Table.Briefing: China

Indigene in Taiwan + Post-89-Kunst

  • Indigene Minderheit pocht auf Anerkennung
  • Deutsch-französische Proteste gegen Haftstrafen
  • Weißblatt-Protestierende auf Kaution freigelassen
  • New York: Festnahme zu Schattenpolizei
  • Haftstrafe für Aktivist Wong
  • Hongkonger Bischof nach 30 Jahren wieder in Peking
  • Eiskalt abserviert: BMW unter Beschuss
  • Heads: Kunst-Kurator Andreas Schmid
Liebe Leserin, lieber Leser,

geht es um die Geschichte Taiwans, fällt der historische Blick meist auf das Jahr 1949 als Kuomintang-Chef Chiang Kai-shek mit seinen Truppen auf die Insel umsiedelte. Die vorherige, Jahrhunderte dauernde Besetzung Taiwans durch chinesische, diverse europäische und japanische Kräfte bekommt weniger Aufmerksamkeit – und damit auch die indigene Bevölkerung Taiwans, die verstärkt den Einfluss des jeweiligen Besatzers zu spüren bekam. Sie wurden teilweise in die Bergregionen verdrängt, gesellschaftlich marginalisiert und ihre Sprachen-Diversität ausgedünnt.

Das hat sich im vergangenen Jahrzehnt zum Glück massiv geändert. Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht. Unser Autor Fabian Peltsch hat mit der bekannten Sängerin Aljenljeng Tjaluvie und Klima-Aktivist Kaisanan Ahuan gesprochen. Für die pro-demokratische Regierung in Taipeh repräsentiert die indigene Minderheit etwas ganz Besonderes: eine taiwanische Identität, die nichts mit Festland-China zu tun hat. Doch Benachteiligung und Diskriminierung gibt es noch immer.

Ihre
Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

Klimaschützer und Popstars: So prägt die indigene Bevölkerung Taiwan heute

Die indigene Bevölkerung Taiwans ist besonders vom Klimawandel getroffen, sagt Aktivist Kaisanan Ahuan.

“Wilde” oder “Bergmenschen”, wie man sie früher abfällig titulierte, nennt die Indigenen Taiwans heute niemand mehr. Im Gegenteil: Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar und angesehen wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht – zum Beispiel Aljenljeng Tjaluvie alias ABAO, eine der bekanntesten Pop-Sängerinnen des Landes. Die Texte ihrer von Hiphop und Soul beeinflussten Musik textet sie seit ein paar Jahren nicht mehr in Mandarin, sondern auf Paiwan, der Sprache ihrer Ahnen.

Die Pop-Sängerin ABAO gibt Taiwans Minderheiten eine moderne Stimme

“Als ich um das Jahr 2015 erstmals traditionelle Paiwan-Lieder aufnahm, wurde mir klar, dass wir ein Volk ohne schriftliche Aufzeichnungen sind”, sagt Tjaluvie im Interview mit Table.Media. “Gleichzeitig haben wir unser Leben immer in Liedern und Gesängen festgehalten.” Ihre Mutter und Großmutter hätten sie früh an die musikalische Tradition ihres Stammes herangeführt. Nun wolle sie ihrerseits junge Indigene für ihre Muttersprachen begeistern, von denen heute einige vom Aussterben bedroht sind.

Langer Weg zur Akzeptanz

Taiwans indigene Völker mussten viel erdulden. Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie erst von chinesischen, dann von holländischen und schließlich von japanischen Besatzern bekämpft und unterdrückt. Viele Stämme wurden vom Land ihrer Vorfahren in die Berge vertrieben. Während der japanischen Kolonialzeit und der Ära des Kriegsrechts von 1949 bis 1987 waren ihre Sprachen verboten. Wer dennoch dabei erwischt wurde, sie zu benutzen, wurde bestraft, geschlagen und öffentlich gedemütigt. Laut einem Bericht der Unesco starben in dieser Zeit mindestens sieben Sprachen der Ureinwohner für immer aus.

ABAO und ihre Band feiern die Traditionen der Paiwan-Kultur.

Seit Beginn der Demokratisierung in den 80er-Jahren fanden Bürgerrechtsgruppen der indigenen Bevölkerung in Taiwan erstmals Gehör. Es dauerte jedoch bis Mitte der Nullerjahre, dass Taiwans Regierung ihre Belange mit einem “Grundgesetz für die indigenen Völker” gezielt förderte. Und noch länger, bis sich ein taiwanisches Staatsoberhaupt bei den Ureinwohnern entschuldigte: “Seit 400 Jahren hat jedes Regime, das nach Taiwan gekommen ist, die Rechte der indigenen Völker durch bewaffnete Invasion und Landnahme brutal verletzt”, erklärte Präsidentin Tsai Ing-wen, die selbst indigene Wurzeln hat, im Jahr 2016.

