Table.Briefing: China

Peking verschärft Ausfuhr von Industriemetallen + Kriselnder Luxusmarkt

Liebe Leserin, lieber Leser,

es scheint ja wie verhext mit dem chinesischen Binnenmarkt. Statt die großen Versprechen auf die Zukunft einzuhalten, schauen die Konsumenten von hochwertigen Uhren, Juwelen und Maßanzügen zunehmend nach Second-Hand-Luxus im Internet.

Sobald der Saldo auf dem Privatkonto kein Guthaben in exorbitanten Dimensionen vorweist, dann dreht irgendwann auch der Besserverdienende in China den Mao eben zweimal um. Sparsamkeit ist den Chinesen schließlich in die Wiege gelegt wie wenig anderen Nationen der Welt.

Die Luxusproduzenten aus Europa spüren den Geist der Vergangenheit schmerzlich an ihren Umsatzzahlen, schreibt Jörg Petring. Deshalb der Tipp an Louis Vuitton und Co.: Einfach mal die Preise senken, damit Höhe der Forderungen und Warenwerte sich realistisch annähern.

Zu den Luxusgütern gehören übrigens auch Metalle und Mineralien. Zumindest im Politpoker der Volkswirtschaften. China sitzt auf solch großen Mengen Seltener Erden und kritischer Mineralien, dass es deren Ausfuhren sogar als wirtschaftspolitisches Druckmittel einsetzen kann. Das ist vielleicht etwas anderes als eine todschicke Handtasche von Louis Vuitton am Arm. Aber eine Form von Luxus ist das ganz sicher auch.

Christiane Kühl erklärt, weshalb dieser Luxus zu weiteren Exportbeschränkungen von chinesischer Seite führen könnte.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

Kritische Mineralien: Warum mehr Beschränkungen durch Peking drohen

Mine für seltene Erden in China
Mine für Seltene Erden in China: Für die Mineraliengruppe drohen laut einer Studie von Trivium China Exportkontrollen.

Am 15. September treten in China Ausfuhrkontrollen für das Metall Antimon in Kraft, das für Autobatterien und Solaranlagen, aber auch für Waffen und militärische Ausrüstung wie Munition und Nachtsichtgeräte benötigt wird. Es ist nach Gallium, Germanium und hochreinem Grafit das vierte Metall, für das Peking die Ausfuhren staatlich reguliert. Und so ist es kein Wunder, dass der Westen sich wegen der Abhängigkeiten von China bei kritischen Mineralien zunehmend sorgt. Das Land ist die weltweit wichtigste Quelle für zahlreiche wichtige Mineralien oder aus ihnen verarbeiteten Produkten.

Die Zielländer verstärken zwar ihre Bemühungen, die Beschaffung kritischer Mineralien zu diversifizieren. Das EU-Gesetz über kritische Rohstoffe (EU Critical Raw Materials Act ) etwa legt für 2030 einen Maximalanteil von 65 Prozent fest, die vom Bedarf jedes kritischen Rohstoffs aus einem einzigen Land bezogen werden darf. Doch die Umstellung benötigt vielleicht mehr Zeit, als es das Gesetz vorsieht.

Ausfuhrkontrollen als Vergeltung für Sanktionen?

Das Argument Pekings lautet stets, dass die Kontrollen dem Schutz der “nationalen Sicherheit” dienten. Viele Experten sehen sie eher als Reaktion auf Ausfuhrbeschränkungen der USA oder Untersuchungen und Ausgleichszölle wie jene der EU zu E-Autos.

  • Für die Metalle Gallium und Germanium gab Peking Anfang Juli 2023 Exportbeschränkungen bekannt. Wer sie ausführen will, braucht eine Lizenz. Kurz vorher hatten sich Japan und die Niederlande an den US-Chipsanktionen beteiligt.
  • Im Oktober führte Peking Ausfuhrkontrollen von hochreinem und kugelförmigem Grafit ein, der in E-Auto-Batterien und Halbleitern verwendet wird – nach der EU-Ankündigung, eine Anti-Subventionsuntersuchung auf chinesische E-Autos zu starten.

Im Dezember verbot Peking zudem den Export von Technologien zur Herstellung sogenannter Dauermagneten aus Seltenen Erden, die für E-Autos, Turbinen und Elektronik gebraucht werden. Das gilt als Warnschuss, dass auch die Seltenen Erden selbst ins Visier geraten könnten.

Trivium-Studie: Welche Mineralien sich für Exportkontrollen eignen

“Von seinem kleinen Arsenal möglicher Vergeltungsmaßnahmen ist die Verhängung von Ausfuhrbeschränkungen für kritische Mineralien die praktischste Option“, meint Cory Combs, Associate Director Climate-Energy-Industrial Policy der Beratungsagentur Trivium China. Denn China habe durch seinen Mineralien-Reichtum “Einfluss auf eine Vielzahl nachgelagerter Verbraucher.” Combs erwartete schon im Frühjahr neue Kontrollen für 2024. “Die große Frage ist, welche Mineralienausfuhr China als Nächstes ins Visier nehmen wird”, schrieb er. Peking gab inzwischen die Antwort: Antimon.

Das Metall gehörte zu jenen neun Mineralien, für das Combs und sein Team Kontrollen vorhergesagt hatten, nachdem sie, basierend auf Chinas strategischen Interessen, die Wahrscheinlichkeit solcher Kontrollen für 73 kritische Rohstoffe nach einem Punktesystem untersucht hatten. Peking werde für Exportkontrollen Mineralien auswählen, die diese Kriterien erfüllen:

  • Die Mineralien sind von hoher Bedeutung für die Industrie der Zielländer wie USA, EU oder Japan;
  • der Exportstopp beeinträchtigt die Fähigkeit der Zielländer zur Produktion von Halbleitern, Batterien oder Dual-Use-Technologien;
  • China dominiert die Lieferkette.

Vermeiden werde Peking dagegen Kontrollen

  • für die Ausfuhr verarbeiteter Mineralienprodukte, deren Rohstoffe China selbst importieren muss;
  • wo es durch solche Kontrollen Störungen der eigenen Industrieproduktion und Exporte befürchten müsste.

Bald auch Lizenzen für Wolfram, Seltene Erden, Magnesium?

Das Punktesystem berücksichtigte all diese Aspekte. Neben Antimon landeten dadurch folgende acht Mineralien in der Trivium-Liste für Mineralien, die von Exportkontrollen betroffen sein könnten:

  • Wolfram (China: 81 Prozent der weltweiten Produktion und 52 Prozent der Reserven)
  • Seltene Erden (China: 68 Prozent der Förderung und 80 bis 90 Prozent der Produktion von Dauermagneten aus diesen Materialien)
  • Vanadium (China: 68 Prozent der weltweiten Produktion und vergleichsweise moderate 23 Prozent der Reserven)
  • Magnesium (China: 88 Prozent der weltweiten Verarbeitung; das Mineral selbst ist nicht knapp, da es theoretisch aus Meerwasser gewonnen werden kann)
  • Kupfer (China: Ein Drittel der weltweiten Erzverhüttungs- und Raffineriekapazität; Kupferreserven vor allem über eigene Minen in Übersee)
  • Indium (China: 66 Prozent der Weltproduktion; der Rohstoff ist ein Nebenprodukt der Erzverarbeitung)
  • Titan (China fördert 36 Prozent des weltweiten Ilmenits – ein Mineral, aus dem 90 Prozent des Titans gewonnen werden)
  • Wismut (China: Rund 80 Prozent der Wismut-Verarbeitung)

Alle diese Mineralien werden laut Trivium in den USA, der EU und Japan als “kritische Mineralien” geführt – bis auf Wismut, das in Japan nicht auf der Liste stehe. Bei den bereits unter Ausfuhrkontrollen stehenden Mineralien sind die Abhängigkeiten ähnlich groß: Chinas Anteil an der weltweiten Grafitproduktion liegt bei 78 Prozent. Bei der Antimon-Förderung sind es immerhin 48 Prozent.

Exportkontrollen: Folgen für Handelszahlen

Ob es zu den von Combs befürchteten Kontrollen wirklich kommt, ist offen. Bislang sind die Regeln für den Export von Grafit, Gallium und Germanium vor allem eine Drohung, die der Abschreckung dient. Tatsächlich hat China noch keine Ausfuhren dieser Metalle unterbunden.

Trotzdem hatten die Ankündigungen Folgen für den Handel. Laut Bloomberg stiegen die Überseeverkäufe von Gallium, Germanium und Grafit jeweils in dem Monat vor Beginn der Ausfuhrkontrollen sprunghaft an, da sich die Käufer mit Vorräten eindeckten – worauf ein steiler Rückgang und dann eine Erholung folgten. Das Gleiche könnte nun bei Antimon passieren.

Während Gallium sich weitgehend erholt habe, hinken Germanium und Grafit nach dem Bloomberg-Bericht etwas hinterher – was unter anderem damit zu tun habe, dass Käufer bereits dabei sind, ihre Quellen zu diversifizieren. So vereinbarten die EU und die USA mit der Demokratischen Republik Kongo im April die Lieferung von Germanium.

