die US-Beschränkungen für die Lieferung der stärksten Mikrochips an China haben die Technikbranche des Landes hart getroffen. Sie hemmen die Entwicklung spürbar. Entsprechend groß ist das Bedürfnis nach Erfolgsmeldungen wie dieser: Tsinghua-Forscher entwickeln Chip, der stärker ist als das beste US-Modell. Das hört man in China gerne.
Doch bei näherem Hinsehen verhält es sich etwas anders. Den Forschern ist ein Durchbruch in einer anderen Technologieklasse gelungen, die grundsätzlich viel schneller ist als herkömmliche Chips. Sie basiert auf Rechenoperationen mit Licht, wie Jörn Petring in seiner Analyse erläutert. Der Schönheitsfehler: Auch die führende US-Konkurrenz forscht an optischen Computern. Und noch ist nicht ganz klar, wie sich die experimentelle Technik in der Praxis bewähren wird.
Wer vor den 2000er-Jahren in China unterwegs war, sah sie überall, war von ihnen umgeben und wahrscheinlich auch Teil von ihnen: Schwärme von Fahrrädern, so dicht, dass sie aus der Ferne wie schwarze Wolken aussahen. Das wirkte sympathisch und charmant. Dann kam der Wohlstand, und so begrüßenswert er ist, steckten die Verkehrsteilnehmer plötzlich ganz uncharmant in tonnenweise Blech fest.
Doch jetzt schaut China auf Münster und Kopenhagen, schreibt Christian Domke Seidel. Das Auto ist zwar wie in Deutschland weiter ein Statussymbol, doch die Verstopfung der Städte ist unerträglich geworden. Die Regierung fördert daher eine Rückbesinnung aufs Rad. Was in Deutschland quälend lange Planung benötigt und Bürgerproteste auslöst, geht in China ganz schnell: der Bau moderner Radwege.
Einem Forscherteam der Tsinghua-Universität in Peking ist ein Durchbruch gelungen. Im Wissenschaftsmagazin Nature berichten die Wissenschaftler über einen neuen KI-Chip, der mit Lichtteilchen rechnet. Diese Technologie wird herkömmlichen Halbleiterbausteinen bei zahlreichen Anwendungen überlegen sein.
Chinas Medien verweisen bereits darauf, darauf, dass er auch die aktuellen Spitzenmodelle von Nvidia übertreffen wird. Die Fokussierung auf Nvidia liegt vor allem daran, dass gerade neue Sanktionen für KI-Hardware des US-Herstellers in Kraft getreten sind und China sich derzeit von der US-Abhängigkeit lösen will.
Noch funktioniert der von ihnen entwickelte Chip mit dem Namen ACCEL nur im Labor. Dort liefert er aber beeindruckende Ergebnisse. Bei speziellen KI-Aufgaben wie Bild- und Videoerkennung soll der ACCEL-Chip bis zu 3.000 Mal schneller sein als der A100, das Topmodell von Nvidia.
Die Forscher der Tsinghua-Universität haben einen völlig anderen Ansatz gewählt als bei den derzeit gängigen Prozessoren. Der ACCEL ist ein sogenannter vollanaloger Chip, der elektronische und optische Verarbeitung kombiniert – ein Ansatz also, der das Beste aus beiden Technologien nutzt, um Daten zu verarbeiten.
Bei der photonischen Datenverarbeitung, auch optische Datenverarbeitung genannt, werden Lichtwellen (Photonen) anstelle von elektrischen Strömen (Elektronen) zur Informationsverarbeitung verwendet. Diese Technik macht die Datenverarbeitung schneller und energieeffizienter, da Photonen schneller als Elektronen sind und keine Restwärme abfällt.
Diesen Ansatz der Chip-Herstellung verfolgt China nicht exklusiv, auch US-Forscher arbeiten an optischem Computing – es ist also ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu erwarten. Doch anders als bei der Siliziumtechnik, deren Ursprünge in eine Zeit zurückreichen, in der China noch rückständig war, droht hier kein so extremer Vorsprung der USA.
In den Praxistests der Tsinghua-Wissenschaftler zeigte ACCEL eine hohe Genauigkeit bei der Bild- und Videoerkennung, was bedeutet, dass er ähnliche Aufgaben wie ein Grafikprozessor (GPU) wie der A100 übernehmen könnte – nur viel schneller und mit geringerem Stromverbrauch.
Obwohl der ACCEL-Chip eine hohe Leistung in spezialisierten Bereichen zeigt, verfügt er nicht über die breite Anwendungspalette eines Chips, wie er in Smartphones und Computern zu finden ist. Er ist auf spezifische Aufgaben zugeschnitten. Unklar ist auch, wann die neue Chiptechnik der Tsinghua-Universität ein Stadium erreichen wird, in dem eine Massenproduktion möglich ist.
Für chinesische Technologieunternehmen, die KI-Modelle entwickeln, sind Hochleistungschips unverzichtbar. Für Unternehmen wie Alibaba, Baidu oder Tencent wäre es daher von großem Vorteil, wenn sie in Zukunft Zugang zu ACCEL-Chips hätten. Kurzfristig nützt ihnen der Forschungserfolg der Tsinghua-Universität allerdings wenig. Denn sie brauchen jetzt Chips. Und die Beschränkungen der Amerikaner werden immer schärfer.
Gerade die Chips von Nvidia sind derzeit das Maß aller Dinge bei der Entwicklung von KI-Sprachmodellen und anderen rechenintensiven KI-Anwendungen. Technologieunternehmen müssen daher ihre Rechenzentren mit einer großen Anzahl dieser Chips ausstatten, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Für chinesische Unternehmen ist dies aufgrund der Beschränkungen der US-Regierung jedoch nicht einfach. Den A100 und seinen Nachfolger H100, also die absoluten Topmodelle, durfte Nvidia schon seit einiger Zeit nicht mehr in China verkaufen. Mitte Oktober kündigte die US-Regierung dann auch ein Exportverbot für den H800 und den A800 an. Zur Vermeidung der Sanktionen bietet Nvidia nun gezielt abgespeckte Versionen seiner Spitzenmodelle an.
Dabei handelt es sich um etwas einfachere Versionen der KI-Chips von Nvidia. Washington begründet die Verbote damit, dass China durch den Zugang zu fortgeschrittenen KI-Chips die nationale Sicherheit der USA gefährden könnte.
Peking wiederum sieht in solchen Restriktionen den Versuch der Amerikaner, China wirtschaftlich zu schaden und seinen Aufstieg zu bremsen. Daher hat der Aufbau einer eigenständigen Chipindustrie für die chinesische Führung oberste Priorität. Während Nvidia in China ein Milliardengeschäft entgeht, kann sich die Tsinghua-Universität sicher sein, dass sie alle nötigen Mittel von der Regierung erhält.
Seit der Coronapandemie fahren die Chinesen wieder mehr Rad. Mittlerweile werden etwa 30 Prozent aller Fahrten in Großstädten mit dem Fahrrad zurückgelegt, nachdem der Anteil bis 2012 auf 16 Prozent gesunken war. Es handelt sich um die Renaissance eines umweltfreundlichen Verkehrsmittels, das einmal den Verkehr in China dominiert hat. Mitte der 80er-Jahre lag der Anteil noch bei über 60 Prozent.
Entscheidend dafür ist die hohe Verfügbarkeit von Leihrädern. Im Jahr 2022 gab es allein in Peking 950 Millionen Fahrten nur mit diesen Rädern, sagt Alexander von Monschaw. Er arbeitet für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) an einer Studie, die im Auftrag des deutschen und chinesischen Verkehrsministeriums die Verkehrsentwicklung in der Volksrepublik analysiert. “Die Fahrräder im Sharing-System werden in erster Linie für den Weg zur Arbeit genutzt oder um die ÖPNV-Angebote zu verbinden.”
Nach ihrem ersten Boom in den 2010er-Jahren genossen die Leihräder einen schlechten Ruf. Sie verstopften die Straßen, galten als Wegwerf-Gegenstand und waren oft kaputt. Es folgten Insolvenzen mehrerer Anbieter, die Räder landeten auf Fahrradfriedhöfen.