“Dafür entschuldige ich mich bei den indigenen Völkern im Namen der Regierung.” Heute schmückt sich Taiwan mit der kulturellen Vielfalt der Indigenen. Der 1. August ist seit 2005 ihr offizieller Feiertag. Das alles hat aber nicht nur mit Menschenliebe zu tun. Mit der Vereinnahmung der Indigenen verweist Taiwans demokratische Regierung auch auf eine taiwanische Identität, die nichts mit dem chinesischen Festland zu tun hat.

Diskriminierung bleibt ein Problem

Mindestens seit 5.000 Jahren leben Ureinwohner auf der Insel. Aufgrund sprachlicher Ähnlichkeiten vermuten Ethnologen, dass sie auf austronesische Volksgruppen von den Pazifikinseln zurückgehen, die in mehreren Wellen eingewandert sind. Heute machen ihre Nachfahren rund zwei Prozent der 23,5 Millionen Taiwaner aus. Offiziell werden 16 Stämme von der Regierung anerkannt.

Der Großteil lebt in den ländlichen Küstenregionen um Hualian und Taitung im Osten der Insel. Auch Tjaluvies Familie stammt von hier. “Viele Menschen verstehen noch immer nicht, wie das alltägliche Leben einer ethnischen Minderheit aussieht”, resümiert sie. Seit ihre Eltern jung waren, habe sich gesellschaftlich jedoch viel getan. “Besonders junge Menschen nutzen heute Social Media, um indigene Kultur der Gegenwart zu zeigen, anstatt nur Stereotype zu reproduzieren.”

Kaisanan Ahuan bei einem Klimaschutzprotest in Zentral-Taiwan.

Einer diese jungen Menschen ist Kaisanan Ahuan. Der 30 Jahre alte Aktivist setzt sich für die Rechte indigener Völker, aber auch für Klimaschutzbelange ein. Ahuan gehört zur Minderheit der Taokas, ein Stamm mit zwischen 2.000 und 3.000 Angehörigen, der bislang nicht von der Regierung anerkannt wird und deshalb kaum staatliche Unterstützung erfährt.

Auch wenn Taiwans Gesellschaft heute offener ist, gibt es noch immer Diskriminierung und Benachteiligung, sagt Ahuan im Gespräch mit Table.Media. Die indigenen Minderheiten gehören weiterhin zu den ärmsten Bewohnern der Insel. Ihr Haushaltseinkommen liegt 40 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Fragen von Landnutzung, Jagdrechten, Altersversorgung und Selbstverwaltung bleiben Problemfelder und Streitthemen mit der Regierung.

“Die Mehrheit der Han-Bevölkerung hat ein bestimmtes Bild von uns. Dass wir zu viel trinken und faul sind”, erklärt er. Immer wieder käme es zu Konflikten. Manche Taiwaner halten die Indigenen für übervorteilt, etwa durch Aufnahmequoten an Hochschulen. “Als ich an der Uni in Taipeh studierte, machten die anderen Witze. Sie fragten: ‘Bist du auf einem Wildschwein her geritten?’ Ich fand das nicht lustig.”

Klimawandel betrifft Indigene als Erstes

Ein weiteres Problem, das besonders Indigene betrifft, sei der Klimawandel, sagt Ahuan. “Wenn sich die Natur ändert, merken wir das früher als die Menschen in der Stadt.” Im vergangenen Jahr hatten etwa heftige Regenfälle in Südtaiwan mehrere indigene Dörfer überschwemmt. Drei waren komplett von der Außenwelt abgeschnitten, 400 Menschen waren ohne Essen und Wasser. “Naturkatastrophen wie Fluten und Dürren passieren immer häufiger. Wir müssen auf solche Dinge in der Zukunft besser vorbereitet sein.”

2021 und 2022 hat er “Fridays for Future”-Proteste in Zentral-Taiwan und Taipeh mitorganisiert. Mit seiner “Central Taiwan Ping-pu Indigenous groups Youth Alliance” will er indigene Sprachen bewahren, die Taiwaner aber auch auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. “Wir glauben, dass wir als Indigene ein gutes Wissen über die Natur haben, deshalb wollen wir aufzeigen, wie wir Naturkatastrophen in Zukunft überleben können, etwa in dem wir vermitteln, welche Pflanzen in den Bergen essbar sind und welche von ihnen medizinische Wirkung haben.” Nach seinem Studium der Elektrotechnik ist Ahuan selbst von Taipeh zurück in sein Dorf Waraoral in der Nähe der Stadt Puli gezogen, um traditionelle Anbautechniken zu lernen. “Wir sollten diese Dinge in der Schule beigebracht bekommen”, findet er.

  • Klimaschutz
  • Taiwan

News

Deutsch-französische Proteste gegen Haftstrafen

Die Außenministerien der Bundesrepublik und Frankreichs haben am Donnerstag die langen Haftstrafen gegen zwei chineissche Bürgerrechtler verurteilt. In ihren Mitteilungen äußerten sie “ihre Bestürzung” und forderten die umgehende Freilassung von Xu Zhiyong und Ding Jiaxi.

