normalerweise gilt ein US-Präsident eine Woche vor dem Regierungswechsel als lame duck – als lahme Ente. Joe Biden aber nutzt seine letzten Tage im Amt, um die bisher strengsten Exportbeschränkungen für fortschrittliche KI-Halbleiter auf den Weg zu bringen. Demnach sollen nicht nur China, Russland und etwa 20 weitere Länder komplett vom Kauf fortschrittlicher US-Chips ausgeschlossen sein. Auch rund 120 weitere Länder könnten nur begrenzte Mengen an KI-Chips von US-Unternehmen erhalten. Dazu zählt fast der gesamte Globale Süden. Warum sich die amerikanische Regierung mit dieser Regelung selber schaden könnte, hat Jörn Petring für Sie aufgeschrieben.
Um Wirtschaft geht es auch in unserem zweiten Stück. Laut den neuesten Zahlen des Nationalen Statistikamtes in Peking sind die chinesischen Exporte im Vorjahr um 5,9 Prozent gestiegen. Einen Grund zum Feiern sieht unser Autor Fabian Kretschmer darin allerdings nicht. Denn obgleich chinesische Firmen immer mehr auf globalen Märkten verkaufen, profitieren sie immer weniger davon. Bereits im dritten Jahr in Folge sind die Unternehmensgewinne in China gesunken, ein Viertel der chinesischen Unternehmen schreibt sogar rote Zahlen. Mit massiven Subventionen, niedrig gehaltenen Löhnen und einer künstlich abgeschwächten Währung produzieren chinesische Firmen massive Überkapazitäten, die teils zu Dumping-Preisen auf den Weltmärkten abgeladen werden. Wie sich weltweit Widerstand gegen dieses Wirtschaftsmodell formiert und was das für China bedeutet, lesen Sie in unserer zweiten Analyse.
In unserem dritten Stück porträtiert Amelie Richter Deng Li, den neuen chinesischen Botschafter in Paris. Deng folgt auf Lu Shaye, den wohl berüchtigsten Gesandten in der Riege chinesischer Wolfskrieger-Diplomaten. Lu hatte unter anderem die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken angezweifelt, sich darüber ausgelassen, dass Peking die Taiwaner nach der Wiedervereinigung umerziehen sollte. “Sie werden wieder patriotisch werden.” Seine Botschaft bezichtigte einen ungeliebten Sinologen unter anderem als “kriminellen Niemand” und “verrückte Hyäne”. Amelie Richter erläutert, wer Deng ist und welche Signale die chinesische Regierung womöglich mit seiner Ernennung senden möchte.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen schönen Tag.
Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit heizt Joe Biden den KI-Streit mit China noch einmal kräftig an. Der US-Präsident nutzte seine letzten Tage im Amt, um die bisher strengsten Exportbeschränkungen für fortschrittliche KI-Chips auf den Weg zu bringen. Die Folge: Nicht nur China, sondern einem Großteil der Welt stehen nun neue Restriktionen bevor.
Unter den geplanten Regeln, die am Montag vorgestellt wurden, wäre es den meisten europäischen Ländern, Japan und anderen engen Verbündeten der USA weiterhin erlaubt, uneingeschränkt KI-Chips zu kaufen. Allerdings gilt das nur für einen sehr kleinen Kreis von 18 Staaten, den engsten Verbündeten der USA. Im Gegensatz dazu wären etwa zwei Dutzend Länder, darunter China und Russland, künftig komplett vom Kauf ausgeschlossen.
Noch wichtiger: Rund 120 weitere Länder könnten nur begrenzte Mengen an KI-Chips von US-Unternehmen erhalten. Dazu zählt fast der gesamte Globale Süden. In der Logik der Biden-Regierung soll der Plan dabei helfen, bisherige Schlupflöcher zu schließen. China soll nicht mehr in der Lage sein, die US-Chips über Umwege aus anderen Ländern zu bekommen. Zudem müssen US-Firmen, die KI-Dienste anbieten, wie Microsoft oder Google, laut der neuen Regel mindestens 50 Prozent ihrer KI-Rechenleistung in den USA halten. 25 Prozent dürfen bei den Verbündeten liegen, nur sieben Prozent in anderen Staaten.
Die USA versuchen seit Jahren, China von den besten Chips abzuschneiden. Damit soll laut Washington das chinesische Militär daran gehindert werden, fortschrittliche KI-Technologie zu entwickeln, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte. Beim US-Unternehmen Nvidia, dem Marktführer in diesem Bereich, stoßen die Maßnahmen allerdings seit jeher auf Kritik.
Der Konzern würde seine fortschrittlichsten Chips auch gerne an chinesische Tech-Unternehmen verkaufen, die – ähnlich wie Google, OpenAI, Microsoft und Tesla – einen riesigen Bedarf daran haben. Diese Chips sind der entscheidende Rohstoff, um aufwendige KI-Modelle zu trainieren und zu betreiben.
Statt sich still zu ärgern, geht Nvidia dieses Mal so deutlich wie nie zuvor in die Offensive. Es handele sich um einen “maßlosen Eingriff”, teilte der Konzern am Montag mit. “Wir würden Präsident Biden ermutigen, nicht dem kommenden Präsidenten Trump vorzugreifen, indem er eine Politik erlässt, die nur der US-Wirtschaft schadet, Amerika zurückwirft und den Gegnern der USA in die Hände spielt”, hatte Nvidia-Vizepräsident Ned Finkle bereits vergangene Woche gewarnt. “Diese Last-Minute-Politik der Biden-Administration wäre ein Erbe, das von der US-Industrie und der globalen Gemeinschaft kritisiert werden wird”, fügte Finkle hinzu.
Die neuen Vorschriften sollen 120 Tage nach ihrer Veröffentlichung am Montag in Kraft treten, womit die neue Regierung von Donald Trump noch Zeit hätte, sie zu ändern. Der Information Technology Industry Council, der Unternehmen wie Amazon, Microsoft und Meta vertritt, erklärte, die Regelungen würden US-Unternehmen willkürliche Einschränkungen auferlegen, ihre Systeme ins Ausland zu verkaufen, und damit den globalen Markt den Wettbewerbern überlassen. Die größte Sorge der US-Chip-Industrie ist, dass chinesische Konkurrenten den Weltmarkt erobern.
Tatsächlich scheint es plausibel, dass China langfristig profitieren würde, wenn die USA den Export in über 100 Länder beschränkte. So könnten chinesische Unternehmen, die bereits intensiv in die Entwicklung eigener KI-Chips investieren, dort von einer wachsenden Nachfrage profitieren. Dazu gehören etwa Huawei, Alibaba und Tencent.
