ja, Chinas Führung unterstützt das Putin-Regime etwa mit Mikroelektronik zur Herstellung von Waffen. Und ja, mit Truppenübungen in Belarus unmittelbar an der Grenze zum Nato-Land Polen waren in den vergangenen Tagen auch chinesische Soldaten beteiligt. Trotzdem sollten die Europäer nicht zulassen, dass die Nato ihr Engagement auf den asiatisch-pazifischen Raum ausweitet, wie es die USA und Nato-Generalsekretär Stoltenberg offenbar anstreben. Dafür wurde die Nato nicht gegründet. Das Misstrauen wächst auf beiden Seiten, befürchtet Michael Radunski in seiner Analyse und warnt vor einer Eskalation, an der keiner Seite gelegen sein kann.
Im Handelsstreit zwischen der EU und China verschärft nun Peking die Gangart. Das chinesische Handelsministerium leitete am Mittwoch eine formelle Untersuchung zu wirtschaftlichen Praktiken der EU ein. Im Visier: die Verordnung zu ausländischen Subventionen (FSR), die seit gut einem Jahr in Kraft ist und chinesische Firmen bereits zum Rückzug aus zwei Ausschreibungen bewegt hat. Peking sieht darin unfaire Beschränkungen für chinesische Firmen in Europa, zum Beispiel bei Lokomotiven, Photovoltaik und Windenergie. Das klingt aggressiv – was das Handelsministerium vorhat, ist aber noch vage formuliert, schreiben Amelie Richter und Finn Mayer-Kuckuk.
Einen schönen Wochenausklang wünscht
China blickt mit Wut und Ärger auf den aktuellen Nato-Gipfel. Das Zusammentreffen in Washington habe sich zu einer Gerüchteküche entwickelt, in der vor allem die Theorie der chinesischen Bedrohung gekocht werde, schreibt die chinesische Zeitung Global Times. “Unter dem Hype der USA und der Nato scheint China zum Schlüssel für das Überleben Europas geworden zu sein, das zudem das Schicksal des Russland-Ukraine-Konflikts als entscheidende Macht kontrolliere.”
Im chinesischen Außenministerium klingt es ähnlich: “Wir lehnen die Verunglimpfung Chinas und die Schuldzuweisungen der Nato entschieden ab. Die Nato sollte China nicht als Rechtfertigung für ihre Expansion in den asiatisch-pazifischen Raum verwenden und versuchen, die regionale Dynamik zu stören.”
Nun könnte man mit ähnlicher Verve zurückkeifen – und beispielsweise Chinas zunehmend robuster Außenpolitik als regional-hegemonial brandmarken. In Chinas Nachbarschaft wie Japan, Südkorea, Australien oder den Philippinen könnte man einiges dazu sagen. Doch damit würde man vor allem eines übersehen: Chinas Kritik ist durchaus nachvollziehbar. Denn die Nato orientiert sich tatsächlich immer weiter nach Asien.
So sind auf dem Nato-Gipfel nicht nur Mitgliedsstaaten vertreten, sondern zum dritten Mal auch die sogenannten AP4: Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea. In Washington vereinbarte die Nato mit ihren indopazifischen Partnern mehrere Projekte. Es geht um die Bereiche Cybersicherheit, Desinformation, Künstliche Intelligenz, die gemeinsame Unterstützung der Ukraine, sowie neue Technologien und Rüstungsindustrie.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg macht aus der Nato-Ausrichtung auch keinen Hehl. “Die Sicherheit Europas betrifft Asien, und die Sicherheit Asiens betrifft Europa“, schreibt er in einem Aufsatz für das Magazin “Foreign Affairs”. Sein Argument: Sicherheit sei keine regionale Angelegenheit mehr. “Ohne die Unterstützung seiner autoritären Freunde in Asien wäre Russland nicht in der Lage, diesen Krieg aufrechtzuerhalten.”
Neben Iran und Nordkorea nennt Stoltenberg vor allem China. “Öffentlich will der chinesische Präsident Xi Jinping die Welt glauben machen, er strebe Frieden an. Insgeheim jedoch heizt er den Konflikt an, indem er Russland Spitzentechnologien wie Halbleiter und Mikroelektronik liefert, die Moskau zur Herstellung von Raketen, Panzern und Flugzeugen verwendet.” Und in der Tat: chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.
An diesem Punkt setzt der Nato-Generalsekretär China unter Druck. “Gleichzeitig will Xi gute Beziehungen zum Westen pflegen, um Sanktionen zu vermeiden und den Handel aufrechtzuerhalten. Aber er kann nicht beides haben. Irgendwann muss Chinas Unterstützung für Russlands illegalen Krieg ihren Preis haben.” Es ist eine sinnvolle Herangehensweise: Kerninteressen definieren und diese geschlossen auch nach außen vertreten.
Während China diese Politik schon seit Jahren verfolgt, tut sich der Westen damit äußerst schwer – sowohl beim Definieren seiner Interessen als auch beim gemeinsamen Vertreten. Das zeigt sich innerhalb der Europäischen Union – jüngstes Beispiel ist die “Friedensmission 3.0” von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. China wiederum weiß seit Jahren, diese Uneinigkeit im Westen zu seinem Vorteil zu nutzen. Es ist Ungarn, das immer wieder gegen EU-Vorschläge sein Veto einlegt, in denen China wegen Menschenrechtsverletzungen oder in Bezug auf Hongkong oder Taiwan verurteilt wurde.
Auch bezüglich der Nato-Ausrichtung existieren solche Unstimmigkeiten. Vor allem Frankreich will den Anschein vermeiden, dass die Nato ihre Präsenz im Indopazifik ausbaut. Es war der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich gegen ein Verbindungsbüro in Japan ausgesprochen hat. “Wenn wir die Nato drängen, das Spektrum und die Geografie zu erweitern, machen wir einen großen Fehler”, argumentiert Macron.
Insgesamt ist Chinas Ärger über die Nato also durchaus nachvollziehbar. Und doch gibt es auch hier zwei Seiten. Denn nicht nur die Nato weitet ihren Blick nach Asien. Auch China rückt mit seiner Außenpolitik bereits an Nato-Grenzen vor – und darüber hinaus. So nehmen dieser Tag chinesische Truppen an Militärübungen in Weißrussland teil. Die Manöver findet um Brest statt, einer weißrussischen Stadt direkt an der Grenze zum Nato-Mitglied Polen. Kleine Erinnerung: Weißrusslands Staatschef Alexander Lukaschenko gewährte Putins Truppen freien Zugang, um die Ukraine auch von Norden aus angreifen zu können.
