Table.Briefing: China

Kompliziertes Quad-Treffen + Todesstrafe in Taiwan

Liebe Leserin, lieber Leser,

es war ein wichtiger Quad-Gipfel am Wochenende in Joe Bidens Heimatstadt Wilmington. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung 2004 und vier Jahre nachdem Biden die Quad auf die Ebene der Regierungschefs gehoben hat, befindet sich die Gruppe bestehend aus USA, Indien, Japan und Australien in einer kritischen Phase. Zum einen könnten drei der vier Regierungschefs, die in Delaware zusammenkamen, nächstes Jahr nicht mehr im Amt sein. Zum anderen treffen innerhalb der Quad unterschiedliche Interessen aufeinander.

Auf eines können sich die Demokratien aber einigen: Sie wollen dem autoritären und zunehmend aggressiv auftretenden China im Indopazifik Grenzen aufzeigen. Auch wenn die Gruppe das Thema nur indirekt ansprach, wurde schnell klar, wo dahingehend Akzente gesetzt werden sollen, schreibt Michael Radunski. Dazu gehören etwa gemeinsame Operationen der Küstenwache, die die maritimen Ansprüche verteidigen und zum Schutz der jeweiligen exklusiven Wirtschaftszonen beitragen sollen.

In Taiwan wurde am Freitag ein mit Spannung erwartetes Urteil gefällt: Das taiwanische Verfassungsgericht hat die Todesstrafe als verfassungskonform eingestuft, aber zugleich strengere Bedingungen für ihre Anwendung festgelegt. Künftig müssen Todesurteile einstimmig beschlossen werden und dürfen nur bei besonders schwerwiegenden Verbrechen vollzogen werden. Die Urteilsverkündung gefällt jedoch nicht jedem, schreibt David Demes, der die Debatte und die Urteilsverkündung vor Ort verfolgt hat.

Die konservative Kuomintang (KMT) kritisiert, dass die Todesstrafe durch das Urteil “praktisch abgeschafft” werde. Und das liege nicht im Interesse der Bürger. In Umfragen sprechen sich regelmäßig mehr als 80 Prozent der Taiwaner gegen eine Abschaffung aus. Menschenrechtsorganisationen halten dagegen, dass die Entscheidung der Richter eine Kapitulation vor der Mehrheitsmeinung sei. Wenn es um das in der Verfassung verbriefte Recht auf Leben ginge, dürfe es keine Ausnahmen geben.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Gipfel in Delaware: Wie die Quad aus einer kritischen Phase finden wollen

Die Quad am Samstag in Wilmington, Delaware: Anthony Albanese (Australien), Narendra Modi (Indien), Joe Biden (USA) und Fumio Kishida (Japan).

Joe Biden hat auf dem Quad-Gipfel in Delaware das getan, was man eigentlich unbedingt vermeiden wollte – den Elefanten im Raum klar benannt. “China verhält sich weiterhin aggressiv und stellt uns in der gesamten Region auf die Probe“, sagte der US-Präsident seinen Amtskollegen aus Australien, Indien und Japan. Chinas Präsident “versucht meiner Ansicht nach, sich diplomatischen Freiraum zu verschaffen, um Chinas Interessen aggressiv zu verfolgen.”

Klarer könnten die Äußerungen des US-Präsidenten kaum sein. Das Problem: Sie waren nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Ein offenes Mikrofon sorgte dafür, dass Bidens vertrauliche Worte an die Öffentlichkeit gelangten. Sie zeigen zugleich, worum es der Quad-Gruppe im Kern geht: Australien, Indien, Japan und die USA wollen dem autoritären und zunehmend aggressiv auftretenden China im Indopazifik einen demokratischen Block entgegenstellen.

Quad: Für Zukunfts-Projekte, nicht gegen China

Doch diese offene Konfrontation wollen die Quad eigentlich vermeiden. Statt einer negativen “Anti-China”-Rhetorik versuchte man am Wochenende, öffentlich Geschlossenheit für die Zukunft zu demonstrieren, in dem man

  • gemeinsame Werte und Ziele betont;
  • es vermeidet, China direkt zu nennen;
  • und indem man weitreichende gemeinsame Projekte für die Zukunft beschließt.

So heißt es in der Abschlusserklärung: “Die Quad ist strategischer ausgerichtet als je zuvor und stellt eine Kraft des Guten dar, die einen echten, positiven und nachhaltigen Einfluss auf die Indopazifik-Region hat.” Man betont, sich für einen offenen, sicheren und freien Indopazifik einzusetzen, für die Entwicklung aller Länder, für sichere Lieferketten, für die Souveränität der Staaten und demokratische Werte.

Beschlüsse: Gemeinsame Küstenpatrouillen und neue Hafen-Initiative

Entsprechend fallen die in Delaware gefassten Beschlüsse aus:

  • Maritime Sicherheit: gemeinsame Operationen der Küstenwache zur maritimen Überwachung, Schutz der jeweiligen exklusiven Wirtschaftszonen.
  • Gesundheit: Unter dem Titel “Quad Cancer Moonshot” will man gemeinsam gegen den sich in der Region ausbreitenden Gebärmutterhalskrebs vorgehen.
  • Humanitäre und Katastrophenhilfe: Man will weiterhin die Anfälligkeiten der Indopazifik-Staaten für Naturkatastrophen verringern. Es ist der Aspekt, der ursprünglich zur Gründung der Quad führte, die Tsunami-Katastrophe 2004.
  • Hochwertige Infrastruktur: eine neue “Quad Ports of the Future”- Partnerschaft, um die Entwicklung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Hafeninfrastruktur im gesamten Indopazifik-Raum zu unterstützen.
  • Kritische, neue Technologien: Ausweitung der Partnerschaft, um vertrauenswürdige Technologielösungen für die gesamte Indopazifik-Region bereitzustellen. Vergangenes Jahr startete in Palau die Initiative zur Bereitstellung des ersten Open Radio Access Network (RAN) im Pazifik. Weitere Projekte auf den Philippinen oder Tuvalu sollen folgen.
  • Hinzu kommen Vorhaben in den Bereichen Klima und saubere Energie, sowie Cybersicherheit.

Tatsächlich geht es um China und Nordkorea

Die Volksrepublik China wird in der gemeinsamen offiziellen Abschlusserklärung hingegen nicht explizit genannt. Und doch lässt sich zwischen den Zeilen genau herauslesen, wen die Quad vor allem im Blick haben: China und Nordkorea.

So heißt es – indirekt zu China:

  • Das Völkerrecht, insbesondere das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) müsse eingehalten werden, auch im Hinblick auf maritime Ansprüche.
  • Man sei ernsthaft besorgt über die Situation im Ost- und Südchinesischen Meer, wie auch über die Militarisierung umstrittener Gebiete sowie über Zwangs- und Einschüchterungsmanöver im Südchinesischen Meer.
  • Wir verurteilen den gefährlichen Einsatz von Schiffen der Küstenwache und maritimer Milizen, einschließlich der zunehmenden Anwendung gefährlicher Manöver.

Und zu Nordkorea:

  • “Wir äußern unsere tiefe Besorgnis über Länder, die die militärische Zusammenarbeit mit Nordkorea vertiefen.” Die Abschüsse ballistischer Raketen durch Nordkorea und sein anhaltendes Streben nach Atomwaffen werden explizit verurteilt. 

Quad in einer kritischen Phase

Es war ein wichtiger Quad-Gipfel am Wochenende in Joe Bidens Heimatstadt Wilmington. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung 2004 und vier Jahre nachdem Joe Biden die Quad auf die Ebene der Regierungschefs gehoben hat, befindet sich die Gruppe in einer kritischen Phase.

  • Zum einen könnten drei der vier Regierungschefs, die am Wochenende in Delaware zusammenkamen, nächstes Jahr nicht mehr im Amt sein.
  • Zum anderen gibt es innerhalb der Quad unterschiedliche Interessen. Und auch die Tonlage variiert deutlich zwischen Canberra, Delhi, Tokio und Washington.

