Table.Briefing: China

Japans wertebasierte Außenpolitik + Chinas wachsender Einfluss in Kenia

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine wertebasierte Außenpolitik – das hat sich keineswegs nur Annalena Baerbock auf die Fahnen geschrieben. Auch Japans Regierung unter Fumio Kishida wird nicht müde zu betonen, dass der Einsatz für Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil der japanischen Außenpolitik sei.

Die Realität ist jedoch kompliziert, stellt Felix Lill in seiner Analyse fest. Bei näherer Betrachtung hat er den Eindruck, die oft betonten Werte in der japanischen Außenpolitik dienten vor allem einem: der Abgrenzung von China, das wiederum gar keinen Hehl daraus macht, in der Außenpolitik ganz allein den eigenen Interessen zu folgen.  

Gerade das wertefreie Vorgehen mögen einige Staatschefs afrikanischer Staaten an China zu schätzen wissen. In der Bevölkerung gibt es aber viele Stimmen, die das Gebaren chinesischer Investoren auf dem Kontinent eher skeptisch sehen. Wenn die Chinesen langfristig Fuß fassen wollen, müssen sie mehr Rücksicht auf örtliche Interessen nehmen, warnt der kenianische Risikoanalyst Dismas Kizito Mokua im Interview mit Fabian Peltsch. Mehr Einbindung in die Gesellschaft könne helfen. Denn Chinesen in Afrika seien oft unter sich. Das sorge für Misstrauen. 

Einen guten Wochenstart mit viel Hoffnung auf eine geruhsame Weihnachtszeit wünsche ich Ihnen!

Ihr
Felix Lee
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Analyse

“China kann Kenia als Sprungbrett für die Globalisierung der Märkte und der Produktion in Afrika nutzen”

Dismas Kizito Mokua
Dismas Kizito Mokua, Analyst für politische Risiken: “Die Chinesen in Kenia sind im öffentlichen Raum kaum sichtbar”

Sie arbeiten als Risikoanalyst in Kenia. Ihr Fachwissen über Politik und Wirtschaft teilen Sie häufig als Gast in nationalen Fernsehsendungen und im Radio. Sehen Sie den wachsenden chinesischen Einfluss in Kenia in den letzten Jahren eher als Chance oder als Risiko?

Die Frage nach chinesischen Aktivitäten in Kenia ist sehr weit gefasst. Für die Chinesen ist Kenia ein Sprungbrett in die Region. Sie treiben Handel und investieren in Kenia. Im Allgemeinen liefern chinesische Unternehmen Produkte des gehobenen, des mittleren und des unteren Marktsegments. China ist sehr wettbewerbsfähig. Das Land fertigt und montiert viele globale Marken. In Kenia herrscht jedoch der Eindruck, dass einige chinesische Händler Produkte auf den kenianischen Markt bringen, die auf anderen Märkten aufgrund ihrer Qualität keinen Platz finden.

Heute sieht man in den Straßen von Nairobi Beschilderungen in chinesischer Sprache. Wie gestaltet sich die Interaktion zwischen Chinesen und Kenianern im täglichen Leben?

Viele Chinesen haben sich in größeren Städten Kenias niedergelassen. Dort haben sie die Orte, an denen sie sich aufhalten, nach ihrem Geschmack und ihren Vorlieben ausgewählt. Sie haben ihren Aufenthalt in Kenia sozusagen auf sich selbst maßgeschneidert. Unter die Einheimischen mischen sie sich nur, wenn sie Projekte beaufsichtigen, aber nicht so sehr auf sozialer Ebene. Andererseits wollen viele Kenianer Lieferketten mit chinesischen Unternehmen aufbauen. Viele Menschen lernen deshalb Chinesisch. Einige Banken in Kenia haben sogar spezielle Teams zur Unterstützung von Geschäftsleuten, die mit China Geschäfte machen wollen. Es gibt auch eine Reihe von Geschäftsbanken, die in ihren Filialen spezielle China-Desks eingerichtet haben.

Wie reibungslos läuft die Zusammenarbeit zwischen Kenianern und Chinesen in der Arbeitswelt?

Man hat den Eindruck, dass China die Globalisierung der Märkte und der Produktion voll ausnutzt. Wir haben chinesische Unternehmen in vielen Sektoren. Eine Reihe von ihnen muss sich jedoch vorwerfen lassen, dass sie nicht auf den Anteil lokaler Akteure achten und Rohstoffe aus China importieren, ebenso wie viele ihrer Arbeiter. Viele lokale Bauunternehmer fragen sich, warum chinesische Unternehmen bei den Kosten fast immer die konkurrenzfähigsten Angebote abgeben können. Auch die niedrigen Lohnkosten werfen Fragen auf. Es gibt Behauptungen, dass einige chinesische Unternehmen im Ausschreibungsprozess und bei der Angebotsabgabe nicht fair vorgehen.

Wie sind die Arbeitsbedingungen auf chinesischen Baustellen?

In der Vergangenheit wurde einigen multinationalen Unternehmen aus China wiederholt vorgeworfen, sich nicht an bewährte Praktiken im Personalmanagement zu halten. Zeitungsberichte legten nahe, dass ein chinesisches Bauunternehmen möglicherweise Gelegenheitsarbeiter misshandelt hat, zum Beispiel beim Bau der Standard Gauge Railway, kurz SGR, die größtenteils mit chinesischen Krediten finanziert wurde. Einige chinesische Vorgesetzte wurden beschuldigt, Arbeiter anzuschreien, und auch die angebotenen Unterkünfte entsprachen nicht den Erwartungen. Männer wurden dort in kleine Räume gepfercht. Diese Bilder weckten Erinnerungen an jene Ausbeuterbetriebe, in denen Unternehmen wie Nike ihre Produkte herstellten, bevor es zu einem weltweiten öffentlichen Aufschrei kam.

Die 4,7 Milliarden US-Dollar, die von chinesischen Banken für den Bau der Eisenbahnstrecke geliehen wurden, sind auch ein Grund dafür, dass Kenia in einer Schuldenkrise steckt. Viele Kenianer kritisieren, dass das Projekt nicht transparent genug durchgeführt wurde.

Die Eisenbahn war ein Vorzeigeprojekt, das in aller Eile durchgeführt wurde. Es war ein Regierungsprojekt, das heißt, es sollte ein öffentliches Projekt sein. Dennoch hatten weder die Mitglieder der Nationalversammlung noch die Senatoren Zugang zu den tatsächlichen Verträgen. Es besteht der Verdacht, dass der Vertrag aufgebläht und anbietergesteuert war. Das Versäumnis von Präsident Kenyatta, den Vertrag zu veröffentlichen, hat Raum für Spekulationen und Gerüchte geschaffen, etwa, dass kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt wurde und die Öffentlichkeit zu kurz gekommen ist. Die Menschen befürchten zudem, dass im Falle von Streitigkeiten vor allem die chinesische Gerichtsbarkeit zuständig sein könnte.

Wie geht die chinesische Seite mit diesen Vorwürfen um?