Doch eine Konsolidierung des Marktes und ein gewisses Maß an Regulierung haben ihren Ruf inzwischen wieder verbessert. Es gibt in vielen Städten jetzt klare Regeln, wo Nutzer die Leihfahrräder abstellen dürfen und wie viele es geben darf. Während der Corona-Jahre hat die Nutzung des Freiluft-Verkehrsmittels dann nochmals deutlich an Beliebtheit gewonnen.
Das Fahrrad war zwischen den 1970ern bis weit in die 1990er-Jahre für Chinesen unersetzlich. Den Markt dominierten die heimischen Hersteller Flying Pigeon, Phoenix und Five Rams.
In den 1990er-Jahren änderte sich jedoch die Wirtschafts- und Mobilitätspolitik, und das Auto rückte ins Zentrum. Fuhren im Jahr 1995 nur etwa 4,2 Millionen Autos auf Chinas Straßen, sind es jetzt weit über 400 Millionen. Bis zum Jahr 2003 veröffentlichte die Stadt Guangzhou in ihrem statistischen Jahrbuch immer die Zahl der Fahrräder im Stadtgebiet (zuletzt etwa 140 Stück pro 100 Familien). Ab dem Jahr 2004 war es dann die Zahl der Autos.
Der Trend, dass die chinesische Bevölkerung mehr Auto und weniger Fahrrad fährt, kennzeichnete die Jahre von 1990 bis 2010. “In den letzten Jahren sehen wir aber eine starke Bewegung hin zu Elektro-Rädern”, sagt von Monschaw. Das habe auch ganz einfache Gründe. Es fehlt an Platz. “Städte wie Peking stoßen bei Autos, aufgrund der Emissionen und des Platzmangels an ihre Grenzen. Fahrräder und elektrische Zweiräder sind dort eine gute Möglichkeit, Mobilität zu schaffen.”
Nach Jahrzehnten der Stadtentwicklung, die sich auf das Auto fokussiert hat, bedeutet das ein gutes Maß an Um- und Rückbau. Alle für diese Entwicklung zentralen Ministerien (Verkehr, Finanzen, Technologie und Industrie, öffentliche Sicherheit) sind sich jedoch einig, dass das “Bike-Sharing-System die Verkehrsbedürfnisse der Öffentlichkeit zufriedenstellt und eine wirksame Lösung für das Problem der ‘letzten Meile’ im Stadtverkehr darstellt”, wie es die GIZ ausdrückt.
Dahinter steht das große Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2060. Ein Zwischenziel ist, dass bis zum Jahr 2030 die CO₂-Emissionen pro BIP-Einheit um 65 Prozent sinken sollen. Der Anteil des emissionsfreien Verkehrs in der Stadt soll dann 80 Prozent betragen. Ein wichtiger Baustein dabei ist das Radverkehrssystem, das vor allem von den Lokalregierungen offensiv angegangen wird, wie drei Beispiele zeigen.
Das Projekt der GIZ dient nicht nur der Analyse. Vielmehr sollen Deutschland und China voneinander lernen, wenn es darum geht, zukunftsfähige Verkehrskonzepte zu entwickeln. “In chinesischen Städten sehen wir, dass sehr rasch Schnellwege oder Hochstraßen für Fahrräder gebaut werden”, sagt von Monschaw. “Das sind Projekte, die wir uns genau ansehen, um zu lernen, wie sie funktionieren, wie sie akzeptiert werden und welche Risiken, welche Vor- und Nachteile es gibt.” Das Mandat der GIZ sei es, den Fachdialog zwischen Deutschland und asiatischen Ländern zu stärken und zu untersuchen, welche Ansätze sich übertragen ließen.
Er sieht vor allem bei den Sharing-Systemen in Deutschland ein großes Entwicklungspotenzial. “Mobilität in China ist deutlich günstiger. Die Anbieter in Deutschland verlangen für eine Kurzstrecke in Berlin auf einem Elektro-Tretroller schnell einmal bis zu fünf Euro. Für den Preis kriegt man in China eine Leihrad-Flatrate für einen ganzen Monat.” Das ist auch nach Kaufkraft trotz des niedrigeren Durchschnittseinkommens weniger als in Deutschland.
Umgekehrt habe sich die chinesische Delegation auch funktionierende Konzepte hierzulande angeschaut, sagt er: “China betrachtet auch, wie wir nachhaltige Städte planen und Verkehrskonzepte angehen.” Den gegenseitigen Austausch fördert die GIZ im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums. Sie bringt deutsche und chinesische Kommunen, Forschungseinrichtungen und wirtschaftliche Akteure miteinander ins Gespräch.
Zu den Konzepten, die China sich intensiv angeschaut hat, zählen etwa Fahrradstädte wie Münster und Oldenburg, aber auch das kommunal übergreifende Netz an Radschnellwegen rund um Frankfurt.
6.-20.11.2023
Konfuzius-Institut München, Filmfestival (in München): Chinesisches Filmfest Mehr
13.11.2023, 19:00 Uhr
Friedrich-Naumann-Stiftung und andere, Vortrag (in Karlsruhe): Künstliche Intelligenz in China: Herausforderung oder Chance? Mehr
13.11.2023, 15:30 Uhr Beijing time
AHK Greater China / Rödl & Partner, Roadshow (in Guangzhou): Navigating Through A Day of A Manager in China Mehr
14.11.2023, 08:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Unveiling the Benefits and Realities of Applying for Offshore Status in Hong Kong Mehr
14.11.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
China Europe International Business School, 9th Europe-Forum 2023 (in Brüssel und Shanghai): Toward Another 20 years of EU-China Economic Cooperation Mehr
14.11.2023, 13:00 Uhr
Junge DGAP Baden-Württemberg, Paneldiskussion (in Stuttgart): Die USA und die BRICS – Ende der Hegemonie durch Multipolarität? Mehr
14.11.2023, 15:00 Uhr Beijing time
AHK Greater China, GCC Knowledge Hub (in Shenzhen): Risk Management and Business Localisation in China Mehr
14.11.2023, 18.00 Uhr (15.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Leipzig, Vortrag: Alle mal mit anpacken: Die Mobilisierung von Freiwilligenarbeit in China Mehr
14.11.2023, 22:00 Uhr (15.11., 05:00Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Modern China Lecture Series: Chinese Ethnopolitcs and State-Building: The Case of Muslim General Bai Chongxi Mehr
15.11.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Empowering Your China Business with Successful ERP Implementation Mehr
15.11.2023, 15:00 Uhr Beijing time
AHK Greater China, GM Roundtable (in Guangzhou): China Outlook for 2023 and Beyond Mehr
15.11.2023, 17:00 Uhr
Europäische Akademie Berlin, Vortrag und Roundtable (in Berlin): History of Sino-American Relations Mehr
15.11.2023, 18:00 Uhr (16.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Critical Issues Confronting China Series: Techno-Capitalism: Social Challenges and Fissures in Today’s China Mehr
16.11.2023, 19:30 Uhr (17.11., 02:30 Uhr Beijing time)
IHK Region Stuttgart, Webinar: Lieferkettendiversifizierung in Fernost – Risiken in China beherrschen und Chancen in den ASEAN-Ländern nutzen Mehr
16.11.2023, 13:00 Uhr (20:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Universität Göttingen, Contemporary Theater Art Seminar Series No. 20: The Force of Mortality and Urban Villages Futurism of Butterfly Island Mehr
16.11.2023, 13:30 Uhr Beijing time
AHK Greater China, Event (in Shanghai): Industrial Digitalization in China: Converting Data into Insights and Impact – Discovering the Value of Data Mehr
16.11.2023, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: Biden-Xi Summit: The Capital Cable #82 Mehr
16.11.2023, 18:00 Uhr
Konfuzius-Institut Ingolstadt, Vortrag (in Ingolstadt): Mein Sprung ins kalte Wasser – mit offenen Augen und Ohren in China leben und arbeiten Mehr
16.11.2023, 18:00 Uhr (17.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Navigating Global Minimum Tax in Asia: Insights for Businesses Mehr
16.11.2023, 23:00 Uhr (17.11., 6:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: A New Starting Point? The State of Australia-China Relations Mehr
16.-17.11.2023, 09:00 Uhr
Konfuzius-Institut Universität Heidelberg, International Graduate Student Conference (in Heidelberg): Flows and Circulations – Agents, Narratives, Institutions: A Transcultural Perspective Mehr
17.11.2023, 08:30 Uhr (15:30 Uhr Beijing time)
Chinaforum Bayern e.V. , Webinar: Werden die Karten neu gemischt? China und Indien im Vergleich Mehr
China hat Großbritannien aufgefordert, seine Bemühungen einer “Verbesserung” der Beziehungen zu Taiwan einzustellen. Taiwan und Großbritannien unterschrieben am Mittwoch bei einem hochrangigen Treffen in London ein neues Handelsabkommen.
