noch stehen chinesische Weltraumunternehmen im Vergleich zu Elon Musks SpaceX am Anfang. Aber sie holen eifrig auf. Und es sind gleich eine ganze Reihe von chinesischen Privatunternehmen, die den Amerikanern den Rang ablaufen wollen.
Die Chancen stehen gut. Ganz in Pekinger Manier erklärt die chinesische Führung die Raumfahrt zu einer Schlüsseltechnologie. Prompt drängen gleich mehrere Dutzend Unternehmen auf den Markt. Offiziell handelt es sich um Privatunternehmen. Doch wie so oft hat die Regierung ihre Finger im Spiel. Und sei es nur bei der Auftragsvergabe. Aufträge im Rahmen von Chinas nationalen Raumfahrtambitionen gelten denn auch als besonders lukrativ, schreibt Jörn Petring in seiner Analyse.
Um einen Spitzenplatz geht es auch in der heutigen Kolumne von Johnny Erling: Er beschreibt, wie die chinesische Führung seit Jahren darum buhlt, dass Pekings Zentrum auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes den Spitzenplatz einnimmt. Nun wurde Pekings kaiserliche Nord-Süd-Achse zwar aufgenommen – und damit auch der erst spät entstandene Tiananmen-Platz mitsamt Maos Mausoleum. Der Spitzenplatz bleibt aber Roms Via Appia vorbehalten. Noch führen nicht alle Wege nach Peking.
Ein sonniges Wochenende wünscht
Chinas Fokus auf die Förderung von High-Tech-Industrien gibt auch den privaten Weltraumfirmen des Landes neuen Auftrieb. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Peking den Unternehmen mehr Schub verleihen möchte, ist die verstärkte Berichterstattung in den Staatsmedien in den vergangenen Wochen. So berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua von einem “steigenden Niveau der staatlichen Unterstützung”. Die Regierung sei zudem bestrebt, “mehr private Kapitalinvestitionen in diesem Sektor zu fördern”. Von dem Vorstoß dürften Unternehmen wie Beijing Interstellar Glory Space Technology, besser bekannt als iSPACE, profitieren.
Das private Raumfahrtunternehmen mit Sitz in Peking hat sich zum Ziel gesetzt, mit führenden US-Unternehmen, insbesondere dem von Milliardär Elon Musk gegründeten SpaceX, gleichzuziehen. Allerdings ist der Abstand trotz jahrelanger Forschung noch immer beträchtlich. SpaceX hat sich längst zu einem Giganten entwickelt. Das Unternehmen verfügt über lukrative Aufträge mit der NASA und hat bereits mehr als 300 erfolgreiche Landungen mit seinen wiederverwendbaren Falcon-9-Boostern durchgeführt.
Die Technologie, die erstmals 2015 erfolgreich eingesetzt wurde, hat sich seitdem als äußerst zuverlässig erwiesen. Einzelne Booster haben über 20 Flüge absolviert, was die Effizienz und die Kosteneinsparungen durch Wiederverwendbarkeit unterstreicht. Zudem hat SpaceX erfolgreich Tausende von Starlink-Satelliten ins All gebracht und damit ein globales Satelliten-Internet-Angebot geschaffen.
Im Vergleich dazu stehen private chinesische Weltraumunternehmen noch am Anfang. “Es liegt noch ein langer Weg vor uns, aber wir holen schnell auf”, versichert Anna Choi, eine leitende Managerin bei iSPACE, gegenüber Xinhua. Vor sechs Jahren gelang dem chinesischen Startup der erste Durchbruch: Mit der SQX-1 Y1-Rakete brachte es erstmals einen Satelliten in eine 300 Kilometer hohe Umlaufbahn.
Im Dezember 2023 Jahres führte iSPACE einen kurzen Testflug mit seiner wiederverwendbaren Hyperbola-2Y-Rakete durch. Sie schwebte jedoch nur wenige Sekunden in der Luft, bevor sie wieder landete. Bis Ende 2025 plant iSPACE, eine wiederverwendbare Mittelstreckenrakete in die Umlaufbahn zu bringen. Seit seiner Gründung im Jahr 2016 ist das Unternehmen immerhin stetig gewachsen: Aus zehn Mitarbeitern wurden mittlerweile über 400.
iSPACE ist nicht allein. Da in den vergangenen Jahren immer deutlicher wurde, dass Peking die Branche zu einem Schlüsselsektor machen will, gab es zahlreiche Neugründungen. Namen, die man neben iSPACE kennen sollte, sind:
Oft genannt wird auch das Unternehmen CAS Space, das jedoch von dem staatlichen Konzern CASC ausgegliedert wurde und daher nicht zu den rein privaten Akteuren zählt.
Das wichtigste Zentrum für die private Weltraumwirtschaft in China ist Peking. Die Hauptstadt zieht dank eines reichen Talentangebots und unterstützender politischer Rahmenbedingungen viele Firmen an. Im Februar 2024 kündigte Peking die Einrichtung einer “Raketenstraße” an – ein spezielles Forschungs- und Produktionszentrum zur Förderung der kommerziellen Raumfahrt. Die Bauarbeiten begannen letzten Monat in der Beijing Economic-Technological Development Area (BDA) im südöstlichen Stadtteil Daxing.
Viele der chinesischen Space-Startups hoffen, künftig vor allem Aufträge im Satellitensektor zu gewinnen. Sie wollen sowohl inländische als auch internationale Kunden für den Transport von Satelliten in die Umlaufbahn gewinnen. Ähnlich wie SpaceX oder Boeing mit der NASA, streben die chinesischen Unternehmen auch Partnerschaften mit der chinesischen Raumfahrtbehörde an. Aufträge im Rahmen von Chinas nationalen Raumfahrtambitionen, wie die Versorgung der chinesischen Raumstation, gelten als äußerst lukrativ.
