die Woche startet – zumindest bei uns – mit einer guten Nachricht: In Absprache mit der Europäischen Akademie Berlin verschicken wir statt wie angekündigt zehn ganze 30 Exemplare des Sammelbands “50 Stimmen”. Die Gewinner sind bereits am Freitag informiert worden. Alle anderen Teilnehmenden erhalten für vier Wochen den China.Table erneut in Vollversion.
Der Politikwissenschaftler Wu Nai-teh hat sich bereits zu einer Zeit für die Demokratisierung Taiwans eingesetzt, als die Insel noch unter Kriegsrecht stand. Im Interview mit Fabian Peltsch spricht er darüber, wie diese Zeit aufgearbeitet werden muss und wie sich die Identität Taiwans heutzutage auch an der Frage um die militärische Verteidigung formt.
Unsere zweite Analyse befasst sich mit dem Fall von Marije Vlaskamp. Die niederländische Journalistin ist zur Zielscheibe einer Einschüchterungskampagne geworden, die ihren Ursprung in Peking haben soll. In ihrem Namen und dem des Dissidenten Wang Jingyu wurden sogar Bombendrohungen fingiert. Aktivisten und Politiker fordern nun eine klare Ansage in Richtung China, wie Stephan Israel schreibt.
Die Rubrik Heads stellt Ihnen heute einen Mann vor, der in dieser Woche wichtig wird: Li Hui, der Sonderbeauftragte der chinesischen Regierung, ist heute auf dem Weg in die Ukraine. Erstmals seit Kriegsbeginn schickt China damit einen ranghohen Diplomaten für Gespräche. Er wird neben der Ukraine auch in Polen, Deutschland, Frankreich und Russland erwartet.
Als Politikwissenschaftler und Autor von Dissidenten-Zeitschriften haben Sie sich zu einer Zeit für die Demokratisierung Taiwans eingesetzt, als die Insel noch unter Kriegsrecht stand – eine sehr riskante Sache.
Man hinderte uns oft, unsere Magazine in Umlauf zu bringen, manchmal wurden sie konfisziert, oder besser gesagt: geraubt von Sicherheitskräften. Ich hatte das Gefühl, dass viele von uns nicht so sehr an das Risiko dachten. Wir waren zu beschäftigt, Artikel zu schreiben, die für die Demokratie eintreten. Auch die Organisation von Graswurzel-Bewegungen und Gewerkschaften gehörte dazu.
Als Wissenschaftler haben Sie dann mehrere Jahre keine Anstellung gefunden.
Mein Hauptfach war Politikwissenschaften und meine Doktorarbeit handelte von der Konsolidierung des autoritären Regimes in Taiwan. In den 80er-Jahren war es Mainstream in den amerikanisch geprägten Politikwissenschaften den Übergang zur Demokratie zu beleuchten. Ich machte das Gegenteil: Ich wollte beantworten, warum und wie sich ein autoritäres Regime über mehrere Jahrzehnte auf einer Insel halten konnte, die es zuvor nicht beherrscht hatte.
Nachdem ich mit einem Doktor in Politikwissenschaften von der Universität von Chicago nach Taiwan zurückgekehrt war, hatte ich ernsthafte Probleme, eine Anstellung zu finden. Mein Glück war, dass sich die Medien zu dieser Zeit im Prozess der Liberalisierung befanden. Da mein Fall viel Aufsehen in den Massenmedien erregte, akzeptierte die Leitung der Academia Sinica schließlich die Entscheidung der Fakultäten des Instituts für Ethnologie, das zwei Jahre zuvor basierend auf anonymen Stimmen meine Bewerbung angenommen hatte.
Die Zeit des Kriegsrechts aufzuarbeiten, ist ein Prozess, der Taiwans Gesellschaft bis heute spaltet. Sie haben kürzlich einen Artikel veröffentlicht, der sich einmal mehr mit dem Chiang Kai-shek Memorial beschäftigt, einem Monument im Herzen Taipehs, das bis heute Touristen anzieht, aber noch aus der Zeit der Diktatur stammt. Welches Problem haben Sie damit?
Die historischen Erinnerungen an Chiang Kai-shek und seinen Sohn Chiang Ching-kuo gehen weit auseinander. Einige Menschen in Taiwan bewundern Chiang Kai-shek immer noch für seinen Beitrag im Kampf gegen die Japaner und dann gegen die chinesischen Kommunisten. Viele Taiwaner erinnern sich jedoch an die Ermordung taiwanischer Eliten, Ärzte, Anwälte, Wissenschaftler und Intellektueller durch seine Armee im Jahr 1947 sowie an den “Weißen Terror”, der vier Jahrzehnte lang unter seiner Herrschaft und der seines Sohnes andauerte.
In meinem Aufsatz vertrete ich die Auffassung, dass, wenn sich die verschiedenen historischen Erinnerungen nicht zu einer einzigen “vereinen” lassen, was insbesondere in einer Demokratie nicht möglich ist, beide Seiten zumindest die Erinnerung der anderen respektieren müssen. Aber die Chiang-Kai-shek-Gedenkhalle und auch die kürzlich errichtete Chiang-Ching-kuo-Gedenkbibliothek verstoßen gegen den Grundsatz der gegenseitigen Achtung. Sie sind in der Tat eine Beleidigung für die Erinnerung der anderen Seite.
Obwohl die Taiwaner unterschiedliche Ansichten über ihre Identität haben, sind sich doch fast alle einig, dass die Zukunft des Landes von der taiwanischen Bevölkerung entschieden werden sollte. Was halten Sie von dem jüngsten geopolitischen Fokus auf Taiwan? Hilft die Aufmerksamkeit der taiwanischen Sache, oder gefährdet sie eher die demokratische Zukunft der Insel?
Ich habe den Eindruck, dass es auch einen Konsens darüber gibt, dass wir die chinesische Regierung, ein feindliches Regime mit einer viel stärkeren Militärmacht, nicht provozieren sollten. Keiner will Krieg. Das Problem ist, dass niemand weiß, wo die rote Linie ist. Wenn man nicht weiß, wo die rote Linie ist, weiß man auch nicht, was man nicht tun darf, um sie nicht zu überschreiten.
Das erste Mal, dass die Volksrepublik Taiwan militärisch ernsthaft bedrohte, war 1996, als es Raketen in den Gewässern um Taiwan abfeuerte. In Taiwan wurden damals zum ersten Mal in der Geschichte Präsidentschaftswahlen durch Volksabstimmung durchgeführt. Dies ist eine gängige Praxis und ein Grundprinzip der Demokratie. China wurde davon provoziert. Ohne zu wissen, wo die rote Linie verläuft, sagten einige Leute sogar, Taiwan hätte Pelosi vor ein paar Monaten raten sollen, nicht zu kommen. Solch ein Denken wird Taiwan isolieren, nicht nur diplomatisch, sondern auch militärisch.
Glauben Sie, dass die Bürger Taiwans ihre Insel mit der gleichen Entschlossenheit verteidigen würden wie die Ukrainer ihr Land gegen die Russen?
Niemand kann diese Frage beantworten, solange es nicht tatsächlich zu einem Krieg kommt. Wie Sie wissen, betrug die Militärdienstpflicht in Taiwan seit vielen Jahren nur vier Monate. Die Zeitschrift Foreign Policy nannte dies einen “nationalen Witz”, verglichen mit dem zweijährigen Militärdienst in Südkorea und Singapur. Vor ein paar Monaten wurde er schließlich auf ein Jahr verlängert. Wenn es um Kampfbereitschaft geht, spielen die politischen Führer eine wichtige Rolle, sie müssen einen nationalen Willen mobilisieren. Winston Churchill während des Zweiten Weltkriegs war ein gutes Beispiel dafür. Wir warten immer noch auf einen Staatsführer, der bereit und in der Lage ist, den nationalen Willen zur Verteidigung zu stärken.
Welche Rolle spielen Zivilschutzgruppen heute bei der Verteidigung Taiwans, etwa die “Forward Alliance”, die Ihr Sohn Enoch Wu gegründet hat?
Diese Art von Arbeit sollte eigentlich von der Regierung erledigt werden. Für diese Art von Ausbildung werden enorme Ressourcen benötigt, sowohl personell als auch materiell und organisatorisch. Da die Regierung nichts in dieser Richtung unternommen hat, trägt die Zivilgesellschaft nun die Verantwortung dafür. Die gute Nachricht ist, dass die Menschen sehr positiv und engagiert auf das Programm reagieren. Die Forward Alliance bietet im ganzen Land Kurse und Camps an und hat bisher Tausende von Menschen geschult.
Wie viel Hoffnung setzen Sie in Verhandlungen mit Festland-China über die Zukunft Taiwans?
Die Zukunft der chinesisch-taiwanesischen Beziehungen hängt in hohem Maße von der Entwicklung Chinas ab. Ein demokratisches China wird toleranter gegenüber Taiwan sein und auch eher bereit, mit Taiwan zu verhandeln. Ein wohlhabendes China wird für viele Menschen in Taiwan weiter ein Anreiz sein. Bis dahin kann Taiwan nicht viel tun, außer sich wirtschaftlich und militärisch für seine Verteidigung zu stärken.
Sollte es mehr Austausch zwischen jungen Menschen aus China und Taiwan geben?