Das neue Abkommen soll den Weg für künftige Gespräche über grüne Energie, digitalen Handel und Investitionen sowie andere handelsbezogene Themen ebnen. Großbritannien ist der drittgrößte Handelspartner Taiwans in Europa. Großbritannien und Taiwan unterhalten beide de facto Botschaften in der Hauptstadt des jeweils anderen Landes, London erkennt die demokratisch gewählte Regierung in Taipeh allerdings nicht offiziell an.
Peking habe jede Form offizieller Kontakten zwischen Ländern, die diplomatische Beziehungen zu China unterhalten, und “Chinas Region Taiwan” stets entschieden abgelehnt, erklärte die chinesische Botschaft in London. “Wir fordern Großbritannien auf, sich an das Ein-China-Prinzip zu halten und die handelspolitische Zusammenarbeit nicht als Vorwand für einen offiziellen Austausch oder eine Verbesserung der substanziellen Beziehungen zu Taiwan zu nutzen”, hieß es weiter.
Das chinesische Außenministerium forderte zudem Estland auf, es Taiwan nicht zu gestatten, “offizielle Organisationen” im Land zu eröffnen. Die chinesische Botschafterin drohte Berichten zufolge, Estland zu verlassen, falls Taiwan eine Vertretung in dem baltischen Land eröffnet. Taiwan und Estland diskutieren aktuell die Einrichtung einer Repräsentanz in Estland; einen Konsens in dieser Angelegenheit gibt es nach Aussage von Taiwans Außenministerium aber noch nicht.
Taiwans Außenminister Joseph Wu besucht diese Woche die drei baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland. Taiwan besitzt bereits Repräsentanzen in Lettland und Litauen. Gegenüber Litauen hatte China mit harschen Zwangsmaßnahmen auf die Eröffnung der taiwanischen Vertretung reagiert. rtr/jul
Die Europäische Union und China werden am 7. und 8. Dezember ein Gipfeltreffen abhalten, berichtet Bloomberg am Donnerstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel werden demnach zum ersten Mal seit vier Jahren zu einem persönlichen Treffen mit Pekings Führung nach China reisen. China hat das Datum und den Ort des Treffens noch nicht öffentlich bestätigt.
Der Gipfel folgt auf eine Reihe von hochrangigen Gesprächen zu Handel und Außenpolitik, die dieses Jahr bereits stattgefunden haben. Die Themenliste des Treffens dürfte umfangreich sein. Unter anderem dürften die De-Risking-Strategie und die Antisubventionsuntersuchungen der EU zur Sprache kommen.
Die EU ihrerseits will unter anderem sicherstellen, dass China den Krieg Russlands in der Ukraine nicht unterstützt und mehr unternimmt, um die Lieferung von Technologien und Komponenten einzuschränken. Als der EU-Spitzendiplomat Josep Borrell vergangenen Monat Peking besuchte, hatte er Peking aufgefordert, die EU ernster zu nehmen. Außerdem kritisierte er vor einer Gruppe von Studierenden, China habe seinen Einfluss auf Russland nicht genutzt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. cyb
Kenias Präsident William Ruto hat in der vergangenen Woche die erste Smartphone-Fabrik seines Landes eingeweiht. Das in Athi River nahe Nairobi gelegene Werk mit dem Namen East Africa Device Assembly Kenya (Eadak) ist ein Joint Venture zwischen den kenianischen Telekommunikationsunternehmen Safaricom und Jamii und dem chinesischen Mobilgerätehändler Shenzhen Teleone Technology.
In dem Werk sollen jährlich bis zu 1,4 Millionen Smartphones aus Teilen zusammengebaut werden, die das Unternehmen aus China importiert. Es wird bis zu 500 Arbeitsplätze schaffen. Die produzierten Telefone sind zu einem Preis von etwa 50 US-Dollar in den Shops von Safaricom, Faiba sowie auf der E-Shopping-Plattform Masoko erhältlich. Eadak hofft, bald auch Tablets und andere Geräte herstellen zu können.
Bei der Einweihung sagte Ruto, das Projekt sei die Erfüllung seines Versprechens, den digitalen Zugang für Kenianer zu verbessern. Die Regierung werde die lokale Herstellung von Mobiltelefonen als ein wichtiger Käufer unterstützen. So hat etwa das Gesundheitsministerium 100.000 lokal hergestellte Handys für die kommunalen Mitarbeiter der Gesundheitsdienste gekauft. ajs
Die Ansichten über die Praktiken Xi Jinpings unter uns Festland-Chinesen sind sehr unterschiedlich. Ich spreche aus dem Blickwinkel eines Teils der aufgeklärten älteren Generation, die sich bereits im Ruhestand befindet. Wir haben noch die Repressalien der Herrschaft Mao Zedongs und der Kulturrevolution erfahren und sind daher sehr skeptisch und unterschwellig widerständig.
Aber ich kenne auch die sehr entgegengesetzten Sichtweisen unter meinen gleichaltrigen und jüngeren Verwandten und Freunden der gut situierten Mittelschicht. Ihnen ist entweder die Politik gleichgültig: “Sollen die da oben doch machen, was sie wollen, Hauptsache, mir geht es gut”. Oder sie sind geblendet von Xis großspurigen Mammut-Projekten und Verlautbarungen. Andere sind zu sehr mit Alltag und Beruf beschäftigt, verhalten sich bewusst vorsichtig oder gar opportunistisch, indem sie je nach Bedarf ihre Meinung ändern. Nicht zuletzt glauben viele allein aus Unwissenheit, was ihnen die Partei-Propaganda erzählt. Allerdings schätze ich, dass über die Hälfte der Bevölkerung mit den Auswirkungen der Politik Xi Jinpings sehr unzufrieden ist.
Ich selber verfüge über Informationskanäle, die es mir erlauben, einen Einblick in das wahre politisch-soziale Geschehen in unserem Land zu nehmen. Daraus resultiert meine ablehnende Haltung gegenüber Xi und seinen Leuten. Ihn selber empfinde ich als einen vollkommen unfähigen Politiker, der nicht das Wohl der Bevölkerung, sondern nur Machtinteressen verfolgt und seine “Größe” demonstrieren muss.
Mit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping und Hu Yaobang bezogen wir eine progressive Zeitschrift, deren gesamte Redaktion von Xi vor sieben Jahren im Herbst 2016 mit seinen eigenen Leuten ausgewechselt wurde. Seither lesen wir diese Zeitschrift nicht mehr. Aber ich kann mich über verschiedene realitätsnahe Portale auf Chinesisch über nationale und internationale Politik informieren. So kann ich auch den Podcast eines ausgewanderten Chinesen über die aktuellen schrecklichen Ereignisse um Israel auf meinem Smartphone empfangen.
Außerdem habe ich Freunde, die noch Beziehungen zu Abkömmlingen hoher Kader haben und mich mit kritischen Insider-Nachrichten versorgen. Zwar werden viele Mitteilungen auf meinem Smartphone innerhalb kurzer Zeit von der Zensur gelöscht, aber wenn ich schnell genug bin, kann ich sie lesen. Wenn ich selber einzelnen Personen Nachrichten sende, bleibe ich unbehelligt; nur wenn mehrere Personen beteiligt sind, schreitet die Zensur ein. Vor zwei Jahren begann jedoch eine rigide Kontrolle meines Internetzugangs, der zunächst nur für einen Monat galt, sich dann auf zwei, drei Monate und bald ein halbes Jahr ausdehnte und schließlich in eine ständige Blockade mündete.
