Table.Briefing: China

Marktaufspaltung beim autonomen Fahren + Konfuzius-Institute 2.0

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach den bereits verhängten Zöllen auf Elektroautos und Batterien aus China hat das US-Handelsministerium nun auch die Soft- und Hardware in vernetzten und autonomen Fahrzeugen ins Visier genommen. Die Regierung befürchtet, dass chinesische Fahrzeuge sensible Daten nach China weiterleiten könnten. 

Das Verbot könnte chinesische Automarken faktisch vom amerikanischen Markt ausschließen und eine Entwicklung beschleunigen, die auch für deutsche Hersteller zur Herausforderung wird: die Herausbildung mehrerer großer, voneinander unabhängiger Tech-Stacks im Bereich des autonomen Fahrens in den USA, China und Europa. Automobilhersteller müssen dann stark lokalisieren. Der Markt für das autonome Fahren wird zunehmend fragmentiert. Wenn sie die Entwicklungen nicht im Blick hat, könnte Deutschlands Automobilindustrie auch hier noch mehr ins Hintertreffen geraten, während China und die USA noch schneller voranschreiten.

Chinas Konfuzius-Institute sind vor allem im Westen als langer Arm des Staates verschrien. Weniger bekannt sind Pekings sogenannte Luban-Institute, ebenfalls benannt nach einer quasi-mythischen Figur der chinesischen Geschichte. Luban war ein Handwerker, der 507 bis 444 v. Chr. gelebt haben soll und in seiner Heimat als eine Art chinesischer Da Vinci verehrt wird.

Luban-Institute sind Auslands-Berufsschulen, in denen China vor allem in Schwellenländern Fachkräfte in Bereichen wie Mechatronik oder New Energy ausbildet. Sie sollen die dringend benötigten Experten für chinesische Unternehmen im Ausland stellen. Gleichzeitig will Peking auf diese Art seine Innovationen und Normen als internationale Standards etablieren. Und obendrein sammelt China mit ihnen auch noch Soft-Power-Punkte. Johnny Erling hat sich die nach deutschen Vorbild geschaffenen Ausbildungsstätten genauer angesehen.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Autonomes Fahren: Wie das US-Verbot für chinesische Technik deutsche Hersteller vor Herausforderungen stellt

Robotaxis von Baidu auf Testfahrt in Shanghai.

Zölle von 100 Prozent auf Elektroautos und Elektrofahrzeug-Batterien aus China gibt es bereits. Nun wollen die USA auch Soft- und Hardware für vernetzte Fahrzeuge und das autonome Fahren verbieten. Als Grund nannte das US-Handelsministerium am Montag Sicherheitsbedenken. Die USA befürchten, dass die Fahrzeuge Daten über US-amerikanische Fahrer und die Infrastruktur des Landes erheben und nach China weiterleiten. Zudem gebe es Bedenken hinsichtlich einer möglichen Manipulation von vernetzten Fahrzeugen und Navigationssystemen.

Auch der Schutz der heimischen Automobilindustrie vor dem starken Wettbewerb aus China dürfte eine Rolle spielen. Das Verbot würde chinesische Marken faktisch vom amerikanischen Markt ausschließen. Autos deutscher und anderer internationaler Hersteller könnten betroffen sein, wenn sie Hard- oder Software verwenden, die unter die Regelung fallen.

Das mögliche US-Verbot deutet jedoch noch auf eine weitere Entwicklung hin, die Experten bereits länger beobachten: die Herausbildung von mindestens drei großen Tech-Stacks beim autonomen Fahren, rund um Waymo in den USA, Mobileye in Europa und Baidu sowie anderen Unternehmen in China. 

Getrennte Tech-Stacks bedeuten mehr Lokalisierung

Eine Entwicklung mit handfesten Folgen für Automobilhersteller. “Aufgrund der unterschiedlichen Technologien werden Mercedes, Volkswagen und Co im Grunde alles lokalisieren müssen”, prophezeit Tu Le, China-Autoexperte der Beratungsfirma Sino Auto Insights. “Durch die Aufspaltung werden die Unternehmen schneller Entscheidungen treffen und größere Risiken eingehen müssen.”

Ansgar Baums, Senior Advisor bei Sinolytics und Autor des Buchs “Tech Cold War” sieht besonders das Thema Connectivity als Treiber für die Spaltung. Die chinesische Regierung treibt ein cloudbasiertes Ökosystem für autonome Fahrzeuge voran, durch das die massiven Verkehrsprobleme in urbanen Metropolen effektiver bewältigt werden sollen. “Mercedes und Volkswagen haben sich entschieden, in China zu bleiben und werden immer weiter in diese chinesische Connectivity-Welt hineingezogen. Sie müssen viel Geld in chinesische Technologie investieren – chinesische Standards, Verschlüsselungsalgorithmen, Datenformate: Das alles wird in China definiert für China.”  

Ein Verbot auch in Europa denkbar

Sprich: Wenn die Unternehmen weiterhin in China verkaufen wollen, müssen sie Teil dieser Infrastruktur sein und werden. Auf der anderen Seite werde es auch europäische und amerikanische Connectivity-Standards geben, in die die Unternehmen investieren müssten, sagt Baums. “Bei jedem Euro für die Entwicklung wird man also künftig entscheiden müssen, ob er besser in China oder im Westen investiert ist. Das ist ein Dilemma für Unternehmen, die auf beiden Seiten spielen.”

Auch in Europa könnte zudem irgendwann ein ähnliches Verbot wie das aktuell in den USA diskutierte drohen. Professor Herrmann vom Institut für Mobilität der Universität St. Gallen verweist auf die Diskussion um Huawei in Deutschland. Wenn chinesische Autos sukzessive nach Europa kommen, wird irgendwann auch die Frage gestellt werden: Welche Daten werden von den Fahrzeugen eigentlich erfasst, wohin fließen sie und was passiert damit?

Um für so eine Situation gewappnet zu sein, seien beim autonomen Fahren also auch in Deutschland mehr Förderung und Investitionen in Forschung und Entwicklung nötig, fordert Professor Herrmann. “Was wir brauchen, ist eine Konsolidierung der Mittel, um gezielt Großprojekte zu fördern. Man könnte zum Beispiel eine ganze Stadt oder Region auf autonomes Fahren ausrichten, damit dort alle Hersteller zusammenkommen und entwickeln können.”

China fördert das autonome Fahren massiv

In China gibt es solche ausgewiesenen Zonen, in denen automatisiertes Fahren getestet werden kann. China fördert das autonome Fahren massiv. Die chinesische Gesellschaft der Automobilingenieure sagt voraus, dass im Jahr 2030 bereits 20 Prozent aller Fahrzeuge auf Level 5 vollständig autonom fahren können und 70 Prozent mindestens mit fortschrittlichen Assistenzsystemen ausgestattet sind. 

Im Juni erhielten neun – allerdings zunächst ausschließlich chinesische – Hersteller die Erlaubnis, dass ihre Fahrzeuge nun auf öffentlichen Straßen mit Level 3 hochautomatisiert fahren dürfen. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge die Fahraufgabe weitgehend eigenständig übernehmen, ein Fahrer zwar nebenher auf dem Handy tippen oder einen Film gucken darf, bei einer Warnung des Autos aber jederzeit in wenigen Sekunden eingreifen können muss. Und das im ganz normalen – oft chaotischen – Straßenverkehr.

Auch Deutsche profitieren von chinesischen Bedingungen

Im Testbetrieb sind in einigen Stadtteilen zudem bereits Robotaxis unterwegs. Und auch Mercedes-Benz hat als erster deutscher Hersteller in China kürzlich die Genehmigung erhalten, auf ausgewiesenen Straßen und Autobahnen in Peking Tests mit dem vollautomatisierten Fahren auf Level 4 durchzuführen. Das Unternehmen kann damit die Multi-Sensor-Wahrnehmung und die Systemleistung für fortschrittliche autonome Fahrsysteme testen. Die Autos navigieren selbständig. Sogar schlafen ist bei Level 4 erlaubt.

In Deutschland ist so etwas noch weit entfernte Zukunftsmusik. Das zeigt eine Testfahrt mit dem aktuell innovativsten System in Deutschland. Der Drive Pilot von Mercedes-Benz, verfügbar für die S-Klasse, fährt bei bis zu 95 km/h auf Level 3 hochautomatisiert. Der Hersteller nennt das System besonders sicher, weil es nicht nur zahlreiche Kameras, sondern auch Radar und Lidar nutzt, um seine Umgebung zu erfassen.

In Deutschland gibt es noch viele Einschränkungen

Auch wenn es sich faszinierend anfühlt, das Auto einfach machen zu lassen und bei Tempo 95 einfach nicht mehr auf die Straße zu schauen – noch gibt es bei der Anwendung eine ganze Reihe Einschränkungen, denen sich der Hersteller beugen muss. Nutzbar ist der Drive Pilot nur auf der rechten Spur und wenn ein anderes Fahrzeug voranfährt, an das sich die S-Klasse heften kann. Das vorausfahrende Fahrzeug muss die richtige Form haben, einige Lkw und Anhänger wurden im Test nicht erkannt. Und auch ein paar wenige Nieselregentropfen brachten das System dazu, abzuschalten – aus Sicherheitsgründen. 

