seit einer Weile bekommt Volkswagen regelmäßig auf die Mütze. Der Vorwurf: Man würde möglicherweise von Zwangsarbeit in Xinjiang profitieren. Und so befindet sich der Wolfsburger Autobauer seit Jahren in einem Spagat aus Rechtfertigungen und Profitstreben, der schon beim Zusehen wehtut. Aber Mitleid ist fehl am Platz. Die Umsätze in China helfen, das stete Gemecker von Kritikern hierzulande stoisch zu ertragen.
Für den Beobachter ist aber auch schmerzhaft mit anzusehen, wie sich ein deutscher Konzern bis an den Rand des Kontrollverlusts an China gebunden hat, von den Kunden in seiner “zweiten Heimat” aber offenbar längst nicht so geliebt wird, wie er sich das als Gegenleistung erhofft hat. Beispiel: Elektrosegment. Dort, wo die Zukunft spielt, wird Volkswagen zunehmend in die Nebenrollen gedrängt. Autsch.
Jörn Petring hat bei der Automesse in Shanghai beim Versuch zugeschaut, wie Konzernchef Blume den anhaltenden Abwärtstrend umkehren möchte. Zum Rezept gehört ein neues, großes Auto. Aber vor allen Dingen mehr Tempo bei der Entscheidungsfindung und in der Entwicklung.
Chinesische Konkurrenz setzt auch die Wärmepumpen-Industrie zunehmend unter Druck. Noch gehören die Deutschen zu den wichtigen Akteuren. Aber der Wettbewerb wird in der wachsenden Branche immer schärfer, schreibt Christiane Kühl, die deshalb an das Debakel der Solar-Industrie erinnert. Auch dort grüßten deutsche Unternehmen einst von der Spitze, ehe staatlich subventionierte Hersteller aus China zum K.o.-Schlag ausholten.
Volkswagen droht dieses Schicksal wohl nicht. Zu sehr profitieren die großen chinesischen Partner von der legendären deutschen Automarke, als dass sie Volkswagen vom Markt fegen wollten. Chinesische Unternehmen sind zwar gnadenlos, aber dumm sind sie nicht.
Volkswagen hat in Shanghai mit dem ID.7 das neue Flaggschiff seiner Elektro-Baureihe vorgestellt. Nachdem die Wolfsburger mit Modellen wie dem Kompaktwagen ID.3 und dem kleinen SUV ID.4 ihre Serie reiner Stromer gestartet haben, soll mit dem ID.7 nun auch die mittlere Oberklasse erschlossen werden.
VW präsentierte die neue Limousine am Montag nicht nur am Vorabend der Automesse in Shanghai, sondern auch in sechs anderen Metropolen, darunter Berlin. Die Wolfsburger hoffen aber vor allem auf Käufer in ihrem wichtigsten Markt China, nur dort bietet der Hersteller auch bereits den großen SUV ID.6 an.
Die Automesse in Shanghai wird ein Schlaglicht auf die schwierige Lage von VW auf dem größten Automarkt der Welt werfen. Dort stehen die Deutschen so sehr unter Druck wie nie zuvor. Denn in China ist eingetreten, wovor Beobachter seit Jahren warnen: Die chinesischen Marken ziehen bei Elektroautos davon. Hinzu kommen Vorwürfe von Zwangsarbeit in Lieferketten aus Xinjiang.
Von einem “Zukunftsmarkt” kann schon lange keine Rede mehr sein. Elektroautos gewinnen immer schneller Marktanteile. Laut dem Beratungsunternehmen Automobility machten reine Elektroautos und Fahrzeuge mit Hybridantrieb (NEV) im vergangenen Jahr bereits 25,6 Prozent der Autoverkäufe in China aus. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden demnach 1,59 Millionen NEVs verkauft. Das sind 339.000 Fahrzeuge mehr als im ersten Quartal 2022.
Doch VW – und auch die anderen deutschen Hersteller – spielen auf dem Markt praktisch keine Rolle. Nur rund 30.000 NEVs konnten die Wolfsburger im ersten Quartal absetzen – und kamen damit auf einen Marktanteil von mageren zwei Prozent im E-Segment.
Absolut dominant sind dagegen chinesische Marken. Allen voran der Shenzhener BYD-Konzern, der im ersten Quartal mehr als eine halbe Million NEVs verkaufte – 80 Prozent mehr als in den ersten drei Monaten des Vorjahres. BYD hat damit einen Marktanteil von 38,8 Prozent bei Elektroautos. Mit deutlichem Abstand folgt Tesla mit 10,5 Prozent.
Volkswagen wird sich auf der Automesse in Shanghai leicht mit BYD vergleichen können. Doch woran es hapert, weiß man bei VW schon länger: Die Deutschen hatten bei einigen Modellen Probleme, den Geschmack der Kunden zu treffen. Chinesische Kunden vermissten zum Beispiel spezielle Bordsoftware und Entertainment-Funktionen, die bei heimischen Anbietern oft Standard sind. Hier wird mit Hochdruck an Verbesserungen gearbeitet.
Auch VW-Chef Oliver Blume versprach anlässlich der Autoshow, dass der Konzern aufs Tempo drücken werde: “Um das dynamische Wachstum und die hohe Innovationsgeschwindigkeit noch effektiver für uns nutzen zu können, beschleunigen wir unsere Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse vor Ort deutlich”, sagt Blume.
Doch ob dieses Bekenntnis ausreicht? “Die deutschen Automobilhersteller bekommen in China mittlerweile massiv Gegenwind durch einheimische Marken”, sagt Autoexperte Stefan Reindl, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft. Preislich seien die chinesischen Fahrzeuge vor allem in den unteren Fahrzeugklassen interessant. Aber auch bei den Premiummarken rückten die Chinesen immer näher – zu erschwinglicheren Preisen. Reindl vermutet, “dass die deutschen Hersteller in China weiter Marktanteile verlieren werden”.
Auch Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Deutschen vor großen Herausforderungen. Allein im Monat März sei der Absatz von reinen Verbrennern um rund ein Prozent zurückgegangen, während der NEV-Absatz um mehr als ein Viertel gestiegen sei. Laut Dudenhöffer macht den Deutschen der massive Preiskampf zu schaffen, der auf dem chinesischen Markt tobt. “Tesla und die Chinesen haben im Preis- und Kostenwettbewerb die Nase vorn”, sagt er.