Die Chinesen in Kenia sind sehr medienscheu. Sie sind im öffentlichen Raum kaum sichtbar. Stattdessen arbeiten sie sehr eng mit einer Reihe von Journalisten und öffentlichen Intellektuellen zusammen. Einige von ihnen sind etwa zu Informationsreisen nach China eingeladen worden. Es gibt auch viele kenianische Studenten, die an chinesischen Universitäten studieren. Die Chinesen haben an ausgewählten Universitäten in Kenia Sprachinstitute eingerichtet. Die Menschen, die dort lernen oder von solchen Reisen zurückkehren, haben einen guten Eindruck von China und sprechen in den höchsten Tönen von dem Land. Auch die chinesischen Staatsmedien haben in Nairobi Büros ihrer Nachrichtenagenturen eingerichtet. Irgendwann sind sie in alle lokalen Nachrichtenredaktionen eingedrungen und haben dort lokale Talente für ihre Kanäle abgeworben.

Worüber berichten die kenianischen Journalisten, die für chinesische Medienkanäle arbeiten, hauptsächlich?

Viele chinesische Medienkanäle üben kaum Kritik an Regierungen in aller Welt. Sie beteiligen sich kaum an Gesprächen über Menschenrechte und engagieren sich nicht für die Zivilgesellschaft. Sie diskutieren also hauptsächlich über Wirtschaft. Auch wenn sie nicht direkt kritisieren, weisen sie jedoch bereitwillig auf die Herausforderungen hin, vor denen die USA, die EU oder das Vereinigte Königreich stehen. Sie werden dort dagegen kaum negative Berichte über China oder Russland lesen. Während Diplomaten der USA, der EU oder des Vereinigten Königreichs über Demokratie, Menschenrechte oder Regierungsführung sprechen können, tun dies chinesische Diplomaten ebenfalls nicht.

Was muss sich in Kenia ändern, wenn es um die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen geht?

Die Kenianer waren zunächst zufrieden und dachten: Holen wir die Chinesen, damit sie Monopole brechen und wettbewerbsfähige Preise anbieten. China-Restaurants wurden ebenfalls sehr beliebt. Viele Kenianer haben mit chinesischen Unternehmen Einrichtungen für das Lieferkettenmanagement aufgebaut. Chinesische Unternehmen müssen jedoch mehr tun, um die afrikanischen Interessen und Ziele in ihren globalen Plänen zu berücksichtigen. Kenia ist ein Ankerstaat in Afrika. China kann Kenia als Sprungbrett für die Globalisierung der Märkte und der Produktion in Afrika nutzen. Wir verfügen über die nötige Infrastruktur dafür.

Dismas Kizito Mokua ist ein in Nairobi ansässiger Analyst für politische Risiken. Er ist gefragter Gesprächspartner in kenianischen und internationalen Medien und tritt regelmäßig auf globalen Handels- und Investitionskonferenzen auf.

  • Afrika
  • Kenia

Japans Variante der werteorientierten Diplomatie: Letztlich geht es um die Abgrenzung von China

Japans Premierminister Fumio Kishida beim Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus am 13. Januar 2023: Beiden geht es um eine Eindämmung von Chinas wachsendem Einfluss im Indopazifik.

Wenn deutsche Regierungsoberhäupter über die bilateralen Beziehungen nach Japan sprechen, schwärmen sie zuverlässig von einer “Wertepartnerschaft.” So tat es auch Kanzler Olaf Scholz, als er April 2022 die japanische Hauptstadt besuchte. Neben seinem Amtskollegen Fumio Kishida stehend verkündete er: “Es ist kein Zufall, dass meine erste Reise als Bundeskanzler in diese Region heute hierher, nach Tokio, führt.” Die Werte, die die beiden Nationen demnach teilen, sind Demokratie, Gewaltenteilung, die Achtung der Menschenrechte und eine multilaterale internationale Ordnung.  

Und nicht nur das: Offiziell schwören beide Staaten auch in ihrer Diplomatie auf diese Ideale. Sowohl Deutschland als auch Japan haben in den vergangenen Jahren vermehrt ihre “wertebasierte Außenpolitik” betont. Zwar ist in Japans Kabinett – anders als in der deutschen Regierung – nichts von einer feministischen Außenpolitik zu hören. Aber diverse Grundkriterien für Demokratien spielen zumindest rhetorisch eine wichtige Rolle, wenn Japans Regierung Entscheidungen trifft. Ein “Bogen von Demokratie und Wohlstand” wird immer wieder erwähnt. 

Wende von Wirtschaftsaußenpolitik zur Demokratieförderung

Die Geschichte von Japans “wertebasierter Außenpolitik” ist noch relativ jung. Ihren Anfang nahm sie im Jahr 2006, als Shinzo Abe erstmals für ein Jahr regierte (von 2012 bis 2020 war Abe erneut Premier). Bis dahin hatte sich Japan mit seiner Yoshida-Doktrin, benannt nach dem ab 1946 regierenden Premier, auf die ökonomische Dimension der Außenpolitik konzentriert. Die Yoshida-Doktrin hatte das Ziel, Japan nach der Kriegsniederlage durch Multilateralismus und Handel in die Weltwirtschaft wiedereinzugliedern.

Mitte der 1970er-Jahre prägte Premier Takeo Fukuda inmitten des Kalten Kriegs dann die Maxime, dass sich Japan insbesondere in Südostasien mittels Entwicklungszusammenarbeit neue Verbündete sichern sollte. Dazu war es gleichgültig, ob diese nun liberal oder autoritär, kapitalistisch oder kommunistisch eingestellt waren. Dazu kam der Grundsatz der Nichteinmischung in anderer Staaten Angelegenheiten. Von einem wertebasierten Ansatz war damals also noch nichts zu sehen. Von der Nachkriegszeit bis Abe war reiner Pragmatismus angesagt.  

Dahinter steckt Abgrenzung von China

So erschien die Wende zu einer Außenpolitik, die Demokratie und Menschenrechte ins Zentrum rückte, wie ein Paradigmenwechsel. Ausformungen hiervon sind der “Quad” – ein sicherheitspolitischer Austausch zwischen USA, Australien, Indien und Japan – oder die Strategie des “Free and Open Indo-Pacific”, nach der Japan ökonomische, infrastrukturelle und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Pazifikanrainern anstrebt und so auch Demokratie und Gewaltenteilung fördern will. Die Liste ähnlicher Vorhaben, die die Vokabel “Demokratie” beinhalten, ließe sich fortführen. 

Auffallend dabei ist aber: Alle Vorstöße offenbaren sich auch als klare Abgrenzung zum ökonomisch und militärisch aufstrebenden China, das Japan seine Hegemonialstellung in Asien seit mehr als einem Jahrzehnt streitig macht. Entsprechend betonte Hitoshi Kikawada, der für die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) im Parlament sitzt und unter Ex-Premier Abe auch stellvertretender Außenminister war, im Sommer 2023: “Wir freuen uns, dass man in Europa nun auch sieht, dass von China mögliche Gefahren ausgehen. (…) Demokratien sollten zusammen dagegenhalten.”  

Werte als Interessen

Die Betonung von Demokratie hat im japanischen Kontext eine klare interessenpolitische Dimension. So kritisiert Koji Murata, Professor für Politik an der Doshisha Universität in Kyoto, dass bei Japans “wertebasierter Außenpolitik” die Werte kaum wirklich im Vordergrund stehen: “Menschenrechte müssen ein grundsätzliches Ziel sein und nicht einfach ein Instrument der Diplomatie.”

Kiyoteru Tsutsui, Professor für Soziologie an der Stanford Universität, warnt vor einem “Paradoxon leerer Versprechen”: Wer immerzu von hehren Werten spreche, riskiere es, selbst darüber zu stolpern. 