Zudem forciert Peking die Zusammenarbeit mit dem Nato-Mitglied Türkei. Seit Jahren nimmt das Land vom Bosporus an den Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organization, kurz SCO) teil. Noch ist die Türkei kein SCO-Mitglied, aber Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seinen Beitrittswunsch bereits mehrfach hinterlegt. Für die Nato ist das äußerst problematisch, schließlich beherbergt die Türkei wichtige Nato-Einrichtungen.
Und so gibt es Grund zur Sorge auf beiden Seiten – in China wie in den Nato-Hauptstädten. Das gegenseitige Misstrauen wächst. Das ist gefährlich. Angesichts dieser Lage ist es wichtig, einen direkten Dialog aufzunehmen. Interessen und Absichten müssen klar definieren und benannt werden. Denn an einer Eskalation – und sei es auch nur aufgrund von Missverständnissen – kann keiner Seite gelegen sein.
Erste Umrisse der chinesischen Reaktion im Zollstreit mit der EU zeichnen sich ab. Am Mittwoch hat das chinesische Handelsministerium eine Untersuchung von Handelshemmnissen aufseiten der EU angekündigt. Die Untersuchung war schon länger geplant: Ende Juni bereits hat ein Sprecher des Ministeriums die Prüfung eines entsprechenden Antrags des chinesischen Verbands für Import und Export von Maschinen und elektronischen Produkten (CCCME) angekündigt.
Die Untersuchung folgt einem festgelegten Mechanismus, den die chinesische Regierung auch auf ihrer Homepage transparent macht. Bisher wurde dieser Mechanismus nur vier Mal angewandt – unter anderem gegen die USA und gegen Japan. Wenn die Prüfung ergibt, dass die EU ihren Markt in unangemessener Weise gegenüber China verschließt, hat das Handelsministerium demnach drei verschiedene Optionen:
Der dritte Punkt lässt alle Möglichkeiten offen – inklusive Gegenmaßnahmen und anderen unangenehmen Eskalationen. Die Ermittlung sei in Brüssel zur Kenntnis genommen worden, teilte ein Sprecher der EU-Kommission mit.
Die Untersuchung soll sechs Monate dauern. Die Ankündigung lässt grundsätzlich offen, um welche Branchen und Handelshemmnisse es geht. Klar, dass die E-Auto-Zölle gemeint sind. Es geht aber allgemein um “Handels- und Investitionshemmnisse im Zusammenhang mit den Praktiken der EU bei der Untersuchung chinesischer Unternehmen im Rahmen des Beschlusses zur Überprüfung ausländischer Subventionen”. In der Mitteilung des Ministeriums sind ausdrücklich auch genannt:
Auf den ersten Blick gelten hier keine allgemeinen Marktbarrieren. In der Solarbranche hat die EU zuletzt davon Abstand genommen, Zölle zu prüfen. Auch in der Windkraft hat die EU vorerst auf ein Verfahren verzichtet.
Doch zugleich ist ein Muster zu erkennen. Es handelt sich in allen Fällen um Branchen, in denen die EU eine Anti-Subventionsuntersuchung eingeleitet hat. Dieses Instrument besitzt sie seit fast genau einem Jahr, in Kraft trat die Foreign Subsidies Regulation (FSR) im Juli 2023. Es stört die chinesische Seite besonders, weil es wesentlich schneller und zupackender ist als die guten alten Anti-Dumping-Untersuchungen, die sich oft ewig hinzogen. Zu den Prüfungen chinesischer Anbieter auf unangemessene staatliche Subventionen gehörten:
Als Erstes will das Ministerium nun ermitteln, inwiefern die EU dabei eine Reihe von Regeln verletzt, die China in den Durchführungsbestimmungen selbst definiert hat. Dazu gehört beispielsweise der Bruch von Verträgen zwischen den Volkswirtschaften, aber auch wachsweiche Fälle wie beispielsweise: “Verursachung von Markteintrittsbarrieren” oder “Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit [chinesischer] Firmen”. Sehr weit gefasst ist auch der Punkt: “[Die Handelsmaßnahme] könnte die Exportchancen für ein [chinesisches] Produkt behindern”.
Die Instrumente zur Prüfung des Sachverhalts auf chinesischen Seite sind:
Sie ähneln damit den Instrumenten, mit denen die EU die chinesische Fahrzeugindustrie zur Festlegung der E-Auto-Zölle unter die Lupe genommen hat.
China macht damit klar, dass es die EU-Zölle keineswegs klaglos als fair akzeptiert, wie Handelskommissar Valdis Dombrovskis gehofft hat. Es wird schon aus Prinzip eine handfeste Reaktion aus Peking geben, die sich nicht auf einzelne Produkte wie Cognac oder Schweinefleisch beschränkt. China will zeigen: Es lässt nicht alles mit sich machen.
Das muss allerdings nicht bedeuten, dass es zu einer unkontrollierten Spirale immer höherer Zölle und anderer Barrieren kommt. Auch gegenüber den USA hat China in der Regel mit einer ungefähr gleichwertigen Handelsmaßnahme geantwortet, als erst Donald Trump, dann Joe Biden immer neue Zölle und Beschränkungen verhängt haben.
Peking ist auf den Export angewiesen und hat kein Interesse an geschlossenen Märkten, wie es selbst immer wieder betont hat. Auch gegenüber der EU wird China vermutlich nach dem Prinzip vorgehen: wie du mir, so ich dir.
Trotz der Konjunkturerholung in China ist die Gefahr einer wirtschaftsschädlichen Deflation nicht gebannt. Die Verbraucherpreise sind im Juni zwar zum fünften Mal in Folge gestiegen, blieben aber wegen der schwachen Nachfrage hinter den Erwartungen zurück. Der Verbraucherpreisindex (CPI) stieg im Juni um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, nach einem Anstieg von 0,3 Prozent im Mai, teilte das Nationale Statistikamt (NBS) am Mittwoch mit. Dies ist der langsamste Anstieg seit drei Monaten und lag unter den 0,4 Prozent, die Ökonomen in einer Reuters-Umfrage prognostiziert hatten.
Als früher Hinweisgeber für die weitere Entwicklung der Preise gelten die Erzeugerpreise, die ab Werkstor fällig werden – also noch bevor die Produkte in den Handel kommen. Diese Preise sinken schon seit geraumer Zeit, fielen im Juni aber nur noch um 0,8 Prozent – der geringste Rückgang binnen 17 Monaten. Doch dies führen Experten hauptsächlich auf einen statistischen Basiseffekt zurück. “Die Deflationsgefahr in China ist nicht gebannt. Die Binnennachfrage bleibt schwach”, warnte Zhiwei Zhang, Chefökonom bei Pinpoint Asset Management.