Ja, je mehr, desto besser. Ich kannte viele chinesische Studenten in Taiwan persönlich. Sie haben die Freiheit und die entspannte Lebensweise hier sehr genossen. Einige korrespondieren noch immer mit mir, nachdem sie nach China zurückgekehrt sind. Denken Sie mal über folgendes nach: Die Kinder so vieler chinesischer Regierungsbeamter, hochrangiger Parteikader und Wirtschaftseliten, leben im Westen. Die chinesischen Kommunisten wollen die Taiwaner zwingen, Untertanen der Volksrepublik China zu werden, während sie ihren eigenen Kindern erlauben, sich von ihr loszusagen und ein glückliches Leben im Westen zu führen. Das sagt eine Menge aus.
Wu Nai-teh 吳乃德, 1949 in Taichung geboren, ist Wissenschaftler am Soziologieinstitut der Academia Sinica und ein prägender Theoretiker der Demokratisierung Taiwans. Er war Chefredakteur des Taiwan Journal of Political Science (1997-1999) und Gründungspräsident der Taiwan Political Science Association (1995-1997). Sein Hauptforschungsgebiet ist die politische Soziologie und die Identität Taiwans. Sein Bruder Wu Nai-ren ist ehemaliger Generalsekretär der Demokratischen Fortschrittspartei DPP. Sein Sohn Enoch Wu setzt sich mit der “Forward Alliance” für Zivilschutz ein und wurde 2022 vom Time-Magazine in die “100 Next” aufgenommen, einer jährlichen Liste von 100 Menschen, die die Zukunft ihres Landes entscheidend prägen.
Marije Vlaskamp weiß, wie die chinesischen Behörden vorgehen, wenn sie jemanden mundtot machen wollen. Schließlich hat die Niederländerin vor ihrer Rückkehr nach Den Haag fast 25 Jahre lang als Korrespondentin aus Peking berichtet. Und dennoch ist sie schockiert. Die 54 Jahre alte Journalistin beschrieb im April in der Zeitung “de Volkskrant” ausführlich, wie sie selbst Ziel einer massiven Einschüchterungskampagne geworden ist. Bis hin zu einer inszenierten Bombendrohung in ihrem Namen und im Namen von Wang Jingyu, einer ihrer Gesprächspartner aus der chinesischen Dissidentenszene.
Dies war der Auslöser für Marije Vlaskamp und ihre Redaktion, mit der Geschichte in eigener Sache an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Journalistin hatte Wang seit seiner Flucht aus China und der Ankunft in den Niederlanden begleitet und an seinem Beispiel beschrieben, wie China Dissidenten und Kritiker auch im Exil terrorisiert.
Im Herbst dann die Eskalation: Wang bekam neue Drohungen über den Nachrichtendienst Telegram, in denen er als “Verräter” beschimpft und aufgefordert wurde, seinen Mund zu halten. Er solle keine Interviews mehr geben, sein Twitterkonto löschen und dafür sorgen, dass die Artikel über ihn aus dem Netz genommen werden. “Ein Hinweis von mir und die Polizei verhaftet Dich und deine Journalistenfreundin”, so die letzte Ankündigung.
Nahezu gleichzeitig erhielten Vlaskamp und Wang Bestätigungen für eine Buchung im selben Hotel im Den Haager Regierungsviertel nahe der chinesischen Botschaft, die sie selbst nicht getätigt hatten. Endgültig alarmiert war die Journalistin, als sie in den Nachrichten von einer Bombendrohung hörte, und dass die Polizei das Regierungsviertel weiträumig abgesperrt hätte. Wenig später folgte eine weitere Bombendrohung in ihrem Namen gegen Chinas Botschaft in Oslo.
Die Taktik der psychologischen Kriegsführung werde sonst vom chinesischen Regime gegen ehemalige chinesische Staatsbürger, Dissidenten, Uiguren oder Tibeter angewandt, sagt Vlaskamp. Es sei wohl eine Premiere, dass unbekannte Personen im Namen des chinesischen Staates eine niederländische Journalistin außerhalb Chinas bedrohten.
Die Angreifer versuchen dabei nicht einmal, ihren Hintergrund zu vertuschen. Die Botschaft selbst alarmierte im Fall der angeblichen Bombendrohung die Polizei und soll dabei auch die Namen von Vlaskamp und Wang genannt haben. Bombendrohungen und Hotelreservierungen könnten zu IP-Adressen in China und Hongkong zurückgeführt werden, meldeten zudem die niederländischen Justizbehörden.
Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen hat die Behörden aufgefordert, die Verantwortlichen hinter den falschen Bombendrohungen im Namen von zwei Journalisten in den Niederlanden und Deutschland zu identifizieren. Die in Deutschland lebende chinesische Journalistin Su Yutong, die für den Sender Free Asia berichtet, sei im ähnlichen Stil massiv unter Druck gesetzt worden. In ihrem Namen seien unter anderem Hotels in Berlin, New York, Houston, Los Angeles und Istanbul gebucht worden. Gefolgt von falschen Bombendrohungen. “Diese besonders bösartigen Methoden tragen alle Kennzeichen der Einschüchterungstaktiken des chinesischen Regimes”, erklärte die NGO.
Ähnlich sieht es der niederländische EU-Abgeordnete Bart Groothuis, Experte im Kampf gegen Desinformation und ausländische Einflussnahme. Er spricht von der Handschrift des United Front Work Department, einem Instrument der Kommunistischen Partei Chinas, um Kritiker auch im Ausland mundtot zu machen. “Der Angriff auf Marije Vlaskamp ist ein neues Signal, wozu China bereit ist, um Leute auch im Westen zum Schweigen zu bringen”, sagt der Politiker der rechtsliberalen Regierungspartei von Premier Mark Rutte.
Inzwischen gebe es auch kaum mehr Wissenschaftlerinnen oder Hochschulen im Westen, die Forschung etwa zum Schicksal der Uiguren, über das Ende der Freiheit in Hongkong oder zum Netzwerk der United Front betreiben würden. Man müsse fürchten, dass Kontakte belästigt würden oder dass man bei Reisen im Ausland festgenommen werde. Etwa auch wegen der Auslieferungsabkommen, welche China mit vielen Staaten weltweit abgeschlossen habe.
Groothuis sieht Geheimdienste und Sicherheitsbehörden in der Pflicht. Dort habe man lange den Fokus auf Russland gehabt und die Gefahr durch China vernachlässigt. Es nütze zudem nichts, chinesische Botschafter einzubestellen und zu protestieren. “Wir müssen China klar kommunizieren, dass feindliche Einflussnahme und Einschüchterungskampagnen einen ökonomischen Preis haben”.
Groothuis plädiert nicht etwa für eine Abkoppelung von China. Die EU müsse aber gezielter als bisher Investitionen aus China, Russland und dem Iran unter die Lupe nehmen, immer mit dem Fokus auf mögliche Sicherheitsrisiken für die westlichen Demokratien. Der Europaparlamentarier sieht dies als zentrale Aufgabe für die nächste EU-Kommission.
Klartext spricht auch Alerk Ablikim. Der Niederländer und gebürtige Uigure ist Mitgründer einer Plattform verschiedener Einwanderergruppen, unter anderem auch aus der Türkei, Marokko, Eritrea oder Belarus, die gegen ausländische Einflussnahme mobilisieren. Der Fall von Marije Vlaskamp zeige, wie groß das Problem der Einschüchterung durch ausländische Regime in Europa inzwischen sei. Einwanderer aus China, der Türkei, Marokko oder Eritrea würden täglich unter dem langen Arm ihres Herkunftslandes leiden. Es reiche nicht, eine Hotline einzurichten und die Strafbarkeit für Spionage zu verschärfen, wie es die niederländische Regierung vorhat.
Die Plattform fordert die Regierung in Den Haag in einem offenen Brief auf, einen nationalen Koordinator einzusetzen: “Ausländische Einmischung – einschließlich Einschüchterung – ist ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das die niederländische Demokratie bedroht”. Die Politik müsse generell entschlossener reagieren, so Mitinitiator Ablikim.
Der Aktivist erwähnt konkret das Beispiel der illegalen Polizeistationen, von denen aus China Oppositionelle drangsaliere. Auch in den Niederlanden hat China zwei Stationen betrieben. Man habe die Stationen in Rotterdam und Amsterdam nach Protesten zwar geschlossen. Anders als in den USA habe es aber keine Festnahmen oder andere Konsequenzen gegeben. Das sei wie eine Einladung an China. Der Aktivist fordert, dass Europa zukünftig deutlicher rote Linien gegen feindliche Einmischung aufzeige und die westlichen Demokratien grenzüberschreitende Repression entschiedener bekämpfen. Stephan Israel
Die EU-Außenminister haben sich angesichts eines erstarkenden Chinas für eine engere Zusammenarbeit mit Staaten im Indo-Pazifik ausgesprochen. Die Treffen von politischen Vertretern beider Seiten am Samstag in Stockholm habe dem gemeinsamen Engagement ein neues politisches Momentum verliehen, teilte der Europäische Auswärtige Dienst mit. Die EU müsse jedoch präsenter sein und “mehr leisten”, betonte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zum Abschluss. Kritik hatte es an der Teilnehmer-Liste der europäischen Seite gegeben: Lediglich 14 der 27 EU-Außenminister nahmen am Samstag an dem Treffen mit Vertretern aus der Indo-Pazifik-Region teil. Andere ließen sich durch Staatssekretäre oder Botschafter vertreten.