Professor Andreas Herrmann sieht das als Zeichen dafür, wie weit die Entwicklung in Deutschland zurückliegt. “In China bin ich bei miesestem Wetter autonom gefahren, das war überhaupt kein Problem. Die autonomen Taxen in San Francisco schaffen das auch. Wir können es halt einfach noch nicht, denn in der Automobilindustrie wurden vor 10-15 Jahren gravierende Fehler gemacht – man hat die Dynamik, mit der sich die Autoindustrie verändert, unterschätzt. Im Moment versuchen wir, bei der E-Mobilität Anschluss zu finden. Und wenn wir das geschafft haben, werden wir auf einmal feststellen, dass wir beim autonomen und vernetzten Fahren völlig hinterher sind.”

  • Autoindustrie
  • Autonomes Fahren
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  • Forschung
  • Mobilität
  • Technologie
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Termine

01.10.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
German Institute for Global and Area Studies, Webinar: Redefining Hong Kong Identity: The Impact of the National Security Law from Governmental and Grassroots Perspectives Mehr

01.10.2024, 09:00 Uhr – 11:00 Uhr
Chinaforum Bayern, IHK Aschaffenburg, vor Ort: Ungleiche Giganten – China und Indien im geopolitischen Wettstreit Mehr

01.10.2024, ab 18:00 Uhr
Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) Mainz-Wiesbaden, Restaurant Osakii, Mainz: Rückblick auf Projekt mit Jiangxi Culture Performance Group Mehr

03.10.2024, 11:00 Uhr – 12:00 Uhr (17:00 – 18:00 Uhr Beijing time)
EUSME Center, Online-Workshop: Navigating the Chinese Market: Insights and Strategies Mehr

04.10.2024, 20:00 Uhr (05.10.2024, 02:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Online-Workshop: Digital China Initiative Workshop – GenAI for Literary Sinitic Studies Mehr

05.10.2024, 11:00 – 11:45 Uhr
b° future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog, Panel in Bonn: German Media’s Reporting on China: Exploring the Binary Nature, Challenges, and Solutions Mehr

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News

Indopazifik: Japan schickt erstmals Kriegsschiff durch die Taiwanstraße

Japan hat erstmals ein Kriegsschiff durch die Straße von Taiwan geschickt. Der Zerstörer “Sazanami” habe den Seeweg zwischen der Insel Taiwan und dem chinesischen Festland am Mittwoch durchquert, teilte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo mit. In der vergangenen Woche hatte der chinesische Flugzeugträger “Liaoning” erstmals das Gewässer zwischen zwei japanischen Inseln nahe Taiwan befahren. Tokio bezeichnete das Manöver, das 24 Seemeilen vor der eigenen Küste stattfand, als “völlig inakzeptabel”.

Zeitgleich mit der “Sazanami” waren auch Schiffe der neuseeländischen und australischen Marine in dem Gebiet unterwegs. Dies sei geschehen, um das “Recht auf freie Schifffahrt” geltend zu machen, erklärte ein Sprecher des neuseeländischen Verteidigungsministeriums. Die Volksbefreiungsarmee habe den Prozess genau überwacht und die “Situation unter Kontrolle”, berichtete die staatliche chinesische Global Times unter Berufung auf ungenannte Quellen.

Erst vor wenigen Tagen hatte die deutsche Fregatte “Baden-Württemberg” auf dem Weg von Südkorea zu den Philippinen die Taiwanstraße als erstes deutsches Schiff seit 22 Jahren befahren. Auch Streitkräfte Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und der Niederlande waren zuletzt verstärkt mit Schiffen und Flugzeugen in der Region unterwegs. Die USA entsendeten am Sonntag das Kriegsschiff USS Preble nach Japan. Es soll die dort stationierte USS Benfold ersetzen und mit modernster Technik die Verteidigungskapazitäten der USA im Indopazifik stärken.

Peking versucht verstärkt, den Status der Taiwanstraße als internationales Gewässer infrage zu stellen und die Meerenge als innerchinesisches “Binnenmeer” darzustellen. Taiwans Verteidigungsministerium meldete, unterdessen binnen 24 Stunden 43 chinesische Militärflugzeuge und acht Marineschiffe im Umkreis der Insel gesichtet zu haben. Auch wurden Drohnen rund um Taiwan geortet. fpe

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Konflikt um Taiwanstraße: Davor warnt der Thinktank ICG

In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht warnt die International Crisis Group (ICG) vor einer weiteren Verschärfung der Spannungen zwischen Taiwan und China. Die Autoren der NGO mit Sitz in Brüssel sprechen von einer “wachsenden Spaltung zwischen den beiden Seiten der Taiwanstraße” und rufen sowohl Peking als auch Taipeh zur Zurückhaltung auf. Präsident Lai Ching-te habe einen deutlich selbstbewussteren Ansatz als seine Vorgängerin Tsai Ing-wen gewählt, heißt es in dem Bericht. Lai betone explizit Taiwans De-facto-Souveränität und Autonomie von China, während Tsai eher eine vorsichtige und ambivalente Rhetorik bevorzugt habe.

Diese neue Haltung Taiwans verschärfe die ohnehin prekäre Situation, warnen die Experten. “Lai sieht klare Bekenntnisse zu Taiwans De-facto-Souveränität und Unabhängigkeit von China als notwendig an, um gegen ein immer aggressiver werdendes Peking vorzugehen”, heißt es in dem Bericht weiter. Peking empfinde diese Haltung als Provokation und habe bereits diverse Maßnahmen ergriffen, um Taiwans faktische Souveränität zu untergraben.

ICG: Austausch muss gefördert werden

Die ICG hebt hervor, dass die fortgesetzte Konfrontation den ohnehin begrenzten Spielraum für ein langfristiges Management der Differenzen zwischen den beiden Regierungen weiter einengen werde. Trotz der gestiegenen Spannungen sieht die Denkfabrik einen Krieg in der nahen Zukunft als unwahrscheinlich an. Sie warnt allerdings, dass der andauernde Konfrontationskurs langfristig die Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz schwinden lasse.

Die Denkfabrik übt Kritik an beiden Seiten: Taiwan solle in seiner öffentlichen Rhetorik zurückhaltender agieren, während Peking seine militärische Einschüchterung reduzieren müsse. Als konkrete Schritte empfiehlt die ICG unter anderem die Wiederaufnahme von Studierendenaustausch und Gruppentourismus, um “die Bedingungen für verbesserte Beziehungen in der Zukunft zu schaffen”.

Auch die USA stehen laut ICG in der Verantwortung, eine deeskalierende Rolle einzunehmen. Washington müsse beide Seiten an die Vorteile eines flexibleren Umgangs miteinander erinnern und sich aktiv um die Stabilisierung der Lage bemühen. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden US-Wahlen im November drohe die Unsicherheit in der Region noch weiter zuzunehmen. dd

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Temu und Shein: Kommission soll EU-Vorschriften “rigoros durchsetzen”

Die deutsche Bundesregierung dringt mit Unterstützung anderer Mitgliedstaaten auf schnelle Maßnahmen gegen chinesische Billig-Onlinehändler wie Shein und Temu. Um einen fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucher in der EU zu gewährleisten, gelte es, die entsprechenden EU-Vorschriften “rigoros durchzusetzen”etwa zur Produktsicherheit und Umweltschutz, heißt es in einem deutschen Diskussionspapier für den Wettbewerbsfähigkeitsrat am Donnerstag. Auch Frankreich, Polen, Dänemark, Österreich und die Niederlande schlossen sich den Forderungen an.

“Wir können nicht länger hinnehmen, dass täglich Hunderttausende Pakete mit Produkten eintreffen, die den europäischen Standards nicht entsprechen”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne).

Konkret fordern die Regierungen folgende Maßnahmen:

  • Die EU-Kommission solle die Regeln des Digital Services Act konsequent durchsetzen, der Plattformen verpflichtet, rechtswidrige Produkte zu entfernen. Die Einstufung von Shein und Temu als Very Large Online Platforms (VLOPs) sei bereits ein wichtiger Schritt.
  • Die nationalen Marktaufsichtsbehörden sollten gestärkt werden und eng mit dem Zoll zusammenarbeiten. Das ermögliche koordinierte Kontrollen anhand von festgelegten Risikoprofilen und Testkäufen für bestimmte Konsumgüter. Die Kontrollen sollen zudem stärker automatisiert werden, insbesondere durch den Webcrawler, den die Kommission entwickeln lässt.
  • Die laufenden Verhandlungen um die Reform der Zollunion sollen beschleunigt und die Abschaffung der Zollbefreiung für Waren im Wert von unter 150 Euro vorrangig diskutiert werden. Auch das umsatzsteuerrechtliche Verfahren Import-One-Stop-Shop soll in dem Zusammenhang nachgebessert werden. tho
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Hongkong: Ehemalige Chefredakteure von “Stand News” verurteilt

Ein Gericht in Hongkong hat zwei ehemalige Chefredakteure des mittlerweile eingestellten pro-demokratischen Nachrichtenportals “Stand News” zu Gefängnisstrafen verurteilt. Chung Pui-kuen (55) bekam demnach eine Strafe von 21 Monaten. Sein Kollege Lam Shiu-tung (36) erhielt ebenfalls eine mehrmonatige Haftstrafe, kam jedoch auf freien Fuß, da der Richter die Strafe wegen Krankheit reduzierte und Lam bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte.