In der Vorwoche waren die beiden Juristen wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu 14 und 12 Jahren Haft verurteilt worden. Ihr Prozess hatte im vergangenen Jahr unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Wo die Bürgerrechtler inhaftiert sind, ist nicht öffentlich bekannt.

Xu und Ding waren Mitglieder der Neuen Bürgerrechtsbewegung, die im Jahr 2012 die Offenlegung der Besitzverhältnisse von Top-Funktionären und deren Familien gefordert hatte. 2013 waren die zwei Aktivisten festgenommen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Nach ihrer Freilassung 2017 setzten sie ihre Arbeit fort und kämpften um die Durchsetzung von Bürgerrechten, die Chinas Verfassung garantiert, von der Partei aber missachtet werden.

Deutschland und Frankreich forderten zudem das Ende jeglicher Repressalien gegen Menschenrechtsverteidigerinnen in China. Die Behörden im Land hatten am Rande eines Besuchs von Mitgliedern des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) am Freitag mehrere prominente Menschenrechtsaktivisten auf dem Weg zur EU-Delegation in Peking unter Hausarrest gesetzt, darunter auch den Träger des Deutsch-Französischen Menschenrechtspreises Yu Wensheng und dessen Frau Xu Yan. grz

  • Menschenrechte

Weißblatt-Protestierende auf Kaution freigelassen

Vier Frauen, die nach den Weißblatt-Protesten im vergangenen November in Peking verhaftet wurden, sind am Donnerstag auf Kaution freigelassen worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf einen chinesischen Aktivisten, der anonym bleiben will.

Unter den Freigelassenen ist demnach auch die Redakteurin Cao Zhixin, die vor ihrer Verhaftung ein Video aufgenommen hatte, das anschließend auf Social-Media viral ging. Bei den anderen drei Frauen soll es sich um Li Yuanjing, Zhai Dengrui und Li Siqi handeln. Peking wirft ihnen vor, “Streit geschürt und Unruhe gestiftet zu haben”, ein vager Vorwurf, der laut Human Rights Watch häufig gegen Dissidenten erhoben wird.

Bei den Protesten, deren Symbol ein unbeschriebenes Blatt Papier war, gingen landesweit hunderte Menschen auf die Straßen. Auslöser war ein Hochhausbrand in Ürümqi in der autonomen Region Xinjiang. Mindestens zehn Menschen waren dort gestorben, weil sie wegen der strikten Coronamaßnahmen der Regierung das Gebäude nicht verlassen konnten. fpe

  • Gesellschaft
  • Menschenrechte
  • Weißblatt-Proteste

Festnahmen zu geheimer Polizeiwache in New York

Die Polizei in New York City hat zwei US-Staatsbürger festgenommen, die in der Metropole eine geheime Polizeiwache im Auftrag Chinas aufgebaut haben sollen. Es soll sich dabei um eine Art Zweigstelle des chinesischen Ministeriums für Öffentliche Sicherheit gehandelt haben. Die Verdächtigen Harry Lu Jianwang, 61, und Chen Jinping, 59, – seien am Montag in ihren Wohnungen festgenommen worden, teilten die US-Behörden mit. Es sei weltweit das erste Mal, dass Personen in einem solchen Fall festgesetzt wurden. Laut dem US-Justizministerium agierten die Männer auf Anweisung eines chinesischen Funktionärs, berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press.

Die geheime Polizeiwache in einem Bürogebäude in New Yorks Chinatown war schon im Herbst 2022 aufgrund von Ermittlungen des FBI geschlossen worden. Laut AP bot sie Chinesen zwar auch Dienstleistungen wie etwa die Erneuerung von Führerscheinen in der Heimat an, zu ihren “finstereren” Funktionen habe aber auch die Unterstützung der chinesischen Regierung bei der Suche nach einem Pro-Demokratie-Aktivisten chinesischer Abstammung gehört, der in Kalifornien lebe.

Solche geheimen Polizeistationen gibt es nach Angaben der spanischen Bürgerrechtsgruppe Safeguard Defenders zu Dutzenden, darunter neun in Spanien, vier in Italien, drei in Frankreich, zwei in den Niederlanden, drei in Großbritannien sowie drei in Kanada. China hat dagegen stets darauf bestanden, dass der New Yorker Standort ebenso wie die anderen Büros von Freiwilligen betrieben werden und nicht mit der chinesischen Polizei verbunden seien.

In einem separaten Fall kündigte das US-Justizministerium ebenfalls am Montag Anklagen gegen 40 Beamte des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit und vier weitere Personen an. Sie sollen von Peking aus eine Internet-Troll-Operation mit Fake-Social-Media-Konten gegen Dissidenten in den USA betrieben haben. Auch sollen sie einen Mitarbeiter eines ungenannten US-Telekommunikationsunternehmens angeheuert haben, damit er einen pro-demokratischen Aktivisten von der Plattform des Unternehmens entferne. ck

  • Geopolitik
  • Menschenrechte
  • Polizeistationen
  • Safeguard Defenders

Haftstrafe während U-Haft für Aktivist Wong

Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong ist wegen der Veröffentlichung persönlicher Daten eines Hongkonger Polizisten zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Im August 2020 hatte Wong über Sozialmedien Fotos des Mannes und seiner Familie geteilt und damit gegen eine behördliche Anordnung verstoßen.