Bidens Amtszeit neigt sich dem Ende entgegen. Japans Regierungschef Fumio Kishida tritt kommende Woche ab, und Australiens Premierminister Anthony Albanese muss sich im kommenden Jahr zur Wahl stellen.

Hinzu kommen unterschiedliche Interessen. Weil China immer offensiver seine Ziele verfolgt, setzen vor allem die USA und Australien verstärkt auf militärische Präsenz und Zusammenarbeit. Japan und Indien stehen dieser Entwicklung skeptisch gegenüber.

Der gemeinsame Antipode: China

Auch in den Bereichen Schutz von Lieferketten und wirtschaftlicher Entflechtung steckt Konfliktpotential. “Die Bemühungen der USA, China wirtschaftlich und technologisch einzuschränken, führt zu einer Spaltung zwischen japanischen, taiwanesischen und koreanischen Unternehmen”, erklärt Yoichiro Sato im Gespräch mit Table.Briefings. Der Professor für internationale Politik der Ritsumeikan Asia Pacific University im japanischen Beppu warnt angesichts der anstehenden Wahlen vor allzu forscher Rhetorik: “Ein Wirtschaftsnationalismus à la Donald Trump stelle für Japan ein Problem dar, in das man nicht hineingezogen werden möchte.”

Und so versuchen die Quad, mit gemeinsamen Projekten aus dieser kritischen Phase zu finden. Es wird wichtig sein, dass dabei konkrete Ergebnisse erzielt werden. Nur so wird man in den Bevölkerungen Zustimmung für die Gruppe gewinnen können. Manchmal gelingt das auch, in dem man schlicht den gemeinsamen Antipoden klar benennt – und sei es über ein nicht ausgeschaltetes Mikrofon.

  • Australien
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  • Indien
  • Indopazifik
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  • Klima & Umwelt
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Taiwan: Warum die Todesstrafe vorerst nicht abgeschafft wird

Taiwans Verfassungsgericht bei der Verkündung des umstrittenen Urteils zur Todesstrafe.

Die Todesstrafe sei bedingt verfassungskonform, erklärte der Präsident des taiwanischen Verfassungsgerichts, Hsu Tzung-li, am Freitag in Taipeh. Das Recht auf Leben sei zwar ein hohes Gut, aber kein absolutes, unverletzliches Recht, so Hsu. Im “gesellschaftlichen und historischen Kontext” Taiwans stellten “ausgleichende Gerechtigkeit und die Abschreckung schwerer Verbrechen, die das Rechtsgut Leben verletzten, auch weiterhin ein bedeutendes öffentliches Interesse dar”, erklärten die Verfassungsrichter in ihrer Urteilsbegründung.

In Taiwan befürwortet eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung weiterhin die Todesstrafe. In Umfragen sprechen sich regelmäßig mehr als 80 Prozent der Befragten gegen eine Abschaffung aus. Exekutionen erfolgen durch einen einzelnen Schuss ins Herz, wobei der Todeskandidat zuvor betäubt wird. Oft erfahren die Verurteilten erst kurz vor der Vollstreckung von ihrer Hinrichtung – ein Abschied von Angehörigen ist nicht möglich.

Die Obersten Richterinnen und Richter bestätigten am Freitag aber nicht nur die Verfassungsmäßigkeit dieser ultimativen Strafform. Sie hoben auch die Messlatte an, ab der eine Person zum Tode verurteilt werden kann, und verschärften die prozessualen Anforderungen an entsprechende Strafverfahren. Nur wenn eine besondere Schwere der Schuld nachweisbar ist, soll die Todesstrafe als Option in Frage kommen. Todesurteile müssen von nun an außerdem einstimmig von allen Richtern der jeweiligen Strafkammer bestätigt werden. Beobachter erwarten, dass dies die Anwendung der Todesstrafe deutlich erschweren wird. Bereits in den letzten Jahren hatten taiwanische Gerichte die Todesstrafe zunehmend selten verhängt. Was das Urteil im Detail für die 37 Antragsteller bedeutet, die bereits rechtskräftig zum Tode verurteilt sind, bleibt abzuwarten. Einige von ihnen können darauf hoffen, nach Prüfung durch den Generalstaatsanwalt erfolgreich ein außerordentliches Rechtsmittel (engl. extraordinary appeal) einzulegen.

Kritik aus allen Lagern

In einer schriftlichen Stellungnahme drückte die oppositionelle Kuomintang (KMT) ihre Unzufriedenheit mit der Entscheidung aus. Die Todesstrafe werde durch das Urteil “praktisch abgeschafft” kritisiert die konservative Partei. Dies weiche massiv vom Empfinden einer großen Mehrheit der taiwanischen Bevölkerung ab. Auch aus der Zivilgesellschaft hagelte es Kritik, wenn auch aus denkbar anderen Gründen.

Eine Koalition aus Menschenrechtsorganisationen berief im Anschluss an die Urteilsverkündung eine Pressekonferenz ein. Viele der anwesenden Rednerinnen und Redner, die sich seit Jahrzehnten für eine Abschaffung der Todesstrafe einsetzen, zeigten sich entsprechend enttäuscht und emotional. Die Entscheidung der Richter sei eine Kapitulation vor der Mehrheitsmeinung, sagte Huang Song-lih von Covenants Watch Taiwan. Die Organisation überwacht die Einhaltung der UN-Menschenrechtspakte ICCPR und ICESCR, die seit 2009 nationales Recht in Taiwan sind.

Dennoch zeigte sich Huang kämpferisch und rief dazu auf, das Urteil nicht als Schlussstrich unter der Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe zu deuten. “Das ist nur ein Gedankenstrich, der zwar enttäuschend ist, aber wir werden weiter kämpfen”, versprach der Aktivist. Helen Ko vom Taiwan Innocence Project wies derweil auf die Gefahr von Justizirrtümern hin. Selbst ein noch so ausgefeiltes System könne das Risiko von Fehlurteilen nicht komplett ausschließen, so Ko. “Justizirrtümer sind ein systemischer Fehler. Das ist kein theoretisches Problem. Bis heute sind in Taiwan bereits sieben ursprünglich zum Tode Verurteilte rehabilitiert worden”, rief Ko in Erinnerung.

Todesstrafe eine “Büchse der Pandora”

Zuspruch von den Menschenrechtlern erhielt dagegen der Verfassungsrichter Jan Sheng-lin. In einem 33-seitigen Dissens argumentiert der in Frankfurt am Main ausgebildete Jurist, dass Gerichte und das Justizministerium das Urteil nicht als “Lizenz zum Töten” missverstehen sollten. Wenn es um das in der Verfassung verbriefte Recht auf Leben ginge, dürfe es keine Ausnahmen geben, so Jan. Zwar biete die Todesstrafe die Illusion einer schnellen und direkten Durchsetzung von Gerechtigkeit, indem sie ein “Versprechen der ‘Vergeltung des Bösen mit Bösem'” abgebe, das den Schmerz der Opfer zu stillen scheine. “Doch sobald die ‘Büchse der Pandora’ der Todesstrafe einmal geöffnet ist, werden die damit verbundenen Fragen des Rechts auf Leben, des Humanitarismus, der Unverhältnismäßigkeit von Strafe und Schuld, willkürlicher Standards, sowie die Risiken von Fehlurteilen niemals gelöst werden können”, argumentiert Jan in seinem Dissens.

Zuletzt wurde die Todesstrafe in Taiwan im Jahr 2020 angewandt. Es war eine von insgesamt zwei Hinrichtungen in der Amtszeit von Präsidentin Tsai Ing-wen. Kritiker haben verschiedenen Regierungen in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, dass sie die Todesstrafe nutzen, um politisch Kapital zu schlagen oder von anderen Themen abzulenken. Im Jahr 2018 wurde zum Beispiel weniger als drei Monate vor den Lokalwahlen eine Hinrichtung durchgeführt. Die Anwendung der Todesstrafe wird regelmäßig von der EU und anderen Staaten kritisiert.

