Table.Briefing: China

Leben mit Kopfgeld + EU gegen Billigware

Liebe Leserin, lieber Leser,

die 20-jährige Chloe Cheung ist Demokratie-Aktivistin aus Hongkong und lebt im Exil. Ihre Heimat mussten sie und ihre Familie 2020 aus Sicherheitsgründen verlassen, nachdem ihr Name bei einer Demonstration polizeilich erfasst wurde. Nun lebt sie in Großbritannien, doch sie kommt nicht zur Ruhe.

Die Hongkonger Behörden haben ein Kopfgeld von einer Million Hongkong-Dollar auf die junge Frau ausgesetzt, sie erhält zudem Drohungen in den sozialen Medien und fühlt sich verfolgt. Cheung kritisiert die britischen Behörden, die ihr nach einem Hilfsgesuch zunächst nur eine Broschüre mit Selbstschutzmaßnahmen und eine Telefonnummer für Notfälle aushändigten. Welchen Umgang mit China sie von Großbritannien fordert und welche Pläne sie für die Zukunft hat, schildert Cheung im Gespräch mit Fabian Peltsch.

Was die Produkte von Temu und Shein auszeichnet: Ihre äußerst günstigen Preise. Auf einen Warenwert von 800 US-Dollar muss man bei einem Paket der Billig-Händler überhaupt erstmal kommen. 800 Dollar – so hoch war dank der “de minimis”-Regel bisher die Schwelle, ab der in den USA ein Importzoll fällig wurde. In der EU liegt sie bei 150 Euro. Donald Trump hatte die “de minimis”-Regel gerade erst kassiert, da folgten Importzölle auf alle Waren aus China und dann setzte der Postdienstleister US Postal Service (USPS) die Beförderung von chinesischen Paketen aus.

Was die Schläge für Chinas E-Commerce-Riesen bedeuten, und welche Reaktion auf die Billigpakete die EU plant, beschreibt Marcel Grzanna in seiner Analyse.

Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.

Ihre
Julia Fiedler
Bild von Julia  Fiedler

Analyse

Chloe Cheung: “Dass ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist, verfolgt mich jeden Tag”

Die Hongkonger Behörden haben ein Kopfgeld von 1 Million Hongkong-Dollar (etwa 116.500 Euro) auf Sie ausgesetzt. Sie sind die jüngste Aktivistin außerhalb Hongkongs, die auf diese Weise ins Visier genommen wird. Was hat dazu geführt?

Ich engagierte mich bereits mit 14 Jahren in der pro-demokratischen Bewegung und nahm 2019 an den Protesten teil. Während einer der Demonstrationen wurde mein Name von der Polizei erfasst, was mich direkt in Gefahr brachte. Nach der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes fühlten sich meine Familie und ich in Hongkong dann nicht mehr sicher. Deshalb trafen wir die schwierige Entscheidung, im August 2020 nach Großbritannien zu fliehen. Das Kopfgeld wurde dann unter anderem aufgrund von Social-Media-Posts im Zusammenhang meiner Arbeit mit dem “Committee for Freedom in Hong Kong Foundation” ausgesetzt, die ich im Exil begonnen hatte.

Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass plötzlich ein Kopfgeld auf Sie ausgesetzt wurde?

Als ich die Nachrichten sah, war ich völlig schockiert. Freunde, Kollegen und Familienmitglieder kontaktierten mich, und fragten, was passiert sei. Ich wusste nicht einmal, wie ich es ihnen erklären sollte, denn das, was ich tue, ist kein Verbrechen. Ich setze mich lediglich für Hongkong ein und spreche die Wahrheit aus über das, was dort passiert.

Was wird Ihnen genau vorgeworfen?

Ich werde zweier Straftaten beschuldigt: Anstiftung zur Abspaltung und Kollaboration mit ausländischen Kräften. Im Grunde bedeutet das, dass bereits das Sprechen mit ausländischen Politikern oder Medien wie Ihrem als Verbrechen von den Hongkonger Behörden angesehen wird. Diese Anschuldigungen sind rein politisch motiviert und sollen Aktivisten wie mich zum Schweigen bringen.

Unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz hat sich die Lage in Hongkong massiv verschärft. Mittlerweile kann man allein dafür verhaftet werden, dass man ein T-Shirt mit einer politischen Botschaft trägt oder eine Fahne mit einem Protest-Slogan hochhält.

Wie hat das Kopfgeld Ihr Leben bislang beeinflusst?

Eine der schmerzhaftesten Folgen ist, dass viele meiner Freunde und Familienmitglieder in Hongkong den Kontakt zu mir abgebrochen haben. Sie fürchten, dass allein die Verbindung zu jemandem, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt wurde, sie selbst in Gefahr bringen könnte. Das ist unglaublich frustrierend und isolierend, aber ich verstehe ihre Angst.

Außerdem habe ich Drohungen in den sozialen Medien erhalten. Manche fordern dort sogar, dass die Regierung das Kopfgeld noch erhöhen sollte, um noch mehr Anreize für meine Entführung zu schaffen. Es ist erschreckend zu wissen, dass es Menschen gibt, die solche Drohungen ernst meinen.

Zudem habe ich den Verdacht, dass ich verfolgt werde. Das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, ist äußerst beunruhigend. Obwohl ich in Großbritannien bin, scheinen die Risiken und der Druck der chinesischen Regierung mich überallhin zu verfolgen.

Bedeutet das, dass Sie sich im Vereinigten Königreich nicht ausreichend geschützt fühlen?

Als ich zum ersten Mal von dem Kopfgeld erfuhr, kontaktierte mich die Metropolitan Police. Sie sagten, dass sie durch die Medienberichte über die Situation informiert seien. Es gebe ein Protokoll für solche Situationen. Sie gaben mir eine Broschüre mit Selbstschutzmaßnahmen und eine Telefonnummer für Notfälle. Falls etwas passieren sollte, solle ich 999 anrufen. Diese Unterstützung empfand ich als unbefriedigend – eine Broschüre und eine Telefonnummer lösen die realen Gefahren nicht, denen ich ausgesetzt bin.

Nachdem ich mit Medien wie The Times und The Telegraph gesprochen hatte, nahm die Metropolitan Police erneut Kontakt mit mir auf, besuchte mich zu Hause und führte eine Risikobewertung durch. Ich schätzte diese Maßnahme, aber sie machte mir auch bewusst, dass sie ohne die mediale Aufmerksamkeit möglicherweise gar nicht gehandelt hätten. Mein Fall erhielt wegen meines Alters und meiner persönlichen Geschichte besondere Aufmerksamkeit – doch viele andere Hongkonger Aktivisten bekommen diese Unterstützung nicht.

Wovor haben Sie am meisten Angst?

Es gibt beunruhigende Vorfälle, die das verdeutlichen, wovor ich Angst habe. Ein Beispiel ist der Vorfall in Manchester, bei dem Mitarbeiter der chinesischen Botschaft versuchten, einen Protestierenden in das Konsulatsgebäude zu zerren. Zum Glück griff die britische Polizei ein und konnte ihn befreien. Aber was, wenn sie nicht eingeschritten wäre? Der Protestierende hätte verschwinden können, und niemand wüsste, was mit ihm passiert ist.

Hinzu kommt, dass es kaum Konsequenzen für solche Repressionen gibt. Wenn chinesische Studierende Hongkonger Protestierende angreifen, werden sie vielleicht verhaftet, aber nicht angeklagt. Das sendet eine gefährliche Botschaft: dass Personen mit Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas – oder sogar chinesische Staatsangehörige im Allgemeinen – im Vereinigten Königreich tun können, was sie wollen, ohne ernsthafte Strafen befürchten zu müssen. Diese fehlende Rechenschaftspflicht ist äußerst besorgniserregend.

Was würden Sie sich von der Regierung wünschen?

Zunächst sollte die britische Regierung mehr tun, als nur ein Visaprogramm für Hongkonger anzubieten. Die Möglichkeit zur Einreise war ein wichtiger erster Schritt, aber die entscheidende Frage ist: Wie werden wir geschützt, sobald wir hier sind? Viele von uns erleben auch im Vereinigten Königreich weiterhin Repressionen – sei es durch den Einfluss der chinesischen Regierung, durch chinesische Studierende, Mitglieder der chinesischen Gemeinschaft oder sogar durch Spione.