Für Japan ist das Risiko akut. Bis heute hat das ostasiatische Land nicht die UN-Völkermordkonvention von 1948 ratifiziert. Auch beim Vertrag der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, der Diskriminierung verbietet, ist Japan nicht dabei.

Konservative Politiker wie Hitoshi Kikawada von der regierenden Liberaldemokratischen Partei fühlen sich in Europa missverstanden, wenn von dort Forderungen kommen, dass Japan die Todesstrafe abschaffe oder eine Homo-Ehe ermögliche. Das Thema gleichgeschlechtlicher Eheschließungen kanzelte Premier Kishida noch in diesem Jahr ab mit dem mahnenden Satz: “Das würde die Gesellschaft verändern.” 

Gegenüber Myanmar nur Lippenbekenntnisse

Nicht nur in Japans Innenpolitik wirken die oft betonten Werte manchmal wie Lippenbekenntnisse – auch in der Diplomatie. “Der Fall Myanmar ist ein gutes Beispiel dafür, dass Werte bisher nur eine marginale Rolle in Japans Außenpolitik gespielt haben”, beobachtet Raymond Yamamoto, Professor für Politik an der Universität Aarhus. Während Myanmars jahrzehntelanger Militärdiktatur hielt Japan noch einen relativ guten Draht zur Junta, nach der zaghaften Demokratisierung ab 2011 wurde die Unterstützung rasch ausgebaut. Während der Vertreibung der Rohingya sah Japan weg.  

Und nach dem Militärputsch im Februar 2021 hat Japan die Junta nicht wie andere G7-Staaten sanktioniert. Raymond Yamamoto sagt: “Japan hat nicht einmal eine gesetzliche Grundlage, um Sanktionen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen zu erlassen, was ein klarer Hinweis darauf ist, dass es sein Prinzip der Nichteinmischung nicht abschaffen will.” Yamamoto schließt daraus: “Abe hat die pragmatische, ökonomisch ausgerichtete Außenpolitik Japans nichts grundsätzlich verändert.” Bis heute gilt also: “Primär geht es darum, sich von China abzugrenzen.” Felix Lill 

  • Außenpolitik
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News

Staatsrat veröffentlicht Regeln zur Kontrolle von Schattenbanken

Ab Mai 2024 gelten neue Regeln für Nichtbanken, die Geldgeschäfte machen. Vor allem gibt es eine neue, klarere Definition für solche Institutionen, die im Wirtschaftsjargon Schattenbanken genannt werden. Der Staatsrat, also die Regierung, hat am Sonntag die wichtigsten Ziele der Regulierung bekannt gegeben:

  • Mehr Aufsicht über die Schattenbanken,
  • besserer Schutz der Investoren und Kreditnehmer,
  • zugleich aber Erhalt der positiven Aspekte wie sinnvolle Dienste für die Realwirtschaft und die Befriedigung von Zahlungs- und Finanzierungsbedürfnissen.

Während für Banken strenge Regeln in Hinsicht auf das vorgehaltene Eigenkapital, Zinssätze, die Einlagensicherung und dergleichen gelten, sind Schattenbanken nur schlecht überwacht. Zudem herrscht keine Transparenz: Die Banken übermitteln Daten zum Kreditgeschäft an die Aufsichtsbehörden, während Schattenbanken im Dunkeln agieren. Ökonomen schätzen das Volumen der von ihnen vergebenen Kredite auf drei Billionen Yuan (390 Milliarden Euro). fin

  • Finanzen
  • Kredite

Belege für chinesische Einfluss-Operationen aufgetaucht

Der chinesische Geheimdienst hat den rechten belgischen Politiker Frank Creyelman bezahlt, um chinesische Positionen in Europa zu verbreiten. Das berichten der Spiegel und weitere Medien, denen das Material vorliegt. Themen der Einflussoperationen sind Hongkong, Tibet, Taiwan und Xinjiang, aber auch allgemeine Stimmungsmache für China und Versuche, zur Destabilisierung und Entzweiung westlicher Demokratien beizutragen. Ein Opfer der Projekte zur Rufschädigung einzelner Personen ist der kritische Forscher Adrian Zenz, der das Ausmaß der Repressionen in Xinjiang aufgedeckt hat. fin

  • Geheimdienste
  • Geopolitik
  • Spionage

Weltweiter Kohleverbrauch steigt weiter – auch wegen China

Der Verbrauch von Kohle hat diesem Jahr weltweit einen neuen Höchstwert erreicht. Der Gesamtverbrauch ist nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) um 1,4 Prozent auf 8,5 Milliarden Tonnen angestiegen. Allein China hat 220 Millionen Tonnen mehr verbraucht als im Vorjahr. Das entspricht einem Plus von 4,9 Prozent. In Indien wurde nach Angaben der IEA ein Anstieg von acht Prozent verzeichnet, der Verbrauch in Indonesien nahm gar um elf Prozent zu. 

Für 2024 geht die IEA davon aus, dass der Kohleverbrauch weltweit wieder sinken wird. “Wir gehen davon aus, dass sich ab 2024 ein Trend zu einer sinkenden weltweiten Kohlenachfrage abzeichnet.” rtr

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  • Klima & Umwelt

Presseschau

Kampf gegen günstiges China: Habeck plant “Resilienzbonus” für deutsche Solarhersteller N-TV
Experte zu Aus von E-Auto-Prämie: “Die Zukunft des Weltmarktes ist jetzt erst recht China” N-TV
US warns China on meddling in Taiwan elections TAIPEI TIMES
Südkorea startet Militär-Jets nach Vorstoß Russlands und Chinas MERKUR
South China Sea: Philippines wants to start energy exploration projects in waterway, says Marcos Jnr SCMP
Satellites Capture China”s Militia Ships Parked in US Ally”s Territory NEWSWEEK
Durch Einsatz künstlicher Intelligenz: China betreibt auf YouTube Desinformationskampagne gegen USA FINANZMARKTWELT
“Historischer Moment in bilateralen Beziehungen”: Serbien wendet sich von der EU ab und zu China hin MERKUR
China tests diplomatic prowess in Ethiopia as it rebuilds after Tigray war SCMP
China: Fünf Organisatoren von Ultramarathon mit 21 Toten zu Haftstrafen verurteilt DEUTSCHLANDFUNK
Fehlende Wirtschaftsleitlinien der chinesischen Führung verunsichern Investoren HANDELSBLATT
China warned about potential “middle-technology trap” amid tech war with US BUSINESS STANDARD
Elektroautos: Ein voller Gewinn – für China DIE PRESSE
Nissan to export China-made EVs globally TIMES OF INDIA
Podolski zu früherem China-Angebot: “Was soll ich da?” WZ
Zoo Berlin: Pandas Pit und Paule sind in China angekommen T-ONLINE
China’s extreme weather CNN

Standpunkt

Es gilt, einen Weltenbrand zu verhindern

Von Rudolf Scharping
Rudolf Scharping über die Beziehungen zwischen China und Deutschland.

USA und China: Die grundsätzliche Konstellation bleibt, der Umgang damit verändert sich grundlegend. Das ist ein entscheidender Fortschritt. So kann man das jüngste Treffen in San Francisco zwischen den Präsidenten der USA und Chinas zusammenfassen. In – verglichen mit Deutschland – fast schon zahllosen Treffen auf allen Ebenen wurde vorbereitet, was nun in den USA bezeichnet wird als “managed co-existence” oder “competitive interdependance”. Die bestehenden Konflikte und fundamentalen Unterschiede sollen kontrollierbar bleiben, der Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen könnte wieder wachsen.