Verfassungsgericht wird zur Zielscheibe der Opposition

Der Status der Todesstrafe war in den vergangenen Monaten immer wieder ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. Vor allem während des Wahlkampfes hatte die KMT versucht, die regierende DPP mit dem Thema zu schwächen. Die Tatsache, dass unter Tsai “nur” zwei verurteilte Straftäter hingerichtet wurden, wurde von der Opposition als Zeichen gedeutet, dass die DPP die Todesstrafe durch die Hintertür abschaffen wolle.

In einer koordinierten Kampagne hatten führende KMT-Politiker in den letzten Wochen immer wieder die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichts attackiert, sie als “Wachhunde” der Regierungspartei diffamiert und ihnen jegliche Legitimation abgesprochen. 

Ähnlich wie in den USA werden die Mitglieder des Verfassungsgerichts durch den Präsidenten ernannt und durch das Parlament bestätigt. Anders als in Amerika ist ihre Amtszeit aber auf acht Jahre begrenzt. Alle der aktuellen 15 Verfassungsrichter wurden von Präsidentin Tsai ernannt. Ende Oktober müssen sieben von ihnen ihre Roben wieder abgeben. Ob das von der Opposition kontrollierte Parlament Präsident Lai Ching-tes Kandidaten bestätigen wird, ist mehr als fraglich. Am Wochenende hat eine führende KMT-Abgeordnete Pläne angekündigt, den Entscheidungsfindungsprozess durch das Gericht per Gesetzesnovelle ändern zu wollen. Anstatt mit einer einfachen Mehrheit sollen Entscheidungen nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit möglich sein. Falls das Parlament die sieben neuen Richter blockieren sollte, hieße das in der Praxis, dass das Gericht handlungsunfähig wäre.

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  • Zivilgesellschaft
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News

Offizielle Zahlen: Jugendarbeitslosigkeit erreicht neuen Höchststand

In China ist die Jugendarbeitslosigkeit im August auf den höchsten Stand seit Jahresbeginn gestiegen. Das teilte das chinesische Statistikamt am Freitag mit. Im vergangenen Monat lag die Arbeitslosenrate laut offiziellen Zahlen bei den 16- bis 24-Jährigen bei 18,8 Prozent – nach 17,1 Prozent im Juli. Die Arbeitslosenquote für die Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen stieg ebenfalls auf 6,9 Prozent gegenüber 6,5 Prozent im Vormonat. Bereits vergangene Woche hatte China bestätigt, dass die Gesamtarbeitslosenquote in den Städten im August bei 5,3 Prozent lag, verglichen mit 5,2 Prozent im Vormonat.

Die chinesischen Behörden hatten die Jugendarbeitslosigkeit im Juni vergangenen Jahres mit dem Rekordwert von 21,3 Prozent beziffert und anschließend die Veröffentlichung der Daten ausgesetzt. Seit Dezember wenden die Behörden nun eine überarbeitete Methode zur Erhebung von Daten zur Jugendarbeitslosigkeit an, die Studierende nicht mehr mit einbezieht. Die Schaffung von Arbeitsplätzen für Chinas Jugend hat für Peking hohe Priorität. Im August kamen 11,79 Millionen Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt – ein neuer Rekord. fpe

  • Arbeitsmarkt
  • Daten
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  • Studierende

Mängel: Mercedes muss in China eine halbe Million Fahrzeuge zurückrufen

Mercedes muss in China 500.000 Autos zurückrufen. Bei den Fahrzeugen bestünden Mängel bei der Feuchtigkeitsbeständigkeit des Raddrehzahlsensors, teilte die chinesische Behörde für Marktregulierung in Peking mit. In heißer und feuchter Umgebung könnte dieser den Angaben nach bei längerer Nutzung fehlerhaft arbeiten und Funktionen wie die Fahrdynamikregelung ESP und das Antiblockiersystem (ABS) beeinflussen. Die Fahrzeuge müssten ab dem 27. November aus dem Verkehr gezogen werden. Betroffen seien vor allem importierte Modelle der A- und B-Klasse, die Modelle CLA und GLA, sowie in China hergestellte GLA-Wagen.

China ist der wichtigste Markt für Mercedes. Der Konzern hatte erst am Donnerstag seine Ergebnisprognose zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten gesenkt. Mercedes rechnet beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in diesem Jahr mit einem deutlichen Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 19,7 Milliarden Euro. Das liegt vor allem auch am schwächelnden Absatz in China. Die Klientel dort sei derzeit “sehr vorsichtig, um es diplomatisch auszudrücken”, sagte Vorstandschef Ola Källenius bei einer Videokonferenz mit Analysten vergangene Woche. Die hohe Inflation und stark steigende Zinsen in den beiden vergangenen Jahren hätten Firmen und Verbraucher vom Autokauf abgehalten. fpe

  • Autoindustrie

Autonomes Fahren: Welche Technik die USA aus China verbieten wollen

Das US-Handelsministerium will laut einem Reuters-Bericht den Import und Verkauf von chinesischer Software und Hardware für vernetzte, autonom fahrende E-Autos verbieten, die auf amerikanischen Straßen unterwegs sind. Die geplante Maßnahme wird mit wachsenden Sicherheitsbedenken begründet. Die vorgeschlagene Verordnung würde den Import und Verkauf von Fahrzeugen aus China verbieten, die Kommunikations- oder automatisierte Fahrsystemkomponenten enthalten. Darunter fallen auch Bluetooth-, Satelliten- und Drahtlosfunktionen für diese Autos.

Das Verbot soll am Montag vorgeschlagen werden. Die USA befürchten, dass die Fahrzeuge Daten über US-amerikanische Fahrer und die Infrastruktur des Landes erheben und nach China weiterleiten. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich einer möglichen Manipulation von vernetzten Fahrzeugen und Navigationssystemen.

Der Schritt stellt eine erhebliche Verschärfung der laufenden Beschränkungen der Vereinigten Staaten für chinesische Fahrzeuge, Software und Komponenten dar. Die Zölle auf chinesische Importe wurden bereits stark angehoben, einschließlich eines 100-prozentigen Zolls auf Elektrofahrzeuge sowie neuer Zölle auf Batterien für Elektrofahrzeuge und wichtige Mineralien. ari

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Luftverkehr: Darum streicht Lufthansa seine China-Flüge aus Frankfurt

Lufthansa wird aller Voraussicht nach seine Flüge von Frankfurt nach Peking streichen. Das sagte Carsten Spohr, der Vorstandsvorsitzende der Airline, auf einer Mitarbeiterveranstaltung in München. Eine endgültige Entscheidung solle im Oktober fallen. Der deutsche Konzern bietet momentan noch einen täglichen Flug von Frankfurt nach Peking an. Wer in Zukunft mit der Lufthansa in die chinesische Hauptstadt will, müsste dann etwa auf München ausweichen.

Die Gründe sind zum einen das gesunkene Passagieraufkommen nach China, das wider Erwarten noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Lufthansa muss zudem, wie alle westlichen Gesellschaften, wegen Sanktionen Russland umfliegen, was die Reisezeit verlängert und einen größeren Kerosinverbrauch verursacht. Deswegen weichen viele Kunden auf nicht-europäische Airlines aus, die diesen Sanktionen nicht unterliegen, zum Beispiel jene aus China. Die chinesische Fluggesellschaft Air China bietet von Frankfurt beispielsweise 17 Flüge pro Woche an.