Chinas Ausfuhren von Naturgrafit lagen in den ersten sieben Monaten 2024 um 17 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, was laut Xu Peng von Bloomberg NEF sowohl auf einen Anstieg des Grafit-Bergbaus im Ausland, als auch auf die nachlassende Nachfrage nach E-Autos zurückzuführen sei. Die Lage ist also komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheint.

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Luxusmarkt: Warum die große Wette auf China verloren gehen könnte

Der größte Absatzmarkt für Luxusgüter hat seine Dynamik verloren. Die Flaute macht sich in den Geschäften der Anbieter bemerkbar.

Die große Wette der europäischen Luxus-Konzerne auf den chinesischen Markt droht verloren zu gehen. Ihre jüngsten Geschäftszahlen enttäuschten durchweg, vor allem, weil es in China nicht mehr rund läuft. Der Pariser Branchenführer LVMH, zu dem Marken wie Louis Vuitton, Dior und Bulgari gehören, meldete im zweiten Quartal einen Rückgang der Verkäufe in der Region um 14 Prozent. Schon im ersten Quartal war der Umsatz um sechs Prozent gefallen. 

Die Anleger sind entsprechend enttäuscht. Wegen der anhaltenden Flaute ist LVMH nun nicht mehr das wertvollste Unternehmen Europas. Gründer Bernard Arnault musste den Titel des reichsten Mannes der Welt wieder an Elon Musk abgeben. Aber LVMH steht mit diesen Problemen nicht allein da.

Die Umsätze gehen durch die Bank zurück

  • Die Schweizer Swatch Group, zu der Marken wie Blancpain, Longines und Omega gehören, verzeichnete im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang um 14,4 Prozent – vor allem wegen schwacher Verkäufe von Schmuck und Uhren in China.
  • Auch deren Mitbewerber Richemont, zu dem Cartier gehört, meldete im letzten Quartal einen Einbruch der Umsätze in der Region Greater China um 27 Prozent.
  • Der deutsche Modekonzern Hugo Boss senkte seine Umsatzprognose für das laufende Jahr aufgrund der schwachen Nachfrage in China.
  • Hermes, bekannt für seine Luxustaschen, konnte die Umsätze in China zwar weiter steigern, doch in den USA und Europa entwickelten sich die Geschäfte deutlich besser.
  • Kering, zu dem Gucci gehört, verzeichnete im abgelaufenen Quartal einen Rückgang der Umsätze in der Region um 19 Prozent.

Für Europas Wirtschaft steht viel auf dem Spiel, denn praktisch alle wichtigen Luxusmarken kommen von dort. China war jahrelang ihr wichtigster Wachstumsmarkt. Chinesische Käufer machen heute 23 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Luxusgütern aus. Laut Prognosen des Beratungsunternehmens Bain sollte dieser Anteil bis 2030 eigentlich auf 40 Prozent steigen. Dann wären Chinesen die wichtigste Käufergruppe, noch vor Europäern und Amerikanern. 

Schon seit der Pandemie Probleme

Doch langsam setzt sich in der Branche die Erkenntnis durch, dass die optimistischen Prognosen vielleicht zu ehrgeizig waren. Die Bedingungen in China haben sich anders entwickelt als erhofft.

Der Markt geriet 2022 ins Stocken, als die Regierung Pandemie-Lockdowns in Städten wie Shanghai, Peking und Guangzhou verhängte. Nach den Lockerungen gab es einen kurzen Shopping-Boom. Doch die schwache Wirtschaft und die anhaltende Immobilienkrise haben der Mittelschicht die Lust auf Luxus genommen. 

Zudem hat sich eine gewisse Bescheidenheit breitgemacht, wie die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei berichtet. Second-Hand-Luxusgüter werden demnach in China immer beliebter. “Neue Dinge sind teuer, deshalb schaue ich mir Secondhand-Artikel an”, zitiert Nikkei einen Kunden in einem Geschäft für gebrauchte Luxustaschen in Guangzhou. Dort werden Designertaschen von Louis Vuitton und Burberry mit bis zu 80 Prozent Rabatt angeboten.

Graumarkt und Second-Hand floriert

Doch nicht nur der Second-Hand-Trend macht den europäischen Konzernen zu schaffen. Sie stehen auch einem wachsenden Graumarkt gegenüber. Dort werden brandneue, authentische Produkte mit hohen Rabatten verkauft. Laut einem Bericht der Datenfirma Re-Hub, aus dem Bloomberg zitiert, hat vor allem die chinesische Online-Plattform Dewu den Markt stark verändert. Auf Dewu werden inzwischen teilweise mehr Luxusartikel verkauft als auf offiziellen Online-Store-Plattformen wie Tmall, das zu Alibaba gehört. 

Das Geschäftsmodell ist einfach: Luxusmarken kontrollieren eigentlich streng ihre Vertriebskanäle und verkaufen bevorzugt über eigene Boutiquen oder ausgewählte Partner. Graumarkt-Plattformen wie Dewu umgehen diese Kanäle. Einzelpersonen oder kleine Händler, die Waren aus dem Ausland oder über inoffizielle Wege beziehen, bieten sie dort an.

Konzerne schlagen zurück

Viele Graumarkt-Angebote stammen derzeit aus Japan. Durch den günstigen Yen waren Luxusartikel dort billiger als in China. Händler, die die Waren am Zoll vorbeischmuggeln und auf Dewu anbieten, machen ein gutes Geschäft. Laut Bloomberg und Re-Hub lagen die Verkaufszahlen von Outdoor-Marken wie Moncler und Canada Goose auf Dewu während der Hauptsaison 2,5- bis 15-mal höher als auf den offiziellen Online-Stores bei Tmall. Auch Luxusjuweliere wie Cartier und Van Cleef & Arpels verkauften auf Dewu bis zu 6,8-mal mehr als auf Tmall. Die Rabatte lagen oft bei 50 bis 70 Prozent.

Die Luxusmarken ergreifen nun Maßnahmen. Schwarze Listen für verdächtige Käufer wurden eingeführt. Außerdem werden die Großhandelskanäle gestrafft und der Warenfluss nach China genauer analysiert. Doch damit es den Unternehmen in China endlich wieder besser geht, braucht es vor allem eines: Das wirtschaftliche Umfeld muss sich verbessern und die Konsumlaune wieder anziehen. 

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News

Gipfel: Wie Xi Jinping Afrika umgarnt

Mit einem prunkvollen Bankett hat Staats- und Parteichef das China-Afrika-Kooperationsforum in Peking eröffnet. Das Abendessen war Auftakt eines dreitägigen Gipfeltreffens, an dem Staatsoberhäupter und Regierungsvertreter von 50 afrikanischen Staaten teilnehmen werden. Chinesische Staatsmedien bezeichneten Xi als “wahren Freund Afrikas”. Unter seiner Führung würden die Beziehungen “neue Höhen” erreichen.

Zuvor hat Xi eine Vereinbarung mit der tansanischen Präsidentin Samba Suluhu Hassan und Sambias Präsidenten Hakainde Hichilema unterzeichnet, in der sie vereinbarten, eine grenzüberschreitende Bahnlinie aus den 1970er Jahren wiederzubeleben. Die Tazara-Eisenbahnverbindung vom sambischen Kapiri Mposhi bis in die tansanische Hafenstadt Daressalam wurde Anfang der 1970er Jahre schon damals mithilfe chinesischer Kredite und Tausender chinesische Arbeitern gebaut. China wollte Sambia damals helfen, sich wirtschaftlich unabhängiger von Apartheid-Südafrika und dem von damals noch von weißen Siedlern regierten Rhodesien (heute Simbabwe) zu machen. Derzeit wird die Strecke nur noch von wenigen Güterzügen genutzt, weil sie nie saniert worden ist.

Mit seinem nigerianischen Amtskollegen Bola Tinubu vereinbarte Xi eine strategische Partnerschaft in den Bereichen, Handel, Sicherheit und Technologie. Der gemeinsamen Erklärung zufolge will China zu Investitionen in Nigeria ermutigen. Nigeria wiederum sagte zu, chinesische Firmen beim Bau von Fabriken und der Erschließung von Energie- und Rohstoffressourcen zu bevorzugen. flee

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Signal an Putin: Warum Xi erneut nach Russland reist

China und Russland arbeiten einem Bericht zufolge an einer möglichen Teilnahme des chinesischen Präsidenten Xi Jinping am bevorstehenden Brics-Gipfel in Russland. “Beide Seiten stehen in dieser Angelegenheit in engem Kontakt”, zitierte die Nachrichtenagentur Tass den chinesischen Botschafter in Moskau, Zhang Hanhui. Eine Bestätigung für Xis Teilnahme steht noch aus. Das Gipfeltreffen soll im Oktober in der russischen Stadt Kasan stattfinden. Xis Teilnahme an dem Treffen wäre von großer politischer Bedeutung, da er damit erneut deutlich macht, auf wessen Seite er im Ukraine-Krieg steht. rtr/flee

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EU-Kommission: Dieses Abkommen zwischen Ungarn und China ruft Brüssel auf den Plan

Die EU-Kommission will die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Ungarn und China unter die Lupe nehmen. Die Brüsseler Behörde prüfe derzeit die Vereinbarkeit zweier Absichtserklärungen zwischen dem EU-Staat und der Volksrepublik mit dem EU-Recht, wie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson in einer schriftlichen Antwort an das EU-Parlament mitteilte. Die ungarischen Behörden seien aufgefordert, Informationen über Zweck und Umfang der Kooperation bereitzustellen und zu erklären, wie diese ihrer Ansicht nach mit den Verpflichtungen Ungarns nach EU-Recht vereinbar seien, hieß es in der Antwort auf die Anfrage der EU-Abgeordneten Sophia in’t Veld.