China hat in den vergangenen Jahren große Erfolge im All gefeiert. Gleich mehrere erfolgreiche Missionen zum Mond, die stets genau nach Plan verlaufen sind, zeigen, wie fähig die staatlichen Weltraum-Unternehmen sind.
Doch auch der chinesischen Regierung sind die Grenzen dieses Ansatzes bewusst. Sie erkennt, dass die staatlichen Unternehmen auf ihre schwerfällige, bürokratische Weise vor sich hin innovieren. Daher wächst das Interesse, kommerzielle Firmen als wichtigen Teil des Weltraumsektors zu etablieren – ganz wie im Westen.
27.08.2024, 16:00 – 19:30 CEST
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28.08.2024, 13:45 – 16:00 Uhr, Beijing Time
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28.08.2024, 17:00 – 18:00 Uhr, EDT
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29.08.2024, 14:30 – 17:30, Beijing Time
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30.08.2024, 13:30 bis 18:00, Beijing Time
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Hochrangige Vertreter des US-Außenministeriums und des Weißen Hauses haben sich in New York mit dem Dalai Lama getroffen. Wie das Außenministerium am Mittwoch mitteilte, bekräftigten sie dabei “das Engagement der USA für die Förderung der Menschenrechte der Tibeter”. An dem Treffen nahmen Uzra Zeya, US-Unterstaatssekretärin für Menschenrechte und Sonderkoordinatorin für Tibet-Fragen, sowie Kelly Razzouk, Direktorin für Menschenrechte im Weißen Haus, teil. Zeya überbrachte dem 89-jährigen geistlichen Oberhaupt des tibetischen Buddhismus Genesungswünsche von US-Präsident Joe Biden.
Der Dalai Lama hält sich derzeit für eine Knie-Behandlung in New York auf. Er war 1959 nach einem gescheiterten Aufstand gegen die chinesische Herrschaft in Tibet nach Indien geflohen.
Das Treffen findet zu einem sensiblen Zeitpunkt statt, da die Biden-Administration bemüht ist, die angespannten Beziehungen zu China vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November zu stabilisieren. Die Regierung in Peking betrachtet den Dalai Lama als Separatisten und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder mit ihm strikt ab. Eine Stellungnahme der chinesischen Botschaft in Washington zu dem Treffen lag zunächst nicht vor. rtr
Ein US-Gericht in New York hat einen ehemaligen chinesischen Dissidenten wegen Spionagevorwürfen angeklagt. Es handelt sich um den 67-jährigen Tang Yuanjun. Ihm wird zur Last gelegt, von 2018 bis 2023 als chinesischer Agent in den USA tätig gewesen zu sein, erklärte das Justizministerium. Als solcher habe er “Aufgaben auf Anweisung des Ministeriums für Staatssicherheit der Volksrepublik China” ausgeführt.
Dem US-Justizministerium zufolge versorgte Tang den chinesischen Geheimdienst mit Informationen über “Personen und Gruppen, die von der Volksrepublik China als potenziell schädlich für ihre Interessen angesehen” würden, darunter “prominente chinesische Demokratieaktivisten und Dissidenten mit Sitz in den USA”. Außerdem wird ihm vorgeworfen, den US-Inlandsgeheimdienst FBI hinsichtlich seiner Kommunikationskanäle mit seinem chinesischen Geheimdienstkontakt belogen zu haben.
In China war Tang wegen seiner Teilnahme an der Demokratiebewegung im Jahr 1989 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, von denen er aber nur acht verbüßen musste. Nach seiner Freilassung setzte er sich in China weiterhin aktiv für die Demokratie ein. Er wurde wiederholt von den Behörden festgenommen, verhört und schikaniert, bis er nach Taiwan flüchtete, von wo aus er später in die USA ging. flee
Indien, Südostasien und Subsahara-Afrika verdrängen China als treibende Kraft auf den Agrarmärkten. Zu dem Schluss kommt ein neuer Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sowie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Autoren erwarten im kommenden Jahrzehnt bis 2033 eine “bemerkenswerte Verschiebung” der Nachfrage.
Auf China entfielen im vergangenen Jahrzehnt 28 Prozent des Wachstums des weltweiten Verbrauchs von Agrar- und Fischereierzeugnissen. Doch der Anteil des Landes an der zusätzlichen Nachfrage bis 2033 dürfte auf elf Prozent sinken, prognostiziert der Bericht. Dies sei auf die schrumpfende Bevölkerung, ein langsameres Einkommenswachstum und eine Stabilisierung des Ernährungsniveaus zurückzuführen.
Andere Länder und Regionen dürften daher China als wichtigsten Nachfragetreiber der Agrarmärkte ablösen. “Auf Indien und die südostasiatischen Länder werden bis 2033 voraussichtlich 31 Prozent des weltweiten Verbrauchswachstums entfallen”, heißt es in dem Bericht. Grund seien wachsende Stadtbevölkerungen und zunehmender Wohlstand. Gerade Indien hat gegenüber China noch einiges an Entwicklung aufzuholen.
Afrika südlich der Sahara wird voraussichtlich weitere 18 Prozent des weltweiten Verbrauchswachstums ausmachen. Treiber ist dort vor allem das Bevölkerungswachstum. Geschätzt wird, dass die globale Nachfrage nach Lebensmitteln bis 2033 jährlich um 1,2 Prozent steigt. Das ist deutlich weniger als in den 20 Jahren zuvor, in denen die jährliche Wachstumsrate bei 2,3 Prozent lag. Steffen Bach
Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris erhielt die Volksrepublik vorab eine symbolische Goldmedaille. Die UNESCO zeichnete unerwartet Pekings kaiserliche Nord-Süd-Achse 北京中轴线 mit dem Prädikat “Weltkulturerbe” aus.