Sollte das Vereinigte Königreich auch Sanktionen verhängen?

Ich glaube nicht, dass es darum geht, die Beziehungen zu China abzubrechen. Der Dialog ist wichtig, und es ist essenziell, mit China zu sprechen. Aber es darf nicht darum gehen, einfach alles zu tun, was China verlangt. Es geht darum, einen Weg zu finden, auf Augenhöhe zu verhandeln und eigene Bedingungen festzulegen. Wir müssen sicherstellen, dass die chinesische Regierung nicht die volle Kontrolle hat und dass wir ihre Forderungen nicht einfach hinnehmen, ohne für unsere eigenen Werte und Rechte einzustehen.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Im Moment mache ich ein Gap Year. Das Kopfgeld hat viele Aspekte meines Lebens erschwert. Zum Beispiel könnte es für mich in Zukunft schwieriger werden, mich an einer Universität zu bewerben. Viele britische Universitäten erhalten erhebliche finanzielle Mittel aus China, und wir wissen, dass dieser Einfluss sich darauf auswirken kann, was gelehrt wird. Manche Professoren vermeiden es, kritisch über die Kommunistische Partei Chinas zu sprechen, weil sie befürchten, chinesische Studierende zu verärgern und dadurch Finanzierungsmöglichkeiten zu verlieren.

Auch meine beruflichen Aussichten sind betroffen. Ein Freund von mir, der im Bankwesen arbeitet, sagte mir, dass Banken ungern Mitarbeiter einstellen, die zu politisch sind. Die Realität ist, dass mich die Risiken, mit denen ich jetzt konfrontiert bin, überallhin begleiten – sie beeinflussen sowohl meine Ausbildung als auch meine Karrierechancen. Ich hätte nie gedacht, dass Aktivismus meine Hauptaufgabe im Leben werden würde, aber mit dem Kopfgeld könnte es sein, dass ich mich für den Rest meines Lebens auf diese Art für Hongkong einsetzen muss.

Chloe Cheung wuchs in Hongkong auf und engagierte sich schon früh in der pro-demokratischen Bewegung. Im Jahr 2020 ging sie mit 15 Jahren ins Exil nach Großbritannien. Im Dezember 2024 erließen die Behörden in Hongkong einen Haftbefehl gegen sie. Sie wird beschuldigt, im Exil zur Abspaltung aufgerufen und mit ausländischen Kräften zusammengearbeitet zu haben. Zudem wurde eine Belohnung von einer Million Hongkong-Dollar auf ihre Ergreifung ausgesetzt.

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Temu und Shein: Wie EU und USA die Spielregeln ändern

E-commerce mobile apps from ultra fast fashion clothing companies Temu and Shein.

Für chinesische Online-Anbieter von Billigprodukten hatte die laufende Woche herbe Rückschläge parat. Sowohl in Europa als auch in den USA erlitten die Geschäftsmodelle von Shein, Temu und AliExpress einen Schuss vor den Bug. Die EU-Kommission beschloss die Einführung einer Bearbeitungsgebühr auf Pakete der Anbieter bei Eintritt in die Europäische Union, während die USA die “De-minimis”-Regelung stoppte und damit ein zollfreies Schlupfloch für Lieferungen im Wert von unter 800 US-Dollar stopfte.

Die Schlussfolgerung ist simpel: Europäische und amerikanische Verbraucher, die künftig auf den Plattformen einkaufen wollen, werden in den meisten Fällen draufzahlen müssen. Wie hoch die Zeche sein wird, ist zwar noch unklar. Dennoch scheinen Umsatzeinbrüche für die chinesischen Unternehmen vorprogrammiert. Denn mit ihren konkurrenzlos billigen Angeboten haben die Plattformen jahrelang vor allem solche Konsumenten überzeugt, die schlicht nicht bereit waren, mehr zu zahlen, als Temu und Co. bislang forderten. Wie viel tiefer all jene in die Tasche greifen wollen, ist angesichts der Qualitätsdefizite vieler vertriebener Produkte fraglich.

Neue Regeln hier und da schaden nicht nur unmittelbar den Unternehmen, sondern bedeuten auch für die chinesische Wirtschaft eine weitere Hiobsbotschaft. Der E-Commerce gehört zu einigen wichtigen Stützen, die das Land auf stabilem Wachstumskurs halten sollen. Umsatzeinbrüche in Höhe von mehreren Milliarden Euro schmerzen auch die zweitgrößte Volkswirtschaft.

Temu-App verzeichnete fast 545 Millionen Downloads

Der EU-Kommission zufolge kamen im vergangenen Jahr 91 Prozent aller E-Commerce-Importe mit einem Wert von bis 150 Euro aus China. Das Volumen habe sich damit seit 2023 mehr als verdoppelt – von 1,9 Milliarden auf 4,17 Milliarden Sendungen. Die wachsende Beliebtheit der vermeintlichen Schnäppchen-Portale spiegelt sich auch in den App-Stores wider. Mit fast 545 Millionen Downloads im Jahr 2024 führte Temu die Liste im E-Commerce an. Shein folgte auf Rang zwei mit rund 235 Millionen Downloads.

Der Haken an der Sache: Die Ware ist nicht selten minderwertig oder gefälscht. Die Werbekampagnen von Temu für vermeintliche Top-Deals umfassen beispielsweise Tablets für deutlich unter 100 Euro, die alles können sollen, aber sich nach kurzer Zeit als Elektroschrott entpuppen, wie viele Nutzer beklagen. Oder Fußballtrikots von deutschen und europäischen Profiklubs für 20 Euro – jeder Fußballfan weiß, dass dieses Geld für lizenzierte Produkte eines Vereins gerade einmal für den Erwerb der Stutzen ausreicht, aber ganz sicher nicht für das Oberteil. Woher also kommen solche Produkte, wenn nicht aus Fälscherwerkstätten?

Der EU-Verbraucherschutzkommissar Michael McGrath betonte die Dringlichkeit, nur sichere Produkte auf den Binnenmarkt gelangen zu lassen. “Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher” wolle man schützen. Das wird zwar nur bedingt gelingen, weil Qualitätsstandards nur stichprobenartig gewährleistet werden können. Aber das Signal wird bei den Herstellern ankommen. Europaparlament und EU-Staaten müssen den Plänen für Gebühren allerdings noch grünes Licht erteilen.

Flickenteppich aus 27 nationalen Zollbehörden

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die EU-Zollbehörden mit der Paketmenge schlicht überfordert sind. Ein Flickenteppich aus 27 nationalen Zollbehörden, deren Prozesse nicht ausreichend harmonisiert sind, haben die Versandflut aus China begünstigt.

Die deutsche Wirtschaft begrüßte die geplante Gebühr “Im europäischen Binnenmarkt müssen endlich gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer gelten”, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stephan Tromp. Anbieter wie Temu und Shein dürften nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen. Ähnlich äußerte sich die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Es gehe nicht darum, internationalen Handel zu verhindern, sondern darum, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Deutsche Händler würden hohe Steuerlasten und strenge Auflagen tragen, während ausländische Anbieter Schlupflöcher ausnutzten.

USPS will weiterhin Pakete aus China befördern

Es gab aber auch vergleichsweise gute Nachrichten für die chinesischen Online-Riesen. Der Postdienstleister US Postal Service (USPS) kündigte an, doch weiterhin Pakete aus China und Hongkong befördern zu wollen. Am Tag zuvor hatte die Behörde den Service vorübergehend ausgesetzt, nachdem am Dienstag zusätzliche Zölle in Höhe von zehn Prozent auf alle Waren aus China in Kraft getreten waren. USPS sowie Zoll- und Grenzschutz arbeiteten eng zusammen, um die neuen Zölle zu implementieren, hieß es in einer Erklärung.

Dennoch war die Aussetzung der Beförderung wohl noch das geringste Problem der Anbieter. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump die “De-minimis”-Ausnahme von Einfuhrzöllen beendet. Die ermöglichte bislang zollfreie Lieferungen von Paketen mit geringem Wert aus der Volksrepublik in die Vereinigten Staaten.

