die Übergabe der Hongkonger Amtsgeschäfte von Carrie Lam an den früheren Polizisten John Lee ist in vollem Gange. Es ist eine heikle Zeit, weshalb die Zentrale in Peking äußerst angespannt auf die ehemalige Kronkolonie blickt. Entsprechend ließ Xia Baolong am Montag auch keine Zweifel aufkommen. “Wir müssen entschlossen gegen alle antichinesischen Kräfte vorgehen, die Hongkong und Macau destabilisieren, und dürfen dabei keine Risse hinterlassen”, forderte der Hongkong- und Macau-Beauftragte der Zentralregierung in Peking.
Marcel Grzanna zeigt, wie das gelingen soll. Als zentrales Mittel setzt Peking dabei auf das lokale Bildungssystem: Wo vor kurzem noch kritisches Denken gefördert wurde, soll zukünftig chinesische Staatsbürgerkunde gelehrt werden. Das Ziel ist klar: Hongkong braucht mehr zentral-chinesische Patrioten.
In unserer zweiten Analyse widmen wir uns heute dem Hauptproblem der Autoindustrie: dem weltweiten Mangel an Halbleitern. Noch gelingt es den Autobauern, den Mangel zu kaschieren – und gar Profit daraus zu schlagen. Denn hohe Nachfrage und geringes Angebot lassen die Preise steigen.
Doch diese Strategie wird bald ein Ende finden. Und so warnt Christian Domke Seidel in seiner Analyse: Der Chipmangel wird noch mehrere Jahre anhalten – zumindest in der Autobranche. Die Firmen müssen deshalb dringend reagieren. Wie, das zeigen chinesische Autokonzerne: Die Guangzhou Automobile Group beteiligt sich an lokalen Chipherstellern, während BYD sich Schürfrechte für Lithium sichert.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die Pekinger Zentralregierung blickt mit Sorge auf Hongkong. Zwar hat sich die noch verbliebene politische Opposition so weit zurückgezogen, dass sie praktisch nicht mehr zu vernehmen ist. Doch autoritäre Regierungssysteme fürchten das Wiederaufflammen von gesellschaftlichem Dissens so sehr, dass sie dauerhaft große Teil ihres Geldes, ihres Personals und ihrer Aufmerksamkeit in den Erhalt des Status quo investieren.
Getrieben von der ständigen Sorge, Opfer von Verschwörung zu werden, steht die Stabilität des eigenen Regimes stets ganz oben auf der politischen Agenda. Die laufende Übergabe der Hongkonger Amtsgeschäfte von der Regierung Carrie Lams in die Hände des früheren Polizisten John Lee ist zudem eine heikle Zeit. Die neue Regierung, die am 1. Juli inthronisiert worden ist, muss sich ordnen, die Minister ihr Handeln aufeinander abstimmen und der Verwaltungsapparat unter neuer Führung reibungslos in Gang gehalten werden.
Entsprechend appellierte der Hongkong- und Macau-Beauftragte der Zentralregierung, Xia Baolong, am Montag an die neue Führungsriege, “wachsam zu bleiben”. Xia sprach bei einem Seminar in Peking, zu dem auch Funktionäre aus den früheren Kronkolonien zugeschaltet waren. “Wir müssen entschlossen gegen alle antichinesischen Kräfte vorgehen, die Hongkong und Macau destabilisieren, und dürfen dabei keine Risse hinterlassen”, sagte Xia. Diese Kräfte seien nicht tot. Ähnlich wie Hongkong war auch Macau bis 1999 ausländisch verwaltet, ehe es von Portugal an die Volksrepublik zurückgegeben worden war.
Eine Strategie, um mögliche “Risse” zu kitten, ist die Sinisierung des Bildungssystems. Im vergangenen Monat wurden neue Lehrbücher vorgestellt, die für die neue Hongkonger Staatsbürgerkunde an den Schulen der Stadt verwendet werden. Die Staatsbürgerkunde ist offiziell schon im Herbst vergangenen Jahres eingeführt worden und hat nun einen passenden Rahmen für die Vermittlung der Inhalte bekommen. Das Fach ersetzt die sogenannten Liberal Studies, ein multidisziplinärer Ansatz, der junge Menschen auf Laufbahnen in verschiedenen Sektoren vorbereitet und ihnen dabei kritisches Denken und systematische Problemlösung vermitteln sollte.
Mit dem Ende der Liberal Studies sei aus Hongkonger Klassenzimmern die Wurzel für viel Hass in der Hongkonger Gesellschaft verbannt worden, urteilten chinesische Staatsmedien. Das Fach sei dazu benutzt worden, die Regierung zu verleumden. Viele Lehrer hätten auf diesem Weg ihre giftigen politischen Ansichten in die Klassenzimmer getragen.
“Mit den Referenzmaterialien des Bildungsbüros müssen Lehrer an den Schulen nicht zu viele andere Inhalte einbringen”, sagte Tang Fei, Vizepräsident der Hongkonger Lehrer-Gewerkschaft HKFEW, die als Interessenvertretung der Pekinger Zentrale gilt, zur chinesischen Tageszeitung Global Times. Die HKFEW ist mit rund 42.000 Mitgliedern die größte Lehrervereinigung der Stadt, nachdem die jahrelang etablierte Hong Kong Professional Teachers’ Union (HKPTU) mit knapp 100.000 Mitgliedern im vergangenen Jahr aufgelöst worden war. Die HKPTU galt Peking wegen ihrer liberalen Positionen als Dorn im Auge und geriet nach Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes zunehmend unter Druck.
Die neuen Lehrbücher beschäftigen sich eingehend mit der jüngeren Geschichte Hongkongs. Unter anderem wird das sogenannte Basic Law analysiert, das als Mini-Verfassung der Stadt gilt. Auch das Prinzip “one country, two systems” ist wichtiger Bestandteil des Lehrplans. Weiteres zentrales Element ist die Bedeutung der nationalen Sicherheit. In zwei Jahren wird die neue Staatsbürgerkunde erstmals Prüfungsfach an den Mittelschulen sein.
Der Trend zu pro-chinesischen Bildungsinhalten in Hongkong ist nicht neu und war in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, wie die Autoren Sonny Shi-Hing Lo und Chung Fun Steven Hung in ihrem Buch “The Politics of Education Reform in China’s Hong Kong” darstellen.
Die gesamte Bildungsreform in der Sonderverwaltungszone habe das Bildungssystem in einen Prozess gedrängt, durch den es dem System der Volksrepublik immer ähnlicher geworden sei. Der Schwerpunkt der Reform liege auf politischer “Korrektheit” im Verständnis der chinesischen nationalen Sicherheit, Geschichte und Kultur, resümieren die Autoren.