Die durch strikte Corona-Maßnahmen stark in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaft hatte im ersten Quartal dank boomender Exporte überraschend an Schwung gewonnen: Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Auch wenn Regierung und Zentralbank zahlreiche Maßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft gestartet haben, bleiben grundlegende Probleme wie die Immobilienkrise und die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt aber bestehen. Diese lasten auf dem Konsum und Industrieproduktion und lassen den Ruf nach wirksameren politischen Maßnahmen lauter werden.
Chinas Einzelhändler haben ihre Warenpreise von Kaffee bis hin zu Autos heruntergesetzt, um angesichts mauer Konsumausgaben und unsicherer Wirtschaftsaussichten am Markt bestehen zu können. Die wiederholten Appelle der Politik an die Verbraucher, “es zu wagen, Geld auszugeben”, verpufften weitgehend. Experten sehen die Notenbank deswegen unter Zugzwang. “Die niedrige Inflation und die schwachen Kreditdaten sind ein überzeugendes Argument für eine weitere Lockerung der Geldpolitik der chinesischen Zentralbank in den kommenden Monaten”, sagte Lynn Song, Chefvolkswirt für China bei ING. rtr
China will die Überproduktion von Solaranlagen im Land mit schärferen Kapitalvorgaben eingrenzen. Das Industrie-Ministerium veröffentlichte dafür eine Neuregelung, wonach Solarfirmen eine Mindest-Kapitalquote von 30 Prozent ausweisen müssten. Dies gelte für Erweiterungen sowie neue Produktionsstätten. Bislang lag die Vorgabe bei 20 Prozent. Eine engere Definition der Kapitalquote gab das Ministerium nicht. Darüber hinaus wurde auch neue Vorgaben zur Effizienz der verschiedenen Arten der Solarmodul-Produktion gemacht. Kommentare zum Gesetzentwurf können noch bis zum 15. Juli eingereicht werden.
Jessica Jin, Analystin bei “S&P Global Commodity Insight”, sieht darin einen Versuch, die kreditgetriebene Ausweitung der Solarproduktion zu verhindern. Zudem sei offenkundig eine Konsolidierung im Sektor sowie ein Stilllegen veralteter Kapazitäten geplant.
China dominiert den Weltmarkt für Solaranlagen. Auch in Deutschland werden fast ausschließlich chinesische Module installiert. Experten schätzen, dass China den weltweiten Bedarf bis 2032 mit seinen bestehenden und fest geplanten Fabriken decken kann. Die aktuelle Überproduktion hat zu einem Preisverfall geführt, der zuletzt den Solarboom in Deutschland weiter anfachte.
Die chinesische Dominanz wird allerdings in Europa seit Jahren auch kritisch gesehen. EU-Einfuhrzölle hatten daran nichts geändert. Pläne, zumindest die Reste der verbliebenen Produktion in Europa zu sichern, sind bislang nicht umgesetzt. rtr
Die Volkswagen-Tochter MAN Energy Solutions will den Bau und die Entwicklung von Gasturbinen nach dem Veto des Bundes gegen den Verkauf der Sparte nach China einstellen. “Wir respektieren die Entscheidung der Bundesregierung”, erklärte ein Sprecher des Augsburger Unternehmens am Mittwoch. MAN Energy werde die Neuentwicklung von Gasturbinen in den kommenden Monaten abwickeln. Die MAN-Energy-Sparte umfasst insgesamt 100 Mitarbeiter in Oberhausen und Zürich.
Die Bundesregierung hatte den geplanten Verkauf an die chinesische CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co (GHGT) mit Verweis auf das Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Sie befürchtet, dass China die Gasturbinen nicht für zivile Zwecke, sondern auch zum Antrieb von Kriegsschiffen verwenden könnte.
GHGT gehört zum Werftenkonzern China State Shipbuilding Corp (CSSC), der auch Schiffe für die chinesische Marine baut. China will seine Flotte – die größte der Welt – modernisieren. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz kann die Bundesregierung Verkäufe ins Nicht-EU-Ausland untersagen, wenn diese die nationale Sicherheit gefährden könnten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dessen Haus das Verbot vorgeschlagen hatte, verteidigte die Entscheidung: Grundsätzlich seien Investitionen in Deutschland willkommen, die Wirtschaft lebe vom Handel. Technik, die für die öffentliche Ordnung wichtig sei, müsse aber geschützt werden. Deshalb sei die Transaktion untersagt worden. “Und das ist auch richtig so.” Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte in Berlin “sicherheitspolitische Gründe”.
Die Gasturbinen von MAN Energy werden zur Energiegewinnung oder zum Antrieb von Pipelines eingesetzt. Volkswagen hatte noch versucht, die Bedenken der Bundesregierung auszuräumen. Insidern zufolge hatte der Konzern Gutachten vorgelegt, die die Einsetzbarkeit der MAN-Gasturbinen oder der zugrundeliegenden Technologie als Antrieb von Kriegsschiffen widerlegen sollten. Grundsätzlich wären diese dafür deutlich effizienter als die gebräuchlichen Dieselmotoren. Für zivile Zwecke liefert MAN Energy seit langem Gasturbinen nach China. rtr
Microsoft-Mitarbeiter in China dürfen künftig keine Android-Smartphones mehr verwenden. Laut einem Bericht von Bloomberg hat Microsoft seine Angestellten in China angewiesen, nur noch iPhones für arbeitsbezogene Aufgaben zu nutzen und Android-Geräte aus dem Unternehmensnetzwerk zu entfernen. Diese Maßnahme, die Teil der globalen Secure Future Initiative (SFI) von Microsoft ist, soll die Cybersicherheit erhöhen. Microsoft wird seinen Mitarbeitern die neuesten iPhone-Modelle zur Verfügung stellen.
Grund für die Entscheidung sei die Fragmentierung der Android-App-Stores in China. Da der Google Play Store dort nicht offiziell verfügbar ist, gibt es zahlreiche alternative Marktplätze, die von lokalen Anbietern wie Huawei und Xiaomi betrieben werden. Microsoft steht unter wachsendem Druck, seine Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken.