Sehr großzügige Ausnahmeregelung

Dabei handelte es sich in den USA um eine sehr großzügige Ausnahmeregelung. Die De-minimis-Schwelle in der EU ist deutlich strenger, sie liegt bei 150 Euro. Während der Präsidentschaft von Barack Obama hatte der US-Kongress die Ausnahmeregelung von den bis dato geltenden 200 Dollar vervierfacht. Die Zahl der eingeführten Pakete, für die diese Regel gilt, stieg daraufhin explosionsartig an. Die Sendungen, die die De-minimis-Regelung in Anspruch nehmen, erhöhten sich in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 600 Prozent. Sie lag nach Angaben der Zoll- und Grenzschutzbehörde 2023 bei mehr als einer Milliarde. Hauptprofiteur waren die chinesischen Online-Anbieter.

Die Kontroversen betreffen nicht nur das chronische Defizit im US-Handel mit China. Es geht auch um das synthetische Opioid Fentanyl, durch das allein 2023 fast 75.000 Menschen umkamen. Reuters-Reporter fanden im vergangenen Jahr heraus, dass sie die Grundstoffe für mindestens drei Millionen Fentanyl-Tabletten mit einem potenziellen Straßenverkaufswert von drei Millionen Dollar zu einem Preis von gut 3.600 Dollar problemlos importieren konnten. Den Versendern gelang es, die Pakete beispielsweise als Elektronikartikel zu etikettieren.

Billiger als US-Handelsketten, trotz neuer Regeln

Analysten der japanischen Großbank Nomura schätzen, dass China im vergangenen Jahr weltweit Waren im Wert von 240 Milliarden Dollar unter De-minimis-Regelungen exportiert hat. Das würde sieben Prozent der Ausfuhren entsprechen. Der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt wird mit 1,3 Prozent angegeben. Die Experten prognostizieren deshalb, dass die Abschaffung des US-Schwellenwerts das chinesische Exportwachstum um 1,3 Prozentpunkte und das Wirtschaftswachstum um 0,2 Punkte verlangsamen dürften.

Analysten gehen davon aus, dass sich Sendungen von Temu und Shein in die USA nun verteuern werden. Es sei aber nicht zwingend zu erwarten, dass dies die Zahl der Sendungen dramatisch drücken werde. Die chinesischen Online-Händler seien voraussichtlich auch unter den neuen Regeln billiger als US-Handelsketten. Mitarbeit: Emily Kossak

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News

Trump-Zölle: China reicht WTO-Beschwerde ein

China hat bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde über die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf chinesische Waren eingereicht, teilte die in Genf ansässige Organisation am Mittwoch mit. Trump hatte am Samstag Zölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China angeordnet und gefordert, dass diese Länder den Zustrom von Fentanyl – und im Fall von Kanada und Mexiko auch von illegalen Einwanderern – eindämmen. Später setzte er die Zölle gegen die beiden nordamerikanischen Länder jedoch aus.

China, das von Trump mit einem 10-prozentigen Zoll auf seine Warenausfuhren belegt wurde, hatte angekündigt, diesen Schritt vor der WTO anzufechten. In einer von der WTO zitierten Erklärung erklärte die chinesische Regierung, dass die Maßnahmen offenbar nicht mit den Verpflichtungen der USA im Rahmen des Abkommens zur Gründung der Handelsorganisation vereinbar seien. “China behält sich das Recht vor, während der Konsultationen und in jedem zukünftigen Antrag auf die Einsetzung eines Panels zusätzliche Maßnahmen und Ansprüche in Bezug auf die hier aufgeführten Angelegenheiten vorzubringen”, hieß es in der chinesischen Erklärung.

In der Regel münden WTO-Konsultationen binnen weniger Wochen in ein Verfahren vor dem Streitschlichtungsgremium. Dort analysieren Experten, ob die Zollerhöhungen mit den Regeln der Welthandelsorganisation im Einklang stehen. Diese Prüfung kann sich über mehrere Monate erstrecken. Sollte das Gremium China Recht geben, wäre Peking befugt, als Gegenmaßnahme eigene Zölle in vergleichbarer Höhe zu verhängen. Tatsächlich hat China bereits reagiert und Zölle auf US-Energieexporte angekündigt: 15 Prozent auf Kohle und Flüssigerdgas sowie 10 Prozent auf Rohöl, landwirtschaftliche Maschinen und bestimmte Fahrzeuge.fpe/rtr

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Micro-Dramas: Warum China eine Lizenzpflicht plant

China plant eine Lizenzpflicht für die Ausstrahlung von Micro-Dramas, um deren “gesunde und florierende Entwicklung” zu fördern. Die Nationale Rundfunk- und Fernsehbehörde erklärte am Mittwoch, dass alle Micro-Kurzdramas zunächst eine Genehmigung für den Vertrieb von Online-Dramen erhalten müssen.

Micro-Dramas, vertikal gedrehte, minutenlange Episoden mit häufigen Wendungen in der Handlung, haben in den letzten Jahren in China stark an Popularität gewonnen. Mit einem Wert von fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr sind die Kurzfilme nach Ansicht einiger Experten ein zunehmend dominanter Konkurrent für die chinesische Filmindustrie, die nach Hollywood die weltweit zweitgrößte ist und von der staatlichen China Film Group dominiert wird.

Zwischen Ende 2022 und Anfang 2023 organisierte die Nationale Rundfunk- und Fernsehbehörde nach eigenen Angaben eine “spezielle Berichtigungskampagne”, in deren Verlauf sie 25.300 Mikrodramen mit insgesamt fast 1,4 Millionen Episoden wegen ihres “pornografischen, blutigen, gewalttätigen, anspruchslosen und vulgären Inhalts” entfernte. rtr

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Megafactory: Tesla beginnt Batterieproduktion in Shanghai

Nach einer Bauzeit von sieben Monaten wird kommenden Dienstag die Tesla Shanghai Megafactory ihre Serienproduktion aufnehmen, berichtet Car News China. Seit Ende 2024 läuft die Testproduktion. Im Gegensatz zur Tesla Shanghai Gigafactory werden in der Megafactory Energiespeicherbatterien, sogenannte Megapacks, entstehen. Die Fabrik ist das erste Energiespeicherprojekt von Tesla außerhalb der Vereinigten Staaten. Im ersten Jahr sind 10.000 Einheiten geplant, was einer Kapazität von 40 GWh entspricht.

Energiespeichersysteme sind eine wichtige Voraussetzung, um die Netze bei der zunehmenden Nutzung Erneuerbarer Energien stabil zu halten. Ans Stromnetz angeschlossene Speichersysteme können überschüssig generierten Strom zum Beispiel von Wind- oder Solaranlagen aufnehmen und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen. Die Branche wächst in China rasant: Laut Zahlen der Nationalen Energiebehörde betrug die installierte Kapazität 168 GWh für das Jahr 2024, ein Wachstum von 130 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zu den wichtigsten Playern in der Branche gehören aktuell BYD, Star Charge, CATL und GoodWe. CATL und BYD werden als Batteriezellenlieferanten für die Megafactory fungieren. Ein Tesla Megapack kann mehr als drei MWh Energie speichern, was der Energiemenge entspricht, die benötigt wird, um 3.600 Haushalte in Shanghai eine Stunde lang mit Strom zu versorgen. jul

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Zölle: China verlängert Antidumping-Maßnahmen auf deutsche Kartoffelstärke

China wird Antidumping-Zölle auf Importe von Kartoffelstärke aus der EU für weitere fünf Jahre aufrechterhalten. Das teilte das Handelsministerium am Mittwoch mit. Die Zölle gelten seit 2007 und wurden 2011 schon einmal angepasst. Die jüngste Verlängerung tritt am Donnerstag in Kraft.

Die Zölle gelten unter anderem für die französische Roquette Freres, die niederländische Coöperatie Koninklijke Avebe (Royal Avebe) und die deutsche Avebe Kartoffelstärkefabrik Prignitz/Wendland GmbH. Kartoffelstärke wird in der Lebensmittelindustrie verwendet.