Unterdessen habe ich mir mit einem neuen Smartphone eine neue Nummer besorgt; andere, die stärker kontrolliert werden, müssen zig Mal ihre Nummer wechseln, wie zum Beispiel ein kritischer Blogger, den wir Herr 48 nennen. Viele noch ältere Personen als ich, die mit dem Internet nicht gut klarkommen, sind von jeglicher objektiver Information abgeschnitten. Allerdings werden E-Mails, die kaum mehr in China Verwendung finden, gar nicht kontrolliert.
Meine Kreise verurteilen die russische Invasion der Ukraine und lassen sich von Putins Lügen nicht täuschen. Wir glauben auch nicht an die Behauptung Xis, dass sich China nicht gegenüber den USA behaupten kann ohne die Partnerschaft mit Putin. Er verfolgt damit nur Weltmachtansprüche. Kürzlich wurde über den Grenzfluss Amur bei der Stadt Heihe eine ganz neue Eisenbahn- und Autobrücke gebaut, über die Russland unkontrolliert Wagon- und Lastwagenweise mit Waren beliefert wird. Putin seinerseits hat den Chinesen ein noch unerschlossenes Grenzgebiet zum Abbau von unter anderem seltenen Erden überlassen. Doch muss es sich weiterhin bei der Einfuhr von Öl und Gas an die hohen Preise der alten Verträge halten.
Mir ist hingegen bewusst, dass erst die Öffnung eines chinesischen Marktes für westliche Technik und Investitionen China zum Wohlstand verholfen haben, und meine Kreise sind der Meinung, dass wir auch zukünftig auf einen globalen Wirtschaftsaustausch angewiesen sind.
Was das militärische Gebaren gegenüber Taiwan anbelangt, so dient dies meines Erachtens nur der Abschreckung und ist vor allem ein Imponiergehabe Xi Jinpings, angestrebt, um sich selber später ein Denkmal setzen zu können. China vermag gar nicht die Kampfkraft für eine Invasion aufzubringen, weil das Militär durch und durch korrupt ist und nur “Papiertiger” hervorgebracht hat. Ein Großteil des Militär-Etats gelangt in private Taschen. Beispielsweise mussten kürzlich fünf Generale aus dem Bereich der Raketen-Waffentechnik, die ursprünglich von Xi gefördert wurden, wegen Korruption festgesetzt werden, weil ihre Selbstbereicherungen und Bestechungen allzu offensichtlich wurden.
Die neue, von Xi Jinping prächtig erbaute Hauptstadt Xiong’an, in die die Stadtregierung von Beijing und alle städtische Universitäten umziehen sollen, damit Xi seine Macht über die Zentralregierung besser behaupten kann, blieb bisher wegen des passiven Widerstandes selbst der höchsten leitenden Parteikader leer – man rührt sich mit einem Umzug einfach nicht. Außerdem diente dieses tief gelegene Tal ursprünglich als natürlicher Wasserspeicher. Die Überschwemmungskatastrophe von Vororten der Hafenstadt Tianjin mit vielen Toten im August dieses Jahres konnte geschehen, weil das Tal auf Anweisung von Xi als Auffangbecken nicht mehr genutzt werden durfte. Xiong’an wäre sonst überschwemmt worden.
Mit dieser unnötigen Geisterstadt, und zuvor mit dem riesigen eigennützigen Monument, das Xi für seinen Vater errichten ließ, verlor Xi Jinping in unseren Augen alle Hochachtung und jeden Respekt. Auch die meist mit leeren Zügen und auch sonst kaum befahrene Route der Seidenstraße ist vorwiegend ein Prestigeprojekt, das nur die Randstaaten in die Schuldenabhängigkeit von China getrieben hat. Die ungeheuren Investitionen in derartig übertriebene Bauten hätten tausenden der Landbevölkerungen aus der Armut verholfen.
Während der Covid-Pandemie hatte ich es geschafft, der Pflicht-Impfkampagne zu entkommen, obgleich man mich sehr unter Druck setzte. Mehrmals kam ein Trupp des Straßenkomitees zu mir nach Hause, um mich zu einer Impfung mit dem problematischen chinesischen Impfstoff, der sich noch im Versuchsstadium befand, zu nötigen. Ich schaffte es, sie argumentativ wegen meiner schwachen Blutgerinnung abzuwehren. Meine Verwandtschaft, die starke Nebenwirkungen von den Impfungen hatten, beneidete mich im Nachhinein um meine erfolgreiche Weigerung. Doch weil ich einmal versäumte, den regelmäßigen Abstrich in der vorgeschriebenen Zeit von drei Tagen machen zu lassen, wurde ich aus unserem bewachten Hof ausgesperrt.
Nach drei Stunden Warten bei 38 Grad Hitze schaffte ich es schließlich in einem Moment, als der Posten abgelenkt war, doch noch hinein, um in meine Wohnung zu gelangen. Im Übrigen nahm der abrupte Abbruch der gefängnisartigen Isolierung der städtischen Bewohner seinen Ausgang in Shanghai. Kleine Gruppen von vor allem jüngeren Leuten hatten sich organisiert und waren nach und nach in Disput mit den Parteiorganen aller Ebenen getreten. Diese konnten sich schließlich dem argumentativen Drängen nicht mehr erwehren und begannen bis in die Parteispitze der Stadtregierung hinein ihre Kontrollen zu lockern. Dies machte schnell auch in allen anderen Städten Schule. Hinzu kam, dass die Organisatoren und Durchführenden der Kontroll- und Impfkampagne untereinander in Streit gerieten. Der Druck von unten auf die Leute um Xi Jinping, die sich bis dahin trotz besseren Wissens nicht getraut hatten, ihn zu kritisieren, wurde so massiv, dass Xi schließlich nicht anders konnte als seine rigiden Maßnahmen aufzugeben. Das war eine regelrechte Befreiung – ein noch froheres Ereignis als das Neujahrsfest.
Leider verfüge ich kaum über konkrete Kenntnisse über die Situation in der uigurischen autonomen Provinz Xinjiang, deren Bevölkerung bereits vor Xi Jinping in höchstem Maße unterdrückt und aller Menschenrechte beraubt wurde. Die Menschen dort haben mein großes Mitgefühl. Im Internet wurde vor einiger Zeit eine Nachricht verbreitet, die wie ein Witz klingt. Es hieß, dass in Xinjiang für den Kauf von Messern eine Genehmigung benötigt würde und überdies in jedem Haushalt die in der Küche genutzten größeren Messer und Hackbeile am Tisch angekettet seien. Ich finde das lächerlich. Doch womöglich ist es nur ein Gerücht, das der Ironisierung der Praktiken Xi Jinpings dient.
Fast täglich kommuniziere ich mit meinen befreundeten Gesinnungsgenossen. Doch meine engere Verwandtschaft will nichts von meinen Informationen und Ansichten hören. Ihnen meine Einschätzungen nahezubringen, habe ich längst als nutzloses Bemühen aufgegeben. Es würde nur Missstimmung erzeugen, und ich würde mich familiär vollkommen isolieren. Aber ich werde Ihnen sehr genau erzählen, was ich in Deutschland erlebt und an kritischen Standpunkten gehört habe, die meine Ansichten bestätigen.
Ralph Koppitz verstärkt als Partner seit dem 1.11. das Büro von Rödl & Partner in Shanghai. Der Rechtsanwalt bringt mehr als 25 Jahre China-Erfahrung mit.
Silvia Ding wird ab Januar 2024 als neue Geschäftsführerin für Greater China bei Maersk tätig sein. Sie arbeitet seit 1999 für die Unternehmensgruppe, zu Anfang in verschiedenen Managementpositionen in China, zuletzt als Head of Transformation des Konzerns.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Digitale Schalentiere: Für diese Krabben ging’s von einem Netz direkt ins Nächste. Kaum gefangen landeten sie nicht etwa im Topf, sondern gut ausgeleuchtet vor der Kamera einer Landwirtin aus dem Dorf Xinhai, Provinz Jiangsu. Diese bietet ihre Ware in einem Live-Webcast zum Verkauf an.
die US-Beschränkungen für die Lieferung der stärksten Mikrochips an China haben die Technikbranche des Landes hart getroffen. Sie hemmen die Entwicklung spürbar. Entsprechend groß ist das Bedürfnis nach Erfolgsmeldungen wie dieser: Tsinghua-Forscher entwickeln Chip, der stärker ist als das beste US-Modell. Das hört man in China gerne.