Mit Verbrennungsmotoren lasse sich in China zwar noch gutes Geld verdienen. “Aber wer die Kunden nicht verlieren will, muss bei Elektroautos deutliche Preis- und damit Margenzugeständnisse machen”, meint Dudenhöffer. Die westlichen Autobauer müssten ihre Produktionsprozesse für Elektroautos neu kalibrieren. Wer einfach mit der bisherigen Preis- und Produktionsstrategie weitermache, werde Kunden verlieren.
Wiederholt sich die Geschichte? Nach Solaranlagen gerät ein weiteres Produkt der Energiewende in den Fokus: Wärmepumpen. Deutsche und europäische Hersteller sind international zwar wettbewerbsfähig und wachsen rasch. Doch die EU verzeichnet einen signifikanten Anstieg an Konkurrenz-Produkten aus China. Und viele Komponenten stammen ohnehin schon aus der Volksrepublik. Droht den aufstrebenden Akteuren in Deutschland das gleiche Schicksal wie vor gut zehn Jahren der deutschen Photovoltaik-Industrie?
Zur Erinnerung: Diese ging angesichts einer Schwemme günstiger Anlagen – staatlich subventionierter – Hersteller aus China in die Knie. Der deutsche Marktanteil von weltweit rund 20 Prozent stürzte von 2008 an regelrecht ab. Viele Anbieter gingen pleite, Bosch löste seine Solarsparte auf. Der Vorgang zeigte, wie rasant eine solide Wettbewerbsposition verloren gehen kann.
Die meisten Hersteller sind schon jetzt bei zentralen Bestandteilen ihrer Wärmepumpen von Importen aus dem außereuropäischen Ausland abhängig. Und das heißt eben sehr oft: von China. Die Abhängigkeit betrifft vor allem:
Am deutschen Markt für komplette Anlagen schätzt das Fraunhofer-Institut den chinesischen Anteil auf etwa 20 Prozent. Und auch in der EU bedienen aktuell vor allem europäische Hersteller den Bedarf. Die Europäische Kommission beziffert deren Marktanteil in der EU auf 73 Prozent. Die Einfuhren aus China seien in den vergangenen beiden Jahren zwar gestiegen, schreibt die Brüsseler Behörde – allerdings von einem niedrigen Niveau aus und vor dem Hintergrund einer insgesamt sehr raschen Entwicklung. Die Kommission geht deshalb davon aus, dass die europäischen Hersteller weiter führend bleiben und 2030 noch 60 Prozent des EU-Marktes beherrschen werden.
Zu den größten Wärmepumpenlieferanten der Volksrepublik gehören große Haushaltsgerätehersteller wie Gree, Midea oder Haier. China nimmt Europas Märkte bislang vor allem bei den Luftwärmepumpen ins Visier. Im ersten Halbjahr 2022 schnellten deren Exporte nach oben. Allein nach Bulgarien ging mehr als das siebenfache Volumen, nach Polen das fünffache, nach Italien das dreifache.
Der EU-Markt ist attraktiv, denn er wächst derzeit mit 35 Prozent so schnell wie keine andere Region der Welt. Bis 2030 könnte der Jahresabsatz auf sieben Millionen Geräte steigen, erwartet die Internationale Energie-Agentur (IEA) – gegenüber zwei Millionen in 2021.
Deutschland ist innerhalb der EU langsamer als etwa Skandinavien, aber auch hier wächst der Markt rasant. 2022 wurden hierzulande rund 236.000 Wärmepumpen verkauft, ein Plus von 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bundesregierung peilt nun einen jährlichen Absatz von 500.000 Stück an, um einen Feldbestand von sechs Millionen Pumpen zu erzielen.
Deutsche Hersteller erwirtschafteten 2022 rund 2,8 Milliarden Euro. Und sie setzen auf weiteres Wachstum, bauen daher mit Millioneninvestitionen ihre Kapazitäten aus. Vaillant steigerte seine Kapazität mit der Eröffnung einer Mega-Fabrik im slowakischen Senica um jährlich 300.000 Wärmepumpen auf weit über eine halbe Million Geräte. Viessmann, Europas Nummer zwei unter den Herstellern, will bis 2025 eine Milliarde Euro in den Ausbau seiner Produktion investieren.
Doch auch in der Volksrepublik boomt die Technologie: 2021 wurden dort laut IEA rund 13 Millionen Wärmepumpen installiert. Die Hersteller des Landes werden nach Angaben des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) großzügig subventioniert – ebenso wie übrigens Hersteller der USA. Auch in Europa seien die häufig kleinen oder mittelständischen Unternehmen in diesem Umfeld dringend auf direkte Zuschüsse angewiesen, fordert der Verband in einem Positionspapier. Für Projekte im allgemeinen EU-Interesse (IPCEI) lässt Brüssel eine solche direkte Förderung der Mitgliedsländer zu. EU-weit soll die Branche im Rahmen des Net-Zero Industrial Act gefördert werden, Um die Wettbewerbsposition zu sichern – unter anderem durch schnelle Genehmigungsverfahren für neue Fabriken.
“Wir befinden uns in einer heiklen Übergangsphase, wo wir die ganze Zeit auch gucken müssen, wie die Wettbewerber sich aufstellen”, sagt Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim Bundesverband Wärmepumpe, zu China.Table. “Dass europäische Wärmepumpenhersteller in einigen Bereichen Technologieführer sind – vor allem bei wassergeführten Systemen – ist im Moment von Vorteil.” Aber dieser Vorteil trage nicht dauerhaft, weil Wettbewerber aus Asien und Nordamerika aufgrund der dortigen Subventionen schnell aufholen. Klar sei: “Das Negativbeispiel der Photovoltaik-Industrie steht omnipräsent im Raum. Das möchte niemand wiederholen.”
Viele Kompressoren oder deren Komponenten stammen ohnehin schon aus Asien, oder aus Nordamerika. “Jede Wärmepumpe enthält acht bis zehn verschiedene Arten von Chips, etwa für die zentrale Steuerung”, sagt Schreinermacher. “Diese Chips kommen bei fast allen Haushaltsgeräten aus Asien, also auch bei Wärmepumpen.” Viele der Chips stammen aus Taiwan. Zur konkreten Zulieferern wollten sich die Wärmepumpen-Hersteller auf Anfrage von China.Table nicht äußern.
Es gebe eine Debatte, ob die deutsche Industrie hierzulande Produktionen von Mikrochips errichten sollten – und wenn ja, für welche Arten von Chips, sagt Schreinermacher. “Grundsätzlich ist eine Differenzierung des Einkaufs aber auch beim außereuropäischen Import möglich.” Es gebe Anzeichen, dass bereits alternative Zulieferer außerhalb Asiens gefunden worden seien, erklärt der Experte.