Dennoch meinen manche hierzulande noch immer, die Welt steuere mit fast naturgesetzlicher Unerbittlichkeit in die Bi-Polarität eines neuen Kalten Krieges. Solche “alten Begriffe” taugen nicht für eine fundamental andere Wirklichkeit. Sie führen in die Irre.

Die UdSSR und die USA waren Führungsmächte zweier Militärbündnisse, die sich hochgerüstet in massiver Abschreckung gegenüberstanden. Auch “flexible Antworten” auf den Warschauer Pakt (ab den späten 1960er Jahren) oder die NATO-Nachrüstung haben diese grundlegende Konstellation nicht aufgehoben. Politisch und militärisch war die Welt bis 1990/91 bipolar, mit klaren Grenzen und Sphären des Interesses, mit umkämpften Regionen und auch mit Stellvertreterkriegen. Diese Bi-Polarität zweier Führungsmächte von Militärbündnissen gibt es heute nicht. Präsident Biden spricht ausdrücklich davon, ein neuer “Kalter Krieg” dürfe nicht entstehen.

Die Welt gestern und heute: erhebliche Unterschiede

Zwar haben heute nur die USA die (wenn auch nicht unbegrenzte) Fähigkeit zu globaler militärischer Machtprojektion. Wirtschaftlich und technologisch war und ist die Welt multipolar. Europa oder Japan spielten wirtschaftlich und technologisch eine eigene Rolle; viele Freihandelszonen und Wirtschaftsräume sind seither dazugekommen. Als die UdSSR sich 1991 auflöste, trug sie wenig mehr als drei Prozent zur weltwirtschaftlichen Leistung bei. Heute entstehen rund 19 Prozent der weltwirtschaftlichen Leistung in China. China und die USA sind wirtschaftlich eng miteinander verflochten. Die US-Finanzministerin sagt: “De-Coupling” wäre katastrophal.

Das gilt auch für das häufig unterschätzte Feld des zivilgesellschaftlichen Austauschs. Das gab es praktisch nicht zwischen der UdSSR und den USA. Aber vor der Pandemie gab es rund 360.000 junge Studierende aus China in den USA, insgesamt seit Anfang der 1980er Jahre waren es circa sechs Millionen. Vor der Pandemie bereisten rund 130 Millionen Menschen aus China als Touristen die Welt. Sie alle (und viele andere) nehmen Eindrücke auf und nehmen sie mit nach Hause.

Hat Europa, hat Deutschland in diesen Entwicklungen Einfluss, Möglichkeiten oder sogar Macht? Macht hat viele Elemente: Politik, Diplomatie und Militär; Wirtschaft, Technologie, Innovation; Kultur, Zivilisation, Gesellschaft. Können wir (wie? womit?) unseren Interessen dienen und unsere Werte vertreten? Dazu sind wir verpflichtet; jedoch: “Erkenne die Lage. Rechne mit deinen Defekten, gehe von deinen Beständen aus, nicht von deinen Parolen.” (Gottfried Benn). Ich füge an: Formuliere strategische Ziele, übersetze sie in operative Handlungsmöglichkeiten, baue Stärken aus und reduziere Schwächen.

China kämpft selbst mit erheblichen Schwierigkeiten

Alles das ist dringend. Europa (mit ihm Deutschland) bringen weltweit kein Gewicht auf die sicherheitspolitische Waage – selbst wenn wir “Sicherheit” umfassend denken, also einschließlich nicht-militärischer Ursachen von Krisen und Kriegen bis hin zu deren Beendigung. Frieden zu sichern und einen Weltenbrand zu verhindern, ist globales gemeinsames Interesse – der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Menschen mordende Terror der Hamas in Israel, das Elend im Gaza-Streifen belegen das auf schreckliche Weise. Dass die USA und China wegen der Konfliktpotentiale im Südchinesischen Meer und rund um Taiwan so etwas wie ein “rotes Telefon” einrichten und die direkte Kommunikation auch auf militärischer Ebene wieder aufnehmen, ist substanziell für eine friedliche Entwicklung dort.

China selbst ringt mit enormen inneren Herausforderungen. Es wird schneller alt als Deutschland. Über ein Fünftel seiner Jugend findet keine gute Arbeit. Immobilien- und Aktienmärkte stehen unter enormen Stress. Auch ein Wachstum von fünf Prozent (so viel wie die wirtschaftliche Leistung der Niederlande im Jahr) erzeugt kein Vertrauen auf der Seite der Verbraucher, die meisten Provinzen und Städte kämpfen mit enormen Finanzproblemen. Die Älteren protestieren gegen Kürzungen in dem, was wir hier Sozialstaat nennen würden – die Beispiele lassen sich verlängern. Entscheidend ist die Grundlage: Seit Öffnung und Reform (1978) ging es erst tastend, seit 2001 (WTO Beitritt) fast explosionsartig voran. Der ungeschriebene Gesellschaftsvertrag zeigt nun seine Kehrseite: Vertrauen in die Zukunft, “Lust” auf Innovation, Investition und Konsum lässt sich weder herbeikommandieren noch mit wachsender Kontrolle herbeizwingen. Ob das in marktwirtschaftlicheren Korrekturen mündet, wie der frühere “Wirtschaftsweise” Yang Weimin fordert oder wie die Central Financial Work Conference für die nächsten fünf Jahre andeutet, bleibt offen.

Keiner wartet auf Europa

All das hat Bedeutung für Deutschland und Europa. Die große, leider unbeantwortete Frage ist: Hat Europa Weitsicht und Kraft für Strategie, für Eigenständigkeit? Wird es seine Erfahrungen von Zivilisation, Ausgleich und Verständigung übersetzen können in Beiträge, die relevant sind im geopolitischen und geoökonomischen Kontext? Werden wir von Beständen ausgehen, statt von Parolen? Zweifel sind angebracht, und manchmal könnte man sogar verzweifeln. Aber das wäre ein Gefühl und nicht etwa Politik.

Sicher ist: Niemand auf der Welt wird auf uns warten. Sicher ist auch: Wir sind weniger als sechs Prozent der Weltbevölkerung, erwirtschaften aber knapp 15 Prozent der Weltwirtschaft und stellen sieben der zehn innovationsstärksten Volkswirtschaften auf der Welt. Wir haben die Verpflichtung. Wir können Stärken bewahren und hoffentlich (zum Teil eklatante) Schwächen verringern. Wir haben sehr viele Möglichkeiten – noch.

  • Geopolitik
  • USA

Verstorben

Tan Xiao’ou, Gründer von Sensetime, dem führenden chinesischen Unternehmen für Künstliche Intelligenz (KI) ist unerwartet gestorben. Tang sei “aufgrund einer unheilbaren Krankheit von uns gegangen”, erklärte seine vor allem für ihre Gesichtserkennungs-Software bekannte Firma am Samstag in einer Online-Mitteilung.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Immer mehr Geschäfte in China stellen sich auf die Bedürfnisse von Tierbesitzern ein. So stellen Läden und Cafés in den Metropolen etwa Tragetaschen, Snacks und Fotowände für süße Selfies bereit. Eine Teehaus-Kette lockt Kunden gar mit kleinen Rucksäcken für die Rücken von Hunden und Katzen. Ökonomen sprechen von der Pet Economy”. Besonders die Generation Z der zwischen 19- und 30-Jährigen kurbelt den Trend im Einzelhandel an. Immer mehr dieser jungen Chinesen betrachten ihre Haustiere als gleichwertige Familienmitglieder und mitunter auch als Kinderersatz.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    eine wertebasierte Außenpolitik – das hat sich keineswegs nur Annalena Baerbock auf die Fahnen geschrieben. Auch Japans Regierung unter Fumio Kishida wird nicht müde zu betonen, dass der Einsatz für Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil der japanischen Außenpolitik sei.