Abhängig vom Ergebnis der Prüfung werde die EU-Kommission über mögliche nächste Schritte entscheiden, erklärte Johansson. Bedenken gibt es demnach vor allem beim Schutz von Daten. Außerdem könnte das gegenseitige Vertrauen zwischen den EU-Staaten im Schengen-Raum dadurch beschädigt werden.

Chinesische Soldaten könnten in Ungarn patrouillieren

Im Februar hatte sich Chinas Minister für öffentliche Sicherheit, Wang Xiaohong, in Budapest mit Ungarns Regierungschef Orbán und Innenminister Sándor Pintér getroffen. Dabei wurden mehrere Absichtserklärungen unterschrieben, unter anderem zur Kooperation im Bereich Sicherheit. Die Abkommen könnten zur Folge haben, dass chinesische Polizisten in Ungarn mit ihren Kollegen patrouillieren. Ziel sei ein engerer Austausch und gegenseitige Verständigung, hieß es dazu aus Budapest. Die Patrouillen seien laut der ungarischen Regierung derzeit noch nicht im Einsatz, erklärte Johansson. 

Budapest wirbt indes in Peking um neue Investitionen: Während seines Besuchs in der chinesischen Hauptstadt traf sich Ungarns Wirtschaftsminister Márton Nagy mit Führungskräften der Bank of China (BoC) und der China Construction Bank (CCB), wie das Ministerium für Volkswirtschaft am Mittwoch mitteilte. Ziel der Verhandlungen sei es, den Dialog zur Finanzierung von Energie- und Infrastrukturentwicklungen in Ungarn zu vertiefen. ari

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Online-Handel: Wie die SPD-Fraktion Temu und Shein den Kampf ansagt

Die SPD-Bundestagsfraktion will chinesische Online-Händler wie Temu, Shein und AliExpress stärker regulieren. Aus einem Reuters vorliegenden Papier für die am Donnerstag beginnende zweitägige Fraktionsklausur geht hervor, dass die Sozialdemokraten eine massive Ausweitung der Zollkontrollen sowie die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze fordern. Hintergrund sei, dass chinesische Online-Plattformen wie Temu und Shein allein den deutschen Markt mit täglich 400.000 umweltschädlichen und teils gesundheitsgefährdenden Produkten fluteten.

“Viele Groß- und Einzelhandelsunternehmen sind zutiefst besorgt angesichts der unfairen Konkurrenz aus China, die den Wettbewerb im Handel verzerrt und eine ernsthafte Bedrohung für die lokale Wirtschaft darstellt”, heißt es in dem Papier. Vielfach würden die geltenden Umwelt- und Verbraucherschutzstandards unterlaufen und die Einfuhrbestimmungen systematisch verletzt. Bemühungen der EU-Kommission für eine stärkere Regulierung werden von der SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt. Der chinesischen Regierung wird vorgeworfen, nicht wirklich für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

Nach den derzeitigen EU-Bestimmungen müssen Pakete, die online aus einem Nicht-EU-Land gekauft werden, nicht verzollt werden, wenn ihr Wert unter 150 Euro liegt. rtr

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E-Autos: Mercedes legt 1,8 Milliarden Euro nach

Mercedes-Benz will zusammen mit Partnern in China umgerechnet knapp 1,8 Milliarden Euro in neue Elektroautos investieren. Die Summe sei Teil des bestehenden Investitionsplans, erklärte ein Mercedes-Sprecher.

Geplant sind ab 2025 eine Kompaktversion des elektrischen CLA und eine für den chinesischen Markt vorgesehene Version des SUVs GLE mit längerem Radstand. Mercedes-Benz Cars soll gut 70 Prozent der Mittel bekommen, 30 Prozent fließen in ein neues E-Modell der Vansparte. Als Erstes hatte die chinesische Zeitung “The Paper” über die China-Investition berichtet. rtr

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Presseschau

Gipfeltreffen in Peking: China will Einfluss in Afrika ausbauen – Vereinbarungen über engere Zusammenarbeit DEUTSCHLANDFUNK
China-Afrika-Forum: Warum Afrika so wichtig für China ist ZDF
Kooperation in verschiedenen Feldern: China und Nigeria beschließen engere Zusammenarbeit FOCUS
Afrikas Liebe zu China kühlt ab: Europa hat jetzt eine zweite Chance TAGESSPIEGEL
As China, U.S. climate envoys meet, presidential election casts shadow REUTERS
US expected to send senior Pentagon official to China military forum REUTERS
Taiwan’s defence reforms will help stabilise relations with China, says US envoy FINANCIAL TIMES
Ex-Mitarbeiterin Linda Sun von Gouverneurin Kathy Hochul wegen China-Spionage verhaftet T-ONLINE
US-Wahlkampf: Vorwürfe gegen die Demokraten – “Marxist Walz wird China glücklich machen” DIE PRESSE
Malaysia to probe media leak of classified diplomatic note from China SCMP
Ökonom im Interview: “Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie” FAZ
Weiterhin Mangel an kritischen Metallen befürchtet: Chinas Exportkontrollen auf kritische Metalle – es werden Vorräte angelegt ELEKTRONIKPRAXIS
The “glory days” for global automakers in China are over CNN
Außenwirtschaft: Wie China die EU-Autozölle noch abwenden will – Preise für Exportautos erhöhen und Kontingente einführen HANDELSBLATT
Konjunkturdaten: Chinas Dienstleistungssektor schwächelt – Caixin-Stimmungsbarometer fällt FINANZEN
Flugverbot über Russland für den Westen: China profitiert DW
Warum China mehrere Eisbrecher in die Arktis schickt – will sich Zugang zum Arktischen Ozean sichern FUTUREZONE

Standpunkt

Darum verursacht Chinas Geburtenkontrolle einen Produktionsniedergang

Von Yi Fuxian
Yi Fuxian, leitender Forscher im Bereich Geburtshilfe und Gynäkologie an der Universität von Wisconsin-Madison. Hier schreibt er über Bevölkerungskontrolle und Familienplanung in Xinjiang.
Yi Fuxian ist Demographie-Forscher und Wissenschaftler für Gynäkologie an der University of Wisconsin-Madison.

Chinas Überkapazitäten geben weltweit Anlass zur Sorge. Der Grund dafür ist unschwer zu erkennen: Auf China entfällt fast ein Drittel der weltweiten Wertschöpfung in der industriellen Fertigung und ein Fünftel der weltweiten Exporte in diesem Bereich. Es besteht jedoch durchaus Grund zur Annahme, dass der Niedergang der chinesischen Fertigungsindustrie unmittelbar bevorsteht.

Um die aktuelle Situation in China zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die jüngere Geschichte Japans zu werfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete der Fertigungssektor in Japan rasches Wachstum, was vor allem dem Zugang zum riesigen US-Markt zu verdanken war. Doch mit dem Plaza-Abkommen von 1985 (im Rahmen dessen [die japanische Landeswährung] Yen aufgewertet und die japanischen Exporte geschwächt wurden), einer alternden Bevölkerung und einer schrumpfenden Zahl an Erwerbstätigen kehrte sich dieser Trend um.

Von 1985 bis 2022 sank der Anteil japanischer Erzeugnisse an den US-Importen von 22 auf fünf Prozent, und Japans Anteil an den weltweiten Ausfuhren der Fertigungsindustrie ging von 16 auf vier Prozent zurück. Darüber hinaus verringerte sich auch Japans Anteil an der weltweiten Wertschöpfung des Fertigungssektors drastisch, und zwar von 22 Prozent im Jahr 1992 auf fünf Prozent im Jahr 2022. Die Zahl der japanischen Unternehmen in der Fortune Global 500-Liste sank von 149 im Jahr 1995 auf aktuell nur noch 40.

