sagen, kann man das sicherlich nicht verbieten. Bei einer öffentlichen Stelle, die bei der Ausübung ihrer Aufgaben direkt an Recht und Gesetz gebunden ist, habe ich an der Vertretbarkeit der Nutzung jedoch große Zweifel. Angesichts der Gefahren besteht also die Notwendigkeit, kritisch zu prüfen, ob man dort aktiv ist und wie man dort aktiv ist. Es macht also durchaus einen Unterschied, ob dort der SPD-Politiker Olaf Scholz oder ob der Bundeskanzler in seiner amtlichen Funktion auf Tiktok aktiv ist.
Welche Gefahren sehen Sie konkret?
Beim Datenschutz steht die Gefährdung der Privatsphäre im Vordergrund. Der Einzelne verliert die Kontrolle über seine Daten und es besteht das Risiko, dass irgendjemand mitliest, der daran interessiert sein könnte. Im Extremfall ist das ein ausländischer Geheimdienst oder eine Parteiorganisation eines autoritären Staats, welche die Beiträge auswerten und Autoren kritischer Posts auf schwarze Listen setzen, wie man sie aus China kennt.
Und?
Je mehr Nutzer eine Plattform hat, desto genauer muss man hinschauen. Deshalb verpflichtet die EU im Digital Service Act die sogenannten “sehr großen Plattformen”, zu denen Tiktok zählt, an strengere Anforderungen bezüglich der Transparenz und der Sicherheitsbewertung. Da geht es nicht in erster Linie um Datenschutz, sondern um die Verhinderung von Manipulation und politischer Beeinflussung durch die Algorithmen. Der dritte Aspekt ist die IT-Sicherheit. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine Sicherheitswarnung ausgegeben, die besagt, dass Geräte, auf denen Apps wie Tiktok installiert sind, manipuliert werden und so auf vertrauliche Informationen zugegriffen werden könnte.
Stellt Tiktok die europäischen Datenschützer aufgrund der chinesischen Herkunft des Mutterkonzerns vor Herausforderungen, mit denen man dort so zuvor noch nie konfrontiert wurde?
Dass eine chinesische Plattform weltweit solche Reichweite erlangt hat, ist ein neues Phänomen. Strukturell ist das Problem jedoch ähnlich zu den meisten anderen Diensten, die aus anderen Ländern mit unzureichenden Datenschutzregeln angeboten werden. Denken Sie an die Debatte über Facebook und Google. Die europäischen Datenschutzbehörden haben gegen diese Unternehmen mehrfach hohe Geldbußen verhängt. Aber es gibt auch große Unterschiede. So ist bedeutsam, dass wir es bei den USA mit einem Rechtsstaat zu tun haben, was man von China nicht gerade behaupten kann. Zwischen den USA und Europa gibt es ein Datenschutzabkommen und bestimmte gemeinsame Datenschutzgrundsätze, auf die sich Google oder Facebook verpflichtet haben, mit China gibt es so etwas nicht.
In China sind westliche Anbieter seit Jahren geblockt, auch um ausländischer Einflussnahme und Sicherheitsrisiken zuvorzukommen. Ist Ähnliches im Westen denkbar?
Das ist natürlich zu prüfen. Die Datenschutzbehörden haben die Möglichkeit, als ultima ratio den Betrieb von bestimmten Diensten zu unterbinden. Im Fall von Tiktok sind nicht die deutschen Datenschutzbehörden zuständig, sondern die irische Datenschutzbehörde, weil dort die Europazentrale des Unternehmens liegt. Sie muss die Praktiken prüfen und kann auch Bußgelder verhängen. Zudem können bei Verstößen gegen den Digital Services Act noch schärfere Sanktionen als bei Datenschutzverstößen verhängt werden.
Im Fall von Tiktok wie auch von Huawei fehlen bislang eindeutige Beweise, um ein Verbot gegen sie und andere chinesische Technologie-Anbieter zu begründen.
Es wird heute vielfach sehr allgemein von “chinesischer Technik” gesprochen. Ich plädiere stark für eine differenziertere Sichtweise. Man muss genau hinschauen, um was für Komponenten es sich handelt. Es ist ein Unterschied, ob die Telekom oder Vodafone eine aus China gelieferte Antenne verbaut oder ob eine Vermittlungsstelle mit der Technik von Huawei ausgestattet ist. Bei letzterer besteht ein ernstzunehmendes Risiko, dass sensible Daten abgerufen werden können. Noch größer ist das Risiko, wenn ein chinesischer Hersteller ein komplettes Kommunikationssystem liefert. Es geht immer um die Frage: Welche Risiken und welche Konsequenzen hat der Einsatz der jeweiligen Technik und der jeweiligen Komponenten? Und erst dann kommt die Frage, ob man das überhaupt nachweisen kann. Das müssen sich die Unternehmen und die Aufsichtsbehörden – neben den Datenschutzbeauftragten auch das BSI und die Bundesnetzagentur – von Fall zu Fall genau anschauen.
Bei der Anhörung von Tiktok in den USA hat der Konzernsprecher mehrmals wiederholt, dass sein Unternehmen keinerlei Verpflichtung unterliegt, an die Kommunistische Partei zu berichten. Ist sowas glaubwürdig?
Das halte ich nicht für besonders glaubwürdig. Als chinesisches Unternehmen ist der Mutterkonzern von Tiktok an chinesisches Recht gebunden. Und dort gibt es sehr allgemeine Berichtspflichten gegenüber den Behörden und Parteigremien, wenn es um die Interessen Chinas geht. Die öffentlichen staatlichen Stellen und die Kommunistische Partei sind wiederum selbst nicht an das chinesische Datenschutzgesetz gebunden und werden bei ihren Überwachungsaktivitäten weder durch Gerichte noch durch unabhängige Datenschützer kontrolliert. Wenn ein Unternehmen in so einem Land aktiv sein will, kann es sich dem nicht entziehen. Übrigens hat Tiktok in diesem Zusammenhang öffentlich bislang nur sehr wenig preisgegeben.
Was halten Sie für gefährlicher, was Datenschutz und Sicherheit angeht, Tiktok oder die Flut an E-Autos, die aus China auf uns zurollt?
Beides muss man sehr ernst nehmen, weil diese Autos heute alle wesentlichen Kriterien der Konnektivität erfüllen. Wir wissen ja mittlerweile, wie viele Daten nicht nur von chinesischen Fahrzeugen gesammelt werden. Da kommen jede Menge Kameras und Sensoren zu Einsatz, die nicht nur die Funktionsweise des Fahrzeugs, sondern auch die Umgebung erfassen. Als Reaktion auf entsprechende Risiken dürfen Teslas nicht mehr auf Parkplätzen der Berliner Polizei abgestellt werden, weil die Kameras aufzeichnen könnten, wer sich dort aufhält. Viele denken nun, wenn die Daten in die USA abfließen, ist das weniger kritisch. Und das ist es wahrscheinlich auch. Aber trotzdem muss man festhalten, ob amerikanisch oder chinesisch, ob Facebook oder Huawei: Es kann nicht sein, dass einfach so unterschiedslos überall Daten abgesaugt werden.
Peter Schaar ist Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID). Von 2003 bis 2013 war er Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Er hat zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlicht, darunter “Überwachung total – Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen” (Aufbau-Verlag 2014) und “Trügerische Sicherheit – Wie die Terrorangst uns in den Ausnahmezustand treibt” (Edition Körber 2017).
Beim Wiener Motorensymposium 2024 überraschte der chinesische Hersteller FAW mit einem neuen Antriebskonzept. Der neue Motor verbrennt sowohl Wasserstoff als auch Benzin. Zusätzlich lässt er sich als Hybrid mit einem Elektromotor kombinieren. Damit würde er drei Energieträger nutzen.