Eine komplette Zulieferindustrie lasse sich allerdings nicht kurzfristig ganz neu aufbauen, sagt Schreinermacher. Aber auch hier beginnt etwas. “Eine Möglichkeit wären Konsortien, die gemeinsam etwas aufbauen.” Doch auch bei diesen Projekten sei eine Anschubhilfe sehr wichtig. Mitarbeit: Till Hoppe
China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.
Die G7-Staaten haben eine deutliche Warnung an China gerichtet. Im Falle einer Aggression gegen Taiwan müsse die Volksrepublik mit harten Konsequenzen rechnen. Darauf einigten sich die sieben Außenminister am Montag bei ihrem Treffen in Japan. Man würde sich entschieden gegen jegliche gewaltsame Veränderung des Status Quo in der Straße von Taiwan stellen.
“Wir werden uns gegen jeden Zwang, jede Marktmanipulation und alle Bemühungen zur Änderung des Status quo in der Straße von Taiwan wehren“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Beamten aus der US-Delegation.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock betonte, man spüre “hautnah, wie China immer mehr die bestehenden, allgemeinen, verbindlichen, internationalen Regeln durch seine eigenen Regeln ersetzen will, gerne mit der Behauptung, es gebe keine Regeln, obwohl man die Verträge selbst ratifiziert hat”. Schon bei ihrem Besuch in China nannte sie es ein “Horrorszenario”, sollte in der Taiwan-Straße ein militärischer Konflikt ausbrechen.
Baerbock sagte am Montag im japanischen Karuizawa, es gebe etliche weitere Beispiele, die zeigten, wie sehr die internationale Ordnung im Indo-Pazifik gefährdet sei. Es sei deshalb wichtig, dass die demokratischen und wertebasierten Länder zusammenstünden.
Zur G7 gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Japan hat in diesem Jahr den Vorsitz inne.
Die deutsche Industrie will den Handel mit China weiter ausbauen. “China ist und bleibt ein zentraler Markt für deutsche Unternehmen”, sagte Siegfried Russwurm am Montag auf der Hannover Messe. Es gebe einen breiten Konsens, dass die deutsche Wirtschaft China brauche, erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zuletzt angemahnte De-Risking übersetzt Russwurm wie folgt: “Diversifizierung bedeutet nicht, uns von China zu entkoppeln, sondern einseitige Abhängigkeiten zu verringern und idealerweise zu überwinden.”
Dabei teilt auch BDI-Präsident Russwurm die Sorge vor Abhängigkeiten in gewissen Bereichen, beispielsweise bei kritischen Materialien und Komponenten. Aber: “Das ist nichts, was sich innerhalb eines Jahres umdrehen lässt”, sagte Russwurm zu Wochenbeginn.
Vielmehr warnt der BDI-Präsident vor Einbußen Deutschlands im weltweiten Wettbewerb. “Die wirtschaftliche Dynamik in unserem Land ist aktuell noch ausgesprochen gering.” Sein Verband rechne 2023 bei den Ausfuhren mit einem Anstieg von zwei Prozent. Dies sei zwar doppelt so viel wie in der BDI-Prognose zum Jahresauftakt, allerdings weniger als 2021 und 2022.
Der Welthandel werde in diesem Jahr mit 2,5 Prozent stärker zulegen als die Ausfuhren “Made in Germany”. “Erneut verlieren wir Weltmarktanteile, weil der Welthandel stärker wächst als unsere Ausfuhren – die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwindet.” rad/rtr
Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong ist wegen der Veröffentlichung persönlicher Daten eines Hongkonger Polizisten zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Im August 2020 hatte Wong über Sozialmedien Fotos des Mannes und seiner Familie geteilt und damit gegen eine behördliche Anordnung verstoßen.
Der Polizist hatte bei der Niederschlagung von Massenprotesten in der Stadt im Jahr 2019 einen Demonstranten niedergeschossen. Wong hat die Fotos kurze Zeit nach ihrer Veröffentlichung wieder gelöscht, übernahm vor Gericht die Verantwortung und ließ über seinen Anwalt eine Entschuldigung mitteilen.
Wong befindet sich zurzeit ohnehin in Untersuchungshaft. Er und 46 andere Oppositionelle stehen seit Februar vor Gericht, weil sie gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Bei einer Verurteilung droht ihm eine jahrelange Haftstrafe. 2017 war Wong für seine Rolle bei den Regenschirm-Protesten drei Jahre zuvor für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. grz
Inmitten zunehmender Spannungen zwischen dem Vatikan und China ist eine Hongkonger Kirchen-Delegation am Montag nach Peking gereist. Bischof Stephen Chow folgte einer Einladung des Pekinger Bischofs Joseph Li Shan. Chow ist seit 30 Jahren der erste Hongkonger Bischof, der China besucht. Es handle sich um den Austausch zweier Diözesen auf Basis der diplomatischen Beziehungen zwischen China und dem Vatikan, hieß es seitens der Hongkonger Delegation.
Erst vor wenigen Wochen hatte China ohne Abstimmung mit der Katholischen Kirche den Bischof von Shanghai ausgetauscht und damit den Unmut Roms provoziert. Die Ernennung neuer Bischöfe in der Volksrepublik China soll eigentlich im Konsens geschehen. Das soll ein Abkommen aus dem Jahr 2018 besagen, das erst im vergangenen Oktober verlängert worden war, aber dessen Inhalt nie veröffentlicht worden ist. China hat damit zum ersten Mal seit den 1950er-Jahren den Papst als alleiniges Oberhaupt der Katholiken anerkannt.
Der Papst hat seinerseits im Jahr 2021 den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt, weil die religiösen Angelegenheiten der Stadt nicht unter das Abkommen mit der chinesischen Regierung fallen sollen. Katholiken in Hongkong befürchten, dass die chinesischen Behörden die Kontrolle über die Kirche in der Stadt allmählich verschärfen. Unter anderem durch den wachsenden Austausch zwischen chinesischen und der Hongkonger Diözese. rtr/grz
Nach dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell hat auch Klima-Kommissar Frans Timmermans eine geplante Reise nach China wegen einer Infektion mit Covid-19 verschieben müssen. Man wolle die Reise so schnell wie möglich nachholen, bestätigte ein Sprecher. Der Niederländer hätte Chinas Klima-Zar Xie Zhenhua getroffen. Auch Borrell hatte vergangene Woche wegen einer Infektion mit dem Coronavirus seine Reise nach Peking abgesagt. Er fehlte am Montag auch beim G7-Außenministertreffen in Japan.