Hinzu gekommen ist, dass die Lufthansa wegen Verlusten ihrer Kernmarke ein Sparprogramm aufgelegt hat. Bis Juni flog sie vor Zinsen und Steuern ein Minus von 442 Millionen Euro ein. Der Konzern kritisiert, im Gegensatz zu nicht-europäischen Airlines strengeren politischen Rahmenbedingungen zu unterliegen. Nicht-europäische Airlines profitierten demnach von niedrigen Standortkosten, geringen Sozialstandards und hohen staatlichen Investitionen. fpe 

  • Flugverkehr
  • Reisebranche
  • Tourismus

Presseschau

Chinas Einfluss auf die Uno: die Ideen einer neuen Weltordnung sind beliebt NZZ
Quad-Gruppe äußert sich “ernsthaft besorgt” über Lage im Südchinesischen Meer FAZ
China im Konflikt mit den USA und den Philippinen: Peking hat Hunger T-ONLINE
China’s Power in Asia Plateauing Below US, Lowy Institute Says BLOOMBERG
Schleppende Erholung: Jugendarbeitslosigkeit in China steigt auf Rekordwert seit Jahresbeginn SPIEGEL
Handel im Wandel: US-Sanktionen dämpfen russisch-chinesischen Warenaustausch TELEPOLIS
Kann Alibaba für den deutschen Mittelstand zum Tor in die Welt werden? WIWO
Investitionen und Handel: Was China in Afrika erreichen will TELEPOLIS
USA planen Import-Beschränkungen für vernetzte Autos GOLEM
Chinas neuer Flugzeugträger setzt auf modernste Technologie TELEPOLIS
Peking hebt Importstopp auf: Japanischer Fisch auf Chinas Tellern FAZ
Er trug ein Protestshirt – Hongkonger Bürger muss monatelang ins Gefängnis SPIEGEL
Chinesischer Zoo gibt Hunde als Pandas aus WEB.DE

Heads

Beatrix Keim: Beim Aufstieg von Volkswagen in China dabei

Beatrix Keim kam 1998 zu FAW-Volkswagen und gestaltete den Aufstieg des Konzerns in China mit.

Die Winter im Nordosten Chinas sind dunkel und hart. Aber Beatrix Keim hatte während ihres Studiums zum Glück schon für eine Weile in Peking gelebt und kannte auch das einladende, sommerliche China. Als Changchun die frisch gebackene Absolventin mit eisiger Kälte empfing, sah sie nur ein riesiges Abenteuer. Es war der 1. Januar 1998 und Keim trat ihren ersten Job in China an – im Marketing bei FAW-Volkswagen.

Keim wurde 1967 in Neustadt an der Weinstraße geboren und interessierte sich schon früh für Sprachen. Nach Latinum und Graecum war das Sinologiestudium die nächste Herausforderung – damals noch ein Orchideenfach und an den meisten Universitäten in Deutschland stark philologisch ausgerichtet. Eine der wenigen Ausnahmen war Bochum, wo Keim Sinologie mit BWL kombinieren konnte. 1991 verbrachte sie an der Foreign Languages University in Peking ein Auslandsjahr und erwarb im Anschluss in Ludwigshafen einen Abschluss als Diplom-Kauffrau in Marketing Ostasien. Die perfekte Ausbildung für ihren weiteren Weg.

Brückenbauerin zwischen Wolfsburg und China

Volkswagen hatte 1994 sein zweites Joint Venture in China gegründet – mit dem Staatskonzern FAW. Doch der Absatz kam nicht so recht in Schwung und außerdem musste FAW-Volkswagen mit den Produkten des bereits etablierten Joint Ventures Shanghai-Volkswagen konkurrieren. Der Konzern suchte für den Standort Changchun jemanden für eine neu gegründete Sales Company: als Mitarbeiter im Marketing, der zugleich Brücken zwischen Wolfsburg und China bauen konnte. 

Das Marketing war bisher über den Partner FAW gelaufen, wie es damals bei den Joint Ventures der internationalen Autohersteller üblich war. Nun wurde aus Mitarbeitern des FAW-Marketings ein neues Team zusammengewürfelt, dessen Teil Keim wurde. Leiter der Abteilung war Fu Qiang, der sich in China später als E-Auto-Startup-Gründer einen Namen machte. Der Name seines Unternehmens: Aiways. 

Eine Sinologin analysiert Chinas Automarkt

Ihr gutes Chinesisch brachte “Xiao Fei” schnell Respekt bei den chinesischen Mitarbeitern ein. Für die deutschen VW-Kollegen in Changchun war es Gold wert. Es bestanden viele Missverständnisse zwischen deutschen und chinesischen Kollegen, trotz Dolmetschern. Mit Keim betrat Volkswagen Neuland – bisher waren vor allem Ingenieure an die chinesischen Standorte geschickt worden. Die Besetzung erwies sich als Erfolg und wurde bald von Konzernmarken kopiert. Auch Audi stellte wenige Monate später eine Sinologin ein – Miriam Mayer-Ebert, die heute eine Führungsrolle bei Audi in Peking besetzt.

Es war die Jahrtausendwende und der chinesische Automobilmarkt zog an. Ein kritischer Zeitpunkt, doch den Joint Ventures fehlte die Vertriebs-Kompetenz. Sie hatten den Vertrieb ihren chinesischen Partnern überlassen, die Modelle kamen wiederum aus Wolfsburg. Bei Volkswagen gab es viele Fragezeichen beim Verständnis des chinesischen Marktes.

Beatrix Keim wechselte als Marketing Coordinator Asia Pacific nach Wolfsburg. Dort sollte sie nicht nur einen Schulterschluss zwischen den beiden Volkswagen-Joint-Ventures erreichen, sondern durch Marktforschung, Studien und Fahrzeugtests ein besseres Verständnis für die Kunden in China schaffen. Bis dahin hatten alle deutschen Hersteller gemeinsam im Zwei-Jahres-Takt eine Marktstudie durchgeführt, beschränkt auf die drei wohlhabendsten Metropolen. Das bessere Verständnis des Marktes ermöglichte es Volkswagen schließlich, die passenden Modelle anzubieten und die Erfolgswelle der Automobilindustrie in China mit anzuführen.

Nach Corona zum Center Automotive Research

Nach einer Station bei Shanghai-Volkswagen wechselte Keim zu BMW und später zu Jaguar Land Rover. Ihre breite Erfahrung setzte sie in China auch in der Beratung ein, unter anderem als Digital Automotive Lead bei Accenture China und in einem Unternehmen in der digitalen Kreativbranche, das sie in China führte.

Keim erinnert sich gerne an die Freundschaften und beruflichen Verbindungen, die sie während dieser Zeit geknüpft hat. Besonders die Nordchinesen in Changchun mit ihrer direkten Art haben es ihr angetan. Und die Erfahrung, Ende der 90er in dieser Stadt gelebt zu haben, die so ganz anders war als das weltgewandte Shanghai oder Peking von heute.

Zum Ende der Corona-Pandemie zog die Autoexpertin zurück nach Deutschland. Dort kam sie 2022 zum Center Automotive Research (CAR). Als Director Business Development & China Projects organisiert sie unter anderem Kongresse für das CAR und tritt als Expertin für die Autoindustrie und China auf. Dabei greift sie auf ihren tiefen Erfahrungsschatz zurück, der nicht nur die Automobilindustrie umfasst, sondern auch die chinesische Gesellschaft und Kultur. Julia Fiedler

  • Ausbildung
  • Autoindustrie
  • Automotive
  • Studium
  • Universitäten

Personalien

Itai Ziv ist seit Juli Head of Corporate Security bei VW China. Ziv war für den deutschen Autobauer zuvor als APAC Regional Security Officer tätig. Sein neuer Einsatzort ist Peking.

Matteo Carlet hat bei Maurer China den Posten des Managing Director übernommen. Das Unternehmen aus München hat sich auf Bauwerkschutzsysteme und Stahlbau spezialisiert. Carlet ist für Maurer in Nanjing im Einsatz.

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Dessert

Apple verliert in China immer mehr Marktanteile an die heimische Konkurrenz. Trotzdem stehen die Menschen noch immer Schlange, wenn ein neues iPhone auf den Markt kommt – wie hier vor dem Apple-Store in Hangzhou eindrücklich zu sehen ist. Und das, obwohl das iPhone 16 in der Volksrepublik ohne die KI der neuen “Apple Intelligence”-Funktion auskommen muss. Doch nicht jeder, der ansteht, will auch kaufen: Viele nutzten den Besuch vor allem, um das Smartphone mit dem zwei Tage später von Huawei vorgestellten Mate XT zu vergleichen, das – so behaupten zumindest viele chinesische Tech-Blogger – die Amerikaner endgültig abgehängt haben soll.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es war ein wichtiger Quad-Gipfel am Wochenende in Joe Bidens Heimatstadt Wilmington. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung 2004 und vier Jahre nachdem Biden die Quad auf die Ebene der Regierungschefs gehoben hat, befindet sich die Gruppe bestehend aus USA, Indien, Japan und Australien in einer kritischen Phase. Zum einen könnten drei der vier Regierungschefs, die in Delaware zusammenkamen, nächstes Jahr nicht mehr im Amt sein. Zum anderen treffen innerhalb der Quad unterschiedliche Interessen aufeinander.