Chinas Familienpolitik sorgt für Ungleichgewicht

China hat in den letzten Jahrzehnten einen ähnlichen Aufwärtstrend vollzogen, doch der Aufstieg der chinesischen Fertigungsindustrie war noch stärker vom US-Markt abhängig. Im Zeitraum 1978 bis 1984 entsprachen Japans Einfuhren aus den Vereinigten Staaten mit 51 Prozent etwa seinen Ausfuhren in die USA. Im Vergleich dazu lag der Anteil der chinesischen Importe aus den USA im Zeitraum 2001 bis 2018 bei 23 Prozent.

Verantwortlich für dieses Ungleichgewicht ist vor allem die chinesische Familienplanungspolitik. Normalerweise würde das verfügbare Einkommen der Haushalte 60 bis 70 Prozent des BIP eines Landes ausmachen, um den Verbrauch der Haushalte in Höhe von etwa 60 Prozent des BIP zu stützen. In China jedoch schränkte die Ein-Kind-Politik – die von 1980 bis 2015 in Kraft war – die Haushaltseinkommen ein, förderte hohe Ersparnisse und dämpfte die Binnennachfrage.

Infolgedessen sank das verfügbare Einkommen der chinesischen Haushalte von 62 Prozent des BIP im Jahr 1983 auf derzeit 44 Prozent des BIP, wobei der Verbrauch der Haushalte von 53 auf 37 Prozent des BIP zurückging. Im Gegensatz dazu beträgt der Verbrauch der Haushalte in Japan 56 Prozent des BIP. Anders betrachtet: Würden die Löhne normalerweise bei 60 bis 70 Dollar liegen, bekämen chinesische Beschäftigte nur 44 Dollar, die einer Kaufkraft von 37 Dollar entsprächen, während die Kaufkraft japanischer Arbeitnehmer bei 56 Dollar läge.

Überkapazitäten lassen sich nur schwer vermeiden

Chinas Regierung verfügt jedoch über reichlich finanzielle Ressourcen, die sie für Industriesubventionen und Investitionen in die verarbeitende Industrie einsetzt. Da der chinesische Fertigungssektor zudem hohe Renditen verspricht, sind internationale Investoren gerne bereit, ihr Kapital dorthin fließen zu lassen. Hinzu kommt noch ein Überschuss an etwa 100 Millionen Arbeitskräften, sodass sich Überkapazitäten nur schwer vermeiden lassen.

Angesichts der unzureichenden Binnennachfrage besteht Chinas einzige Möglichkeit zum Abbau seiner Überkapazitäten und zur Schaffung von ausreichend Arbeitsplätzen für seine Bevölkerung darin, einen hohen Leistungsbilanzüberschuss zu halten. An dieser Stelle kommen die USA ins Spiel: Der Anteil chinesischer Güter an den US-Importen stieg von einem Prozent im Jahr 1985 auf 22 Prozent im Jahr 2017. Im Zeitraum 2001 bis 2018 entfielen drei Viertel des chinesischen Handelsüberschusses auf die USA.

Chinas riesiger Überschuss steht spiegelbildlich zu Amerikas Defizit. Der Aufstieg des chinesischen Fertigungssektors ist wohl nicht der einzige, aber ein durchaus gewichtiger Grund für den Abstieg seines US-amerikanischen Pendants. Amerikas Anteil an den weltweiten Exporten des Fertigungsbereichs blieb zwischen 1971 und 2000 mit 13 Prozent stabil, ging jedoch nach dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 drastisch zurück und lag im Jahr 2022 bei nur noch sechs Prozent. Der Anteil Amerikas an der Wertschöpfung des Fertigungssektors brach ebenfalls ein, und zwar von 25 Prozent im Jahr 2000 auf 16 Prozent im Jahr 2021.

Chinas Ein-Kind-Politik hat US-Politik tiefgreifend verändert

Der amerikanische Rostgürtel, der sich von Wisconsin bis ins östliche Pennsylvania erstreckt, wurde durch diese Entwicklungen enorm in Mitleidenschaft gezogen, weswegen die Frustration der Bevölkerung gegenüber der Globalisierung und den “politischen Eliten”, die diese gefördert hatten, stetig wuchs. Im Jahr 2016 zog Donald Trump aufgrund dieser Frustration ins Weiße Haus ein und versprach, die US-Produktion wieder anzukurbeln und China zu zwingen, seine Handelspraktiken zu ändern. Trump hofft, im November dieses Jahres wieder das Gleiche tun zu können.

In diesem Sinne hat Chinas Ein-Kind-Politik die politische Landschaft der USA zwar indirekt, aber durchaus tiefgreifend verändert. Heute gestaltet die amerikanische Politik die chinesische Wirtschaft neu. Die amerikanischen Maßnahmen gegen China, die 2018 mit Trumps Zöllen einsetzten und sich unter Präsident Joe Biden, verschärften, haben dazu geführt, dass der Anteil chinesischer Waren an den US-Importen in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auf nur noch 12,7 Prozent gesunken ist.

China verliert nicht nur den amerikanischen Markt, sondern auch einige seiner eigenen Fertigungsbetriebe, die einen Teil ihrer Produktion in Länder wie Vietnam und Mexiko verlagern, um die US-Zölle zu umgehen. Diese teilweise Verlagerung deutet auf einen umfassenderen Rückzug hin, ähnlich der Situation des japanischen Fertigungssektors, als dieser im Niedergang begriffen war.

Geburtenrückgang und Arbeitskräftemangel

China ähnelt Japan zunehmend auch aus zwei anderen Gründen. Erstens schrumpft und altert die Erwerbsbevölkerung rapide. Nach Angaben der Regierung sind die jährlichen Geburten von durchschnittlich 23,4 Millionen in den Jahren 1962 bis 1990 auf nur noch neun Millionen im letzten Jahr gesunken, und selbst diese Zahl ist wahrscheinlich stark übertrieben. In ein paar Jahren wird China wohl nur noch sechs Millionen Geburten pro Jahr verzeichnen. Unterdessen ist das Durchschnittsalter der Wanderarbeiter, die 80 Prozent der Beschäftigten im chinesischen Fertigungsbereich stellen, von 34 Jahren im Jahr 2008 auf 43 Jahre im vergangenen Jahr angestiegen, wobei der Anteil der über 50-Jährigen von elf auf 31 Prozent gestiegen ist. Einige Produktionsstätten werden bereits wegen Arbeitskräftemangels geschlossen.

Zweitens wird Chinas Dienstleistungssektor das verarbeitende Gewerbe zusehends unter Druck setzen. Da die chinesische Regierung bestrebt ist, den Anteil der verfügbaren Haushaltseinkommen am BIP zu erhöhen, wird die chinesische Nachfrage nach US-Gütern steigen, und ein Teil der Beschäftigten im Fertigungssektor wird in den Dienstleistungssektor wechseln, wo auch die rasch wachsende Zahl von Hochschulabsolventen Aufnahme findet.

Der Niedergang des Fertigungssektors wird vielleicht nicht so schnell vonstattengehen wie in Japan, da China über einen größeren Binnenmarkt und ein umfassenderes industrielles Ökosystem verfügt. Außerdem investiert das Land stark in Künstliche Intelligenz und Robotik, was zu Produktivitätssteigerungen führen könnte. Dennoch ist der Niedergang unvermeidlich und unumkehrbar. Zum Leidwesen der USA wird dies jedoch nicht unbedingt zu einer Wiederbelebung der amerikanischen Industrie führen.

Übersetzung: Helga Klinger-Groier

Yi Fuxian ist leitender Wissenschaftler an der University of Wisconsin in Madison. Er stand an der Spitze der Bewegung gegen die chinesische Ein-Kind-Politik und ist Autor des Buches Big Country with an Empty Nest (China Development Press, 2013), das in China zunächst verboten war, später jedoch an erster Stelle der Rangliste der 100 Bücher des Jahres 2013 von China Publishing Today stand.

Copyright: Project Syndicate, 2024.
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Personalien

Alain Ruinet ist seit August Head of APAC und China bei Airbus Defence and Space. Ruinet soll für den Konzern in Deutschland, Singapur und China unter anderem das Projektmanagement in den Bereichen Kommunikation, Nachrichtendienste und IT-Systeme mitgestalten. Seine Einsatzorte sind Singapur und Peking.  

Madeleine Tang hat im Juli bei Tiktok die Position der Senior Strategic Partnerships Managerin für Deutschland, Schweiz und Österreich übernommen. Tang war zuvor unter anderem für Alibaba in Europa tätig. Sie hat in Wien Business Administration und Sinologie studiert. 

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Dessert

Mit ihren quietschgelben Anoraks sehen sie aus wie Männchen von Lego oder die Minions. Die Elektriker installieren in der Stadt Chuzhou, Provinz Anhui, intelligente Schalter an den Strommasten. Damit wollen sie den Strombedarf der örtlichen Herbsternte koordinieren und portionieren, damit den privaten Haushalten nicht die Elektrizität ausgeht. Ein hochkomplexes Unterfangen im Zuge von Chinas Energiewende: Schließlich soll niemandem im Herbst der Saft abgedreht werden.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es scheint ja wie verhext mit dem chinesischen Binnenmarkt. Statt die großen Versprechen auf die Zukunft einzuhalten, schauen die Konsumenten von hochwertigen Uhren, Juwelen und Maßanzügen zunehmend nach Second-Hand-Luxus im Internet.