Der Reformprozess hat sich in den vergangenen Jahren stetig beschleunigt, eben weil der Widerstand der politischen Opposition wegen der verschärften Gesetzgebung seit einigen Jahren gebrochen ist. Patriotische Erziehung rückt immer mehr ins Zentrum der schulischen Bildung. Sie soll die Basis liefern, um das von Peking ausgerufene Ziel zu erreichen, die Stadt solle ausschließlich von Patrioten regiert und verwaltet werden. Vordergründig und auf höchsten Ebenen ist das bereits der Fall. Doch die Verwaltung besteht aus Abertausenden Beschäftigten auf unteren Ebenen, denen eine gewünschte politische Gesinnung zwar vorgebetet, deren staatstreue Umsetzung im Alltag jedoch kaum nachgeprüft werden kann.
Die neue Regierung wird mit großer Wahrscheinlichkeit konsequent an der patriotischen Erziehung des Nachwuchses arbeiten. Die neue Bildungsministerin Choi Yuk Lin scheint sinnbildlich für die Entschlossenheit zu stehen. Schon 2012 hatte Choi dem Bildungswesen ihren Stempel aufdrücken wollen, als sie vorschlug, Schulbücher sollten politische Mehr-Parteien-Systeme als Wurzel für Chaos und Unruhe darstellen. Damals war der Widerstand noch zu groß und die Zeit nicht reif. Zehn Jahre später ist Choi am Ziel.
Der Markt für Halbleiter hat sich zum Dauerproblem für die Automobilhersteller entwickelt. Die Nachfrage steigt, das Angebot aber stagniert bestenfalls. Das hat Folgen: Es werden nicht mehr genug Autos gebaut, um die Nachfrage zu bedienen. So steigen zwar die Gewinnmargen, doch die Hersteller können ihre Wachstumspläne vergessen. Und das längerfristig. Eine neue Studie der Unternehmensberatung AlixPartners geht davon aus, dass der Mangel an Halbleitern auch im Jahr 2024 die Produktion beeinträchtigen wird.
Zentraler Aspekt sei, dass Elektroautos etwa zehnmal so viele Chips benötigen würden, wie herkömmliche Autos. Zusätzlich genieße die Autoindustrie bei den Chipproduzenten keine Priorität, so AlixPartners. Diese würde analoge Chips benötigen, die Hersteller der Halbleiter würden allerdings in die sehr viel profitablere Produktion von Mikrocontrollern investieren. Diese werden unter anderem in Unterhaltungselektronik und Mobiltelefonen eingesetzt.
Chinesische Hersteller reagieren auf die Engpässe und beteiligen sich an lokalen Chipherstellern. So etwa die Guangzhou Automobile Group (GAC). Der Schritt ist nur konsequent, schließlich kommen gerade einmal fünf Prozent der Halbleiter, die für den Automobilbau benötigt werden, aus der Volksrepublik.
Investitionen entlang der Wertschöpfungskette sind beispielsweise für BYD ein Erfolgsrezept. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 habe die Marke seine Auslieferungen verdoppeln können, rechnet das Fachportal BSBC vor. Auf insgesamt 590.000 Stück. Kein anderer Hersteller weltweit verkaufte so viele New Energy Vehicle wie BYD.
Der große Vorteil der Marke ist, dass der Konzern auch der drittgrößte Batteriehersteller der Welt ist. Selbst Tesla möchte beim Konkurrenten einkaufen. Entscheidend ist, dass BYD zusätzlich Schürfrechte für Lithium in Chile besitzt und den Rohstoff selbst abbaut. Bald geht BYD Semiconductor an die Börse. Mit dem Erlös will der Hersteller die Entwicklung eigener Halbleiter finanzieren.
Doch selbst BYD kann die Nachfrage nur schwer bedienen. Das hat mit mangelnden Produktionskapazitäten zu tun. Derzeit wird schon die fünfte Fabrik gebaut. Nach Fertigstellung soll die Marke rund 3,4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr fertigen können. Wobei Modelle mit Verbrennungsmotor seit Ende März nicht mehr im Programm sind.
Die Beteiligung an Chipherstellern alleine dürfte aber das Problem nicht beheben. Showa Denko KK, ein Chemiekonzern aus Japan, warnte gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg News die Chipindustrie vor massiven Preissteigerungen in naher Zukunft. Der Konzern beliefert unter anderem Taiwan Semiconductor Manufacturing und Infineon mit Rohstoffen für die Chipproduktion.
Hideki Somemiya, der Finanzvorstand, kündigte an, dass “die aktuellen Marktbewegungen uns zwingen, doppelt so viel zu berechnen, wie ursprünglich geplant.” Hintergrund seien enorme Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und ein schwacher Yen. Sein Unternehmen habe den Verkauf bestimmter Rohstoffe bereits eingestellt und Verträge mit Kunden beendet, wenn es keine Basis für eine rentable Zusammenarbeit gäbe. Selbst der Rückzug aus einzelnen Geschäftsbereichen steht zur Diskussion. Der große Schock für die Autohersteller könnte also noch kommen.
Doch es gibt auch gute Nachrichten, wie die Studie von AlixPartners vorrechnet. Aufgrund der hohen Nachfrage und des geringen Angebots hätten die 25 größten Automobilhersteller ihre Umsatzrendite um 2,5 Prozentpunkte gesteigert – auf über 10,3 Prozent. Ein Trend, der noch ein wenig anhalten dürfte. “Die Automobilproduktion wird die Nachfrage erst 2025 wieder übersteigen”, erklärte Fabian Piontek, Berater bei AlixPartners, gegenüber Reuters.
Das beste Beispiel dafür ist Daimler Truck. Dessen Vorstandschef Martin Daum erklärte jüngst auf der Jahreshauptversammlung, dass die Jahresproduktion von über einer halben Million Fahrzeuge längst ausverkauft sei. Trotz einer Preissteigerung von rund zehn Prozent. AlixPartners mahnt aber zur Vorsicht. Die zusätzlichen Gewinne seien dringend nötig, da die Investitionskosten für Elektroautos in den kommenden fünf Jahren bei weltweit rund 500 Milliarden Dollar liegen würden.
Zumal der größte Automarkt der Welt mit den größten Wachstumsraten immer noch China ist. BYD hat hier auch deswegen Erfolg, weil das Unternehmen sich zu großen Teilen über den günstigen Preis definiert. Die Marge beträgt gerade einmal 1,5 Prozent.