Auch bei der Sicht auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine stimmten beide Seiten offenbar nicht ganz überein. Mehrere asiatische Vertreter äußerten am Rande der Veranstaltung Positionen für ein sofortiges Ende des Kampfes in der Ukraine, auch wenn das Verlust von Territorium bedeutet. Diese Ansicht steht eher im Widerspruch zur Ansicht des Westens, dass ein Waffenstillstand es Russland ermöglichen würde, seine territorialen Errungenschaften in der Ukraine zu sichern. Die Bereitschaft, sich in den Spannungen Chinas mit dem Westen für eine Seite zu entscheiden, war Teilnehmer-Kreisen zufolge nicht sehr hoch.
Die EU-Außenminister hatten bereits am Freitag über ein Positionspapier zu China gesprochen. Die Minister der 27 Mitgliedstaaten stünden hinter dem Text, sagte Borrell am Freitag. In diesem ist keine massive Überarbeitung von der bisherigen “Wettbewerber, Partner, Rivale”-Einteilung zu erwarten. Ein neuer Schwerpunkt in dem Papier wird auf aktuelle Themen wie die Ukraine und Taiwan gelegt. Der Bericht äußerte klare Unterstützung für die “Risikoabbau”-Strategie der EU und forderte die Mitglieder auf, sich auf Turbulenzen in der Taiwanstraße vorzubereiten. ari
Der Marktanteil der aus China nach Deutschland gelieferten Elektroautos hat sich im ersten Quartal mehr als verdreifacht. Von Januar bis März sei er auf 28,2 Prozent an den aus dem Ausland importierten Pkw mit Elektromotor gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Im Vorjahresquartal hatte er noch bei 7,8 Prozent gelegen.
China blieb im ersten Quartal Deutschlands wichtigster Handelspartner. Allerdings sank das Außenhandelsvolumen – der Wert der Exporte und Importe – um 10,5 Prozent auf 64,7 Milliarden Euro. Das war nur wenig mehr als der Handel mit den USA, der sich auf 64,1 Milliarden summierte.
Die deutschen Exporte nach China gingen in den ersten drei Monaten des Jahres um zwölf Prozent auf 24,1 Milliarden Euro zurück. Besonders betroffen waren die Ausfuhren von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, die um 23,9 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro einbrachen. Dagegen gab es bei Maschinen ein Plus von 1,3 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Zugleich wurden Waren im Wert von 40,6 Milliarden Euro aus China importiert, ein Minus von 9,7 Prozent zum Vorjahresquartal. Damit summierte sich der Importüberschuss auf 16,5 Milliarden Euro. rtr
Ein ausgeschiedener Top-Manager des Tiktok-Mutterkonzerns ByteDance übt scharfe Kritik an seinem ehemaligen Arbeitgeber. Der frühere Chef der Ingenieursabteilung des US-Geschäfts wirft ByteDance vor, sich als “Propaganda-Werkzeug” der chinesischen Regierung angedient zu haben. So habe Tiktok angeblich die Reichweite von Inhalten vergrößert, die “Hass gegen Japan” schüren, und Inhalte eingeschränkt, die die pro-demokratischen Demonstranten in Hongkong unterstützten.
Zudem solle das Unternehmen während seiner Zeit bei dem Unternehmen zwischen August 2017 und November 2018 Inhalte von Konkurrenten wie Instagram und Snapchat gestohlen haben. Die Vorwürfe wurden am Freitag als Teil einer Klage veröffentlicht, mit der der Manager vor einem Gericht in San Francisco Schadensersatz aufgrund seiner unrechtmäßigen Entlassung bei Bytedance erstreiten will.
Der Kläger wirft dem Tech-Unternehmen vor, ihn entlassen zu haben, weil er eine “Kultur der Rechtlosigkeit” enthüllt habe. Seinen Aussagen zufolge seien chinesische Regierungsvertreter dazu in der Lage gewesen, die chinesische Version der Apps von ByteDance abzuschalten. Zudem hätten sie Zugang zum gesamten Datenmaterial des Unternehmens aus den USA gehabt. ByteDance reagierte bislang nicht öffentlich auf die Vorwürfe des Ex-Mitarbeiters. fpe
Zehn Jahre war er Botschafter Chinas in Moskau, nun soll es auf die ganz große Bühne gehen: Li Hui, seit 2019 Sonderbeauftragter der chinesischen Regierung für Eurasische Angelegenheiten, ist ab Montag unterwegs in die Ukraine, nach Europa und auch nach Russland. Staatschef Xi Jinping hatte in seinem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kürzlich angekündigt, den 70-Jährigen als Sondergesandten nach Kiew zu schicken.
Solche Sondergesandten gehören zum diplomatischen Instrumentarium für Konfliktregionen; die USA etwa schickten immer wieder Sondergesandte in den Nahen Osten oder nach Ex-Jugoslawien, um dort Wege zum Frieden auszuloten. Meistens sind es politische Schwergewichte. Auch Li Hui hatte es vor seinem Botschafterposten bis zum Vize-Außenminister gebracht.
Ab dieser Woche wird Li Hui nun in Europa unterwegs sein. Er werde die Ukraine, Russland, Polen, Deutschland und Frankreich besuchen, teilte das Außenministerium am Freitag in Peking mit – und “mit allen Parteien über die politische Lösung der Ukraine-Krise kommunizieren.” Die Reihenfolge nannte das Außenamt nicht. Und es vermied wie üblich das Wort “Krieg”.
Wer also ist der Mann, dem Xi diese Mammutaufgabe anvertraut hat? Kenntnisse über die Region hat Li Hui als langjähriger Russland- und Sowjetunion-Experte. Als Botschafter in Moskau vernetzte er sich mit der Welt und dürfte wie kaum ein anderer Spitzendiplomat seines Landes Einblick in die Welt der russischen Polit-Elite um Präsident Wladimir Putin bekommen haben. Vor seinem Ausscheiden als Botschafter 2019 verlieh Putin ihm den russischen Freundschaftsorden.
Doch genau aufgrund dieser Nähe zu Moskau sind die Erwartungen in Europa an Li und seine Mission eher gering. Er hat letztlich das gleiche Glaubwürdigkeitsproblem wie die Regierung um Xi. China will einerseits Friedensmittler sein und legte ein Zwölfpunktepapier zur Lösung des Konflikts vor – und verliert andererseits kein kritisches Wort über die russische Invasion. Außenamtssprecherin Mao Ning wischte Ende April alle Bedenken beiseite: “Der von China ernannte Sonderbeauftragte ist mit Sicherheit jemand, der sich in den einschlägigen Angelegenheiten auskennt und eine positive Rolle bei der Anbahnung von Friedensgesprächen spielen kann.”
1953 in der an Russland grenzenden Nordostprovinz Heilongjiang geboren, spricht Li Hui fließend Russisch und soll ein Faible für russische Literatur haben. Er absolvierte praktisch seine gesamte berufliche Laufbahn im Umfeld der Sowjetunion und später Russlands. So arbeitete er als junger Mann schon von 1975 bis 1981 in der Abteilung für die UdSSR und Europa des Außenministeriums. In diese kehrte er immer wieder zurück und leitete sie sogar für einige Zeit.
Bemerkenswert ist vor allem, wie oft Li Hui in Moskau stationiert war. Von 1981 bis 1985 bekleidete er verschiedene Positionen an der chinesischen Botschaft in der UdSSR. In den Jahren 1990-1992 dann war er Erster Sekretär der Botschaft – die ab Ende 1991 offiziell zur Botschaft in der Russischen Föderation wurde. Li hat also den Zerfall der Sowjetunion hautnah miterlebt – und damit ein Ereignis, das Chinas Kommunisten bis heute als Katastrophe sehen und sie umso eiserner an ihrer Macht festhalten lassen.
Zweimal war Li Hui anschließend an der Botschaft in Kasachstan stationiert, und lernte so immerhin einmal die Welt einer Ex-Sowjetrepublik und deren komplizierte Beziehungen zu Moskau kennen – wenngleich der zentralasiatische Staat über eine große russische Minderheit hinaus wenig mit der Ukraine gemeinsam hat. Danach stieg Li weiter auf, bis er 2008 und 2009 kurz Vize-Außenminister war. 2009 wurde Li dann zum Botschafter in Moskau ernannt.
Was Li Hui persönlich über den Krieg und seine Mission denkt, oder ob sich sein Blick auf Russland durch den Krieg verändert hat, ist nicht bekannt. Um speziell in Kiew Gehör zu finden, darf Li die Lage jedenfalls nicht durch eine russische Brille betrachten. Erschwerend für seine Mission kommt hinzu, dass derzeit weder Moskau noch Kiew ernsthaft an Verhandlungen interessiert sind. Beide Seiten wollen derzeit eher militärisch Fakten schaffen; die Ukraine steht kurz vor einer großen Gegenoffensive. Li Hui braucht also enormes Geschick, wenn er eine Chance haben will, diplomatisch irgendetwas in Bewegung zu bringen. Christiane Kühl
Yunzhou Wu ist seit April Design Manager bei SAIC Volkswagen. Wu verantwortet von Peking aus die Innenarchitektur der Fahrzeuge und das CMF-Design.