Der Konzern erlitt zuletzt eine Reihe von Cyberangriffen, darunter ein im Januar aufgedeckter, vermutlich mit Russland in Verbindung stehender Angriff auf mehrere US-Regierungsbehörden. 2023 stahlen chinesische Hacker zudem einen Signaturschlüssel von Microsoft und nutzten diesen, um in die E-Mail-Konten zahlreicher Organisationen einzudringen. Als Reaktion darauf kündigte Microsoft die umfassendste Überarbeitung seiner Sicherheitsmaßnahmen seit zwei Jahrzehnten an. fpe
Keir Starmer hat als neuer britischer Premierminister in der Gestaltung der China-Beziehung eigentlich viel Freiraum – ganz oben auf der Liste der neuen Regierung wird eine ausgewogenere und kohärentere China-Strategie stehen. Die vergangenen Jahre in London waren eher erratisch, was die Beziehung zur Volksrepublik angeht: Was unter Premierminister David Cameron als Business-Opportunismus begann, endete unter Liz Truss in ideologischer Feindseligkeit.
Starmers Vorgänger Rishi Sunak hatte in seiner Amtszeit das Thema China nicht unbedingt ganz oben auf der Agenda. Sunak hatte in seinen knapp unter zwei Jahren dauernden Zeit als Premier Chinas Staatschef Xi Jinping nie getroffen. Auch zu einem Telefonat kam es in der Zeit nicht.
Starmer kann nun die diplomatischen Beziehungen zu Peking auf eine ausgeglichenere Basis bringen. Seine Labour-Partei will eine Überarbeitung der China-Politik durch ein “Audit” einleiten, das in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit durchgeführt werden soll. Starmer könnte auch ein bilaterales Treffen mit Xi beim G-20-Gipfel im November in Brasilien anstreben.
Labour hat bereits einen groben Rahmen skizziert, mit dem sie die Beziehungen zu China angehen will. In ihrem Wahlmanifest spricht die Partei von einem dreiteiligen Ansatz: “Wir werden kooperieren, wo wir können, konkurrieren, wo es nötig ist, und herausfordern, wo es sein muss.” Das erinnert ein wenig an den Dreisatz aus Partner, Wettbewerber und Systemrivale der EU – und könnte in London bisher so ziemlich alles bedeuten, je nachdem, wo bei den drei Punkten die Betonung liegt. Anders als Labours innenpolitische Vorhaben seien die außenpolitischen Pläne noch sehr unklar, betonten Analysten in den Tagen nach der Wahl.
Besondere Erwähnung im Wahlprogramm findet die ehemalige britische Kronkolonie: “Wir werden den Mitgliedern der Hongkonger Gemeinschaft, die nach Großbritannien gezogen sind, zur Seite stehen und sie unterstützen.” Starmer wird von seiner Partei Druck bekommen, sich zeitnah zu Menschenrechtsfragen von Hongkong bis Xinjiang zu äußern – diese waren nicht zuletzt auch im Fokus seiner Arbeit als Anwalt.
Starmer wurde die Labour-Partei geradezu in die Wiege gelegt: Seine Eltern, ein Werkzeugmacher und eine Krankenschwester, benannten ihren Sohn nach dem ersten Parteiführer von Labour, Keir Hardie. Der 61-Jährige ist mit Victoria Alexander verheiratet, die im britischen Gesundheitssystem NHS arbeitet. Das Paar hat zwei Kinder. Starmer gilt als begeisterter Arsenal-Fan.
Stamer hatte nach dem Schulabschluss Rechtswissenschaft an der University of Leeds studiert, anschließend erwarb er an der Universität Oxford einen Bachelor of Civil Law. Als Anwalt verteidigte er oft pro bono, zu seinen Klienten gehörten Friedens- und Umweltaktivisten. Ab 2003 war er Menschenrechtsberater der Polizeibehörde von Nordirland.
Von 2008 bis 2013 diente Starmer als Generalstaatsanwalt für England und Wales. Während seiner Amtszeit setzte er sich für eine Reform des Justizsystems ein und war an mehreren bedeutenden Entscheidungen beteiligt, die das Strafrechtssystem des Vereinigten Königreichs beeinflussten.
Starmer trat 2015 als Abgeordneter für den Wahlkreis Holborn and St Pancras ins Unterhaus ein. Innerhalb kurzer Zeit etablierte er sich als eine maßgebliche Stimme innerhalb der Labour Party, insbesondere in Fragen der Justiz und der Menschenrechte. Er war ein prominenter Kritiker der Brexit-Politik der konservativen Regierung und setzte sich für ein zweites Referendum ein.
Nach der Niederlage der Labour-Partei bei den Parlamentswahlen 2019 und dem Rücktritt von Jeremy Corbyn wurde Starmer im April 2020 zum Parteivorsitzenden gewählt. Er versprach, die Partei zu erneuern und sie wieder wählbar zu machen, indem er sowohl traditionelle Labour-Wähler als auch neue Zielgruppen ansprach.
In der Opposition waren Starmer und auch der designierte Außenminister David Lammy wortstarke Kritiker des chinesischen Vorgehens in Xinjiang. Nun in Regierungsverantwortung könnte sich das jedoch abschwächen, vermuten Beobachter: Labour muss in wirtschaftlicher Hinsicht Ergebnisse erzielen und möchte eine Verärgerung Pekings vermeiden. Das könnte mit Erwartungen an Starmer und seine Arbeit als Menschenrechtsanwalt kollidieren. Angehörige des inhaftierten Hongkonger Herausgebers Jimmy Lai setzen auf das neue Starmer-Government für eine mögliche Freilassung.
Eva Langerbeck ist neue Delegierte des German Trade Office Taipei. Zuletzt arbeitete sie als stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin der Abteilung Corporate Services bei der AHK Malaysia in Kuala Lumpur.
Lorenzo Busan ist seit Juni Programmingenieur Interior China bei der FACC AG. Das österreichische Unternehmen mit chinesischem Kernaktionär entwickelt und produziert Faserverbundkomponenten und -systeme für die Luftfahrtindustrie. Busans Einsatzort ist Changzhou in der Provinz Jiangsu.