“Stand News” wurde im Dezember 2021 nach einer großangelegten Polizeirazzia geschlossen, die beiden Chefredakteure wurden festgenommen. Das Gericht hatte die Journalisten erst Ende August wegen der Verbreitung von “aufrührerischen” Artikeln schuldig gesprochen. Das Strafmaß war jedoch noch offen geblieben. Elf Artikel und Kommentare, die teilweise von pro-demokratischen Aktivisten oder Mitgliedern der Opposition verfasst worden waren, wurden als Beweismaterial aufgeführt.

Hongkong ist im Pressefreiheits-Index von Reporter ohne Grenzen in den vergangenen Jahren immer weiter abgerutscht und lag zuletzt noch auf Platz 135 von 180. Seit den Massendemonstrationen für mehr Demokratie haben die Behörden mit einem “Sicherheitsgesetz” kritische Stimmen massiv eingeschüchtert. fpe

  • Demokratie
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Konjunkturhilfen: Finanzministerium plant Anleihen von einer Viertelbillion Euro

Die chinesische Regierung will Insidern zufolge ihre geplanten Konjunkturhilfen mit der Ausgabe von Staatsanleihen in enormer Höhe finanzieren. Dazu sollen spezielle Papiere im Wert von rund zwei Billionen Yuan (rund 256 Milliarden Euro) platziert werden, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Als Teil des Pakets plant das Finanzministerium die Ausgabe von speziellen Staatsanleihen in Höhe von einer Billion Yuan, vor allem um den Konsum in Anbetracht der zunehmenden Sorgen über eine stotternde wirtschaftliche Erholung nach der Covid-Pandemie zu stimulieren, so die Quellen.

Passieren soll das etwa durch Abwrackprämien für den Umtausch alter Elektro-Geräte gegen moderne. Der Erlös soll dann dazu verwendet werden, allen Haushalten mit mindestens zwei Kindern monatlich etwa 800 Yuan (umgerechnet 102 Euro) pro Kind auszuzahlen.

Geplant ist demnach eine weitere Ausgabe von Staatsanleihen, die ebenfalls eine Billion Yuan in die Kassen spülen soll. Mit dem Erlös soll den regionalen Regierungen bei der Bewältigung ihrer Schuldenprobleme geholfen werden, sagte einer der Insider. Bei Staatsanleihen borgen Investoren dem Staat mit deren Kauf Geld. Dafür erhalten sie zuvor festgelegte Zinszahlungen, ehe sie am Laufzeitende ihr verliehenes Geld zurückbekommen.

Die geplante fiskalische Expansion ist der jüngste Versuch der chinesischen Führung, eine Wirtschaft wiederzubeleben, die mit deflationärem Druck zu kämpfen hat und Gefahr läuft, das diesjährige Wachstumsziel aufgrund eines starken Immobilienabschwungs und eines schwachen Verbrauchervertrauens zu verfehlen.

Peking will einen Abschwung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht zulassen. Die Regierung unterstrich die Notwendigkeit, die “antizyklischen” Anpassungen der Steuer- und Geldpolitik zu verstärken. Anfang der Woche hatten die Behörden das größte Konjunkturprogramm des Landes seit der Corona-Pandemie vorgestellt. Zentralbankchef Pan Gongsheng hatte am Dienstag ankündigt, die Zinssätze “energisch” senken zu wollen. Die Währungshüter versprachen zugleich, die Einkommen und den Konsum zu fördern. rtr

  • Wirtschaftswachstum

Presseschau

U.S., Australian and British defense chiefs meet as AUKUS alliance sharpens focus on China deterrence CBS NEWS
China insists nuclear stance defensive after “routine” ICBM launch CHANNEL NEWS ASIA
Spannungen mit China: Japanischer Zerstörer passiert Taiwanstraße SPIEGEL
New Zealand navy vessel passes through contested Taiwan Strait THEPOST
Dozens more Chinese jets spotted around Taiwan MANILA TIMES
China versteht sich als Schutzmacht Nordkoreas, doch das Verhältnis ist kompliziert NZZ
Vorwurf der “illegalen Ideologien”: Haftstrafen für ehemalige Chefredakteure in Hongkong SPIEGEL
Das Tennis ist zurück, doch die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai bleibt verschwunden NZZ
Elektroauto-Boom: “Es gibt keinen besonderen technologischen Vorteil Chinas” SPIEGEL
Angespannte Wirtschaftslage: China plant Anleihen für Konjunkturhilfen im Wert von einer Viertelbillion Euro MANAGER MAGAZIN
Chinas Regierung berät über kriselnde Wirtschaft: Untere und mittlere Einkommensschichten sollen gestärkt werden BUSINESS INSIDER
China-Börse: Aktien für die chinesische Geldflut FUW
Ikea says confidence returning in China after $1bn investment FINANCIAL TIMES
Decoding China: Pekings Mond-Diplomatie DW

Standpunkt

Luban: Alter Name für Chinas neue Softpower

Von Johnny Erling
Johnny Erling schreibt die Kolumne für die China.Table Professional Briefings

Peking nennt sie seine Luban-Werkstätten 鲁班工坊, die neuen Auslands-Berufsschulen, in denen die Volksrepublik bisher vorwiegend Afrikaner in industriellen Hightech-Anwendungen ausbilden und trainieren lässt. Ausländische Beobachter frotzeln über sie als “Konfuzius-Institute 2.0”. Andere sehen in Pekings plötzlichem Auftauchen als aktiver Anbieter im internationalen Ausbildungsmarkt eine Art von fachtechnischer Reinkarnation. Oder je nach Standpunkt eine simple Kopie. Denn mehr als 40 Jahre lang war China selbst ein Empfängerland vor allem entwicklungspolitisch geförderter und finanzierter deutscher beruflicher Ausbildungsexpertise durch Gesellschaften wie der GTZ (heute GIZ) mit ihren vielfältigen Projekten in der technischen Zusammenarbeit.

Nun dreht Peking den Spieß um, ist als Entwicklungshelfer und Hightech-Ausbilder in Ländern des Globalen Südens unterwegs. Seit 2016 hat die Volksrepublik – in Europa bisher weitgehend unbemerkt – in 29 Ländern Afrikas und in 33 Zentralasiens sogenannte Luban-Großwerkstätten und Ausbildungszentren errichten lassen. Tausende Facharbeiter wurden angeblich erfolgreich geschult und von Chinas Firmen entlang der Seidenstraße eingestellt. Luo Zhaohui, Leiter von Chinas internationaler Entwicklungskooperation, nennt die Luban-Werkstätten “Chinas goldene Visitenkarten” im Ausland.

Neue Kultfigur Luban ( 507-444 v. Chr ): Ein altchinesischer Tischlermeister wird Gallionsfigur für Chinas Go-Global- Berufsausbildung. 2019 erschienen drei Luban-Sonderbriefmarken.

Peking will noch mehr solcher Business-Karten. Chinas Berufschulexporte hat Staatspräsident Xi Jinping inzwischen zur Chefsache gemacht. Auf seinem Afrika-Gipfel mit den FOCAC-Staaten (Forum China-Africa Cooperation) versprach er im September zehn weitere Luban-Werkstätten für Afrika, wo 60.000 Ausbildungsplätze geschaffen würden. Xi schnürte damit das dritte Unterstützungs-Paket. Neben bilateral vereinbarten Einzelzusagen hatte er schon 2018  auf dem China-Afrika-Gipfel 2018 den Bau von zehn Luban-Werkstätten zugesagt. 2021 vereinbarte er auf einem Gipfel mit der “Shanghaier SCO-Konferenz” in Zentralasien zehn Luban-Werkstätten zu errichten.  

Für Xi geht es um ein Prestigeprojekt. Dem Aufbau von Luban-Berufsbildungsschulen mit chinesischem Curriculum, Ausrüstungen und entsandten Fachlehrern misst er strategische Bedeutung zu. Vor seinem Politbüro sprach Xi vom “dramatischen Wandel” im Fall der Berufsausbildung. Einst bezog China sie aus dem Ausland. Heute exportiert es Chinas Ausbildungsprojekte ins Ausland – “职业教育实现从”引进来”到”走出去”的巨变”. Der Parteichef setzte das Thema Ende Mai 2023 auf die Tagesordnung seines Politbüros. “Wir müssen China zu einem wichtigen und sehr einflussreichen Zentrum für weltweite Erziehung machen.” Wenige Wochen später stellte er im Oktober auf einer Konferenz über Chinas Seidenstraßenoffensive (BRI) “die wichtige Rolle” heraus, die die Luban-Werkstätten dabei spielen sollten.