Der Polizist hatte bei der Niederschlagung von Massenprotesten in der Stadt im Jahr 2019 einen Demonstranten niedergeschossen. Wong hat die Fotos kurze Zeit nach ihrer Veröffentlichung wieder gelöscht, übernahm vor Gericht die Verantwortung und ließ über seinen Anwalt eine Entschuldigung mitteilen.

Wong befindet sich zurzeit ohnehin in Untersuchungshaft. Er und 46 andere Oppositionelle stehen seit Februar vor Gericht, weil sie gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Bei einer Verurteilung droht ihm eine jahrelange Haftstrafe. 2017 war Wong für seine Rolle bei den Regenschirm-Protesten drei Jahre zuvor für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. grz

  • Nationales Sicherheitsgesetz

Hongkonger Bischof besucht Peking

Inmitten zunehmender Spannungen zwischen dem Vatikan und China ist eine Hongkonger Kirchen-Delegation am Montag nach Peking gereist. Bischof Stephen Chow folgte einer Einladung des Pekinger Bischofs Joseph Li Shan. Chow ist seit 30 Jahren der erste Hongkonger Bischof, der China besucht. Es handle sich um den Austausch zweier Diözesen auf Basis der diplomatischen Beziehungen zwischen China und dem Vatikan, hieß es seitens der Hongkonger Delegation.

Erst vor wenigen Wochen hatte China ohne Abstimmung mit der Katholischen Kirche den Bischof von Shanghai ausgetauscht und damit den Unmut Roms provoziert. Die Ernennung neuer Bischöfe in der Volksrepublik China soll eigentlich im Konsens geschehen. Das soll ein Abkommen aus dem Jahr 2018 besagen, das erst im vergangenen Oktober verlängert worden war, aber dessen Inhalt nie veröffentlicht worden ist. China hat damit zum ersten Mal seit den 1950er-Jahren den Papst als alleiniges Oberhaupt der Katholiken anerkannt.

Der Papst hat seinerseits im Jahr 2021 den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt, weil die religiösen Angelegenheiten der Stadt nicht unter das Abkommen mit der chinesischen Regierung fallen sollen. Katholiken in Hongkong befürchten, dass die chinesischen Behörden die Kontrolle über die Kirche in der Stadt allmählich verschärfen. Unter anderem durch den wachsenden Austausch zwischen chinesischen und der Hongkonger Diözese. rtr/grz

  • Hongkong

BMW: Vorwürfe der Diskriminierung

Im Zusammenhang mit der Automesse in Shanghai sieht sich BMW in China mit einem Shitstorm konfrontiert. Wie Reuters berichtet, empören sich chinesische Internetnutzer derzeit über einen Vorfall um den Stand der BWM-Marke Mini auf der Automesse in Shanghai. Dort habe das Unternehmen am Mittwoch gratis Eiscreme angeboten, dabei aber angeblich ausländische Gäste bevorzugt. In Chinas Sozial-Media-Kreisen ist nun von Diskriminierung die Rede.

Der Hashtag “BMW Mini” wurde mit über 93 Millionen Aufrufen kurzzeitig zu einem der meistgesuchten Schlagworte auf Chinas Twitter-Äquivalent Weibo. Nutzer teilten Bilder und Videos mit überwiegend negativen Kommentaren. In einem Clip ist zu sehen, wie zwei chinesische Stand-Mitarbeiterinnen einheimischen Besuchern mitteilen, dass das kostenlose Eis ausgegangen ist, nur um kurz darauf einem westlichen Besucher einen Becher anzubieten.

Mini entschuldigte sich wenig später. In einer Erklärung auf dem offiziellen Weibo-Account der Marke heißt es, dass der Vorfall durch schlechtes internes Management verursacht wurde und dass das Training der Mitarbeiter verbessert werde.

BMW ist seit 1994 auf dem chinesischen Markt und genießt hier als Luxus-Automarke noch immer großes Prestige. Wie die Online-Plattform What’s on Weibo berichtet, hat der bayerische Autokonzern aber immer wieder mit Negativschlagzeilen zu kämpfen, auch wenn das Unternehmen dabei meistens nicht direkt beteiligt ist. So kam es in China in den vergangenen Jahren zum Beispiel immer wieder zu Unfällen mit Fahrerflucht, in die BMW-Autos verwickelt waren. Viele Chinesen hätten deshalb die Vorstellung entwickelt, BMW-Fahrer seien Neureiche, die sich für unangreifbar halten, schreibt das Online-Portal, das sich vor allem mit chinesischen Internetphänomenen beschäftigt. Chinas Internetnutzer witzelten deshalb seit Jahren, die Markeninitialen stünden eigentlich für “Bié Mō Wǒ” (别摸我) – “Fass mich nicht an”. rtr/fpe

  • Autoindustrie

Heads

Andreas Schmid – Förderer chinesischer Gegenwartskunst

Andreas Schmid ist Künstler, Kurator, Experte für chinesische Gegenwartskunst und Dozent für chinesische Kalligrafie an der HfBK Dresden.
Andreas Schmid ist Künstler, Kurator, Experte für chinesische Gegenwartskunst und Dozent für chinesische Kalligrafie an der HfBK Dresden.