Doch bei näherem Hinsehen verhält es sich etwas anders. Den Forschern ist ein Durchbruch in einer anderen Technologieklasse gelungen, die grundsätzlich viel schneller ist als herkömmliche Chips. Sie basiert auf Rechenoperationen mit Licht, wie Jörn Petring in seiner Analyse erläutert. Der Schönheitsfehler: Auch die führende US-Konkurrenz forscht an optischen Computern. Und noch ist nicht ganz klar, wie sich die experimentelle Technik in der Praxis bewähren wird.
Wer vor den 2000er-Jahren in China unterwegs war, sah sie überall, war von ihnen umgeben und wahrscheinlich auch Teil von ihnen: Schwärme von Fahrrädern, so dicht, dass sie aus der Ferne wie schwarze Wolken aussahen. Das wirkte sympathisch und charmant. Dann kam der Wohlstand, und so begrüßenswert er ist, steckten die Verkehrsteilnehmer plötzlich ganz uncharmant in tonnenweise Blech fest.
Doch jetzt schaut China auf Münster und Kopenhagen, schreibt Christian Domke Seidel. Das Auto ist zwar wie in Deutschland weiter ein Statussymbol, doch die Verstopfung der Städte ist unerträglich geworden. Die Regierung fördert daher eine Rückbesinnung aufs Rad. Was in Deutschland quälend lange Planung benötigt und Bürgerproteste auslöst, geht in China ganz schnell: der Bau moderner Radwege.
Einem Forscherteam der Tsinghua-Universität in Peking ist ein Durchbruch gelungen. Im Wissenschaftsmagazin Nature berichten die Wissenschaftler über einen neuen KI-Chip, der mit Lichtteilchen rechnet. Diese Technologie wird herkömmlichen Halbleiterbausteinen bei zahlreichen Anwendungen überlegen sein.
Chinas Medien verweisen bereits darauf, darauf, dass er auch die aktuellen Spitzenmodelle von Nvidia übertreffen wird. Die Fokussierung auf Nvidia liegt vor allem daran, dass gerade neue Sanktionen für KI-Hardware des US-Herstellers in Kraft getreten sind und China sich derzeit von der US-Abhängigkeit lösen will.
Noch funktioniert der von ihnen entwickelte Chip mit dem Namen ACCEL nur im Labor. Dort liefert er aber beeindruckende Ergebnisse. Bei speziellen KI-Aufgaben wie Bild- und Videoerkennung soll der ACCEL-Chip bis zu 3.000 Mal schneller sein als der A100, das Topmodell von Nvidia.
Die Forscher der Tsinghua-Universität haben einen völlig anderen Ansatz gewählt als bei den derzeit gängigen Prozessoren. Der ACCEL ist ein sogenannter vollanaloger Chip, der elektronische und optische Verarbeitung kombiniert – ein Ansatz also, der das Beste aus beiden Technologien nutzt, um Daten zu verarbeiten.
Bei der photonischen Datenverarbeitung, auch optische Datenverarbeitung genannt, werden Lichtwellen (Photonen) anstelle von elektrischen Strömen (Elektronen) zur Informationsverarbeitung verwendet. Diese Technik macht die Datenverarbeitung schneller und energieeffizienter, da Photonen schneller als Elektronen sind und keine Restwärme abfällt.
Diesen Ansatz der Chip-Herstellung verfolgt China nicht exklusiv, auch US-Forscher arbeiten an optischem Computing – es ist also ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu erwarten. Doch anders als bei der Siliziumtechnik, deren Ursprünge in eine Zeit zurückreichen, in der China noch rückständig war, droht hier kein so extremer Vorsprung der USA.
In den Praxistests der Tsinghua-Wissenschaftler zeigte ACCEL eine hohe Genauigkeit bei der Bild- und Videoerkennung, was bedeutet, dass er ähnliche Aufgaben wie ein Grafikprozessor (GPU) wie der A100 übernehmen könnte – nur viel schneller und mit geringerem Stromverbrauch.
Obwohl der ACCEL-Chip eine hohe Leistung in spezialisierten Bereichen zeigt, verfügt er nicht über die breite Anwendungspalette eines Chips, wie er in Smartphones und Computern zu finden ist. Er ist auf spezifische Aufgaben zugeschnitten. Unklar ist auch, wann die neue Chiptechnik der Tsinghua-Universität ein Stadium erreichen wird, in dem eine Massenproduktion möglich ist.
Für chinesische Technologieunternehmen, die KI-Modelle entwickeln, sind Hochleistungschips unverzichtbar. Für Unternehmen wie Alibaba, Baidu oder Tencent wäre es daher von großem Vorteil, wenn sie in Zukunft Zugang zu ACCEL-Chips hätten. Kurzfristig nützt ihnen der Forschungserfolg der Tsinghua-Universität allerdings wenig. Denn sie brauchen jetzt Chips. Und die Beschränkungen der Amerikaner werden immer schärfer.
Gerade die Chips von Nvidia sind derzeit das Maß aller Dinge bei der Entwicklung von KI-Sprachmodellen und anderen rechenintensiven KI-Anwendungen. Technologieunternehmen müssen daher ihre Rechenzentren mit einer großen Anzahl dieser Chips ausstatten, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Für chinesische Unternehmen ist dies aufgrund der Beschränkungen der US-Regierung jedoch nicht einfach. Den A100 und seinen Nachfolger H100, also die absoluten Topmodelle, durfte Nvidia schon seit einiger Zeit nicht mehr in China verkaufen. Mitte Oktober kündigte die US-Regierung dann auch ein Exportverbot für den H800 und den A800 an. Zur Vermeidung der Sanktionen bietet Nvidia nun gezielt abgespeckte Versionen seiner Spitzenmodelle an.
Dabei handelt es sich um etwas einfachere Versionen der KI-Chips von Nvidia. Washington begründet die Verbote damit, dass China durch den Zugang zu fortgeschrittenen KI-Chips die nationale Sicherheit der USA gefährden könnte.
Peking wiederum sieht in solchen Restriktionen den Versuch der Amerikaner, China wirtschaftlich zu schaden und seinen Aufstieg zu bremsen. Daher hat der Aufbau einer eigenständigen Chipindustrie für die chinesische Führung oberste Priorität. Während Nvidia in China ein Milliardengeschäft entgeht, kann sich die Tsinghua-Universität sicher sein, dass sie alle nötigen Mittel von der Regierung erhält.
Seit der Coronapandemie fahren die Chinesen wieder mehr Rad. Mittlerweile werden etwa 30 Prozent aller Fahrten in Großstädten mit dem Fahrrad zurückgelegt, nachdem der Anteil bis 2012 auf 16 Prozent gesunken war. Es handelt sich um die Renaissance eines umweltfreundlichen Verkehrsmittels, das einmal den Verkehr in China dominiert hat. Mitte der 80er-Jahre lag der Anteil noch bei über 60 Prozent.
Entscheidend dafür ist die hohe Verfügbarkeit von Leihrädern. Im Jahr 2022 gab es allein in Peking 950 Millionen Fahrten nur mit diesen Rädern, sagt Alexander von Monschaw. Er arbeitet für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) an einer Studie, die im Auftrag des deutschen und chinesischen Verkehrsministeriums die Verkehrsentwicklung in der Volksrepublik analysiert. “Die Fahrräder im Sharing-System werden in erster Linie für den Weg zur Arbeit genutzt oder um die ÖPNV-Angebote zu verbinden.”
Nach ihrem ersten Boom in den 2010er-Jahren genossen die Leihräder einen schlechten Ruf. Sie verstopften die Straßen, galten als Wegwerf-Gegenstand und waren oft kaputt. Es folgten Insolvenzen mehrerer Anbieter, die Räder landeten auf Fahrradfriedhöfen.