China ist schon seit Jahren gezwungen, seine technologische Eigenständigkeit voranzutreiben, weil die USA stetig neue Beschränkungen verhängen. Durch massive Investitionen in Forschung haben chinesische Firmen Fortschritte erzielt, was die Abhängigkeit von US-Produkten verringert. Schwellenländer könnten für diese Unternehmen zu einem neuen Absatzmarkt werden. Insgesamt könnten sie diese Gelegenheit nutzen, um neue Allianzen zu schmieden und technologische Partnerschaften zu stärken. Die Beziehungen zwischen den USA und den betroffenen Ländern, insbesondere in Regionen wie Südostasien, Afrika und dem Nahen Osten, würden leiden.
In den USA werden jetzt Stimmen lauter, die einen ganz anderen Ansatz fordern. Washington sollte demnach nicht die Chip-Verkäufe nach China beschränken, sondern ein Abkommen über den verantwortungsvollen militärischen Einsatz von KI anstreben. So könnten beide Seiten die Gefahren eindämmen, etwa in dem sie sich auf Leitplanken für Forschung und Entwicklung einigen. Es gebe “überzeugende Gründe”, mit China über KI zu verhandeln, sagt etwa Scott Singer von der US-Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace gegenüber dem US-Magazin Time. China müsse nicht technologisch führend sein, um eine Quelle für katastrophale Risiken darzustellen.
Sein fortgesetzter Fortschritt trotz Chip-Beschränkungen bedeute, dass es früher oder später gefährliche KI-Fähigkeiten entwickeln könnte. Daher seien Gespräche sinnvoll, um sicherzustellen, dass die Systeme beider Seiten sicher blieben.
China hat eindrücklich unter Beweis gestellt, dass es nach wie vor die Werkbank der Welt ist. Das Nationale Statistikamt in Peking präsentierte am Montag Zahlen, die die Erwartungen der Ökonomen durchweg übertrafen: So sind die chinesischen Exporte 2024 um 5,9 Prozent gestiegen, und auch die traditionell schwachen Importe wuchsen immerhin um 1,1 Prozent.
Wenn man Außenhandel als Nullsummenspiel begreift, dann geht die Volksrepublik eindeutig als globaler Gewinner hervor: Der Handelsüberschuss des Landes rangiert bei knapp einer Billion US-Dollar, was einen neuen Rekord darstellt. Gegenüber den USA und der EU fällt die Bilanz der chinesischen Volksrepublik massiv positiv aus, doch selbst gegenüber den meisten Staaten des Globalen Südens erzielt China Überschüsse.
Grund genug also für die Wirtschaftsplaner in Peking, die Sektkorken knallen zu lassen? Keineswegs. Nur oberflächlich betrachtet sind Chinas aktuelle Handelszahlen ein Grund zum Feiern. Denn sie legen zwar durchaus die Stärken des Systems offen; etwa, dass chinesische Unternehmen ganz offensichtlich wettbewerbsfähig sind. Doch mindestens ebenso zeigt der radikal unausgeglichene Außenhandel die Schwächen des chinesischen Wirtschaftssystems auf.
Der Teufel liegt, wie so oft, im Detail. Denn aus den Statistiken vom Montag geht ebenso hervor, dass die Unternehmensgewinne in China mittlerweile das dritte Jahr in Folge gesunken sind. Im Schnitt sind diese um 4,7 Prozent eingebrochen. Und insgesamt schreiben ein Viertel der chinesischen Unternehmen sogar rote Zahlen. Am schlechtesten schneiden ausgerechnet Chinas Staatsunternehmen ab; also jene Betriebe, die von Xi Jinping besonders stark gefördert werden.
Besonders besorgniserregend: Die Gewinneinbrüche fallen noch schärfer aus als im Jahr 2022. Damals befanden sich etliche Fabriken aufgrund der rigiden “Null Covid”-Politik in einer Lockdown-Dauerschleife. Auf den ersten Blick passt dies nur wenig zusammen: Einerseits verkaufen chinesische Firmen immer mehr auf den globalen Märkten. Gleichzeitig jedoch profitieren sie immer weniger davon.
Doch Ökonomen haben diese Entwicklung bereits vor Jahren prognostiziert: Mit massiven Subventionen, niedrig gehaltenen Löhnen und einer ebenso künstlich abgeschwächten Währung produzieren chinesische Firmen in den von der Parteiführung designierten Kernindustrien massive Überkapazitäten, die dann teils zu Dumping-Preisen auf den Weltmärkten abgeladen werden. Brad Setser, Ökonom bei der US-Denkfabrik “Council on Foreign Relations”, argumentiert: Die Art des chinesischen Wachstums “sollte allen Handelspartnern, nicht nur den USA, Unbehagen bereiten”.
Und tatsächlich wehren sich viele Staaten bereits. Dabei sind es nicht nur die Vereinigten Staaten, die mit Strafzöllen chinesische Produkte blockieren. Allein im letzten Jahr haben 28 Handelspartner Untersuchungen gegen chinesische Importe eingeleitet, darunter auch Peking-freundliche Staaten wie Pakistan oder Brasilien. Zweifelsohne wird sich dieser Trend in diesem Jahr weiter fortsetzen.
Auch die EU gerät unter Zugzwang. Denn unter den kaufkräftigen Märkten ist Europa der wohl letzte Wirtschaftsraum, der für chinesische Firmen noch weitgehend offen steht. Angesichts eines Handelsdefizits, das sich auf knapp 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr beläuft, dürfte sich dies bald ändern. Andernfalls würden wohl ganze Industrien in Europa schon bald dezimiert werden.
Doch auch innerhalb Chinas produziert das System nur wenige Gewinner. Denn während die Bevölkerung im Zuge einer rekordhohen Jugendarbeitslosigkeit und einer anhaltenden Immobilienkrise reale Wohlstandsverluste hinnehmen muss, machen auch die Unternehmen – bis auf wenige Ausnahmen – kaum Gewinne.
Es sind alles Zeichen einer Deflationsspirale, die sich in China andeutet. Dass die Preise sinken, mag kurzfristig betrachtet aus Verbrauchersicht gut erscheinen. Doch mittelfristig ist eine Deflation noch gefährlicher für eine Volkswirtschaft als eine hohe Inflation. Denn es sinken ja nicht nur die Preise, sondern auch die Gewinne und Löhne.
Insofern drohen China “verlorene Dekaden”, wie sie bereits Japan seit den 1990er Jahren erlebt hat. Die Parallelen sind offensichtlich: alternde Bevölkerung, schwacher Konsum, geplatzte Immobilienblase und massive Schulden. Noch ist natürlich keineswegs sicher, ob das Stagnations-Szenario für China ebenfalls eintreten wird. Doch sämtliche Wirtschaftswissenschaftler in China, die das Wort “Deflation” überhaupt nur in den Mund nehmen, bekommen von den Zensoren umgehend einen Maulkorb verpasst. Nicht wenige haben sogar ihren Job verloren.