Als Andreas Schmid in der Nähe von Stuttgart aufwuchs, wurde am Tisch manchmal Chinesisch gesprochen. Seine Großeltern, die fast 30 Jahre als Missionare und Lehrer für blinde Kinder in Hongkong und Guangdong gearbeitet hatten, nutzten das Chinesische, um sich im Geheimen auszutauschen. “Das hat mich natürlich neugierig gemacht”, sagt Schmid. Genauso wie die Tatsache, dass sein Großvater viele Geschichten aus dieser Zeit mitbrachte.

Das Interesse an China verband sich mit seinem Interesse an den schönen Künsten. “Als Jugendlicher bin ich häufig allein mit dem Zug nach Stuttgart gefahren, um die Staatsgalerie zu besuchen.” Auch Musik spielte eine große Rolle im Familienleben. Schmid studierte schließlich an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und reiste später nach Peking, um Chinesisch zu lernen – das war die Voraussetzung, um letztlich 1984 an der Kunstakademie Zhejiang in Hangzhou angenommen zu werden.

Chinesische Post-89er-Kunst in Deutschland

“Ich bin zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt in der Entwicklungsgeschichte der Gegenwartskunst in die VR China gekommen”, sagt Schmid rückblickend. “Mich beeindruckten damals der Mut meiner Künstlerkolleginnen und -kollegen, ihre Haltung gegenüber Repressionen, das Durchhaltevermögen und die sehr eigene Qualität der experimentierenden Künstler, die oft viel riskierten.” Es folgten viele weitere Aufenthalte in China, die maßgeblich Schmids eigene Arbeiten beeinflussten, aber auch den Wunsch weckten, chinesische Kunst in Deutschland auszustellen.

Andreas Schmids eigene Kunst 2019 in Clearings, Halifax, Kanada.
Andreas Schmids eigene Kunst 2019 in Clearings, Halifax, Kanada.

“Ich wollte Kunst zeigen, die man bei uns und oft in ganz Europa gar nicht kannte und die überhaupt nicht diskutiert wurde, die aber hohe Qualität hatte.” Als Ko-Kurator der China-Avantgarde Ausstellung 1993 am Haus der Kulturen der Welt in Berlin war Schmid einer der ersten, die die post-89er Kunst aus China in Deutschland ausstellten. Ihm liegt viel daran, einen lebendigen Austausch zwischen der Volksrepublik und Deutschland zu erhalten, auch heute noch. Im vergangenen Jahr arbeitete er als Fellow gemeinsam mit dem documenta-Institut zum kulturellen Austausch beider Länder, 2019 kuratierte er eine Ausstellung zu Chinas alter Seidenstraße in Potsdam und lehrt seit 2005 chinesische Kalligrafie und Gegenwartskunst an der Kunsthochschule in Dresden.

Arbeiten mit der Linie und dem Raum

In seiner eigenen Kunst arbeitet Schmid oft mit der Linie im und mit dem Raum. Einerseits geht er auf die Verfasstheit der Räume selbst ein, andererseits schafft er durch minimale lineare Eingriffe neue Raumbeziehungen, die durch die Betrachter bei Positionswechseln immer wieder anders wahrgenommen werden. “Ich bin selbst jedes Mal neugierig, wie sich meine Arbeitsprozesse am Ende ausgestalten”, sagt Schmid. In diesem Jahr stellt er in der Raketenstation Hombroich, dem KV-Neuhausen, dem ZAK-Spandau und im Lichtkunstmuseum Unna aus. Svenja Napp

  • Kultur
  • Kunst

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Haftstrafe für Aktivist Wong
    • Hongkonger Bischof nach 30 Jahren wieder in Peking
    • Eiskalt abserviert: BMW unter Beschuss
    • Heads: Kunst-Kurator Andreas Schmid
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    geht es um die Geschichte Taiwans, fällt der historische Blick meist auf das Jahr 1949 als Kuomintang-Chef Chiang Kai-shek mit seinen Truppen auf die Insel umsiedelte. Die vorherige, Jahrhunderte dauernde Besetzung Taiwans durch chinesische, diverse europäische und japanische Kräfte bekommt weniger Aufmerksamkeit – und damit auch die indigene Bevölkerung Taiwans, die verstärkt den Einfluss des jeweiligen Besatzers zu spüren bekam. Sie wurden teilweise in die Bergregionen verdrängt, gesellschaftlich marginalisiert und ihre Sprachen-Diversität ausgedünnt.