Die USA wollen ihre Abhängigkeit von China bei zentralen Importgütern wie Seltenen Erden oder Solarzellen verringern. Das sagte US-Finanzministerin Janet Yellen am Montag bei ihrem Besuch in Südkorea. Sie werde sich deshalb für verstärkte Handelsbeziehungen mit Südkorea und anderen vertrauenswürdigen Verbündeten einsetzen, sagte Yellen in Seoul. Es gelte zu verhindern, dass die Volksrepublik die “übermäßige Abhängigkeit” der USA aus strategischen Gründen ausnutze und Lieferungen einstelle, wie sie es bei anderen Ländern getan habe. Die Möglichkeiten müssten eingeschränkt werden, mit denen “geopolitische Rivalen in der Lage sind, uns zu manipulieren und unsere Sicherheit zu gefährden”. Zumal die Preise für Seltene Erden zuletzt rasant angestiegen sind (China.Table berichtete).
Yellen warb für eine Diversifizierung der Lieferketten und erklärte zugleich, China sei offen für Bedenken der USA in anderen Bereichen und habe einige konstruktive Schritte eingeleitet. “Ich möchte nicht den Eindruck einer reinen Eskalation der Feindseligkeiten mit China vermitteln.”
Bei Seltenen Erden handelt es sich um 17 chemische Elemente, die für viele Hightech-Produkte wie Handys und auch in der Rüstungsindustrie unverzichtbar sind. Zudem spielen sie bei der Produktion von Elektroautos eine wichtige Rolle. Seltene Erden kommen weltweit viel häufiger vor, als es der Name vermuten lässt. Ihre aufwendige Förderung ist allerdings fest in chinesischer Hand. Die USA decken etwa 80 Prozent ihres Bedarfs aus der Volksrepublik China ab.
In Deutschland hatte Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies unlängst eine zu große Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China beklagt (China.Table berichtete). Man dürfe die Fehler wie bei Öl und Gas mit der Abhängigkeit von Russland nun nicht bei anderen Rohstoffen wiederholen, sagte Kukies Anfang Juli. rtr
Der Autokonzern Stellantis stellt die Produktion des Jeeps in China ein. Damit beendet der Opel-Mutterkonzern ein zwölfjähriges Joint Venture mit der GAC Group. Als Grund führte Stellantis in einer Mitteilung am Montag an, dass es nicht gelungen sei, die Mehrheit an dem Joint Venture mit Guangzhou Automobile Group zu erlangen.
“Stellantis beabsichtigt, mit der GAC Group bei der geordneten Beendigung des im März 2010 gegründeten Joint Ventures zusammenzuarbeiten, das in den letzten Jahren Verluste erwirtschaftet hat”, hieß es. Die Beendigung des 2010 begonnenen Joint-Ventures wird im ersten Halbjahr 2022 zu einer nicht zahlungswirksamen Wertminderung in Höhe von etwa 297 Millionen Euro führen.
Im Januar hatte Stellantis noch angekündigt, den Anteil an dem Joint Venture mit GAC von 50 auf 75 Prozent erhöhen zu wollen, nachdem eine Gesetzesänderung zusätzliche ausländische Investitionen in solche Joint Ventures ermöglicht hatte. Doch das Vorhaben scheiterte, zwischen den beiden Partnern kam es zu einem Riss. Nun verordnet Chief Executive Officer Carlos Tavares dem Unternehmen eine neue Strategie: In Zukunft will Stellantis sich auf den Import von Fahrzeugen nach China konzentrieren. rad
Ein Interview des künftigen EU-Botschafters in China hat wegen einer Aussage zu Taiwan für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Gespräch mit der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia sagte Jorge Toledo Albiñana, dass die Europäische Union, die Unabhängigkeit Taiwans nicht verteidige, “sondern die friedliche Wiedervereinigung“. Anschließend schwenkte Toledo wieder auf die altbekannte Linie ein: “Wir glauben, dass es nur ein China geben sollte, aber im Falle einer militärischen Invasion haben wir sehr deutlich gemacht, dass die EU zusammen mit den USA und ihren Verbündeten ähnliche oder sogar noch schwerere Maßnahmen ergreifen wird, als wir sie jetzt gegen Russland ergriffen haben”, fügte der Spanier an.
Die “Ein-China-Politik” (“One-China-policy”) ist die gängige Position Brüssels, wenn es um den Status von Taipeh geht. Doch dass Toledo von einer “friedlichen Wiedervereinigung” sprach, wurde in den sozialen Netzwerken kritisiert.
Toledo äußerte sich in dem Interview auch zu weiteren Themen der China-Politik. Eine Entkopplung gebe es, “aber nicht nach dem Willen Chinas”, sagte der Spanier. So habe der Westen die Notwendigkeit erkannt, seine Produktion zu überdenken. “Die Pandemie hat die Verwundbarkeit von Wertschöpfungsketten offengelegt”, sagte Toledo. Chinas Exporte nach Europa wachsen jedoch weiter, wie der Diplomat erklärte.
Der designierte EU-Botschafter in China sprach zudem zu nationalen Themen: “China hat fast 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit. Dies ist ein Erfolg des freien Marktes, kein Kommunismus.” Wie in jedem Land, das sich sehr schnell entwickle, komme jedoch eine Zeit, in der es nicht so schnell weiter wachsen könne. “Der demografische Druck auf die Wirtschaft ist enorm“, sagte Toledo.
Toledo war bis vor Kurzem Spaniens Botschafter in Japan. Seinen Job als EU-Botschafter soll er dem Bericht zufolge voraussichtlich im September antreten und damit dem Franzosen Nicolas Chapuis nachfolgen (China.Table berichtete). ari
Europäische Spitzenpolitiker sollen einem Bericht zufolge eingeladen worden sein, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping im November in Peking zu treffen. Das berichtet die Zeitung “South China Morning Post” am Montag. Laut SCMP soll die Einladung an Bundeskanzler Olaf Scholz, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez verschickt worden sein. Nun sei es an den Europäern, zu entscheiden, ob sie die Einladung Chinas annehmen wollen.