    Die Realität ist jedoch kompliziert, stellt Felix Lill in seiner Analyse fest. Bei näherer Betrachtung hat er den Eindruck, die oft betonten Werte in der japanischen Außenpolitik dienten vor allem einem: der Abgrenzung von China, das wiederum gar keinen Hehl daraus macht, in der Außenpolitik ganz allein den eigenen Interessen zu folgen.  

    Gerade das wertefreie Vorgehen mögen einige Staatschefs afrikanischer Staaten an China zu schätzen wissen. In der Bevölkerung gibt es aber viele Stimmen, die das Gebaren chinesischer Investoren auf dem Kontinent eher skeptisch sehen. Wenn die Chinesen langfristig Fuß fassen wollen, müssen sie mehr Rücksicht auf örtliche Interessen nehmen, warnt der kenianische Risikoanalyst Dismas Kizito Mokua im Interview mit Fabian Peltsch. Mehr Einbindung in die Gesellschaft könne helfen. Denn Chinesen in Afrika seien oft unter sich. Das sorge für Misstrauen. 

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    “China kann Kenia als Sprungbrett für die Globalisierung der Märkte und der Produktion in Afrika nutzen”

    Dismas Kizito Mokua
    Dismas Kizito Mokua, Analyst für politische Risiken: “Die Chinesen in Kenia sind im öffentlichen Raum kaum sichtbar”

    Sie arbeiten als Risikoanalyst in Kenia. Ihr Fachwissen über Politik und Wirtschaft teilen Sie häufig als Gast in nationalen Fernsehsendungen und im Radio. Sehen Sie den wachsenden chinesischen Einfluss in Kenia in den letzten Jahren eher als Chance oder als Risiko?

    Die Frage nach chinesischen Aktivitäten in Kenia ist sehr weit gefasst. Für die Chinesen ist Kenia ein Sprungbrett in die Region. Sie treiben Handel und investieren in Kenia. Im Allgemeinen liefern chinesische Unternehmen Produkte des gehobenen, des mittleren und des unteren Marktsegments. China ist sehr wettbewerbsfähig. Das Land fertigt und montiert viele globale Marken. In Kenia herrscht jedoch der Eindruck, dass einige chinesische Händler Produkte auf den kenianischen Markt bringen, die auf anderen Märkten aufgrund ihrer Qualität keinen Platz finden.

    Heute sieht man in den Straßen von Nairobi Beschilderungen in chinesischer Sprache. Wie gestaltet sich die Interaktion zwischen Chinesen und Kenianern im täglichen Leben?

    Viele Chinesen haben sich in größeren Städten Kenias niedergelassen. Dort haben sie die Orte, an denen sie sich aufhalten, nach ihrem Geschmack und ihren Vorlieben ausgewählt. Sie haben ihren Aufenthalt in Kenia sozusagen auf sich selbst maßgeschneidert. Unter die Einheimischen mischen sie sich nur, wenn sie Projekte beaufsichtigen, aber nicht so sehr auf sozialer Ebene. Andererseits wollen viele Kenianer Lieferketten mit chinesischen Unternehmen aufbauen. Viele Menschen lernen deshalb Chinesisch. Einige Banken in Kenia haben sogar spezielle Teams zur Unterstützung von Geschäftsleuten, die mit China Geschäfte machen wollen. Es gibt auch eine Reihe von Geschäftsbanken, die in ihren Filialen spezielle China-Desks eingerichtet haben.

    Wie reibungslos läuft die Zusammenarbeit zwischen Kenianern und Chinesen in der Arbeitswelt?

    Man hat den Eindruck, dass China die Globalisierung der Märkte und der Produktion voll ausnutzt. Wir haben chinesische Unternehmen in vielen Sektoren. Eine Reihe von ihnen muss sich jedoch vorwerfen lassen, dass sie nicht auf den Anteil lokaler Akteure achten und Rohstoffe aus China importieren, ebenso wie viele ihrer Arbeiter. Viele lokale Bauunternehmer fragen sich, warum chinesische Unternehmen bei den Kosten fast immer die konkurrenzfähigsten Angebote abgeben können. Auch die niedrigen Lohnkosten werfen Fragen auf. Es gibt Behauptungen, dass einige chinesische Unternehmen im Ausschreibungsprozess und bei der Angebotsabgabe nicht fair vorgehen.

    Wie sind die Arbeitsbedingungen auf chinesischen Baustellen?

    In der Vergangenheit wurde einigen multinationalen Unternehmen aus China wiederholt vorgeworfen, sich nicht an bewährte Praktiken im Personalmanagement zu halten. Zeitungsberichte legten nahe, dass ein chinesisches Bauunternehmen möglicherweise Gelegenheitsarbeiter misshandelt hat, zum Beispiel beim Bau der Standard Gauge Railway, kurz SGR, die größtenteils mit chinesischen Krediten finanziert wurde. Einige chinesische Vorgesetzte wurden beschuldigt, Arbeiter anzuschreien, und auch die angebotenen Unterkünfte entsprachen nicht den Erwartungen. Männer wurden dort in kleine Räume gepfercht. Diese Bilder weckten Erinnerungen an jene Ausbeuterbetriebe, in denen Unternehmen wie Nike ihre Produkte herstellten, bevor es zu einem weltweiten öffentlichen Aufschrei kam.

    Die 4,7 Milliarden US-Dollar, die von chinesischen Banken für den Bau der Eisenbahnstrecke geliehen wurden, sind auch ein Grund dafür, dass Kenia in einer Schuldenkrise steckt. Viele Kenianer kritisieren, dass das Projekt nicht transparent genug durchgeführt wurde.

    Die Eisenbahn war ein Vorzeigeprojekt, das in aller Eile durchgeführt wurde. Es war ein Regierungsprojekt, das heißt, es sollte ein öffentliches Projekt sein. Dennoch hatten weder die Mitglieder der Nationalversammlung noch die Senatoren Zugang zu den tatsächlichen Verträgen. Es besteht der Verdacht, dass der Vertrag aufgebläht und anbietergesteuert war. Das Versäumnis von Präsident Kenyatta, den Vertrag zu veröffentlichen, hat Raum für Spekulationen und Gerüchte geschaffen, etwa, dass kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt wurde und die Öffentlichkeit zu kurz gekommen ist. Die Menschen befürchten zudem, dass im Falle von Streitigkeiten vor allem die chinesische Gerichtsbarkeit zuständig sein könnte.

    Wie geht die chinesische Seite mit diesen Vorwürfen um?

    Die Chinesen in Kenia sind sehr medienscheu. Sie sind im öffentlichen Raum kaum sichtbar. Stattdessen arbeiten sie sehr eng mit einer Reihe von Journalisten und öffentlichen Intellektuellen zusammen. Einige von ihnen sind etwa zu Informationsreisen nach China eingeladen worden. Es gibt auch viele kenianische Studenten, die an chinesischen Universitäten studieren. Die Chinesen haben an ausgewählten Universitäten in Kenia Sprachinstitute eingerichtet. Die Menschen, die dort lernen oder von solchen Reisen zurückkehren, haben einen guten Eindruck von China und sprechen in den höchsten Tönen von dem Land. Auch die chinesischen Staatsmedien haben in Nairobi Büros ihrer Nachrichtenagenturen eingerichtet. Irgendwann sind sie in alle lokalen Nachrichtenredaktionen eingedrungen und haben dort lokale Talente für ihre Kanäle abgeworben.