Wie angeschlagen das Vertrauen in die chinesische Wirtschaft mittlerweile ist, lässt sich an der Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen ablesen: Diese liegt derzeit bei lediglich etwas über 1,6 Prozent und damit so niedrig wie nie zuvor. Zum Vergleich: Investoren, die ihr Geld auf denselben Zeitraum in den USA anlegen, erhalten fast das Dreifache an Rendite. Fabian Kretschmer
Porsche hat im vergangenen Jahr 28 Prozent weniger Autos verkauft. Nach Informationen von Reuters verkaufte der Sportwagenhersteller 2024 knapp 57.000 Fahrzeuge, etwa 22.000 weniger als im Vorjahr. Der Vorstand von Porsche führt das auf die schwierige Wirtschaftslage in China zurück.
Der Absatz des Sportwagenherstellers in China geht seit Jahren zurück: Schon 2023 hatte Porsche 15 Prozent weniger Autos als im Vorjahr verkauft. Zwar ist nach Angaben des Nachrichtenmagazins Spiegel in allen anderen Weltregionen der Absatz von Porsche gestiegen. Doch das China-Geschäft bleibt entscheidend für den Autobauer.
Um Porsche dort aus der Krise zu führen, trat vergangenen Sommer Alexander Pollich als neuer Geschäftsführer an. Porsche leidet, wie alle anderen deutschen Autobauer, unter der Konkurrenz durch chinesische Elektroautos. ek
Chinas Außenminister Wang Yi hat in der vergangenen Woche seine erste Auslandsreise des Jahres nach Namibia, Kongo-Brazzaville, Tschad und Nigeria abgeschlossen. Seit 35 Jahren reisen chinesische Außenminister zum Jahresbeginn traditionell zuerst nach Afrika. Diesmal ging es laut chinesischem Außenministerium um die Umsetzung der Ergebnisse des Gipfeltreffens des Forums für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit (FOCAC), das im vergangenen September in Peking stattfand.
Während Wangs Besuch in Namibia wurde eine Reihe von Verträgen bekannt gegeben: Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar in Kernkraft, die Verarbeitung von Mineralien und den Bau von Wohnungen für die namibische Polizei. Geplant ist ein Joint Venture zwischen der staatlichen Namibia Water Corporation und der China General Nuclear Power Group zum Bau einer Entsalzungsanlage im Wert von 161,5 Millionen US-Dollar.
Wang brachte Chinas Bereitschaft zum Ausdruck, den Austausch von “Erfahrungen in der Staatsführung” mit der namibischen Regierungspartei Swapo zu verstärken. Er traf die designierte Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah und übermittelte ihr die Glückwünsche Chinas zu ihrer Wahl im November. Der holprige Ablauf der Wahl hatte in Namibia für Unmut gesorgt. Das Wahlergebnis wird von der Opposition nicht anerkannt und vor Gericht angefochten.
In der Republik Kongo (Kongo-Brazzaville) verkündete Wang, dass die beiden Länder einen “Zeitplan und einen Fahrplan” formuliert hätten, wie die auf dem FOCAC zugesagten 50 Milliarden US-Dollar in den nächsten drei Jahren in afrikanische Infrastrukturprojekte fließen sollen. Eine Koordinierungssitzung auf Ministerebene ist für September angesetzt. Kongo ist seit vergangenem Jahr Co-Vorsitzender des FOCAC und wird das Forum 2027 ausrichten.
Im Tschad erklärte Wang, China wolle mit dem Land zusammenarbeiten, um eine China-Afrika-Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft aufzubauen. Während des letzten FOCAC-Gipfels wurden die Beziehungen zwischen Tschad und Peking zu einer “strategischen Partnerschaft” ausgebaut. Der Besuch Wangs fiel mit einem vereitelten Angriff auf den tschadischen Präsidentenpalast zusammen. Ein Zusammenhang besteht aber offenbar nicht.
Beim letzten Stopp seiner Reise in Nigeria kündigte Wang an, China werde Afrika mit einer Milliarde Yuan (132 Millionen Euro) an militärischen Hilfen unterstützen. Im Rahmen ihrer Globalen Sicherheitsinitiative (GSI) will die Volksrepublik die Ausbildung von afrikanischem Militär- und Strafverfolgungspersonal finanzieren und die Entwicklung von Afrikas Fähigkeiten zur Friedenssicherung und Terrorismusbekämpfung unterstützen. Auf dem ganzen Kontinent sollen 6.000 Soldaten sowie 1.000 Polizisten ausgebildet werden. China werde den Aufbau einer afrikanischen Bereitschaftstruppe und schneller Eingreiftruppen vorantreiben und die afrikanischen Länder bei der Durchführung von Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung unterstützen, so Wang.
Der nigerianische Präsident Bola Tinubu forderte während Wangs Besuch die Ausweitung des Währungsswap-Abkommens zwischen Nigeria und China. Das ursprünglich 2018 unterzeichnete und zwei Milliarden US-Dollar umfassende Abkommen sieht vor, dass Transaktionen zwischen den beiden Ländern in den jeweiligen Landeswährungen Naira und Yuan statt in US-Dollar abgewickelt werden. Er forderte außerdem eine Aufstockung des 50-Milliarden-Dollar-Hilfspakets, das Chinas Präsident Xi Jinping während des FOCAC zugesagt hatte. Darüber hinaus bat Tinubu China um Unterstützung für Nigerias Bewerbung um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Auch Japan bemüht sich im Vorfeld der für August geplanten neunten Tokyo International Conference on African Development (TICAD), die Beziehungen zu den afrikanischen Ländern zu vertiefen. Der Staatsminister im Außenministerium, Hisayuki Fujii, besucht diese Woche Tansania und Kenia. Nach Angaben des japanischen Außenministeriums hofft man, dass der Besuch den Handel und die Investitionen zwischen Japan und den beiden Ländern weiter ausbauen wird. ajs
Die Europäische Kommission zieht sogenannte Bagatellgrenzen bei der Anwendung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) in Betracht. Das geht aus einer Antwort von EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra an das Europaparlament hervor. Demnach prüft die Kommission in der derzeitigen Übergangsphase des CBAM mögliche Probleme bei der Erhebung der Grenzabgabe für kohlenstoffintensive Importe. Dazu gehören auch De-minimis-Regeln, durch die der CBAM beim Import von Kleinstmengen keine Anwendung findet.
Die Industrie hatte beklagt, dass die Bagatellgrenzen beim CBAM zu niedrig seien. Importeure von Waren im Wert ab 150 Euro müssen aktuell bereits CBAM-Berichte einreichen. Damit sind nicht nur große ausländische Produzenten betroffen, sondern auch KMU und sogar Privatpersonen. Durch die Prüfung der Kommission könnten sich die Bagatellgrenzen erhöhen, sobald die Übergangsphase des CBAM Ende des Jahres ausläuft und ab 2026 auch Abgaben gezahlt werden müssen.