    Sobald der Saldo auf dem Privatkonto kein Guthaben in exorbitanten Dimensionen vorweist, dann dreht irgendwann auch der Besserverdienende in China den Mao eben zweimal um. Sparsamkeit ist den Chinesen schließlich in die Wiege gelegt wie wenig anderen Nationen der Welt.

    Die Luxusproduzenten aus Europa spüren den Geist der Vergangenheit schmerzlich an ihren Umsatzzahlen, schreibt Jörg Petring. Deshalb der Tipp an Louis Vuitton und Co.: Einfach mal die Preise senken, damit Höhe der Forderungen und Warenwerte sich realistisch annähern.

    Zu den Luxusgütern gehören übrigens auch Metalle und Mineralien. Zumindest im Politpoker der Volkswirtschaften. China sitzt auf solch großen Mengen Seltener Erden und kritischer Mineralien, dass es deren Ausfuhren sogar als wirtschaftspolitisches Druckmittel einsetzen kann. Das ist vielleicht etwas anderes als eine todschicke Handtasche von Louis Vuitton am Arm. Aber eine Form von Luxus ist das ganz sicher auch.

    Christiane Kühl erklärt, weshalb dieser Luxus zu weiteren Exportbeschränkungen von chinesischer Seite führen könnte.

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    Kritische Mineralien: Warum mehr Beschränkungen durch Peking drohen

    Mine für seltene Erden in China
    Mine für Seltene Erden in China: Für die Mineraliengruppe drohen laut einer Studie von Trivium China Exportkontrollen.

    Am 15. September treten in China Ausfuhrkontrollen für das Metall Antimon in Kraft, das für Autobatterien und Solaranlagen, aber auch für Waffen und militärische Ausrüstung wie Munition und Nachtsichtgeräte benötigt wird. Es ist nach Gallium, Germanium und hochreinem Grafit das vierte Metall, für das Peking die Ausfuhren staatlich reguliert. Und so ist es kein Wunder, dass der Westen sich wegen der Abhängigkeiten von China bei kritischen Mineralien zunehmend sorgt. Das Land ist die weltweit wichtigste Quelle für zahlreiche wichtige Mineralien oder aus ihnen verarbeiteten Produkten.

    Die Zielländer verstärken zwar ihre Bemühungen, die Beschaffung kritischer Mineralien zu diversifizieren. Das EU-Gesetz über kritische Rohstoffe (EU Critical Raw Materials Act ) etwa legt für 2030 einen Maximalanteil von 65 Prozent fest, die vom Bedarf jedes kritischen Rohstoffs aus einem einzigen Land bezogen werden darf. Doch die Umstellung benötigt vielleicht mehr Zeit, als es das Gesetz vorsieht.

    Ausfuhrkontrollen als Vergeltung für Sanktionen?

    Das Argument Pekings lautet stets, dass die Kontrollen dem Schutz der “nationalen Sicherheit” dienten. Viele Experten sehen sie eher als Reaktion auf Ausfuhrbeschränkungen der USA oder Untersuchungen und Ausgleichszölle wie jene der EU zu E-Autos.

    • Für die Metalle Gallium und Germanium gab Peking Anfang Juli 2023 Exportbeschränkungen bekannt. Wer sie ausführen will, braucht eine Lizenz. Kurz vorher hatten sich Japan und die Niederlande an den US-Chipsanktionen beteiligt.
    • Im Oktober führte Peking Ausfuhrkontrollen von hochreinem und kugelförmigem Grafit ein, der in E-Auto-Batterien und Halbleitern verwendet wird – nach der EU-Ankündigung, eine Anti-Subventionsuntersuchung auf chinesische E-Autos zu starten.

    Im Dezember verbot Peking zudem den Export von Technologien zur Herstellung sogenannter Dauermagneten aus Seltenen Erden, die für E-Autos, Turbinen und Elektronik gebraucht werden. Das gilt als Warnschuss, dass auch die Seltenen Erden selbst ins Visier geraten könnten.

    Trivium-Studie: Welche Mineralien sich für Exportkontrollen eignen

    “Von seinem kleinen Arsenal möglicher Vergeltungsmaßnahmen ist die Verhängung von Ausfuhrbeschränkungen für kritische Mineralien die praktischste Option“, meint Cory Combs, Associate Director Climate-Energy-Industrial Policy der Beratungsagentur Trivium China. Denn China habe durch seinen Mineralien-Reichtum “Einfluss auf eine Vielzahl nachgelagerter Verbraucher.” Combs erwartete schon im Frühjahr neue Kontrollen für 2024. “Die große Frage ist, welche Mineralienausfuhr China als Nächstes ins Visier nehmen wird”, schrieb er. Peking gab inzwischen die Antwort: Antimon.

    Das Metall gehörte zu jenen neun Mineralien, für das Combs und sein Team Kontrollen vorhergesagt hatten, nachdem sie, basierend auf Chinas strategischen Interessen, die Wahrscheinlichkeit solcher Kontrollen für 73 kritische Rohstoffe nach einem Punktesystem untersucht hatten. Peking werde für Exportkontrollen Mineralien auswählen, die diese Kriterien erfüllen:

    • Die Mineralien sind von hoher Bedeutung für die Industrie der Zielländer wie USA, EU oder Japan;
    • der Exportstopp beeinträchtigt die Fähigkeit der Zielländer zur Produktion von Halbleitern, Batterien oder Dual-Use-Technologien;
    • China dominiert die Lieferkette.

    Vermeiden werde Peking dagegen Kontrollen

    • für die Ausfuhr verarbeiteter Mineralienprodukte, deren Rohstoffe China selbst importieren muss;
    • wo es durch solche Kontrollen Störungen der eigenen Industrieproduktion und Exporte befürchten müsste.

    Bald auch Lizenzen für Wolfram, Seltene Erden, Magnesium?

    Das Punktesystem berücksichtigte all diese Aspekte. Neben Antimon landeten dadurch folgende acht Mineralien in der Trivium-Liste für Mineralien, die von Exportkontrollen betroffen sein könnten:

    • Wolfram (China: 81 Prozent der weltweiten Produktion und 52 Prozent der Reserven)
    • Seltene Erden (China: 68 Prozent der Förderung und 80 bis 90 Prozent der Produktion von Dauermagneten aus diesen Materialien)
    • Vanadium (China: 68 Prozent der weltweiten Produktion und vergleichsweise moderate 23 Prozent der Reserven)
    • Magnesium (China: 88 Prozent der weltweiten Verarbeitung; das Mineral selbst ist nicht knapp, da es theoretisch aus Meerwasser gewonnen werden kann)
    • Kupfer (China: Ein Drittel der weltweiten Erzverhüttungs- und Raffineriekapazität; Kupferreserven vor allem über eigene Minen in Übersee)
    • Indium (China: 66 Prozent der Weltproduktion; der Rohstoff ist ein Nebenprodukt der Erzverarbeitung)
    • Titan (China fördert 36 Prozent des weltweiten Ilmenits – ein Mineral, aus dem 90 Prozent des Titans gewonnen werden)
    • Wismut (China: Rund 80 Prozent der Wismut-Verarbeitung)

    Alle diese Mineralien werden laut Trivium in den USA, der EU und Japan als “kritische Mineralien” geführt – bis auf Wismut, das in Japan nicht auf der Liste stehe. Bei den bereits unter Ausfuhrkontrollen stehenden Mineralien sind die Abhängigkeiten ähnlich groß: Chinas Anteil an der weltweiten Grafitproduktion liegt bei 78 Prozent. Bei der Antimon-Förderung sind es immerhin 48 Prozent.

    Exportkontrollen: Folgen für Handelszahlen

    Ob es zu den von Combs befürchteten Kontrollen wirklich kommt, ist offen. Bislang sind die Regeln für den Export von Grafit, Gallium und Germanium vor allem eine Drohung, die der Abschreckung dient. Tatsächlich hat China noch keine Ausfuhren dieser Metalle unterbunden.

    Trotzdem hatten die Ankündigungen Folgen für den Handel. Laut Bloomberg stiegen die Überseeverkäufe von Gallium, Germanium und Grafit jeweils in dem Monat vor Beginn der Ausfuhrkontrollen sprunghaft an, da sich die Käufer mit Vorräten eindeckten – worauf ein steiler Rückgang und dann eine Erholung folgten. Das Gleiche könnte nun bei Antimon passieren.

    Während Gallium sich weitgehend erholt habe, hinken Germanium und Grafit nach dem Bloomberg-Bericht etwas hinterher – was unter anderem damit zu tun habe, dass Käufer bereits dabei sind, ihre Quellen zu diversifizieren. So vereinbarten die EU und die USA mit der Demokratischen Republik Kongo im April die Lieferung von Germanium.