    Worüber berichten die kenianischen Journalisten, die für chinesische Medienkanäle arbeiten, hauptsächlich?

    Viele chinesische Medienkanäle üben kaum Kritik an Regierungen in aller Welt. Sie beteiligen sich kaum an Gesprächen über Menschenrechte und engagieren sich nicht für die Zivilgesellschaft. Sie diskutieren also hauptsächlich über Wirtschaft. Auch wenn sie nicht direkt kritisieren, weisen sie jedoch bereitwillig auf die Herausforderungen hin, vor denen die USA, die EU oder das Vereinigte Königreich stehen. Sie werden dort dagegen kaum negative Berichte über China oder Russland lesen. Während Diplomaten der USA, der EU oder des Vereinigten Königreichs über Demokratie, Menschenrechte oder Regierungsführung sprechen können, tun dies chinesische Diplomaten ebenfalls nicht.

    Was muss sich in Kenia ändern, wenn es um die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen geht?

    Die Kenianer waren zunächst zufrieden und dachten: Holen wir die Chinesen, damit sie Monopole brechen und wettbewerbsfähige Preise anbieten. China-Restaurants wurden ebenfalls sehr beliebt. Viele Kenianer haben mit chinesischen Unternehmen Einrichtungen für das Lieferkettenmanagement aufgebaut. Chinesische Unternehmen müssen jedoch mehr tun, um die afrikanischen Interessen und Ziele in ihren globalen Plänen zu berücksichtigen. Kenia ist ein Ankerstaat in Afrika. China kann Kenia als Sprungbrett für die Globalisierung der Märkte und der Produktion in Afrika nutzen. Wir verfügen über die nötige Infrastruktur dafür.

    Dismas Kizito Mokua ist ein in Nairobi ansässiger Analyst für politische Risiken. Er ist gefragter Gesprächspartner in kenianischen und internationalen Medien und tritt regelmäßig auf globalen Handels- und Investitionskonferenzen auf.

    • Afrika
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    Japans Variante der werteorientierten Diplomatie: Letztlich geht es um die Abgrenzung von China

    Japans Premierminister Fumio Kishida beim Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus am 13. Januar 2023: Beiden geht es um eine Eindämmung von Chinas wachsendem Einfluss im Indopazifik.

    Wenn deutsche Regierungsoberhäupter über die bilateralen Beziehungen nach Japan sprechen, schwärmen sie zuverlässig von einer “Wertepartnerschaft.” So tat es auch Kanzler Olaf Scholz, als er April 2022 die japanische Hauptstadt besuchte. Neben seinem Amtskollegen Fumio Kishida stehend verkündete er: “Es ist kein Zufall, dass meine erste Reise als Bundeskanzler in diese Region heute hierher, nach Tokio, führt.” Die Werte, die die beiden Nationen demnach teilen, sind Demokratie, Gewaltenteilung, die Achtung der Menschenrechte und eine multilaterale internationale Ordnung.  

    Und nicht nur das: Offiziell schwören beide Staaten auch in ihrer Diplomatie auf diese Ideale. Sowohl Deutschland als auch Japan haben in den vergangenen Jahren vermehrt ihre “wertebasierte Außenpolitik” betont. Zwar ist in Japans Kabinett – anders als in der deutschen Regierung – nichts von einer feministischen Außenpolitik zu hören. Aber diverse Grundkriterien für Demokratien spielen zumindest rhetorisch eine wichtige Rolle, wenn Japans Regierung Entscheidungen trifft. Ein “Bogen von Demokratie und Wohlstand” wird immer wieder erwähnt. 

    Wende von Wirtschaftsaußenpolitik zur Demokratieförderung

    Die Geschichte von Japans “wertebasierter Außenpolitik” ist noch relativ jung. Ihren Anfang nahm sie im Jahr 2006, als Shinzo Abe erstmals für ein Jahr regierte (von 2012 bis 2020 war Abe erneut Premier). Bis dahin hatte sich Japan mit seiner Yoshida-Doktrin, benannt nach dem ab 1946 regierenden Premier, auf die ökonomische Dimension der Außenpolitik konzentriert. Die Yoshida-Doktrin hatte das Ziel, Japan nach der Kriegsniederlage durch Multilateralismus und Handel in die Weltwirtschaft wiedereinzugliedern.

    Mitte der 1970er-Jahre prägte Premier Takeo Fukuda inmitten des Kalten Kriegs dann die Maxime, dass sich Japan insbesondere in Südostasien mittels Entwicklungszusammenarbeit neue Verbündete sichern sollte. Dazu war es gleichgültig, ob diese nun liberal oder autoritär, kapitalistisch oder kommunistisch eingestellt waren. Dazu kam der Grundsatz der Nichteinmischung in anderer Staaten Angelegenheiten. Von einem wertebasierten Ansatz war damals also noch nichts zu sehen. Von der Nachkriegszeit bis Abe war reiner Pragmatismus angesagt.  

    Dahinter steckt Abgrenzung von China

    So erschien die Wende zu einer Außenpolitik, die Demokratie und Menschenrechte ins Zentrum rückte, wie ein Paradigmenwechsel. Ausformungen hiervon sind der “Quad” – ein sicherheitspolitischer Austausch zwischen USA, Australien, Indien und Japan – oder die Strategie des “Free and Open Indo-Pacific”, nach der Japan ökonomische, infrastrukturelle und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Pazifikanrainern anstrebt und so auch Demokratie und Gewaltenteilung fördern will. Die Liste ähnlicher Vorhaben, die die Vokabel “Demokratie” beinhalten, ließe sich fortführen. 

    Auffallend dabei ist aber: Alle Vorstöße offenbaren sich auch als klare Abgrenzung zum ökonomisch und militärisch aufstrebenden China, das Japan seine Hegemonialstellung in Asien seit mehr als einem Jahrzehnt streitig macht. Entsprechend betonte Hitoshi Kikawada, der für die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) im Parlament sitzt und unter Ex-Premier Abe auch stellvertretender Außenminister war, im Sommer 2023: “Wir freuen uns, dass man in Europa nun auch sieht, dass von China mögliche Gefahren ausgehen. (…) Demokratien sollten zusammen dagegenhalten.”  

    Werte als Interessen

    Die Betonung von Demokratie hat im japanischen Kontext eine klare interessenpolitische Dimension. So kritisiert Koji Murata, Professor für Politik an der Doshisha Universität in Kyoto, dass bei Japans “wertebasierter Außenpolitik” die Werte kaum wirklich im Vordergrund stehen: “Menschenrechte müssen ein grundsätzliches Ziel sein und nicht einfach ein Instrument der Diplomatie.”

    Kiyoteru Tsutsui, Professor für Soziologie an der Stanford Universität, warnt vor einem “Paradoxon leerer Versprechen”: Wer immerzu von hehren Werten spreche, riskiere es, selbst darüber zu stolpern. 

    Für Japan ist das Risiko akut. Bis heute hat das ostasiatische Land nicht die UN-Völkermordkonvention von 1948 ratifiziert. Auch beim Vertrag der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, der Diskriminierung verbietet, ist Japan nicht dabei.