Die Nachricht schlug hohe Wellen. 13 Jahre hatten Pekings Behörden darum geworben, während couragierte Kritiker online protestierten. Die UNESCO entschied dafür: Wegen der über 700-jährigen Geschichte der Zentralachse, wegen der einzigartigen Tempel, Tore oder Brücken und wegen behördlicher Bekundungen, die historische Substanz zu erhalten. Die 7,8 Kilometer lange Achse ist legendär für den Kaiserpalast in der Mitte; den Trommelturm im Norden und den Himmelstempel im Süden.
Dabei ist sie eigentlich keine Straße, sondern ein mit philosophischen Bedeutungen überfrachtetes Konzept zur Gestaltung und Richtung für kaiserliche Prozessionswege und Opfergänge. Ihre erdachte Architektur lässt sich von zivilisatorisch-kulturellen Traditionen des “中” und “和” und der konfuzianischen Lehren von Mitte und Maß (中庸) inspirieren. Herrscher der drei Dynastien (Yuan, Ming, Qing). folgten der nach Ordnungsprinzipien der Geomantie (Fengshui) konstruierten Achse. Zu festen Zeiten zogen sie entlang ihrer 15 Elemente vom Kaiserpalast und durch dessen Tore nach Norden zum Trommel- und Glockenturm, pilgerten im Süden zum Agrar- und Himmelstempel bis zum Yongdingmen-Tor.
Die heutige Krux daran: Die historische Achse kreuzt den Tiananmen-Platz, den die Herrscher der Volksrepublik in den 1950er Jahren neuzeitlich umbauten und Struktur und Symmetrie bis zur Unkenntlichkeit zerstörten. Mao machte ihn zum weltgrößten Aufmarschplatz für Massenparaden, befahl die nur 15 Meter schmale Changan-Straße vor dem Tiananmen-Tor zum 120 Meter breiten Riesenboulevard umzubauen. Zudem ließ er Pekings berühmte Stadtmauern schleifen, fast alle der 32 inneren und äußeren Stadttore abreißen.
In der Debatte, ob China bei der UNESCO beantragen soll, Pekings kaiserliche Nord-Süd-Stadtachse, die über den Tiananmen-Platz verläuft, den Status eines Weltkulturerbes zu verleihen, schrieben chinesische Kritiker denn auch, dass die Volksrepublik den historischen Platz bereits bis zur Unkenntlichkeit zerstört hat. Mao ließ zudem das 1417 erbaute wichtigste kaiserliche Eingangstor “Zhonghuamen” (vorne) bis 1959 abreißen und flankierte beide Seiten des Platzes mit zwei Mammutbauten: auf der einen Seite die Große Halle des Volkes, dem Volkskongress, auf der anderen das Geschichtsmuseum. Wo das Zhonghuamen-Tor stand wurde 1977 nach Maos Tod sein riesiges Mausoleum erbaut.
Die Auszeichnung der Pekinger Achse als neues Weltkulturerbe schließt den “Tiananmen-Platz” mit Maos Totenschrein ein. Als Mao starb wurde er im Kristallsarg in einem für ihn mitten auf dem Platz eigens erbauten gigantischen Mausoleum aufgebahrt. Trotz solcher Eingriffe gehört von nun an zur Freude der Pekinger Führung der Tiananmen-Platz als Teil der Zentralachse zum Weltkulturerbe.
Dieser Schiedsspruch der UNESCO war so denkwürdig, dass Chinas Nationale Staatsbehörde für Kulturerbe 国家文物局 darüber minutiös in der Augustausgabe des ZK-Theoriemagazin Qiushi berichtete: “Am 27. Juli um 11:15 Uhr Lokalzeit hat die 46. UNESCO-Sitzung ‘Pekings Zentralachse. Städtebauliches Meisterwerk der Ordnung einer idealen Hauptstadt’ 北京中轴线–中国理想都城秩序的杰作 als Weltkulturerbe bestätigt. Mit 7,8 Kilometer sei sie “die längste Stadtachse der Welt”.
Noch stolzer schrieb die Staatsbehörde: “Mein Land steht mit nunmehr 59 von der UNESCO anerkannten Welterbe-Stätten an erster Stelle in der Welt.” So viel Jubel war indess voreilig, denn das UN-Gremium hatte am 27. Juli noch 12 weitere internationale Kulturobjekte zum “Welterbe” erhoben, darunter die römische Via Appia, die “Königin der Straßen”. Italien kommt mit 60 Stätten des Welterbes auf Platz Eins der UNESCO- Liste. China ist nur zweiter Sieger.
Doch die Volksrepublik hat vorgesorgt. Sie hat 59 Kandidaten für künftige Wahlen nominiert. Die UNESCO unterhält eine Tentativliste, auf der alle Länder Vorschläge für den heiß begehrten Titel “Welterbe” anmelden können. Erst 1972 hatte die UNESCO ihre Konvention zum Welterbe beschlossen und 1975 in Kraft gesetzt. Deutschland trat 1976 bei und hat bis heute 54 Kultur- und Naturwunder als “Welterbe” auszeichnen lassen. Nach UNESCO-Statistiken gibt es heute 1223 Welterbe-Stätten in 168 Ländern. Das Welterbe-Siegel verheißt Prestige und Gewinn für den Tourismus.