Auch bei einer Regelung für europäische Exporte, die durch den CBAM nicht vor Carbon Leakage geschützt sind, könnte es noch Bewegung geben. Die Kommission prüfe, welches Carbon-Leakage-Risiko durch den CBAM für die europäische Exportwirtschaft entsteht, sagte Hoekstra. luk
Chinesischer Reis hat heute eine höhere Qualität als vor 16 Jahren. Das haben chinesische Forscher vom China National Rice Research Institute herausgefunden, die Textur und Geschmack von heutzutage angebautem Reis mit der Qualität von 2009 verglichen. Wie die South China Morning Post berichtet, führen die Forscher die Qualitätssteigerung auf genetische Optimierung und bessere Bedingungen im Anbau zurück. Gleichzeitig sei auch die Produktion effizienter geworden. Das zeige: Im Reisanbau schließen sich Ertragssteigerung und verbesserte Qualität nicht aus, sagen die Forscher.
Chinesischer Reis wird nach einem 2008 entwickelten Standard auf Geschmack, Aussehen, Geruch und Textur untersucht. Dass chinesischer Reis heute besser schmecke, habe auch mit der besseren Lebensmittelversorgung in China zu tun, so die Forscher. Vor der Entwicklung des Standards zählte vor allem die Quantität des produzierten Reis, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken. Heute ist die Lebensmittelversorgung in China gesichert. So ist der Geschmack zum wichtigsten Qualitätsindikator geworden.
Die Forscher entkräfteten damit die Vermutung, die Qualität von chinesischem und japanischem Reis könnte unter den Folgen des Klimawandels leiden. Denn steigende Temperaturen und extreme Wetterbedingungen stellen auch den Reisanbau vor Herausforderungen. China ist der weltweit größte Reisproduzent. Nach Angaben des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums kommt mehr als ein Viertel des global produzierten Reis von chinesischen Feldern. ek
Deng Li (邓励) ist seit Anfang Januar neuer Botschafter Chinas in Frankreich und Monaco. Der Karriere-Diplomat hatte den Posten von Lu Shaye übernommen. Lu war berühmt berüchtigt für seine kontroversen Aussagen und galt als Vorzeige-Wolfskrieger. Deng hat weitreichende diplomatische Erfahrung, er war bisher eher unauffällig, gilt als geschickter und ruhiger Verhandler. Ist Deng nach dem Wolfskrieger Lu nun eine Friedenstaube an Paris?
Medial ruhiger als mit seinem Vorgänger wird es mit Deng sicherlich werden – dass er jedoch dabei helfen könnte, die chinesisch-französischen Beziehungen nachhaltig zu entspannen, könnte sich als schwierig erweisen. Streitpunkte liefert der Handel: Pekings Anti-Dumpingzölle auf Cognac hatten vor allem die französischen Hersteller getroffen. Frankreich ist derweil der Haupttreiber hinter den EU-Zusatzzöllen auf chinesische E-Fahrzeuge gewesen.
Das Thema beschäftigt Paris: Der neue Premierminister François Bayrou soll China zeitnah besuchen, um Fortschritte im Handelsstreit über die Brandy-Exporte zu erzielen, kündigte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron zu Beginn der Woche auf der Jahreskonferenz des französischen Botschafter Corps an.
Die Antrittsworte Dengs waren vor diesem Hintergrund erst einmal versöhnlich: “Die Beziehungen zwischen China und Frankreich haben eine solide Grundlage und breite Perspektiven. Ich bin bereit, mit der französischen Seite zusammenzuarbeiten, um größere Fortschritte in den bilateralen Beziehungen zu erzielen”, sagte Deng, der 2021 zum Vize-Außenminister befördert wurde. Zuvor war er enger Mitarbeiter von Minister Wang Yi und zwischen 2015 und 2020 Botschafter in der Türkei.
Mit seiner Ausbildung und bisherigen Erfahrung ist Frankreich der perfekte Einsatzort für den Diplomaten: Deng schloss sein Studium an der China Foreign Affairs University, die dem Außenministerium angeschlossen ist, mit dem Hauptfach Französisch ab. 1987 trat er schließlich ins Ministerium ein und war für die Angelegenheiten Nord- und Westafrikas verantwortlich. Er diente auch an Botschaften in ehemaligen französischen Kolonien, darunter Mauretanien und Algerien. Geboren 1965 in Quanzhou in der Provinz Fujian absolvierte Deng auch in Mitteleuropa schon diverse Stationen – Anfang der 2000er-Jahre als Botschaftsrat in Belgien, später auch für einige Jahre schon einmal als Botschaftsmitarbeiter in Frankreich.
Dengs Vorgänger hatte nicht unbedingt dazu beigetragen, das Image Chinas in Frankreich zu verbessern. Die Amtszeit von Lu Shaye war geprägt von kontroversen Äußerungen fernab diplomatischer Maßstäbe. Er beleidigte französische Forscher, Journalisten und Parlamentarier, die 2021 eine Reise nach Taiwan geplant hatten.
Im Jahr 2023 sorgte Lu Shaye in einem Interview beim Nachrichtensender LCI zudem für Widerspruch, als er anscheinend die Gültigkeit der Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken leugnete. Das offensive Verhalten Lus wurde in Peking offenbar gebilligt – einen öffentlichen Rüffel gab es nie. Innerhalb der Regierung soll Lu eine gewisse Popularität genossen haben. Lu ist inzwischen zurück in Peking. Welche Aufgabe er übernehmen wird, ist noch nicht bekannt. Amelie Richter
Stephan Kuntner ist neuer Executive Director China Global Solutions Europe beim Versicherungsmakler AON. Aus Hamburg begleiten Kuntner und sein Team chinesische Investoren in Deutschland und Europa in allen Versicherungs- und Risikomanagement-Themen. Zuvor war Kuntner als Prokurist bei der Funk Gruppe tätig, für die er unter anderem die Leitung der chinesischen Tochtergesellschaft in Shanghai verantwortete. Kuntner übernimmt die Rolle bei AON von Jan Körner, der künftig als COO bei AON Deutschland fungiert.