    Das hat sich im vergangenen Jahrzehnt zum Glück massiv geändert. Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht. Unser Autor Fabian Peltsch hat mit der bekannten Sängerin Aljenljeng Tjaluvie und Klima-Aktivist Kaisanan Ahuan gesprochen. Für die pro-demokratische Regierung in Taipeh repräsentiert die indigene Minderheit etwas ganz Besonderes: eine taiwanische Identität, die nichts mit Festland-China zu tun hat. Doch Benachteiligung und Diskriminierung gibt es noch immer.

    Ihre
    Amelie Richter
    Bild von Amelie  Richter

    Analyse

    Klimaschützer und Popstars: So prägt die indigene Bevölkerung Taiwan heute

    Die indigene Bevölkerung Taiwans ist besonders vom Klimawandel getroffen, sagt Aktivist Kaisanan Ahuan.

    “Wilde” oder “Bergmenschen”, wie man sie früher abfällig titulierte, nennt die Indigenen Taiwans heute niemand mehr. Im Gegenteil: Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar und angesehen wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht – zum Beispiel Aljenljeng Tjaluvie alias ABAO, eine der bekanntesten Pop-Sängerinnen des Landes. Die Texte ihrer von Hiphop und Soul beeinflussten Musik textet sie seit ein paar Jahren nicht mehr in Mandarin, sondern auf Paiwan, der Sprache ihrer Ahnen.

    Die Pop-Sängerin ABAO gibt Taiwans Minderheiten eine moderne Stimme

    “Als ich um das Jahr 2015 erstmals traditionelle Paiwan-Lieder aufnahm, wurde mir klar, dass wir ein Volk ohne schriftliche Aufzeichnungen sind”, sagt Tjaluvie im Interview mit Table.Media. “Gleichzeitig haben wir unser Leben immer in Liedern und Gesängen festgehalten.” Ihre Mutter und Großmutter hätten sie früh an die musikalische Tradition ihres Stammes herangeführt. Nun wolle sie ihrerseits junge Indigene für ihre Muttersprachen begeistern, von denen heute einige vom Aussterben bedroht sind.

    Langer Weg zur Akzeptanz

    Taiwans indigene Völker mussten viel erdulden. Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie erst von chinesischen, dann von holländischen und schließlich von japanischen Besatzern bekämpft und unterdrückt. Viele Stämme wurden vom Land ihrer Vorfahren in die Berge vertrieben. Während der japanischen Kolonialzeit und der Ära des Kriegsrechts von 1949 bis 1987 waren ihre Sprachen verboten. Wer dennoch dabei erwischt wurde, sie zu benutzen, wurde bestraft, geschlagen und öffentlich gedemütigt. Laut einem Bericht der Unesco starben in dieser Zeit mindestens sieben Sprachen der Ureinwohner für immer aus.

    ABAO und ihre Band feiern die Traditionen der Paiwan-Kultur.

    Seit Beginn der Demokratisierung in den 80er-Jahren fanden Bürgerrechtsgruppen der indigenen Bevölkerung in Taiwan erstmals Gehör. Es dauerte jedoch bis Mitte der Nullerjahre, dass Taiwans Regierung ihre Belange mit einem “Grundgesetz für die indigenen Völker” gezielt förderte. Und noch länger, bis sich ein taiwanisches Staatsoberhaupt bei den Ureinwohnern entschuldigte: “Seit 400 Jahren hat jedes Regime, das nach Taiwan gekommen ist, die Rechte der indigenen Völker durch bewaffnete Invasion und Landnahme brutal verletzt”, erklärte Präsidentin Tsai Ing-wen, die selbst indigene Wurzeln hat, im Jahr 2016.

    “Dafür entschuldige ich mich bei den indigenen Völkern im Namen der Regierung.” Heute schmückt sich Taiwan mit der kulturellen Vielfalt der Indigenen. Der 1. August ist seit 2005 ihr offizieller Feiertag. Das alles hat aber nicht nur mit Menschenliebe zu tun. Mit der Vereinnahmung der Indigenen verweist Taiwans demokratische Regierung auch auf eine taiwanische Identität, die nichts mit dem chinesischen Festland zu tun hat.

    Diskriminierung bleibt ein Problem

    Mindestens seit 5.000 Jahren leben Ureinwohner auf der Insel. Aufgrund sprachlicher Ähnlichkeiten vermuten Ethnologen, dass sie auf austronesische Volksgruppen von den Pazifikinseln zurückgehen, die in mehreren Wellen eingewandert sind. Heute machen ihre Nachfahren rund zwei Prozent der 23,5 Millionen Taiwaner aus. Offiziell werden 16 Stämme von der Regierung anerkannt.