Wie praxisnah das Konzept wirklich ist, ist unklar – schließlich bräuchten Kunden dafür auch zwei verschiedene Tankstellen und eine Lademöglichkeit. Es zeigt aber, in welchem Maße die chinesischen Hersteller bereit sind, die technischen Möglichkeiten für künftige Antriebsformen auszureizen. Und es fördert die Entwicklung anderer Motoren: für Schiffe, Lkw oder stationäre Motoren beispielsweise in Bergwerken oder Fabriken.
Der Hintergrund des kühnen Vorstoßes: Auf die chinesischen Hersteller kommen regulatorische Hürden zu. Neuwagen dürfen ab dem Jahr 2026 nur noch 4,6 Liter auf hundert Kilometer verbrauchen. Ab dem Jahr 2030 sogar nur noch 3,7 Liter. Sogar Hybridfahrzeuge scheitern an dieser Herausforderung. Aus Sicht von FAW lässt sich der Verbrenner aber soweit optimieren, dass dieses Verbrauchsziel trotz Benzinantrieb erreichbar ist – in Kombination mit dem Einsatz kleiner Mengen Wasserstoffs.
Ein kurzer Blick in den Motor zeigt, welches Problem FAW damit beheben will. Im Motorenbereich gibt es Hocheffizienztechnologien. Sie sollen beim Verbrennungsmotor höhere Wirkungsgrade erreichen. Eine dieser Technologien ist die sogenannte “aktive Vorkammer”. Die Vorkammer nimmt etwa 10 bis 20 Prozent des gesamten Brennraums ein. In ihr wird normalerweise ein Teil des Kraftstoff-Luft-Gemisches vorgezündet. Diese Flamme entzündet dann das Gemisch im Hauptbrennraum.
So sollen Motoren auch bei niedrigen Temperaturen zuverlässig starten, ruhig laufen und weniger CO2 ausstoßen. Theoretisch. In der Praxis haben sich diese Vorteile nur bedingt eingestellt. Die Konstruktion ist kompliziert, was den Motor teuer macht und der flüssige Kraftstoff erhöht die Emissionen beim Kaltstart unverhältnismäßig. Moderne Einspritzsysteme haben deswegen die Vorkammer im Pkw-Bereich weitestgehend abgelöst. Bis jetzt. Denn FAW glaubt, der Vorkammer mit Wasserstoff neues Leben einhauchen zu können.
In der Vorkammer des FAW-Motors werden etwa fünf Prozent der gesamten Verbrennungsenergie benötigt. Ein Auto, das etwa 1.000 Kilometer Reichweite haben soll, bräuchte dann einen Wasserstofftank, der etwa 0,6 Kilogramm fasst. Das wäre ein Zehntel eines Wasserstofftanks in einem konventionellen Motor. FAW gibt an, den Wirkungsgrad deutlich verbessert und die Emissionen drastisch gesenkt zu haben.
Der Motor kann sowohl einen klassischen Verbrenner ersetzen als auch in einem Hybridsystem integriert werden. Doch hier zeigt sich dann auch die Schwachstelle des Systems. Hätte ein Kunde tatsächlich ein Plug-in-Hybrid mit einem solchen Motor, müsste er den Akku laden sowie Benzin und Wasserstoff tanken. Ein Verfahren, das schlicht zu aufwendig ist, um Marktchancen zu haben.
FAW sieht – trotz Problemen mit der anstehenden Verschärfung der Emissionsrichtlinien – auch langfristig eine Zukunft für Hybridantriebe. Im Bereich der New Energy Vehicle (NEV) nehmen diese Fahrzeuge eine wichtige Rolle ein. FAW glaubt, dass eine Optimierung des Wirkungsgrades ausreicht, um das Konzept gegen klassische Elektroautos (mit und ohne Range Extender) konkurrenzfähig zu halten.
Das liegt vor allem an der Betrachtungsweise der Emissionen. FAW, wie generell die Zuliefer- und Autoindustrie – geht verstärkt dazu über, die Emissionen über den gesamten Produktlebenszyklus zu betrachten. Die Unternehmen rechnen also auch die Produktion und die CO2-Belastung der Stromerzeugung mit ein. Aufgrund des hohen Anteils an Kohlestrom und der energieintensiven Batterieproduktion schneiden bei dieser Art der Betrachtung in China reine Batteriefahrzeuge aktuell schlechter ab als Hybridfahrzeuge. Laut FAW ändert sich das erst im Jahr 2045 mit ausreichend erneuerbaren Energien im Strommix.
FAW steht in Sachen NEV unter Druck. Der Staatsbetrieb wächst in diesem Segment deutlich langsamer als der Markt. Caixin Global berichtet darüber, dass die Regierung daher spürbare Verbesserungen der Marke in diesem Segment erwartet. Während der Anteil von NEV am Gesamtmarkt bei 32 Prozent lag, machten diese Fahrzeuge bei FAW nur sieben Prozent aus. Ein Grund sei laut Caixin das zu ängstliche Vorgehen in Staatsbetrieben; auch Dongfeng und Changan sind im NEV-Segment unterrepräsentiert. Private Unternehmen seien risikofreudiger. Ein Vorwurf, den sich FAW mit diesem Motor sich nicht anhören muss.
Der chinesisch-schwedische Autobauer Volvo will die Herstellung einiger E-Modelle möglicherweise von China nach Belgien verlagern. Ziel ist die Vermeidung der geplanten Einfuhrzölle der Europäischen Union für Autos aus chinesischer Herstellung, berichtet die Londoner Zeitung The Times unter Berufung auf Firmenquellen. Konkret gehe es um die Produktion der Modelle EX30 und EX90 für den europäischen Markt.
Volvo gehört dem privaten Anbieter Geely aus Hangzhou. Das Unternehmen wäre stark von den Zöllen betroffen, weil es in China für die EU produziert. Wenn Volvo die Herstellung nach Europa verlagert, hätten die Handelsmaßnahmen den gewünschten Effekt, die Wertschöpfung im Inland der Wirtschaftsunion zu halten. Die Zölle kommen vermutlich schon am Montag. fin
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Möglichkeit ins Spiel gebracht, das deutsche Lieferkettengesetz für zwei Jahre auszusetzen, bis sein EU-Gegenstück europaweit in Kraft tritt. Ziel sei es, die Unternehmen von Bürokratie zu entlasten. “Das wäre, glaube ich, ein richtiger Befreiungsschlag”, sagte Habeck am Freitag auf dem Tag des Familienunternehmens im Hotel Adlon in Berlin. “Das halte ich jetzt für absolut vertretbar.” Zuvor hatten die anwesenden Familienunternehmerinnen und -unternehmer das Lieferkettengesetz als konkretes Beispiel für Belastungen durch gesetzliche Vorgaben genannt.
Applaus für den Vorschlag war kurz darauf aus den Reihen der FDP zu vernehmen. “Nach der neuen Bewertung des Kollegen Robert Habeck sind wir nun auf einer Linie. Es wäre ein Baustein der Wirtschaftswende, wenn wir das Lieferkettengesetz (der Großen Koalition) aufheben und die neue EU-Richtlinie später in schlanker Form umsetzen”, kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Habecks Initiative.
Anders sieht dies der Koalitionspartner SPD. Am Samstag reagierte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in einer Stellungnahme ablehnend auf den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers. Habeck habe mit seiner Ankündigung “langjährigen Bemühungen um eine an Menschenrechten und fairen Löhnen orientierte und gegen Ausbeutung gerichtete Wirtschaftspolitik einen Bärendienst erwiesen”, so Mützenich. Die SPD-Fraktion werde sich nicht an einer pauschalen Aussetzung des deutschen Lieferkettengesetzes beteiligen. Für Mützenich steht fest: Es sei “gewohnte Praxis, nationale Regelungen an EU-Recht anzupassen”. Bis dahin bleibe es aber beim gültigen Gesetz.