Andrzej Delanowski hat im Mai den Posten des Director of Homologation bei Audi China übernommen. Für die Stelle wechselt er nach 16 Jahren von Ingolstadt nach Peking.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Reiterhose, Schwabbelbauch, Hakennase – wenn es um die eigene Optik geht, gehen wir mit uns streng ins Gericht. Im Selbstbewusstseins-Bodyscreening kommt manchmal jede Pore auf den Prüfstand. Das war schon vor Selfie und Instagram Usus. Aber haben Sie sich beim Blick in den Spiegel schon mal Gedanken über den Beauty-Score Ihrer Lidfalte gemacht? (Verquollene Augenlider nach durchzechten Nächten und durchheulten Trennungsphasen bitte ausgenommen!) Sich schon mal gegrämt, weil nach dem Augenaufschlag nur noch wenig “Lidmasse” sichtbar ist? Während sich Europäer für volle Lippen und gerade Nasen unters Messer legen, beäugen die Chinesen einen anderen vermeintlichen Schönheitsmakel mit Argusaugen: das Augenlid (眼皮 yǎnpí).
Denn das Schönheitsideal in China (sowie in vielen anderen südostasiatischen Ländern übrigens auch) lautet: “Doppellidfalte” – auf Chinesisch 双眼皮 shuāngyǎnpí (ganz wörtlich: “doppelte Augenhaut”). Laut Daten von Statista aus dem Jahr 2021 rangieren Lidplastiken bei den Schönheitsoperationen weltweit sogar auf Platz 3 – gleich nach Fettabsaugung und Brustvergrößerungen mit Silikon.
Für alle, die sich jetzt die Augen reiben und fragen, was zum Teufel eine “doppelte Lidfalte” sein soll: Darunter versteht man eine Lidform, bei der sich bei geöffnetem Auge eine Hautfalte zwischen Lidkante (das ist da, wo die Wimpern ansetzen) und oberer Haut (da wo Teile des Lids drunter verschwinden) abzeichnet. Ein Oberlid ohne Falte wird im asiatischen Raum als “einzelnes Lid” oder “Einfachlid” (单眼皮 dānyǎnpí) bezeichnet. Es gilt als weniger ästhetisch, da das sogenannte “doppelte Lid” (mit Falte) das Auge größer aussehen und die Besitzer:in “freundlicher” und “wacher” wirken lässt. Nicht zu vergessen: Bei Frauen ermöglicht ein “Doppellid” auch mehr Lidschattenfreiheit beim Schminken.
Unter vier Augen gesprochen: Doppel- und Einfachlid gehörten bisher nicht zu Ihrem aktiven deutschen Wortschatz? Keine Bange. Für uns als Mitteleuropäer ist diese sprachliche Unterscheidung auch weniger relevant. Deshalb wittert mancher Mandarinlerner auch Beauty-Fashion-Fachchinesisch, wenn ihm diese beiden Begriffe erstmals unterkommen. Schnell wird man jedoch feststellen: shuāngyǎnpí und dānyǎnpí sind im Chinesischen gängiges Alltagsvokabular zur Beschreibung der Augenpartie. Dass diese optische Nuance aus chinesischer Sicht durchaus erwähnenswert ist, liegt an der besonderen Anatomie des asiatischen Auges.
Wer wenige Menschen aus dem asiatischen Raum zu seinem Bekanntenkreis zählt, glaubt häufig, Asiaten hätten generell keine Oberlidfalte und das wäre der entscheidende Unterschied zum “europäischen” Oberlid. Das stimmt jedoch so nicht. Was das “asiatische” Auge von unserem “europäischen” Auge unterscheidet, ist der sogenannte Epikanthus. Im Fachjargon heißt er “Epikanthus medialis” (von altgriechisch ἐπί ep – “auf, darüber” plus κανθός kanthós – “Augenwinkel” sowie lateinisch medialis – “zur Mitte hin”). Manchmal wird diese Hautpartie auch Epikanthus-Falte genannt. Es handelt sich um eine besondere Oberlidfalte, die direkt am zur Nase gelegenen Lidwinkel ansetzt und dann parallel oder seitlich ansteigend zur Wimpernlidkante verläuft. Das heißt: der größte Abstand der oberen Lidfalte zur unteren Lidkante (Wimpern) ist beim asiatischen Auge nie in der Mitte – wie bei unserem “europäischen” Auge, dessen Liddeckel sichel- oder halbmondförmig aussieht – sondern der Abstand wird zum äußeren Augenwinkel hin meist größer.
Warum die Menschen in Asien übrigens eine andere, mandelförmige Augenform haben, ist nicht abschließend geklärt. Als wahrscheinlichste Antwort gilt, dass ihre Vorfahren einst in klimatisch ungünstigen Gegenden mit starker Sonneneinstrahlung und unwirtlichen Windverhältnissen lebten. Ein Umfeld, in dem die engere Lidspalte einen genetischen Vorteil verschafft haben könnte. Sie sorgte wahrscheinlich unter anderem für besseren Schutz vor dem Eindringen von Staubpartikeln und anderen Fremdkörpern, da sie den inneren Lidwinkel besser verschließt. Das begünstigende Merkmal wurde dann wahrscheinlich weitervererbt und ist noch heute kennzeichnend für viele Angehörige der ost- und südostasiatischen Völker von der Mongolei bis Thailand. Einen Nachteil im Sehvermögen formt die engere Lidspalte übrigens nicht, um mit diesem Vorurteil einmal aufzuräumen.
“Verschwindet” nun also beim Öffnen der Augen das gesamte Oberlid ohne “Faltenwurf” unter der oberen Haut, haben wir es mit einem Einfachlid zu tun, bleibt eine Falte zu sehen, mit einem Doppellid. Soweit so gut. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass das noch nicht alles war, wenn es um chinesische Beautyfragen geht. Die Chinesen unterscheiden nämlich auch noch akribisch zwischen 外双 (wàishuāng) und 内双 (nèishuāng), also Augen mit äußerer oder innerer “Doppellidfalte”.
Jetzt nicht den Überblick verlieren! Die Sache ist schnell aufgeklärt: Bei der wàishuāng-Variante lugt unter dem Epikanthus eine deutliche (fleischige) Lidfalte hervor. Ein klassisches (asiatisches) “Doppellid” also, wie es als ansehnlich gilt. Die nèishuāng-Variante hingegen sieht für Nichtkenner fast aus wie ein Einfachlid. Nèishuāng-Träger selbst werden Ihnen aber mit Inbrunst erklären, dass doch eine Lidfalte vorhanden ist (was auch tatsächlich stimmt). Nur ist diese so schmal, dass sie bei geöffnetem Auge kaum noch zu sehen ist. Im geschlossenen Zustand ist jedoch eine deutliche Faltenfurche auf dem Augenlid als “Sollfaltstelle” zu erkennen. Es handelt sich also streng genommen um ein Doppellid, nur eben ein minimal ausgeprägtes, das fast komplett “verschwindet”. Viele Chines:innen legen jedoch Wert auf diesen feinen Unterschied!
Und was “bestellen” beautybewusste Asiaten nun genau beim Schönheitschirurgen? Anders als man manchmal fälschlicherweise meinen möchte, ordern asiatische Kunden hier in der Regel keine “Verwestlichung” des Auges, also kein typisch europäisches Lid mit halb-mondförmigem Verlauf der Lidfalte im Verhältnis zur Lidkante. Ein solcher Augendeckel sähe im eher flachen Gesicht asiatischer Mitmenschen auch eher deplatziert aus, erklären Beauty-Chirurgen.
Noch wichtiger aber: Die Entfernung eines Epikanthus führt häufig zu starker Narbenbildung und wird daher nicht empfohlen. Bei Doppellidplastiken (割双眼皮 gē shuāngyǎnpí – “sich eine Oberlidfalte schneiden lassen”) geht es in der Regel stattdessen darum, eine Oberlidfalte überhaupt zu schaffen (im Falle eines vorherigen Einfachlids) beziehungsweise die Position der bestehenden Oberlidfalte so zu ändern, dass die Lidfalte größer wird (zum Beispiel bei innerer Doppellidfalte (内双 nèishuāng) oder wenig ausgeprägtem Doppellid).
Wer jetzt übrigens sagt: “Moment mal, Einfachlider gibt es doch auch in unseren Breiten – genannt Schlupflider!”, den muss ich übersetzungsmäßig leider enttäuschen. Denn Schlupflider (medizinische Bezeichnung: Blepharochalasis oder auch Oberliderschlaffung respektive Hängelid) sind nicht mit Augen mit Epikanthus gleichzusetzen. Als Schlupflider werden hängende Augenlider bezeichnet, die sich daraus ergeben, dass es dem Oberlid an Spannkraft fehlt.
Die Folge: die obere Haut hängt über den Liddeckel herab, sodass dieser beim Öffnen der Augen darunter verschwindet. Solche “Hängepartien” in der Augengegend können einseitig oder beidseitig auftreten und Männer wie Frauen gleichermaßen betreffen. In vielen Fällen sind Schlupflider ein harmloses kosmetisches Problem. Manchmal sind sie genetisch bedingt, manchmal bilden sie sich erst mit der Erschlaffung der Haut in steigendem Alter.
Vielleicht sollten wir beim Blick in den Spiegel aber ohnehin einfach mal ein Auge zudrücken (sagt man auch im Chinesischen so: 睁一只眼闭一只眼 zhēng yī zhī yǎn, bì yī zhī yǎn – “ein Auge öffnen und ein Auge schließen”) beziehungsweise weniger in den selbigen blicken. Denn wie heißt es doch so schön: aus den Augen, aus dem Sinn. Oder auf Chinesisch: 眼不见心不烦 yǎn bù jiàn, xīn bù fán – “was das Auge nicht sieht, sorgt das Herz nicht”. Behalten wir stattdessen lieber das Wesentliche im Auge. Schöne Augen kann man sich schließlich sowohl mit doppelter als auch mit einfacher Lidfalte machen, mit Epikanthus oder ohne.
Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.
die Woche startet – zumindest bei uns – mit einer guten Nachricht: In Absprache mit der Europäischen Akademie Berlin verschicken wir statt wie angekündigt zehn ganze 30 Exemplare des Sammelbands “50 Stimmen”. Die Gewinner sind bereits am Freitag informiert worden. Alle anderen Teilnehmenden erhalten für vier Wochen den China.Table erneut in Vollversion.
Der Politikwissenschaftler Wu Nai-teh hat sich bereits zu einer Zeit für die Demokratisierung Taiwans eingesetzt, als die Insel noch unter Kriegsrecht stand. Im Interview mit Fabian Peltsch spricht er darüber, wie diese Zeit aufgearbeitet werden muss und wie sich die Identität Taiwans heutzutage auch an der Frage um die militärische Verteidigung formt.
Unsere zweite Analyse befasst sich mit dem Fall von Marije Vlaskamp. Die niederländische Journalistin ist zur Zielscheibe einer Einschüchterungskampagne geworden, die ihren Ursprung in Peking haben soll. In ihrem Namen und dem des Dissidenten Wang Jingyu wurden sogar Bombendrohungen fingiert. Aktivisten und Politiker fordern nun eine klare Ansage in Richtung China, wie Stephan Israel schreibt.
Die Rubrik Heads stellt Ihnen heute einen Mann vor, der in dieser Woche wichtig wird: Li Hui, der Sonderbeauftragte der chinesischen Regierung, ist heute auf dem Weg in die Ukraine. Erstmals seit Kriegsbeginn schickt China damit einen ranghohen Diplomaten für Gespräche. Er wird neben der Ukraine auch in Polen, Deutschland, Frankreich und Russland erwartet.
Als Politikwissenschaftler und Autor von Dissidenten-Zeitschriften haben Sie sich zu einer Zeit für die Demokratisierung Taiwans eingesetzt, als die Insel noch unter Kriegsrecht stand – eine sehr riskante Sache.
Man hinderte uns oft, unsere Magazine in Umlauf zu bringen, manchmal wurden sie konfisziert, oder besser gesagt: geraubt von Sicherheitskräften. Ich hatte das Gefühl, dass viele von uns nicht so sehr an das Risiko dachten. Wir waren zu beschäftigt, Artikel zu schreiben, die für die Demokratie eintreten. Auch die Organisation von Graswurzel-Bewegungen und Gewerkschaften gehörte dazu.
Als Wissenschaftler haben Sie dann mehrere Jahre keine Anstellung gefunden.
Mein Hauptfach war Politikwissenschaften und meine Doktorarbeit handelte von der Konsolidierung des autoritären Regimes in Taiwan. In den 80er-Jahren war es Mainstream in den amerikanisch geprägten Politikwissenschaften den Übergang zur Demokratie zu beleuchten. Ich machte das Gegenteil: Ich wollte beantworten, warum und wie sich ein autoritäres Regime über mehrere Jahrzehnte auf einer Insel halten konnte, die es zuvor nicht beherrscht hatte.
Nachdem ich mit einem Doktor in Politikwissenschaften von der Universität von Chicago nach Taiwan zurückgekehrt war, hatte ich ernsthafte Probleme, eine Anstellung zu finden. Mein Glück war, dass sich die Medien zu dieser Zeit im Prozess der Liberalisierung befanden. Da mein Fall viel Aufsehen in den Massenmedien erregte, akzeptierte die Leitung der Academia Sinica schließlich die Entscheidung der Fakultäten des Instituts für Ethnologie, das zwei Jahre zuvor basierend auf anonymen Stimmen meine Bewerbung angenommen hatte.
Die Zeit des Kriegsrechts aufzuarbeiten, ist ein Prozess, der Taiwans Gesellschaft bis heute spaltet. Sie haben kürzlich einen Artikel veröffentlicht, der sich einmal mehr mit dem Chiang Kai-shek Memorial beschäftigt, einem Monument im Herzen Taipehs, das bis heute Touristen anzieht, aber noch aus der Zeit der Diktatur stammt. Welches Problem haben Sie damit?
Die historischen Erinnerungen an Chiang Kai-shek und seinen Sohn Chiang Ching-kuo gehen weit auseinander. Einige Menschen in Taiwan bewundern Chiang Kai-shek immer noch für seinen Beitrag im Kampf gegen die Japaner und dann gegen die chinesischen Kommunisten. Viele Taiwaner erinnern sich jedoch an die Ermordung taiwanischer Eliten, Ärzte, Anwälte, Wissenschaftler und Intellektueller durch seine Armee im Jahr 1947 sowie an den “Weißen Terror”, der vier Jahrzehnte lang unter seiner Herrschaft und der seines Sohnes andauerte.
In meinem Aufsatz vertrete ich die Auffassung, dass, wenn sich die verschiedenen historischen Erinnerungen nicht zu einer einzigen “vereinen” lassen, was insbesondere in einer Demokratie nicht möglich ist, beide Seiten zumindest die Erinnerung der anderen respektieren müssen. Aber die Chiang-Kai-shek-Gedenkhalle und auch die kürzlich errichtete Chiang-Ching-kuo-Gedenkbibliothek verstoßen gegen den Grundsatz der gegenseitigen Achtung. Sie sind in der Tat eine Beleidigung für die Erinnerung der anderen Seite.
Obwohl die Taiwaner unterschiedliche Ansichten über ihre Identität haben, sind sich doch fast alle einig, dass die Zukunft des Landes von der taiwanischen Bevölkerung entschieden werden sollte. Was halten Sie von dem jüngsten geopolitischen Fokus auf Taiwan? Hilft die Aufmerksamkeit der taiwanischen Sache, oder gefährdet sie eher die demokratische Zukunft der Insel?
Ich habe den Eindruck, dass es auch einen Konsens darüber gibt, dass wir die chinesische Regierung, ein feindliches Regime mit einer viel stärkeren Militärmacht, nicht provozieren sollten. Keiner will Krieg. Das Problem ist, dass niemand weiß, wo die rote Linie ist. Wenn man nicht weiß, wo die rote Linie ist, weiß man auch nicht, was man nicht tun darf, um sie nicht zu überschreiten.
Das erste Mal, dass die Volksrepublik Taiwan militärisch ernsthaft bedrohte, war 1996, als es Raketen in den Gewässern um Taiwan abfeuerte. In Taiwan wurden damals zum ersten Mal in der Geschichte Präsidentschaftswahlen durch Volksabstimmung durchgeführt. Dies ist eine gängige Praxis und ein Grundprinzip der Demokratie. China wurde davon provoziert. Ohne zu wissen, wo die rote Linie verläuft, sagten einige Leute sogar, Taiwan hätte Pelosi vor ein paar Monaten raten sollen, nicht zu kommen. Solch ein Denken wird Taiwan isolieren, nicht nur diplomatisch, sondern auch militärisch.
Glauben Sie, dass die Bürger Taiwans ihre Insel mit der gleichen Entschlossenheit verteidigen würden wie die Ukrainer ihr Land gegen die Russen?
Niemand kann diese Frage beantworten, solange es nicht tatsächlich zu einem Krieg kommt. Wie Sie wissen, betrug die Militärdienstpflicht in Taiwan seit vielen Jahren nur vier Monate. Die Zeitschrift Foreign Policy nannte dies einen “nationalen Witz”, verglichen mit dem zweijährigen Militärdienst in Südkorea und Singapur. Vor ein paar Monaten wurde er schließlich auf ein Jahr verlängert. Wenn es um Kampfbereitschaft geht, spielen die politischen Führer eine wichtige Rolle, sie müssen einen nationalen Willen mobilisieren. Winston Churchill während des Zweiten Weltkriegs war ein gutes Beispiel dafür. Wir warten immer noch auf einen Staatsführer, der bereit und in der Lage ist, den nationalen Willen zur Verteidigung zu stärken.
Welche Rolle spielen Zivilschutzgruppen heute bei der Verteidigung Taiwans, etwa die “Forward Alliance”, die Ihr Sohn Enoch Wu gegründet hat?
Diese Art von Arbeit sollte eigentlich von der Regierung erledigt werden. Für diese Art von Ausbildung werden enorme Ressourcen benötigt, sowohl personell als auch materiell und organisatorisch. Da die Regierung nichts in dieser Richtung unternommen hat, trägt die Zivilgesellschaft nun die Verantwortung dafür. Die gute Nachricht ist, dass die Menschen sehr positiv und engagiert auf das Programm reagieren. Die Forward Alliance bietet im ganzen Land Kurse und Camps an und hat bisher Tausende von Menschen geschult.
Wie viel Hoffnung setzen Sie in Verhandlungen mit Festland-China über die Zukunft Taiwans?
Die Zukunft der chinesisch-taiwanesischen Beziehungen hängt in hohem Maße von der Entwicklung Chinas ab. Ein demokratisches China wird toleranter gegenüber Taiwan sein und auch eher bereit, mit Taiwan zu verhandeln. Ein wohlhabendes China wird für viele Menschen in Taiwan weiter ein Anreiz sein. Bis dahin kann Taiwan nicht viel tun, außer sich wirtschaftlich und militärisch für seine Verteidigung zu stärken.
Sollte es mehr Austausch zwischen jungen Menschen aus China und Taiwan geben?