Ein Treffen im November wäre unmittelbar nach dem 20. Parteitag im Oktober. Die Tatsache, dass Xi europäische Staats- und Regierungschefs im November nach China einlädt, bestätigt wiederum indirekt, wovon im Grunde alle Beobachter ausgehen: nämlich dass Xi Jinping eine dritte Amtszeit als Präsident bekommen wird. Das Treffen würde die Rückkehr der persönlichen Diplomatie zwischen Europa und China markieren – nach fast drei Jahren strikter Null-Covid-Politik, die einen persönlichen Austausch der Spitzenpolitiker von Europa und China unmöglich gemacht hat. rad
Die EU bemüht sich im Bereich Kreislaufwirtschaft um eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Doch in den bilateralen Handelsabkommen, die rund 40 Prozent des gesamten Handelsvolumens der EU regeln, wird die Kreislaufwirtschaft bislang nur selten explizit erwähnt. Dabei besteht mit Handelspartnern wie China ein großes Potenzial, vor allem in den Bereichen Kunststoffe und Textilien. Zu diesem Ergebnis kommt das am Montag veröffentlichte Policy Briefing des Institute for European Environmental Policy (IEEP).
Um Handelsabkommen verstärkt für die Kreislaufwirtschaft zu nutzen, empfiehlt das IEEP, die Abkommen um Verpflichtungen zur Zusammenarbeit in der Kreislaufwirtschaft zu ergänzen. So sollte man verstärkt Wissen über die Kreislaufwirtschaft, die Datenerhebungsmethoden und den Überwachungsrahmen austauschen und harmonisieren, um Datenlücken über den Fluss von Material- und Energieressourcen zu schließen.
Für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und eines nachhaltigen Handels bieten dem IEEP-Bericht zufolge besonders die Strategien Chinas und der EU zur Förderung nachhaltiger Kunststoffe und Textilien eine solide Grundlage. Bei Kunststoffen gibt es gar eine ähnliche Gesetzgebung: Dazu gehören das Verbot einiger Kunststoffprodukte (Plastiktüten, Einweggeschirr und -besteck, Mikroplastik in Körperpflegeprodukten), die Förderung von Alternativen zu Kunststoffen und die Verbesserung der Infrastruktur für das Kunststoffrecycling. Chinesische Kunststoffprodukte müssen bislang keinen bestimmten Anteil an recyceltem Kunststoff enthalten, während die EU den Anteil an recyceltem Kunststoff weiter erhöht.
Auch im Bereich der Textilien planen sowohl China als auch die EU ähnliche Maßnahmen: Beide haben sich zum Ziel gesetzt, die Recyclingrate für Textilien zu erhöhen, die endgültige Entsorgung (zum Beispiel auf Deponien) von Textilabfällen zu minimieren und dem Trend zur “Fast Fashion” entgegenzuwirken. Zudem ergänzen sich die Absicht der EU, den Export von Textilabfällen einzuschränken, und das chinesische Verbot der Einfuhr von Textilabfällen. Dies bietet Potenzial für einen größeren Kreislauf in der globalen Textilwirtschaft. leo
Als Stefanie Schweiger klein war, reiste ihr Vater oft beruflich nach China. Jedes Mal, wenn er zurückkam, holte er ein Geschenk für sie aus seinem Koffer. “Ich hatte ein eigenes Fach in meinem Regal für all die Dinge, die er mir von dort mitbrachte”, erzählt sie. “Sie waren mir heilig.”
Schweiger studierte Kunstgeschichte und Fotografie in Frankfurt und Berlin – die Faszination für China blieb. Als sie Anfang 30 war, wagte sie den Sprung und zog für mehrere Jahre nach Peking, in die Hutongs, die kleinen Gassen der Altstadt. “Ich kannte alle meine Nachbarn, hielt jeden Tag einen Plausch mit ihnen und besuchte das kleine Café in einem ehemaligen Tempel, in dem zeitgenössische Kunst und Filme gezeigt wurden.” Dass dieses Viertel abgerissen werden sollte, inspirierte sie damals zu einer Portrait-Reihe über ihre Nachbarn, die sie in ihren Häusern fotografierte. Es war eine ihrer ersten Arbeiten in Peking.
Gemeinsam mit der chinesischen Autorin Phoebe Hui veröffentlichte Schweiger später das Buch “The Magic of Yuanfen” – eine Sammlung aus Texten und Fotografien. Die beiden Autorinnen waren drei Jahre in die entlegensten Winkel Chinas gereist auf der Suche nach Spiritualität, altem Wissen, Glaube und Aberglaube. “Die rasanten Entwicklungen in der Wissenschaft und Technologie haben im ganzen Land die Lebensweisen der Menschen modernisiert”, sagt Schweiger. “Doch unter dieser Oberfläche der Modernität liegt in diesem riesigen Land mit 56 verschiedenen ethnischen Gruppen eine Geschichte, die mehr als 3.500 Jahre zurückreicht.”
Hui und Schweiger haben an geheimnisvollen Zeremonien teilgenommen, sind tagelang mit ihren Protagonisten über Bergkuppen gelaufen, in Klöster eingekehrt, haben selbstgebraute Kräutermedizin getrunken und sich so offen wie möglich auf ihr jeweiliges Gegenüber eingelassen. “Wir trafen Heiler und Weise, buddhistische Geheimgesellschaften, Schamanen, Einsiedler, Taoisten, Kräuterkundige, tibetische Ärzte, Bimos, Feng-Shui-Meister und Mönche.” Dabei stellten sie sich immer dieselbe Frage: Kann die Weisheit oder die Kultur, die seit hunderten oder gar tausenden Jahren weitergegeben wird, mit dem modernen Leben im gegenwärtigen China in Einklang gebracht werden?
“Alle Begegnungen dieser Reise waren vom Schicksal oder vom Zufall – ganz wie man will – geführt”, erzählt Schweiger. “Es war beeindruckend, dass wir immer fanden, was wir suchten.” Den Zufall oder die Bindungskraft, die eine Person mit anderen Menschen oder Objekten zusammenbringt, nennt man im Chinesischen “Yuanfen”. So ist das Buch zu seinem Namen gekommen.
Aktuell lebt Schweiger wieder in Berlin und steckt mitten in einem gemeinsamen Projekt mit zwei Künstlerinnen. Eine gemeinsame Ausstellung folgt im kommenden Jahr. Das Thema darf sie leider noch nicht verraten. Svenja Napp
Carina Mingle ist neue Head of Media Relations & Corporate Communications der AHK Greater China in Peking. Sie folgt auf Olivia Helvadjian.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Lieferservice à la Stanley Kubrick: Die Trägerrakete Tianzhou-3 transportiert erfolgreich Vorräte zur chinesischen Raumstation. Unser Bild zeigt, wie die Tianzhou-3 am Sonntag die Station wieder verlässt und sich auf den Rückweg zur Erde macht.
die Übergabe der Hongkonger Amtsgeschäfte von Carrie Lam an den früheren Polizisten John Lee ist in vollem Gange. Es ist eine heikle Zeit, weshalb die Zentrale in Peking äußerst angespannt auf die ehemalige Kronkolonie blickt. Entsprechend ließ Xia Baolong am Montag auch keine Zweifel aufkommen. “Wir müssen entschlossen gegen alle antichinesischen Kräfte vorgehen, die Hongkong und Macau destabilisieren, und dürfen dabei keine Risse hinterlassen”, forderte der Hongkong- und Macau-Beauftragte der Zentralregierung in Peking.