Doch eine Konsolidierung des Marktes und ein gewisses Maß an Regulierung haben ihren Ruf inzwischen wieder verbessert. Es gibt in vielen Städten jetzt klare Regeln, wo Nutzer die Leihfahrräder abstellen dürfen und wie viele es geben darf. Während der Corona-Jahre hat die Nutzung des Freiluft-Verkehrsmittels dann nochmals deutlich an Beliebtheit gewonnen.
Das Fahrrad war zwischen den 1970ern bis weit in die 1990er-Jahre für Chinesen unersetzlich. Den Markt dominierten die heimischen Hersteller Flying Pigeon, Phoenix und Five Rams.
In den 1990er-Jahren änderte sich jedoch die Wirtschafts- und Mobilitätspolitik, und das Auto rückte ins Zentrum. Fuhren im Jahr 1995 nur etwa 4,2 Millionen Autos auf Chinas Straßen, sind es jetzt weit über 400 Millionen. Bis zum Jahr 2003 veröffentlichte die Stadt Guangzhou in ihrem statistischen Jahrbuch immer die Zahl der Fahrräder im Stadtgebiet (zuletzt etwa 140 Stück pro 100 Familien). Ab dem Jahr 2004 war es dann die Zahl der Autos.
Der Trend, dass die chinesische Bevölkerung mehr Auto und weniger Fahrrad fährt, kennzeichnete die Jahre von 1990 bis 2010. “In den letzten Jahren sehen wir aber eine starke Bewegung hin zu Elektro-Rädern”, sagt von Monschaw. Das habe auch ganz einfache Gründe. Es fehlt an Platz. “Städte wie Peking stoßen bei Autos, aufgrund der Emissionen und des Platzmangels an ihre Grenzen. Fahrräder und elektrische Zweiräder sind dort eine gute Möglichkeit, Mobilität zu schaffen.”
Nach Jahrzehnten der Stadtentwicklung, die sich auf das Auto fokussiert hat, bedeutet das ein gutes Maß an Um- und Rückbau. Alle für diese Entwicklung zentralen Ministerien (Verkehr, Finanzen, Technologie und Industrie, öffentliche Sicherheit) sind sich jedoch einig, dass das “Bike-Sharing-System die Verkehrsbedürfnisse der Öffentlichkeit zufriedenstellt und eine wirksame Lösung für das Problem der ‘letzten Meile’ im Stadtverkehr darstellt”, wie es die GIZ ausdrückt.
Dahinter steht das große Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2060. Ein Zwischenziel ist, dass bis zum Jahr 2030 die CO₂-Emissionen pro BIP-Einheit um 65 Prozent sinken sollen. Der Anteil des emissionsfreien Verkehrs in der Stadt soll dann 80 Prozent betragen. Ein wichtiger Baustein dabei ist das Radverkehrssystem, das vor allem von den Lokalregierungen offensiv angegangen wird, wie drei Beispiele zeigen.
Das Projekt der GIZ dient nicht nur der Analyse. Vielmehr sollen Deutschland und China voneinander lernen, wenn es darum geht, zukunftsfähige Verkehrskonzepte zu entwickeln. “In chinesischen Städten sehen wir, dass sehr rasch Schnellwege oder Hochstraßen für Fahrräder gebaut werden”, sagt von Monschaw. “Das sind Projekte, die wir uns genau ansehen, um zu lernen, wie sie funktionieren, wie sie akzeptiert werden und welche Risiken, welche Vor- und Nachteile es gibt.” Das Mandat der GIZ sei es, den Fachdialog zwischen Deutschland und asiatischen Ländern zu stärken und zu untersuchen, welche Ansätze sich übertragen ließen.
Er sieht vor allem bei den Sharing-Systemen in Deutschland ein großes Entwicklungspotenzial. “Mobilität in China ist deutlich günstiger. Die Anbieter in Deutschland verlangen für eine Kurzstrecke in Berlin auf einem Elektro-Tretroller schnell einmal bis zu fünf Euro. Für den Preis kriegt man in China eine Leihrad-Flatrate für einen ganzen Monat.” Das ist auch nach Kaufkraft trotz des niedrigeren Durchschnittseinkommens weniger als in Deutschland.
Umgekehrt habe sich die chinesische Delegation auch funktionierende Konzepte hierzulande angeschaut, sagt er: “China betrachtet auch, wie wir nachhaltige Städte planen und Verkehrskonzepte angehen.” Den gegenseitigen Austausch fördert die GIZ im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums. Sie bringt deutsche und chinesische Kommunen, Forschungseinrichtungen und wirtschaftliche Akteure miteinander ins Gespräch.
Zu den Konzepten, die China sich intensiv angeschaut hat, zählen etwa Fahrradstädte wie Münster und Oldenburg, aber auch das kommunal übergreifende Netz an Radschnellwegen rund um Frankfurt.
6.-20.11.2023
Konfuzius-Institut München, Filmfestival (in München): Chinesisches Filmfest Mehr
13.11.2023, 19:00 Uhr
Friedrich-Naumann-Stiftung und andere, Vortrag (in Karlsruhe): Künstliche Intelligenz in China: Herausforderung oder Chance? Mehr
13.11.2023, 15:30 Uhr Beijing time
AHK Greater China / Rödl & Partner, Roadshow (in Guangzhou): Navigating Through A Day of A Manager in China Mehr
14.11.2023, 08:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Unveiling the Benefits and Realities of Applying for Offshore Status in Hong Kong Mehr
14.11.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
China Europe International Business School, 9th Europe-Forum 2023 (in Brüssel und Shanghai): Toward Another 20 years of EU-China Economic Cooperation Mehr
14.11.2023, 13:00 Uhr
Junge DGAP Baden-Württemberg, Paneldiskussion (in Stuttgart): Die USA und die BRICS – Ende der Hegemonie durch Multipolarität? Mehr
14.11.2023, 15:00 Uhr Beijing time
AHK Greater China, GCC Knowledge Hub (in Shenzhen): Risk Management and Business Localisation in China Mehr
14.11.2023, 18.00 Uhr (15.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Leipzig, Vortrag: Alle mal mit anpacken: Die Mobilisierung von Freiwilligenarbeit in China Mehr
14.11.2023, 22:00 Uhr (15.11., 05:00Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Modern China Lecture Series: Chinese Ethnopolitcs and State-Building: The Case of Muslim General Bai Chongxi Mehr
15.11.2023, 09:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Empowering Your China Business with Successful ERP Implementation Mehr
15.11.2023, 15:00 Uhr Beijing time
AHK Greater China, GM Roundtable (in Guangzhou): China Outlook for 2023 and Beyond Mehr
15.11.2023, 17:00 Uhr
Europäische Akademie Berlin, Vortrag und Roundtable (in Berlin): History of Sino-American Relations Mehr
15.11.2023, 18:00 Uhr (16.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Critical Issues Confronting China Series: Techno-Capitalism: Social Challenges and Fissures in Today’s China Mehr
16.11.2023, 19:30 Uhr (17.11., 02:30 Uhr Beijing time)
IHK Region Stuttgart, Webinar: Lieferkettendiversifizierung in Fernost – Risiken in China beherrschen und Chancen in den ASEAN-Ländern nutzen Mehr
16.11.2023, 13:00 Uhr (20:00 Uhr Beijing time)
Konfuzius-Institut Universität Göttingen, Contemporary Theater Art Seminar Series No. 20: The Force of Mortality and Urban Villages Futurism of Butterfly Island Mehr
16.11.2023, 13:30 Uhr Beijing time
AHK Greater China, Event (in Shanghai): Industrial Digitalization in China: Converting Data into Insights and Impact – Discovering the Value of Data Mehr
16.11.2023, 15:30 Uhr (22:30 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: Biden-Xi Summit: The Capital Cable #82 Mehr
16.11.2023, 18:00 Uhr
Konfuzius-Institut Ingolstadt, Vortrag (in Ingolstadt): Mein Sprung ins kalte Wasser – mit offenen Augen und Ohren in China leben und arbeiten Mehr
16.11.2023, 18:00 Uhr (17.11., 01:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira & Associates, Webinar: Navigating Global Minimum Tax in Asia: Insights for Businesses Mehr
16.11.2023, 23:00 Uhr (17.11., 6:00 Uhr Beijing time)
Center for Strategic and International Studies, Webcast: A New Starting Point? The State of Australia-China Relations Mehr
16.-17.11.2023, 09:00 Uhr
Konfuzius-Institut Universität Heidelberg, International Graduate Student Conference (in Heidelberg): Flows and Circulations – Agents, Narratives, Institutions: A Transcultural Perspective Mehr
17.11.2023, 08:30 Uhr (15:30 Uhr Beijing time)
Chinaforum Bayern e.V. , Webinar: Werden die Karten neu gemischt? China und Indien im Vergleich Mehr
China hat Großbritannien aufgefordert, seine Bemühungen einer “Verbesserung” der Beziehungen zu Taiwan einzustellen. Taiwan und Großbritannien unterschrieben am Mittwoch bei einem hochrangigen Treffen in London ein neues Handelsabkommen.