Am stärksten wetteifert darum China. Zwar trat es erst 1985 der Konvention bei, aber seine Provinzen, Städte und staatlichen Kulturbehörden fluten die UN-Gremien mit Anträgen am laufenden Band. Dahinter steckt auch politisches Kalkül. Die UNESCO-Auszeichnungen dienen Peking als Ausweis kultureller Überlegenheit seiner Zivilisation. Parteichef Xi Jinping hat sich als neue Theorie die Fusion von Chinas traditioneller Kultur mit dem Marxismus auf die Fahnen geschrieben hat, auf die er seinen eigenständigen besonderen Sozialismus “in der neuen Ära” aufbauen will.
Die UNESCO-Wahl der Pekinger Zentralachse habe “eine positive Bedeutung für die von Xi gewollte Art der Modernisierung Chinas” schrieb die Kulturbehörde. Shanghais offizielle Agentur “thepaper.cn” meldete, wie Chinas KP-Chef den UNESCO-Bescheid kommentiert hätte: “Er betonte, dass wir den Erfolg des Antrags zum Anlass nehmen sollten, umfassend und systematisch den Schutz des Kultur- und Naturerbes zu verstärken, zur Umsetzung unserer globalen Zivilisationsinitiative und für den Aufbau einer Gemeinschaft gemeinsamer Zukunft für die Menschhei.” Immer habe sich Xi für Pekings Achse eingesetzt, meldete Chinas Staatsfernsehen CCTV.
Mit der Wahl der Achse werden nicht nur die einzigartigen historischen Bauten, Tore und Paläste geehrt. Auch der Tiananmen-Platz ist Teil der Achse. Zweimal, 2011 und 2018, formierten sich in Chinas sozialen Medien Kritiker, die den Platz für “unwürdig und einen Hohn als Weltkulturerbe” halten. Denn den so umstrittenen Tiananmen-Platz gab es vor 1949 nicht. Historisch war er nur eine Art Vorhof oder zeremonielles Durchgangsgebiet für Chinas Kaiser, um zu den sakralen Plätzen im Süden Pekings zu gelangen. Vor dem Tiananmen-Tor stand einst als historisches Eintrittsgebäude zum Kaiserpalast das sogenannte China-Tor. Nur der Kaiser und wenige Auserwählte durften hindurch. Sein Hofstaat musste über die Galerien zu beiden Seiten laufen.
Als es 1417 erbaut wurde hieß es zuerst 大明门 “großes Ming-Tor”, später 大清门 “großes Qing-Tor”. Die Republik 1911 taufte es Zhonghuamen 中华门 “Chinas Tor”. Der Volksmund sagte nur 国门, das Staatstor. 1954 entschloss sich Mao, beraten von sowjetischen Experten, dieses Tor zur Erweiterung des Platzes abzureißen, was 1959 geschah. Nach Maos Tod wurde 1977 das Mausoleum auf dem Platz des früheren Tores erbaut. Ein historisches, mehr als 100 Jahre altes Foto zeigt wie imposant und städtebaulich unersetzbar das China-Tor einst war, bevor Maos radikaler Umbau begann.
Vergebens versuchte ihn der damals schon weltberühmte Pekinger Städteplaner und Architekt Liang Sicheng umzustimmen, bat ihn die Hauptstadt zu verlegen oder zu schonen, um die kaiserliche Innenstadt als Weltwunder und “Kleinod” der Menschheit zu erhalten. Liang wurde kritisiert, verlacht und gehänselt und erst 50 Jahre später lange nach seinem Tod rehabilitiert. Er hatte mit seinen Warnungen, die Kaiserstadt nicht zu zerstören, Recht behalten.
Heute ist die kritische Debatte verstummt. Pekings Führung hat den Tiananmen-Platz, auf dem sie ihre Staatsgäste empfängt, wo sie jeden Morgen zum Sonnenaufgang ihre Staatsfahre hissen und Nationalfeiertage zelebrieren lässt, zum sakrosanten, äußerlich politischen Zentrum und Wahrzeichen der Volksrepublik gemacht. Nun goutiert sie, dass er Weltkulturerbe wurde. Die Staatsbehörde für Kulturerbe schreibt im ZK-Magazin, dass sich das Welterbe für die Zentralachse auch auf den Platz bezieht “mit allen sich einreihenden Elementen” 全要素、一次性列入.” Der “Tiananmen Platz einschließlich seiner Bauwerke” 天安门广场及建筑群” ist eines der 15 Elemente der innerstädtischen Achse.
Lange gingen Pekings Planer davon aus, dass ihr Wunsch, die Achse zum Kulturerbe der Welt zu erklären, erst 2035 umgesetzt werden könnte. Ende 2023 stellte Peking erstmals einen öffentlichen, mehr als 140 Seiten starken Masterplan zum Schutz und Management der Zentralachse 2022 bis 2035 vor. 2012 hatte die Staatsbehörde für Kultur die Kandidatur der Pekinger Achse in die UNESCO-Anwärterlisteaufnehmen aufnehmen lassen. Ein Jahr zuvor, 2011, hatte Shan Jixiang 单霁翔, einst Leiter der Kulturbehörde und Direktor des Gugong Palastmuseum, den Antrag dafür im Beraterparlament gestellt. Nun erinnert er sich: “Wir haben 13 Jahre gewartet”.
Er hatte sich schon 2002, als Peking sich auf die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2008 vorbereitete, für den Erhalt und die Renovierung der historischen Innenstadtachse eingesetzt. Als Standort für das Olympische Dorf und die beiden Hauptstadien der Spiele war Pekings Norden vorgesehen in einer direkten gedanklichen Verlängerung der berühmten Achse. Gesucht wurde nun nach einer neuen Bedeutung für ihre Einbindung.