China hat zudem Handelsuntersuchungen gegen einige Milch- und Schweinefleischimporte aus der EU eingeleitet, da es Bedenken hinsichtlich etwaiger Subventionen oder Dumpings gibt. Zuvor hatte der Block Zölle auf chinesische Exporte von Elektrofahrzeugen erhoben. rtr

  • Handel
  • Zölle

Presseschau

China Disputes U.S. Tariffs Against Imports in World Trade Organization Complaint WSJ
China lodges complaints with U.S. over Panama Canal remarks REUTERS
Trump nimmt entscheidende Rohstoffe aus der Ukraine ins Visier – und könnte Chinas Wirtschaft damit schaden MERKUR
Fast fashion, laptops and toys are likely to cost more due to US tariffs on Chinese imports AP NEWS
Researchers link DeepSeek’s blockbuster chatbot to Chinese telecom banned from doing business in US AP NEWS
Onlinehandel: US-Post hebt Lieferstopp für chinesische Pakete wieder auf – Abschaffung der Zollfreigrenze in der EU NZZ
Wie sich China Zugriff auf Rohstoffe sichert – und seine weltweite Machtposition ausbaut MERKUR
Solar, E-Auto und jetzt Wind? China greift Europas nächste Zukunftsbranche an N-TV
China considers probe into Apple’s policies and App Store fees, Bloomberg News reports REUTERS
China is building a giant laser facility to master near-limitless clean energy, satellite images appear to show CNN
Caixin-Umfrage: Chinas Dienstleistungssektor wächst langsamer FUW
AstraZeneca shareholders say they need clarity on China investigations REUTERS

Heads

Miao Hua: Aufstieg und Fall durch Xi Jinping

Admiral Miao Hua war Mitglied der zentralen Militärkommission.

Seit Sommer 2023 wurden in China zwei Verteidigungsminister nacheinander gechasst, sowie ein gutes Dutzend hohe Militärs und Rüstungsmanager. Keiner von ihnen hatte eine so lange gemeinsame Geschichte mit Parteichef Xi Jinping wie Miao Hua. Der 69-Jährige gehörte zum engsten Zirkel und stand in der Machthierarchie noch weit über dem Verteidigungsminister

Die Verbindung geht bis zu den Anfängen der Karriere von Xi als Gouverneur der Provinz Fujian von 1999 bis 2002 zurück. Miao ist 1955 in Fujian geboren, trat mit 14 Jahren ins Militär ein. Nach Positionen als politischer Kommissar stieg er 1999 zum politischen Direktor der 31. Heeresgruppe auf, die Xi häufig besuchte. Beide sollen sich damals gut gekannt haben.

Ungewöhnlicher Wechsel

Miaos Aufstieg begann, als Xi 2012 zum Parteichef bestimmt wurde. Der Militär wurde 2014 zum politischen Kommissar der Marine befördert. Der ungewöhnliche Wechsel vom Heer zu den Seestreitkräften gilt als typisch für Xi. Indem er seine Gefolgsleute unkonventionell und an etablierten Netzwerken vorbei in Positionen bringt, weitet er seine Kontrolle aus. 

In der Marine war Miao zuständig für die Beförderung und Auswahl von Kandidaten. Xi holte den Admiral 2017 in die zentrale Militärkommission, das oberste Machtorgan unter ihm als Oberbefehlshaber. Auch hier kümmerte sich Miao als Direktor der politischen Abteilung um Beförderungen, Organisation, Ideologie und Parteidisziplin

Korruption ist Teil des Systems

Da Posten in Chinas Militär häufig durch Zuwendungen an die Verantwortlichen oder deren Familienmitglieder gekauft werden, bietet gerade diese Position gewöhnlich viel Gelegenheit für Bestechung. Miaos Vorgänger in dem Amt, General Zhang Yang, stürzte über Korruptionsvorwürfe. Er nahm sich 2017 während der Ermittlungen das Leben. 

Die Entlassung von Miao Ende November kam dennoch überraschend. Staatsmedien berichteten erst mit Verzögerung, der Vorwurf lautete auf “Verstöße gegen die Parteidisziplin“, was in der Parteisprache meist Korruption und mangelnde Loyalität bedeutet. Schmiergelder, Kickbacks und erkaufte Beförderungen sind allerdings kein Fehler, sondern vielmehr ein Merkmal des Systems. “Da die Partei von Natur aus über dem Gesetz steht, kann Korruption nicht ausgerottet werden, ohne dass das System auseinandergenommen wird”, stellt das amerikanische Naval War College in einer Analyse zu dem Skandal um Miao fest. 

Entlassung war politische Entscheidung

Auffällig war die Wortwahl im Hinblick auf Miao: Sonst ist in solchen Fällen von “diaocha”, also “ermitteln”, die Rede. Im Falle von Miao wurde von “jiancha” gesprochen, was “prüfen” heißt und weniger ernst klingt. Es könnte darauf hindeuten, dass ihm vielleicht eine schwere Strafe wie lebenslange Haft oder die Todesstrafe auf Bewährung erspart bleiben könnte.

Auf jeden Fall war es eine politische Entscheidung von Xi, den hohen Militär zu entlassen. Doch warum ließ er ihn plötzlich fallen? Es könnten Fraktionskämpfe dahinterstecken, wird spekuliert. Oder persönliche Netzwerke könnten zu mächtig geworden sein. Miao war ein führendes Mitglied der Fujian-Fraktion – neben der Zhejiang-Fraktion eine der zwei größten Gruppen aus den beiden Provinzen, die als Xis Machtbasis gelten, weil er dort Gouverneur war. Angeblich hat die Fujian-Fraktion die Oberhand gewonnen. Die Vorwürfe gegen Miao als deren herausragender Vertreter könnten von Kräften gekommen sein, die der Gruppierung schaden wollten. Möglicherweise hat Xi die Anschuldigungen nicht ignorieren können, heißt es.

Bedrohung wegen eigener Netzwerke

Der renommierte Ex-Reporter der “Nanfang Zhoumo” (Southern Weekly) und Militärexperte Cai Shenkun glaubt allerdings vielmehr daran, dass Xi das Vertrauen in Miao verloren habe. Der Admiral habe so viele eigene Gefolgsleute vor allem aus der Marine befördert, dass Xi ihn als “Bedrohung” wahrgenommen habe, meint Cai. Aus diesem Grund sei auch der Marinekommandeur Dong Jun im vergangenen Jahr nicht wie seine Vorgänger in die Militärkommission und auch nicht in den Staatsrat aufgenommen worden – trotz seiner Berufung zum Verteidigungsminister durch Miao. Eine “höchst peinliche Position”, wie der Experte findet. 

Der Sturz von Miao könnte Minister Dong und andere hohe Militärs, die ihm ihre Berufung verdanken, in Mitleidenschaft ziehen. So gab es bereits einen Bericht der “Financial Times” über Korruptionsvorwürfe gegen Dong. Aber der neue Verteidigungsminister setzt vorerst seine öffentlichen Auftritte wie gewohnt fort. Wenn jetzt allerdings einmal Untersuchungen laufen, könnte noch einiger Dreck gegen ihn und andere hervorgekehrt werden. Andreas Landwehr

  • Korruption
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Personalie

Patrick Schulz ist seit Februar Direktor Sales für Deutschland bei BYD. Im Zuge der Wachstumsstrategie des Automobilherstellers wird die Position erstmals besetzt. Schulz arbeitet bereits seit mehr als 25 Jahren in der Automobilbranche und leitete zuvor den Deutschland-Vertrieb des chinesischen Herstellers MG Motor. Davor war er bei Hyundai Motor Deutschland Head of Sales Strategy und stellvertretender Verkaufsdirektor.

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Dessert

Ruhige Lage sieht anders aus. Ein eigensinniger Hausbesitzer in der ostchinesischen Provinz Jiangxi wollte für den Bau einer Autobahnstrecke nicht weichen – ihm passten die Bedingungen vonseiten der Kreisregierung Jinxi (金溪) nicht. Mit dem Ergebnis ist er leider noch weniger zufrieden: Die Autobahn wurde kurzerhand um sein Haus herum gebaut, er kann sein Grundstück nur durch ein Rohr betreten. Das bizarre Schauspiel verbreitete sich erst in den sozialen Medien in China und schließlich auch auf westlichen Plattformen. Online hat das Gebäude den Ehrentitel des “coolsten Nagelhauses” (“最牛钉子户”) bekommen. “Nagelhäuser” werden in China all die Häuser störrischer Eigentümer genannt, die bei Bauprojekten das Feld partout nicht räumen wollen. Das passiert in der Volksrepublik öfter, als man denken mag. Selbst zu einem deutschen Wikipedia-Eintrag hat es der Begriff gebracht – lesen Sie gerne noch einmal nach.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    die 20-jährige Chloe Cheung ist Demokratie-Aktivistin aus Hongkong und lebt im Exil. Ihre Heimat mussten sie und ihre Familie 2020 aus Sicherheitsgründen verlassen, nachdem ihr Name bei einer Demonstration polizeilich erfasst wurde. Nun lebt sie in Großbritannien, doch sie kommt nicht zur Ruhe.