Marcel Grzanna zeigt, wie das gelingen soll. Als zentrales Mittel setzt Peking dabei auf das lokale Bildungssystem: Wo vor kurzem noch kritisches Denken gefördert wurde, soll zukünftig chinesische Staatsbürgerkunde gelehrt werden. Das Ziel ist klar: Hongkong braucht mehr zentral-chinesische Patrioten.
In unserer zweiten Analyse widmen wir uns heute dem Hauptproblem der Autoindustrie: dem weltweiten Mangel an Halbleitern. Noch gelingt es den Autobauern, den Mangel zu kaschieren – und gar Profit daraus zu schlagen. Denn hohe Nachfrage und geringes Angebot lassen die Preise steigen.
Doch diese Strategie wird bald ein Ende finden. Und so warnt Christian Domke Seidel in seiner Analyse: Der Chipmangel wird noch mehrere Jahre anhalten – zumindest in der Autobranche. Die Firmen müssen deshalb dringend reagieren. Wie, das zeigen chinesische Autokonzerne: Die Guangzhou Automobile Group beteiligt sich an lokalen Chipherstellern, während BYD sich Schürfrechte für Lithium sichert.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die Pekinger Zentralregierung blickt mit Sorge auf Hongkong. Zwar hat sich die noch verbliebene politische Opposition so weit zurückgezogen, dass sie praktisch nicht mehr zu vernehmen ist. Doch autoritäre Regierungssysteme fürchten das Wiederaufflammen von gesellschaftlichem Dissens so sehr, dass sie dauerhaft große Teil ihres Geldes, ihres Personals und ihrer Aufmerksamkeit in den Erhalt des Status quo investieren.
Getrieben von der ständigen Sorge, Opfer von Verschwörung zu werden, steht die Stabilität des eigenen Regimes stets ganz oben auf der politischen Agenda. Die laufende Übergabe der Hongkonger Amtsgeschäfte von der Regierung Carrie Lams in die Hände des früheren Polizisten John Lee ist zudem eine heikle Zeit. Die neue Regierung, die am 1. Juli inthronisiert worden ist, muss sich ordnen, die Minister ihr Handeln aufeinander abstimmen und der Verwaltungsapparat unter neuer Führung reibungslos in Gang gehalten werden.
Entsprechend appellierte der Hongkong- und Macau-Beauftragte der Zentralregierung, Xia Baolong, am Montag an die neue Führungsriege, “wachsam zu bleiben”. Xia sprach bei einem Seminar in Peking, zu dem auch Funktionäre aus den früheren Kronkolonien zugeschaltet waren. “Wir müssen entschlossen gegen alle antichinesischen Kräfte vorgehen, die Hongkong und Macau destabilisieren, und dürfen dabei keine Risse hinterlassen”, sagte Xia. Diese Kräfte seien nicht tot. Ähnlich wie Hongkong war auch Macau bis 1999 ausländisch verwaltet, ehe es von Portugal an die Volksrepublik zurückgegeben worden war.
Eine Strategie, um mögliche “Risse” zu kitten, ist die Sinisierung des Bildungssystems. Im vergangenen Monat wurden neue Lehrbücher vorgestellt, die für die neue Hongkonger Staatsbürgerkunde an den Schulen der Stadt verwendet werden. Die Staatsbürgerkunde ist offiziell schon im Herbst vergangenen Jahres eingeführt worden und hat nun einen passenden Rahmen für die Vermittlung der Inhalte bekommen. Das Fach ersetzt die sogenannten Liberal Studies, ein multidisziplinärer Ansatz, der junge Menschen auf Laufbahnen in verschiedenen Sektoren vorbereitet und ihnen dabei kritisches Denken und systematische Problemlösung vermitteln sollte.
Mit dem Ende der Liberal Studies sei aus Hongkonger Klassenzimmern die Wurzel für viel Hass in der Hongkonger Gesellschaft verbannt worden, urteilten chinesische Staatsmedien. Das Fach sei dazu benutzt worden, die Regierung zu verleumden. Viele Lehrer hätten auf diesem Weg ihre giftigen politischen Ansichten in die Klassenzimmer getragen.
“Mit den Referenzmaterialien des Bildungsbüros müssen Lehrer an den Schulen nicht zu viele andere Inhalte einbringen”, sagte Tang Fei, Vizepräsident der Hongkonger Lehrer-Gewerkschaft HKFEW, die als Interessenvertretung der Pekinger Zentrale gilt, zur chinesischen Tageszeitung Global Times. Die HKFEW ist mit rund 42.000 Mitgliedern die größte Lehrervereinigung der Stadt, nachdem die jahrelang etablierte Hong Kong Professional Teachers’ Union (HKPTU) mit knapp 100.000 Mitgliedern im vergangenen Jahr aufgelöst worden war. Die HKPTU galt Peking wegen ihrer liberalen Positionen als Dorn im Auge und geriet nach Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes zunehmend unter Druck.
Die neuen Lehrbücher beschäftigen sich eingehend mit der jüngeren Geschichte Hongkongs. Unter anderem wird das sogenannte Basic Law analysiert, das als Mini-Verfassung der Stadt gilt. Auch das Prinzip “one country, two systems” ist wichtiger Bestandteil des Lehrplans. Weiteres zentrales Element ist die Bedeutung der nationalen Sicherheit. In zwei Jahren wird die neue Staatsbürgerkunde erstmals Prüfungsfach an den Mittelschulen sein.
Der Trend zu pro-chinesischen Bildungsinhalten in Hongkong ist nicht neu und war in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, wie die Autoren Sonny Shi-Hing Lo und Chung Fun Steven Hung in ihrem Buch “The Politics of Education Reform in China’s Hong Kong” darstellen.
Die gesamte Bildungsreform in der Sonderverwaltungszone habe das Bildungssystem in einen Prozess gedrängt, durch den es dem System der Volksrepublik immer ähnlicher geworden sei. Der Schwerpunkt der Reform liege auf politischer “Korrektheit” im Verständnis der chinesischen nationalen Sicherheit, Geschichte und Kultur, resümieren die Autoren.