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Unter Pressetrubel trudeln nach und nach die Artefakte für die Ausstellung “On Top of the Pyramid: Die Zivilisation des alten Ägypten” in China ein, die vom 19. Juli 2024 bis zum 17. August 2025 im Shanghai Museum stattfindet. Bis September sind schon alle Online-Tickets ausgebucht. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem obersten Rat für Altertümer von Ägypten konzipiert wurde, wird auch von jüngeren Chinesen heiß erwartet. Der Grund: Man kann an ausgewählten Abenden seine Haustier-Katzen mit ins Museum bringen, um sie dort den Statuen der ägyptischen Katzengottheit Bastet gegenüberzustellen.
ja, Chinas Führung unterstützt das Putin-Regime etwa mit Mikroelektronik zur Herstellung von Waffen. Und ja, mit Truppenübungen in Belarus unmittelbar an der Grenze zum Nato-Land Polen waren in den vergangenen Tagen auch chinesische Soldaten beteiligt. Trotzdem sollten die Europäer nicht zulassen, dass die Nato ihr Engagement auf den asiatisch-pazifischen Raum ausweitet, wie es die USA und Nato-Generalsekretär Stoltenberg offenbar anstreben. Dafür wurde die Nato nicht gegründet. Das Misstrauen wächst auf beiden Seiten, befürchtet Michael Radunski in seiner Analyse und warnt vor einer Eskalation, an der keiner Seite gelegen sein kann.
Im Handelsstreit zwischen der EU und China verschärft nun Peking die Gangart. Das chinesische Handelsministerium leitete am Mittwoch eine formelle Untersuchung zu wirtschaftlichen Praktiken der EU ein. Im Visier: die Verordnung zu ausländischen Subventionen (FSR), die seit gut einem Jahr in Kraft ist und chinesische Firmen bereits zum Rückzug aus zwei Ausschreibungen bewegt hat. Peking sieht darin unfaire Beschränkungen für chinesische Firmen in Europa, zum Beispiel bei Lokomotiven, Photovoltaik und Windenergie. Das klingt aggressiv – was das Handelsministerium vorhat, ist aber noch vage formuliert, schreiben Amelie Richter und Finn Mayer-Kuckuk.
Einen schönen Wochenausklang wünscht
China blickt mit Wut und Ärger auf den aktuellen Nato-Gipfel. Das Zusammentreffen in Washington habe sich zu einer Gerüchteküche entwickelt, in der vor allem die Theorie der chinesischen Bedrohung gekocht werde, schreibt die chinesische Zeitung Global Times. “Unter dem Hype der USA und der Nato scheint China zum Schlüssel für das Überleben Europas geworden zu sein, das zudem das Schicksal des Russland-Ukraine-Konflikts als entscheidende Macht kontrolliere.”
Im chinesischen Außenministerium klingt es ähnlich: “Wir lehnen die Verunglimpfung Chinas und die Schuldzuweisungen der Nato entschieden ab. Die Nato sollte China nicht als Rechtfertigung für ihre Expansion in den asiatisch-pazifischen Raum verwenden und versuchen, die regionale Dynamik zu stören.”
Nun könnte man mit ähnlicher Verve zurückkeifen – und beispielsweise Chinas zunehmend robuster Außenpolitik als regional-hegemonial brandmarken. In Chinas Nachbarschaft wie Japan, Südkorea, Australien oder den Philippinen könnte man einiges dazu sagen. Doch damit würde man vor allem eines übersehen: Chinas Kritik ist durchaus nachvollziehbar. Denn die Nato orientiert sich tatsächlich immer weiter nach Asien.
So sind auf dem Nato-Gipfel nicht nur Mitgliedsstaaten vertreten, sondern zum dritten Mal auch die sogenannten AP4: Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea. In Washington vereinbarte die Nato mit ihren indopazifischen Partnern mehrere Projekte. Es geht um die Bereiche Cybersicherheit, Desinformation, Künstliche Intelligenz, die gemeinsame Unterstützung der Ukraine, sowie neue Technologien und Rüstungsindustrie.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg macht aus der Nato-Ausrichtung auch keinen Hehl. “Die Sicherheit Europas betrifft Asien, und die Sicherheit Asiens betrifft Europa“, schreibt er in einem Aufsatz für das Magazin “Foreign Affairs”. Sein Argument: Sicherheit sei keine regionale Angelegenheit mehr. “Ohne die Unterstützung seiner autoritären Freunde in Asien wäre Russland nicht in der Lage, diesen Krieg aufrechtzuerhalten.”
Neben Iran und Nordkorea nennt Stoltenberg vor allem China. “Öffentlich will der chinesische Präsident Xi Jinping die Welt glauben machen, er strebe Frieden an. Insgeheim jedoch heizt er den Konflikt an, indem er Russland Spitzentechnologien wie Halbleiter und Mikroelektronik liefert, die Moskau zur Herstellung von Raketen, Panzern und Flugzeugen verwendet.” Und in der Tat: chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.
An diesem Punkt setzt der Nato-Generalsekretär China unter Druck. “Gleichzeitig will Xi gute Beziehungen zum Westen pflegen, um Sanktionen zu vermeiden und den Handel aufrechtzuerhalten. Aber er kann nicht beides haben. Irgendwann muss Chinas Unterstützung für Russlands illegalen Krieg ihren Preis haben.” Es ist eine sinnvolle Herangehensweise: Kerninteressen definieren und diese geschlossen auch nach außen vertreten.
Während China diese Politik schon seit Jahren verfolgt, tut sich der Westen damit äußerst schwer – sowohl beim Definieren seiner Interessen als auch beim gemeinsamen Vertreten. Das zeigt sich innerhalb der Europäischen Union – jüngstes Beispiel ist die “Friedensmission 3.0” von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. China wiederum weiß seit Jahren, diese Uneinigkeit im Westen zu seinem Vorteil zu nutzen. Es ist Ungarn, das immer wieder gegen EU-Vorschläge sein Veto einlegt, in denen China wegen Menschenrechtsverletzungen oder in Bezug auf Hongkong oder Taiwan verurteilt wurde.
Auch bezüglich der Nato-Ausrichtung existieren solche Unstimmigkeiten. Vor allem Frankreich will den Anschein vermeiden, dass die Nato ihre Präsenz im Indopazifik ausbaut. Es war der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich gegen ein Verbindungsbüro in Japan ausgesprochen hat. “Wenn wir die Nato drängen, das Spektrum und die Geografie zu erweitern, machen wir einen großen Fehler”, argumentiert Macron.
Insgesamt ist Chinas Ärger über die Nato also durchaus nachvollziehbar. Und doch gibt es auch hier zwei Seiten. Denn nicht nur die Nato weitet ihren Blick nach Asien. Auch China rückt mit seiner Außenpolitik bereits an Nato-Grenzen vor – und darüber hinaus. So nehmen dieser Tag chinesische Truppen an Militärübungen in Weißrussland teil. Die Manöver findet um Brest statt, einer weißrussischen Stadt direkt an der Grenze zum Nato-Mitglied Polen. Kleine Erinnerung: Weißrusslands Staatschef Alexander Lukaschenko gewährte Putins Truppen freien Zugang, um die Ukraine auch von Norden aus angreifen zu können.