    Konservative Politiker wie Hitoshi Kikawada von der regierenden Liberaldemokratischen Partei fühlen sich in Europa missverstanden, wenn von dort Forderungen kommen, dass Japan die Todesstrafe abschaffe oder eine Homo-Ehe ermögliche. Das Thema gleichgeschlechtlicher Eheschließungen kanzelte Premier Kishida noch in diesem Jahr ab mit dem mahnenden Satz: “Das würde die Gesellschaft verändern.” 

    Gegenüber Myanmar nur Lippenbekenntnisse

    Nicht nur in Japans Innenpolitik wirken die oft betonten Werte manchmal wie Lippenbekenntnisse – auch in der Diplomatie. “Der Fall Myanmar ist ein gutes Beispiel dafür, dass Werte bisher nur eine marginale Rolle in Japans Außenpolitik gespielt haben”, beobachtet Raymond Yamamoto, Professor für Politik an der Universität Aarhus. Während Myanmars jahrzehntelanger Militärdiktatur hielt Japan noch einen relativ guten Draht zur Junta, nach der zaghaften Demokratisierung ab 2011 wurde die Unterstützung rasch ausgebaut. Während der Vertreibung der Rohingya sah Japan weg.  

    Und nach dem Militärputsch im Februar 2021 hat Japan die Junta nicht wie andere G7-Staaten sanktioniert. Raymond Yamamoto sagt: “Japan hat nicht einmal eine gesetzliche Grundlage, um Sanktionen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen zu erlassen, was ein klarer Hinweis darauf ist, dass es sein Prinzip der Nichteinmischung nicht abschaffen will.” Yamamoto schließt daraus: “Abe hat die pragmatische, ökonomisch ausgerichtete Außenpolitik Japans nichts grundsätzlich verändert.” Bis heute gilt also: “Primär geht es darum, sich von China abzugrenzen.” Felix Lill 

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    Staatsrat veröffentlicht Regeln zur Kontrolle von Schattenbanken

    Ab Mai 2024 gelten neue Regeln für Nichtbanken, die Geldgeschäfte machen. Vor allem gibt es eine neue, klarere Definition für solche Institutionen, die im Wirtschaftsjargon Schattenbanken genannt werden. Der Staatsrat, also die Regierung, hat am Sonntag die wichtigsten Ziele der Regulierung bekannt gegeben:

    • Mehr Aufsicht über die Schattenbanken,
    • besserer Schutz der Investoren und Kreditnehmer,
    • zugleich aber Erhalt der positiven Aspekte wie sinnvolle Dienste für die Realwirtschaft und die Befriedigung von Zahlungs- und Finanzierungsbedürfnissen.

    Während für Banken strenge Regeln in Hinsicht auf das vorgehaltene Eigenkapital, Zinssätze, die Einlagensicherung und dergleichen gelten, sind Schattenbanken nur schlecht überwacht. Zudem herrscht keine Transparenz: Die Banken übermitteln Daten zum Kreditgeschäft an die Aufsichtsbehörden, während Schattenbanken im Dunkeln agieren. Ökonomen schätzen das Volumen der von ihnen vergebenen Kredite auf drei Billionen Yuan (390 Milliarden Euro). fin

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    Belege für chinesische Einfluss-Operationen aufgetaucht

    Der chinesische Geheimdienst hat den rechten belgischen Politiker Frank Creyelman bezahlt, um chinesische Positionen in Europa zu verbreiten. Das berichten der Spiegel und weitere Medien, denen das Material vorliegt. Themen der Einflussoperationen sind Hongkong, Tibet, Taiwan und Xinjiang, aber auch allgemeine Stimmungsmache für China und Versuche, zur Destabilisierung und Entzweiung westlicher Demokratien beizutragen. Ein Opfer der Projekte zur Rufschädigung einzelner Personen ist der kritische Forscher Adrian Zenz, der das Ausmaß der Repressionen in Xinjiang aufgedeckt hat. fin

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    Weltweiter Kohleverbrauch steigt weiter – auch wegen China

    Der Verbrauch von Kohle hat diesem Jahr weltweit einen neuen Höchstwert erreicht. Der Gesamtverbrauch ist nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) um 1,4 Prozent auf 8,5 Milliarden Tonnen angestiegen. Allein China hat 220 Millionen Tonnen mehr verbraucht als im Vorjahr. Das entspricht einem Plus von 4,9 Prozent. In Indien wurde nach Angaben der IEA ein Anstieg von acht Prozent verzeichnet, der Verbrauch in Indonesien nahm gar um elf Prozent zu. 

    Für 2024 geht die IEA davon aus, dass der Kohleverbrauch weltweit wieder sinken wird. “Wir gehen davon aus, dass sich ab 2024 ein Trend zu einer sinkenden weltweiten Kohlenachfrage abzeichnet.” rtr

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    Presseschau

    Kampf gegen günstiges China: Habeck plant “Resilienzbonus” für deutsche Solarhersteller N-TV
    Experte zu Aus von E-Auto-Prämie: “Die Zukunft des Weltmarktes ist jetzt erst recht China” N-TV
    US warns China on meddling in Taiwan elections TAIPEI TIMES
    Südkorea startet Militär-Jets nach Vorstoß Russlands und Chinas MERKUR
    South China Sea: Philippines wants to start energy exploration projects in waterway, says Marcos Jnr SCMP
    Satellites Capture China”s Militia Ships Parked in US Ally”s Territory NEWSWEEK
    Durch Einsatz künstlicher Intelligenz: China betreibt auf YouTube Desinformationskampagne gegen USA FINANZMARKTWELT
    “Historischer Moment in bilateralen Beziehungen”: Serbien wendet sich von der EU ab und zu China hin MERKUR
    China tests diplomatic prowess in Ethiopia as it rebuilds after Tigray war SCMP
    China: Fünf Organisatoren von Ultramarathon mit 21 Toten zu Haftstrafen verurteilt DEUTSCHLANDFUNK
    Fehlende Wirtschaftsleitlinien der chinesischen Führung verunsichern Investoren HANDELSBLATT
    China warned about potential “middle-technology trap” amid tech war with US BUSINESS STANDARD
    Elektroautos: Ein voller Gewinn – für China DIE PRESSE
    Nissan to export China-made EVs globally TIMES OF INDIA
    Podolski zu früherem China-Angebot: “Was soll ich da?” WZ
    Zoo Berlin: Pandas Pit und Paule sind in China angekommen T-ONLINE
    China’s extreme weather CNN

    Standpunkt

    Es gilt, einen Weltenbrand zu verhindern

    Von Rudolf Scharping
    Rudolf Scharping über die Beziehungen zwischen China und Deutschland.

    USA und China: Die grundsätzliche Konstellation bleibt, der Umgang damit verändert sich grundlegend. Das ist ein entscheidender Fortschritt. So kann man das jüngste Treffen in San Francisco zwischen den Präsidenten der USA und Chinas zusammenfassen. In – verglichen mit Deutschland – fast schon zahllosen Treffen auf allen Ebenen wurde vorbereitet, was nun in den USA bezeichnet wird als “managed co-existence” oder “competitive interdependance”. Die bestehenden Konflikte und fundamentalen Unterschiede sollen kontrollierbar bleiben, der Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen könnte wieder wachsen.