    Die Hongkonger Behörden haben ein Kopfgeld von einer Million Hongkong-Dollar auf die junge Frau ausgesetzt, sie erhält zudem Drohungen in den sozialen Medien und fühlt sich verfolgt. Cheung kritisiert die britischen Behörden, die ihr nach einem Hilfsgesuch zunächst nur eine Broschüre mit Selbstschutzmaßnahmen und eine Telefonnummer für Notfälle aushändigten. Welchen Umgang mit China sie von Großbritannien fordert und welche Pläne sie für die Zukunft hat, schildert Cheung im Gespräch mit Fabian Peltsch.

    Was die Produkte von Temu und Shein auszeichnet: Ihre äußerst günstigen Preise. Auf einen Warenwert von 800 US-Dollar muss man bei einem Paket der Billig-Händler überhaupt erstmal kommen. 800 Dollar – so hoch war dank der “de minimis”-Regel bisher die Schwelle, ab der in den USA ein Importzoll fällig wurde. In der EU liegt sie bei 150 Euro. Donald Trump hatte die “de minimis”-Regel gerade erst kassiert, da folgten Importzölle auf alle Waren aus China und dann setzte der Postdienstleister US Postal Service (USPS) die Beförderung von chinesischen Paketen aus.

    Was die Schläge für Chinas E-Commerce-Riesen bedeuten, und welche Reaktion auf die Billigpakete die EU plant, beschreibt Marcel Grzanna in seiner Analyse.

    Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.

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    Julia Fiedler
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    Analyse

    Chloe Cheung: “Dass ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist, verfolgt mich jeden Tag”

    Die Hongkonger Behörden haben ein Kopfgeld von 1 Million Hongkong-Dollar (etwa 116.500 Euro) auf Sie ausgesetzt. Sie sind die jüngste Aktivistin außerhalb Hongkongs, die auf diese Weise ins Visier genommen wird. Was hat dazu geführt?

    Ich engagierte mich bereits mit 14 Jahren in der pro-demokratischen Bewegung und nahm 2019 an den Protesten teil. Während einer der Demonstrationen wurde mein Name von der Polizei erfasst, was mich direkt in Gefahr brachte. Nach der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes fühlten sich meine Familie und ich in Hongkong dann nicht mehr sicher. Deshalb trafen wir die schwierige Entscheidung, im August 2020 nach Großbritannien zu fliehen. Das Kopfgeld wurde dann unter anderem aufgrund von Social-Media-Posts im Zusammenhang meiner Arbeit mit dem “Committee for Freedom in Hong Kong Foundation” ausgesetzt, die ich im Exil begonnen hatte.

    Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass plötzlich ein Kopfgeld auf Sie ausgesetzt wurde?

    Als ich die Nachrichten sah, war ich völlig schockiert. Freunde, Kollegen und Familienmitglieder kontaktierten mich, und fragten, was passiert sei. Ich wusste nicht einmal, wie ich es ihnen erklären sollte, denn das, was ich tue, ist kein Verbrechen. Ich setze mich lediglich für Hongkong ein und spreche die Wahrheit aus über das, was dort passiert.

    Was wird Ihnen genau vorgeworfen?

    Ich werde zweier Straftaten beschuldigt: Anstiftung zur Abspaltung und Kollaboration mit ausländischen Kräften. Im Grunde bedeutet das, dass bereits das Sprechen mit ausländischen Politikern oder Medien wie Ihrem als Verbrechen von den Hongkonger Behörden angesehen wird. Diese Anschuldigungen sind rein politisch motiviert und sollen Aktivisten wie mich zum Schweigen bringen.

    Unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz hat sich die Lage in Hongkong massiv verschärft. Mittlerweile kann man allein dafür verhaftet werden, dass man ein T-Shirt mit einer politischen Botschaft trägt oder eine Fahne mit einem Protest-Slogan hochhält.

    Wie hat das Kopfgeld Ihr Leben bislang beeinflusst?

    Eine der schmerzhaftesten Folgen ist, dass viele meiner Freunde und Familienmitglieder in Hongkong den Kontakt zu mir abgebrochen haben. Sie fürchten, dass allein die Verbindung zu jemandem, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt wurde, sie selbst in Gefahr bringen könnte. Das ist unglaublich frustrierend und isolierend, aber ich verstehe ihre Angst.

    Außerdem habe ich Drohungen in den sozialen Medien erhalten. Manche fordern dort sogar, dass die Regierung das Kopfgeld noch erhöhen sollte, um noch mehr Anreize für meine Entführung zu schaffen. Es ist erschreckend zu wissen, dass es Menschen gibt, die solche Drohungen ernst meinen.

    Zudem habe ich den Verdacht, dass ich verfolgt werde. Das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, ist äußerst beunruhigend. Obwohl ich in Großbritannien bin, scheinen die Risiken und der Druck der chinesischen Regierung mich überallhin zu verfolgen.

    Bedeutet das, dass Sie sich im Vereinigten Königreich nicht ausreichend geschützt fühlen?

    Als ich zum ersten Mal von dem Kopfgeld erfuhr, kontaktierte mich die Metropolitan Police. Sie sagten, dass sie durch die Medienberichte über die Situation informiert seien. Es gebe ein Protokoll für solche Situationen. Sie gaben mir eine Broschüre mit Selbstschutzmaßnahmen und eine Telefonnummer für Notfälle. Falls etwas passieren sollte, solle ich 999 anrufen. Diese Unterstützung empfand ich als unbefriedigend – eine Broschüre und eine Telefonnummer lösen die realen Gefahren nicht, denen ich ausgesetzt bin.

    Nachdem ich mit Medien wie The Times und The Telegraph gesprochen hatte, nahm die Metropolitan Police erneut Kontakt mit mir auf, besuchte mich zu Hause und führte eine Risikobewertung durch. Ich schätzte diese Maßnahme, aber sie machte mir auch bewusst, dass sie ohne die mediale Aufmerksamkeit möglicherweise gar nicht gehandelt hätten. Mein Fall erhielt wegen meines Alters und meiner persönlichen Geschichte besondere Aufmerksamkeit – doch viele andere Hongkonger Aktivisten bekommen diese Unterstützung nicht.

    Wovor haben Sie am meisten Angst?

    Es gibt beunruhigende Vorfälle, die das verdeutlichen, wovor ich Angst habe. Ein Beispiel ist der Vorfall in Manchester, bei dem Mitarbeiter der chinesischen Botschaft versuchten, einen Protestierenden in das Konsulatsgebäude zu zerren. Zum Glück griff die britische Polizei ein und konnte ihn befreien. Aber was, wenn sie nicht eingeschritten wäre? Der Protestierende hätte verschwinden können, und niemand wüsste, was mit ihm passiert ist.

    Hinzu kommt, dass es kaum Konsequenzen für solche Repressionen gibt. Wenn chinesische Studierende Hongkonger Protestierende angreifen, werden sie vielleicht verhaftet, aber nicht angeklagt. Das sendet eine gefährliche Botschaft: dass Personen mit Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas – oder sogar chinesische Staatsangehörige im Allgemeinen – im Vereinigten Königreich tun können, was sie wollen, ohne ernsthafte Strafen befürchten zu müssen. Diese fehlende Rechenschaftspflicht ist äußerst besorgniserregend.

    Was würden Sie sich von der Regierung wünschen?

    Zunächst sollte die britische Regierung mehr tun, als nur ein Visaprogramm für Hongkonger anzubieten. Die Möglichkeit zur Einreise war ein wichtiger erster Schritt, aber die entscheidende Frage ist: Wie werden wir geschützt, sobald wir hier sind? Viele von uns erleben auch im Vereinigten Königreich weiterhin Repressionen – sei es durch den Einfluss der chinesischen Regierung, durch chinesische Studierende, Mitglieder der chinesischen Gemeinschaft oder sogar durch Spione.

    Sollte das Vereinigte Königreich auch Sanktionen verhängen?