    Der Großteil lebt in den ländlichen Küstenregionen um Hualian und Taitung im Osten der Insel. Auch Tjaluvies Familie stammt von hier. “Viele Menschen verstehen noch immer nicht, wie das alltägliche Leben einer ethnischen Minderheit aussieht”, resümiert sie. Seit ihre Eltern jung waren, habe sich gesellschaftlich jedoch viel getan. “Besonders junge Menschen nutzen heute Social Media, um indigene Kultur der Gegenwart zu zeigen, anstatt nur Stereotype zu reproduzieren.”

    Kaisanan Ahuan bei einem Klimaschutzprotest in Zentral-Taiwan.

    Einer diese jungen Menschen ist Kaisanan Ahuan. Der 30 Jahre alte Aktivist setzt sich für die Rechte indigener Völker, aber auch für Klimaschutzbelange ein. Ahuan gehört zur Minderheit der Taokas, ein Stamm mit zwischen 2.000 und 3.000 Angehörigen, der bislang nicht von der Regierung anerkannt wird und deshalb kaum staatliche Unterstützung erfährt.

    Auch wenn Taiwans Gesellschaft heute offener ist, gibt es noch immer Diskriminierung und Benachteiligung, sagt Ahuan im Gespräch mit Table.Media. Die indigenen Minderheiten gehören weiterhin zu den ärmsten Bewohnern der Insel. Ihr Haushaltseinkommen liegt 40 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Fragen von Landnutzung, Jagdrechten, Altersversorgung und Selbstverwaltung bleiben Problemfelder und Streitthemen mit der Regierung.

    “Die Mehrheit der Han-Bevölkerung hat ein bestimmtes Bild von uns. Dass wir zu viel trinken und faul sind”, erklärt er. Immer wieder käme es zu Konflikten. Manche Taiwaner halten die Indigenen für übervorteilt, etwa durch Aufnahmequoten an Hochschulen. “Als ich an der Uni in Taipeh studierte, machten die anderen Witze. Sie fragten: ‘Bist du auf einem Wildschwein her geritten?’ Ich fand das nicht lustig.”

    Klimawandel betrifft Indigene als Erstes

    Ein weiteres Problem, das besonders Indigene betrifft, sei der Klimawandel, sagt Ahuan. “Wenn sich die Natur ändert, merken wir das früher als die Menschen in der Stadt.” Im vergangenen Jahr hatten etwa heftige Regenfälle in Südtaiwan mehrere indigene Dörfer überschwemmt. Drei waren komplett von der Außenwelt abgeschnitten, 400 Menschen waren ohne Essen und Wasser. “Naturkatastrophen wie Fluten und Dürren passieren immer häufiger. Wir müssen auf solche Dinge in der Zukunft besser vorbereitet sein.”

    2021 und 2022 hat er “Fridays for Future”-Proteste in Zentral-Taiwan und Taipeh mitorganisiert. Mit seiner “Central Taiwan Ping-pu Indigenous groups Youth Alliance” will er indigene Sprachen bewahren, die Taiwaner aber auch auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. “Wir glauben, dass wir als Indigene ein gutes Wissen über die Natur haben, deshalb wollen wir aufzeigen, wie wir Naturkatastrophen in Zukunft überleben können, etwa in dem wir vermitteln, welche Pflanzen in den Bergen essbar sind und welche von ihnen medizinische Wirkung haben.” Nach seinem Studium der Elektrotechnik ist Ahuan selbst von Taipeh zurück in sein Dorf Waraoral in der Nähe der Stadt Puli gezogen, um traditionelle Anbautechniken zu lernen. “Wir sollten diese Dinge in der Schule beigebracht bekommen”, findet er.

    • Klimaschutz
    • Taiwan

    News

    Deutsch-französische Proteste gegen Haftstrafen

    Die Außenministerien der Bundesrepublik und Frankreichs haben am Donnerstag die langen Haftstrafen gegen zwei chineissche Bürgerrechtler verurteilt. In ihren Mitteilungen äußerten sie “ihre Bestürzung” und forderten die umgehende Freilassung von Xu Zhiyong und Ding Jiaxi.

    In der Vorwoche waren die beiden Juristen wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu 14 und 12 Jahren Haft verurteilt worden. Ihr Prozess hatte im vergangenen Jahr unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Wo die Bürgerrechtler inhaftiert sind, ist nicht öffentlich bekannt.

    Xu und Ding waren Mitglieder der Neuen Bürgerrechtsbewegung, die im Jahr 2012 die Offenlegung der Besitzverhältnisse von Top-Funktionären und deren Familien gefordert hatte. 2013 waren die zwei Aktivisten festgenommen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Nach ihrer Freilassung 2017 setzten sie ihre Arbeit fort und kämpften um die Durchsetzung von Bürgerrechten, die Chinas Verfassung garantiert, von der Partei aber missachtet werden.