    Auf eines können sich die Demokratien aber einigen: Sie wollen dem autoritären und zunehmend aggressiv auftretenden China im Indopazifik Grenzen aufzeigen. Auch wenn die Gruppe das Thema nur indirekt ansprach, wurde schnell klar, wo dahingehend Akzente gesetzt werden sollen, schreibt Michael Radunski. Dazu gehören etwa gemeinsame Operationen der Küstenwache, die die maritimen Ansprüche verteidigen und zum Schutz der jeweiligen exklusiven Wirtschaftszonen beitragen sollen.

    In Taiwan wurde am Freitag ein mit Spannung erwartetes Urteil gefällt: Das taiwanische Verfassungsgericht hat die Todesstrafe als verfassungskonform eingestuft, aber zugleich strengere Bedingungen für ihre Anwendung festgelegt. Künftig müssen Todesurteile einstimmig beschlossen werden und dürfen nur bei besonders schwerwiegenden Verbrechen vollzogen werden. Die Urteilsverkündung gefällt jedoch nicht jedem, schreibt David Demes, der die Debatte und die Urteilsverkündung vor Ort verfolgt hat.

    Die konservative Kuomintang (KMT) kritisiert, dass die Todesstrafe durch das Urteil “praktisch abgeschafft” werde. Und das liege nicht im Interesse der Bürger. In Umfragen sprechen sich regelmäßig mehr als 80 Prozent der Taiwaner gegen eine Abschaffung aus. Menschenrechtsorganisationen halten dagegen, dass die Entscheidung der Richter eine Kapitulation vor der Mehrheitsmeinung sei. Wenn es um das in der Verfassung verbriefte Recht auf Leben ginge, dürfe es keine Ausnahmen geben.

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    Fabian Peltsch
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    Analyse

    Gipfel in Delaware: Wie die Quad aus einer kritischen Phase finden wollen

    Die Quad am Samstag in Wilmington, Delaware: Anthony Albanese (Australien), Narendra Modi (Indien), Joe Biden (USA) und Fumio Kishida (Japan).

    Joe Biden hat auf dem Quad-Gipfel in Delaware das getan, was man eigentlich unbedingt vermeiden wollte – den Elefanten im Raum klar benannt. “China verhält sich weiterhin aggressiv und stellt uns in der gesamten Region auf die Probe“, sagte der US-Präsident seinen Amtskollegen aus Australien, Indien und Japan. Chinas Präsident “versucht meiner Ansicht nach, sich diplomatischen Freiraum zu verschaffen, um Chinas Interessen aggressiv zu verfolgen.”

    Klarer könnten die Äußerungen des US-Präsidenten kaum sein. Das Problem: Sie waren nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Ein offenes Mikrofon sorgte dafür, dass Bidens vertrauliche Worte an die Öffentlichkeit gelangten. Sie zeigen zugleich, worum es der Quad-Gruppe im Kern geht: Australien, Indien, Japan und die USA wollen dem autoritären und zunehmend aggressiv auftretenden China im Indopazifik einen demokratischen Block entgegenstellen.

    Quad: Für Zukunfts-Projekte, nicht gegen China

    Doch diese offene Konfrontation wollen die Quad eigentlich vermeiden. Statt einer negativen “Anti-China”-Rhetorik versuchte man am Wochenende, öffentlich Geschlossenheit für die Zukunft zu demonstrieren, in dem man

    • gemeinsame Werte und Ziele betont;
    • es vermeidet, China direkt zu nennen;
    • und indem man weitreichende gemeinsame Projekte für die Zukunft beschließt.

    So heißt es in der Abschlusserklärung: “Die Quad ist strategischer ausgerichtet als je zuvor und stellt eine Kraft des Guten dar, die einen echten, positiven und nachhaltigen Einfluss auf die Indopazifik-Region hat.” Man betont, sich für einen offenen, sicheren und freien Indopazifik einzusetzen, für die Entwicklung aller Länder, für sichere Lieferketten, für die Souveränität der Staaten und demokratische Werte.

    Beschlüsse: Gemeinsame Küstenpatrouillen und neue Hafen-Initiative

    Entsprechend fallen die in Delaware gefassten Beschlüsse aus:

    • Maritime Sicherheit: gemeinsame Operationen der Küstenwache zur maritimen Überwachung, Schutz der jeweiligen exklusiven Wirtschaftszonen.
    • Gesundheit: Unter dem Titel “Quad Cancer Moonshot” will man gemeinsam gegen den sich in der Region ausbreitenden Gebärmutterhalskrebs vorgehen.
    • Humanitäre und Katastrophenhilfe: Man will weiterhin die Anfälligkeiten der Indopazifik-Staaten für Naturkatastrophen verringern. Es ist der Aspekt, der ursprünglich zur Gründung der Quad führte, die Tsunami-Katastrophe 2004.
    • Hochwertige Infrastruktur: eine neue “Quad Ports of the Future”- Partnerschaft, um die Entwicklung einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Hafeninfrastruktur im gesamten Indopazifik-Raum zu unterstützen.
    • Kritische, neue Technologien: Ausweitung der Partnerschaft, um vertrauenswürdige Technologielösungen für die gesamte Indopazifik-Region bereitzustellen. Vergangenes Jahr startete in Palau die Initiative zur Bereitstellung des ersten Open Radio Access Network (RAN) im Pazifik. Weitere Projekte auf den Philippinen oder Tuvalu sollen folgen.
    • Hinzu kommen Vorhaben in den Bereichen Klima und saubere Energie, sowie Cybersicherheit.

    Tatsächlich geht es um China und Nordkorea

    Die Volksrepublik China wird in der gemeinsamen offiziellen Abschlusserklärung hingegen nicht explizit genannt. Und doch lässt sich zwischen den Zeilen genau herauslesen, wen die Quad vor allem im Blick haben: China und Nordkorea.

    So heißt es – indirekt zu China:

    • Das Völkerrecht, insbesondere das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) müsse eingehalten werden, auch im Hinblick auf maritime Ansprüche.
    • Man sei ernsthaft besorgt über die Situation im Ost- und Südchinesischen Meer, wie auch über die Militarisierung umstrittener Gebiete sowie über Zwangs- und Einschüchterungsmanöver im Südchinesischen Meer.
    • Wir verurteilen den gefährlichen Einsatz von Schiffen der Küstenwache und maritimer Milizen, einschließlich der zunehmenden Anwendung gefährlicher Manöver.

    Und zu Nordkorea:

    • “Wir äußern unsere tiefe Besorgnis über Länder, die die militärische Zusammenarbeit mit Nordkorea vertiefen.” Die Abschüsse ballistischer Raketen durch Nordkorea und sein anhaltendes Streben nach Atomwaffen werden explizit verurteilt. 

    Quad in einer kritischen Phase

    Es war ein wichtiger Quad-Gipfel am Wochenende in Joe Bidens Heimatstadt Wilmington. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung 2004 und vier Jahre nachdem Joe Biden die Quad auf die Ebene der Regierungschefs gehoben hat, befindet sich die Gruppe in einer kritischen Phase.

    • Zum einen könnten drei der vier Regierungschefs, die am Wochenende in Delaware zusammenkamen, nächstes Jahr nicht mehr im Amt sein.
    • Zum anderen gibt es innerhalb der Quad unterschiedliche Interessen. Und auch die Tonlage variiert deutlich zwischen Canberra, Delhi, Tokio und Washington.