Dafür war Peking damals sogar bereit, sich von ausländischen Consulting-Firmen beraten zu lassen, darunter als einzigem deutschem Unternehmen, der Frankfurter AS&P Albert Speer und Partner. Vier Monate brauchte ihre Projektgruppe, erinnert sich Johannes Dell, damals China-Beauftragter und Partner von Speer. Dann präsentierte sie in der öffentlichen Anhörung ihren Vorschlag, Pekings unterentwickelte Stadteile im Süden als Fortführung der Achse und Gegenpol zum Olympischen Norden als Verkehrsknotenpunkt rund um den Bahnverkehr zu entwickeln. “Speer, der das Konzept der Stadtkommission vortrug, beeindruckte seine Zuhörer” erzählt Architektin Sun Zhuo, damals Übersetzerin bei der Anhörung von Speer und heutige Ehefrau von Johannes Dell. Heute ist der Süden Pekings zum Bahnhof und Knotenpunkt für Chinas erst nach 2008 aufgebautes Hochgeschwindigkeitsnetz geworden.
Auf der Auswahlliste der UNESCO für neue internationale Welterbestätten steht unter Chinas inflationär angemeldeten 59 Kandidaten auch ein 2016 eingereichtes, besonders ehrgeiziges Vorhaben: Es ist eine Aufzählung für alle chinesischen Projekte im Inland und an den Küsten, die mit den Land- und Wasserwegen der Seidenstrasse zu tun haben. Nachdem Italien mit der Auszeichnung seiner Via Appia die Welt an das Bonmot der Vergangenheit erinnerte, wonach “alle Wege nach Rom führen” hat Peking wohl Größeres vor. Mit Anschub und Hilfe durch die Auszeichnung als UNESCO-Welterbe, eine Zukunft anzusteuern, wo alle Wege dank der Seidenstrasse nach China führen.
Andreas Mischer arbeitet seit Anfang August im Forschungsteam Wirtschaft beim Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. Mischer hat einen Master in China Business and Economics von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Seine Spezialgebiete bei Merics sind Chinas Investitionen, seine Industriepolitik und die Entwicklungen der Autobranche.
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Das neue, in China entwickelte Computer-Rollenspiel “Black Myth: Wukong” (Bild rechts) gilt mit seiner ausgeklügelten Grafik schon jetzt als Meilenstein. Sun Wukong, der titelgebende Affenkönig aus dem Epos “Die Reise in den Westen” ist dagegen längst ein Dauergast in Chinas Popkultur.
Fast jede Generation hat ihren eigenen Wukong-Helden im kollektiven Gedächtnis abgespeichert. Zu den Klassikern gehören etwa die Zeichentrickserie “Da nao tian gong” (Bild links unten) aus dem Jahr 1965 – damals sollte der selbstbewusste Charakter als Stellvertreter für die Klasse der Bauern gelesen werden, die gegen die Eliten aufbegehrt.
In den 1980er- und 90er-Jahren nahm die Figur dann immer menschlichere Gestalt an, etwa in der auf CCTV gesendeten Serie “Xi you ji“, die sich rühmt, nahezu alle 100 Kapitel des Original-Romans abgebildet zu haben.
noch stehen chinesische Weltraumunternehmen im Vergleich zu Elon Musks SpaceX am Anfang. Aber sie holen eifrig auf. Und es sind gleich eine ganze Reihe von chinesischen Privatunternehmen, die den Amerikanern den Rang ablaufen wollen.
Die Chancen stehen gut. Ganz in Pekinger Manier erklärt die chinesische Führung die Raumfahrt zu einer Schlüsseltechnologie. Prompt drängen gleich mehrere Dutzend Unternehmen auf den Markt. Offiziell handelt es sich um Privatunternehmen. Doch wie so oft hat die Regierung ihre Finger im Spiel. Und sei es nur bei der Auftragsvergabe. Aufträge im Rahmen von Chinas nationalen Raumfahrtambitionen gelten denn auch als besonders lukrativ, schreibt Jörn Petring in seiner Analyse.
Um einen Spitzenplatz geht es auch in der heutigen Kolumne von Johnny Erling: Er beschreibt, wie die chinesische Führung seit Jahren darum buhlt, dass Pekings Zentrum auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes den Spitzenplatz einnimmt. Nun wurde Pekings kaiserliche Nord-Süd-Achse zwar aufgenommen – und damit auch der erst spät entstandene Tiananmen-Platz mitsamt Maos Mausoleum. Der Spitzenplatz bleibt aber Roms Via Appia vorbehalten. Noch führen nicht alle Wege nach Peking.
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Doch auch der chinesischen Regierung sind die Grenzen dieses Ansatzes bewusst. Sie erkennt, dass die staatlichen Unternehmen auf ihre schwerfällige, bürokratische Weise vor sich hin innovieren. Daher wächst das Interesse, kommerzielle Firmen als wichtigen Teil des Weltraumsektors zu etablieren – ganz wie im Westen.
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Der Dalai Lama hält sich derzeit für eine Knie-Behandlung in New York auf. Er war 1959 nach einem gescheiterten Aufstand gegen die chinesische Herrschaft in Tibet nach Indien geflohen.
Das Treffen findet zu einem sensiblen Zeitpunkt statt, da die Biden-Administration bemüht ist, die angespannten Beziehungen zu China vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November zu stabilisieren. Die Regierung in Peking betrachtet den Dalai Lama als Separatisten und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder mit ihm strikt ab. Eine Stellungnahme der chinesischen Botschaft in Washington zu dem Treffen lag zunächst nicht vor. rtr
Ein US-Gericht in New York hat einen ehemaligen chinesischen Dissidenten wegen Spionagevorwürfen angeklagt. Es handelt sich um den 67-jährigen Tang Yuanjun. Ihm wird zur Last gelegt, von 2018 bis 2023 als chinesischer Agent in den USA tätig gewesen zu sein, erklärte das Justizministerium. Als solcher habe er “Aufgaben auf Anweisung des Ministeriums für Staatssicherheit der Volksrepublik China” ausgeführt.