Der Reformprozess hat sich in den vergangenen Jahren stetig beschleunigt, eben weil der Widerstand der politischen Opposition wegen der verschärften Gesetzgebung seit einigen Jahren gebrochen ist. Patriotische Erziehung rückt immer mehr ins Zentrum der schulischen Bildung. Sie soll die Basis liefern, um das von Peking ausgerufene Ziel zu erreichen, die Stadt solle ausschließlich von Patrioten regiert und verwaltet werden. Vordergründig und auf höchsten Ebenen ist das bereits der Fall. Doch die Verwaltung besteht aus Abertausenden Beschäftigten auf unteren Ebenen, denen eine gewünschte politische Gesinnung zwar vorgebetet, deren staatstreue Umsetzung im Alltag jedoch kaum nachgeprüft werden kann.
Die neue Regierung wird mit großer Wahrscheinlichkeit konsequent an der patriotischen Erziehung des Nachwuchses arbeiten. Die neue Bildungsministerin Choi Yuk Lin scheint sinnbildlich für die Entschlossenheit zu stehen. Schon 2012 hatte Choi dem Bildungswesen ihren Stempel aufdrücken wollen, als sie vorschlug, Schulbücher sollten politische Mehr-Parteien-Systeme als Wurzel für Chaos und Unruhe darstellen. Damals war der Widerstand noch zu groß und die Zeit nicht reif. Zehn Jahre später ist Choi am Ziel.
Der Markt für Halbleiter hat sich zum Dauerproblem für die Automobilhersteller entwickelt. Die Nachfrage steigt, das Angebot aber stagniert bestenfalls. Das hat Folgen: Es werden nicht mehr genug Autos gebaut, um die Nachfrage zu bedienen. So steigen zwar die Gewinnmargen, doch die Hersteller können ihre Wachstumspläne vergessen. Und das längerfristig. Eine neue Studie der Unternehmensberatung AlixPartners geht davon aus, dass der Mangel an Halbleitern auch im Jahr 2024 die Produktion beeinträchtigen wird.
Zentraler Aspekt sei, dass Elektroautos etwa zehnmal so viele Chips benötigen würden, wie herkömmliche Autos. Zusätzlich genieße die Autoindustrie bei den Chipproduzenten keine Priorität, so AlixPartners. Diese würde analoge Chips benötigen, die Hersteller der Halbleiter würden allerdings in die sehr viel profitablere Produktion von Mikrocontrollern investieren. Diese werden unter anderem in Unterhaltungselektronik und Mobiltelefonen eingesetzt.
Chinesische Hersteller reagieren auf die Engpässe und beteiligen sich an lokalen Chipherstellern. So etwa die Guangzhou Automobile Group (GAC). Der Schritt ist nur konsequent, schließlich kommen gerade einmal fünf Prozent der Halbleiter, die für den Automobilbau benötigt werden, aus der Volksrepublik.
Investitionen entlang der Wertschöpfungskette sind beispielsweise für BYD ein Erfolgsrezept. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 habe die Marke seine Auslieferungen verdoppeln können, rechnet das Fachportal BSBC vor. Auf insgesamt 590.000 Stück. Kein anderer Hersteller weltweit verkaufte so viele New Energy Vehicle wie BYD.
Der große Vorteil der Marke ist, dass der Konzern auch der drittgrößte Batteriehersteller der Welt ist. Selbst Tesla möchte beim Konkurrenten einkaufen. Entscheidend ist, dass BYD zusätzlich Schürfrechte für Lithium in Chile besitzt und den Rohstoff selbst abbaut. Bald geht BYD Semiconductor an die Börse. Mit dem Erlös will der Hersteller die Entwicklung eigener Halbleiter finanzieren.
Doch selbst BYD kann die Nachfrage nur schwer bedienen. Das hat mit mangelnden Produktionskapazitäten zu tun. Derzeit wird schon die fünfte Fabrik gebaut. Nach Fertigstellung soll die Marke rund 3,4 Millionen Fahrzeuge pro Jahr fertigen können. Wobei Modelle mit Verbrennungsmotor seit Ende März nicht mehr im Programm sind.
Die Beteiligung an Chipherstellern alleine dürfte aber das Problem nicht beheben. Showa Denko KK, ein Chemiekonzern aus Japan, warnte gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg News die Chipindustrie vor massiven Preissteigerungen in naher Zukunft. Der Konzern beliefert unter anderem Taiwan Semiconductor Manufacturing und Infineon mit Rohstoffen für die Chipproduktion.
Hideki Somemiya, der Finanzvorstand, kündigte an, dass “die aktuellen Marktbewegungen uns zwingen, doppelt so viel zu berechnen, wie ursprünglich geplant.” Hintergrund seien enorme Energiekosten, unterbrochene Lieferketten und ein schwacher Yen. Sein Unternehmen habe den Verkauf bestimmter Rohstoffe bereits eingestellt und Verträge mit Kunden beendet, wenn es keine Basis für eine rentable Zusammenarbeit gäbe. Selbst der Rückzug aus einzelnen Geschäftsbereichen steht zur Diskussion. Der große Schock für die Autohersteller könnte also noch kommen.
Doch es gibt auch gute Nachrichten, wie die Studie von AlixPartners vorrechnet. Aufgrund der hohen Nachfrage und des geringen Angebots hätten die 25 größten Automobilhersteller ihre Umsatzrendite um 2,5 Prozentpunkte gesteigert – auf über 10,3 Prozent. Ein Trend, der noch ein wenig anhalten dürfte. “Die Automobilproduktion wird die Nachfrage erst 2025 wieder übersteigen”, erklärte Fabian Piontek, Berater bei AlixPartners, gegenüber Reuters.
Das beste Beispiel dafür ist Daimler Truck. Dessen Vorstandschef Martin Daum erklärte jüngst auf der Jahreshauptversammlung, dass die Jahresproduktion von über einer halben Million Fahrzeuge längst ausverkauft sei. Trotz einer Preissteigerung von rund zehn Prozent. AlixPartners mahnt aber zur Vorsicht. Die zusätzlichen Gewinne seien dringend nötig, da die Investitionskosten für Elektroautos in den kommenden fünf Jahren bei weltweit rund 500 Milliarden Dollar liegen würden.
Zumal der größte Automarkt der Welt mit den größten Wachstumsraten immer noch China ist. BYD hat hier auch deswegen Erfolg, weil das Unternehmen sich zu großen Teilen über den günstigen Preis definiert. Die Marge beträgt gerade einmal 1,5 Prozent.