Darauf drängt auch der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, der heute das Beratungsunternehmen Löning Human Rights & Responsible Business betreibt. Er hält den Vorschlag von Wirtschaftsminister Habeck für fehlgeleitet. “Der Minister schafft große Verunsicherung. Das ist ein verstörendes Signal an viele Unternehmen, bei denen die Risiko-Management-Prozesse bereits sehr weit gediehen sind. Für die ist das zutiefst frustrierend”, sagte Löning Table.Briefings. Die Lieferkettengesetze erfüllten für die Wirtschaft eine nützliche Funktion. Große Unternehmen stünden wegen der wachsenden Bedeutung von nachhaltigen Lieferketten an den Finanzmärkten unter Druck, um die Erwartungen zu erfüllen, so Löning. “Und nun bekommen sie das Signal, dass das alles doch nicht so wichtig sei.”
Das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz war Anfang vergangenen Jahres in Kraft getreten. Es startete einerseits sehr zahm: Statt wirklich zu kontrollieren, unter welchen Umständen die Waren hergestellt werden, müssen die Firmen nur nachweisen, dass sie sich Mühe gegeben haben. Es gibt auch keine Klagemöglichkeit. Doch der Nachweis der Bemühungen erfordert so viel Dokumentation, dass sich die Kosten auf einen substanziellen Teil des Auslandsumsatzes belaufen. Der Eindruck vieler Unternehmerinnen und Unternehmer nach einem Jahr: Das Gesetz kostet viel und bringt wenig.
Die EU hatte vor zwei Wochen ihre eigene Version eines Sorgfaltspflichtengesetzes verabschiedet, das weiter geht als das deutsche. Die Richtlinie setzt Menschenrechts- und Umweltstandards fest, die bei der Produktion im Ausland gelten sollen. Der Bundestag soll die deutsche Version in ungefähr zwei Jahren durch die europäische Version ersetzen oder um die nötigen Erweiterungen ergänzen. Um diesen Zeitraum von zwei Jahren geht es: Habeck sprach von einer “Schneise“, die es hier geben könnte. In zwei bis drei Wochen könne er sagen, “wie breit sie ist”. Denn er könne das nicht allein entscheiden, sondern müsse sich in der Koalition abstimmen.
Die anwesenden Familienunternehmer nahmen die Ankündigung positiv auf, forderten aber noch viel weitreichendere Entlastungen. “Auch beim europäischen Lieferkettengesetz sollte es eine längere Verschnaufpause geben”, sagte Natalie Mekelburger, Chefin und Gesellschafterin der Coroplast Group aus Wuppertal, einem Hersteller von Klebeband und Kabeln. Coroplast ist in China an den Standorten Kunshan in Jiangsu und Mianyang in Sichuan präsent. Es sei fast unmöglich nachzuvollziehen, wer die Zulieferer der eigenen Zulieferer beliefere, “das liegt außerhalb unserer Einflussmöglichkeiten”.
Deutsche Unternehmen bieten Mekelburger zufolge in China hohe Sozialstandards für ihre Mitarbeiter. Sie haben entscheidend zu deren Weiterentwicklung im ganzen Land beigetragen. Die Sorgfaltspflichtengesetze würden dagegen keine oder kaum Missstände beheben, dafür aber enormen Aufwand verursachen. Wichtiger sei es, auf beiden Seiten Wohlstand zu schaffen. fin, heu
Der chinesische Batteriehersteller CATL hat Vorwürfe bezüglich des Einsatzes von Zwangsarbeit in seinen Lieferketten zurückgewiesen. Das Unternehmen teilte am Samstag mit, dass die Anschuldigungen gegen das unbegründet und “völlig falsch” seien und dass es die geltenden Gesetze und Vorschriften einhalte. Die Geschäftsbeziehungen zu einigen Zulieferern, die in den Vorwürfen angeführt wurden, seien schon vor langer Zeit abgebrochen worden.
Das Wall Street Journal hatte am Donnerstag berichtet, dass eine Gruppe von republikanischen US-Abgeordneten CATL und Gotion auf eine Import-Verbotsliste für die USA setzen will. Beide Unternehmen, die unter anderem mit Volkswagen zusammenarbeiten, sind dem Bericht zufolge mit dem Vorwurf der Zwangsarbeit in ihren Lieferketten konfrontiert. Der VW-Konzern ist mit knapp 25 Prozent der größte Aktionär seines Technologiepartners Gotion. rtr
China hat eine Vereinbarung für eine Eisenbahnlinie unterzeichnet, die das Land mit Kirgisistan und Usbekistan verbinden soll. Präsident Xi Jinping begrüßte das Projekt als “Zeichen der Entschlossenheit”, teilte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua mit. “Die China-Kirgisistan-Usbekistan-Eisenbahn ist ein strategisches Projekt für Chinas Verbindung mit Zentralasien und ein Meilenstein für unsere drei Länder beim gemeinsamen Aufbau der Belt and Road Initiative“, zitierte der Bericht Xi. Die Unterzeichnung des zwischenstaatlichen Abkommens bilde nun eine Rechtsgrundlage für den Baubeginn des Projekts.
Die acht Milliarden US-Dollar teure Eisenbahnverbindung soll im chinesischen Kaxgar in Xinjiang beginnen, berichtete South China Morning Post. Die Strecke führt demnach dann durch den Südwesten Kirgisistan und endet in Andijon im Osten Usbekistans. Sie könnte den Gütertransport zwischen China und Europa dem Bericht zufolge um rund 900 Kilometer verkürzen und wäre eine schnellere und billigere Alternative zu den derzeitigen Landrouten zwischen China und Europa, die größtenteils durch Russland führen.
Das Projekt wurde erstmals in den 1990er-Jahren vorgeschlagen, die drei Seiten unterzeichneten 1997 eine Absichtserklärung für das Eisenbahn-Projekt. Seither war es jedoch wegen technischen und geopolitischen Probleme ins Stocken geraten. ari
Eine Delegation der EU-Kommission will Mitte des Monats Tibet besuchen, um sich ein Bild von der Menschenrechtslage zu machen. Die Tibet-Reise soll sich an den Menschenrechtsdialog am 16. Juni in Chongqing anschließen, berichtet die South China Morning Post. An der Reise werden Mitglieder des Europäischen Auswärtigen Dienstes teilnehmen.
Zuletzt waren neue beunruhigende Nachrichten aus Tibet gekommen: Kinder werden in Internate gesteckt, um die von der tibetischen Kultur zu entfremden. Umweltaktivisten werden verhaftet. Die EU-Vertreter wollen sich auch nach den Bedingungen in einer Reihe von Gefängnissen erkundigen. fin
Wer dieser Tage Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos und Batterien fordert, macht sich in Deutschland weder in der Politik noch in der Automobilindustrie Freunde. Vier Gründe sprechen trotzdem dafür, um langfristig Jobs und Wertschöpfung in Deutschland und Europa zu halten.
Erstens: Wir brauchen fairen Wettbewerb. Den EU-Zöllen von zehn Prozent auf chinesische E-Autos stehen chinesische Zölle von 15 Prozent für europäische Autos entgegen. Noch drastischer ist das Ungleichgewicht bei Batterien. Während in der EU lediglich 1,3 Prozent fällig werden, erhebt China mit zehn Prozent fast achtmal so hohe Zölle auf Batterien aus EU-Produktion. Weil China zusätzlich seit Jahren die heimische E-Auto-Industrie strategisch subventioniert, muss Europa nun höhere Zölle auferlegen, um gleiche Startvoraussetzungen zu schaffen.