Den Namen Luban kennt jeder Chinese, aber kaum ein Europäer. Nur in der früheren DDR erschien 1987 ein Kinderbuch über den legendären Baumeister ( 507-444 v. Chr). Er soll schon als Kind riesige Bäume, gefällt haben, um aus ihnen Säulen für Paläste und Brücken zu tischlern. Illustration aus “Drachenpalast” (DDR-Kinderbuchverlag).

Denn Peking will nicht nur aus altruistischen Motiven dem Globalen Süden bei der technischen Ausbildung helfen. Es will auch für seine Unternehmen Lösungen finden, die bei ihren “Go Global”-Auslandsinvestitionen Probleme haben, für ihre Firmen technisch geschulte einheimische Fachkräfte zu finden. Vor allem soll Chinas Berufsausbildung über die Schulung neuer Technologien mithelfen, Chinas Innovationen, Patente, Normen als internationale Standards in den Partnerländern durchzusetzen. Sie verschaffen der Volksrepublik im internationalen Wettbewerb wirtschaftliche Stärke und lassen sie neue Softpower gewinnen.

Das gilt auch für das chinesisch entwickelte Ausbildungsmodell zur beruflichen Erziehung durch die Luban-Werkstätten. Stolz schrieb Yang Jianjing vom Zhejianger Forschungszentrum für moderne Berufsausbildung: “Chinas Modell, seine Ausrüstung, Standards und Lösungen sind bereits in die nationalen akademischen Erziehungssysteme vieler Partnerstaaten eingegangen”. Das Konzept der Luban-Werkstätten wurde in Pekings benachbarter Hafenmetropole Tianjin entworfen. Sie ist Hauptstandort für alle Planungen, Programme und Logistik der Berufsausbildung.

Jahrzehntelang war die Industriestadt seit Beginn der Reformen ein Zentrum für Projekte und Ausbildungsinstitute der deutsch-chinesischen Berufsausbildung unter Leitung der GTZ (heute GIZ). In den 1980er-Jahren wurde in Tianjin die Chinesisch-Deutsche Berufsschule gegründet, das erste Berufsbildungsprojekt überhaupt. Zur breit gefächerten deutsch-chinesischen Berufs- und Ausbildungshilfe gehörten auch zentral und regional aufgebaute Konzeptinstitute zur dualen Berufsbildung (ZIPP/RIPP) und Dutzende moderner Ausbildungsprojekte in vielen Fachrichtungen. Die Bilanz dieser extensiven und auch entsprechend teuren Entwicklungszusammenarbeit und was von ihr übrigblieb, ist noch nicht gezogen.

Denn nun hat Peking die Federführung übernommen.Tianjins Idee, eine von Chinas Bedürfnissen ausgehende, auf das Ausland zugeschnittene Berufsausbildung als regionale Initiative zu entwickeln, entstand 2015. Ein Jahr später wurde mit thailändischen Partnerinstituten und Firmen die erste ausländische Luban-Werkstatt in Thailand eingerichtet. Heute stehen auf ihren Lehrplänen moderne Fächer wie Mechatronik, Neue Energie-Fahrzeuge (NEVs) oder Wartungstraining für Highspeed-Züge, die China auch überall in Afrika baut. Andere Luban-Werkstätten haben sich auf Industrieroboter, künstliche Intelligenz, Cloud-Computing oder grüne Energie spezialisiert.

Statt Hammer und Sichel zeigt das Luban-Logo eine Komposition geometrischer Figuren vor einer ziselierten Landschaft der Seidenstraße.

Im jüngsten Weißbuch des Staatsrates, das Ende 2023 zum Aufbau der Seidenstraßen-Initiative Chinas erschien, befasst sich erstmals ein Kapitel mit den Luban-Werkstätten. Auf deren Lehrplänen würden heute 70 Fachrichtungen stehen, von Arbeit mit neuen Werkstoffen, smarten Technologien, Internet der Dinge oder auch traditionelle chinesische Medizin. Das Weißbuch nennt die Luban-Werkstätten “eine wichtige Innovation in der internationalen Entwicklung von Chinas Berufsausbildung und ein Schlüsselprojekt, um dem Aufbau von Chinas Seidenstraße zu dienen.” Chinas Fokus liege dabei auf Ländern der”ASEAN, SCO und in Afrika”. Luban-Absolventen seien hoch gefragt. Die Werkstätten seien aber nur der sichtbare Teil “einer größeren Offensive” von inzwischen mehr als 200 anderen chinesischen Instituten der Berufsbildung, die mit Ausbildungsmodellen in 70 Ländern unterwegs sind. Andere Quellen nennen noch höhere Zahlen.

Die Idee der Luban-Werkstätten kam auf, als zur gleichen Zeit Pekings frühere kulturelle Softpower-Offensive, die Welt mit Konfuzius-Sprachinstituten zu überschwemmen, vor allem in den USA und in Westeuropa als Einflussversuch Schiffbruch erlitt. Allein in den USA wurden fast alle der dort mehr als 100 Konfuzius-Institute abrupt gestoppt. Im Jahresbericht der Konfuzius-Institute sind für Ende 2023 noch 496 Institute ausgewiesen, darunter 183 in Europa (Deutschland 19), 143 in Asien und 67 in Afrika.

Ein Teil des Erfolges war ihr Name. Die Konfuzius-Institute machten den altchinesischen Weisen zu ihrem Namenspatron. Auch für die Luban-Werkstätten wurde eine Sagengestalt zur Gallionsfigur der Berufsausbildung. Luban (魯班) soll angeblich 507 bis 444 v.Chr. gelebt haben und war fast ein Zeitgenosse des Konfuzius (551-479 v.Chr.), stammte wie er aus dem Staate Lu. Um Leben und Wirken des genialen Baumeisters, Erfinders von Werkzeugen aller Art, innovativen Ingenieur, Tischler und Schreiner ranken sich ungezählte Legenden. Bis heute gilt er als daoistischer Schutzheiliger für alle Holz-Handwerker. Der Mythos verbrämt ihn als ein chinesischer Archimedes oder Leonardo da Vinci.

Propagandakampagne für die angebliche internationale Bewunderung, die Chinas Luban-Berufsschulen finden.

Triumphierend kommentierten Chinas patriotische Zeitungen wie die Global Times den Erfolg der Luban-Werkstätten, weil sie “die Herzen des Globalen Südens für China gewinnen.”  Das liege daran, dass China an seine Ausbildungshilfe keine politischen Bedingungen knüpft und mit den Empfängerländern auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeitet.

Eine aktuelle, besonders umfangreiche verteidigungspolitische Studie von Politikwissenschaftlern und Sinologen mit dem Titel “Wie China die Machtkonstellationen im 21. Jahrhundert beeinflusst”, warnt dagegen,  “die Bedeutung von Chinas Bildungsinitiativen insbesondere im Softpower-Bereich nicht zu unterschätzen.” Eine der Autorinnen, Doris Vogl, untersucht die Luban-Werkstätten als neuer Teil von Chinas Ausbildungs- und Immigrationsstrategien. Sie führt als Fallbeispiele einige der Werkstätten in Dschibuti, Kenia, Südafrika und Äthiopien auf. Chinas Kalkül sei über solche Initiativen, bei “der Festlegung zukünftiger internationaler Industrie-Standards eine führende Position zu erlangen.”  

  • Ausbildung
  • Berufsschule
  • Diplomatie
  • Geopolitik
  • Innovation
  • Konfuzius-Institute
  • Künstliche Intelligenz

Personalien

Yu Hanbang wird mit sofortiger Wirkung General Manager für Maserati China. In seiner neuen Rolle soll Yu vor allem den Erfolg der Marke Trident auf dem chinesischen Markt antreiben. Vor seinem Posten bei der italienischen Luxusautomarke bekleidete Yu wichtige Führungspositionen bei mehreren renommierten Automobilunternehmen, darunter Genesis China.

Hendrik Voss ist seit September Head of Sales bei ARRI China. Das Münchner Unternehmen bietet Technik und Dienstleistungen für die Film- und Medienwirtschaft an. Voss wird für ARRI weiterhin in Peking arbeiten. Zuletzt war der Diplom-Ingenieur dort als Head of Product Management and Business Development tätig.

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Dessert

In Sichuan wurden die beiden Pandas An An und Ke Ke mit einer Abschiedszeremonie in die Sonderverwaltungszone Hongkong entlassen. Das 2019 im China Conservation and Research Center for the Giant Panda in Dujiangyan aufgezogene Pärchen ging ungewöhnlicherweise als Geschenk nach Hongkong – normalerweise werden die Tiere nur ausgeliehen. Beobachter werten dies als diplomatische Geste zum 75. Geburtstag der Volksrepublik im Oktober. Das Kalkül: Pandas stärken den Patriotismus. Bevor sie in den Hongkonger Ocean Park kommen, müssen die Tiere nun aber erstmal für 30 Tage in Quarantäne.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    nach den bereits verhängten Zöllen auf Elektroautos und Batterien aus China hat das US-Handelsministerium nun auch die Soft- und Hardware in vernetzten und autonomen Fahrzeugen ins Visier genommen. Die Regierung befürchtet, dass chinesische Fahrzeuge sensible Daten nach China weiterleiten könnten. 