    Bidens Amtszeit neigt sich dem Ende entgegen. Japans Regierungschef Fumio Kishida tritt kommende Woche ab, und Australiens Premierminister Anthony Albanese muss sich im kommenden Jahr zur Wahl stellen.

    Hinzu kommen unterschiedliche Interessen. Weil China immer offensiver seine Ziele verfolgt, setzen vor allem die USA und Australien verstärkt auf militärische Präsenz und Zusammenarbeit. Japan und Indien stehen dieser Entwicklung skeptisch gegenüber.

    Der gemeinsame Antipode: China

    Auch in den Bereichen Schutz von Lieferketten und wirtschaftlicher Entflechtung steckt Konfliktpotential. “Die Bemühungen der USA, China wirtschaftlich und technologisch einzuschränken, führt zu einer Spaltung zwischen japanischen, taiwanesischen und koreanischen Unternehmen”, erklärt Yoichiro Sato im Gespräch mit Table.Briefings. Der Professor für internationale Politik der Ritsumeikan Asia Pacific University im japanischen Beppu warnt angesichts der anstehenden Wahlen vor allzu forscher Rhetorik: “Ein Wirtschaftsnationalismus à la Donald Trump stelle für Japan ein Problem dar, in das man nicht hineingezogen werden möchte.”

    Und so versuchen die Quad, mit gemeinsamen Projekten aus dieser kritischen Phase zu finden. Es wird wichtig sein, dass dabei konkrete Ergebnisse erzielt werden. Nur so wird man in den Bevölkerungen Zustimmung für die Gruppe gewinnen können. Manchmal gelingt das auch, in dem man schlicht den gemeinsamen Antipoden klar benennt – und sei es über ein nicht ausgeschaltetes Mikrofon.

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    Taiwan: Warum die Todesstrafe vorerst nicht abgeschafft wird

    Taiwans Verfassungsgericht bei der Verkündung des umstrittenen Urteils zur Todesstrafe.

    Die Todesstrafe sei bedingt verfassungskonform, erklärte der Präsident des taiwanischen Verfassungsgerichts, Hsu Tzung-li, am Freitag in Taipeh. Das Recht auf Leben sei zwar ein hohes Gut, aber kein absolutes, unverletzliches Recht, so Hsu. Im “gesellschaftlichen und historischen Kontext” Taiwans stellten “ausgleichende Gerechtigkeit und die Abschreckung schwerer Verbrechen, die das Rechtsgut Leben verletzten, auch weiterhin ein bedeutendes öffentliches Interesse dar”, erklärten die Verfassungsrichter in ihrer Urteilsbegründung.

    In Taiwan befürwortet eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung weiterhin die Todesstrafe. In Umfragen sprechen sich regelmäßig mehr als 80 Prozent der Befragten gegen eine Abschaffung aus. Exekutionen erfolgen durch einen einzelnen Schuss ins Herz, wobei der Todeskandidat zuvor betäubt wird. Oft erfahren die Verurteilten erst kurz vor der Vollstreckung von ihrer Hinrichtung – ein Abschied von Angehörigen ist nicht möglich.

    Die Obersten Richterinnen und Richter bestätigten am Freitag aber nicht nur die Verfassungsmäßigkeit dieser ultimativen Strafform. Sie hoben auch die Messlatte an, ab der eine Person zum Tode verurteilt werden kann, und verschärften die prozessualen Anforderungen an entsprechende Strafverfahren. Nur wenn eine besondere Schwere der Schuld nachweisbar ist, soll die Todesstrafe als Option in Frage kommen. Todesurteile müssen von nun an außerdem einstimmig von allen Richtern der jeweiligen Strafkammer bestätigt werden. Beobachter erwarten, dass dies die Anwendung der Todesstrafe deutlich erschweren wird. Bereits in den letzten Jahren hatten taiwanische Gerichte die Todesstrafe zunehmend selten verhängt. Was das Urteil im Detail für die 37 Antragsteller bedeutet, die bereits rechtskräftig zum Tode verurteilt sind, bleibt abzuwarten. Einige von ihnen können darauf hoffen, nach Prüfung durch den Generalstaatsanwalt erfolgreich ein außerordentliches Rechtsmittel (engl. extraordinary appeal) einzulegen.

    Kritik aus allen Lagern

    In einer schriftlichen Stellungnahme drückte die oppositionelle Kuomintang (KMT) ihre Unzufriedenheit mit der Entscheidung aus. Die Todesstrafe werde durch das Urteil “praktisch abgeschafft” kritisiert die konservative Partei. Dies weiche massiv vom Empfinden einer großen Mehrheit der taiwanischen Bevölkerung ab. Auch aus der Zivilgesellschaft hagelte es Kritik, wenn auch aus denkbar anderen Gründen.

    Eine Koalition aus Menschenrechtsorganisationen berief im Anschluss an die Urteilsverkündung eine Pressekonferenz ein. Viele der anwesenden Rednerinnen und Redner, die sich seit Jahrzehnten für eine Abschaffung der Todesstrafe einsetzen, zeigten sich entsprechend enttäuscht und emotional. Die Entscheidung der Richter sei eine Kapitulation vor der Mehrheitsmeinung, sagte Huang Song-lih von Covenants Watch Taiwan. Die Organisation überwacht die Einhaltung der UN-Menschenrechtspakte ICCPR und ICESCR, die seit 2009 nationales Recht in Taiwan sind.

    Dennoch zeigte sich Huang kämpferisch und rief dazu auf, das Urteil nicht als Schlussstrich unter der Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe zu deuten. “Das ist nur ein Gedankenstrich, der zwar enttäuschend ist, aber wir werden weiter kämpfen”, versprach der Aktivist. Helen Ko vom Taiwan Innocence Project wies derweil auf die Gefahr von Justizirrtümern hin. Selbst ein noch so ausgefeiltes System könne das Risiko von Fehlurteilen nicht komplett ausschließen, so Ko. “Justizirrtümer sind ein systemischer Fehler. Das ist kein theoretisches Problem. Bis heute sind in Taiwan bereits sieben ursprünglich zum Tode Verurteilte rehabilitiert worden”, rief Ko in Erinnerung.

    Todesstrafe eine “Büchse der Pandora”

    Zuspruch von den Menschenrechtlern erhielt dagegen der Verfassungsrichter Jan Sheng-lin. In einem 33-seitigen Dissens argumentiert der in Frankfurt am Main ausgebildete Jurist, dass Gerichte und das Justizministerium das Urteil nicht als “Lizenz zum Töten” missverstehen sollten. Wenn es um das in der Verfassung verbriefte Recht auf Leben ginge, dürfe es keine Ausnahmen geben, so Jan. Zwar biete die Todesstrafe die Illusion einer schnellen und direkten Durchsetzung von Gerechtigkeit, indem sie ein “Versprechen der ‘Vergeltung des Bösen mit Bösem'” abgebe, das den Schmerz der Opfer zu stillen scheine. “Doch sobald die ‘Büchse der Pandora’ der Todesstrafe einmal geöffnet ist, werden die damit verbundenen Fragen des Rechts auf Leben, des Humanitarismus, der Unverhältnismäßigkeit von Strafe und Schuld, willkürlicher Standards, sowie die Risiken von Fehlurteilen niemals gelöst werden können”, argumentiert Jan in seinem Dissens.

    Zuletzt wurde die Todesstrafe in Taiwan im Jahr 2020 angewandt. Es war eine von insgesamt zwei Hinrichtungen in der Amtszeit von Präsidentin Tsai Ing-wen. Kritiker haben verschiedenen Regierungen in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, dass sie die Todesstrafe nutzen, um politisch Kapital zu schlagen oder von anderen Themen abzulenken. Im Jahr 2018 wurde zum Beispiel weniger als drei Monate vor den Lokalwahlen eine Hinrichtung durchgeführt. Die Anwendung der Todesstrafe wird regelmäßig von der EU und anderen Staaten kritisiert.