Zweitens: Es geht hierbei – anders als in den USA – nicht darum, chinesische Hersteller kategorisch vom europäischen Markt auszuschließen. Im Gegenteil. Die Zölle müssen so gestaffelt werden, dass sie starke Anreize für Investitionen in den europäischen Markt setzen. Dies gilt besonders für die Batterieproduktion. Um ihre Herstellung in Europa anzukurbeln und gleichzeitig einem Handelskonflikt vorzubeugen, sollten Zölle gestaffelt werden. So könnten niedrigere Zolltarife bis zu einem bestimmten Einfuhrvolumen (zum Beispiel 10 bis 15 Prozent des Marktes) gelten, während danach der höhere Zoll in Kraft tritt. Um einen Anreiz für die lokale Batteriezellenherstellung zu schaffen, müsste Europa die Zölle bis 2027 auf mindestens 20 bis 25 Prozent anheben, um die durchschnittliche Kostenlücke zu China zu schließen.
Drittens: Wenngleich bei E-Autos noch gilt, dass Made-in-Germany für höchste Qualität steht, so ist dies bei Batterien nicht der Fall. Auch wenn die erfolgsverwöhnte deutsche Autoindustrie es nicht gern hört: Was wir heute brauchen, ist eine Umkehr des chinesischen Modells aus den 1980er-Jahren. Damals erlaubte die chinesische Regierung den Markteintritt von Volkswagen und Co. nur unter der Bedingung von Joint Ventures mit heimischen Herstellern. Nur wer sein Wissen teilte, durfte auf Verkäufe in China hoffen. Insbesondere in der Batteriezellenfertigung müssen Europas Hersteller heute von ihren chinesischen Konkurrenten lernen. Diese sind nicht nur innovativer, vor allem wissen sie, wie man neue Batterietechnologien schnell in Masse fertigen kann. Neben Zöllen braucht es also auch Maßnahmen für Technologietransfer und Investitionen in Fertigung und Ausbildung, um sicherzustellen, dass Wertschöpfung und gut bezahlte Jobs in Europa bleiben.
Viertens: Über all dem steht in der deutschen Wahrnehmung das Schreckgespenst eines Handelskriegs und die Angst um die Profite der Autobauer. Doch auch wenn die Konzerne weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne in China erwirtschaften, so stimmt die lange gültige Aussage, dass Verkäufe in China die Gehälter der Ingenieure und Ingenieurinnen in Wolfsburg bezahlen, von Jahr zu Jahr weniger. VW investiert eine Milliarde in ein Forschungszentrum in Hefei (China). BMW nutzt die günstigeren Produktionsbedingungen in China, um dort den iX3 zu fertigen und nach Europa zu exportieren. Der große Zulieferer ZF will in Deutschland 12.000 Stellen streichen, während er in China eine aggressive Wachstumsstrategie verfolgt. In anderen Worten: Wir dürfen die Interessen der Konzerne nicht mit den Interessen Deutschlands und Europas gleichsetzen. Für Klimaschutz und Beschäftigung ist eine starke europäische E-Auto-Industrie, die vor Ort produziert, unabdingbar.
Gleichzeitig lassen chinesische Ankündigungen von Vergeltungszöllen diese Gefahr realer erscheinen, als sie ist. Wir sollten nicht vergessen, dass China genauso abhängig vom europäischen Markt ist, wie deutsche Hersteller vom chinesischen. Trotzdem gibt es einen wichtigen Unterschied: Bidens Entscheidung, die Einfuhrzölle auf E-Autos aus China in den USA auf 100 Prozent zu vervielfachen, stärkt Europas Hand. Chinesische Hersteller haben gigantische Überkapazitäten aufgebaut, welche sie jetzt in großen Mengen nur noch nach Europa verkaufen können.
Sie sind also auf den Marktzugang angewiesen. Gleichzeitig betreiben alle deutschen Hersteller seit Jahrzehnten große Werke in China. Volkswagen produziert beispielsweise 99 Prozent seines Absatzes für China in China. Auch Audi (91 Prozent), BMW (87 Prozent) und Mercedes (80 Prozent) stellen fast alle in China verkauften Fahrzeuge vor Ort her. Diese Werke und die an ihnen hängenden Profite sind also von möglichen Vergeltungszöllen nicht betroffen. Anders sieht es jedoch für chinesische Hersteller aus, die gerade erst beginnen, in Europa Fuß zu fassen und noch keine einzige fertige Fabrik in der EU betreiben.
Die Politik in Deutschland und der EU muss daher jetzt strategisch weitsichtig agieren. Kurzfristig sind Einfuhrzölle ein notwendiges Übel, um sicherzustellen, dass hiesige Hersteller technologisch aufholen können und der Automobilstandort Europa langfristig Bestand hat. In den Jahren, in denen einige deutsche Hersteller die Schummelsoftware in ihren Dieselmotoren optimiert haben, hat China neue Batterietechnologie und fortschrittliche E-Autos entwickelt. Das Resultat: für die Zukunft der Automobilbranche werden in diesen Jahren die Karten neu gemischt.
Die deutsche Autoindustrie ist dabei so verletzlich wie selten in ihrer langen Geschichte. Was passiert, wenn die Politik grüne Schlüsselindustrien nicht schützt, musste in der Vergangenheit Deutschlands Solarindustrie schon schmerzlich erfahren. Es gilt nun – leider auch mit Zöllen – zu verhindern, dass der Automobilindustrie ein ähnliches Schicksal widerfährt.
Sebastian Bock ist Geschäftsführer von Transport and Environment (T&E) in Deutschland. T&E ist die Dachorganisation von nichtstaatlichen europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen.
Christiane Prange ist neue Research Direktorin der NGO Europe – Asia Center in Brüssel. Prange wird in der neuen Position weiterhin als Beraterin und in der Wissenschaft arbeiten.
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Köstliche Zongzi 粽子 baumeln hier in auf einem Markt in Chengdu. Die Klebreis-Päckchen werden traditionell zum Drachenbootfest gegessen. Das Drachenbootfest ist einer der wichtigsten Feiertage Chinas und fällt auf den fünften Tag des fünften Monats des Mondkalenders – in diesem Jahr der 10. Juni, also der heutige Montag.
ist Tiktok die gefährlichste App der Welt? Es gibt sicherlich gefährlichere Handy-Anwendungen als Kurzvideos, aber bei Tiktok kommen die hohe Benutzerzahl und die politische Schlagkraft hinzu, um jedem Risiko zusätzliche Relevanz zu geben. Die App hat 1,6 Milliarden aktive Nutzer, und für viele junge Leute ist sie die wichtigste Informationsquelle.
Grund genug, bei einem Datensicherheits-Guru nachzufragen: Ist es sinnvoll, wenn Olaf Scholz sich mit mehr oder minder lustigen Filmchen auf der chinesischen App präsentiert? Peter Schaar ist vielen Menschen noch als Datenschutzbeauftragter des Bundes in Erinnerung. Er sagt im Gespräch mit Fabian Peltsch: Bei chinesischen Apps sollte gerade ein Kanzler vorsichtig sein. In der Rolle als SPD-Wahlkämpfer hält er die Nutzung aber für vertretbar – schließlich gilt es auch, junge Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Hier kapituliert dann der politische Pragmatismus vor dem Suchtpotenzial.
Die ganze Bandbreite der Technologieoffenheit in einem Motor: Der Staatsbetrieb FAW experimentiert mit einem Dreifachantrieb, der mit Benzin, Wasserstoff und Strom zurechtkommt. Auch wenn eine tatsächliche Markteinführung eher unwahrscheinlich erscheint, macht FAW damit wertvolle Erfahrungen, schreibt Christian Domke Seidel. Am Ende könnte immer noch eine Anwendung beispielsweise als Schiffsmotor stehen.