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Eine Stadt zu besuchen, ohne auf dem Wochenmarkt vorbeizuschauen, ist ein verschwendeter Trip. Dessen sind sich junge Menschen in China sicher. Chinesische Reise-Influencer entdecken das geschäftige Treiben chinesischer Märkte neu für sich und sorgen gerade dafür, dass Wochenmärkte in China viral gehen. Statt nach touristischen Hotspots suchen junge Chinesen auf den Märkten nach Authentizität.
normalerweise gilt ein US-Präsident eine Woche vor dem Regierungswechsel als lame duck – als lahme Ente. Joe Biden aber nutzt seine letzten Tage im Amt, um die bisher strengsten Exportbeschränkungen für fortschrittliche KI-Halbleiter auf den Weg zu bringen. Demnach sollen nicht nur China, Russland und etwa 20 weitere Länder komplett vom Kauf fortschrittlicher US-Chips ausgeschlossen sein. Auch rund 120 weitere Länder könnten nur begrenzte Mengen an KI-Chips von US-Unternehmen erhalten. Dazu zählt fast der gesamte Globale Süden. Warum sich die amerikanische Regierung mit dieser Regelung selber schaden könnte, hat Jörn Petring für Sie aufgeschrieben.
Um Wirtschaft geht es auch in unserem zweiten Stück. Laut den neuesten Zahlen des Nationalen Statistikamtes in Peking sind die chinesischen Exporte im Vorjahr um 5,9 Prozent gestiegen. Einen Grund zum Feiern sieht unser Autor Fabian Kretschmer darin allerdings nicht. Denn obgleich chinesische Firmen immer mehr auf globalen Märkten verkaufen, profitieren sie immer weniger davon. Bereits im dritten Jahr in Folge sind die Unternehmensgewinne in China gesunken, ein Viertel der chinesischen Unternehmen schreibt sogar rote Zahlen. Mit massiven Subventionen, niedrig gehaltenen Löhnen und einer künstlich abgeschwächten Währung produzieren chinesische Firmen massive Überkapazitäten, die teils zu Dumping-Preisen auf den Weltmärkten abgeladen werden. Wie sich weltweit Widerstand gegen dieses Wirtschaftsmodell formiert und was das für China bedeutet, lesen Sie in unserer zweiten Analyse.
In unserem dritten Stück porträtiert Amelie Richter Deng Li, den neuen chinesischen Botschafter in Paris. Deng folgt auf Lu Shaye, den wohl berüchtigsten Gesandten in der Riege chinesischer Wolfskrieger-Diplomaten. Lu hatte unter anderem die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken angezweifelt, sich darüber ausgelassen, dass Peking die Taiwaner nach der Wiedervereinigung umerziehen sollte. “Sie werden wieder patriotisch werden.” Seine Botschaft bezichtigte einen ungeliebten Sinologen unter anderem als “kriminellen Niemand” und “verrückte Hyäne”. Amelie Richter erläutert, wer Deng ist und welche Signale die chinesische Regierung womöglich mit seiner Ernennung senden möchte.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen schönen Tag.
Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit heizt Joe Biden den KI-Streit mit China noch einmal kräftig an. Der US-Präsident nutzte seine letzten Tage im Amt, um die bisher strengsten Exportbeschränkungen für fortschrittliche KI-Chips auf den Weg zu bringen. Die Folge: Nicht nur China, sondern einem Großteil der Welt stehen nun neue Restriktionen bevor.
Unter den geplanten Regeln, die am Montag vorgestellt wurden, wäre es den meisten europäischen Ländern, Japan und anderen engen Verbündeten der USA weiterhin erlaubt, uneingeschränkt KI-Chips zu kaufen. Allerdings gilt das nur für einen sehr kleinen Kreis von 18 Staaten, den engsten Verbündeten der USA. Im Gegensatz dazu wären etwa zwei Dutzend Länder, darunter China und Russland, künftig komplett vom Kauf ausgeschlossen.
Noch wichtiger: Rund 120 weitere Länder könnten nur begrenzte Mengen an KI-Chips von US-Unternehmen erhalten. Dazu zählt fast der gesamte Globale Süden. In der Logik der Biden-Regierung soll der Plan dabei helfen, bisherige Schlupflöcher zu schließen. China soll nicht mehr in der Lage sein, die US-Chips über Umwege aus anderen Ländern zu bekommen. Zudem müssen US-Firmen, die KI-Dienste anbieten, wie Microsoft oder Google, laut der neuen Regel mindestens 50 Prozent ihrer KI-Rechenleistung in den USA halten. 25 Prozent dürfen bei den Verbündeten liegen, nur sieben Prozent in anderen Staaten.
Die USA versuchen seit Jahren, China von den besten Chips abzuschneiden. Damit soll laut Washington das chinesische Militär daran gehindert werden, fortschrittliche KI-Technologie zu entwickeln, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte. Beim US-Unternehmen Nvidia, dem Marktführer in diesem Bereich, stoßen die Maßnahmen allerdings seit jeher auf Kritik.
Der Konzern würde seine fortschrittlichsten Chips auch gerne an chinesische Tech-Unternehmen verkaufen, die – ähnlich wie Google, OpenAI, Microsoft und Tesla – einen riesigen Bedarf daran haben. Diese Chips sind der entscheidende Rohstoff, um aufwendige KI-Modelle zu trainieren und zu betreiben.
Statt sich still zu ärgern, geht Nvidia dieses Mal so deutlich wie nie zuvor in die Offensive. Es handele sich um einen “maßlosen Eingriff”, teilte der Konzern am Montag mit. “Wir würden Präsident Biden ermutigen, nicht dem kommenden Präsidenten Trump vorzugreifen, indem er eine Politik erlässt, die nur der US-Wirtschaft schadet, Amerika zurückwirft und den Gegnern der USA in die Hände spielt”, hatte Nvidia-Vizepräsident Ned Finkle bereits vergangene Woche gewarnt. “Diese Last-Minute-Politik der Biden-Administration wäre ein Erbe, das von der US-Industrie und der globalen Gemeinschaft kritisiert werden wird”, fügte Finkle hinzu.
Die neuen Vorschriften sollen 120 Tage nach ihrer Veröffentlichung am Montag in Kraft treten, womit die neue Regierung von Donald Trump noch Zeit hätte, sie zu ändern. Der Information Technology Industry Council, der Unternehmen wie Amazon, Microsoft und Meta vertritt, erklärte, die Regelungen würden US-Unternehmen willkürliche Einschränkungen auferlegen, ihre Systeme ins Ausland zu verkaufen, und damit den globalen Markt den Wettbewerbern überlassen. Die größte Sorge der US-Chip-Industrie ist, dass chinesische Konkurrenten den Weltmarkt erobern.
Tatsächlich scheint es plausibel, dass China langfristig profitieren würde, wenn die USA den Export in über 100 Länder beschränkte. So könnten chinesische Unternehmen, die bereits intensiv in die Entwicklung eigener KI-Chips investieren, dort von einer wachsenden Nachfrage profitieren. Dazu gehören etwa Huawei, Alibaba und Tencent.