Dem US-Justizministerium zufolge versorgte Tang den chinesischen Geheimdienst mit Informationen über “Personen und Gruppen, die von der Volksrepublik China als potenziell schädlich für ihre Interessen angesehen” würden, darunter “prominente chinesische Demokratieaktivisten und Dissidenten mit Sitz in den USA”. Außerdem wird ihm vorgeworfen, den US-Inlandsgeheimdienst FBI hinsichtlich seiner Kommunikationskanäle mit seinem chinesischen Geheimdienstkontakt belogen zu haben.
In China war Tang wegen seiner Teilnahme an der Demokratiebewegung im Jahr 1989 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden, von denen er aber nur acht verbüßen musste. Nach seiner Freilassung setzte er sich in China weiterhin aktiv für die Demokratie ein. Er wurde wiederholt von den Behörden festgenommen, verhört und schikaniert, bis er nach Taiwan flüchtete, von wo aus er später in die USA ging. flee
Indien, Südostasien und Subsahara-Afrika verdrängen China als treibende Kraft auf den Agrarmärkten. Zu dem Schluss kommt ein neuer Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sowie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Autoren erwarten im kommenden Jahrzehnt bis 2033 eine “bemerkenswerte Verschiebung” der Nachfrage.
Auf China entfielen im vergangenen Jahrzehnt 28 Prozent des Wachstums des weltweiten Verbrauchs von Agrar- und Fischereierzeugnissen. Doch der Anteil des Landes an der zusätzlichen Nachfrage bis 2033 dürfte auf elf Prozent sinken, prognostiziert der Bericht. Dies sei auf die schrumpfende Bevölkerung, ein langsameres Einkommenswachstum und eine Stabilisierung des Ernährungsniveaus zurückzuführen.
Andere Länder und Regionen dürften daher China als wichtigsten Nachfragetreiber der Agrarmärkte ablösen. “Auf Indien und die südostasiatischen Länder werden bis 2033 voraussichtlich 31 Prozent des weltweiten Verbrauchswachstums entfallen”, heißt es in dem Bericht. Grund seien wachsende Stadtbevölkerungen und zunehmender Wohlstand. Gerade Indien hat gegenüber China noch einiges an Entwicklung aufzuholen.
Afrika südlich der Sahara wird voraussichtlich weitere 18 Prozent des weltweiten Verbrauchswachstums ausmachen. Treiber ist dort vor allem das Bevölkerungswachstum. Geschätzt wird, dass die globale Nachfrage nach Lebensmitteln bis 2033 jährlich um 1,2 Prozent steigt. Das ist deutlich weniger als in den 20 Jahren zuvor, in denen die jährliche Wachstumsrate bei 2,3 Prozent lag. Steffen Bach
Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris erhielt die Volksrepublik vorab eine symbolische Goldmedaille. Die UNESCO zeichnete unerwartet Pekings kaiserliche Nord-Süd-Achse 北京中轴线 mit dem Prädikat “Weltkulturerbe” aus.
Die Nachricht schlug hohe Wellen. 13 Jahre hatten Pekings Behörden darum geworben, während couragierte Kritiker online protestierten. Die UNESCO entschied dafür: Wegen der über 700-jährigen Geschichte der Zentralachse, wegen der einzigartigen Tempel, Tore oder Brücken und wegen behördlicher Bekundungen, die historische Substanz zu erhalten. Die 7,8 Kilometer lange Achse ist legendär für den Kaiserpalast in der Mitte; den Trommelturm im Norden und den Himmelstempel im Süden.
Dabei ist sie eigentlich keine Straße, sondern ein mit philosophischen Bedeutungen überfrachtetes Konzept zur Gestaltung und Richtung für kaiserliche Prozessionswege und Opfergänge. Ihre erdachte Architektur lässt sich von zivilisatorisch-kulturellen Traditionen des “中” und “和” und der konfuzianischen Lehren von Mitte und Maß (中庸) inspirieren. Herrscher der drei Dynastien (Yuan, Ming, Qing). folgten der nach Ordnungsprinzipien der Geomantie (Fengshui) konstruierten Achse. Zu festen Zeiten zogen sie entlang ihrer 15 Elemente vom Kaiserpalast und durch dessen Tore nach Norden zum Trommel- und Glockenturm, pilgerten im Süden zum Agrar- und Himmelstempel bis zum Yongdingmen-Tor.
Die heutige Krux daran: Die historische Achse kreuzt den Tiananmen-Platz, den die Herrscher der Volksrepublik in den 1950er Jahren neuzeitlich umbauten und Struktur und Symmetrie bis zur Unkenntlichkeit zerstörten. Mao machte ihn zum weltgrößten Aufmarschplatz für Massenparaden, befahl die nur 15 Meter schmale Changan-Straße vor dem Tiananmen-Tor zum 120 Meter breiten Riesenboulevard umzubauen. Zudem ließ er Pekings berühmte Stadtmauern schleifen, fast alle der 32 inneren und äußeren Stadttore abreißen.
In der Debatte, ob China bei der UNESCO beantragen soll, Pekings kaiserliche Nord-Süd-Stadtachse, die über den Tiananmen-Platz verläuft, den Status eines Weltkulturerbes zu verleihen, schrieben chinesische Kritiker denn auch, dass die Volksrepublik den historischen Platz bereits bis zur Unkenntlichkeit zerstört hat. Mao ließ zudem das 1417 erbaute wichtigste kaiserliche Eingangstor “Zhonghuamen” (vorne) bis 1959 abreißen und flankierte beide Seiten des Platzes mit zwei Mammutbauten: auf der einen Seite die Große Halle des Volkes, dem Volkskongress, auf der anderen das Geschichtsmuseum. Wo das Zhonghuamen-Tor stand wurde 1977 nach Maos Tod sein riesiges Mausoleum erbaut.