Ja, je mehr, desto besser. Ich kannte viele chinesische Studenten in Taiwan persönlich. Sie haben die Freiheit und die entspannte Lebensweise hier sehr genossen. Einige korrespondieren noch immer mit mir, nachdem sie nach China zurückgekehrt sind. Denken Sie mal über folgendes nach: Die Kinder so vieler chinesischer Regierungsbeamter, hochrangiger Parteikader und Wirtschaftseliten, leben im Westen. Die chinesischen Kommunisten wollen die Taiwaner zwingen, Untertanen der Volksrepublik China zu werden, während sie ihren eigenen Kindern erlauben, sich von ihr loszusagen und ein glückliches Leben im Westen zu führen. Das sagt eine Menge aus.
Wu Nai-teh 吳乃德, 1949 in Taichung geboren, ist Wissenschaftler am Soziologieinstitut der Academia Sinica und ein prägender Theoretiker der Demokratisierung Taiwans. Er war Chefredakteur des Taiwan Journal of Political Science (1997-1999) und Gründungspräsident der Taiwan Political Science Association (1995-1997). Sein Hauptforschungsgebiet ist die politische Soziologie und die Identität Taiwans. Sein Bruder Wu Nai-ren ist ehemaliger Generalsekretär der Demokratischen Fortschrittspartei DPP. Sein Sohn Enoch Wu setzt sich mit der “Forward Alliance” für Zivilschutz ein und wurde 2022 vom Time-Magazine in die “100 Next” aufgenommen, einer jährlichen Liste von 100 Menschen, die die Zukunft ihres Landes entscheidend prägen.
Marije Vlaskamp weiß, wie die chinesischen Behörden vorgehen, wenn sie jemanden mundtot machen wollen. Schließlich hat die Niederländerin vor ihrer Rückkehr nach Den Haag fast 25 Jahre lang als Korrespondentin aus Peking berichtet. Und dennoch ist sie schockiert. Die 54 Jahre alte Journalistin beschrieb im April in der Zeitung “de Volkskrant” ausführlich, wie sie selbst Ziel einer massiven Einschüchterungskampagne geworden ist. Bis hin zu einer inszenierten Bombendrohung in ihrem Namen und im Namen von Wang Jingyu, einer ihrer Gesprächspartner aus der chinesischen Dissidentenszene.
Dies war der Auslöser für Marije Vlaskamp und ihre Redaktion, mit der Geschichte in eigener Sache an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Journalistin hatte Wang seit seiner Flucht aus China und der Ankunft in den Niederlanden begleitet und an seinem Beispiel beschrieben, wie China Dissidenten und Kritiker auch im Exil terrorisiert.
Im Herbst dann die Eskalation: Wang bekam neue Drohungen über den Nachrichtendienst Telegram, in denen er als “Verräter” beschimpft und aufgefordert wurde, seinen Mund zu halten. Er solle keine Interviews mehr geben, sein Twitterkonto löschen und dafür sorgen, dass die Artikel über ihn aus dem Netz genommen werden. “Ein Hinweis von mir und die Polizei verhaftet Dich und deine Journalistenfreundin”, so die letzte Ankündigung.
Nahezu gleichzeitig erhielten Vlaskamp und Wang Bestätigungen für eine Buchung im selben Hotel im Den Haager Regierungsviertel nahe der chinesischen Botschaft, die sie selbst nicht getätigt hatten. Endgültig alarmiert war die Journalistin, als sie in den Nachrichten von einer Bombendrohung hörte, und dass die Polizei das Regierungsviertel weiträumig abgesperrt hätte. Wenig später folgte eine weitere Bombendrohung in ihrem Namen gegen Chinas Botschaft in Oslo.
Die Taktik der psychologischen Kriegsführung werde sonst vom chinesischen Regime gegen ehemalige chinesische Staatsbürger, Dissidenten, Uiguren oder Tibeter angewandt, sagt Vlaskamp. Es sei wohl eine Premiere, dass unbekannte Personen im Namen des chinesischen Staates eine niederländische Journalistin außerhalb Chinas bedrohten.
Die Angreifer versuchen dabei nicht einmal, ihren Hintergrund zu vertuschen. Die Botschaft selbst alarmierte im Fall der angeblichen Bombendrohung die Polizei und soll dabei auch die Namen von Vlaskamp und Wang genannt haben. Bombendrohungen und Hotelreservierungen könnten zu IP-Adressen in China und Hongkong zurückgeführt werden, meldeten zudem die niederländischen Justizbehörden.
Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen hat die Behörden aufgefordert, die Verantwortlichen hinter den falschen Bombendrohungen im Namen von zwei Journalisten in den Niederlanden und Deutschland zu identifizieren. Die in Deutschland lebende chinesische Journalistin Su Yutong, die für den Sender Free Asia berichtet, sei im ähnlichen Stil massiv unter Druck gesetzt worden. In ihrem Namen seien unter anderem Hotels in Berlin, New York, Houston, Los Angeles und Istanbul gebucht worden. Gefolgt von falschen Bombendrohungen. “Diese besonders bösartigen Methoden tragen alle Kennzeichen der Einschüchterungstaktiken des chinesischen Regimes”, erklärte die NGO.
Ähnlich sieht es der niederländische EU-Abgeordnete Bart Groothuis, Experte im Kampf gegen Desinformation und ausländische Einflussnahme. Er spricht von der Handschrift des United Front Work Department, einem Instrument der Kommunistischen Partei Chinas, um Kritiker auch im Ausland mundtot zu machen. “Der Angriff auf Marije Vlaskamp ist ein neues Signal, wozu China bereit ist, um Leute auch im Westen zum Schweigen zu bringen”, sagt der Politiker der rechtsliberalen Regierungspartei von Premier Mark Rutte.
Inzwischen gebe es auch kaum mehr Wissenschaftlerinnen oder Hochschulen im Westen, die Forschung etwa zum Schicksal der Uiguren, über das Ende der Freiheit in Hongkong oder zum Netzwerk der United Front betreiben würden. Man müsse fürchten, dass Kontakte belästigt würden oder dass man bei Reisen im Ausland festgenommen werde. Etwa auch wegen der Auslieferungsabkommen, welche China mit vielen Staaten weltweit abgeschlossen habe.
Groothuis sieht Geheimdienste und Sicherheitsbehörden in der Pflicht. Dort habe man lange den Fokus auf Russland gehabt und die Gefahr durch China vernachlässigt. Es nütze zudem nichts, chinesische Botschafter einzubestellen und zu protestieren. “Wir müssen China klar kommunizieren, dass feindliche Einflussnahme und Einschüchterungskampagnen einen ökonomischen Preis haben”.
Groothuis plädiert nicht etwa für eine Abkoppelung von China. Die EU müsse aber gezielter als bisher Investitionen aus China, Russland und dem Iran unter die Lupe nehmen, immer mit dem Fokus auf mögliche Sicherheitsrisiken für die westlichen Demokratien. Der Europaparlamentarier sieht dies als zentrale Aufgabe für die nächste EU-Kommission.
Klartext spricht auch Alerk Ablikim. Der Niederländer und gebürtige Uigure ist Mitgründer einer Plattform verschiedener Einwanderergruppen, unter anderem auch aus der Türkei, Marokko, Eritrea oder Belarus, die gegen ausländische Einflussnahme mobilisieren. Der Fall von Marije Vlaskamp zeige, wie groß das Problem der Einschüchterung durch ausländische Regime in Europa inzwischen sei. Einwanderer aus China, der Türkei, Marokko oder Eritrea würden täglich unter dem langen Arm ihres Herkunftslandes leiden. Es reiche nicht, eine Hotline einzurichten und die Strafbarkeit für Spionage zu verschärfen, wie es die niederländische Regierung vorhat.
Die Plattform fordert die Regierung in Den Haag in einem offenen Brief auf, einen nationalen Koordinator einzusetzen: “Ausländische Einmischung – einschließlich Einschüchterung – ist ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das die niederländische Demokratie bedroht”. Die Politik müsse generell entschlossener reagieren, so Mitinitiator Ablikim.
Der Aktivist erwähnt konkret das Beispiel der illegalen Polizeistationen, von denen aus China Oppositionelle drangsaliere. Auch in den Niederlanden hat China zwei Stationen betrieben. Man habe die Stationen in Rotterdam und Amsterdam nach Protesten zwar geschlossen. Anders als in den USA habe es aber keine Festnahmen oder andere Konsequenzen gegeben. Das sei wie eine Einladung an China. Der Aktivist fordert, dass Europa zukünftig deutlicher rote Linien gegen feindliche Einmischung aufzeige und die westlichen Demokratien grenzüberschreitende Repression entschiedener bekämpfen. Stephan Israel
Die EU-Außenminister haben sich angesichts eines erstarkenden Chinas für eine engere Zusammenarbeit mit Staaten im Indo-Pazifik ausgesprochen. Die Treffen von politischen Vertretern beider Seiten am Samstag in Stockholm habe dem gemeinsamen Engagement ein neues politisches Momentum verliehen, teilte der Europäische Auswärtige Dienst mit. Die EU müsse jedoch präsenter sein und “mehr leisten”, betonte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zum Abschluss. Kritik hatte es an der Teilnehmer-Liste der europäischen Seite gegeben: Lediglich 14 der 27 EU-Außenminister nahmen am Samstag an dem Treffen mit Vertretern aus der Indo-Pazifik-Region teil. Andere ließen sich durch Staatssekretäre oder Botschafter vertreten.