    Chinas Ausfuhren von Naturgrafit lagen in den ersten sieben Monaten 2024 um 17 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, was laut Xu Peng von Bloomberg NEF sowohl auf einen Anstieg des Grafit-Bergbaus im Ausland, als auch auf die nachlassende Nachfrage nach E-Autos zurückzuführen sei. Die Lage ist also komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheint.

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    Luxusmarkt: Warum die große Wette auf China verloren gehen könnte

    Der größte Absatzmarkt für Luxusgüter hat seine Dynamik verloren. Die Flaute macht sich in den Geschäften der Anbieter bemerkbar.

    Die große Wette der europäischen Luxus-Konzerne auf den chinesischen Markt droht verloren zu gehen. Ihre jüngsten Geschäftszahlen enttäuschten durchweg, vor allem, weil es in China nicht mehr rund läuft. Der Pariser Branchenführer LVMH, zu dem Marken wie Louis Vuitton, Dior und Bulgari gehören, meldete im zweiten Quartal einen Rückgang der Verkäufe in der Region um 14 Prozent. Schon im ersten Quartal war der Umsatz um sechs Prozent gefallen. 

    Die Anleger sind entsprechend enttäuscht. Wegen der anhaltenden Flaute ist LVMH nun nicht mehr das wertvollste Unternehmen Europas. Gründer Bernard Arnault musste den Titel des reichsten Mannes der Welt wieder an Elon Musk abgeben. Aber LVMH steht mit diesen Problemen nicht allein da.

    Die Umsätze gehen durch die Bank zurück

    • Die Schweizer Swatch Group, zu der Marken wie Blancpain, Longines und Omega gehören, verzeichnete im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang um 14,4 Prozent – vor allem wegen schwacher Verkäufe von Schmuck und Uhren in China.
    • Auch deren Mitbewerber Richemont, zu dem Cartier gehört, meldete im letzten Quartal einen Einbruch der Umsätze in der Region Greater China um 27 Prozent.
    • Der deutsche Modekonzern Hugo Boss senkte seine Umsatzprognose für das laufende Jahr aufgrund der schwachen Nachfrage in China.
    • Hermes, bekannt für seine Luxustaschen, konnte die Umsätze in China zwar weiter steigern, doch in den USA und Europa entwickelten sich die Geschäfte deutlich besser.
    • Kering, zu dem Gucci gehört, verzeichnete im abgelaufenen Quartal einen Rückgang der Umsätze in der Region um 19 Prozent.

    Für Europas Wirtschaft steht viel auf dem Spiel, denn praktisch alle wichtigen Luxusmarken kommen von dort. China war jahrelang ihr wichtigster Wachstumsmarkt. Chinesische Käufer machen heute 23 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Luxusgütern aus. Laut Prognosen des Beratungsunternehmens Bain sollte dieser Anteil bis 2030 eigentlich auf 40 Prozent steigen. Dann wären Chinesen die wichtigste Käufergruppe, noch vor Europäern und Amerikanern. 

    Schon seit der Pandemie Probleme

    Doch langsam setzt sich in der Branche die Erkenntnis durch, dass die optimistischen Prognosen vielleicht zu ehrgeizig waren. Die Bedingungen in China haben sich anders entwickelt als erhofft.

    Der Markt geriet 2022 ins Stocken, als die Regierung Pandemie-Lockdowns in Städten wie Shanghai, Peking und Guangzhou verhängte. Nach den Lockerungen gab es einen kurzen Shopping-Boom. Doch die schwache Wirtschaft und die anhaltende Immobilienkrise haben der Mittelschicht die Lust auf Luxus genommen. 

    Zudem hat sich eine gewisse Bescheidenheit breitgemacht, wie die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei berichtet. Second-Hand-Luxusgüter werden demnach in China immer beliebter. “Neue Dinge sind teuer, deshalb schaue ich mir Secondhand-Artikel an”, zitiert Nikkei einen Kunden in einem Geschäft für gebrauchte Luxustaschen in Guangzhou. Dort werden Designertaschen von Louis Vuitton und Burberry mit bis zu 80 Prozent Rabatt angeboten.

    Graumarkt und Second-Hand floriert

    Doch nicht nur der Second-Hand-Trend macht den europäischen Konzernen zu schaffen. Sie stehen auch einem wachsenden Graumarkt gegenüber. Dort werden brandneue, authentische Produkte mit hohen Rabatten verkauft. Laut einem Bericht der Datenfirma Re-Hub, aus dem Bloomberg zitiert, hat vor allem die chinesische Online-Plattform Dewu den Markt stark verändert. Auf Dewu werden inzwischen teilweise mehr Luxusartikel verkauft als auf offiziellen Online-Store-Plattformen wie Tmall, das zu Alibaba gehört. 

    Das Geschäftsmodell ist einfach: Luxusmarken kontrollieren eigentlich streng ihre Vertriebskanäle und verkaufen bevorzugt über eigene Boutiquen oder ausgewählte Partner. Graumarkt-Plattformen wie Dewu umgehen diese Kanäle. Einzelpersonen oder kleine Händler, die Waren aus dem Ausland oder über inoffizielle Wege beziehen, bieten sie dort an.

    Konzerne schlagen zurück

    Viele Graumarkt-Angebote stammen derzeit aus Japan. Durch den günstigen Yen waren Luxusartikel dort billiger als in China. Händler, die die Waren am Zoll vorbeischmuggeln und auf Dewu anbieten, machen ein gutes Geschäft. Laut Bloomberg und Re-Hub lagen die Verkaufszahlen von Outdoor-Marken wie Moncler und Canada Goose auf Dewu während der Hauptsaison 2,5- bis 15-mal höher als auf den offiziellen Online-Stores bei Tmall. Auch Luxusjuweliere wie Cartier und Van Cleef & Arpels verkauften auf Dewu bis zu 6,8-mal mehr als auf Tmall. Die Rabatte lagen oft bei 50 bis 70 Prozent.

    Die Luxusmarken ergreifen nun Maßnahmen. Schwarze Listen für verdächtige Käufer wurden eingeführt. Außerdem werden die Großhandelskanäle gestrafft und der Warenfluss nach China genauer analysiert. Doch damit es den Unternehmen in China endlich wieder besser geht, braucht es vor allem eines: Das wirtschaftliche Umfeld muss sich verbessern und die Konsumlaune wieder anziehen. 

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    Gipfel: Wie Xi Jinping Afrika umgarnt

    Mit einem prunkvollen Bankett hat Staats- und Parteichef das China-Afrika-Kooperationsforum in Peking eröffnet. Das Abendessen war Auftakt eines dreitägigen Gipfeltreffens, an dem Staatsoberhäupter und Regierungsvertreter von 50 afrikanischen Staaten teilnehmen werden. Chinesische Staatsmedien bezeichneten Xi als “wahren Freund Afrikas”. Unter seiner Führung würden die Beziehungen “neue Höhen” erreichen.

    Zuvor hat Xi eine Vereinbarung mit der tansanischen Präsidentin Samba Suluhu Hassan und Sambias Präsidenten Hakainde Hichilema unterzeichnet, in der sie vereinbarten, eine grenzüberschreitende Bahnlinie aus den 1970er Jahren wiederzubeleben. Die Tazara-Eisenbahnverbindung vom sambischen Kapiri Mposhi bis in die tansanische Hafenstadt Daressalam wurde Anfang der 1970er Jahre schon damals mithilfe chinesischer Kredite und Tausender chinesische Arbeitern gebaut. China wollte Sambia damals helfen, sich wirtschaftlich unabhängiger von Apartheid-Südafrika und dem von damals noch von weißen Siedlern regierten Rhodesien (heute Simbabwe) zu machen. Derzeit wird die Strecke nur noch von wenigen Güterzügen genutzt, weil sie nie saniert worden ist.

    Mit seinem nigerianischen Amtskollegen Bola Tinubu vereinbarte Xi eine strategische Partnerschaft in den Bereichen, Handel, Sicherheit und Technologie. Der gemeinsamen Erklärung zufolge will China zu Investitionen in Nigeria ermutigen. Nigeria wiederum sagte zu, chinesische Firmen beim Bau von Fabriken und der Erschließung von Energie- und Rohstoffressourcen zu bevorzugen. flee

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    Signal an Putin: Warum Xi erneut nach Russland reist

    China und Russland arbeiten einem Bericht zufolge an einer möglichen Teilnahme des chinesischen Präsidenten Xi Jinping am bevorstehenden Brics-Gipfel in Russland. “Beide Seiten stehen in dieser Angelegenheit in engem Kontakt”, zitierte die Nachrichtenagentur Tass den chinesischen Botschafter in Moskau, Zhang Hanhui. Eine Bestätigung für Xis Teilnahme steht noch aus. Das Gipfeltreffen soll im Oktober in der russischen Stadt Kasan stattfinden. Xis Teilnahme an dem Treffen wäre von großer politischer Bedeutung, da er damit erneut deutlich macht, auf wessen Seite er im Ukraine-Krieg steht. rtr/flee

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    EU-Kommission: Dieses Abkommen zwischen Ungarn und China ruft Brüssel auf den Plan

    Die EU-Kommission will die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Ungarn und China unter die Lupe nehmen. Die Brüsseler Behörde prüfe derzeit die Vereinbarkeit zweier Absichtserklärungen zwischen dem EU-Staat und der Volksrepublik mit dem EU-Recht, wie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson in einer schriftlichen Antwort an das EU-Parlament mitteilte. Die ungarischen Behörden seien aufgefordert, Informationen über Zweck und Umfang der Kooperation bereitzustellen und zu erklären, wie diese ihrer Ansicht nach mit den Verpflichtungen Ungarns nach EU-Recht vereinbar seien, hieß es in der Antwort auf die Anfrage der EU-Abgeordneten Sophia in’t Veld.