In zwei unserer Beiträge geht es heute auch um die geplanten Einfuhrzölle der EU auf chinesische Elektroautos. Denn noch diese Woche könnte es so weit sein: Sobald die Europawahl geschafft ist, will die Kommission aktiv werden.
Olaf Scholz verwendet Tiktok, um mit Wählern in Kontakt zu treten. Andererseits hält die Bundesregierung ihre Beamten an, die App nicht auf dienstlichen Geräten zu nutzen. Sehen Sie darin einen Widerspruch und ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Dass das eine widersprüchliche Praxis ist, lässt sich nicht bestreiten. Die Frage ist, inwieweit es dennoch für Politikerinnen und Politiker sinnvoll ist, solche Plattformen zu nutzen, und was die Rechtfertigungsgründe sind. Wenn es zum Beispiel um Parteivertreter geht, überwiegt meiner Ansicht nach das Meinungsbildungsinteresse. Die Parteien haben einen verfassungsrechtlichen Auftrag durch unser Grundgesetz, an der Meinungsbildung des Volkes mitzuwirken.
Und dafür brauchen sie Tiktok?
Hier muss immer abgewogen werden, und die Ergebnisse können sich durchaus unterscheiden. Wenn man dort große Gruppen erreichen kann, die woanders nicht mehr oder nur schwer zu erreichen sind, also speziell Jugendliche, die diesen Dienst mehrheitlich nutzen, dann halte ich Tiktok-Auftritte – trotz genereller rechtlicher Bedenken hinsichtlich des Dienstes – durchaus für vertretbar. Auch Privatleuten, die dort ihre Meinung sagen, kann man das sicherlich nicht verbieten. Bei einer öffentlichen Stelle, die bei der Ausübung ihrer Aufgaben direkt an Recht und Gesetz gebunden ist, habe ich an der Vertretbarkeit der Nutzung jedoch große Zweifel. Angesichts der Gefahren besteht also die Notwendigkeit, kritisch zu prüfen, ob man dort aktiv ist und wie man dort aktiv ist. Es macht also durchaus einen Unterschied, ob dort der SPD-Politiker Olaf Scholz oder ob der Bundeskanzler in seiner amtlichen Funktion auf Tiktok aktiv ist.
Welche Gefahren sehen Sie konkret?
Beim Datenschutz steht die Gefährdung der Privatsphäre im Vordergrund. Der Einzelne verliert die Kontrolle über seine Daten und es besteht das Risiko, dass irgendjemand mitliest, der daran interessiert sein könnte. Im Extremfall ist das ein ausländischer Geheimdienst oder eine Parteiorganisation eines autoritären Staats, welche die Beiträge auswerten und Autoren kritischer Posts auf schwarze Listen setzen, wie man sie aus China kennt.
Und?
Je mehr Nutzer eine Plattform hat, desto genauer muss man hinschauen. Deshalb verpflichtet die EU im Digital Service Act die sogenannten “sehr großen Plattformen”, zu denen Tiktok zählt, an strengere Anforderungen bezüglich der Transparenz und der Sicherheitsbewertung. Da geht es nicht in erster Linie um Datenschutz, sondern um die Verhinderung von Manipulation und politischer Beeinflussung durch die Algorithmen. Der dritte Aspekt ist die IT-Sicherheit. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine Sicherheitswarnung ausgegeben, die besagt, dass Geräte, auf denen Apps wie Tiktok installiert sind, manipuliert werden und so auf vertrauliche Informationen zugegriffen werden könnte.
Stellt Tiktok die europäischen Datenschützer aufgrund der chinesischen Herkunft des Mutterkonzerns vor Herausforderungen, mit denen man dort so zuvor noch nie konfrontiert wurde?
Dass eine chinesische Plattform weltweit solche Reichweite erlangt hat, ist ein neues Phänomen. Strukturell ist das Problem jedoch ähnlich zu den meisten anderen Diensten, die aus anderen Ländern mit unzureichenden Datenschutzregeln angeboten werden. Denken Sie an die Debatte über Facebook und Google. Die europäischen Datenschutzbehörden haben gegen diese Unternehmen mehrfach hohe Geldbußen verhängt. Aber es gibt auch große Unterschiede. So ist bedeutsam, dass wir es bei den USA mit einem Rechtsstaat zu tun haben, was man von China nicht gerade behaupten kann. Zwischen den USA und Europa gibt es ein Datenschutzabkommen und bestimmte gemeinsame Datenschutzgrundsätze, auf die sich Google oder Facebook verpflichtet haben, mit China gibt es so etwas nicht.
In China sind westliche Anbieter seit Jahren geblockt, auch um ausländischer Einflussnahme und Sicherheitsrisiken zuvorzukommen. Ist Ähnliches im Westen denkbar?
Das ist natürlich zu prüfen. Die Datenschutzbehörden haben die Möglichkeit, als ultima ratio den Betrieb von bestimmten Diensten zu unterbinden. Im Fall von Tiktok sind nicht die deutschen Datenschutzbehörden zuständig, sondern die irische Datenschutzbehörde, weil dort die Europazentrale des Unternehmens liegt. Sie muss die Praktiken prüfen und kann auch Bußgelder verhängen. Zudem können bei Verstößen gegen den Digital Services Act noch schärfere Sanktionen als bei Datenschutzverstößen verhängt werden.
Im Fall von Tiktok wie auch von Huawei fehlen bislang eindeutige Beweise, um ein Verbot gegen sie und andere chinesische Technologie-Anbieter zu begründen.
Es wird heute vielfach sehr allgemein von “chinesischer Technik” gesprochen. Ich plädiere stark für eine differenziertere Sichtweise. Man muss genau hinschauen, um was für Komponenten es sich handelt. Es ist ein Unterschied, ob die Telekom oder Vodafone eine aus China gelieferte Antenne verbaut oder ob eine Vermittlungsstelle mit der Technik von Huawei ausgestattet ist. Bei letzterer besteht ein ernstzunehmendes Risiko, dass sensible Daten abgerufen werden können. Noch größer ist das Risiko, wenn ein chinesischer Hersteller ein komplettes Kommunikationssystem liefert. Es geht immer um die Frage: Welche Risiken und welche Konsequenzen hat der Einsatz der jeweiligen Technik und der jeweiligen Komponenten? Und erst dann kommt die Frage, ob man das überhaupt nachweisen kann. Das müssen sich die Unternehmen und die Aufsichtsbehörden – neben den Datenschutzbeauftragten auch das BSI und die Bundesnetzagentur – von Fall zu Fall genau anschauen.
Bei der Anhörung von Tiktok in den USA hat der Konzernsprecher mehrmals wiederholt, dass sein Unternehmen keinerlei Verpflichtung unterliegt, an die Kommunistische Partei zu berichten. Ist sowas glaubwürdig?
Das halte ich nicht für besonders glaubwürdig. Als chinesisches Unternehmen ist der Mutterkonzern von Tiktok an chinesisches Recht gebunden. Und dort gibt es sehr allgemeine Berichtspflichten gegenüber den Behörden und Parteigremien, wenn es um die Interessen Chinas geht. Die öffentlichen staatlichen Stellen und die Kommunistische Partei sind wiederum selbst nicht an das chinesische Datenschutzgesetz gebunden und werden bei ihren Überwachungsaktivitäten weder durch Gerichte noch durch unabhängige Datenschützer kontrolliert. Wenn ein Unternehmen in so einem Land aktiv sein will, kann es sich dem nicht entziehen. Übrigens hat Tiktok in diesem Zusammenhang öffentlich bislang nur sehr wenig preisgegeben.
Was halten Sie für gefährlicher, was Datenschutz und Sicherheit angeht, Tiktok oder die Flut an E-Autos, die aus China auf uns zurollt?