Zudem forciert Peking die Zusammenarbeit mit dem Nato-Mitglied Türkei. Seit Jahren nimmt das Land vom Bosporus an den Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organization, kurz SCO) teil. Noch ist die Türkei kein SCO-Mitglied, aber Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seinen Beitrittswunsch bereits mehrfach hinterlegt. Für die Nato ist das äußerst problematisch, schließlich beherbergt die Türkei wichtige Nato-Einrichtungen.
Und so gibt es Grund zur Sorge auf beiden Seiten – in China wie in den Nato-Hauptstädten. Das gegenseitige Misstrauen wächst. Das ist gefährlich. Angesichts dieser Lage ist es wichtig, einen direkten Dialog aufzunehmen. Interessen und Absichten müssen klar definieren und benannt werden. Denn an einer Eskalation – und sei es auch nur aufgrund von Missverständnissen – kann keiner Seite gelegen sein.
Erste Umrisse der chinesischen Reaktion im Zollstreit mit der EU zeichnen sich ab. Am Mittwoch hat das chinesische Handelsministerium eine Untersuchung von Handelshemmnissen aufseiten der EU angekündigt. Die Untersuchung war schon länger geplant: Ende Juni bereits hat ein Sprecher des Ministeriums die Prüfung eines entsprechenden Antrags des chinesischen Verbands für Import und Export von Maschinen und elektronischen Produkten (CCCME) angekündigt.
Die Untersuchung folgt einem festgelegten Mechanismus, den die chinesische Regierung auch auf ihrer Homepage transparent macht. Bisher wurde dieser Mechanismus nur vier Mal angewandt – unter anderem gegen die USA und gegen Japan. Wenn die Prüfung ergibt, dass die EU ihren Markt in unangemessener Weise gegenüber China verschließt, hat das Handelsministerium demnach drei verschiedene Optionen:
Der dritte Punkt lässt alle Möglichkeiten offen – inklusive Gegenmaßnahmen und anderen unangenehmen Eskalationen. Die Ermittlung sei in Brüssel zur Kenntnis genommen worden, teilte ein Sprecher der EU-Kommission mit.
Die Untersuchung soll sechs Monate dauern. Die Ankündigung lässt grundsätzlich offen, um welche Branchen und Handelshemmnisse es geht. Klar, dass die E-Auto-Zölle gemeint sind. Es geht aber allgemein um “Handels- und Investitionshemmnisse im Zusammenhang mit den Praktiken der EU bei der Untersuchung chinesischer Unternehmen im Rahmen des Beschlusses zur Überprüfung ausländischer Subventionen”. In der Mitteilung des Ministeriums sind ausdrücklich auch genannt:
Auf den ersten Blick gelten hier keine allgemeinen Marktbarrieren. In der Solarbranche hat die EU zuletzt davon Abstand genommen, Zölle zu prüfen. Auch in der Windkraft hat die EU vorerst auf ein Verfahren verzichtet.
Doch zugleich ist ein Muster zu erkennen. Es handelt sich in allen Fällen um Branchen, in denen die EU eine Anti-Subventionsuntersuchung eingeleitet hat. Dieses Instrument besitzt sie seit fast genau einem Jahr, in Kraft trat die Foreign Subsidies Regulation (FSR) im Juli 2023. Es stört die chinesische Seite besonders, weil es wesentlich schneller und zupackender ist als die guten alten Anti-Dumping-Untersuchungen, die sich oft ewig hinzogen. Zu den Prüfungen chinesischer Anbieter auf unangemessene staatliche Subventionen gehörten:
Als Erstes will das Ministerium nun ermitteln, inwiefern die EU dabei eine Reihe von Regeln verletzt, die China in den Durchführungsbestimmungen selbst definiert hat. Dazu gehört beispielsweise der Bruch von Verträgen zwischen den Volkswirtschaften, aber auch wachsweiche Fälle wie beispielsweise: “Verursachung von Markteintrittsbarrieren” oder “Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit [chinesischer] Firmen”. Sehr weit gefasst ist auch der Punkt: “[Die Handelsmaßnahme] könnte die Exportchancen für ein [chinesisches] Produkt behindern”.
Die Instrumente zur Prüfung des Sachverhalts auf chinesischen Seite sind:
Sie ähneln damit den Instrumenten, mit denen die EU die chinesische Fahrzeugindustrie zur Festlegung der E-Auto-Zölle unter die Lupe genommen hat.
China macht damit klar, dass es die EU-Zölle keineswegs klaglos als fair akzeptiert, wie Handelskommissar Valdis Dombrovskis gehofft hat. Es wird schon aus Prinzip eine handfeste Reaktion aus Peking geben, die sich nicht auf einzelne Produkte wie Cognac oder Schweinefleisch beschränkt. China will zeigen: Es lässt nicht alles mit sich machen.
Das muss allerdings nicht bedeuten, dass es zu einer unkontrollierten Spirale immer höherer Zölle und anderer Barrieren kommt. Auch gegenüber den USA hat China in der Regel mit einer ungefähr gleichwertigen Handelsmaßnahme geantwortet, als erst Donald Trump, dann Joe Biden immer neue Zölle und Beschränkungen verhängt haben.
Peking ist auf den Export angewiesen und hat kein Interesse an geschlossenen Märkten, wie es selbst immer wieder betont hat. Auch gegenüber der EU wird China vermutlich nach dem Prinzip vorgehen: wie du mir, so ich dir.
Trotz der Konjunkturerholung in China ist die Gefahr einer wirtschaftsschädlichen Deflation nicht gebannt. Die Verbraucherpreise sind im Juni zwar zum fünften Mal in Folge gestiegen, blieben aber wegen der schwachen Nachfrage hinter den Erwartungen zurück. Der Verbraucherpreisindex (CPI) stieg im Juni um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, nach einem Anstieg von 0,3 Prozent im Mai, teilte das Nationale Statistikamt (NBS) am Mittwoch mit. Dies ist der langsamste Anstieg seit drei Monaten und lag unter den 0,4 Prozent, die Ökonomen in einer Reuters-Umfrage prognostiziert hatten.
Als früher Hinweisgeber für die weitere Entwicklung der Preise gelten die Erzeugerpreise, die ab Werkstor fällig werden – also noch bevor die Produkte in den Handel kommen. Diese Preise sinken schon seit geraumer Zeit, fielen im Juni aber nur noch um 0,8 Prozent – der geringste Rückgang binnen 17 Monaten. Doch dies führen Experten hauptsächlich auf einen statistischen Basiseffekt zurück. “Die Deflationsgefahr in China ist nicht gebannt. Die Binnennachfrage bleibt schwach”, warnte Zhiwei Zhang, Chefökonom bei Pinpoint Asset Management.