Die USA wollen ihre Abhängigkeit von China bei zentralen Importgütern wie Seltenen Erden oder Solarzellen verringern. Das sagte US-Finanzministerin Janet Yellen am Montag bei ihrem Besuch in Südkorea. Sie werde sich deshalb für verstärkte Handelsbeziehungen mit Südkorea und anderen vertrauenswürdigen Verbündeten einsetzen, sagte Yellen in Seoul. Es gelte zu verhindern, dass die Volksrepublik die “übermäßige Abhängigkeit” der USA aus strategischen Gründen ausnutze und Lieferungen einstelle, wie sie es bei anderen Ländern getan habe. Die Möglichkeiten müssten eingeschränkt werden, mit denen “geopolitische Rivalen in der Lage sind, uns zu manipulieren und unsere Sicherheit zu gefährden”. Zumal die Preise für Seltene Erden zuletzt rasant angestiegen sind (China.Table berichtete).
Yellen warb für eine Diversifizierung der Lieferketten und erklärte zugleich, China sei offen für Bedenken der USA in anderen Bereichen und habe einige konstruktive Schritte eingeleitet. “Ich möchte nicht den Eindruck einer reinen Eskalation der Feindseligkeiten mit China vermitteln.”
Bei Seltenen Erden handelt es sich um 17 chemische Elemente, die für viele Hightech-Produkte wie Handys und auch in der Rüstungsindustrie unverzichtbar sind. Zudem spielen sie bei der Produktion von Elektroautos eine wichtige Rolle. Seltene Erden kommen weltweit viel häufiger vor, als es der Name vermuten lässt. Ihre aufwendige Förderung ist allerdings fest in chinesischer Hand. Die USA decken etwa 80 Prozent ihres Bedarfs aus der Volksrepublik China ab.
In Deutschland hatte Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies unlängst eine zu große Abhängigkeit von Seltenen Erden aus China beklagt (China.Table berichtete). Man dürfe die Fehler wie bei Öl und Gas mit der Abhängigkeit von Russland nun nicht bei anderen Rohstoffen wiederholen, sagte Kukies Anfang Juli. rtr
Der Autokonzern Stellantis stellt die Produktion des Jeeps in China ein. Damit beendet der Opel-Mutterkonzern ein zwölfjähriges Joint Venture mit der GAC Group. Als Grund führte Stellantis in einer Mitteilung am Montag an, dass es nicht gelungen sei, die Mehrheit an dem Joint Venture mit Guangzhou Automobile Group zu erlangen.
“Stellantis beabsichtigt, mit der GAC Group bei der geordneten Beendigung des im März 2010 gegründeten Joint Ventures zusammenzuarbeiten, das in den letzten Jahren Verluste erwirtschaftet hat”, hieß es. Die Beendigung des 2010 begonnenen Joint-Ventures wird im ersten Halbjahr 2022 zu einer nicht zahlungswirksamen Wertminderung in Höhe von etwa 297 Millionen Euro führen.
Im Januar hatte Stellantis noch angekündigt, den Anteil an dem Joint Venture mit GAC von 50 auf 75 Prozent erhöhen zu wollen, nachdem eine Gesetzesänderung zusätzliche ausländische Investitionen in solche Joint Ventures ermöglicht hatte. Doch das Vorhaben scheiterte, zwischen den beiden Partnern kam es zu einem Riss. Nun verordnet Chief Executive Officer Carlos Tavares dem Unternehmen eine neue Strategie: In Zukunft will Stellantis sich auf den Import von Fahrzeugen nach China konzentrieren. rad
Ein Interview des künftigen EU-Botschafters in China hat wegen einer Aussage zu Taiwan für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Gespräch mit der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia sagte Jorge Toledo Albiñana, dass die Europäische Union, die Unabhängigkeit Taiwans nicht verteidige, “sondern die friedliche Wiedervereinigung“. Anschließend schwenkte Toledo wieder auf die altbekannte Linie ein: “Wir glauben, dass es nur ein China geben sollte, aber im Falle einer militärischen Invasion haben wir sehr deutlich gemacht, dass die EU zusammen mit den USA und ihren Verbündeten ähnliche oder sogar noch schwerere Maßnahmen ergreifen wird, als wir sie jetzt gegen Russland ergriffen haben”, fügte der Spanier an.
Die “Ein-China-Politik” (“One-China-policy”) ist die gängige Position Brüssels, wenn es um den Status von Taipeh geht. Doch dass Toledo von einer “friedlichen Wiedervereinigung” sprach, wurde in den sozialen Netzwerken kritisiert.
Toledo äußerte sich in dem Interview auch zu weiteren Themen der China-Politik. Eine Entkopplung gebe es, “aber nicht nach dem Willen Chinas”, sagte der Spanier. So habe der Westen die Notwendigkeit erkannt, seine Produktion zu überdenken. “Die Pandemie hat die Verwundbarkeit von Wertschöpfungsketten offengelegt”, sagte Toledo. Chinas Exporte nach Europa wachsen jedoch weiter, wie der Diplomat erklärte.
Der designierte EU-Botschafter in China sprach zudem zu nationalen Themen: “China hat fast 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit. Dies ist ein Erfolg des freien Marktes, kein Kommunismus.” Wie in jedem Land, das sich sehr schnell entwickle, komme jedoch eine Zeit, in der es nicht so schnell weiter wachsen könne. “Der demografische Druck auf die Wirtschaft ist enorm“, sagte Toledo.
Toledo war bis vor Kurzem Spaniens Botschafter in Japan. Seinen Job als EU-Botschafter soll er dem Bericht zufolge voraussichtlich im September antreten und damit dem Franzosen Nicolas Chapuis nachfolgen (China.Table berichtete). ari
Europäische Spitzenpolitiker sollen einem Bericht zufolge eingeladen worden sein, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping im November in Peking zu treffen. Das berichtet die Zeitung “South China Morning Post” am Montag. Laut SCMP soll die Einladung an Bundeskanzler Olaf Scholz, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez verschickt worden sein. Nun sei es an den Europäern, zu entscheiden, ob sie die Einladung Chinas annehmen wollen.