Beides muss man sehr ernst nehmen, weil diese Autos heute alle wesentlichen Kriterien der Konnektivität erfüllen. Wir wissen ja mittlerweile, wie viele Daten nicht nur von chinesischen Fahrzeugen gesammelt werden. Da kommen jede Menge Kameras und Sensoren zu Einsatz, die nicht nur die Funktionsweise des Fahrzeugs, sondern auch die Umgebung erfassen. Als Reaktion auf entsprechende Risiken dürfen Teslas nicht mehr auf Parkplätzen der Berliner Polizei abgestellt werden, weil die Kameras aufzeichnen könnten, wer sich dort aufhält. Viele denken nun, wenn die Daten in die USA abfließen, ist das weniger kritisch. Und das ist es wahrscheinlich auch. Aber trotzdem muss man festhalten, ob amerikanisch oder chinesisch, ob Facebook oder Huawei: Es kann nicht sein, dass einfach so unterschiedslos überall Daten abgesaugt werden.
Peter Schaar ist Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID). Von 2003 bis 2013 war er Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Er hat zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlicht, darunter “Überwachung total – Wie wir in Zukunft unsere Daten schützen” (Aufbau-Verlag 2014) und “Trügerische Sicherheit – Wie die Terrorangst uns in den Ausnahmezustand treibt” (Edition Körber 2017).
Beim Wiener Motorensymposium 2024 überraschte der chinesische Hersteller FAW mit einem neuen Antriebskonzept. Der neue Motor verbrennt sowohl Wasserstoff als auch Benzin. Zusätzlich lässt er sich als Hybrid mit einem Elektromotor kombinieren. Damit würde er drei Energieträger nutzen.
Wie praxisnah das Konzept wirklich ist, ist unklar – schließlich bräuchten Kunden dafür auch zwei verschiedene Tankstellen und eine Lademöglichkeit. Es zeigt aber, in welchem Maße die chinesischen Hersteller bereit sind, die technischen Möglichkeiten für künftige Antriebsformen auszureizen. Und es fördert die Entwicklung anderer Motoren: für Schiffe, Lkw oder stationäre Motoren beispielsweise in Bergwerken oder Fabriken.
Der Hintergrund des kühnen Vorstoßes: Auf die chinesischen Hersteller kommen regulatorische Hürden zu. Neuwagen dürfen ab dem Jahr 2026 nur noch 4,6 Liter auf hundert Kilometer verbrauchen. Ab dem Jahr 2030 sogar nur noch 3,7 Liter. Sogar Hybridfahrzeuge scheitern an dieser Herausforderung. Aus Sicht von FAW lässt sich der Verbrenner aber soweit optimieren, dass dieses Verbrauchsziel trotz Benzinantrieb erreichbar ist – in Kombination mit dem Einsatz kleiner Mengen Wasserstoffs.
Ein kurzer Blick in den Motor zeigt, welches Problem FAW damit beheben will. Im Motorenbereich gibt es Hocheffizienztechnologien. Sie sollen beim Verbrennungsmotor höhere Wirkungsgrade erreichen. Eine dieser Technologien ist die sogenannte “aktive Vorkammer”. Die Vorkammer nimmt etwa 10 bis 20 Prozent des gesamten Brennraums ein. In ihr wird normalerweise ein Teil des Kraftstoff-Luft-Gemisches vorgezündet. Diese Flamme entzündet dann das Gemisch im Hauptbrennraum.
So sollen Motoren auch bei niedrigen Temperaturen zuverlässig starten, ruhig laufen und weniger CO2 ausstoßen. Theoretisch. In der Praxis haben sich diese Vorteile nur bedingt eingestellt. Die Konstruktion ist kompliziert, was den Motor teuer macht und der flüssige Kraftstoff erhöht die Emissionen beim Kaltstart unverhältnismäßig. Moderne Einspritzsysteme haben deswegen die Vorkammer im Pkw-Bereich weitestgehend abgelöst. Bis jetzt. Denn FAW glaubt, der Vorkammer mit Wasserstoff neues Leben einhauchen zu können.
In der Vorkammer des FAW-Motors werden etwa fünf Prozent der gesamten Verbrennungsenergie benötigt. Ein Auto, das etwa 1.000 Kilometer Reichweite haben soll, bräuchte dann einen Wasserstofftank, der etwa 0,6 Kilogramm fasst. Das wäre ein Zehntel eines Wasserstofftanks in einem konventionellen Motor. FAW gibt an, den Wirkungsgrad deutlich verbessert und die Emissionen drastisch gesenkt zu haben.
Der Motor kann sowohl einen klassischen Verbrenner ersetzen als auch in einem Hybridsystem integriert werden. Doch hier zeigt sich dann auch die Schwachstelle des Systems. Hätte ein Kunde tatsächlich ein Plug-in-Hybrid mit einem solchen Motor, müsste er den Akku laden sowie Benzin und Wasserstoff tanken. Ein Verfahren, das schlicht zu aufwendig ist, um Marktchancen zu haben.
FAW sieht – trotz Problemen mit der anstehenden Verschärfung der Emissionsrichtlinien – auch langfristig eine Zukunft für Hybridantriebe. Im Bereich der New Energy Vehicle (NEV) nehmen diese Fahrzeuge eine wichtige Rolle ein. FAW glaubt, dass eine Optimierung des Wirkungsgrades ausreicht, um das Konzept gegen klassische Elektroautos (mit und ohne Range Extender) konkurrenzfähig zu halten.
Das liegt vor allem an der Betrachtungsweise der Emissionen. FAW, wie generell die Zuliefer- und Autoindustrie – geht verstärkt dazu über, die Emissionen über den gesamten Produktlebenszyklus zu betrachten. Die Unternehmen rechnen also auch die Produktion und die CO2-Belastung der Stromerzeugung mit ein. Aufgrund des hohen Anteils an Kohlestrom und der energieintensiven Batterieproduktion schneiden bei dieser Art der Betrachtung in China reine Batteriefahrzeuge aktuell schlechter ab als Hybridfahrzeuge. Laut FAW ändert sich das erst im Jahr 2045 mit ausreichend erneuerbaren Energien im Strommix.
FAW steht in Sachen NEV unter Druck. Der Staatsbetrieb wächst in diesem Segment deutlich langsamer als der Markt. Caixin Global berichtet darüber, dass die Regierung daher spürbare Verbesserungen der Marke in diesem Segment erwartet. Während der Anteil von NEV am Gesamtmarkt bei 32 Prozent lag, machten diese Fahrzeuge bei FAW nur sieben Prozent aus. Ein Grund sei laut Caixin das zu ängstliche Vorgehen in Staatsbetrieben; auch Dongfeng und Changan sind im NEV-Segment unterrepräsentiert. Private Unternehmen seien risikofreudiger. Ein Vorwurf, den sich FAW mit diesem Motor sich nicht anhören muss.
Der chinesisch-schwedische Autobauer Volvo will die Herstellung einiger E-Modelle möglicherweise von China nach Belgien verlagern. Ziel ist die Vermeidung der geplanten Einfuhrzölle der Europäischen Union für Autos aus chinesischer Herstellung, berichtet die Londoner Zeitung The Times unter Berufung auf Firmenquellen. Konkret gehe es um die Produktion der Modelle EX30 und EX90 für den europäischen Markt.