Die Reisetätigkeit der EU-Vertreter in Richtung China hatte zuletzt besondere Aufmerksamkeit erhalten, nachdem EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der französische Staatschef Emmanuel Macron in der Vorwoche Peking besucht – und nicht unbedingt mit einheitlichem Auftreten geglänzt hatten. Während von der Leyen den kritischeren Ton ihrer Grundsatzrede beibehielt, versuchte Macron, die europäische “strategische Autonomie” zwischen China und den USA zu betonen. In der Kritik stand Macron zudem wegen Aussagen zu Taiwan. Der gemeinsame Besuch warf mehr Fragen zur EU-China-Politik auf, als dass er Antworten gab.
Am Dienstag wird das Verhältnis der EU zu China Thema einer Generaldebatte im Europaparlament sein. Er sehe, dass Europa Stück für Stück zu einer realistischeren Haltung gegenüber China komme, sagte der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer am Montag mit Blick auf die Debatte. Es bilde sich ein “Mainstream” mit “nüchternen Ton” heraus, den Bütikofer mitunter in von der Leyen, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vertreten sieht. EU-Ratschef Charles Michel schlage mehr in dieselbe Kerbe als Macron. EU-Kommissionschefin von der Leyen wird an der Debatte teilnehmen. Für den EU-Rat spricht nach Angaben des Europaparlaments die schwedische EU-Ministerin Jessika Roswall. ari
Die Ampel ringt um eine China-Strategie: Der Kanzler und die grüne Außenministerin haben sich offenbar gut abgestimmt in ihrem Kurs gegenüber Peking. Aber ein Teil der SPD ist gar nicht zufrieden. Mehr.
Ein Dorf will bleiben: Der Stadtteil Kangle in Guangzhou ist das Herz der chinesischen Textilindustrie. Er war aber auch ein Zentrum der Proteste gegen die Lockdown-Politik der Regierung. Nun will Peking 100.000 Arbeiter samt Fabriken ins Hinterland verpflanzen. Mehr.
Ein Deutschland, das sich zunehmend unabhängig machen will von seinem Wirtschaftspartner China; ein China, das immer selbstbewusster eigene Wege geht und nicht mehr wirklich interessiert ist an Kooperationen mit dem Westen? Alexander Birle tur sich schwer mit solchen Einschätzungen, wenn sie zu pauschal geäußert werden. “Dass sich beide Länder zunehmend voneinander entfernen, hat sich in letzter Zeit ja als eine Art Standard-Narrativ etabliert. Die Wahrheit ist aber viel komplexer”, sagt er.
Seit 1. Januar 2023 leitet der 53-jährige Sinologe, Historiker und Wirtschaftswissenschaftler das Büro der Hanns-Seidel-Stiftung in der westchinesischen Provinz Gansu. Vorher war er acht Jahre lang als Büroleiter in Peking aktiv. Die CSU-nahe Stiftung, die sich seit 1980 in China engagiert, möchte den konstruktiven Dialog zwischen Deutschland und China fördern. Und der finde auch trotz der viel zitierten gegenseitigen Entfremdung nach wie vor statt, wie Birle betont.
Seine ersten China-Erfahrungen sammelte Birle 1997, damals als DAAD-Stipendiat an der Shandong Universität in Jinan. “Das war wunderbar für mich. Ich hatte die Gelegenheit, die Sprache und Mentalität richtig gut zu lernen.” Nach seinem Abschluss in Deutschland arbeitet er zunächst einige Jahre freiberuflich als Dolmetscher, Übersetzer, Fachbetreuer und Sprachlehrer. 2008 steigt er dann als Projektkoordinator am Institut für Internationale Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in München ein, im März 2014 übernimmt er schließlich deren Büroleitung in Peking.
Zu Birles Tätigkeitsbereichen gehören unter anderem die konzeptionelle Planung, Organisation und Leitung von Dialog- und Bildungsveranstaltungen. Hauptpartner der Hanns-Seidel-Stiftung ist das chinesische Bildungsministerium.
Natürlich gebe es rote Linien auf chinesischer Seite, etwa die westliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen. Einen konfrontativen Kurs findet Birle dennoch falsch. “Unser Ziel ist es, den chinesischen Partnern die Möglichkeit zu geben, die eigene Position kritisch zu reflektieren.”
Das gelinge, unter Beachtung der roten Linien, vor allem im Rechtswesen ziemlich gut. “Im Bereich öffentliches Recht und Strafrecht wird Deutschland als Vorbild gesehen. Es gibt beispielsweise ein großes Interesse daran, wie wir digitale Kriminalität bekämpfen. Oder wie wir das Strafrecht für Minderjährige ausgestalten.”
Auf dieser Basis könne ein Dialog geführt werden, in dem insbesondere junge chinesische Wissenschaftler für unsere wertebasierten Konzepte sensibilisiert werden, etwa für den Schutz der Rechte von straffällig gewordenen Jugendlichen und deren erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft, erklärt Birle.
Birle selbst sieht sich als Ermöglicher genau dieser Dialogräume, die wichtig seien, um einer wirtschaftlichen und politischen Entfremdung der beiden Länder entgegenzuwirken. Dabei helfe ihm auch sein Verständnis für den chinesischen Blick auf die aktuelle geopolitische Lage, wie er hervorhebt. “Auf der einen Seite hat China kein Interesse an einem neuen Kalten Krieg. Auf der anderen Seite gibt es, auch aus historischen Gründen, den starken Drang, weltpolitisch endlich wieder eine wichtigere Rolle zu spielen.”
Für die nächste Zeit hat sich Birle viel vorgenommen: Als neuer Büroleiter in Gansu umfasst sein Zuständigkeitsbereich auch westliche und nördliche Provinzen, die im Vergleich zum Osten noch stärker durch einen Bildungsrückstand geprägt sind. In der Inneren Mongolei hat die Hanns-Seidel-Stiftung beispielsweise ein Stipendienprogramm für sozial benachteiligte Jugendliche aufgelegt.
“Wir können auf lokaler Ebene, fernab von politischen Meta-Diskursen westlich geprägte, gesellschaftspolitische Impulse zur Inklusion benachteiligter Menschen ins Bildungssystem und den Arbeitsmarkt leisten. Dies ist eine große Hilfe zur Ermöglichung wirtschaftlicher und sozialer Teilhabe, die von den Menschen vor Ort dankbar angenommen wird”, erklärt Birle. Klaus Lüber
Sarah Groening ist nach knapp vier Jahren als Leiterin der Finanzdienstleistungen der Evonik Speciality Chemicals in Shanghai nach Deutschland zurückgekehrt. Groening hat in der Essener Evonik-Zentrale den Posten Vice President Accounting und Head of Center of Excellence übernommen.