Die Auszeichnung der Pekinger Achse als neues Weltkulturerbe schließt den “Tiananmen-Platz” mit Maos Totenschrein ein. Als Mao starb wurde er im Kristallsarg in einem für ihn mitten auf dem Platz eigens erbauten gigantischen Mausoleum aufgebahrt. Trotz solcher Eingriffe gehört von nun an zur Freude der Pekinger Führung der Tiananmen-Platz als Teil der Zentralachse zum Weltkulturerbe.
Dieser Schiedsspruch der UNESCO war so denkwürdig, dass Chinas Nationale Staatsbehörde für Kulturerbe 国家文物局 darüber minutiös in der Augustausgabe des ZK-Theoriemagazin Qiushi berichtete: “Am 27. Juli um 11:15 Uhr Lokalzeit hat die 46. UNESCO-Sitzung ‘Pekings Zentralachse. Städtebauliches Meisterwerk der Ordnung einer idealen Hauptstadt’ 北京中轴线–中国理想都城秩序的杰作 als Weltkulturerbe bestätigt. Mit 7,8 Kilometer sei sie “die längste Stadtachse der Welt”.
Noch stolzer schrieb die Staatsbehörde: “Mein Land steht mit nunmehr 59 von der UNESCO anerkannten Welterbe-Stätten an erster Stelle in der Welt.” So viel Jubel war indess voreilig, denn das UN-Gremium hatte am 27. Juli noch 12 weitere internationale Kulturobjekte zum “Welterbe” erhoben, darunter die römische Via Appia, die “Königin der Straßen”. Italien kommt mit 60 Stätten des Welterbes auf Platz Eins der UNESCO- Liste. China ist nur zweiter Sieger.
Doch die Volksrepublik hat vorgesorgt. Sie hat 59 Kandidaten für künftige Wahlen nominiert. Die UNESCO unterhält eine Tentativliste, auf der alle Länder Vorschläge für den heiß begehrten Titel “Welterbe” anmelden können. Erst 1972 hatte die UNESCO ihre Konvention zum Welterbe beschlossen und 1975 in Kraft gesetzt. Deutschland trat 1976 bei und hat bis heute 54 Kultur- und Naturwunder als “Welterbe” auszeichnen lassen. Nach UNESCO-Statistiken gibt es heute 1223 Welterbe-Stätten in 168 Ländern. Das Welterbe-Siegel verheißt Prestige und Gewinn für den Tourismus.
Am stärksten wetteifert darum China. Zwar trat es erst 1985 der Konvention bei, aber seine Provinzen, Städte und staatlichen Kulturbehörden fluten die UN-Gremien mit Anträgen am laufenden Band. Dahinter steckt auch politisches Kalkül. Die UNESCO-Auszeichnungen dienen Peking als Ausweis kultureller Überlegenheit seiner Zivilisation. Parteichef Xi Jinping hat sich als neue Theorie die Fusion von Chinas traditioneller Kultur mit dem Marxismus auf die Fahnen geschrieben hat, auf die er seinen eigenständigen besonderen Sozialismus “in der neuen Ära” aufbauen will.
Die UNESCO-Wahl der Pekinger Zentralachse habe “eine positive Bedeutung für die von Xi gewollte Art der Modernisierung Chinas” schrieb die Kulturbehörde. Shanghais offizielle Agentur “thepaper.cn” meldete, wie Chinas KP-Chef den UNESCO-Bescheid kommentiert hätte: “Er betonte, dass wir den Erfolg des Antrags zum Anlass nehmen sollten, umfassend und systematisch den Schutz des Kultur- und Naturerbes zu verstärken, zur Umsetzung unserer globalen Zivilisationsinitiative und für den Aufbau einer Gemeinschaft gemeinsamer Zukunft für die Menschhei.” Immer habe sich Xi für Pekings Achse eingesetzt, meldete Chinas Staatsfernsehen CCTV.
Mit der Wahl der Achse werden nicht nur die einzigartigen historischen Bauten, Tore und Paläste geehrt. Auch der Tiananmen-Platz ist Teil der Achse. Zweimal, 2011 und 2018, formierten sich in Chinas sozialen Medien Kritiker, die den Platz für “unwürdig und einen Hohn als Weltkulturerbe” halten. Denn den so umstrittenen Tiananmen-Platz gab es vor 1949 nicht. Historisch war er nur eine Art Vorhof oder zeremonielles Durchgangsgebiet für Chinas Kaiser, um zu den sakralen Plätzen im Süden Pekings zu gelangen. Vor dem Tiananmen-Tor stand einst als historisches Eintrittsgebäude zum Kaiserpalast das sogenannte China-Tor. Nur der Kaiser und wenige Auserwählte durften hindurch. Sein Hofstaat musste über die Galerien zu beiden Seiten laufen.
Als es 1417 erbaut wurde hieß es zuerst 大明门 “großes Ming-Tor”, später 大清门 “großes Qing-Tor”. Die Republik 1911 taufte es Zhonghuamen 中华门 “Chinas Tor”. Der Volksmund sagte nur 国门, das Staatstor. 1954 entschloss sich Mao, beraten von sowjetischen Experten, dieses Tor zur Erweiterung des Platzes abzureißen, was 1959 geschah. Nach Maos Tod wurde 1977 das Mausoleum auf dem Platz des früheren Tores erbaut. Ein historisches, mehr als 100 Jahre altes Foto zeigt wie imposant und städtebaulich unersetzbar das China-Tor einst war, bevor Maos radikaler Umbau begann.