Volvo gehört dem privaten Anbieter Geely aus Hangzhou. Das Unternehmen wäre stark von den Zöllen betroffen, weil es in China für die EU produziert. Wenn Volvo die Herstellung nach Europa verlagert, hätten die Handelsmaßnahmen den gewünschten Effekt, die Wertschöpfung im Inland der Wirtschaftsunion zu halten. Die Zölle kommen vermutlich schon am Montag. fin
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Möglichkeit ins Spiel gebracht, das deutsche Lieferkettengesetz für zwei Jahre auszusetzen, bis sein EU-Gegenstück europaweit in Kraft tritt. Ziel sei es, die Unternehmen von Bürokratie zu entlasten. “Das wäre, glaube ich, ein richtiger Befreiungsschlag”, sagte Habeck am Freitag auf dem Tag des Familienunternehmens im Hotel Adlon in Berlin. “Das halte ich jetzt für absolut vertretbar.” Zuvor hatten die anwesenden Familienunternehmerinnen und -unternehmer das Lieferkettengesetz als konkretes Beispiel für Belastungen durch gesetzliche Vorgaben genannt.
Applaus für den Vorschlag war kurz darauf aus den Reihen der FDP zu vernehmen. “Nach der neuen Bewertung des Kollegen Robert Habeck sind wir nun auf einer Linie. Es wäre ein Baustein der Wirtschaftswende, wenn wir das Lieferkettengesetz (der Großen Koalition) aufheben und die neue EU-Richtlinie später in schlanker Form umsetzen”, kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Habecks Initiative.
Anders sieht dies der Koalitionspartner SPD. Am Samstag reagierte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in einer Stellungnahme ablehnend auf den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers. Habeck habe mit seiner Ankündigung “langjährigen Bemühungen um eine an Menschenrechten und fairen Löhnen orientierte und gegen Ausbeutung gerichtete Wirtschaftspolitik einen Bärendienst erwiesen”, so Mützenich. Die SPD-Fraktion werde sich nicht an einer pauschalen Aussetzung des deutschen Lieferkettengesetzes beteiligen. Für Mützenich steht fest: Es sei “gewohnte Praxis, nationale Regelungen an EU-Recht anzupassen”. Bis dahin bleibe es aber beim gültigen Gesetz.
Darauf drängt auch der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, der heute das Beratungsunternehmen Löning Human Rights & Responsible Business betreibt. Er hält den Vorschlag von Wirtschaftsminister Habeck für fehlgeleitet. “Der Minister schafft große Verunsicherung. Das ist ein verstörendes Signal an viele Unternehmen, bei denen die Risiko-Management-Prozesse bereits sehr weit gediehen sind. Für die ist das zutiefst frustrierend”, sagte Löning Table.Briefings. Die Lieferkettengesetze erfüllten für die Wirtschaft eine nützliche Funktion. Große Unternehmen stünden wegen der wachsenden Bedeutung von nachhaltigen Lieferketten an den Finanzmärkten unter Druck, um die Erwartungen zu erfüllen, so Löning. “Und nun bekommen sie das Signal, dass das alles doch nicht so wichtig sei.”
Das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz war Anfang vergangenen Jahres in Kraft getreten. Es startete einerseits sehr zahm: Statt wirklich zu kontrollieren, unter welchen Umständen die Waren hergestellt werden, müssen die Firmen nur nachweisen, dass sie sich Mühe gegeben haben. Es gibt auch keine Klagemöglichkeit. Doch der Nachweis der Bemühungen erfordert so viel Dokumentation, dass sich die Kosten auf einen substanziellen Teil des Auslandsumsatzes belaufen. Der Eindruck vieler Unternehmerinnen und Unternehmer nach einem Jahr: Das Gesetz kostet viel und bringt wenig.
Die EU hatte vor zwei Wochen ihre eigene Version eines Sorgfaltspflichtengesetzes verabschiedet, das weiter geht als das deutsche. Die Richtlinie setzt Menschenrechts- und Umweltstandards fest, die bei der Produktion im Ausland gelten sollen. Der Bundestag soll die deutsche Version in ungefähr zwei Jahren durch die europäische Version ersetzen oder um die nötigen Erweiterungen ergänzen. Um diesen Zeitraum von zwei Jahren geht es: Habeck sprach von einer “Schneise“, die es hier geben könnte. In zwei bis drei Wochen könne er sagen, “wie breit sie ist”. Denn er könne das nicht allein entscheiden, sondern müsse sich in der Koalition abstimmen.
Die anwesenden Familienunternehmer nahmen die Ankündigung positiv auf, forderten aber noch viel weitreichendere Entlastungen. “Auch beim europäischen Lieferkettengesetz sollte es eine längere Verschnaufpause geben”, sagte Natalie Mekelburger, Chefin und Gesellschafterin der Coroplast Group aus Wuppertal, einem Hersteller von Klebeband und Kabeln. Coroplast ist in China an den Standorten Kunshan in Jiangsu und Mianyang in Sichuan präsent. Es sei fast unmöglich nachzuvollziehen, wer die Zulieferer der eigenen Zulieferer beliefere, “das liegt außerhalb unserer Einflussmöglichkeiten”.
Deutsche Unternehmen bieten Mekelburger zufolge in China hohe Sozialstandards für ihre Mitarbeiter. Sie haben entscheidend zu deren Weiterentwicklung im ganzen Land beigetragen. Die Sorgfaltspflichtengesetze würden dagegen keine oder kaum Missstände beheben, dafür aber enormen Aufwand verursachen. Wichtiger sei es, auf beiden Seiten Wohlstand zu schaffen. fin, heu
Der chinesische Batteriehersteller CATL hat Vorwürfe bezüglich des Einsatzes von Zwangsarbeit in seinen Lieferketten zurückgewiesen. Das Unternehmen teilte am Samstag mit, dass die Anschuldigungen gegen das unbegründet und “völlig falsch” seien und dass es die geltenden Gesetze und Vorschriften einhalte. Die Geschäftsbeziehungen zu einigen Zulieferern, die in den Vorwürfen angeführt wurden, seien schon vor langer Zeit abgebrochen worden.
Das Wall Street Journal hatte am Donnerstag berichtet, dass eine Gruppe von republikanischen US-Abgeordneten CATL und Gotion auf eine Import-Verbotsliste für die USA setzen will. Beide Unternehmen, die unter anderem mit Volkswagen zusammenarbeiten, sind dem Bericht zufolge mit dem Vorwurf der Zwangsarbeit in ihren Lieferketten konfrontiert. Der VW-Konzern ist mit knapp 25 Prozent der größte Aktionär seines Technologiepartners Gotion. rtr
China hat eine Vereinbarung für eine Eisenbahnlinie unterzeichnet, die das Land mit Kirgisistan und Usbekistan verbinden soll. Präsident Xi Jinping begrüßte das Projekt als “Zeichen der Entschlossenheit”, teilte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua mit. “Die China-Kirgisistan-Usbekistan-Eisenbahn ist ein strategisches Projekt für Chinas Verbindung mit Zentralasien und ein Meilenstein für unsere drei Länder beim gemeinsamen Aufbau der Belt and Road Initiative“, zitierte der Bericht Xi. Die Unterzeichnung des zwischenstaatlichen Abkommens bilde nun eine Rechtsgrundlage für den Baubeginn des Projekts.
Die acht Milliarden US-Dollar teure Eisenbahnverbindung soll im chinesischen Kaxgar in Xinjiang beginnen, berichtete South China Morning Post. Die Strecke führt demnach dann durch den Südwesten Kirgisistan und endet in Andijon im Osten Usbekistans. Sie könnte den Gütertransport zwischen China und Europa dem Bericht zufolge um rund 900 Kilometer verkürzen und wäre eine schnellere und billigere Alternative zu den derzeitigen Landrouten zwischen China und Europa, die größtenteils durch Russland führen.
Das Projekt wurde erstmals in den 1990er-Jahren vorgeschlagen, die drei Seiten unterzeichneten 1997 eine Absichtserklärung für das Eisenbahn-Projekt. Seither war es jedoch wegen technischen und geopolitischen Probleme ins Stocken geraten. ari
Eine Delegation der EU-Kommission will Mitte des Monats Tibet besuchen, um sich ein Bild von der Menschenrechtslage zu machen. Die Tibet-Reise soll sich an den Menschenrechtsdialog am 16. Juni in Chongqing anschließen, berichtet die South China Morning Post. An der Reise werden Mitglieder des Europäischen Auswärtigen Dienstes teilnehmen.