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seit einer Weile bekommt Volkswagen regelmäßig auf die Mütze. Der Vorwurf: Man würde möglicherweise von Zwangsarbeit in Xinjiang profitieren. Und so befindet sich der Wolfsburger Autobauer seit Jahren in einem Spagat aus Rechtfertigungen und Profitstreben, der schon beim Zusehen wehtut. Aber Mitleid ist fehl am Platz. Die Umsätze in China helfen, das stete Gemecker von Kritikern hierzulande stoisch zu ertragen.
Für den Beobachter ist aber auch schmerzhaft mit anzusehen, wie sich ein deutscher Konzern bis an den Rand des Kontrollverlusts an China gebunden hat, von den Kunden in seiner “zweiten Heimat” aber offenbar längst nicht so geliebt wird, wie er sich das als Gegenleistung erhofft hat. Beispiel: Elektrosegment. Dort, wo die Zukunft spielt, wird Volkswagen zunehmend in die Nebenrollen gedrängt. Autsch.
Jörn Petring hat bei der Automesse in Shanghai beim Versuch zugeschaut, wie Konzernchef Blume den anhaltenden Abwärtstrend umkehren möchte. Zum Rezept gehört ein neues, großes Auto. Aber vor allen Dingen mehr Tempo bei der Entscheidungsfindung und in der Entwicklung.
Chinesische Konkurrenz setzt auch die Wärmepumpen-Industrie zunehmend unter Druck. Noch gehören die Deutschen zu den wichtigen Akteuren. Aber der Wettbewerb wird in der wachsenden Branche immer schärfer, schreibt Christiane Kühl, die deshalb an das Debakel der Solar-Industrie erinnert. Auch dort grüßten deutsche Unternehmen einst von der Spitze, ehe staatlich subventionierte Hersteller aus China zum K.o.-Schlag ausholten.
Volkswagen droht dieses Schicksal wohl nicht. Zu sehr profitieren die großen chinesischen Partner von der legendären deutschen Automarke, als dass sie Volkswagen vom Markt fegen wollten. Chinesische Unternehmen sind zwar gnadenlos, aber dumm sind sie nicht.
Volkswagen hat in Shanghai mit dem ID.7 das neue Flaggschiff seiner Elektro-Baureihe vorgestellt. Nachdem die Wolfsburger mit Modellen wie dem Kompaktwagen ID.3 und dem kleinen SUV ID.4 ihre Serie reiner Stromer gestartet haben, soll mit dem ID.7 nun auch die mittlere Oberklasse erschlossen werden.
VW präsentierte die neue Limousine am Montag nicht nur am Vorabend der Automesse in Shanghai, sondern auch in sechs anderen Metropolen, darunter Berlin. Die Wolfsburger hoffen aber vor allem auf Käufer in ihrem wichtigsten Markt China, nur dort bietet der Hersteller auch bereits den großen SUV ID.6 an.
Die Automesse in Shanghai wird ein Schlaglicht auf die schwierige Lage von VW auf dem größten Automarkt der Welt werfen. Dort stehen die Deutschen so sehr unter Druck wie nie zuvor. Denn in China ist eingetreten, wovor Beobachter seit Jahren warnen: Die chinesischen Marken ziehen bei Elektroautos davon. Hinzu kommen Vorwürfe von Zwangsarbeit in Lieferketten aus Xinjiang.
Von einem “Zukunftsmarkt” kann schon lange keine Rede mehr sein. Elektroautos gewinnen immer schneller Marktanteile. Laut dem Beratungsunternehmen Automobility machten reine Elektroautos und Fahrzeuge mit Hybridantrieb (NEV) im vergangenen Jahr bereits 25,6 Prozent der Autoverkäufe in China aus. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden demnach 1,59 Millionen NEVs verkauft. Das sind 339.000 Fahrzeuge mehr als im ersten Quartal 2022.
Doch VW – und auch die anderen deutschen Hersteller – spielen auf dem Markt praktisch keine Rolle. Nur rund 30.000 NEVs konnten die Wolfsburger im ersten Quartal absetzen – und kamen damit auf einen Marktanteil von mageren zwei Prozent im E-Segment.
Absolut dominant sind dagegen chinesische Marken. Allen voran der Shenzhener BYD-Konzern, der im ersten Quartal mehr als eine halbe Million NEVs verkaufte – 80 Prozent mehr als in den ersten drei Monaten des Vorjahres. BYD hat damit einen Marktanteil von 38,8 Prozent bei Elektroautos. Mit deutlichem Abstand folgt Tesla mit 10,5 Prozent.
Volkswagen wird sich auf der Automesse in Shanghai leicht mit BYD vergleichen können. Doch woran es hapert, weiß man bei VW schon länger: Die Deutschen hatten bei einigen Modellen Probleme, den Geschmack der Kunden zu treffen. Chinesische Kunden vermissten zum Beispiel spezielle Bordsoftware und Entertainment-Funktionen, die bei heimischen Anbietern oft Standard sind. Hier wird mit Hochdruck an Verbesserungen gearbeitet.
Auch VW-Chef Oliver Blume versprach anlässlich der Autoshow, dass der Konzern aufs Tempo drücken werde: “Um das dynamische Wachstum und die hohe Innovationsgeschwindigkeit noch effektiver für uns nutzen zu können, beschleunigen wir unsere Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse vor Ort deutlich”, sagt Blume.
Doch ob dieses Bekenntnis ausreicht? “Die deutschen Automobilhersteller bekommen in China mittlerweile massiv Gegenwind durch einheimische Marken”, sagt Autoexperte Stefan Reindl, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft. Preislich seien die chinesischen Fahrzeuge vor allem in den unteren Fahrzeugklassen interessant. Aber auch bei den Premiummarken rückten die Chinesen immer näher – zu erschwinglicheren Preisen. Reindl vermutet, “dass die deutschen Hersteller in China weiter Marktanteile verlieren werden”.
Auch Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Deutschen vor großen Herausforderungen. Allein im Monat März sei der Absatz von reinen Verbrennern um rund ein Prozent zurückgegangen, während der NEV-Absatz um mehr als ein Viertel gestiegen sei. Laut Dudenhöffer macht den Deutschen der massive Preiskampf zu schaffen, der auf dem chinesischen Markt tobt. “Tesla und die Chinesen haben im Preis- und Kostenwettbewerb die Nase vorn”, sagt er.
Mit Verbrennungsmotoren lasse sich in China zwar noch gutes Geld verdienen. “Aber wer die Kunden nicht verlieren will, muss bei Elektroautos deutliche Preis- und damit Margenzugeständnisse machen”, meint Dudenhöffer. Die westlichen Autobauer müssten ihre Produktionsprozesse für Elektroautos neu kalibrieren. Wer einfach mit der bisherigen Preis- und Produktionsstrategie weitermache, werde Kunden verlieren.