    Ich glaube nicht, dass es darum geht, die Beziehungen zu China abzubrechen. Der Dialog ist wichtig, und es ist essenziell, mit China zu sprechen. Aber es darf nicht darum gehen, einfach alles zu tun, was China verlangt. Es geht darum, einen Weg zu finden, auf Augenhöhe zu verhandeln und eigene Bedingungen festzulegen. Wir müssen sicherstellen, dass die chinesische Regierung nicht die volle Kontrolle hat und dass wir ihre Forderungen nicht einfach hinnehmen, ohne für unsere eigenen Werte und Rechte einzustehen.

    Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

    Im Moment mache ich ein Gap Year. Das Kopfgeld hat viele Aspekte meines Lebens erschwert. Zum Beispiel könnte es für mich in Zukunft schwieriger werden, mich an einer Universität zu bewerben. Viele britische Universitäten erhalten erhebliche finanzielle Mittel aus China, und wir wissen, dass dieser Einfluss sich darauf auswirken kann, was gelehrt wird. Manche Professoren vermeiden es, kritisch über die Kommunistische Partei Chinas zu sprechen, weil sie befürchten, chinesische Studierende zu verärgern und dadurch Finanzierungsmöglichkeiten zu verlieren.

    Auch meine beruflichen Aussichten sind betroffen. Ein Freund von mir, der im Bankwesen arbeitet, sagte mir, dass Banken ungern Mitarbeiter einstellen, die zu politisch sind. Die Realität ist, dass mich die Risiken, mit denen ich jetzt konfrontiert bin, überallhin begleiten – sie beeinflussen sowohl meine Ausbildung als auch meine Karrierechancen. Ich hätte nie gedacht, dass Aktivismus meine Hauptaufgabe im Leben werden würde, aber mit dem Kopfgeld könnte es sein, dass ich mich für den Rest meines Lebens auf diese Art für Hongkong einsetzen muss.

    Chloe Cheung wuchs in Hongkong auf und engagierte sich schon früh in der pro-demokratischen Bewegung. Im Jahr 2020 ging sie mit 15 Jahren ins Exil nach Großbritannien. Im Dezember 2024 erließen die Behörden in Hongkong einen Haftbefehl gegen sie. Sie wird beschuldigt, im Exil zur Abspaltung aufgerufen und mit ausländischen Kräften zusammengearbeitet zu haben. Zudem wurde eine Belohnung von einer Million Hongkong-Dollar auf ihre Ergreifung ausgesetzt.

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    Temu und Shein: Wie EU und USA die Spielregeln ändern

    E-commerce mobile apps from ultra fast fashion clothing companies Temu and Shein.

    Für chinesische Online-Anbieter von Billigprodukten hatte die laufende Woche herbe Rückschläge parat. Sowohl in Europa als auch in den USA erlitten die Geschäftsmodelle von Shein, Temu und AliExpress einen Schuss vor den Bug. Die EU-Kommission beschloss die Einführung einer Bearbeitungsgebühr auf Pakete der Anbieter bei Eintritt in die Europäische Union, während die USA die “De-minimis”-Regelung stoppte und damit ein zollfreies Schlupfloch für Lieferungen im Wert von unter 800 US-Dollar stopfte.

    Die Schlussfolgerung ist simpel: Europäische und amerikanische Verbraucher, die künftig auf den Plattformen einkaufen wollen, werden in den meisten Fällen draufzahlen müssen. Wie hoch die Zeche sein wird, ist zwar noch unklar. Dennoch scheinen Umsatzeinbrüche für die chinesischen Unternehmen vorprogrammiert. Denn mit ihren konkurrenzlos billigen Angeboten haben die Plattformen jahrelang vor allem solche Konsumenten überzeugt, die schlicht nicht bereit waren, mehr zu zahlen, als Temu und Co. bislang forderten. Wie viel tiefer all jene in die Tasche greifen wollen, ist angesichts der Qualitätsdefizite vieler vertriebener Produkte fraglich.

    Neue Regeln hier und da schaden nicht nur unmittelbar den Unternehmen, sondern bedeuten auch für die chinesische Wirtschaft eine weitere Hiobsbotschaft. Der E-Commerce gehört zu einigen wichtigen Stützen, die das Land auf stabilem Wachstumskurs halten sollen. Umsatzeinbrüche in Höhe von mehreren Milliarden Euro schmerzen auch die zweitgrößte Volkswirtschaft.

    Temu-App verzeichnete fast 545 Millionen Downloads

    Der EU-Kommission zufolge kamen im vergangenen Jahr 91 Prozent aller E-Commerce-Importe mit einem Wert von bis 150 Euro aus China. Das Volumen habe sich damit seit 2023 mehr als verdoppelt – von 1,9 Milliarden auf 4,17 Milliarden Sendungen. Die wachsende Beliebtheit der vermeintlichen Schnäppchen-Portale spiegelt sich auch in den App-Stores wider. Mit fast 545 Millionen Downloads im Jahr 2024 führte Temu die Liste im E-Commerce an. Shein folgte auf Rang zwei mit rund 235 Millionen Downloads.

    Der Haken an der Sache: Die Ware ist nicht selten minderwertig oder gefälscht. Die Werbekampagnen von Temu für vermeintliche Top-Deals umfassen beispielsweise Tablets für deutlich unter 100 Euro, die alles können sollen, aber sich nach kurzer Zeit als Elektroschrott entpuppen, wie viele Nutzer beklagen. Oder Fußballtrikots von deutschen und europäischen Profiklubs für 20 Euro – jeder Fußballfan weiß, dass dieses Geld für lizenzierte Produkte eines Vereins gerade einmal für den Erwerb der Stutzen ausreicht, aber ganz sicher nicht für das Oberteil. Woher also kommen solche Produkte, wenn nicht aus Fälscherwerkstätten?

    Der EU-Verbraucherschutzkommissar Michael McGrath betonte die Dringlichkeit, nur sichere Produkte auf den Binnenmarkt gelangen zu lassen. “Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher” wolle man schützen. Das wird zwar nur bedingt gelingen, weil Qualitätsstandards nur stichprobenartig gewährleistet werden können. Aber das Signal wird bei den Herstellern ankommen. Europaparlament und EU-Staaten müssen den Plänen für Gebühren allerdings noch grünes Licht erteilen.

    Flickenteppich aus 27 nationalen Zollbehörden

    Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die EU-Zollbehörden mit der Paketmenge schlicht überfordert sind. Ein Flickenteppich aus 27 nationalen Zollbehörden, deren Prozesse nicht ausreichend harmonisiert sind, haben die Versandflut aus China begünstigt.

    Die deutsche Wirtschaft begrüßte die geplante Gebühr “Im europäischen Binnenmarkt müssen endlich gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer gelten”, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stephan Tromp. Anbieter wie Temu und Shein dürften nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen. Ähnlich äußerte sich die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Es gehe nicht darum, internationalen Handel zu verhindern, sondern darum, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Deutsche Händler würden hohe Steuerlasten und strenge Auflagen tragen, während ausländische Anbieter Schlupflöcher ausnutzten.

    USPS will weiterhin Pakete aus China befördern

    Es gab aber auch vergleichsweise gute Nachrichten für die chinesischen Online-Riesen. Der Postdienstleister US Postal Service (USPS) kündigte an, doch weiterhin Pakete aus China und Hongkong befördern zu wollen. Am Tag zuvor hatte die Behörde den Service vorübergehend ausgesetzt, nachdem am Dienstag zusätzliche Zölle in Höhe von zehn Prozent auf alle Waren aus China in Kraft getreten waren. USPS sowie Zoll- und Grenzschutz arbeiteten eng zusammen, um die neuen Zölle zu implementieren, hieß es in einer Erklärung.

    Dennoch war die Aussetzung der Beförderung wohl noch das geringste Problem der Anbieter. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump die “De-minimis”-Ausnahme von Einfuhrzöllen beendet. Die ermöglichte bislang zollfreie Lieferungen von Paketen mit geringem Wert aus der Volksrepublik in die Vereinigten Staaten.