    Dennoch meinen manche hierzulande noch immer, die Welt steuere mit fast naturgesetzlicher Unerbittlichkeit in die Bi-Polarität eines neuen Kalten Krieges. Solche “alten Begriffe” taugen nicht für eine fundamental andere Wirklichkeit. Sie führen in die Irre.

    Die UdSSR und die USA waren Führungsmächte zweier Militärbündnisse, die sich hochgerüstet in massiver Abschreckung gegenüberstanden. Auch “flexible Antworten” auf den Warschauer Pakt (ab den späten 1960er Jahren) oder die NATO-Nachrüstung haben diese grundlegende Konstellation nicht aufgehoben. Politisch und militärisch war die Welt bis 1990/91 bipolar, mit klaren Grenzen und Sphären des Interesses, mit umkämpften Regionen und auch mit Stellvertreterkriegen. Diese Bi-Polarität zweier Führungsmächte von Militärbündnissen gibt es heute nicht. Präsident Biden spricht ausdrücklich davon, ein neuer “Kalter Krieg” dürfe nicht entstehen.

    Die Welt gestern und heute: erhebliche Unterschiede

    Zwar haben heute nur die USA die (wenn auch nicht unbegrenzte) Fähigkeit zu globaler militärischer Machtprojektion. Wirtschaftlich und technologisch war und ist die Welt multipolar. Europa oder Japan spielten wirtschaftlich und technologisch eine eigene Rolle; viele Freihandelszonen und Wirtschaftsräume sind seither dazugekommen. Als die UdSSR sich 1991 auflöste, trug sie wenig mehr als drei Prozent zur weltwirtschaftlichen Leistung bei. Heute entstehen rund 19 Prozent der weltwirtschaftlichen Leistung in China. China und die USA sind wirtschaftlich eng miteinander verflochten. Die US-Finanzministerin sagt: “De-Coupling” wäre katastrophal.

    Das gilt auch für das häufig unterschätzte Feld des zivilgesellschaftlichen Austauschs. Das gab es praktisch nicht zwischen der UdSSR und den USA. Aber vor der Pandemie gab es rund 360.000 junge Studierende aus China in den USA, insgesamt seit Anfang der 1980er Jahre waren es circa sechs Millionen. Vor der Pandemie bereisten rund 130 Millionen Menschen aus China als Touristen die Welt. Sie alle (und viele andere) nehmen Eindrücke auf und nehmen sie mit nach Hause.

    Hat Europa, hat Deutschland in diesen Entwicklungen Einfluss, Möglichkeiten oder sogar Macht? Macht hat viele Elemente: Politik, Diplomatie und Militär; Wirtschaft, Technologie, Innovation; Kultur, Zivilisation, Gesellschaft. Können wir (wie? womit?) unseren Interessen dienen und unsere Werte vertreten? Dazu sind wir verpflichtet; jedoch: “Erkenne die Lage. Rechne mit deinen Defekten, gehe von deinen Beständen aus, nicht von deinen Parolen.” (Gottfried Benn). Ich füge an: Formuliere strategische Ziele, übersetze sie in operative Handlungsmöglichkeiten, baue Stärken aus und reduziere Schwächen.

    China kämpft selbst mit erheblichen Schwierigkeiten

    Alles das ist dringend. Europa (mit ihm Deutschland) bringen weltweit kein Gewicht auf die sicherheitspolitische Waage – selbst wenn wir “Sicherheit” umfassend denken, also einschließlich nicht-militärischer Ursachen von Krisen und Kriegen bis hin zu deren Beendigung. Frieden zu sichern und einen Weltenbrand zu verhindern, ist globales gemeinsames Interesse – der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Menschen mordende Terror der Hamas in Israel, das Elend im Gaza-Streifen belegen das auf schreckliche Weise. Dass die USA und China wegen der Konfliktpotentiale im Südchinesischen Meer und rund um Taiwan so etwas wie ein “rotes Telefon” einrichten und die direkte Kommunikation auch auf militärischer Ebene wieder aufnehmen, ist substanziell für eine friedliche Entwicklung dort.

    China selbst ringt mit enormen inneren Herausforderungen. Es wird schneller alt als Deutschland. Über ein Fünftel seiner Jugend findet keine gute Arbeit. Immobilien- und Aktienmärkte stehen unter enormen Stress. Auch ein Wachstum von fünf Prozent (so viel wie die wirtschaftliche Leistung der Niederlande im Jahr) erzeugt kein Vertrauen auf der Seite der Verbraucher, die meisten Provinzen und Städte kämpfen mit enormen Finanzproblemen. Die Älteren protestieren gegen Kürzungen in dem, was wir hier Sozialstaat nennen würden – die Beispiele lassen sich verlängern. Entscheidend ist die Grundlage: Seit Öffnung und Reform (1978) ging es erst tastend, seit 2001 (WTO Beitritt) fast explosionsartig voran. Der ungeschriebene Gesellschaftsvertrag zeigt nun seine Kehrseite: Vertrauen in die Zukunft, “Lust” auf Innovation, Investition und Konsum lässt sich weder herbeikommandieren noch mit wachsender Kontrolle herbeizwingen. Ob das in marktwirtschaftlicheren Korrekturen mündet, wie der frühere “Wirtschaftsweise” Yang Weimin fordert oder wie die Central Financial Work Conference für die nächsten fünf Jahre andeutet, bleibt offen.

    Keiner wartet auf Europa

    All das hat Bedeutung für Deutschland und Europa. Die große, leider unbeantwortete Frage ist: Hat Europa Weitsicht und Kraft für Strategie, für Eigenständigkeit? Wird es seine Erfahrungen von Zivilisation, Ausgleich und Verständigung übersetzen können in Beiträge, die relevant sind im geopolitischen und geoökonomischen Kontext? Werden wir von Beständen ausgehen, statt von Parolen? Zweifel sind angebracht, und manchmal könnte man sogar verzweifeln. Aber das wäre ein Gefühl und nicht etwa Politik.

    Sicher ist: Niemand auf der Welt wird auf uns warten. Sicher ist auch: Wir sind weniger als sechs Prozent der Weltbevölkerung, erwirtschaften aber knapp 15 Prozent der Weltwirtschaft und stellen sieben der zehn innovationsstärksten Volkswirtschaften auf der Welt. Wir haben die Verpflichtung. Wir können Stärken bewahren und hoffentlich (zum Teil eklatante) Schwächen verringern. Wir haben sehr viele Möglichkeiten – noch.

    • Geopolitik
    • USA

    Verstorben

    Tan Xiao’ou, Gründer von Sensetime, dem führenden chinesischen Unternehmen für Künstliche Intelligenz (KI) ist unerwartet gestorben. Tang sei “aufgrund einer unheilbaren Krankheit von uns gegangen”, erklärte seine vor allem für ihre Gesichtserkennungs-Software bekannte Firma am Samstag in einer Online-Mitteilung.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Immer mehr Geschäfte in China stellen sich auf die Bedürfnisse von Tierbesitzern ein. So stellen Läden und Cafés in den Metropolen etwa Tragetaschen, Snacks und Fotowände für süße Selfies bereit. Eine Teehaus-Kette lockt Kunden gar mit kleinen Rucksäcken für die Rücken von Hunden und Katzen. Ökonomen sprechen von der Pet Economy”. Besonders die Generation Z der zwischen 19- und 30-Jährigen kurbelt den Trend im Einzelhandel an. Immer mehr dieser jungen Chinesen betrachten ihre Haustiere als gleichwertige Familienmitglieder und mitunter auch als Kinderersatz.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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