Wiederholt sich die Geschichte? Nach Solaranlagen gerät ein weiteres Produkt der Energiewende in den Fokus: Wärmepumpen. Deutsche und europäische Hersteller sind international zwar wettbewerbsfähig und wachsen rasch. Doch die EU verzeichnet einen signifikanten Anstieg an Konkurrenz-Produkten aus China. Und viele Komponenten stammen ohnehin schon aus der Volksrepublik. Droht den aufstrebenden Akteuren in Deutschland das gleiche Schicksal wie vor gut zehn Jahren der deutschen Photovoltaik-Industrie?
Zur Erinnerung: Diese ging angesichts einer Schwemme günstiger Anlagen – staatlich subventionierter – Hersteller aus China in die Knie. Der deutsche Marktanteil von weltweit rund 20 Prozent stürzte von 2008 an regelrecht ab. Viele Anbieter gingen pleite, Bosch löste seine Solarsparte auf. Der Vorgang zeigte, wie rasant eine solide Wettbewerbsposition verloren gehen kann.
Die meisten Hersteller sind schon jetzt bei zentralen Bestandteilen ihrer Wärmepumpen von Importen aus dem außereuropäischen Ausland abhängig. Und das heißt eben sehr oft: von China. Die Abhängigkeit betrifft vor allem:
Am deutschen Markt für komplette Anlagen schätzt das Fraunhofer-Institut den chinesischen Anteil auf etwa 20 Prozent. Und auch in der EU bedienen aktuell vor allem europäische Hersteller den Bedarf. Die Europäische Kommission beziffert deren Marktanteil in der EU auf 73 Prozent. Die Einfuhren aus China seien in den vergangenen beiden Jahren zwar gestiegen, schreibt die Brüsseler Behörde – allerdings von einem niedrigen Niveau aus und vor dem Hintergrund einer insgesamt sehr raschen Entwicklung. Die Kommission geht deshalb davon aus, dass die europäischen Hersteller weiter führend bleiben und 2030 noch 60 Prozent des EU-Marktes beherrschen werden.
Zu den größten Wärmepumpenlieferanten der Volksrepublik gehören große Haushaltsgerätehersteller wie Gree, Midea oder Haier. China nimmt Europas Märkte bislang vor allem bei den Luftwärmepumpen ins Visier. Im ersten Halbjahr 2022 schnellten deren Exporte nach oben. Allein nach Bulgarien ging mehr als das siebenfache Volumen, nach Polen das fünffache, nach Italien das dreifache.
Der EU-Markt ist attraktiv, denn er wächst derzeit mit 35 Prozent so schnell wie keine andere Region der Welt. Bis 2030 könnte der Jahresabsatz auf sieben Millionen Geräte steigen, erwartet die Internationale Energie-Agentur (IEA) – gegenüber zwei Millionen in 2021.
Deutschland ist innerhalb der EU langsamer als etwa Skandinavien, aber auch hier wächst der Markt rasant. 2022 wurden hierzulande rund 236.000 Wärmepumpen verkauft, ein Plus von 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bundesregierung peilt nun einen jährlichen Absatz von 500.000 Stück an, um einen Feldbestand von sechs Millionen Pumpen zu erzielen.
Deutsche Hersteller erwirtschafteten 2022 rund 2,8 Milliarden Euro. Und sie setzen auf weiteres Wachstum, bauen daher mit Millioneninvestitionen ihre Kapazitäten aus. Vaillant steigerte seine Kapazität mit der Eröffnung einer Mega-Fabrik im slowakischen Senica um jährlich 300.000 Wärmepumpen auf weit über eine halbe Million Geräte. Viessmann, Europas Nummer zwei unter den Herstellern, will bis 2025 eine Milliarde Euro in den Ausbau seiner Produktion investieren.
Doch auch in der Volksrepublik boomt die Technologie: 2021 wurden dort laut IEA rund 13 Millionen Wärmepumpen installiert. Die Hersteller des Landes werden nach Angaben des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) großzügig subventioniert – ebenso wie übrigens Hersteller der USA. Auch in Europa seien die häufig kleinen oder mittelständischen Unternehmen in diesem Umfeld dringend auf direkte Zuschüsse angewiesen, fordert der Verband in einem Positionspapier. Für Projekte im allgemeinen EU-Interesse (IPCEI) lässt Brüssel eine solche direkte Förderung der Mitgliedsländer zu. EU-weit soll die Branche im Rahmen des Net-Zero Industrial Act gefördert werden, Um die Wettbewerbsposition zu sichern – unter anderem durch schnelle Genehmigungsverfahren für neue Fabriken.
“Wir befinden uns in einer heiklen Übergangsphase, wo wir die ganze Zeit auch gucken müssen, wie die Wettbewerber sich aufstellen”, sagt Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim Bundesverband Wärmepumpe, zu China.Table. “Dass europäische Wärmepumpenhersteller in einigen Bereichen Technologieführer sind – vor allem bei wassergeführten Systemen – ist im Moment von Vorteil.” Aber dieser Vorteil trage nicht dauerhaft, weil Wettbewerber aus Asien und Nordamerika aufgrund der dortigen Subventionen schnell aufholen. Klar sei: “Das Negativbeispiel der Photovoltaik-Industrie steht omnipräsent im Raum. Das möchte niemand wiederholen.”
Viele Kompressoren oder deren Komponenten stammen ohnehin schon aus Asien, oder aus Nordamerika. “Jede Wärmepumpe enthält acht bis zehn verschiedene Arten von Chips, etwa für die zentrale Steuerung”, sagt Schreinermacher. “Diese Chips kommen bei fast allen Haushaltsgeräten aus Asien, also auch bei Wärmepumpen.” Viele der Chips stammen aus Taiwan. Zur konkreten Zulieferern wollten sich die Wärmepumpen-Hersteller auf Anfrage von China.Table nicht äußern.
Es gebe eine Debatte, ob die deutsche Industrie hierzulande Produktionen von Mikrochips errichten sollten – und wenn ja, für welche Arten von Chips, sagt Schreinermacher. “Grundsätzlich ist eine Differenzierung des Einkaufs aber auch beim außereuropäischen Import möglich.” Es gebe Anzeichen, dass bereits alternative Zulieferer außerhalb Asiens gefunden worden seien, erklärt der Experte.