China ist schon seit Jahren gezwungen, seine technologische Eigenständigkeit voranzutreiben, weil die USA stetig neue Beschränkungen verhängen. Durch massive Investitionen in Forschung haben chinesische Firmen Fortschritte erzielt, was die Abhängigkeit von US-Produkten verringert. Schwellenländer könnten für diese Unternehmen zu einem neuen Absatzmarkt werden. Insgesamt könnten sie diese Gelegenheit nutzen, um neue Allianzen zu schmieden und technologische Partnerschaften zu stärken. Die Beziehungen zwischen den USA und den betroffenen Ländern, insbesondere in Regionen wie Südostasien, Afrika und dem Nahen Osten, würden leiden.
In den USA werden jetzt Stimmen lauter, die einen ganz anderen Ansatz fordern. Washington sollte demnach nicht die Chip-Verkäufe nach China beschränken, sondern ein Abkommen über den verantwortungsvollen militärischen Einsatz von KI anstreben. So könnten beide Seiten die Gefahren eindämmen, etwa in dem sie sich auf Leitplanken für Forschung und Entwicklung einigen. Es gebe “überzeugende Gründe”, mit China über KI zu verhandeln, sagt etwa Scott Singer von der US-Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace gegenüber dem US-Magazin Time. China müsse nicht technologisch führend sein, um eine Quelle für katastrophale Risiken darzustellen.
Sein fortgesetzter Fortschritt trotz Chip-Beschränkungen bedeute, dass es früher oder später gefährliche KI-Fähigkeiten entwickeln könnte. Daher seien Gespräche sinnvoll, um sicherzustellen, dass die Systeme beider Seiten sicher blieben.
China hat eindrücklich unter Beweis gestellt, dass es nach wie vor die Werkbank der Welt ist. Das Nationale Statistikamt in Peking präsentierte am Montag Zahlen, die die Erwartungen der Ökonomen durchweg übertrafen: So sind die chinesischen Exporte 2024 um 5,9 Prozent gestiegen, und auch die traditionell schwachen Importe wuchsen immerhin um 1,1 Prozent.
Wenn man Außenhandel als Nullsummenspiel begreift, dann geht die Volksrepublik eindeutig als globaler Gewinner hervor: Der Handelsüberschuss des Landes rangiert bei knapp einer Billion US-Dollar, was einen neuen Rekord darstellt. Gegenüber den USA und der EU fällt die Bilanz der chinesischen Volksrepublik massiv positiv aus, doch selbst gegenüber den meisten Staaten des Globalen Südens erzielt China Überschüsse.
Grund genug also für die Wirtschaftsplaner in Peking, die Sektkorken knallen zu lassen? Keineswegs. Nur oberflächlich betrachtet sind Chinas aktuelle Handelszahlen ein Grund zum Feiern. Denn sie legen zwar durchaus die Stärken des Systems offen; etwa, dass chinesische Unternehmen ganz offensichtlich wettbewerbsfähig sind. Doch mindestens ebenso zeigt der radikal unausgeglichene Außenhandel die Schwächen des chinesischen Wirtschaftssystems auf.
Der Teufel liegt, wie so oft, im Detail. Denn aus den Statistiken vom Montag geht ebenso hervor, dass die Unternehmensgewinne in China mittlerweile das dritte Jahr in Folge gesunken sind. Im Schnitt sind diese um 4,7 Prozent eingebrochen. Und insgesamt schreiben ein Viertel der chinesischen Unternehmen sogar rote Zahlen. Am schlechtesten schneiden ausgerechnet Chinas Staatsunternehmen ab; also jene Betriebe, die von Xi Jinping besonders stark gefördert werden.
Besonders besorgniserregend: Die Gewinneinbrüche fallen noch schärfer aus als im Jahr 2022. Damals befanden sich etliche Fabriken aufgrund der rigiden “Null Covid”-Politik in einer Lockdown-Dauerschleife. Auf den ersten Blick passt dies nur wenig zusammen: Einerseits verkaufen chinesische Firmen immer mehr auf den globalen Märkten. Gleichzeitig jedoch profitieren sie immer weniger davon.
Doch Ökonomen haben diese Entwicklung bereits vor Jahren prognostiziert: Mit massiven Subventionen, niedrig gehaltenen Löhnen und einer ebenso künstlich abgeschwächten Währung produzieren chinesische Firmen in den von der Parteiführung designierten Kernindustrien massive Überkapazitäten, die dann teils zu Dumping-Preisen auf den Weltmärkten abgeladen werden. Brad Setser, Ökonom bei der US-Denkfabrik “Council on Foreign Relations”, argumentiert: Die Art des chinesischen Wachstums “sollte allen Handelspartnern, nicht nur den USA, Unbehagen bereiten”.
Und tatsächlich wehren sich viele Staaten bereits. Dabei sind es nicht nur die Vereinigten Staaten, die mit Strafzöllen chinesische Produkte blockieren. Allein im letzten Jahr haben 28 Handelspartner Untersuchungen gegen chinesische Importe eingeleitet, darunter auch Peking-freundliche Staaten wie Pakistan oder Brasilien. Zweifelsohne wird sich dieser Trend in diesem Jahr weiter fortsetzen.
Auch die EU gerät unter Zugzwang. Denn unter den kaufkräftigen Märkten ist Europa der wohl letzte Wirtschaftsraum, der für chinesische Firmen noch weitgehend offen steht. Angesichts eines Handelsdefizits, das sich auf knapp 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr beläuft, dürfte sich dies bald ändern. Andernfalls würden wohl ganze Industrien in Europa schon bald dezimiert werden.
Doch auch innerhalb Chinas produziert das System nur wenige Gewinner. Denn während die Bevölkerung im Zuge einer rekordhohen Jugendarbeitslosigkeit und einer anhaltenden Immobilienkrise reale Wohlstandsverluste hinnehmen muss, machen auch die Unternehmen – bis auf wenige Ausnahmen – kaum Gewinne.
Es sind alles Zeichen einer Deflationsspirale, die sich in China andeutet. Dass die Preise sinken, mag kurzfristig betrachtet aus Verbrauchersicht gut erscheinen. Doch mittelfristig ist eine Deflation noch gefährlicher für eine Volkswirtschaft als eine hohe Inflation. Denn es sinken ja nicht nur die Preise, sondern auch die Gewinne und Löhne.
Insofern drohen China “verlorene Dekaden”, wie sie bereits Japan seit den 1990er Jahren erlebt hat. Die Parallelen sind offensichtlich: alternde Bevölkerung, schwacher Konsum, geplatzte Immobilienblase und massive Schulden. Noch ist natürlich keineswegs sicher, ob das Stagnations-Szenario für China ebenfalls eintreten wird. Doch sämtliche Wirtschaftswissenschaftler in China, die das Wort “Deflation” überhaupt nur in den Mund nehmen, bekommen von den Zensoren umgehend einen Maulkorb verpasst. Nicht wenige haben sogar ihren Job verloren.