Auch bei der Sicht auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine stimmten beide Seiten offenbar nicht ganz überein. Mehrere asiatische Vertreter äußerten am Rande der Veranstaltung Positionen für ein sofortiges Ende des Kampfes in der Ukraine, auch wenn das Verlust von Territorium bedeutet. Diese Ansicht steht eher im Widerspruch zur Ansicht des Westens, dass ein Waffenstillstand es Russland ermöglichen würde, seine territorialen Errungenschaften in der Ukraine zu sichern. Die Bereitschaft, sich in den Spannungen Chinas mit dem Westen für eine Seite zu entscheiden, war Teilnehmer-Kreisen zufolge nicht sehr hoch.
Die EU-Außenminister hatten bereits am Freitag über ein Positionspapier zu China gesprochen. Die Minister der 27 Mitgliedstaaten stünden hinter dem Text, sagte Borrell am Freitag. In diesem ist keine massive Überarbeitung von der bisherigen “Wettbewerber, Partner, Rivale”-Einteilung zu erwarten. Ein neuer Schwerpunkt in dem Papier wird auf aktuelle Themen wie die Ukraine und Taiwan gelegt. Der Bericht äußerte klare Unterstützung für die “Risikoabbau”-Strategie der EU und forderte die Mitglieder auf, sich auf Turbulenzen in der Taiwanstraße vorzubereiten. ari
Der Marktanteil der aus China nach Deutschland gelieferten Elektroautos hat sich im ersten Quartal mehr als verdreifacht. Von Januar bis März sei er auf 28,2 Prozent an den aus dem Ausland importierten Pkw mit Elektromotor gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Im Vorjahresquartal hatte er noch bei 7,8 Prozent gelegen.
China blieb im ersten Quartal Deutschlands wichtigster Handelspartner. Allerdings sank das Außenhandelsvolumen – der Wert der Exporte und Importe – um 10,5 Prozent auf 64,7 Milliarden Euro. Das war nur wenig mehr als der Handel mit den USA, der sich auf 64,1 Milliarden summierte.
Die deutschen Exporte nach China gingen in den ersten drei Monaten des Jahres um zwölf Prozent auf 24,1 Milliarden Euro zurück. Besonders betroffen waren die Ausfuhren von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, die um 23,9 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro einbrachen. Dagegen gab es bei Maschinen ein Plus von 1,3 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Zugleich wurden Waren im Wert von 40,6 Milliarden Euro aus China importiert, ein Minus von 9,7 Prozent zum Vorjahresquartal. Damit summierte sich der Importüberschuss auf 16,5 Milliarden Euro. rtr
Ein ausgeschiedener Top-Manager des Tiktok-Mutterkonzerns ByteDance übt scharfe Kritik an seinem ehemaligen Arbeitgeber. Der frühere Chef der Ingenieursabteilung des US-Geschäfts wirft ByteDance vor, sich als “Propaganda-Werkzeug” der chinesischen Regierung angedient zu haben. So habe Tiktok angeblich die Reichweite von Inhalten vergrößert, die “Hass gegen Japan” schüren, und Inhalte eingeschränkt, die die pro-demokratischen Demonstranten in Hongkong unterstützten.
Zudem solle das Unternehmen während seiner Zeit bei dem Unternehmen zwischen August 2017 und November 2018 Inhalte von Konkurrenten wie Instagram und Snapchat gestohlen haben. Die Vorwürfe wurden am Freitag als Teil einer Klage veröffentlicht, mit der der Manager vor einem Gericht in San Francisco Schadensersatz aufgrund seiner unrechtmäßigen Entlassung bei Bytedance erstreiten will.
Der Kläger wirft dem Tech-Unternehmen vor, ihn entlassen zu haben, weil er eine “Kultur der Rechtlosigkeit” enthüllt habe. Seinen Aussagen zufolge seien chinesische Regierungsvertreter dazu in der Lage gewesen, die chinesische Version der Apps von ByteDance abzuschalten. Zudem hätten sie Zugang zum gesamten Datenmaterial des Unternehmens aus den USA gehabt. ByteDance reagierte bislang nicht öffentlich auf die Vorwürfe des Ex-Mitarbeiters. fpe
Zehn Jahre war er Botschafter Chinas in Moskau, nun soll es auf die ganz große Bühne gehen: Li Hui, seit 2019 Sonderbeauftragter der chinesischen Regierung für Eurasische Angelegenheiten, ist ab Montag unterwegs in die Ukraine, nach Europa und auch nach Russland. Staatschef Xi Jinping hatte in seinem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kürzlich angekündigt, den 70-Jährigen als Sondergesandten nach Kiew zu schicken.
Solche Sondergesandten gehören zum diplomatischen Instrumentarium für Konfliktregionen; die USA etwa schickten immer wieder Sondergesandte in den Nahen Osten oder nach Ex-Jugoslawien, um dort Wege zum Frieden auszuloten. Meistens sind es politische Schwergewichte. Auch Li Hui hatte es vor seinem Botschafterposten bis zum Vize-Außenminister gebracht.
Ab dieser Woche wird Li Hui nun in Europa unterwegs sein. Er werde die Ukraine, Russland, Polen, Deutschland und Frankreich besuchen, teilte das Außenministerium am Freitag in Peking mit – und “mit allen Parteien über die politische Lösung der Ukraine-Krise kommunizieren.” Die Reihenfolge nannte das Außenamt nicht. Und es vermied wie üblich das Wort “Krieg”.
Wer also ist der Mann, dem Xi diese Mammutaufgabe anvertraut hat? Kenntnisse über die Region hat Li Hui als langjähriger Russland- und Sowjetunion-Experte. Als Botschafter in Moskau vernetzte er sich mit der Welt und dürfte wie kaum ein anderer Spitzendiplomat seines Landes Einblick in die Welt der russischen Polit-Elite um Präsident Wladimir Putin bekommen haben. Vor seinem Ausscheiden als Botschafter 2019 verlieh Putin ihm den russischen Freundschaftsorden.
Doch genau aufgrund dieser Nähe zu Moskau sind die Erwartungen in Europa an Li und seine Mission eher gering. Er hat letztlich das gleiche Glaubwürdigkeitsproblem wie die Regierung um Xi. China will einerseits Friedensmittler sein und legte ein Zwölfpunktepapier zur Lösung des Konflikts vor – und verliert andererseits kein kritisches Wort über die russische Invasion. Außenamtssprecherin Mao Ning wischte Ende April alle Bedenken beiseite: “Der von China ernannte Sonderbeauftragte ist mit Sicherheit jemand, der sich in den einschlägigen Angelegenheiten auskennt und eine positive Rolle bei der Anbahnung von Friedensgesprächen spielen kann.”
1953 in der an Russland grenzenden Nordostprovinz Heilongjiang geboren, spricht Li Hui fließend Russisch und soll ein Faible für russische Literatur haben. Er absolvierte praktisch seine gesamte berufliche Laufbahn im Umfeld der Sowjetunion und später Russlands. So arbeitete er als junger Mann schon von 1975 bis 1981 in der Abteilung für die UdSSR und Europa des Außenministeriums. In diese kehrte er immer wieder zurück und leitete sie sogar für einige Zeit.
Bemerkenswert ist vor allem, wie oft Li Hui in Moskau stationiert war. Von 1981 bis 1985 bekleidete er verschiedene Positionen an der chinesischen Botschaft in der UdSSR. In den Jahren 1990-1992 dann war er Erster Sekretär der Botschaft – die ab Ende 1991 offiziell zur Botschaft in der Russischen Föderation wurde. Li hat also den Zerfall der Sowjetunion hautnah miterlebt – und damit ein Ereignis, das Chinas Kommunisten bis heute als Katastrophe sehen und sie umso eiserner an ihrer Macht festhalten lassen.
Zweimal war Li Hui anschließend an der Botschaft in Kasachstan stationiert, und lernte so immerhin einmal die Welt einer Ex-Sowjetrepublik und deren komplizierte Beziehungen zu Moskau kennen – wenngleich der zentralasiatische Staat über eine große russische Minderheit hinaus wenig mit der Ukraine gemeinsam hat. Danach stieg Li weiter auf, bis er 2008 und 2009 kurz Vize-Außenminister war. 2009 wurde Li dann zum Botschafter in Moskau ernannt.
Was Li Hui persönlich über den Krieg und seine Mission denkt, oder ob sich sein Blick auf Russland durch den Krieg verändert hat, ist nicht bekannt. Um speziell in Kiew Gehör zu finden, darf Li die Lage jedenfalls nicht durch eine russische Brille betrachten. Erschwerend für seine Mission kommt hinzu, dass derzeit weder Moskau noch Kiew ernsthaft an Verhandlungen interessiert sind. Beide Seiten wollen derzeit eher militärisch Fakten schaffen; die Ukraine steht kurz vor einer großen Gegenoffensive. Li Hui braucht also enormes Geschick, wenn er eine Chance haben will, diplomatisch irgendetwas in Bewegung zu bringen. Christiane Kühl
Yunzhou Wu ist seit April Design Manager bei SAIC Volkswagen. Wu verantwortet von Peking aus die Innenarchitektur der Fahrzeuge und das CMF-Design.
Andrzej Delanowski hat im Mai den Posten des Director of Homologation bei Audi China übernommen. Für die Stelle wechselt er nach 16 Jahren von Ingolstadt nach Peking.