Eine komplette Zulieferindustrie lasse sich allerdings nicht kurzfristig ganz neu aufbauen, sagt Schreinermacher. Aber auch hier beginnt etwas. “Eine Möglichkeit wären Konsortien, die gemeinsam etwas aufbauen.” Doch auch bei diesen Projekten sei eine Anschubhilfe sehr wichtig. Mitarbeit: Till Hoppe
China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.
Die G7-Staaten haben eine deutliche Warnung an China gerichtet. Im Falle einer Aggression gegen Taiwan müsse die Volksrepublik mit harten Konsequenzen rechnen. Darauf einigten sich die sieben Außenminister am Montag bei ihrem Treffen in Japan. Man würde sich entschieden gegen jegliche gewaltsame Veränderung des Status Quo in der Straße von Taiwan stellen.
“Wir werden uns gegen jeden Zwang, jede Marktmanipulation und alle Bemühungen zur Änderung des Status quo in der Straße von Taiwan wehren“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Beamten aus der US-Delegation.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock betonte, man spüre “hautnah, wie China immer mehr die bestehenden, allgemeinen, verbindlichen, internationalen Regeln durch seine eigenen Regeln ersetzen will, gerne mit der Behauptung, es gebe keine Regeln, obwohl man die Verträge selbst ratifiziert hat”. Schon bei ihrem Besuch in China nannte sie es ein “Horrorszenario”, sollte in der Taiwan-Straße ein militärischer Konflikt ausbrechen.
Baerbock sagte am Montag im japanischen Karuizawa, es gebe etliche weitere Beispiele, die zeigten, wie sehr die internationale Ordnung im Indo-Pazifik gefährdet sei. Es sei deshalb wichtig, dass die demokratischen und wertebasierten Länder zusammenstünden.
Zur G7 gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Japan hat in diesem Jahr den Vorsitz inne.
Die deutsche Industrie will den Handel mit China weiter ausbauen. “China ist und bleibt ein zentraler Markt für deutsche Unternehmen”, sagte Siegfried Russwurm am Montag auf der Hannover Messe. Es gebe einen breiten Konsens, dass die deutsche Wirtschaft China brauche, erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).
Das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zuletzt angemahnte De-Risking übersetzt Russwurm wie folgt: “Diversifizierung bedeutet nicht, uns von China zu entkoppeln, sondern einseitige Abhängigkeiten zu verringern und idealerweise zu überwinden.”
Dabei teilt auch BDI-Präsident Russwurm die Sorge vor Abhängigkeiten in gewissen Bereichen, beispielsweise bei kritischen Materialien und Komponenten. Aber: “Das ist nichts, was sich innerhalb eines Jahres umdrehen lässt”, sagte Russwurm zu Wochenbeginn.
Vielmehr warnt der BDI-Präsident vor Einbußen Deutschlands im weltweiten Wettbewerb. “Die wirtschaftliche Dynamik in unserem Land ist aktuell noch ausgesprochen gering.” Sein Verband rechne 2023 bei den Ausfuhren mit einem Anstieg von zwei Prozent. Dies sei zwar doppelt so viel wie in der BDI-Prognose zum Jahresauftakt, allerdings weniger als 2021 und 2022.
Der Welthandel werde in diesem Jahr mit 2,5 Prozent stärker zulegen als die Ausfuhren “Made in Germany”. “Erneut verlieren wir Weltmarktanteile, weil der Welthandel stärker wächst als unsere Ausfuhren – die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwindet.” rad/rtr
Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong ist wegen der Veröffentlichung persönlicher Daten eines Hongkonger Polizisten zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Im August 2020 hatte Wong über Sozialmedien Fotos des Mannes und seiner Familie geteilt und damit gegen eine behördliche Anordnung verstoßen.
Der Polizist hatte bei der Niederschlagung von Massenprotesten in der Stadt im Jahr 2019 einen Demonstranten niedergeschossen. Wong hat die Fotos kurze Zeit nach ihrer Veröffentlichung wieder gelöscht, übernahm vor Gericht die Verantwortung und ließ über seinen Anwalt eine Entschuldigung mitteilen.
Wong befindet sich zurzeit ohnehin in Untersuchungshaft. Er und 46 andere Oppositionelle stehen seit Februar vor Gericht, weil sie gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Bei einer Verurteilung droht ihm eine jahrelange Haftstrafe. 2017 war Wong für seine Rolle bei den Regenschirm-Protesten drei Jahre zuvor für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. grz
Inmitten zunehmender Spannungen zwischen dem Vatikan und China ist eine Hongkonger Kirchen-Delegation am Montag nach Peking gereist. Bischof Stephen Chow folgte einer Einladung des Pekinger Bischofs Joseph Li Shan. Chow ist seit 30 Jahren der erste Hongkonger Bischof, der China besucht. Es handle sich um den Austausch zweier Diözesen auf Basis der diplomatischen Beziehungen zwischen China und dem Vatikan, hieß es seitens der Hongkonger Delegation.
Erst vor wenigen Wochen hatte China ohne Abstimmung mit der Katholischen Kirche den Bischof von Shanghai ausgetauscht und damit den Unmut Roms provoziert. Die Ernennung neuer Bischöfe in der Volksrepublik China soll eigentlich im Konsens geschehen. Das soll ein Abkommen aus dem Jahr 2018 besagen, das erst im vergangenen Oktober verlängert worden war, aber dessen Inhalt nie veröffentlicht worden ist. China hat damit zum ersten Mal seit den 1950er-Jahren den Papst als alleiniges Oberhaupt der Katholiken anerkannt.
Der Papst hat seinerseits im Jahr 2021 den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt, weil die religiösen Angelegenheiten der Stadt nicht unter das Abkommen mit der chinesischen Regierung fallen sollen. Katholiken in Hongkong befürchten, dass die chinesischen Behörden die Kontrolle über die Kirche in der Stadt allmählich verschärfen. Unter anderem durch den wachsenden Austausch zwischen chinesischen und der Hongkonger Diözese. rtr/grz
Nach dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell hat auch Klima-Kommissar Frans Timmermans eine geplante Reise nach China wegen einer Infektion mit Covid-19 verschieben müssen. Man wolle die Reise so schnell wie möglich nachholen, bestätigte ein Sprecher. Der Niederländer hätte Chinas Klima-Zar Xie Zhenhua getroffen. Auch Borrell hatte vergangene Woche wegen einer Infektion mit dem Coronavirus seine Reise nach Peking abgesagt. Er fehlte am Montag auch beim G7-Außenministertreffen in Japan.