Das neue Abkommen soll den Weg für künftige Gespräche über grüne Energie, digitalen Handel und Investitionen sowie andere handelsbezogene Themen ebnen. Großbritannien ist der drittgrößte Handelspartner Taiwans in Europa. Großbritannien und Taiwan unterhalten beide de facto Botschaften in der Hauptstadt des jeweils anderen Landes, London erkennt die demokratisch gewählte Regierung in Taipeh allerdings nicht offiziell an.
Peking habe jede Form offizieller Kontakten zwischen Ländern, die diplomatische Beziehungen zu China unterhalten, und “Chinas Region Taiwan” stets entschieden abgelehnt, erklärte die chinesische Botschaft in London. “Wir fordern Großbritannien auf, sich an das Ein-China-Prinzip zu halten und die handelspolitische Zusammenarbeit nicht als Vorwand für einen offiziellen Austausch oder eine Verbesserung der substanziellen Beziehungen zu Taiwan zu nutzen”, hieß es weiter.
Das chinesische Außenministerium forderte zudem Estland auf, es Taiwan nicht zu gestatten, “offizielle Organisationen” im Land zu eröffnen. Die chinesische Botschafterin drohte Berichten zufolge, Estland zu verlassen, falls Taiwan eine Vertretung in dem baltischen Land eröffnet. Taiwan und Estland diskutieren aktuell die Einrichtung einer Repräsentanz in Estland; einen Konsens in dieser Angelegenheit gibt es nach Aussage von Taiwans Außenministerium aber noch nicht.
Taiwans Außenminister Joseph Wu besucht diese Woche die drei baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland. Taiwan besitzt bereits Repräsentanzen in Lettland und Litauen. Gegenüber Litauen hatte China mit harschen Zwangsmaßnahmen auf die Eröffnung der taiwanischen Vertretung reagiert. rtr/jul
Die Europäische Union und China werden am 7. und 8. Dezember ein Gipfeltreffen abhalten, berichtet Bloomberg am Donnerstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel werden demnach zum ersten Mal seit vier Jahren zu einem persönlichen Treffen mit Pekings Führung nach China reisen. China hat das Datum und den Ort des Treffens noch nicht öffentlich bestätigt.
Der Gipfel folgt auf eine Reihe von hochrangigen Gesprächen zu Handel und Außenpolitik, die dieses Jahr bereits stattgefunden haben. Die Themenliste des Treffens dürfte umfangreich sein. Unter anderem dürften die De-Risking-Strategie und die Antisubventionsuntersuchungen der EU zur Sprache kommen.
Die EU ihrerseits will unter anderem sicherstellen, dass China den Krieg Russlands in der Ukraine nicht unterstützt und mehr unternimmt, um die Lieferung von Technologien und Komponenten einzuschränken. Als der EU-Spitzendiplomat Josep Borrell vergangenen Monat Peking besuchte, hatte er Peking aufgefordert, die EU ernster zu nehmen. Außerdem kritisierte er vor einer Gruppe von Studierenden, China habe seinen Einfluss auf Russland nicht genutzt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. cyb
Kenias Präsident William Ruto hat in der vergangenen Woche die erste Smartphone-Fabrik seines Landes eingeweiht. Das in Athi River nahe Nairobi gelegene Werk mit dem Namen East Africa Device Assembly Kenya (Eadak) ist ein Joint Venture zwischen den kenianischen Telekommunikationsunternehmen Safaricom und Jamii und dem chinesischen Mobilgerätehändler Shenzhen Teleone Technology.
In dem Werk sollen jährlich bis zu 1,4 Millionen Smartphones aus Teilen zusammengebaut werden, die das Unternehmen aus China importiert. Es wird bis zu 500 Arbeitsplätze schaffen. Die produzierten Telefone sind zu einem Preis von etwa 50 US-Dollar in den Shops von Safaricom, Faiba sowie auf der E-Shopping-Plattform Masoko erhältlich. Eadak hofft, bald auch Tablets und andere Geräte herstellen zu können.
Bei der Einweihung sagte Ruto, das Projekt sei die Erfüllung seines Versprechens, den digitalen Zugang für Kenianer zu verbessern. Die Regierung werde die lokale Herstellung von Mobiltelefonen als ein wichtiger Käufer unterstützen. So hat etwa das Gesundheitsministerium 100.000 lokal hergestellte Handys für die kommunalen Mitarbeiter der Gesundheitsdienste gekauft. ajs
Die Ansichten über die Praktiken Xi Jinpings unter uns Festland-Chinesen sind sehr unterschiedlich. Ich spreche aus dem Blickwinkel eines Teils der aufgeklärten älteren Generation, die sich bereits im Ruhestand befindet. Wir haben noch die Repressalien der Herrschaft Mao Zedongs und der Kulturrevolution erfahren und sind daher sehr skeptisch und unterschwellig widerständig.
Aber ich kenne auch die sehr entgegengesetzten Sichtweisen unter meinen gleichaltrigen und jüngeren Verwandten und Freunden der gut situierten Mittelschicht. Ihnen ist entweder die Politik gleichgültig: “Sollen die da oben doch machen, was sie wollen, Hauptsache, mir geht es gut”. Oder sie sind geblendet von Xis großspurigen Mammut-Projekten und Verlautbarungen. Andere sind zu sehr mit Alltag und Beruf beschäftigt, verhalten sich bewusst vorsichtig oder gar opportunistisch, indem sie je nach Bedarf ihre Meinung ändern. Nicht zuletzt glauben viele allein aus Unwissenheit, was ihnen die Partei-Propaganda erzählt. Allerdings schätze ich, dass über die Hälfte der Bevölkerung mit den Auswirkungen der Politik Xi Jinpings sehr unzufrieden ist.
Ich selber verfüge über Informationskanäle, die es mir erlauben, einen Einblick in das wahre politisch-soziale Geschehen in unserem Land zu nehmen. Daraus resultiert meine ablehnende Haltung gegenüber Xi und seinen Leuten. Ihn selber empfinde ich als einen vollkommen unfähigen Politiker, der nicht das Wohl der Bevölkerung, sondern nur Machtinteressen verfolgt und seine “Größe” demonstrieren muss.
Mit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping und Hu Yaobang bezogen wir eine progressive Zeitschrift, deren gesamte Redaktion von Xi vor sieben Jahren im Herbst 2016 mit seinen eigenen Leuten ausgewechselt wurde. Seither lesen wir diese Zeitschrift nicht mehr. Aber ich kann mich über verschiedene realitätsnahe Portale auf Chinesisch über nationale und internationale Politik informieren. So kann ich auch den Podcast eines ausgewanderten Chinesen über die aktuellen schrecklichen Ereignisse um Israel auf meinem Smartphone empfangen.
Außerdem habe ich Freunde, die noch Beziehungen zu Abkömmlingen hoher Kader haben und mich mit kritischen Insider-Nachrichten versorgen. Zwar werden viele Mitteilungen auf meinem Smartphone innerhalb kurzer Zeit von der Zensur gelöscht, aber wenn ich schnell genug bin, kann ich sie lesen. Wenn ich selber einzelnen Personen Nachrichten sende, bleibe ich unbehelligt; nur wenn mehrere Personen beteiligt sind, schreitet die Zensur ein. Vor zwei Jahren begann jedoch eine rigide Kontrolle meines Internetzugangs, der zunächst nur für einen Monat galt, sich dann auf zwei, drei Monate und bald ein halbes Jahr ausdehnte und schließlich in eine ständige Blockade mündete.