Vergebens versuchte ihn der damals schon weltberühmte Pekinger Städteplaner und Architekt Liang Sicheng umzustimmen, bat ihn die Hauptstadt zu verlegen oder zu schonen, um die kaiserliche Innenstadt als Weltwunder und “Kleinod” der Menschheit zu erhalten. Liang wurde kritisiert, verlacht und gehänselt und erst 50 Jahre später lange nach seinem Tod rehabilitiert. Er hatte mit seinen Warnungen, die Kaiserstadt nicht zu zerstören, Recht behalten.
Heute ist die kritische Debatte verstummt. Pekings Führung hat den Tiananmen-Platz, auf dem sie ihre Staatsgäste empfängt, wo sie jeden Morgen zum Sonnenaufgang ihre Staatsfahre hissen und Nationalfeiertage zelebrieren lässt, zum sakrosanten, äußerlich politischen Zentrum und Wahrzeichen der Volksrepublik gemacht. Nun goutiert sie, dass er Weltkulturerbe wurde. Die Staatsbehörde für Kulturerbe schreibt im ZK-Magazin, dass sich das Welterbe für die Zentralachse auch auf den Platz bezieht “mit allen sich einreihenden Elementen” 全要素、一次性列入.” Der “Tiananmen Platz einschließlich seiner Bauwerke” 天安门广场及建筑群” ist eines der 15 Elemente der innerstädtischen Achse.
Lange gingen Pekings Planer davon aus, dass ihr Wunsch, die Achse zum Kulturerbe der Welt zu erklären, erst 2035 umgesetzt werden könnte. Ende 2023 stellte Peking erstmals einen öffentlichen, mehr als 140 Seiten starken Masterplan zum Schutz und Management der Zentralachse 2022 bis 2035 vor. 2012 hatte die Staatsbehörde für Kultur die Kandidatur der Pekinger Achse in die UNESCO-Anwärterlisteaufnehmen aufnehmen lassen. Ein Jahr zuvor, 2011, hatte Shan Jixiang 单霁翔, einst Leiter der Kulturbehörde und Direktor des Gugong Palastmuseum, den Antrag dafür im Beraterparlament gestellt. Nun erinnert er sich: “Wir haben 13 Jahre gewartet”.
Er hatte sich schon 2002, als Peking sich auf die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2008 vorbereitete, für den Erhalt und die Renovierung der historischen Innenstadtachse eingesetzt. Als Standort für das Olympische Dorf und die beiden Hauptstadien der Spiele war Pekings Norden vorgesehen in einer direkten gedanklichen Verlängerung der berühmten Achse. Gesucht wurde nun nach einer neuen Bedeutung für ihre Einbindung.
Dafür war Peking damals sogar bereit, sich von ausländischen Consulting-Firmen beraten zu lassen, darunter als einzigem deutschem Unternehmen, der Frankfurter AS&P Albert Speer und Partner. Vier Monate brauchte ihre Projektgruppe, erinnert sich Johannes Dell, damals China-Beauftragter und Partner von Speer. Dann präsentierte sie in der öffentlichen Anhörung ihren Vorschlag, Pekings unterentwickelte Stadteile im Süden als Fortführung der Achse und Gegenpol zum Olympischen Norden als Verkehrsknotenpunkt rund um den Bahnverkehr zu entwickeln. “Speer, der das Konzept der Stadtkommission vortrug, beeindruckte seine Zuhörer” erzählt Architektin Sun Zhuo, damals Übersetzerin bei der Anhörung von Speer und heutige Ehefrau von Johannes Dell. Heute ist der Süden Pekings zum Bahnhof und Knotenpunkt für Chinas erst nach 2008 aufgebautes Hochgeschwindigkeitsnetz geworden.
Auf der Auswahlliste der UNESCO für neue internationale Welterbestätten steht unter Chinas inflationär angemeldeten 59 Kandidaten auch ein 2016 eingereichtes, besonders ehrgeiziges Vorhaben: Es ist eine Aufzählung für alle chinesischen Projekte im Inland und an den Küsten, die mit den Land- und Wasserwegen der Seidenstrasse zu tun haben. Nachdem Italien mit der Auszeichnung seiner Via Appia die Welt an das Bonmot der Vergangenheit erinnerte, wonach “alle Wege nach Rom führen” hat Peking wohl Größeres vor. Mit Anschub und Hilfe durch die Auszeichnung als UNESCO-Welterbe, eine Zukunft anzusteuern, wo alle Wege dank der Seidenstrasse nach China führen.
Andreas Mischer arbeitet seit Anfang August im Forschungsteam Wirtschaft beim Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. Mischer hat einen Master in China Business and Economics von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Seine Spezialgebiete bei Merics sind Chinas Investitionen, seine Industriepolitik und die Entwicklungen der Autobranche.
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Das neue, in China entwickelte Computer-Rollenspiel “Black Myth: Wukong” (Bild rechts) gilt mit seiner ausgeklügelten Grafik schon jetzt als Meilenstein. Sun Wukong, der titelgebende Affenkönig aus dem Epos “Die Reise in den Westen” ist dagegen längst ein Dauergast in Chinas Popkultur.
Fast jede Generation hat ihren eigenen Wukong-Helden im kollektiven Gedächtnis abgespeichert. Zu den Klassikern gehören etwa die Zeichentrickserie “Da nao tian gong” (Bild links unten) aus dem Jahr 1965 – damals sollte der selbstbewusste Charakter als Stellvertreter für die Klasse der Bauern gelesen werden, die gegen die Eliten aufbegehrt.
In den 1980er- und 90er-Jahren nahm die Figur dann immer menschlichere Gestalt an, etwa in der auf CCTV gesendeten Serie “Xi you ji“, die sich rühmt, nahezu alle 100 Kapitel des Original-Romans abgebildet zu haben.