    Das Verbot könnte chinesische Automarken faktisch vom amerikanischen Markt ausschließen und eine Entwicklung beschleunigen, die auch für deutsche Hersteller zur Herausforderung wird: die Herausbildung mehrerer großer, voneinander unabhängiger Tech-Stacks im Bereich des autonomen Fahrens in den USA, China und Europa. Automobilhersteller müssen dann stark lokalisieren. Der Markt für das autonome Fahren wird zunehmend fragmentiert. Wenn sie die Entwicklungen nicht im Blick hat, könnte Deutschlands Automobilindustrie auch hier noch mehr ins Hintertreffen geraten, während China und die USA noch schneller voranschreiten.

    Chinas Konfuzius-Institute sind vor allem im Westen als langer Arm des Staates verschrien. Weniger bekannt sind Pekings sogenannte Luban-Institute, ebenfalls benannt nach einer quasi-mythischen Figur der chinesischen Geschichte. Luban war ein Handwerker, der 507 bis 444 v. Chr. gelebt haben soll und in seiner Heimat als eine Art chinesischer Da Vinci verehrt wird.

    Luban-Institute sind Auslands-Berufsschulen, in denen China vor allem in Schwellenländern Fachkräfte in Bereichen wie Mechatronik oder New Energy ausbildet. Sie sollen die dringend benötigten Experten für chinesische Unternehmen im Ausland stellen. Gleichzeitig will Peking auf diese Art seine Innovationen und Normen als internationale Standards etablieren. Und obendrein sammelt China mit ihnen auch noch Soft-Power-Punkte. Johnny Erling hat sich die nach deutschen Vorbild geschaffenen Ausbildungsstätten genauer angesehen.

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    Autonomes Fahren: Wie das US-Verbot für chinesische Technik deutsche Hersteller vor Herausforderungen stellt

    Robotaxis von Baidu auf Testfahrt in Shanghai.

    Zölle von 100 Prozent auf Elektroautos und Elektrofahrzeug-Batterien aus China gibt es bereits. Nun wollen die USA auch Soft- und Hardware für vernetzte Fahrzeuge und das autonome Fahren verbieten. Als Grund nannte das US-Handelsministerium am Montag Sicherheitsbedenken. Die USA befürchten, dass die Fahrzeuge Daten über US-amerikanische Fahrer und die Infrastruktur des Landes erheben und nach China weiterleiten. Zudem gebe es Bedenken hinsichtlich einer möglichen Manipulation von vernetzten Fahrzeugen und Navigationssystemen.

    Auch der Schutz der heimischen Automobilindustrie vor dem starken Wettbewerb aus China dürfte eine Rolle spielen. Das Verbot würde chinesische Marken faktisch vom amerikanischen Markt ausschließen. Autos deutscher und anderer internationaler Hersteller könnten betroffen sein, wenn sie Hard- oder Software verwenden, die unter die Regelung fallen.

    Das mögliche US-Verbot deutet jedoch noch auf eine weitere Entwicklung hin, die Experten bereits länger beobachten: die Herausbildung von mindestens drei großen Tech-Stacks beim autonomen Fahren, rund um Waymo in den USA, Mobileye in Europa und Baidu sowie anderen Unternehmen in China. 

    Getrennte Tech-Stacks bedeuten mehr Lokalisierung

    Eine Entwicklung mit handfesten Folgen für Automobilhersteller. “Aufgrund der unterschiedlichen Technologien werden Mercedes, Volkswagen und Co im Grunde alles lokalisieren müssen”, prophezeit Tu Le, China-Autoexperte der Beratungsfirma Sino Auto Insights. “Durch die Aufspaltung werden die Unternehmen schneller Entscheidungen treffen und größere Risiken eingehen müssen.”

    Ansgar Baums, Senior Advisor bei Sinolytics und Autor des Buchs “Tech Cold War” sieht besonders das Thema Connectivity als Treiber für die Spaltung. Die chinesische Regierung treibt ein cloudbasiertes Ökosystem für autonome Fahrzeuge voran, durch das die massiven Verkehrsprobleme in urbanen Metropolen effektiver bewältigt werden sollen. “Mercedes und Volkswagen haben sich entschieden, in China zu bleiben und werden immer weiter in diese chinesische Connectivity-Welt hineingezogen. Sie müssen viel Geld in chinesische Technologie investieren – chinesische Standards, Verschlüsselungsalgorithmen, Datenformate: Das alles wird in China definiert für China.”  

    Ein Verbot auch in Europa denkbar

    Sprich: Wenn die Unternehmen weiterhin in China verkaufen wollen, müssen sie Teil dieser Infrastruktur sein und werden. Auf der anderen Seite werde es auch europäische und amerikanische Connectivity-Standards geben, in die die Unternehmen investieren müssten, sagt Baums. “Bei jedem Euro für die Entwicklung wird man also künftig entscheiden müssen, ob er besser in China oder im Westen investiert ist. Das ist ein Dilemma für Unternehmen, die auf beiden Seiten spielen.”

    Auch in Europa könnte zudem irgendwann ein ähnliches Verbot wie das aktuell in den USA diskutierte drohen. Professor Herrmann vom Institut für Mobilität der Universität St. Gallen verweist auf die Diskussion um Huawei in Deutschland. Wenn chinesische Autos sukzessive nach Europa kommen, wird irgendwann auch die Frage gestellt werden: Welche Daten werden von den Fahrzeugen eigentlich erfasst, wohin fließen sie und was passiert damit?

    Um für so eine Situation gewappnet zu sein, seien beim autonomen Fahren also auch in Deutschland mehr Förderung und Investitionen in Forschung und Entwicklung nötig, fordert Professor Herrmann. “Was wir brauchen, ist eine Konsolidierung der Mittel, um gezielt Großprojekte zu fördern. Man könnte zum Beispiel eine ganze Stadt oder Region auf autonomes Fahren ausrichten, damit dort alle Hersteller zusammenkommen und entwickeln können.”

    China fördert das autonome Fahren massiv

    In China gibt es solche ausgewiesenen Zonen, in denen automatisiertes Fahren getestet werden kann. China fördert das autonome Fahren massiv. Die chinesische Gesellschaft der Automobilingenieure sagt voraus, dass im Jahr 2030 bereits 20 Prozent aller Fahrzeuge auf Level 5 vollständig autonom fahren können und 70 Prozent mindestens mit fortschrittlichen Assistenzsystemen ausgestattet sind. 

    Im Juni erhielten neun – allerdings zunächst ausschließlich chinesische – Hersteller die Erlaubnis, dass ihre Fahrzeuge nun auf öffentlichen Straßen mit Level 3 hochautomatisiert fahren dürfen. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge die Fahraufgabe weitgehend eigenständig übernehmen, ein Fahrer zwar nebenher auf dem Handy tippen oder einen Film gucken darf, bei einer Warnung des Autos aber jederzeit in wenigen Sekunden eingreifen können muss. Und das im ganz normalen – oft chaotischen – Straßenverkehr.

    Auch Deutsche profitieren von chinesischen Bedingungen

    Im Testbetrieb sind in einigen Stadtteilen zudem bereits Robotaxis unterwegs. Und auch Mercedes-Benz hat als erster deutscher Hersteller in China kürzlich die Genehmigung erhalten, auf ausgewiesenen Straßen und Autobahnen in Peking Tests mit dem vollautomatisierten Fahren auf Level 4 durchzuführen. Das Unternehmen kann damit die Multi-Sensor-Wahrnehmung und die Systemleistung für fortschrittliche autonome Fahrsysteme testen. Die Autos navigieren selbständig. Sogar schlafen ist bei Level 4 erlaubt.

    In Deutschland ist so etwas noch weit entfernte Zukunftsmusik. Das zeigt eine Testfahrt mit dem aktuell innovativsten System in Deutschland. Der Drive Pilot von Mercedes-Benz, verfügbar für die S-Klasse, fährt bei bis zu 95 km/h auf Level 3 hochautomatisiert. Der Hersteller nennt das System besonders sicher, weil es nicht nur zahlreiche Kameras, sondern auch Radar und Lidar nutzt, um seine Umgebung zu erfassen.

    In Deutschland gibt es noch viele Einschränkungen

    Auch wenn es sich faszinierend anfühlt, das Auto einfach machen zu lassen und bei Tempo 95 einfach nicht mehr auf die Straße zu schauen – noch gibt es bei der Anwendung eine ganze Reihe Einschränkungen, denen sich der Hersteller beugen muss. Nutzbar ist der Drive Pilot nur auf der rechten Spur und wenn ein anderes Fahrzeug voranfährt, an das sich die S-Klasse heften kann. Das vorausfahrende Fahrzeug muss die richtige Form haben, einige Lkw und Anhänger wurden im Test nicht erkannt. Und auch ein paar wenige Nieselregentropfen brachten das System dazu, abzuschalten – aus Sicherheitsgründen. 