    Abhängig vom Ergebnis der Prüfung werde die EU-Kommission über mögliche nächste Schritte entscheiden, erklärte Johansson. Bedenken gibt es demnach vor allem beim Schutz von Daten. Außerdem könnte das gegenseitige Vertrauen zwischen den EU-Staaten im Schengen-Raum dadurch beschädigt werden.

    Chinesische Soldaten könnten in Ungarn patrouillieren

    Im Februar hatte sich Chinas Minister für öffentliche Sicherheit, Wang Xiaohong, in Budapest mit Ungarns Regierungschef Orbán und Innenminister Sándor Pintér getroffen. Dabei wurden mehrere Absichtserklärungen unterschrieben, unter anderem zur Kooperation im Bereich Sicherheit. Die Abkommen könnten zur Folge haben, dass chinesische Polizisten in Ungarn mit ihren Kollegen patrouillieren. Ziel sei ein engerer Austausch und gegenseitige Verständigung, hieß es dazu aus Budapest. Die Patrouillen seien laut der ungarischen Regierung derzeit noch nicht im Einsatz, erklärte Johansson. 

    Budapest wirbt indes in Peking um neue Investitionen: Während seines Besuchs in der chinesischen Hauptstadt traf sich Ungarns Wirtschaftsminister Márton Nagy mit Führungskräften der Bank of China (BoC) und der China Construction Bank (CCB), wie das Ministerium für Volkswirtschaft am Mittwoch mitteilte. Ziel der Verhandlungen sei es, den Dialog zur Finanzierung von Energie- und Infrastrukturentwicklungen in Ungarn zu vertiefen. ari

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    Online-Handel: Wie die SPD-Fraktion Temu und Shein den Kampf ansagt

    Die SPD-Bundestagsfraktion will chinesische Online-Händler wie Temu, Shein und AliExpress stärker regulieren. Aus einem Reuters vorliegenden Papier für die am Donnerstag beginnende zweitägige Fraktionsklausur geht hervor, dass die Sozialdemokraten eine massive Ausweitung der Zollkontrollen sowie die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze fordern. Hintergrund sei, dass chinesische Online-Plattformen wie Temu und Shein allein den deutschen Markt mit täglich 400.000 umweltschädlichen und teils gesundheitsgefährdenden Produkten fluteten.

    “Viele Groß- und Einzelhandelsunternehmen sind zutiefst besorgt angesichts der unfairen Konkurrenz aus China, die den Wettbewerb im Handel verzerrt und eine ernsthafte Bedrohung für die lokale Wirtschaft darstellt”, heißt es in dem Papier. Vielfach würden die geltenden Umwelt- und Verbraucherschutzstandards unterlaufen und die Einfuhrbestimmungen systematisch verletzt. Bemühungen der EU-Kommission für eine stärkere Regulierung werden von der SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt. Der chinesischen Regierung wird vorgeworfen, nicht wirklich für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.

    Nach den derzeitigen EU-Bestimmungen müssen Pakete, die online aus einem Nicht-EU-Land gekauft werden, nicht verzollt werden, wenn ihr Wert unter 150 Euro liegt. rtr

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    E-Autos: Mercedes legt 1,8 Milliarden Euro nach

    Mercedes-Benz will zusammen mit Partnern in China umgerechnet knapp 1,8 Milliarden Euro in neue Elektroautos investieren. Die Summe sei Teil des bestehenden Investitionsplans, erklärte ein Mercedes-Sprecher.

    Geplant sind ab 2025 eine Kompaktversion des elektrischen CLA und eine für den chinesischen Markt vorgesehene Version des SUVs GLE mit längerem Radstand. Mercedes-Benz Cars soll gut 70 Prozent der Mittel bekommen, 30 Prozent fließen in ein neues E-Modell der Vansparte. Als Erstes hatte die chinesische Zeitung “The Paper” über die China-Investition berichtet. rtr

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    Presseschau

    Gipfeltreffen in Peking: China will Einfluss in Afrika ausbauen – Vereinbarungen über engere Zusammenarbeit DEUTSCHLANDFUNK
    China-Afrika-Forum: Warum Afrika so wichtig für China ist ZDF
    Kooperation in verschiedenen Feldern: China und Nigeria beschließen engere Zusammenarbeit FOCUS
    Afrikas Liebe zu China kühlt ab: Europa hat jetzt eine zweite Chance TAGESSPIEGEL
    As China, U.S. climate envoys meet, presidential election casts shadow REUTERS
    US expected to send senior Pentagon official to China military forum REUTERS
    Taiwan’s defence reforms will help stabilise relations with China, says US envoy FINANCIAL TIMES
    Ex-Mitarbeiterin Linda Sun von Gouverneurin Kathy Hochul wegen China-Spionage verhaftet T-ONLINE
    US-Wahlkampf: Vorwürfe gegen die Demokraten – “Marxist Walz wird China glücklich machen” DIE PRESSE
    Malaysia to probe media leak of classified diplomatic note from China SCMP
    Ökonom im Interview: “Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie” FAZ
    Weiterhin Mangel an kritischen Metallen befürchtet: Chinas Exportkontrollen auf kritische Metalle – es werden Vorräte angelegt ELEKTRONIKPRAXIS
    The “glory days” for global automakers in China are over CNN
    Außenwirtschaft: Wie China die EU-Autozölle noch abwenden will – Preise für Exportautos erhöhen und Kontingente einführen HANDELSBLATT
    Konjunkturdaten: Chinas Dienstleistungssektor schwächelt – Caixin-Stimmungsbarometer fällt FINANZEN
    Flugverbot über Russland für den Westen: China profitiert DW
    Warum China mehrere Eisbrecher in die Arktis schickt – will sich Zugang zum Arktischen Ozean sichern FUTUREZONE

    Standpunkt

    Darum verursacht Chinas Geburtenkontrolle einen Produktionsniedergang

    Von Yi Fuxian
    Yi Fuxian, leitender Forscher im Bereich Geburtshilfe und Gynäkologie an der Universität von Wisconsin-Madison. Hier schreibt er über Bevölkerungskontrolle und Familienplanung in Xinjiang.
    Yi Fuxian ist Demographie-Forscher und Wissenschaftler für Gynäkologie an der University of Wisconsin-Madison.

    Chinas Überkapazitäten geben weltweit Anlass zur Sorge. Der Grund dafür ist unschwer zu erkennen: Auf China entfällt fast ein Drittel der weltweiten Wertschöpfung in der industriellen Fertigung und ein Fünftel der weltweiten Exporte in diesem Bereich. Es besteht jedoch durchaus Grund zur Annahme, dass der Niedergang der chinesischen Fertigungsindustrie unmittelbar bevorsteht.

    Um die aktuelle Situation in China zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die jüngere Geschichte Japans zu werfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete der Fertigungssektor in Japan rasches Wachstum, was vor allem dem Zugang zum riesigen US-Markt zu verdanken war. Doch mit dem Plaza-Abkommen von 1985 (im Rahmen dessen [die japanische Landeswährung] Yen aufgewertet und die japanischen Exporte geschwächt wurden), einer alternden Bevölkerung und einer schrumpfenden Zahl an Erwerbstätigen kehrte sich dieser Trend um.

    Von 1985 bis 2022 sank der Anteil japanischer Erzeugnisse an den US-Importen von 22 auf fünf Prozent, und Japans Anteil an den weltweiten Ausfuhren der Fertigungsindustrie ging von 16 auf vier Prozent zurück. Darüber hinaus verringerte sich auch Japans Anteil an der weltweiten Wertschöpfung des Fertigungssektors drastisch, und zwar von 22 Prozent im Jahr 1992 auf fünf Prozent im Jahr 2022. Die Zahl der japanischen Unternehmen in der Fortune Global 500-Liste sank von 149 im Jahr 1995 auf aktuell nur noch 40.