Die durch strikte Corona-Maßnahmen stark in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaft hatte im ersten Quartal dank boomender Exporte überraschend an Schwung gewonnen: Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Auch wenn Regierung und Zentralbank zahlreiche Maßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft gestartet haben, bleiben grundlegende Probleme wie die Immobilienkrise und die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt aber bestehen. Diese lasten auf dem Konsum und Industrieproduktion und lassen den Ruf nach wirksameren politischen Maßnahmen lauter werden.
Chinas Einzelhändler haben ihre Warenpreise von Kaffee bis hin zu Autos heruntergesetzt, um angesichts mauer Konsumausgaben und unsicherer Wirtschaftsaussichten am Markt bestehen zu können. Die wiederholten Appelle der Politik an die Verbraucher, “es zu wagen, Geld auszugeben”, verpufften weitgehend. Experten sehen die Notenbank deswegen unter Zugzwang. “Die niedrige Inflation und die schwachen Kreditdaten sind ein überzeugendes Argument für eine weitere Lockerung der Geldpolitik der chinesischen Zentralbank in den kommenden Monaten”, sagte Lynn Song, Chefvolkswirt für China bei ING. rtr
China will die Überproduktion von Solaranlagen im Land mit schärferen Kapitalvorgaben eingrenzen. Das Industrie-Ministerium veröffentlichte dafür eine Neuregelung, wonach Solarfirmen eine Mindest-Kapitalquote von 30 Prozent ausweisen müssten. Dies gelte für Erweiterungen sowie neue Produktionsstätten. Bislang lag die Vorgabe bei 20 Prozent. Eine engere Definition der Kapitalquote gab das Ministerium nicht. Darüber hinaus wurde auch neue Vorgaben zur Effizienz der verschiedenen Arten der Solarmodul-Produktion gemacht. Kommentare zum Gesetzentwurf können noch bis zum 15. Juli eingereicht werden.
Jessica Jin, Analystin bei “S&P Global Commodity Insight”, sieht darin einen Versuch, die kreditgetriebene Ausweitung der Solarproduktion zu verhindern. Zudem sei offenkundig eine Konsolidierung im Sektor sowie ein Stilllegen veralteter Kapazitäten geplant.
China dominiert den Weltmarkt für Solaranlagen. Auch in Deutschland werden fast ausschließlich chinesische Module installiert. Experten schätzen, dass China den weltweiten Bedarf bis 2032 mit seinen bestehenden und fest geplanten Fabriken decken kann. Die aktuelle Überproduktion hat zu einem Preisverfall geführt, der zuletzt den Solarboom in Deutschland weiter anfachte.
Die chinesische Dominanz wird allerdings in Europa seit Jahren auch kritisch gesehen. EU-Einfuhrzölle hatten daran nichts geändert. Pläne, zumindest die Reste der verbliebenen Produktion in Europa zu sichern, sind bislang nicht umgesetzt. rtr
Die Volkswagen-Tochter MAN Energy Solutions will den Bau und die Entwicklung von Gasturbinen nach dem Veto des Bundes gegen den Verkauf der Sparte nach China einstellen. “Wir respektieren die Entscheidung der Bundesregierung”, erklärte ein Sprecher des Augsburger Unternehmens am Mittwoch. MAN Energy werde die Neuentwicklung von Gasturbinen in den kommenden Monaten abwickeln. Die MAN-Energy-Sparte umfasst insgesamt 100 Mitarbeiter in Oberhausen und Zürich.
Die Bundesregierung hatte den geplanten Verkauf an die chinesische CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co (GHGT) mit Verweis auf das Außenwirtschaftsgesetz untersagt. Sie befürchtet, dass China die Gasturbinen nicht für zivile Zwecke, sondern auch zum Antrieb von Kriegsschiffen verwenden könnte.
GHGT gehört zum Werftenkonzern China State Shipbuilding Corp (CSSC), der auch Schiffe für die chinesische Marine baut. China will seine Flotte – die größte der Welt – modernisieren. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz kann die Bundesregierung Verkäufe ins Nicht-EU-Ausland untersagen, wenn diese die nationale Sicherheit gefährden könnten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dessen Haus das Verbot vorgeschlagen hatte, verteidigte die Entscheidung: Grundsätzlich seien Investitionen in Deutschland willkommen, die Wirtschaft lebe vom Handel. Technik, die für die öffentliche Ordnung wichtig sei, müsse aber geschützt werden. Deshalb sei die Transaktion untersagt worden. “Und das ist auch richtig so.” Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte in Berlin “sicherheitspolitische Gründe”.
Die Gasturbinen von MAN Energy werden zur Energiegewinnung oder zum Antrieb von Pipelines eingesetzt. Volkswagen hatte noch versucht, die Bedenken der Bundesregierung auszuräumen. Insidern zufolge hatte der Konzern Gutachten vorgelegt, die die Einsetzbarkeit der MAN-Gasturbinen oder der zugrundeliegenden Technologie als Antrieb von Kriegsschiffen widerlegen sollten. Grundsätzlich wären diese dafür deutlich effizienter als die gebräuchlichen Dieselmotoren. Für zivile Zwecke liefert MAN Energy seit langem Gasturbinen nach China. rtr
Microsoft-Mitarbeiter in China dürfen künftig keine Android-Smartphones mehr verwenden. Laut einem Bericht von Bloomberg hat Microsoft seine Angestellten in China angewiesen, nur noch iPhones für arbeitsbezogene Aufgaben zu nutzen und Android-Geräte aus dem Unternehmensnetzwerk zu entfernen. Diese Maßnahme, die Teil der globalen Secure Future Initiative (SFI) von Microsoft ist, soll die Cybersicherheit erhöhen. Microsoft wird seinen Mitarbeitern die neuesten iPhone-Modelle zur Verfügung stellen.
Grund für die Entscheidung sei die Fragmentierung der Android-App-Stores in China. Da der Google Play Store dort nicht offiziell verfügbar ist, gibt es zahlreiche alternative Marktplätze, die von lokalen Anbietern wie Huawei und Xiaomi betrieben werden. Microsoft steht unter wachsendem Druck, seine Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken.