Die Reisetätigkeit der EU-Vertreter in Richtung China hatte zuletzt besondere Aufmerksamkeit erhalten, nachdem EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der französische Staatschef Emmanuel Macron in der Vorwoche Peking besucht – und nicht unbedingt mit einheitlichem Auftreten geglänzt hatten. Während von der Leyen den kritischeren Ton ihrer Grundsatzrede beibehielt, versuchte Macron, die europäische “strategische Autonomie” zwischen China und den USA zu betonen. In der Kritik stand Macron zudem wegen Aussagen zu Taiwan. Der gemeinsame Besuch warf mehr Fragen zur EU-China-Politik auf, als dass er Antworten gab.
Am Dienstag wird das Verhältnis der EU zu China Thema einer Generaldebatte im Europaparlament sein. Er sehe, dass Europa Stück für Stück zu einer realistischeren Haltung gegenüber China komme, sagte der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer am Montag mit Blick auf die Debatte. Es bilde sich ein “Mainstream” mit “nüchternen Ton” heraus, den Bütikofer mitunter in von der Leyen, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vertreten sieht. EU-Ratschef Charles Michel schlage mehr in dieselbe Kerbe als Macron. EU-Kommissionschefin von der Leyen wird an der Debatte teilnehmen. Für den EU-Rat spricht nach Angaben des Europaparlaments die schwedische EU-Ministerin Jessika Roswall. ari
Die Ampel ringt um eine China-Strategie: Der Kanzler und die grüne Außenministerin haben sich offenbar gut abgestimmt in ihrem Kurs gegenüber Peking. Aber ein Teil der SPD ist gar nicht zufrieden. Mehr.
Ein Dorf will bleiben: Der Stadtteil Kangle in Guangzhou ist das Herz der chinesischen Textilindustrie. Er war aber auch ein Zentrum der Proteste gegen die Lockdown-Politik der Regierung. Nun will Peking 100.000 Arbeiter samt Fabriken ins Hinterland verpflanzen. Mehr.
Ein Deutschland, das sich zunehmend unabhängig machen will von seinem Wirtschaftspartner China; ein China, das immer selbstbewusster eigene Wege geht und nicht mehr wirklich interessiert ist an Kooperationen mit dem Westen? Alexander Birle tur sich schwer mit solchen Einschätzungen, wenn sie zu pauschal geäußert werden. “Dass sich beide Länder zunehmend voneinander entfernen, hat sich in letzter Zeit ja als eine Art Standard-Narrativ etabliert. Die Wahrheit ist aber viel komplexer”, sagt er.
Seit 1. Januar 2023 leitet der 53-jährige Sinologe, Historiker und Wirtschaftswissenschaftler das Büro der Hanns-Seidel-Stiftung in der westchinesischen Provinz Gansu. Vorher war er acht Jahre lang als Büroleiter in Peking aktiv. Die CSU-nahe Stiftung, die sich seit 1980 in China engagiert, möchte den konstruktiven Dialog zwischen Deutschland und China fördern. Und der finde auch trotz der viel zitierten gegenseitigen Entfremdung nach wie vor statt, wie Birle betont.
Seine ersten China-Erfahrungen sammelte Birle 1997, damals als DAAD-Stipendiat an der Shandong Universität in Jinan. “Das war wunderbar für mich. Ich hatte die Gelegenheit, die Sprache und Mentalität richtig gut zu lernen.” Nach seinem Abschluss in Deutschland arbeitet er zunächst einige Jahre freiberuflich als Dolmetscher, Übersetzer, Fachbetreuer und Sprachlehrer. 2008 steigt er dann als Projektkoordinator am Institut für Internationale Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in München ein, im März 2014 übernimmt er schließlich deren Büroleitung in Peking.
Zu Birles Tätigkeitsbereichen gehören unter anderem die konzeptionelle Planung, Organisation und Leitung von Dialog- und Bildungsveranstaltungen. Hauptpartner der Hanns-Seidel-Stiftung ist das chinesische Bildungsministerium.
Natürlich gebe es rote Linien auf chinesischer Seite, etwa die westliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen. Einen konfrontativen Kurs findet Birle dennoch falsch. “Unser Ziel ist es, den chinesischen Partnern die Möglichkeit zu geben, die eigene Position kritisch zu reflektieren.”
Das gelinge, unter Beachtung der roten Linien, vor allem im Rechtswesen ziemlich gut. “Im Bereich öffentliches Recht und Strafrecht wird Deutschland als Vorbild gesehen. Es gibt beispielsweise ein großes Interesse daran, wie wir digitale Kriminalität bekämpfen. Oder wie wir das Strafrecht für Minderjährige ausgestalten.”
Auf dieser Basis könne ein Dialog geführt werden, in dem insbesondere junge chinesische Wissenschaftler für unsere wertebasierten Konzepte sensibilisiert werden, etwa für den Schutz der Rechte von straffällig gewordenen Jugendlichen und deren erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft, erklärt Birle.
Birle selbst sieht sich als Ermöglicher genau dieser Dialogräume, die wichtig seien, um einer wirtschaftlichen und politischen Entfremdung der beiden Länder entgegenzuwirken. Dabei helfe ihm auch sein Verständnis für den chinesischen Blick auf die aktuelle geopolitische Lage, wie er hervorhebt. “Auf der einen Seite hat China kein Interesse an einem neuen Kalten Krieg. Auf der anderen Seite gibt es, auch aus historischen Gründen, den starken Drang, weltpolitisch endlich wieder eine wichtigere Rolle zu spielen.”
Für die nächste Zeit hat sich Birle viel vorgenommen: Als neuer Büroleiter in Gansu umfasst sein Zuständigkeitsbereich auch westliche und nördliche Provinzen, die im Vergleich zum Osten noch stärker durch einen Bildungsrückstand geprägt sind. In der Inneren Mongolei hat die Hanns-Seidel-Stiftung beispielsweise ein Stipendienprogramm für sozial benachteiligte Jugendliche aufgelegt.
“Wir können auf lokaler Ebene, fernab von politischen Meta-Diskursen westlich geprägte, gesellschaftspolitische Impulse zur Inklusion benachteiligter Menschen ins Bildungssystem und den Arbeitsmarkt leisten. Dies ist eine große Hilfe zur Ermöglichung wirtschaftlicher und sozialer Teilhabe, die von den Menschen vor Ort dankbar angenommen wird”, erklärt Birle. Klaus Lüber
Sarah Groening ist nach knapp vier Jahren als Leiterin der Finanzdienstleistungen der Evonik Speciality Chemicals in Shanghai nach Deutschland zurückgekehrt. Groening hat in der Essener Evonik-Zentrale den Posten Vice President Accounting und Head of Center of Excellence übernommen.
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