Wie angeschlagen das Vertrauen in die chinesische Wirtschaft mittlerweile ist, lässt sich an der Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen ablesen: Diese liegt derzeit bei lediglich etwas über 1,6 Prozent und damit so niedrig wie nie zuvor. Zum Vergleich: Investoren, die ihr Geld auf denselben Zeitraum in den USA anlegen, erhalten fast das Dreifache an Rendite. Fabian Kretschmer
Porsche hat im vergangenen Jahr 28 Prozent weniger Autos verkauft. Nach Informationen von Reuters verkaufte der Sportwagenhersteller 2024 knapp 57.000 Fahrzeuge, etwa 22.000 weniger als im Vorjahr. Der Vorstand von Porsche führt das auf die schwierige Wirtschaftslage in China zurück.
Der Absatz des Sportwagenherstellers in China geht seit Jahren zurück: Schon 2023 hatte Porsche 15 Prozent weniger Autos als im Vorjahr verkauft. Zwar ist nach Angaben des Nachrichtenmagazins Spiegel in allen anderen Weltregionen der Absatz von Porsche gestiegen. Doch das China-Geschäft bleibt entscheidend für den Autobauer.
Um Porsche dort aus der Krise zu führen, trat vergangenen Sommer Alexander Pollich als neuer Geschäftsführer an. Porsche leidet, wie alle anderen deutschen Autobauer, unter der Konkurrenz durch chinesische Elektroautos. ek
Chinas Außenminister Wang Yi hat in der vergangenen Woche seine erste Auslandsreise des Jahres nach Namibia, Kongo-Brazzaville, Tschad und Nigeria abgeschlossen. Seit 35 Jahren reisen chinesische Außenminister zum Jahresbeginn traditionell zuerst nach Afrika. Diesmal ging es laut chinesischem Außenministerium um die Umsetzung der Ergebnisse des Gipfeltreffens des Forums für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit (FOCAC), das im vergangenen September in Peking stattfand.
Während Wangs Besuch in Namibia wurde eine Reihe von Verträgen bekannt gegeben: Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar in Kernkraft, die Verarbeitung von Mineralien und den Bau von Wohnungen für die namibische Polizei. Geplant ist ein Joint Venture zwischen der staatlichen Namibia Water Corporation und der China General Nuclear Power Group zum Bau einer Entsalzungsanlage im Wert von 161,5 Millionen US-Dollar.
Wang brachte Chinas Bereitschaft zum Ausdruck, den Austausch von “Erfahrungen in der Staatsführung” mit der namibischen Regierungspartei Swapo zu verstärken. Er traf die designierte Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah und übermittelte ihr die Glückwünsche Chinas zu ihrer Wahl im November. Der holprige Ablauf der Wahl hatte in Namibia für Unmut gesorgt. Das Wahlergebnis wird von der Opposition nicht anerkannt und vor Gericht angefochten.
In der Republik Kongo (Kongo-Brazzaville) verkündete Wang, dass die beiden Länder einen “Zeitplan und einen Fahrplan” formuliert hätten, wie die auf dem FOCAC zugesagten 50 Milliarden US-Dollar in den nächsten drei Jahren in afrikanische Infrastrukturprojekte fließen sollen. Eine Koordinierungssitzung auf Ministerebene ist für September angesetzt. Kongo ist seit vergangenem Jahr Co-Vorsitzender des FOCAC und wird das Forum 2027 ausrichten.
Im Tschad erklärte Wang, China wolle mit dem Land zusammenarbeiten, um eine China-Afrika-Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft aufzubauen. Während des letzten FOCAC-Gipfels wurden die Beziehungen zwischen Tschad und Peking zu einer “strategischen Partnerschaft” ausgebaut. Der Besuch Wangs fiel mit einem vereitelten Angriff auf den tschadischen Präsidentenpalast zusammen. Ein Zusammenhang besteht aber offenbar nicht.
Beim letzten Stopp seiner Reise in Nigeria kündigte Wang an, China werde Afrika mit einer Milliarde Yuan (132 Millionen Euro) an militärischen Hilfen unterstützen. Im Rahmen ihrer Globalen Sicherheitsinitiative (GSI) will die Volksrepublik die Ausbildung von afrikanischem Militär- und Strafverfolgungspersonal finanzieren und die Entwicklung von Afrikas Fähigkeiten zur Friedenssicherung und Terrorismusbekämpfung unterstützen. Auf dem ganzen Kontinent sollen 6.000 Soldaten sowie 1.000 Polizisten ausgebildet werden. China werde den Aufbau einer afrikanischen Bereitschaftstruppe und schneller Eingreiftruppen vorantreiben und die afrikanischen Länder bei der Durchführung von Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung unterstützen, so Wang.
Der nigerianische Präsident Bola Tinubu forderte während Wangs Besuch die Ausweitung des Währungsswap-Abkommens zwischen Nigeria und China. Das ursprünglich 2018 unterzeichnete und zwei Milliarden US-Dollar umfassende Abkommen sieht vor, dass Transaktionen zwischen den beiden Ländern in den jeweiligen Landeswährungen Naira und Yuan statt in US-Dollar abgewickelt werden. Er forderte außerdem eine Aufstockung des 50-Milliarden-Dollar-Hilfspakets, das Chinas Präsident Xi Jinping während des FOCAC zugesagt hatte. Darüber hinaus bat Tinubu China um Unterstützung für Nigerias Bewerbung um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Auch Japan bemüht sich im Vorfeld der für August geplanten neunten Tokyo International Conference on African Development (TICAD), die Beziehungen zu den afrikanischen Ländern zu vertiefen. Der Staatsminister im Außenministerium, Hisayuki Fujii, besucht diese Woche Tansania und Kenia. Nach Angaben des japanischen Außenministeriums hofft man, dass der Besuch den Handel und die Investitionen zwischen Japan und den beiden Ländern weiter ausbauen wird. ajs
Die Europäische Kommission zieht sogenannte Bagatellgrenzen bei der Anwendung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) in Betracht. Das geht aus einer Antwort von EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra an das Europaparlament hervor. Demnach prüft die Kommission in der derzeitigen Übergangsphase des CBAM mögliche Probleme bei der Erhebung der Grenzabgabe für kohlenstoffintensive Importe. Dazu gehören auch De-minimis-Regeln, durch die der CBAM beim Import von Kleinstmengen keine Anwendung findet.
Die Industrie hatte beklagt, dass die Bagatellgrenzen beim CBAM zu niedrig seien. Importeure von Waren im Wert ab 150 Euro müssen aktuell bereits CBAM-Berichte einreichen. Damit sind nicht nur große ausländische Produzenten betroffen, sondern auch KMU und sogar Privatpersonen. Durch die Prüfung der Kommission könnten sich die Bagatellgrenzen erhöhen, sobald die Übergangsphase des CBAM Ende des Jahres ausläuft und ab 2026 auch Abgaben gezahlt werden müssen.