Der Konzern erlitt zuletzt eine Reihe von Cyberangriffen, darunter ein im Januar aufgedeckter, vermutlich mit Russland in Verbindung stehender Angriff auf mehrere US-Regierungsbehörden. 2023 stahlen chinesische Hacker zudem einen Signaturschlüssel von Microsoft und nutzten diesen, um in die E-Mail-Konten zahlreicher Organisationen einzudringen. Als Reaktion darauf kündigte Microsoft die umfassendste Überarbeitung seiner Sicherheitsmaßnahmen seit zwei Jahrzehnten an. fpe
Keir Starmer hat als neuer britischer Premierminister in der Gestaltung der China-Beziehung eigentlich viel Freiraum – ganz oben auf der Liste der neuen Regierung wird eine ausgewogenere und kohärentere China-Strategie stehen. Die vergangenen Jahre in London waren eher erratisch, was die Beziehung zur Volksrepublik angeht: Was unter Premierminister David Cameron als Business-Opportunismus begann, endete unter Liz Truss in ideologischer Feindseligkeit.
Starmers Vorgänger Rishi Sunak hatte in seiner Amtszeit das Thema China nicht unbedingt ganz oben auf der Agenda. Sunak hatte in seinen knapp unter zwei Jahren dauernden Zeit als Premier Chinas Staatschef Xi Jinping nie getroffen. Auch zu einem Telefonat kam es in der Zeit nicht.
Starmer kann nun die diplomatischen Beziehungen zu Peking auf eine ausgeglichenere Basis bringen. Seine Labour-Partei will eine Überarbeitung der China-Politik durch ein “Audit” einleiten, das in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit durchgeführt werden soll. Starmer könnte auch ein bilaterales Treffen mit Xi beim G-20-Gipfel im November in Brasilien anstreben.
Labour hat bereits einen groben Rahmen skizziert, mit dem sie die Beziehungen zu China angehen will. In ihrem Wahlmanifest spricht die Partei von einem dreiteiligen Ansatz: “Wir werden kooperieren, wo wir können, konkurrieren, wo es nötig ist, und herausfordern, wo es sein muss.” Das erinnert ein wenig an den Dreisatz aus Partner, Wettbewerber und Systemrivale der EU – und könnte in London bisher so ziemlich alles bedeuten, je nachdem, wo bei den drei Punkten die Betonung liegt. Anders als Labours innenpolitische Vorhaben seien die außenpolitischen Pläne noch sehr unklar, betonten Analysten in den Tagen nach der Wahl.
Besondere Erwähnung im Wahlprogramm findet die ehemalige britische Kronkolonie: “Wir werden den Mitgliedern der Hongkonger Gemeinschaft, die nach Großbritannien gezogen sind, zur Seite stehen und sie unterstützen.” Starmer wird von seiner Partei Druck bekommen, sich zeitnah zu Menschenrechtsfragen von Hongkong bis Xinjiang zu äußern – diese waren nicht zuletzt auch im Fokus seiner Arbeit als Anwalt.
Starmer wurde die Labour-Partei geradezu in die Wiege gelegt: Seine Eltern, ein Werkzeugmacher und eine Krankenschwester, benannten ihren Sohn nach dem ersten Parteiführer von Labour, Keir Hardie. Der 61-Jährige ist mit Victoria Alexander verheiratet, die im britischen Gesundheitssystem NHS arbeitet. Das Paar hat zwei Kinder. Starmer gilt als begeisterter Arsenal-Fan.
Stamer hatte nach dem Schulabschluss Rechtswissenschaft an der University of Leeds studiert, anschließend erwarb er an der Universität Oxford einen Bachelor of Civil Law. Als Anwalt verteidigte er oft pro bono, zu seinen Klienten gehörten Friedens- und Umweltaktivisten. Ab 2003 war er Menschenrechtsberater der Polizeibehörde von Nordirland.
Von 2008 bis 2013 diente Starmer als Generalstaatsanwalt für England und Wales. Während seiner Amtszeit setzte er sich für eine Reform des Justizsystems ein und war an mehreren bedeutenden Entscheidungen beteiligt, die das Strafrechtssystem des Vereinigten Königreichs beeinflussten.
Starmer trat 2015 als Abgeordneter für den Wahlkreis Holborn and St Pancras ins Unterhaus ein. Innerhalb kurzer Zeit etablierte er sich als eine maßgebliche Stimme innerhalb der Labour Party, insbesondere in Fragen der Justiz und der Menschenrechte. Er war ein prominenter Kritiker der Brexit-Politik der konservativen Regierung und setzte sich für ein zweites Referendum ein.
Nach der Niederlage der Labour-Partei bei den Parlamentswahlen 2019 und dem Rücktritt von Jeremy Corbyn wurde Starmer im April 2020 zum Parteivorsitzenden gewählt. Er versprach, die Partei zu erneuern und sie wieder wählbar zu machen, indem er sowohl traditionelle Labour-Wähler als auch neue Zielgruppen ansprach.
In der Opposition waren Starmer und auch der designierte Außenminister David Lammy wortstarke Kritiker des chinesischen Vorgehens in Xinjiang. Nun in Regierungsverantwortung könnte sich das jedoch abschwächen, vermuten Beobachter: Labour muss in wirtschaftlicher Hinsicht Ergebnisse erzielen und möchte eine Verärgerung Pekings vermeiden. Das könnte mit Erwartungen an Starmer und seine Arbeit als Menschenrechtsanwalt kollidieren. Angehörige des inhaftierten Hongkonger Herausgebers Jimmy Lai setzen auf das neue Starmer-Government für eine mögliche Freilassung.
Eva Langerbeck ist neue Delegierte des German Trade Office Taipei. Zuletzt arbeitete sie als stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin der Abteilung Corporate Services bei der AHK Malaysia in Kuala Lumpur.
Lorenzo Busan ist seit Juni Programmingenieur Interior China bei der FACC AG. Das österreichische Unternehmen mit chinesischem Kernaktionär entwickelt und produziert Faserverbundkomponenten und -systeme für die Luftfahrtindustrie. Busans Einsatzort ist Changzhou in der Provinz Jiangsu.
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Unter Pressetrubel trudeln nach und nach die Artefakte für die Ausstellung “On Top of the Pyramid: Die Zivilisation des alten Ägypten” in China ein, die vom 19. Juli 2024 bis zum 17. August 2025 im Shanghai Museum stattfindet. Bis September sind schon alle Online-Tickets ausgebucht. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem obersten Rat für Altertümer von Ägypten konzipiert wurde, wird auch von jüngeren Chinesen heiß erwartet. Der Grund: Man kann an ausgewählten Abenden seine Haustier-Katzen mit ins Museum bringen, um sie dort den Statuen der ägyptischen Katzengottheit Bastet gegenüberzustellen.