    Sehr großzügige Ausnahmeregelung

    Dabei handelte es sich in den USA um eine sehr großzügige Ausnahmeregelung. Die De-minimis-Schwelle in der EU ist deutlich strenger, sie liegt bei 150 Euro. Während der Präsidentschaft von Barack Obama hatte der US-Kongress die Ausnahmeregelung von den bis dato geltenden 200 Dollar vervierfacht. Die Zahl der eingeführten Pakete, für die diese Regel gilt, stieg daraufhin explosionsartig an. Die Sendungen, die die De-minimis-Regelung in Anspruch nehmen, erhöhten sich in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 600 Prozent. Sie lag nach Angaben der Zoll- und Grenzschutzbehörde 2023 bei mehr als einer Milliarde. Hauptprofiteur waren die chinesischen Online-Anbieter.

    Die Kontroversen betreffen nicht nur das chronische Defizit im US-Handel mit China. Es geht auch um das synthetische Opioid Fentanyl, durch das allein 2023 fast 75.000 Menschen umkamen. Reuters-Reporter fanden im vergangenen Jahr heraus, dass sie die Grundstoffe für mindestens drei Millionen Fentanyl-Tabletten mit einem potenziellen Straßenverkaufswert von drei Millionen Dollar zu einem Preis von gut 3.600 Dollar problemlos importieren konnten. Den Versendern gelang es, die Pakete beispielsweise als Elektronikartikel zu etikettieren.

    Billiger als US-Handelsketten, trotz neuer Regeln

    Analysten der japanischen Großbank Nomura schätzen, dass China im vergangenen Jahr weltweit Waren im Wert von 240 Milliarden Dollar unter De-minimis-Regelungen exportiert hat. Das würde sieben Prozent der Ausfuhren entsprechen. Der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt wird mit 1,3 Prozent angegeben. Die Experten prognostizieren deshalb, dass die Abschaffung des US-Schwellenwerts das chinesische Exportwachstum um 1,3 Prozentpunkte und das Wirtschaftswachstum um 0,2 Punkte verlangsamen dürften.

    Analysten gehen davon aus, dass sich Sendungen von Temu und Shein in die USA nun verteuern werden. Es sei aber nicht zwingend zu erwarten, dass dies die Zahl der Sendungen dramatisch drücken werde. Die chinesischen Online-Händler seien voraussichtlich auch unter den neuen Regeln billiger als US-Handelsketten. Mitarbeit: Emily Kossak

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    Trump-Zölle: China reicht WTO-Beschwerde ein

    China hat bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde über die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf chinesische Waren eingereicht, teilte die in Genf ansässige Organisation am Mittwoch mit. Trump hatte am Samstag Zölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China angeordnet und gefordert, dass diese Länder den Zustrom von Fentanyl – und im Fall von Kanada und Mexiko auch von illegalen Einwanderern – eindämmen. Später setzte er die Zölle gegen die beiden nordamerikanischen Länder jedoch aus.

    China, das von Trump mit einem 10-prozentigen Zoll auf seine Warenausfuhren belegt wurde, hatte angekündigt, diesen Schritt vor der WTO anzufechten. In einer von der WTO zitierten Erklärung erklärte die chinesische Regierung, dass die Maßnahmen offenbar nicht mit den Verpflichtungen der USA im Rahmen des Abkommens zur Gründung der Handelsorganisation vereinbar seien. “China behält sich das Recht vor, während der Konsultationen und in jedem zukünftigen Antrag auf die Einsetzung eines Panels zusätzliche Maßnahmen und Ansprüche in Bezug auf die hier aufgeführten Angelegenheiten vorzubringen”, hieß es in der chinesischen Erklärung.

    In der Regel münden WTO-Konsultationen binnen weniger Wochen in ein Verfahren vor dem Streitschlichtungsgremium. Dort analysieren Experten, ob die Zollerhöhungen mit den Regeln der Welthandelsorganisation im Einklang stehen. Diese Prüfung kann sich über mehrere Monate erstrecken. Sollte das Gremium China Recht geben, wäre Peking befugt, als Gegenmaßnahme eigene Zölle in vergleichbarer Höhe zu verhängen. Tatsächlich hat China bereits reagiert und Zölle auf US-Energieexporte angekündigt: 15 Prozent auf Kohle und Flüssigerdgas sowie 10 Prozent auf Rohöl, landwirtschaftliche Maschinen und bestimmte Fahrzeuge.fpe/rtr

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    Micro-Dramas: Warum China eine Lizenzpflicht plant

    China plant eine Lizenzpflicht für die Ausstrahlung von Micro-Dramas, um deren “gesunde und florierende Entwicklung” zu fördern. Die Nationale Rundfunk- und Fernsehbehörde erklärte am Mittwoch, dass alle Micro-Kurzdramas zunächst eine Genehmigung für den Vertrieb von Online-Dramen erhalten müssen.

    Micro-Dramas, vertikal gedrehte, minutenlange Episoden mit häufigen Wendungen in der Handlung, haben in den letzten Jahren in China stark an Popularität gewonnen. Mit einem Wert von fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr sind die Kurzfilme nach Ansicht einiger Experten ein zunehmend dominanter Konkurrent für die chinesische Filmindustrie, die nach Hollywood die weltweit zweitgrößte ist und von der staatlichen China Film Group dominiert wird.

    Zwischen Ende 2022 und Anfang 2023 organisierte die Nationale Rundfunk- und Fernsehbehörde nach eigenen Angaben eine “spezielle Berichtigungskampagne”, in deren Verlauf sie 25.300 Mikrodramen mit insgesamt fast 1,4 Millionen Episoden wegen ihres “pornografischen, blutigen, gewalttätigen, anspruchslosen und vulgären Inhalts” entfernte. rtr

    • Filmindustrie
    • Zensur

    Megafactory: Tesla beginnt Batterieproduktion in Shanghai

    Nach einer Bauzeit von sieben Monaten wird kommenden Dienstag die Tesla Shanghai Megafactory ihre Serienproduktion aufnehmen, berichtet Car News China. Seit Ende 2024 läuft die Testproduktion. Im Gegensatz zur Tesla Shanghai Gigafactory werden in der Megafactory Energiespeicherbatterien, sogenannte Megapacks, entstehen. Die Fabrik ist das erste Energiespeicherprojekt von Tesla außerhalb der Vereinigten Staaten. Im ersten Jahr sind 10.000 Einheiten geplant, was einer Kapazität von 40 GWh entspricht.

    Energiespeichersysteme sind eine wichtige Voraussetzung, um die Netze bei der zunehmenden Nutzung Erneuerbarer Energien stabil zu halten. Ans Stromnetz angeschlossene Speichersysteme können überschüssig generierten Strom zum Beispiel von Wind- oder Solaranlagen aufnehmen und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen. Die Branche wächst in China rasant: Laut Zahlen der Nationalen Energiebehörde betrug die installierte Kapazität 168 GWh für das Jahr 2024, ein Wachstum von 130 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

    Zu den wichtigsten Playern in der Branche gehören aktuell BYD, Star Charge, CATL und GoodWe. CATL und BYD werden als Batteriezellenlieferanten für die Megafactory fungieren. Ein Tesla Megapack kann mehr als drei MWh Energie speichern, was der Energiemenge entspricht, die benötigt wird, um 3.600 Haushalte in Shanghai eine Stunde lang mit Strom zu versorgen. jul

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    Zölle: China verlängert Antidumping-Maßnahmen auf deutsche Kartoffelstärke

    China wird Antidumping-Zölle auf Importe von Kartoffelstärke aus der EU für weitere fünf Jahre aufrechterhalten. Das teilte das Handelsministerium am Mittwoch mit. Die Zölle gelten seit 2007 und wurden 2011 schon einmal angepasst. Die jüngste Verlängerung tritt am Donnerstag in Kraft.

    Die Zölle gelten unter anderem für die französische Roquette Freres, die niederländische Coöperatie Koninklijke Avebe (Royal Avebe) und die deutsche Avebe Kartoffelstärkefabrik Prignitz/Wendland GmbH. Kartoffelstärke wird in der Lebensmittelindustrie verwendet.