    Professor Andreas Herrmann sieht das als Zeichen dafür, wie weit die Entwicklung in Deutschland zurückliegt. “In China bin ich bei miesestem Wetter autonom gefahren, das war überhaupt kein Problem. Die autonomen Taxen in San Francisco schaffen das auch. Wir können es halt einfach noch nicht, denn in der Automobilindustrie wurden vor 10-15 Jahren gravierende Fehler gemacht – man hat die Dynamik, mit der sich die Autoindustrie verändert, unterschätzt. Im Moment versuchen wir, bei der E-Mobilität Anschluss zu finden. Und wenn wir das geschafft haben, werden wir auf einmal feststellen, dass wir beim autonomen und vernetzten Fahren völlig hinterher sind.”

    • Autoindustrie
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    • Technologie
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    Termine

    01.10.2024, 11:00 Uhr (17:00 Uhr Beijing time)
    German Institute for Global and Area Studies, Webinar: Redefining Hong Kong Identity: The Impact of the National Security Law from Governmental and Grassroots Perspectives Mehr

    01.10.2024, 09:00 Uhr – 11:00 Uhr
    Chinaforum Bayern, IHK Aschaffenburg, vor Ort: Ungleiche Giganten – China und Indien im geopolitischen Wettstreit Mehr

    01.10.2024, ab 18:00 Uhr
    Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) Mainz-Wiesbaden, Restaurant Osakii, Mainz: Rückblick auf Projekt mit Jiangxi Culture Performance Group Mehr

    03.10.2024, 11:00 Uhr – 12:00 Uhr (17:00 – 18:00 Uhr Beijing time)
    EUSME Center, Online-Workshop: Navigating the Chinese Market: Insights and Strategies Mehr

    04.10.2024, 20:00 Uhr (05.10.2024, 02:00 Uhr Beijing time)
    Fairbank Center for Chinese Studies, Online-Workshop: Digital China Initiative Workshop – GenAI for Literary Sinitic Studies Mehr

    05.10.2024, 11:00 – 11:45 Uhr
    b° future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog, Panel in Bonn: German Media’s Reporting on China: Exploring the Binary Nature, Challenges, and Solutions Mehr

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    News

    Indopazifik: Japan schickt erstmals Kriegsschiff durch die Taiwanstraße

    Japan hat erstmals ein Kriegsschiff durch die Straße von Taiwan geschickt. Der Zerstörer “Sazanami” habe den Seeweg zwischen der Insel Taiwan und dem chinesischen Festland am Mittwoch durchquert, teilte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo mit. In der vergangenen Woche hatte der chinesische Flugzeugträger “Liaoning” erstmals das Gewässer zwischen zwei japanischen Inseln nahe Taiwan befahren. Tokio bezeichnete das Manöver, das 24 Seemeilen vor der eigenen Küste stattfand, als “völlig inakzeptabel”.

    Zeitgleich mit der “Sazanami” waren auch Schiffe der neuseeländischen und australischen Marine in dem Gebiet unterwegs. Dies sei geschehen, um das “Recht auf freie Schifffahrt” geltend zu machen, erklärte ein Sprecher des neuseeländischen Verteidigungsministeriums. Die Volksbefreiungsarmee habe den Prozess genau überwacht und die “Situation unter Kontrolle”, berichtete die staatliche chinesische Global Times unter Berufung auf ungenannte Quellen.

    Erst vor wenigen Tagen hatte die deutsche Fregatte “Baden-Württemberg” auf dem Weg von Südkorea zu den Philippinen die Taiwanstraße als erstes deutsches Schiff seit 22 Jahren befahren. Auch Streitkräfte Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und der Niederlande waren zuletzt verstärkt mit Schiffen und Flugzeugen in der Region unterwegs. Die USA entsendeten am Sonntag das Kriegsschiff USS Preble nach Japan. Es soll die dort stationierte USS Benfold ersetzen und mit modernster Technik die Verteidigungskapazitäten der USA im Indopazifik stärken.

    Peking versucht verstärkt, den Status der Taiwanstraße als internationales Gewässer infrage zu stellen und die Meerenge als innerchinesisches “Binnenmeer” darzustellen. Taiwans Verteidigungsministerium meldete, unterdessen binnen 24 Stunden 43 chinesische Militärflugzeuge und acht Marineschiffe im Umkreis der Insel gesichtet zu haben. Auch wurden Drohnen rund um Taiwan geortet. fpe

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    Konflikt um Taiwanstraße: Davor warnt der Thinktank ICG

    In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht warnt die International Crisis Group (ICG) vor einer weiteren Verschärfung der Spannungen zwischen Taiwan und China. Die Autoren der NGO mit Sitz in Brüssel sprechen von einer “wachsenden Spaltung zwischen den beiden Seiten der Taiwanstraße” und rufen sowohl Peking als auch Taipeh zur Zurückhaltung auf. Präsident Lai Ching-te habe einen deutlich selbstbewussteren Ansatz als seine Vorgängerin Tsai Ing-wen gewählt, heißt es in dem Bericht. Lai betone explizit Taiwans De-facto-Souveränität und Autonomie von China, während Tsai eher eine vorsichtige und ambivalente Rhetorik bevorzugt habe.

    Diese neue Haltung Taiwans verschärfe die ohnehin prekäre Situation, warnen die Experten. “Lai sieht klare Bekenntnisse zu Taiwans De-facto-Souveränität und Unabhängigkeit von China als notwendig an, um gegen ein immer aggressiver werdendes Peking vorzugehen”, heißt es in dem Bericht weiter. Peking empfinde diese Haltung als Provokation und habe bereits diverse Maßnahmen ergriffen, um Taiwans faktische Souveränität zu untergraben.

    ICG: Austausch muss gefördert werden

    Die ICG hebt hervor, dass die fortgesetzte Konfrontation den ohnehin begrenzten Spielraum für ein langfristiges Management der Differenzen zwischen den beiden Regierungen weiter einengen werde. Trotz der gestiegenen Spannungen sieht die Denkfabrik einen Krieg in der nahen Zukunft als unwahrscheinlich an. Sie warnt allerdings, dass der andauernde Konfrontationskurs langfristig die Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz schwinden lasse.

    Die Denkfabrik übt Kritik an beiden Seiten: Taiwan solle in seiner öffentlichen Rhetorik zurückhaltender agieren, während Peking seine militärische Einschüchterung reduzieren müsse. Als konkrete Schritte empfiehlt die ICG unter anderem die Wiederaufnahme von Studierendenaustausch und Gruppentourismus, um “die Bedingungen für verbesserte Beziehungen in der Zukunft zu schaffen”.

    Auch die USA stehen laut ICG in der Verantwortung, eine deeskalierende Rolle einzunehmen. Washington müsse beide Seiten an die Vorteile eines flexibleren Umgangs miteinander erinnern und sich aktiv um die Stabilisierung der Lage bemühen. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden US-Wahlen im November drohe die Unsicherheit in der Region noch weiter zuzunehmen. dd

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    Temu und Shein: Kommission soll EU-Vorschriften “rigoros durchsetzen”

    Die deutsche Bundesregierung dringt mit Unterstützung anderer Mitgliedstaaten auf schnelle Maßnahmen gegen chinesische Billig-Onlinehändler wie Shein und Temu. Um einen fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucher in der EU zu gewährleisten, gelte es, die entsprechenden EU-Vorschriften “rigoros durchzusetzen”etwa zur Produktsicherheit und Umweltschutz, heißt es in einem deutschen Diskussionspapier für den Wettbewerbsfähigkeitsrat am Donnerstag. Auch Frankreich, Polen, Dänemark, Österreich und die Niederlande schlossen sich den Forderungen an.

    “Wir können nicht länger hinnehmen, dass täglich Hunderttausende Pakete mit Produkten eintreffen, die den europäischen Standards nicht entsprechen”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne).

    Konkret fordern die Regierungen folgende Maßnahmen:

    • Die EU-Kommission solle die Regeln des Digital Services Act konsequent durchsetzen, der Plattformen verpflichtet, rechtswidrige Produkte zu entfernen. Die Einstufung von Shein und Temu als Very Large Online Platforms (VLOPs) sei bereits ein wichtiger Schritt.
    • Die nationalen Marktaufsichtsbehörden sollten gestärkt werden und eng mit dem Zoll zusammenarbeiten. Das ermögliche koordinierte Kontrollen anhand von festgelegten Risikoprofilen und Testkäufen für bestimmte Konsumgüter. Die Kontrollen sollen zudem stärker automatisiert werden, insbesondere durch den Webcrawler, den die Kommission entwickeln lässt.
    • Die laufenden Verhandlungen um die Reform der Zollunion sollen beschleunigt und die Abschaffung der Zollbefreiung für Waren im Wert von unter 150 Euro vorrangig diskutiert werden. Auch das umsatzsteuerrechtliche Verfahren Import-One-Stop-Shop soll in dem Zusammenhang nachgebessert werden. tho
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    Hongkong: Ehemalige Chefredakteure von “Stand News” verurteilt

    Ein Gericht in Hongkong hat zwei ehemalige Chefredakteure des mittlerweile eingestellten pro-demokratischen Nachrichtenportals “Stand News” zu Gefängnisstrafen verurteilt. Chung Pui-kuen (55) bekam demnach eine Strafe von 21 Monaten. Sein Kollege Lam Shiu-tung (36) erhielt ebenfalls eine mehrmonatige Haftstrafe, kam jedoch auf freien Fuß, da der Richter die Strafe wegen Krankheit reduzierte und Lam bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte.