Auch bei einer Regelung für europäische Exporte, die durch den CBAM nicht vor Carbon Leakage geschützt sind, könnte es noch Bewegung geben. Die Kommission prüfe, welches Carbon-Leakage-Risiko durch den CBAM für die europäische Exportwirtschaft entsteht, sagte Hoekstra. luk
Chinesischer Reis hat heute eine höhere Qualität als vor 16 Jahren. Das haben chinesische Forscher vom China National Rice Research Institute herausgefunden, die Textur und Geschmack von heutzutage angebautem Reis mit der Qualität von 2009 verglichen. Wie die South China Morning Post berichtet, führen die Forscher die Qualitätssteigerung auf genetische Optimierung und bessere Bedingungen im Anbau zurück. Gleichzeitig sei auch die Produktion effizienter geworden. Das zeige: Im Reisanbau schließen sich Ertragssteigerung und verbesserte Qualität nicht aus, sagen die Forscher.
Chinesischer Reis wird nach einem 2008 entwickelten Standard auf Geschmack, Aussehen, Geruch und Textur untersucht. Dass chinesischer Reis heute besser schmecke, habe auch mit der besseren Lebensmittelversorgung in China zu tun, so die Forscher. Vor der Entwicklung des Standards zählte vor allem die Quantität des produzierten Reis, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken. Heute ist die Lebensmittelversorgung in China gesichert. So ist der Geschmack zum wichtigsten Qualitätsindikator geworden.
Die Forscher entkräfteten damit die Vermutung, die Qualität von chinesischem und japanischem Reis könnte unter den Folgen des Klimawandels leiden. Denn steigende Temperaturen und extreme Wetterbedingungen stellen auch den Reisanbau vor Herausforderungen. China ist der weltweit größte Reisproduzent. Nach Angaben des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums kommt mehr als ein Viertel des global produzierten Reis von chinesischen Feldern. ek
Deng Li (邓励) ist seit Anfang Januar neuer Botschafter Chinas in Frankreich und Monaco. Der Karriere-Diplomat hatte den Posten von Lu Shaye übernommen. Lu war berühmt berüchtigt für seine kontroversen Aussagen und galt als Vorzeige-Wolfskrieger. Deng hat weitreichende diplomatische Erfahrung, er war bisher eher unauffällig, gilt als geschickter und ruhiger Verhandler. Ist Deng nach dem Wolfskrieger Lu nun eine Friedenstaube an Paris?
Medial ruhiger als mit seinem Vorgänger wird es mit Deng sicherlich werden – dass er jedoch dabei helfen könnte, die chinesisch-französischen Beziehungen nachhaltig zu entspannen, könnte sich als schwierig erweisen. Streitpunkte liefert der Handel: Pekings Anti-Dumpingzölle auf Cognac hatten vor allem die französischen Hersteller getroffen. Frankreich ist derweil der Haupttreiber hinter den EU-Zusatzzöllen auf chinesische E-Fahrzeuge gewesen.
Das Thema beschäftigt Paris: Der neue Premierminister François Bayrou soll China zeitnah besuchen, um Fortschritte im Handelsstreit über die Brandy-Exporte zu erzielen, kündigte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron zu Beginn der Woche auf der Jahreskonferenz des französischen Botschafter Corps an.
Die Antrittsworte Dengs waren vor diesem Hintergrund erst einmal versöhnlich: “Die Beziehungen zwischen China und Frankreich haben eine solide Grundlage und breite Perspektiven. Ich bin bereit, mit der französischen Seite zusammenzuarbeiten, um größere Fortschritte in den bilateralen Beziehungen zu erzielen”, sagte Deng, der 2021 zum Vize-Außenminister befördert wurde. Zuvor war er enger Mitarbeiter von Minister Wang Yi und zwischen 2015 und 2020 Botschafter in der Türkei.
Mit seiner Ausbildung und bisherigen Erfahrung ist Frankreich der perfekte Einsatzort für den Diplomaten: Deng schloss sein Studium an der China Foreign Affairs University, die dem Außenministerium angeschlossen ist, mit dem Hauptfach Französisch ab. 1987 trat er schließlich ins Ministerium ein und war für die Angelegenheiten Nord- und Westafrikas verantwortlich. Er diente auch an Botschaften in ehemaligen französischen Kolonien, darunter Mauretanien und Algerien. Geboren 1965 in Quanzhou in der Provinz Fujian absolvierte Deng auch in Mitteleuropa schon diverse Stationen – Anfang der 2000er-Jahre als Botschaftsrat in Belgien, später auch für einige Jahre schon einmal als Botschaftsmitarbeiter in Frankreich.
Dengs Vorgänger hatte nicht unbedingt dazu beigetragen, das Image Chinas in Frankreich zu verbessern. Die Amtszeit von Lu Shaye war geprägt von kontroversen Äußerungen fernab diplomatischer Maßstäbe. Er beleidigte französische Forscher, Journalisten und Parlamentarier, die 2021 eine Reise nach Taiwan geplant hatten.
Im Jahr 2023 sorgte Lu Shaye in einem Interview beim Nachrichtensender LCI zudem für Widerspruch, als er anscheinend die Gültigkeit der Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken leugnete. Das offensive Verhalten Lus wurde in Peking offenbar gebilligt – einen öffentlichen Rüffel gab es nie. Innerhalb der Regierung soll Lu eine gewisse Popularität genossen haben. Lu ist inzwischen zurück in Peking. Welche Aufgabe er übernehmen wird, ist noch nicht bekannt. Amelie Richter
Stephan Kuntner ist neuer Executive Director China Global Solutions Europe beim Versicherungsmakler AON. Aus Hamburg begleiten Kuntner und sein Team chinesische Investoren in Deutschland und Europa in allen Versicherungs- und Risikomanagement-Themen. Zuvor war Kuntner als Prokurist bei der Funk Gruppe tätig, für die er unter anderem die Leitung der chinesischen Tochtergesellschaft in Shanghai verantwortete. Kuntner übernimmt die Rolle bei AON von Jan Körner, der künftig als COO bei AON Deutschland fungiert.
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Eine Stadt zu besuchen, ohne auf dem Wochenmarkt vorbeizuschauen, ist ein verschwendeter Trip. Dessen sind sich junge Menschen in China sicher. Chinesische Reise-Influencer entdecken das geschäftige Treiben chinesischer Märkte neu für sich und sorgen gerade dafür, dass Wochenmärkte in China viral gehen. Statt nach touristischen Hotspots suchen junge Chinesen auf den Märkten nach Authentizität.