    China hat zudem Handelsuntersuchungen gegen einige Milch- und Schweinefleischimporte aus der EU eingeleitet, da es Bedenken hinsichtlich etwaiger Subventionen oder Dumpings gibt. Zuvor hatte der Block Zölle auf chinesische Exporte von Elektrofahrzeugen erhoben. rtr

    • Handel
    • Zölle

    Presseschau

    China Disputes U.S. Tariffs Against Imports in World Trade Organization Complaint WSJ
    China lodges complaints with U.S. over Panama Canal remarks REUTERS
    Trump nimmt entscheidende Rohstoffe aus der Ukraine ins Visier – und könnte Chinas Wirtschaft damit schaden MERKUR
    Fast fashion, laptops and toys are likely to cost more due to US tariffs on Chinese imports AP NEWS
    Researchers link DeepSeek’s blockbuster chatbot to Chinese telecom banned from doing business in US AP NEWS
    Onlinehandel: US-Post hebt Lieferstopp für chinesische Pakete wieder auf – Abschaffung der Zollfreigrenze in der EU NZZ
    Wie sich China Zugriff auf Rohstoffe sichert – und seine weltweite Machtposition ausbaut MERKUR
    Solar, E-Auto und jetzt Wind? China greift Europas nächste Zukunftsbranche an N-TV
    China considers probe into Apple’s policies and App Store fees, Bloomberg News reports REUTERS
    China is building a giant laser facility to master near-limitless clean energy, satellite images appear to show CNN
    Caixin-Umfrage: Chinas Dienstleistungssektor wächst langsamer FUW
    AstraZeneca shareholders say they need clarity on China investigations REUTERS

    Heads

    Miao Hua: Aufstieg und Fall durch Xi Jinping

    Admiral Miao Hua war Mitglied der zentralen Militärkommission.

    Seit Sommer 2023 wurden in China zwei Verteidigungsminister nacheinander gechasst, sowie ein gutes Dutzend hohe Militärs und Rüstungsmanager. Keiner von ihnen hatte eine so lange gemeinsame Geschichte mit Parteichef Xi Jinping wie Miao Hua. Der 69-Jährige gehörte zum engsten Zirkel und stand in der Machthierarchie noch weit über dem Verteidigungsminister

    Die Verbindung geht bis zu den Anfängen der Karriere von Xi als Gouverneur der Provinz Fujian von 1999 bis 2002 zurück. Miao ist 1955 in Fujian geboren, trat mit 14 Jahren ins Militär ein. Nach Positionen als politischer Kommissar stieg er 1999 zum politischen Direktor der 31. Heeresgruppe auf, die Xi häufig besuchte. Beide sollen sich damals gut gekannt haben.

    Ungewöhnlicher Wechsel

    Miaos Aufstieg begann, als Xi 2012 zum Parteichef bestimmt wurde. Der Militär wurde 2014 zum politischen Kommissar der Marine befördert. Der ungewöhnliche Wechsel vom Heer zu den Seestreitkräften gilt als typisch für Xi. Indem er seine Gefolgsleute unkonventionell und an etablierten Netzwerken vorbei in Positionen bringt, weitet er seine Kontrolle aus. 

    In der Marine war Miao zuständig für die Beförderung und Auswahl von Kandidaten. Xi holte den Admiral 2017 in die zentrale Militärkommission, das oberste Machtorgan unter ihm als Oberbefehlshaber. Auch hier kümmerte sich Miao als Direktor der politischen Abteilung um Beförderungen, Organisation, Ideologie und Parteidisziplin

    Korruption ist Teil des Systems

    Da Posten in Chinas Militär häufig durch Zuwendungen an die Verantwortlichen oder deren Familienmitglieder gekauft werden, bietet gerade diese Position gewöhnlich viel Gelegenheit für Bestechung. Miaos Vorgänger in dem Amt, General Zhang Yang, stürzte über Korruptionsvorwürfe. Er nahm sich 2017 während der Ermittlungen das Leben. 

    Die Entlassung von Miao Ende November kam dennoch überraschend. Staatsmedien berichteten erst mit Verzögerung, der Vorwurf lautete auf “Verstöße gegen die Parteidisziplin“, was in der Parteisprache meist Korruption und mangelnde Loyalität bedeutet. Schmiergelder, Kickbacks und erkaufte Beförderungen sind allerdings kein Fehler, sondern vielmehr ein Merkmal des Systems. “Da die Partei von Natur aus über dem Gesetz steht, kann Korruption nicht ausgerottet werden, ohne dass das System auseinandergenommen wird”, stellt das amerikanische Naval War College in einer Analyse zu dem Skandal um Miao fest. 

    Entlassung war politische Entscheidung

    Auffällig war die Wortwahl im Hinblick auf Miao: Sonst ist in solchen Fällen von “diaocha”, also “ermitteln”, die Rede. Im Falle von Miao wurde von “jiancha” gesprochen, was “prüfen” heißt und weniger ernst klingt. Es könnte darauf hindeuten, dass ihm vielleicht eine schwere Strafe wie lebenslange Haft oder die Todesstrafe auf Bewährung erspart bleiben könnte.

    Auf jeden Fall war es eine politische Entscheidung von Xi, den hohen Militär zu entlassen. Doch warum ließ er ihn plötzlich fallen? Es könnten Fraktionskämpfe dahinterstecken, wird spekuliert. Oder persönliche Netzwerke könnten zu mächtig geworden sein. Miao war ein führendes Mitglied der Fujian-Fraktion – neben der Zhejiang-Fraktion eine der zwei größten Gruppen aus den beiden Provinzen, die als Xis Machtbasis gelten, weil er dort Gouverneur war. Angeblich hat die Fujian-Fraktion die Oberhand gewonnen. Die Vorwürfe gegen Miao als deren herausragender Vertreter könnten von Kräften gekommen sein, die der Gruppierung schaden wollten. Möglicherweise hat Xi die Anschuldigungen nicht ignorieren können, heißt es.

    Bedrohung wegen eigener Netzwerke

    Der renommierte Ex-Reporter der “Nanfang Zhoumo” (Southern Weekly) und Militärexperte Cai Shenkun glaubt allerdings vielmehr daran, dass Xi das Vertrauen in Miao verloren habe. Der Admiral habe so viele eigene Gefolgsleute vor allem aus der Marine befördert, dass Xi ihn als “Bedrohung” wahrgenommen habe, meint Cai. Aus diesem Grund sei auch der Marinekommandeur Dong Jun im vergangenen Jahr nicht wie seine Vorgänger in die Militärkommission und auch nicht in den Staatsrat aufgenommen worden – trotz seiner Berufung zum Verteidigungsminister durch Miao. Eine “höchst peinliche Position”, wie der Experte findet. 

    Der Sturz von Miao könnte Minister Dong und andere hohe Militärs, die ihm ihre Berufung verdanken, in Mitleidenschaft ziehen. So gab es bereits einen Bericht der “Financial Times” über Korruptionsvorwürfe gegen Dong. Aber der neue Verteidigungsminister setzt vorerst seine öffentlichen Auftritte wie gewohnt fort. Wenn jetzt allerdings einmal Untersuchungen laufen, könnte noch einiger Dreck gegen ihn und andere hervorgekehrt werden. Andreas Landwehr

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    • Militär
    • Xi Jinping

    Personalie

    Patrick Schulz ist seit Februar Direktor Sales für Deutschland bei BYD. Im Zuge der Wachstumsstrategie des Automobilherstellers wird die Position erstmals besetzt. Schulz arbeitet bereits seit mehr als 25 Jahren in der Automobilbranche und leitete zuvor den Deutschland-Vertrieb des chinesischen Herstellers MG Motor. Davor war er bei Hyundai Motor Deutschland Head of Sales Strategy und stellvertretender Verkaufsdirektor.

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    Dessert

    Ruhige Lage sieht anders aus. Ein eigensinniger Hausbesitzer in der ostchinesischen Provinz Jiangxi wollte für den Bau einer Autobahnstrecke nicht weichen – ihm passten die Bedingungen vonseiten der Kreisregierung Jinxi (金溪) nicht. Mit dem Ergebnis ist er leider noch weniger zufrieden: Die Autobahn wurde kurzerhand um sein Haus herum gebaut, er kann sein Grundstück nur durch ein Rohr betreten. Das bizarre Schauspiel verbreitete sich erst in den sozialen Medien in China und schließlich auch auf westlichen Plattformen. Online hat das Gebäude den Ehrentitel des “coolsten Nagelhauses” (“最牛钉子户”) bekommen. “Nagelhäuser” werden in China all die Häuser störrischer Eigentümer genannt, die bei Bauprojekten das Feld partout nicht räumen wollen. Das passiert in der Volksrepublik öfter, als man denken mag. Selbst zu einem deutschen Wikipedia-Eintrag hat es der Begriff gebracht – lesen Sie gerne noch einmal nach.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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