    Chinas Familienpolitik sorgt für Ungleichgewicht

    China hat in den letzten Jahrzehnten einen ähnlichen Aufwärtstrend vollzogen, doch der Aufstieg der chinesischen Fertigungsindustrie war noch stärker vom US-Markt abhängig. Im Zeitraum 1978 bis 1984 entsprachen Japans Einfuhren aus den Vereinigten Staaten mit 51 Prozent etwa seinen Ausfuhren in die USA. Im Vergleich dazu lag der Anteil der chinesischen Importe aus den USA im Zeitraum 2001 bis 2018 bei 23 Prozent.

    Verantwortlich für dieses Ungleichgewicht ist vor allem die chinesische Familienplanungspolitik. Normalerweise würde das verfügbare Einkommen der Haushalte 60 bis 70 Prozent des BIP eines Landes ausmachen, um den Verbrauch der Haushalte in Höhe von etwa 60 Prozent des BIP zu stützen. In China jedoch schränkte die Ein-Kind-Politik – die von 1980 bis 2015 in Kraft war – die Haushaltseinkommen ein, förderte hohe Ersparnisse und dämpfte die Binnennachfrage.

    Infolgedessen sank das verfügbare Einkommen der chinesischen Haushalte von 62 Prozent des BIP im Jahr 1983 auf derzeit 44 Prozent des BIP, wobei der Verbrauch der Haushalte von 53 auf 37 Prozent des BIP zurückging. Im Gegensatz dazu beträgt der Verbrauch der Haushalte in Japan 56 Prozent des BIP. Anders betrachtet: Würden die Löhne normalerweise bei 60 bis 70 Dollar liegen, bekämen chinesische Beschäftigte nur 44 Dollar, die einer Kaufkraft von 37 Dollar entsprächen, während die Kaufkraft japanischer Arbeitnehmer bei 56 Dollar läge.

    Überkapazitäten lassen sich nur schwer vermeiden

    Chinas Regierung verfügt jedoch über reichlich finanzielle Ressourcen, die sie für Industriesubventionen und Investitionen in die verarbeitende Industrie einsetzt. Da der chinesische Fertigungssektor zudem hohe Renditen verspricht, sind internationale Investoren gerne bereit, ihr Kapital dorthin fließen zu lassen. Hinzu kommt noch ein Überschuss an etwa 100 Millionen Arbeitskräften, sodass sich Überkapazitäten nur schwer vermeiden lassen.

    Angesichts der unzureichenden Binnennachfrage besteht Chinas einzige Möglichkeit zum Abbau seiner Überkapazitäten und zur Schaffung von ausreichend Arbeitsplätzen für seine Bevölkerung darin, einen hohen Leistungsbilanzüberschuss zu halten. An dieser Stelle kommen die USA ins Spiel: Der Anteil chinesischer Güter an den US-Importen stieg von einem Prozent im Jahr 1985 auf 22 Prozent im Jahr 2017. Im Zeitraum 2001 bis 2018 entfielen drei Viertel des chinesischen Handelsüberschusses auf die USA.

    Chinas riesiger Überschuss steht spiegelbildlich zu Amerikas Defizit. Der Aufstieg des chinesischen Fertigungssektors ist wohl nicht der einzige, aber ein durchaus gewichtiger Grund für den Abstieg seines US-amerikanischen Pendants. Amerikas Anteil an den weltweiten Exporten des Fertigungsbereichs blieb zwischen 1971 und 2000 mit 13 Prozent stabil, ging jedoch nach dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 drastisch zurück und lag im Jahr 2022 bei nur noch sechs Prozent. Der Anteil Amerikas an der Wertschöpfung des Fertigungssektors brach ebenfalls ein, und zwar von 25 Prozent im Jahr 2000 auf 16 Prozent im Jahr 2021.

    Chinas Ein-Kind-Politik hat US-Politik tiefgreifend verändert

    Der amerikanische Rostgürtel, der sich von Wisconsin bis ins östliche Pennsylvania erstreckt, wurde durch diese Entwicklungen enorm in Mitleidenschaft gezogen, weswegen die Frustration der Bevölkerung gegenüber der Globalisierung und den “politischen Eliten”, die diese gefördert hatten, stetig wuchs. Im Jahr 2016 zog Donald Trump aufgrund dieser Frustration ins Weiße Haus ein und versprach, die US-Produktion wieder anzukurbeln und China zu zwingen, seine Handelspraktiken zu ändern. Trump hofft, im November dieses Jahres wieder das Gleiche tun zu können.

    In diesem Sinne hat Chinas Ein-Kind-Politik die politische Landschaft der USA zwar indirekt, aber durchaus tiefgreifend verändert. Heute gestaltet die amerikanische Politik die chinesische Wirtschaft neu. Die amerikanischen Maßnahmen gegen China, die 2018 mit Trumps Zöllen einsetzten und sich unter Präsident Joe Biden, verschärften, haben dazu geführt, dass der Anteil chinesischer Waren an den US-Importen in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auf nur noch 12,7 Prozent gesunken ist.

    China verliert nicht nur den amerikanischen Markt, sondern auch einige seiner eigenen Fertigungsbetriebe, die einen Teil ihrer Produktion in Länder wie Vietnam und Mexiko verlagern, um die US-Zölle zu umgehen. Diese teilweise Verlagerung deutet auf einen umfassenderen Rückzug hin, ähnlich der Situation des japanischen Fertigungssektors, als dieser im Niedergang begriffen war.

    Geburtenrückgang und Arbeitskräftemangel

    China ähnelt Japan zunehmend auch aus zwei anderen Gründen. Erstens schrumpft und altert die Erwerbsbevölkerung rapide. Nach Angaben der Regierung sind die jährlichen Geburten von durchschnittlich 23,4 Millionen in den Jahren 1962 bis 1990 auf nur noch neun Millionen im letzten Jahr gesunken, und selbst diese Zahl ist wahrscheinlich stark übertrieben. In ein paar Jahren wird China wohl nur noch sechs Millionen Geburten pro Jahr verzeichnen. Unterdessen ist das Durchschnittsalter der Wanderarbeiter, die 80 Prozent der Beschäftigten im chinesischen Fertigungsbereich stellen, von 34 Jahren im Jahr 2008 auf 43 Jahre im vergangenen Jahr angestiegen, wobei der Anteil der über 50-Jährigen von elf auf 31 Prozent gestiegen ist. Einige Produktionsstätten werden bereits wegen Arbeitskräftemangels geschlossen.

    Zweitens wird Chinas Dienstleistungssektor das verarbeitende Gewerbe zusehends unter Druck setzen. Da die chinesische Regierung bestrebt ist, den Anteil der verfügbaren Haushaltseinkommen am BIP zu erhöhen, wird die chinesische Nachfrage nach US-Gütern steigen, und ein Teil der Beschäftigten im Fertigungssektor wird in den Dienstleistungssektor wechseln, wo auch die rasch wachsende Zahl von Hochschulabsolventen Aufnahme findet.

    Der Niedergang des Fertigungssektors wird vielleicht nicht so schnell vonstattengehen wie in Japan, da China über einen größeren Binnenmarkt und ein umfassenderes industrielles Ökosystem verfügt. Außerdem investiert das Land stark in Künstliche Intelligenz und Robotik, was zu Produktivitätssteigerungen führen könnte. Dennoch ist der Niedergang unvermeidlich und unumkehrbar. Zum Leidwesen der USA wird dies jedoch nicht unbedingt zu einer Wiederbelebung der amerikanischen Industrie führen.

    Übersetzung: Helga Klinger-Groier

    Yi Fuxian ist leitender Wissenschaftler an der University of Wisconsin in Madison. Er stand an der Spitze der Bewegung gegen die chinesische Ein-Kind-Politik und ist Autor des Buches Big Country with an Empty Nest (China Development Press, 2013), das in China zunächst verboten war, später jedoch an erster Stelle der Rangliste der 100 Bücher des Jahres 2013 von China Publishing Today stand.

    Copyright: Project Syndicate, 2024.
    www.project-syndicate.org

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    Personalien

    Alain Ruinet ist seit August Head of APAC und China bei Airbus Defence and Space. Ruinet soll für den Konzern in Deutschland, Singapur und China unter anderem das Projektmanagement in den Bereichen Kommunikation, Nachrichtendienste und IT-Systeme mitgestalten. Seine Einsatzorte sind Singapur und Peking.  

    Madeleine Tang hat im Juli bei Tiktok die Position der Senior Strategic Partnerships Managerin für Deutschland, Schweiz und Österreich übernommen. Tang war zuvor unter anderem für Alibaba in Europa tätig. Sie hat in Wien Business Administration und Sinologie studiert. 

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    Dessert

    Mit ihren quietschgelben Anoraks sehen sie aus wie Männchen von Lego oder die Minions. Die Elektriker installieren in der Stadt Chuzhou, Provinz Anhui, intelligente Schalter an den Strommasten. Damit wollen sie den Strombedarf der örtlichen Herbsternte koordinieren und portionieren, damit den privaten Haushalten nicht die Elektrizität ausgeht. Ein hochkomplexes Unterfangen im Zuge von Chinas Energiewende: Schließlich soll niemandem im Herbst der Saft abgedreht werden.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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