    “Stand News” wurde im Dezember 2021 nach einer großangelegten Polizeirazzia geschlossen, die beiden Chefredakteure wurden festgenommen. Das Gericht hatte die Journalisten erst Ende August wegen der Verbreitung von “aufrührerischen” Artikeln schuldig gesprochen. Das Strafmaß war jedoch noch offen geblieben. Elf Artikel und Kommentare, die teilweise von pro-demokratischen Aktivisten oder Mitgliedern der Opposition verfasst worden waren, wurden als Beweismaterial aufgeführt.

    Hongkong ist im Pressefreiheits-Index von Reporter ohne Grenzen in den vergangenen Jahren immer weiter abgerutscht und lag zuletzt noch auf Platz 135 von 180. Seit den Massendemonstrationen für mehr Demokratie haben die Behörden mit einem “Sicherheitsgesetz” kritische Stimmen massiv eingeschüchtert. fpe

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    • Pressefreiheit

    Konjunkturhilfen: Finanzministerium plant Anleihen von einer Viertelbillion Euro

    Die chinesische Regierung will Insidern zufolge ihre geplanten Konjunkturhilfen mit der Ausgabe von Staatsanleihen in enormer Höhe finanzieren. Dazu sollen spezielle Papiere im Wert von rund zwei Billionen Yuan (rund 256 Milliarden Euro) platziert werden, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Als Teil des Pakets plant das Finanzministerium die Ausgabe von speziellen Staatsanleihen in Höhe von einer Billion Yuan, vor allem um den Konsum in Anbetracht der zunehmenden Sorgen über eine stotternde wirtschaftliche Erholung nach der Covid-Pandemie zu stimulieren, so die Quellen.

    Passieren soll das etwa durch Abwrackprämien für den Umtausch alter Elektro-Geräte gegen moderne. Der Erlös soll dann dazu verwendet werden, allen Haushalten mit mindestens zwei Kindern monatlich etwa 800 Yuan (umgerechnet 102 Euro) pro Kind auszuzahlen.

    Geplant ist demnach eine weitere Ausgabe von Staatsanleihen, die ebenfalls eine Billion Yuan in die Kassen spülen soll. Mit dem Erlös soll den regionalen Regierungen bei der Bewältigung ihrer Schuldenprobleme geholfen werden, sagte einer der Insider. Bei Staatsanleihen borgen Investoren dem Staat mit deren Kauf Geld. Dafür erhalten sie zuvor festgelegte Zinszahlungen, ehe sie am Laufzeitende ihr verliehenes Geld zurückbekommen.

    Die geplante fiskalische Expansion ist der jüngste Versuch der chinesischen Führung, eine Wirtschaft wiederzubeleben, die mit deflationärem Druck zu kämpfen hat und Gefahr läuft, das diesjährige Wachstumsziel aufgrund eines starken Immobilienabschwungs und eines schwachen Verbrauchervertrauens zu verfehlen.

    Peking will einen Abschwung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht zulassen. Die Regierung unterstrich die Notwendigkeit, die “antizyklischen” Anpassungen der Steuer- und Geldpolitik zu verstärken. Anfang der Woche hatten die Behörden das größte Konjunkturprogramm des Landes seit der Corona-Pandemie vorgestellt. Zentralbankchef Pan Gongsheng hatte am Dienstag ankündigt, die Zinssätze “energisch” senken zu wollen. Die Währungshüter versprachen zugleich, die Einkommen und den Konsum zu fördern. rtr

    • Wirtschaftswachstum

    Presseschau

    U.S., Australian and British defense chiefs meet as AUKUS alliance sharpens focus on China deterrence CBS NEWS
    China insists nuclear stance defensive after “routine” ICBM launch CHANNEL NEWS ASIA
    Spannungen mit China: Japanischer Zerstörer passiert Taiwanstraße SPIEGEL
    New Zealand navy vessel passes through contested Taiwan Strait THEPOST
    Dozens more Chinese jets spotted around Taiwan MANILA TIMES
    China versteht sich als Schutzmacht Nordkoreas, doch das Verhältnis ist kompliziert NZZ
    Vorwurf der “illegalen Ideologien”: Haftstrafen für ehemalige Chefredakteure in Hongkong SPIEGEL
    Das Tennis ist zurück, doch die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai bleibt verschwunden NZZ
    Elektroauto-Boom: “Es gibt keinen besonderen technologischen Vorteil Chinas” SPIEGEL
    Angespannte Wirtschaftslage: China plant Anleihen für Konjunkturhilfen im Wert von einer Viertelbillion Euro MANAGER MAGAZIN
    Chinas Regierung berät über kriselnde Wirtschaft: Untere und mittlere Einkommensschichten sollen gestärkt werden BUSINESS INSIDER
    China-Börse: Aktien für die chinesische Geldflut FUW
    Ikea says confidence returning in China after $1bn investment FINANCIAL TIMES
    Decoding China: Pekings Mond-Diplomatie DW

    Standpunkt

    Luban: Alter Name für Chinas neue Softpower

    Von Johnny Erling
    Johnny Erling schreibt die Kolumne für die China.Table Professional Briefings

    Peking nennt sie seine Luban-Werkstätten 鲁班工坊, die neuen Auslands-Berufsschulen, in denen die Volksrepublik bisher vorwiegend Afrikaner in industriellen Hightech-Anwendungen ausbilden und trainieren lässt. Ausländische Beobachter frotzeln über sie als “Konfuzius-Institute 2.0”. Andere sehen in Pekings plötzlichem Auftauchen als aktiver Anbieter im internationalen Ausbildungsmarkt eine Art von fachtechnischer Reinkarnation. Oder je nach Standpunkt eine simple Kopie. Denn mehr als 40 Jahre lang war China selbst ein Empfängerland vor allem entwicklungspolitisch geförderter und finanzierter deutscher beruflicher Ausbildungsexpertise durch Gesellschaften wie der GTZ (heute GIZ) mit ihren vielfältigen Projekten in der technischen Zusammenarbeit.

    Nun dreht Peking den Spieß um, ist als Entwicklungshelfer und Hightech-Ausbilder in Ländern des Globalen Südens unterwegs. Seit 2016 hat die Volksrepublik – in Europa bisher weitgehend unbemerkt – in 29 Ländern Afrikas und in 33 Zentralasiens sogenannte Luban-Großwerkstätten und Ausbildungszentren errichten lassen. Tausende Facharbeiter wurden angeblich erfolgreich geschult und von Chinas Firmen entlang der Seidenstraße eingestellt. Luo Zhaohui, Leiter von Chinas internationaler Entwicklungskooperation, nennt die Luban-Werkstätten “Chinas goldene Visitenkarten” im Ausland.

    Neue Kultfigur Luban ( 507-444 v. Chr ): Ein altchinesischer Tischlermeister wird Gallionsfigur für Chinas Go-Global- Berufsausbildung. 2019 erschienen drei Luban-Sonderbriefmarken.

    Peking will noch mehr solcher Business-Karten. Chinas Berufschulexporte hat Staatspräsident Xi Jinping inzwischen zur Chefsache gemacht. Auf seinem Afrika-Gipfel mit den FOCAC-Staaten (Forum China-Africa Cooperation) versprach er im September zehn weitere Luban-Werkstätten für Afrika, wo 60.000 Ausbildungsplätze geschaffen würden. Xi schnürte damit das dritte Unterstützungs-Paket. Neben bilateral vereinbarten Einzelzusagen hatte er schon 2018  auf dem China-Afrika-Gipfel 2018 den Bau von zehn Luban-Werkstätten zugesagt. 2021 vereinbarte er auf einem Gipfel mit der “Shanghaier SCO-Konferenz” in Zentralasien zehn Luban-Werkstätten zu errichten.  

    Für Xi geht es um ein Prestigeprojekt. Dem Aufbau von Luban-Berufsbildungsschulen mit chinesischem Curriculum, Ausrüstungen und entsandten Fachlehrern misst er strategische Bedeutung zu. Vor seinem Politbüro sprach Xi vom “dramatischen Wandel” im Fall der Berufsausbildung. Einst bezog China sie aus dem Ausland. Heute exportiert es Chinas Ausbildungsprojekte ins Ausland – “职业教育实现从”引进来”到”走出去”的巨变”. Der Parteichef setzte das Thema Ende Mai 2023 auf die Tagesordnung seines Politbüros. “Wir müssen China zu einem wichtigen und sehr einflussreichen Zentrum für weltweite Erziehung machen.” Wenige Wochen später stellte er im Oktober auf einer Konferenz über Chinas Seidenstraßenoffensive (BRI) “die wichtige Rolle” heraus, die die Luban-Werkstätten dabei spielen sollten.