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Reiterhose, Schwabbelbauch, Hakennase – wenn es um die eigene Optik geht, gehen wir mit uns streng ins Gericht. Im Selbstbewusstseins-Bodyscreening kommt manchmal jede Pore auf den Prüfstand. Das war schon vor Selfie und Instagram Usus. Aber haben Sie sich beim Blick in den Spiegel schon mal Gedanken über den Beauty-Score Ihrer Lidfalte gemacht? (Verquollene Augenlider nach durchzechten Nächten und durchheulten Trennungsphasen bitte ausgenommen!) Sich schon mal gegrämt, weil nach dem Augenaufschlag nur noch wenig “Lidmasse” sichtbar ist? Während sich Europäer für volle Lippen und gerade Nasen unters Messer legen, beäugen die Chinesen einen anderen vermeintlichen Schönheitsmakel mit Argusaugen: das Augenlid (眼皮 yǎnpí).
Denn das Schönheitsideal in China (sowie in vielen anderen südostasiatischen Ländern übrigens auch) lautet: “Doppellidfalte” – auf Chinesisch 双眼皮 shuāngyǎnpí (ganz wörtlich: “doppelte Augenhaut”). Laut Daten von Statista aus dem Jahr 2021 rangieren Lidplastiken bei den Schönheitsoperationen weltweit sogar auf Platz 3 – gleich nach Fettabsaugung und Brustvergrößerungen mit Silikon.
Für alle, die sich jetzt die Augen reiben und fragen, was zum Teufel eine “doppelte Lidfalte” sein soll: Darunter versteht man eine Lidform, bei der sich bei geöffnetem Auge eine Hautfalte zwischen Lidkante (das ist da, wo die Wimpern ansetzen) und oberer Haut (da wo Teile des Lids drunter verschwinden) abzeichnet. Ein Oberlid ohne Falte wird im asiatischen Raum als “einzelnes Lid” oder “Einfachlid” (单眼皮 dānyǎnpí) bezeichnet. Es gilt als weniger ästhetisch, da das sogenannte “doppelte Lid” (mit Falte) das Auge größer aussehen und die Besitzer:in “freundlicher” und “wacher” wirken lässt. Nicht zu vergessen: Bei Frauen ermöglicht ein “Doppellid” auch mehr Lidschattenfreiheit beim Schminken.
Unter vier Augen gesprochen: Doppel- und Einfachlid gehörten bisher nicht zu Ihrem aktiven deutschen Wortschatz? Keine Bange. Für uns als Mitteleuropäer ist diese sprachliche Unterscheidung auch weniger relevant. Deshalb wittert mancher Mandarinlerner auch Beauty-Fashion-Fachchinesisch, wenn ihm diese beiden Begriffe erstmals unterkommen. Schnell wird man jedoch feststellen: shuāngyǎnpí und dānyǎnpí sind im Chinesischen gängiges Alltagsvokabular zur Beschreibung der Augenpartie. Dass diese optische Nuance aus chinesischer Sicht durchaus erwähnenswert ist, liegt an der besonderen Anatomie des asiatischen Auges.
Wer wenige Menschen aus dem asiatischen Raum zu seinem Bekanntenkreis zählt, glaubt häufig, Asiaten hätten generell keine Oberlidfalte und das wäre der entscheidende Unterschied zum “europäischen” Oberlid. Das stimmt jedoch so nicht. Was das “asiatische” Auge von unserem “europäischen” Auge unterscheidet, ist der sogenannte Epikanthus. Im Fachjargon heißt er “Epikanthus medialis” (von altgriechisch ἐπί ep – “auf, darüber” plus κανθός kanthós – “Augenwinkel” sowie lateinisch medialis – “zur Mitte hin”). Manchmal wird diese Hautpartie auch Epikanthus-Falte genannt. Es handelt sich um eine besondere Oberlidfalte, die direkt am zur Nase gelegenen Lidwinkel ansetzt und dann parallel oder seitlich ansteigend zur Wimpernlidkante verläuft. Das heißt: der größte Abstand der oberen Lidfalte zur unteren Lidkante (Wimpern) ist beim asiatischen Auge nie in der Mitte – wie bei unserem “europäischen” Auge, dessen Liddeckel sichel- oder halbmondförmig aussieht – sondern der Abstand wird zum äußeren Augenwinkel hin meist größer.
Warum die Menschen in Asien übrigens eine andere, mandelförmige Augenform haben, ist nicht abschließend geklärt. Als wahrscheinlichste Antwort gilt, dass ihre Vorfahren einst in klimatisch ungünstigen Gegenden mit starker Sonneneinstrahlung und unwirtlichen Windverhältnissen lebten. Ein Umfeld, in dem die engere Lidspalte einen genetischen Vorteil verschafft haben könnte. Sie sorgte wahrscheinlich unter anderem für besseren Schutz vor dem Eindringen von Staubpartikeln und anderen Fremdkörpern, da sie den inneren Lidwinkel besser verschließt. Das begünstigende Merkmal wurde dann wahrscheinlich weitervererbt und ist noch heute kennzeichnend für viele Angehörige der ost- und südostasiatischen Völker von der Mongolei bis Thailand. Einen Nachteil im Sehvermögen formt die engere Lidspalte übrigens nicht, um mit diesem Vorurteil einmal aufzuräumen.
“Verschwindet” nun also beim Öffnen der Augen das gesamte Oberlid ohne “Faltenwurf” unter der oberen Haut, haben wir es mit einem Einfachlid zu tun, bleibt eine Falte zu sehen, mit einem Doppellid. Soweit so gut. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass das noch nicht alles war, wenn es um chinesische Beautyfragen geht. Die Chinesen unterscheiden nämlich auch noch akribisch zwischen 外双 (wàishuāng) und 内双 (nèishuāng), also Augen mit äußerer oder innerer “Doppellidfalte”.
Jetzt nicht den Überblick verlieren! Die Sache ist schnell aufgeklärt: Bei der wàishuāng-Variante lugt unter dem Epikanthus eine deutliche (fleischige) Lidfalte hervor. Ein klassisches (asiatisches) “Doppellid” also, wie es als ansehnlich gilt. Die nèishuāng-Variante hingegen sieht für Nichtkenner fast aus wie ein Einfachlid. Nèishuāng-Träger selbst werden Ihnen aber mit Inbrunst erklären, dass doch eine Lidfalte vorhanden ist (was auch tatsächlich stimmt). Nur ist diese so schmal, dass sie bei geöffnetem Auge kaum noch zu sehen ist. Im geschlossenen Zustand ist jedoch eine deutliche Faltenfurche auf dem Augenlid als “Sollfaltstelle” zu erkennen. Es handelt sich also streng genommen um ein Doppellid, nur eben ein minimal ausgeprägtes, das fast komplett “verschwindet”. Viele Chines:innen legen jedoch Wert auf diesen feinen Unterschied!
Und was “bestellen” beautybewusste Asiaten nun genau beim Schönheitschirurgen? Anders als man manchmal fälschlicherweise meinen möchte, ordern asiatische Kunden hier in der Regel keine “Verwestlichung” des Auges, also kein typisch europäisches Lid mit halb-mondförmigem Verlauf der Lidfalte im Verhältnis zur Lidkante. Ein solcher Augendeckel sähe im eher flachen Gesicht asiatischer Mitmenschen auch eher deplatziert aus, erklären Beauty-Chirurgen.
Noch wichtiger aber: Die Entfernung eines Epikanthus führt häufig zu starker Narbenbildung und wird daher nicht empfohlen. Bei Doppellidplastiken (割双眼皮 gē shuāngyǎnpí – “sich eine Oberlidfalte schneiden lassen”) geht es in der Regel stattdessen darum, eine Oberlidfalte überhaupt zu schaffen (im Falle eines vorherigen Einfachlids) beziehungsweise die Position der bestehenden Oberlidfalte so zu ändern, dass die Lidfalte größer wird (zum Beispiel bei innerer Doppellidfalte (内双 nèishuāng) oder wenig ausgeprägtem Doppellid).
Wer jetzt übrigens sagt: “Moment mal, Einfachlider gibt es doch auch in unseren Breiten – genannt Schlupflider!”, den muss ich übersetzungsmäßig leider enttäuschen. Denn Schlupflider (medizinische Bezeichnung: Blepharochalasis oder auch Oberliderschlaffung respektive Hängelid) sind nicht mit Augen mit Epikanthus gleichzusetzen. Als Schlupflider werden hängende Augenlider bezeichnet, die sich daraus ergeben, dass es dem Oberlid an Spannkraft fehlt.
Die Folge: die obere Haut hängt über den Liddeckel herab, sodass dieser beim Öffnen der Augen darunter verschwindet. Solche “Hängepartien” in der Augengegend können einseitig oder beidseitig auftreten und Männer wie Frauen gleichermaßen betreffen. In vielen Fällen sind Schlupflider ein harmloses kosmetisches Problem. Manchmal sind sie genetisch bedingt, manchmal bilden sie sich erst mit der Erschlaffung der Haut in steigendem Alter.
Vielleicht sollten wir beim Blick in den Spiegel aber ohnehin einfach mal ein Auge zudrücken (sagt man auch im Chinesischen so: 睁一只眼闭一只眼 zhēng yī zhī yǎn, bì yī zhī yǎn – “ein Auge öffnen und ein Auge schließen”) beziehungsweise weniger in den selbigen blicken. Denn wie heißt es doch so schön: aus den Augen, aus dem Sinn. Oder auf Chinesisch: 眼不见心不烦 yǎn bù jiàn, xīn bù fán – “was das Auge nicht sieht, sorgt das Herz nicht”. Behalten wir stattdessen lieber das Wesentliche im Auge. Schöne Augen kann man sich schließlich sowohl mit doppelter als auch mit einfacher Lidfalte machen, mit Epikanthus oder ohne.
Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.