Unterdessen habe ich mir mit einem neuen Smartphone eine neue Nummer besorgt; andere, die stärker kontrolliert werden, müssen zig Mal ihre Nummer wechseln, wie zum Beispiel ein kritischer Blogger, den wir Herr 48 nennen. Viele noch ältere Personen als ich, die mit dem Internet nicht gut klarkommen, sind von jeglicher objektiver Information abgeschnitten. Allerdings werden E-Mails, die kaum mehr in China Verwendung finden, gar nicht kontrolliert.
Meine Kreise verurteilen die russische Invasion der Ukraine und lassen sich von Putins Lügen nicht täuschen. Wir glauben auch nicht an die Behauptung Xis, dass sich China nicht gegenüber den USA behaupten kann ohne die Partnerschaft mit Putin. Er verfolgt damit nur Weltmachtansprüche. Kürzlich wurde über den Grenzfluss Amur bei der Stadt Heihe eine ganz neue Eisenbahn- und Autobrücke gebaut, über die Russland unkontrolliert Wagon- und Lastwagenweise mit Waren beliefert wird. Putin seinerseits hat den Chinesen ein noch unerschlossenes Grenzgebiet zum Abbau von unter anderem seltenen Erden überlassen. Doch muss es sich weiterhin bei der Einfuhr von Öl und Gas an die hohen Preise der alten Verträge halten.
Mir ist hingegen bewusst, dass erst die Öffnung eines chinesischen Marktes für westliche Technik und Investitionen China zum Wohlstand verholfen haben, und meine Kreise sind der Meinung, dass wir auch zukünftig auf einen globalen Wirtschaftsaustausch angewiesen sind.
Was das militärische Gebaren gegenüber Taiwan anbelangt, so dient dies meines Erachtens nur der Abschreckung und ist vor allem ein Imponiergehabe Xi Jinpings, angestrebt, um sich selber später ein Denkmal setzen zu können. China vermag gar nicht die Kampfkraft für eine Invasion aufzubringen, weil das Militär durch und durch korrupt ist und nur “Papiertiger” hervorgebracht hat. Ein Großteil des Militär-Etats gelangt in private Taschen. Beispielsweise mussten kürzlich fünf Generale aus dem Bereich der Raketen-Waffentechnik, die ursprünglich von Xi gefördert wurden, wegen Korruption festgesetzt werden, weil ihre Selbstbereicherungen und Bestechungen allzu offensichtlich wurden.
Die neue, von Xi Jinping prächtig erbaute Hauptstadt Xiong’an, in die die Stadtregierung von Beijing und alle städtische Universitäten umziehen sollen, damit Xi seine Macht über die Zentralregierung besser behaupten kann, blieb bisher wegen des passiven Widerstandes selbst der höchsten leitenden Parteikader leer – man rührt sich mit einem Umzug einfach nicht. Außerdem diente dieses tief gelegene Tal ursprünglich als natürlicher Wasserspeicher. Die Überschwemmungskatastrophe von Vororten der Hafenstadt Tianjin mit vielen Toten im August dieses Jahres konnte geschehen, weil das Tal auf Anweisung von Xi als Auffangbecken nicht mehr genutzt werden durfte. Xiong’an wäre sonst überschwemmt worden.
Mit dieser unnötigen Geisterstadt, und zuvor mit dem riesigen eigennützigen Monument, das Xi für seinen Vater errichten ließ, verlor Xi Jinping in unseren Augen alle Hochachtung und jeden Respekt. Auch die meist mit leeren Zügen und auch sonst kaum befahrene Route der Seidenstraße ist vorwiegend ein Prestigeprojekt, das nur die Randstaaten in die Schuldenabhängigkeit von China getrieben hat. Die ungeheuren Investitionen in derartig übertriebene Bauten hätten tausenden der Landbevölkerungen aus der Armut verholfen.
Während der Covid-Pandemie hatte ich es geschafft, der Pflicht-Impfkampagne zu entkommen, obgleich man mich sehr unter Druck setzte. Mehrmals kam ein Trupp des Straßenkomitees zu mir nach Hause, um mich zu einer Impfung mit dem problematischen chinesischen Impfstoff, der sich noch im Versuchsstadium befand, zu nötigen. Ich schaffte es, sie argumentativ wegen meiner schwachen Blutgerinnung abzuwehren. Meine Verwandtschaft, die starke Nebenwirkungen von den Impfungen hatten, beneidete mich im Nachhinein um meine erfolgreiche Weigerung. Doch weil ich einmal versäumte, den regelmäßigen Abstrich in der vorgeschriebenen Zeit von drei Tagen machen zu lassen, wurde ich aus unserem bewachten Hof ausgesperrt.
Nach drei Stunden Warten bei 38 Grad Hitze schaffte ich es schließlich in einem Moment, als der Posten abgelenkt war, doch noch hinein, um in meine Wohnung zu gelangen. Im Übrigen nahm der abrupte Abbruch der gefängnisartigen Isolierung der städtischen Bewohner seinen Ausgang in Shanghai. Kleine Gruppen von vor allem jüngeren Leuten hatten sich organisiert und waren nach und nach in Disput mit den Parteiorganen aller Ebenen getreten. Diese konnten sich schließlich dem argumentativen Drängen nicht mehr erwehren und begannen bis in die Parteispitze der Stadtregierung hinein ihre Kontrollen zu lockern. Dies machte schnell auch in allen anderen Städten Schule. Hinzu kam, dass die Organisatoren und Durchführenden der Kontroll- und Impfkampagne untereinander in Streit gerieten. Der Druck von unten auf die Leute um Xi Jinping, die sich bis dahin trotz besseren Wissens nicht getraut hatten, ihn zu kritisieren, wurde so massiv, dass Xi schließlich nicht anders konnte als seine rigiden Maßnahmen aufzugeben. Das war eine regelrechte Befreiung – ein noch froheres Ereignis als das Neujahrsfest.
Leider verfüge ich kaum über konkrete Kenntnisse über die Situation in der uigurischen autonomen Provinz Xinjiang, deren Bevölkerung bereits vor Xi Jinping in höchstem Maße unterdrückt und aller Menschenrechte beraubt wurde. Die Menschen dort haben mein großes Mitgefühl. Im Internet wurde vor einiger Zeit eine Nachricht verbreitet, die wie ein Witz klingt. Es hieß, dass in Xinjiang für den Kauf von Messern eine Genehmigung benötigt würde und überdies in jedem Haushalt die in der Küche genutzten größeren Messer und Hackbeile am Tisch angekettet seien. Ich finde das lächerlich. Doch womöglich ist es nur ein Gerücht, das der Ironisierung der Praktiken Xi Jinpings dient.
Fast täglich kommuniziere ich mit meinen befreundeten Gesinnungsgenossen. Doch meine engere Verwandtschaft will nichts von meinen Informationen und Ansichten hören. Ihnen meine Einschätzungen nahezubringen, habe ich längst als nutzloses Bemühen aufgegeben. Es würde nur Missstimmung erzeugen, und ich würde mich familiär vollkommen isolieren. Aber ich werde Ihnen sehr genau erzählen, was ich in Deutschland erlebt und an kritischen Standpunkten gehört habe, die meine Ansichten bestätigen.
Ralph Koppitz verstärkt als Partner seit dem 1.11. das Büro von Rödl & Partner in Shanghai. Der Rechtsanwalt bringt mehr als 25 Jahre China-Erfahrung mit.
Silvia Ding wird ab Januar 2024 als neue Geschäftsführerin für Greater China bei Maersk tätig sein. Sie arbeitet seit 1999 für die Unternehmensgruppe, zu Anfang in verschiedenen Managementpositionen in China, zuletzt als Head of Transformation des Konzerns.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Digitale Schalentiere: Für diese Krabben ging’s von einem Netz direkt ins Nächste. Kaum gefangen landeten sie nicht etwa im Topf, sondern gut ausgeleuchtet vor der Kamera einer Landwirtin aus dem Dorf Xinhai, Provinz Jiangsu. Diese bietet ihre Ware in einem Live-Webcast zum Verkauf an.