Zuletzt waren neue beunruhigende Nachrichten aus Tibet gekommen: Kinder werden in Internate gesteckt, um die von der tibetischen Kultur zu entfremden. Umweltaktivisten werden verhaftet. Die EU-Vertreter wollen sich auch nach den Bedingungen in einer Reihe von Gefängnissen erkundigen. fin
Wer dieser Tage Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos und Batterien fordert, macht sich in Deutschland weder in der Politik noch in der Automobilindustrie Freunde. Vier Gründe sprechen trotzdem dafür, um langfristig Jobs und Wertschöpfung in Deutschland und Europa zu halten.
Erstens: Wir brauchen fairen Wettbewerb. Den EU-Zöllen von zehn Prozent auf chinesische E-Autos stehen chinesische Zölle von 15 Prozent für europäische Autos entgegen. Noch drastischer ist das Ungleichgewicht bei Batterien. Während in der EU lediglich 1,3 Prozent fällig werden, erhebt China mit zehn Prozent fast achtmal so hohe Zölle auf Batterien aus EU-Produktion. Weil China zusätzlich seit Jahren die heimische E-Auto-Industrie strategisch subventioniert, muss Europa nun höhere Zölle auferlegen, um gleiche Startvoraussetzungen zu schaffen.
Zweitens: Es geht hierbei – anders als in den USA – nicht darum, chinesische Hersteller kategorisch vom europäischen Markt auszuschließen. Im Gegenteil. Die Zölle müssen so gestaffelt werden, dass sie starke Anreize für Investitionen in den europäischen Markt setzen. Dies gilt besonders für die Batterieproduktion. Um ihre Herstellung in Europa anzukurbeln und gleichzeitig einem Handelskonflikt vorzubeugen, sollten Zölle gestaffelt werden. So könnten niedrigere Zolltarife bis zu einem bestimmten Einfuhrvolumen (zum Beispiel 10 bis 15 Prozent des Marktes) gelten, während danach der höhere Zoll in Kraft tritt. Um einen Anreiz für die lokale Batteriezellenherstellung zu schaffen, müsste Europa die Zölle bis 2027 auf mindestens 20 bis 25 Prozent anheben, um die durchschnittliche Kostenlücke zu China zu schließen.
Drittens: Wenngleich bei E-Autos noch gilt, dass Made-in-Germany für höchste Qualität steht, so ist dies bei Batterien nicht der Fall. Auch wenn die erfolgsverwöhnte deutsche Autoindustrie es nicht gern hört: Was wir heute brauchen, ist eine Umkehr des chinesischen Modells aus den 1980er-Jahren. Damals erlaubte die chinesische Regierung den Markteintritt von Volkswagen und Co. nur unter der Bedingung von Joint Ventures mit heimischen Herstellern. Nur wer sein Wissen teilte, durfte auf Verkäufe in China hoffen. Insbesondere in der Batteriezellenfertigung müssen Europas Hersteller heute von ihren chinesischen Konkurrenten lernen. Diese sind nicht nur innovativer, vor allem wissen sie, wie man neue Batterietechnologien schnell in Masse fertigen kann. Neben Zöllen braucht es also auch Maßnahmen für Technologietransfer und Investitionen in Fertigung und Ausbildung, um sicherzustellen, dass Wertschöpfung und gut bezahlte Jobs in Europa bleiben.
Viertens: Über all dem steht in der deutschen Wahrnehmung das Schreckgespenst eines Handelskriegs und die Angst um die Profite der Autobauer. Doch auch wenn die Konzerne weiterhin einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne in China erwirtschaften, so stimmt die lange gültige Aussage, dass Verkäufe in China die Gehälter der Ingenieure und Ingenieurinnen in Wolfsburg bezahlen, von Jahr zu Jahr weniger. VW investiert eine Milliarde in ein Forschungszentrum in Hefei (China). BMW nutzt die günstigeren Produktionsbedingungen in China, um dort den iX3 zu fertigen und nach Europa zu exportieren. Der große Zulieferer ZF will in Deutschland 12.000 Stellen streichen, während er in China eine aggressive Wachstumsstrategie verfolgt. In anderen Worten: Wir dürfen die Interessen der Konzerne nicht mit den Interessen Deutschlands und Europas gleichsetzen. Für Klimaschutz und Beschäftigung ist eine starke europäische E-Auto-Industrie, die vor Ort produziert, unabdingbar.
Gleichzeitig lassen chinesische Ankündigungen von Vergeltungszöllen diese Gefahr realer erscheinen, als sie ist. Wir sollten nicht vergessen, dass China genauso abhängig vom europäischen Markt ist, wie deutsche Hersteller vom chinesischen. Trotzdem gibt es einen wichtigen Unterschied: Bidens Entscheidung, die Einfuhrzölle auf E-Autos aus China in den USA auf 100 Prozent zu vervielfachen, stärkt Europas Hand. Chinesische Hersteller haben gigantische Überkapazitäten aufgebaut, welche sie jetzt in großen Mengen nur noch nach Europa verkaufen können.
Sie sind also auf den Marktzugang angewiesen. Gleichzeitig betreiben alle deutschen Hersteller seit Jahrzehnten große Werke in China. Volkswagen produziert beispielsweise 99 Prozent seines Absatzes für China in China. Auch Audi (91 Prozent), BMW (87 Prozent) und Mercedes (80 Prozent) stellen fast alle in China verkauften Fahrzeuge vor Ort her. Diese Werke und die an ihnen hängenden Profite sind also von möglichen Vergeltungszöllen nicht betroffen. Anders sieht es jedoch für chinesische Hersteller aus, die gerade erst beginnen, in Europa Fuß zu fassen und noch keine einzige fertige Fabrik in der EU betreiben.
Die Politik in Deutschland und der EU muss daher jetzt strategisch weitsichtig agieren. Kurzfristig sind Einfuhrzölle ein notwendiges Übel, um sicherzustellen, dass hiesige Hersteller technologisch aufholen können und der Automobilstandort Europa langfristig Bestand hat. In den Jahren, in denen einige deutsche Hersteller die Schummelsoftware in ihren Dieselmotoren optimiert haben, hat China neue Batterietechnologie und fortschrittliche E-Autos entwickelt. Das Resultat: für die Zukunft der Automobilbranche werden in diesen Jahren die Karten neu gemischt.
Die deutsche Autoindustrie ist dabei so verletzlich wie selten in ihrer langen Geschichte. Was passiert, wenn die Politik grüne Schlüsselindustrien nicht schützt, musste in der Vergangenheit Deutschlands Solarindustrie schon schmerzlich erfahren. Es gilt nun – leider auch mit Zöllen – zu verhindern, dass der Automobilindustrie ein ähnliches Schicksal widerfährt.
Sebastian Bock ist Geschäftsführer von Transport and Environment (T&E) in Deutschland. T&E ist die Dachorganisation von nichtstaatlichen europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen.
Christiane Prange ist neue Research Direktorin der NGO Europe – Asia Center in Brüssel. Prange wird in der neuen Position weiterhin als Beraterin und in der Wissenschaft arbeiten.
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Köstliche Zongzi 粽子 baumeln hier in auf einem Markt in Chengdu. Die Klebreis-Päckchen werden traditionell zum Drachenbootfest gegessen. Das Drachenbootfest ist einer der wichtigsten Feiertage Chinas und fällt auf den fünften Tag des fünften Monats des Mondkalenders – in diesem Jahr der 10. Juni, also der heutige Montag.