    Verfassungsgericht wird zur Zielscheibe der Opposition

    Der Status der Todesstrafe war in den vergangenen Monaten immer wieder ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. Vor allem während des Wahlkampfes hatte die KMT versucht, die regierende DPP mit dem Thema zu schwächen. Die Tatsache, dass unter Tsai “nur” zwei verurteilte Straftäter hingerichtet wurden, wurde von der Opposition als Zeichen gedeutet, dass die DPP die Todesstrafe durch die Hintertür abschaffen wolle.

    In einer koordinierten Kampagne hatten führende KMT-Politiker in den letzten Wochen immer wieder die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichts attackiert, sie als “Wachhunde” der Regierungspartei diffamiert und ihnen jegliche Legitimation abgesprochen. 

    Ähnlich wie in den USA werden die Mitglieder des Verfassungsgerichts durch den Präsidenten ernannt und durch das Parlament bestätigt. Anders als in Amerika ist ihre Amtszeit aber auf acht Jahre begrenzt. Alle der aktuellen 15 Verfassungsrichter wurden von Präsidentin Tsai ernannt. Ende Oktober müssen sieben von ihnen ihre Roben wieder abgeben. Ob das von der Opposition kontrollierte Parlament Präsident Lai Ching-tes Kandidaten bestätigen wird, ist mehr als fraglich. Am Wochenende hat eine führende KMT-Abgeordnete Pläne angekündigt, den Entscheidungsfindungsprozess durch das Gericht per Gesetzesnovelle ändern zu wollen. Anstatt mit einer einfachen Mehrheit sollen Entscheidungen nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit möglich sein. Falls das Parlament die sieben neuen Richter blockieren sollte, hieße das in der Praxis, dass das Gericht handlungsunfähig wäre.

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    News

    Offizielle Zahlen: Jugendarbeitslosigkeit erreicht neuen Höchststand

    In China ist die Jugendarbeitslosigkeit im August auf den höchsten Stand seit Jahresbeginn gestiegen. Das teilte das chinesische Statistikamt am Freitag mit. Im vergangenen Monat lag die Arbeitslosenrate laut offiziellen Zahlen bei den 16- bis 24-Jährigen bei 18,8 Prozent – nach 17,1 Prozent im Juli. Die Arbeitslosenquote für die Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen stieg ebenfalls auf 6,9 Prozent gegenüber 6,5 Prozent im Vormonat. Bereits vergangene Woche hatte China bestätigt, dass die Gesamtarbeitslosenquote in den Städten im August bei 5,3 Prozent lag, verglichen mit 5,2 Prozent im Vormonat.

    Die chinesischen Behörden hatten die Jugendarbeitslosigkeit im Juni vergangenen Jahres mit dem Rekordwert von 21,3 Prozent beziffert und anschließend die Veröffentlichung der Daten ausgesetzt. Seit Dezember wenden die Behörden nun eine überarbeitete Methode zur Erhebung von Daten zur Jugendarbeitslosigkeit an, die Studierende nicht mehr mit einbezieht. Die Schaffung von Arbeitsplätzen für Chinas Jugend hat für Peking hohe Priorität. Im August kamen 11,79 Millionen Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt – ein neuer Rekord. fpe

    • Arbeitsmarkt
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    • Studierende

    Mängel: Mercedes muss in China eine halbe Million Fahrzeuge zurückrufen

    Mercedes muss in China 500.000 Autos zurückrufen. Bei den Fahrzeugen bestünden Mängel bei der Feuchtigkeitsbeständigkeit des Raddrehzahlsensors, teilte die chinesische Behörde für Marktregulierung in Peking mit. In heißer und feuchter Umgebung könnte dieser den Angaben nach bei längerer Nutzung fehlerhaft arbeiten und Funktionen wie die Fahrdynamikregelung ESP und das Antiblockiersystem (ABS) beeinflussen. Die Fahrzeuge müssten ab dem 27. November aus dem Verkehr gezogen werden. Betroffen seien vor allem importierte Modelle der A- und B-Klasse, die Modelle CLA und GLA, sowie in China hergestellte GLA-Wagen.

    China ist der wichtigste Markt für Mercedes. Der Konzern hatte erst am Donnerstag seine Ergebnisprognose zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten gesenkt. Mercedes rechnet beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in diesem Jahr mit einem deutlichen Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 19,7 Milliarden Euro. Das liegt vor allem auch am schwächelnden Absatz in China. Die Klientel dort sei derzeit “sehr vorsichtig, um es diplomatisch auszudrücken”, sagte Vorstandschef Ola Källenius bei einer Videokonferenz mit Analysten vergangene Woche. Die hohe Inflation und stark steigende Zinsen in den beiden vergangenen Jahren hätten Firmen und Verbraucher vom Autokauf abgehalten. fpe

    • Autoindustrie

    Autonomes Fahren: Welche Technik die USA aus China verbieten wollen

    Das US-Handelsministerium will laut einem Reuters-Bericht den Import und Verkauf von chinesischer Software und Hardware für vernetzte, autonom fahrende E-Autos verbieten, die auf amerikanischen Straßen unterwegs sind. Die geplante Maßnahme wird mit wachsenden Sicherheitsbedenken begründet. Die vorgeschlagene Verordnung würde den Import und Verkauf von Fahrzeugen aus China verbieten, die Kommunikations- oder automatisierte Fahrsystemkomponenten enthalten. Darunter fallen auch Bluetooth-, Satelliten- und Drahtlosfunktionen für diese Autos.

    Das Verbot soll am Montag vorgeschlagen werden. Die USA befürchten, dass die Fahrzeuge Daten über US-amerikanische Fahrer und die Infrastruktur des Landes erheben und nach China weiterleiten. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich einer möglichen Manipulation von vernetzten Fahrzeugen und Navigationssystemen.

    Der Schritt stellt eine erhebliche Verschärfung der laufenden Beschränkungen der Vereinigten Staaten für chinesische Fahrzeuge, Software und Komponenten dar. Die Zölle auf chinesische Importe wurden bereits stark angehoben, einschließlich eines 100-prozentigen Zolls auf Elektrofahrzeuge sowie neuer Zölle auf Batterien für Elektrofahrzeuge und wichtige Mineralien. ari

    • Autonomes Fahren
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    Luftverkehr: Darum streicht Lufthansa seine China-Flüge aus Frankfurt

    Lufthansa wird aller Voraussicht nach seine Flüge von Frankfurt nach Peking streichen. Das sagte Carsten Spohr, der Vorstandsvorsitzende der Airline, auf einer Mitarbeiterveranstaltung in München. Eine endgültige Entscheidung solle im Oktober fallen. Der deutsche Konzern bietet momentan noch einen täglichen Flug von Frankfurt nach Peking an. Wer in Zukunft mit der Lufthansa in die chinesische Hauptstadt will, müsste dann etwa auf München ausweichen.

    Die Gründe sind zum einen das gesunkene Passagieraufkommen nach China, das wider Erwarten noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Lufthansa muss zudem, wie alle westlichen Gesellschaften, wegen Sanktionen Russland umfliegen, was die Reisezeit verlängert und einen größeren Kerosinverbrauch verursacht. Deswegen weichen viele Kunden auf nicht-europäische Airlines aus, die diesen Sanktionen nicht unterliegen, zum Beispiel jene aus China. Die chinesische Fluggesellschaft Air China bietet von Frankfurt beispielsweise 17 Flüge pro Woche an.