Ein Treffen im November wäre unmittelbar nach dem 20. Parteitag im Oktober. Die Tatsache, dass Xi europäische Staats- und Regierungschefs im November nach China einlädt, bestätigt wiederum indirekt, wovon im Grunde alle Beobachter ausgehen: nämlich dass Xi Jinping eine dritte Amtszeit als Präsident bekommen wird. Das Treffen würde die Rückkehr der persönlichen Diplomatie zwischen Europa und China markieren – nach fast drei Jahren strikter Null-Covid-Politik, die einen persönlichen Austausch der Spitzenpolitiker von Europa und China unmöglich gemacht hat. rad
Die EU bemüht sich im Bereich Kreislaufwirtschaft um eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Doch in den bilateralen Handelsabkommen, die rund 40 Prozent des gesamten Handelsvolumens der EU regeln, wird die Kreislaufwirtschaft bislang nur selten explizit erwähnt. Dabei besteht mit Handelspartnern wie China ein großes Potenzial, vor allem in den Bereichen Kunststoffe und Textilien. Zu diesem Ergebnis kommt das am Montag veröffentlichte Policy Briefing des Institute for European Environmental Policy (IEEP).
Um Handelsabkommen verstärkt für die Kreislaufwirtschaft zu nutzen, empfiehlt das IEEP, die Abkommen um Verpflichtungen zur Zusammenarbeit in der Kreislaufwirtschaft zu ergänzen. So sollte man verstärkt Wissen über die Kreislaufwirtschaft, die Datenerhebungsmethoden und den Überwachungsrahmen austauschen und harmonisieren, um Datenlücken über den Fluss von Material- und Energieressourcen zu schließen.
Für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und eines nachhaltigen Handels bieten dem IEEP-Bericht zufolge besonders die Strategien Chinas und der EU zur Förderung nachhaltiger Kunststoffe und Textilien eine solide Grundlage. Bei Kunststoffen gibt es gar eine ähnliche Gesetzgebung: Dazu gehören das Verbot einiger Kunststoffprodukte (Plastiktüten, Einweggeschirr und -besteck, Mikroplastik in Körperpflegeprodukten), die Förderung von Alternativen zu Kunststoffen und die Verbesserung der Infrastruktur für das Kunststoffrecycling. Chinesische Kunststoffprodukte müssen bislang keinen bestimmten Anteil an recyceltem Kunststoff enthalten, während die EU den Anteil an recyceltem Kunststoff weiter erhöht.
Auch im Bereich der Textilien planen sowohl China als auch die EU ähnliche Maßnahmen: Beide haben sich zum Ziel gesetzt, die Recyclingrate für Textilien zu erhöhen, die endgültige Entsorgung (zum Beispiel auf Deponien) von Textilabfällen zu minimieren und dem Trend zur “Fast Fashion” entgegenzuwirken. Zudem ergänzen sich die Absicht der EU, den Export von Textilabfällen einzuschränken, und das chinesische Verbot der Einfuhr von Textilabfällen. Dies bietet Potenzial für einen größeren Kreislauf in der globalen Textilwirtschaft. leo
Als Stefanie Schweiger klein war, reiste ihr Vater oft beruflich nach China. Jedes Mal, wenn er zurückkam, holte er ein Geschenk für sie aus seinem Koffer. “Ich hatte ein eigenes Fach in meinem Regal für all die Dinge, die er mir von dort mitbrachte”, erzählt sie. “Sie waren mir heilig.”
Schweiger studierte Kunstgeschichte und Fotografie in Frankfurt und Berlin – die Faszination für China blieb. Als sie Anfang 30 war, wagte sie den Sprung und zog für mehrere Jahre nach Peking, in die Hutongs, die kleinen Gassen der Altstadt. “Ich kannte alle meine Nachbarn, hielt jeden Tag einen Plausch mit ihnen und besuchte das kleine Café in einem ehemaligen Tempel, in dem zeitgenössische Kunst und Filme gezeigt wurden.” Dass dieses Viertel abgerissen werden sollte, inspirierte sie damals zu einer Portrait-Reihe über ihre Nachbarn, die sie in ihren Häusern fotografierte. Es war eine ihrer ersten Arbeiten in Peking.
Gemeinsam mit der chinesischen Autorin Phoebe Hui veröffentlichte Schweiger später das Buch “The Magic of Yuanfen” – eine Sammlung aus Texten und Fotografien. Die beiden Autorinnen waren drei Jahre in die entlegensten Winkel Chinas gereist auf der Suche nach Spiritualität, altem Wissen, Glaube und Aberglaube. “Die rasanten Entwicklungen in der Wissenschaft und Technologie haben im ganzen Land die Lebensweisen der Menschen modernisiert”, sagt Schweiger. “Doch unter dieser Oberfläche der Modernität liegt in diesem riesigen Land mit 56 verschiedenen ethnischen Gruppen eine Geschichte, die mehr als 3.500 Jahre zurückreicht.”
Hui und Schweiger haben an geheimnisvollen Zeremonien teilgenommen, sind tagelang mit ihren Protagonisten über Bergkuppen gelaufen, in Klöster eingekehrt, haben selbstgebraute Kräutermedizin getrunken und sich so offen wie möglich auf ihr jeweiliges Gegenüber eingelassen. “Wir trafen Heiler und Weise, buddhistische Geheimgesellschaften, Schamanen, Einsiedler, Taoisten, Kräuterkundige, tibetische Ärzte, Bimos, Feng-Shui-Meister und Mönche.” Dabei stellten sie sich immer dieselbe Frage: Kann die Weisheit oder die Kultur, die seit hunderten oder gar tausenden Jahren weitergegeben wird, mit dem modernen Leben im gegenwärtigen China in Einklang gebracht werden?
“Alle Begegnungen dieser Reise waren vom Schicksal oder vom Zufall – ganz wie man will – geführt”, erzählt Schweiger. “Es war beeindruckend, dass wir immer fanden, was wir suchten.” Den Zufall oder die Bindungskraft, die eine Person mit anderen Menschen oder Objekten zusammenbringt, nennt man im Chinesischen “Yuanfen”. So ist das Buch zu seinem Namen gekommen.
Aktuell lebt Schweiger wieder in Berlin und steckt mitten in einem gemeinsamen Projekt mit zwei Künstlerinnen. Eine gemeinsame Ausstellung folgt im kommenden Jahr. Das Thema darf sie leider noch nicht verraten. Svenja Napp
Carina Mingle ist neue Head of Media Relations & Corporate Communications der AHK Greater China in Peking. Sie folgt auf Olivia Helvadjian.
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Lieferservice à la Stanley Kubrick: Die Trägerrakete Tianzhou-3 transportiert erfolgreich Vorräte zur chinesischen Raumstation. Unser Bild zeigt, wie die Tianzhou-3 am Sonntag die Station wieder verlässt und sich auf den Rückweg zur Erde macht.