    Den Namen Luban kennt jeder Chinese, aber kaum ein Europäer. Nur in der früheren DDR erschien 1987 ein Kinderbuch über den legendären Baumeister ( 507-444 v. Chr). Er soll schon als Kind riesige Bäume, gefällt haben, um aus ihnen Säulen für Paläste und Brücken zu tischlern. Illustration aus “Drachenpalast” (DDR-Kinderbuchverlag).

    Denn Peking will nicht nur aus altruistischen Motiven dem Globalen Süden bei der technischen Ausbildung helfen. Es will auch für seine Unternehmen Lösungen finden, die bei ihren “Go Global”-Auslandsinvestitionen Probleme haben, für ihre Firmen technisch geschulte einheimische Fachkräfte zu finden. Vor allem soll Chinas Berufsausbildung über die Schulung neuer Technologien mithelfen, Chinas Innovationen, Patente, Normen als internationale Standards in den Partnerländern durchzusetzen. Sie verschaffen der Volksrepublik im internationalen Wettbewerb wirtschaftliche Stärke und lassen sie neue Softpower gewinnen.

    Das gilt auch für das chinesisch entwickelte Ausbildungsmodell zur beruflichen Erziehung durch die Luban-Werkstätten. Stolz schrieb Yang Jianjing vom Zhejianger Forschungszentrum für moderne Berufsausbildung: “Chinas Modell, seine Ausrüstung, Standards und Lösungen sind bereits in die nationalen akademischen Erziehungssysteme vieler Partnerstaaten eingegangen”. Das Konzept der Luban-Werkstätten wurde in Pekings benachbarter Hafenmetropole Tianjin entworfen. Sie ist Hauptstandort für alle Planungen, Programme und Logistik der Berufsausbildung.

    Jahrzehntelang war die Industriestadt seit Beginn der Reformen ein Zentrum für Projekte und Ausbildungsinstitute der deutsch-chinesischen Berufsausbildung unter Leitung der GTZ (heute GIZ). In den 1980er-Jahren wurde in Tianjin die Chinesisch-Deutsche Berufsschule gegründet, das erste Berufsbildungsprojekt überhaupt. Zur breit gefächerten deutsch-chinesischen Berufs- und Ausbildungshilfe gehörten auch zentral und regional aufgebaute Konzeptinstitute zur dualen Berufsbildung (ZIPP/RIPP) und Dutzende moderner Ausbildungsprojekte in vielen Fachrichtungen. Die Bilanz dieser extensiven und auch entsprechend teuren Entwicklungszusammenarbeit und was von ihr übrigblieb, ist noch nicht gezogen.

    Denn nun hat Peking die Federführung übernommen.Tianjins Idee, eine von Chinas Bedürfnissen ausgehende, auf das Ausland zugeschnittene Berufsausbildung als regionale Initiative zu entwickeln, entstand 2015. Ein Jahr später wurde mit thailändischen Partnerinstituten und Firmen die erste ausländische Luban-Werkstatt in Thailand eingerichtet. Heute stehen auf ihren Lehrplänen moderne Fächer wie Mechatronik, Neue Energie-Fahrzeuge (NEVs) oder Wartungstraining für Highspeed-Züge, die China auch überall in Afrika baut. Andere Luban-Werkstätten haben sich auf Industrieroboter, künstliche Intelligenz, Cloud-Computing oder grüne Energie spezialisiert.

    Statt Hammer und Sichel zeigt das Luban-Logo eine Komposition geometrischer Figuren vor einer ziselierten Landschaft der Seidenstraße.

    Im jüngsten Weißbuch des Staatsrates, das Ende 2023 zum Aufbau der Seidenstraßen-Initiative Chinas erschien, befasst sich erstmals ein Kapitel mit den Luban-Werkstätten. Auf deren Lehrplänen würden heute 70 Fachrichtungen stehen, von Arbeit mit neuen Werkstoffen, smarten Technologien, Internet der Dinge oder auch traditionelle chinesische Medizin. Das Weißbuch nennt die Luban-Werkstätten “eine wichtige Innovation in der internationalen Entwicklung von Chinas Berufsausbildung und ein Schlüsselprojekt, um dem Aufbau von Chinas Seidenstraße zu dienen.” Chinas Fokus liege dabei auf Ländern der”ASEAN, SCO und in Afrika”. Luban-Absolventen seien hoch gefragt. Die Werkstätten seien aber nur der sichtbare Teil “einer größeren Offensive” von inzwischen mehr als 200 anderen chinesischen Instituten der Berufsbildung, die mit Ausbildungsmodellen in 70 Ländern unterwegs sind. Andere Quellen nennen noch höhere Zahlen.

    Die Idee der Luban-Werkstätten kam auf, als zur gleichen Zeit Pekings frühere kulturelle Softpower-Offensive, die Welt mit Konfuzius-Sprachinstituten zu überschwemmen, vor allem in den USA und in Westeuropa als Einflussversuch Schiffbruch erlitt. Allein in den USA wurden fast alle der dort mehr als 100 Konfuzius-Institute abrupt gestoppt. Im Jahresbericht der Konfuzius-Institute sind für Ende 2023 noch 496 Institute ausgewiesen, darunter 183 in Europa (Deutschland 19), 143 in Asien und 67 in Afrika.

    Ein Teil des Erfolges war ihr Name. Die Konfuzius-Institute machten den altchinesischen Weisen zu ihrem Namenspatron. Auch für die Luban-Werkstätten wurde eine Sagengestalt zur Gallionsfigur der Berufsausbildung. Luban (魯班) soll angeblich 507 bis 444 v.Chr. gelebt haben und war fast ein Zeitgenosse des Konfuzius (551-479 v.Chr.), stammte wie er aus dem Staate Lu. Um Leben und Wirken des genialen Baumeisters, Erfinders von Werkzeugen aller Art, innovativen Ingenieur, Tischler und Schreiner ranken sich ungezählte Legenden. Bis heute gilt er als daoistischer Schutzheiliger für alle Holz-Handwerker. Der Mythos verbrämt ihn als ein chinesischer Archimedes oder Leonardo da Vinci.

    Propagandakampagne für die angebliche internationale Bewunderung, die Chinas Luban-Berufsschulen finden.

    Triumphierend kommentierten Chinas patriotische Zeitungen wie die Global Times den Erfolg der Luban-Werkstätten, weil sie “die Herzen des Globalen Südens für China gewinnen.”  Das liege daran, dass China an seine Ausbildungshilfe keine politischen Bedingungen knüpft und mit den Empfängerländern auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeitet.

    Eine aktuelle, besonders umfangreiche verteidigungspolitische Studie von Politikwissenschaftlern und Sinologen mit dem Titel “Wie China die Machtkonstellationen im 21. Jahrhundert beeinflusst”, warnt dagegen,  “die Bedeutung von Chinas Bildungsinitiativen insbesondere im Softpower-Bereich nicht zu unterschätzen.” Eine der Autorinnen, Doris Vogl, untersucht die Luban-Werkstätten als neuer Teil von Chinas Ausbildungs- und Immigrationsstrategien. Sie führt als Fallbeispiele einige der Werkstätten in Dschibuti, Kenia, Südafrika und Äthiopien auf. Chinas Kalkül sei über solche Initiativen, bei “der Festlegung zukünftiger internationaler Industrie-Standards eine führende Position zu erlangen.”  

    • Ausbildung
    • Berufsschule
    • Diplomatie
    • Geopolitik
    • Innovation
    • Konfuzius-Institute
    • Künstliche Intelligenz

    Personalien

    Yu Hanbang wird mit sofortiger Wirkung General Manager für Maserati China. In seiner neuen Rolle soll Yu vor allem den Erfolg der Marke Trident auf dem chinesischen Markt antreiben. Vor seinem Posten bei der italienischen Luxusautomarke bekleidete Yu wichtige Führungspositionen bei mehreren renommierten Automobilunternehmen, darunter Genesis China.

    Hendrik Voss ist seit September Head of Sales bei ARRI China. Das Münchner Unternehmen bietet Technik und Dienstleistungen für die Film- und Medienwirtschaft an. Voss wird für ARRI weiterhin in Peking arbeiten. Zuletzt war der Diplom-Ingenieur dort als Head of Product Management and Business Development tätig.

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    Dessert

    In Sichuan wurden die beiden Pandas An An und Ke Ke mit einer Abschiedszeremonie in die Sonderverwaltungszone Hongkong entlassen. Das 2019 im China Conservation and Research Center for the Giant Panda in Dujiangyan aufgezogene Pärchen ging ungewöhnlicherweise als Geschenk nach Hongkong – normalerweise werden die Tiere nur ausgeliehen. Beobachter werten dies als diplomatische Geste zum 75. Geburtstag der Volksrepublik im Oktober. Das Kalkül: Pandas stärken den Patriotismus. Bevor sie in den Hongkonger Ocean Park kommen, müssen die Tiere nun aber erstmal für 30 Tage in Quarantäne.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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