    Hinzu gekommen ist, dass die Lufthansa wegen Verlusten ihrer Kernmarke ein Sparprogramm aufgelegt hat. Bis Juni flog sie vor Zinsen und Steuern ein Minus von 442 Millionen Euro ein. Der Konzern kritisiert, im Gegensatz zu nicht-europäischen Airlines strengeren politischen Rahmenbedingungen zu unterliegen. Nicht-europäische Airlines profitierten demnach von niedrigen Standortkosten, geringen Sozialstandards und hohen staatlichen Investitionen. fpe 

    • Flugverkehr
    • Reisebranche
    • Tourismus

    Presseschau

    Chinas Einfluss auf die Uno: die Ideen einer neuen Weltordnung sind beliebt NZZ
    Quad-Gruppe äußert sich “ernsthaft besorgt” über Lage im Südchinesischen Meer FAZ
    China im Konflikt mit den USA und den Philippinen: Peking hat Hunger T-ONLINE
    China’s Power in Asia Plateauing Below US, Lowy Institute Says BLOOMBERG
    Schleppende Erholung: Jugendarbeitslosigkeit in China steigt auf Rekordwert seit Jahresbeginn SPIEGEL
    Handel im Wandel: US-Sanktionen dämpfen russisch-chinesischen Warenaustausch TELEPOLIS
    Kann Alibaba für den deutschen Mittelstand zum Tor in die Welt werden? WIWO
    Investitionen und Handel: Was China in Afrika erreichen will TELEPOLIS
    USA planen Import-Beschränkungen für vernetzte Autos GOLEM
    Chinas neuer Flugzeugträger setzt auf modernste Technologie TELEPOLIS
    Peking hebt Importstopp auf: Japanischer Fisch auf Chinas Tellern FAZ
    Er trug ein Protestshirt – Hongkonger Bürger muss monatelang ins Gefängnis SPIEGEL
    Chinesischer Zoo gibt Hunde als Pandas aus WEB.DE

    Heads

    Beatrix Keim: Beim Aufstieg von Volkswagen in China dabei

    Beatrix Keim kam 1998 zu FAW-Volkswagen und gestaltete den Aufstieg des Konzerns in China mit.

    Die Winter im Nordosten Chinas sind dunkel und hart. Aber Beatrix Keim hatte während ihres Studiums zum Glück schon für eine Weile in Peking gelebt und kannte auch das einladende, sommerliche China. Als Changchun die frisch gebackene Absolventin mit eisiger Kälte empfing, sah sie nur ein riesiges Abenteuer. Es war der 1. Januar 1998 und Keim trat ihren ersten Job in China an – im Marketing bei FAW-Volkswagen.

    Keim wurde 1967 in Neustadt an der Weinstraße geboren und interessierte sich schon früh für Sprachen. Nach Latinum und Graecum war das Sinologiestudium die nächste Herausforderung – damals noch ein Orchideenfach und an den meisten Universitäten in Deutschland stark philologisch ausgerichtet. Eine der wenigen Ausnahmen war Bochum, wo Keim Sinologie mit BWL kombinieren konnte. 1991 verbrachte sie an der Foreign Languages University in Peking ein Auslandsjahr und erwarb im Anschluss in Ludwigshafen einen Abschluss als Diplom-Kauffrau in Marketing Ostasien. Die perfekte Ausbildung für ihren weiteren Weg.

    Brückenbauerin zwischen Wolfsburg und China

    Volkswagen hatte 1994 sein zweites Joint Venture in China gegründet – mit dem Staatskonzern FAW. Doch der Absatz kam nicht so recht in Schwung und außerdem musste FAW-Volkswagen mit den Produkten des bereits etablierten Joint Ventures Shanghai-Volkswagen konkurrieren. Der Konzern suchte für den Standort Changchun jemanden für eine neu gegründete Sales Company: als Mitarbeiter im Marketing, der zugleich Brücken zwischen Wolfsburg und China bauen konnte. 

    Das Marketing war bisher über den Partner FAW gelaufen, wie es damals bei den Joint Ventures der internationalen Autohersteller üblich war. Nun wurde aus Mitarbeitern des FAW-Marketings ein neues Team zusammengewürfelt, dessen Teil Keim wurde. Leiter der Abteilung war Fu Qiang, der sich in China später als E-Auto-Startup-Gründer einen Namen machte. Der Name seines Unternehmens: Aiways. 

    Eine Sinologin analysiert Chinas Automarkt

    Ihr gutes Chinesisch brachte “Xiao Fei” schnell Respekt bei den chinesischen Mitarbeitern ein. Für die deutschen VW-Kollegen in Changchun war es Gold wert. Es bestanden viele Missverständnisse zwischen deutschen und chinesischen Kollegen, trotz Dolmetschern. Mit Keim betrat Volkswagen Neuland – bisher waren vor allem Ingenieure an die chinesischen Standorte geschickt worden. Die Besetzung erwies sich als Erfolg und wurde bald von Konzernmarken kopiert. Auch Audi stellte wenige Monate später eine Sinologin ein – Miriam Mayer-Ebert, die heute eine Führungsrolle bei Audi in Peking besetzt.

    Es war die Jahrtausendwende und der chinesische Automobilmarkt zog an. Ein kritischer Zeitpunkt, doch den Joint Ventures fehlte die Vertriebs-Kompetenz. Sie hatten den Vertrieb ihren chinesischen Partnern überlassen, die Modelle kamen wiederum aus Wolfsburg. Bei Volkswagen gab es viele Fragezeichen beim Verständnis des chinesischen Marktes.

    Beatrix Keim wechselte als Marketing Coordinator Asia Pacific nach Wolfsburg. Dort sollte sie nicht nur einen Schulterschluss zwischen den beiden Volkswagen-Joint-Ventures erreichen, sondern durch Marktforschung, Studien und Fahrzeugtests ein besseres Verständnis für die Kunden in China schaffen. Bis dahin hatten alle deutschen Hersteller gemeinsam im Zwei-Jahres-Takt eine Marktstudie durchgeführt, beschränkt auf die drei wohlhabendsten Metropolen. Das bessere Verständnis des Marktes ermöglichte es Volkswagen schließlich, die passenden Modelle anzubieten und die Erfolgswelle der Automobilindustrie in China mit anzuführen.

    Nach Corona zum Center Automotive Research

    Nach einer Station bei Shanghai-Volkswagen wechselte Keim zu BMW und später zu Jaguar Land Rover. Ihre breite Erfahrung setzte sie in China auch in der Beratung ein, unter anderem als Digital Automotive Lead bei Accenture China und in einem Unternehmen in der digitalen Kreativbranche, das sie in China führte.

    Keim erinnert sich gerne an die Freundschaften und beruflichen Verbindungen, die sie während dieser Zeit geknüpft hat. Besonders die Nordchinesen in Changchun mit ihrer direkten Art haben es ihr angetan. Und die Erfahrung, Ende der 90er in dieser Stadt gelebt zu haben, die so ganz anders war als das weltgewandte Shanghai oder Peking von heute.

    Zum Ende der Corona-Pandemie zog die Autoexpertin zurück nach Deutschland. Dort kam sie 2022 zum Center Automotive Research (CAR). Als Director Business Development & China Projects organisiert sie unter anderem Kongresse für das CAR und tritt als Expertin für die Autoindustrie und China auf. Dabei greift sie auf ihren tiefen Erfahrungsschatz zurück, der nicht nur die Automobilindustrie umfasst, sondern auch die chinesische Gesellschaft und Kultur. Julia Fiedler

    • Ausbildung
    • Autoindustrie
    • Automotive
    • Studium
    • Universitäten

    Personalien

    Itai Ziv ist seit Juli Head of Corporate Security bei VW China. Ziv war für den deutschen Autobauer zuvor als APAC Regional Security Officer tätig. Sein neuer Einsatzort ist Peking.

    Matteo Carlet hat bei Maurer China den Posten des Managing Director übernommen. Das Unternehmen aus München hat sich auf Bauwerkschutzsysteme und Stahlbau spezialisiert. Carlet ist für Maurer in Nanjing im Einsatz.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Apple verliert in China immer mehr Marktanteile an die heimische Konkurrenz. Trotzdem stehen die Menschen noch immer Schlange, wenn ein neues iPhone auf den Markt kommt – wie hier vor dem Apple-Store in Hangzhou eindrücklich zu sehen ist. Und das, obwohl das iPhone 16 in der Volksrepublik ohne die KI der neuen “Apple Intelligence”-Funktion auskommen muss. Doch nicht jeder, der ansteht, will auch kaufen: Viele nutzten den Besuch vor allem, um das Smartphone mit dem zwei Tage später von Huawei vorgestellten Mate XT zu vergleichen, das – so behaupten zumindest viele chinesische Tech-Blogger – die Amerikaner endgültig abgehängt haben soll.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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