    Deutschland und Frankreich forderten zudem das Ende jeglicher Repressalien gegen Menschenrechtsverteidigerinnen in China. Die Behörden im Land hatten am Rande eines Besuchs von Mitgliedern des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) am Freitag mehrere prominente Menschenrechtsaktivisten auf dem Weg zur EU-Delegation in Peking unter Hausarrest gesetzt, darunter auch den Träger des Deutsch-Französischen Menschenrechtspreises Yu Wensheng und dessen Frau Xu Yan. grz

    • Menschenrechte

    Weißblatt-Protestierende auf Kaution freigelassen

    Vier Frauen, die nach den Weißblatt-Protesten im vergangenen November in Peking verhaftet wurden, sind am Donnerstag auf Kaution freigelassen worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf einen chinesischen Aktivisten, der anonym bleiben will.

    Unter den Freigelassenen ist demnach auch die Redakteurin Cao Zhixin, die vor ihrer Verhaftung ein Video aufgenommen hatte, das anschließend auf Social-Media viral ging. Bei den anderen drei Frauen soll es sich um Li Yuanjing, Zhai Dengrui und Li Siqi handeln. Peking wirft ihnen vor, “Streit geschürt und Unruhe gestiftet zu haben”, ein vager Vorwurf, der laut Human Rights Watch häufig gegen Dissidenten erhoben wird.

    Bei den Protesten, deren Symbol ein unbeschriebenes Blatt Papier war, gingen landesweit hunderte Menschen auf die Straßen. Auslöser war ein Hochhausbrand in Ürümqi in der autonomen Region Xinjiang. Mindestens zehn Menschen waren dort gestorben, weil sie wegen der strikten Coronamaßnahmen der Regierung das Gebäude nicht verlassen konnten. fpe

    • Gesellschaft
    • Menschenrechte
    • Weißblatt-Proteste

    Festnahmen zu geheimer Polizeiwache in New York

    Die Polizei in New York City hat zwei US-Staatsbürger festgenommen, die in der Metropole eine geheime Polizeiwache im Auftrag Chinas aufgebaut haben sollen. Es soll sich dabei um eine Art Zweigstelle des chinesischen Ministeriums für Öffentliche Sicherheit gehandelt haben. Die Verdächtigen Harry Lu Jianwang, 61, und Chen Jinping, 59, – seien am Montag in ihren Wohnungen festgenommen worden, teilten die US-Behörden mit. Es sei weltweit das erste Mal, dass Personen in einem solchen Fall festgesetzt wurden. Laut dem US-Justizministerium agierten die Männer auf Anweisung eines chinesischen Funktionärs, berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press.

    Die geheime Polizeiwache in einem Bürogebäude in New Yorks Chinatown war schon im Herbst 2022 aufgrund von Ermittlungen des FBI geschlossen worden. Laut AP bot sie Chinesen zwar auch Dienstleistungen wie etwa die Erneuerung von Führerscheinen in der Heimat an, zu ihren “finstereren” Funktionen habe aber auch die Unterstützung der chinesischen Regierung bei der Suche nach einem Pro-Demokratie-Aktivisten chinesischer Abstammung gehört, der in Kalifornien lebe.

    Solche geheimen Polizeistationen gibt es nach Angaben der spanischen Bürgerrechtsgruppe Safeguard Defenders zu Dutzenden, darunter neun in Spanien, vier in Italien, drei in Frankreich, zwei in den Niederlanden, drei in Großbritannien sowie drei in Kanada. China hat dagegen stets darauf bestanden, dass der New Yorker Standort ebenso wie die anderen Büros von Freiwilligen betrieben werden und nicht mit der chinesischen Polizei verbunden seien.

    In einem separaten Fall kündigte das US-Justizministerium ebenfalls am Montag Anklagen gegen 40 Beamte des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit und vier weitere Personen an. Sie sollen von Peking aus eine Internet-Troll-Operation mit Fake-Social-Media-Konten gegen Dissidenten in den USA betrieben haben. Auch sollen sie einen Mitarbeiter eines ungenannten US-Telekommunikationsunternehmens angeheuert haben, damit er einen pro-demokratischen Aktivisten von der Plattform des Unternehmens entferne. ck

    • Geopolitik
    • Menschenrechte
    • Polizeistationen
    • Safeguard Defenders

    Haftstrafe während U-Haft für Aktivist Wong

    Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong ist wegen der Veröffentlichung persönlicher Daten eines Hongkonger Polizisten zu drei Monaten Haft verurteilt worden. Im August 2020 hatte Wong über Sozialmedien Fotos des Mannes und seiner Familie geteilt und damit gegen eine behördliche Anordnung verstoßen.

    Der Polizist hatte bei der Niederschlagung von Massenprotesten in der Stadt im Jahr 2019 einen Demonstranten niedergeschossen. Wong hat die Fotos kurze Zeit nach ihrer Veröffentlichung wieder gelöscht, übernahm vor Gericht die Verantwortung und ließ über seinen Anwalt eine Entschuldigung mitteilen.

    Wong befindet sich zurzeit ohnehin in Untersuchungshaft. Er und 46 andere Oppositionelle stehen seit Februar vor Gericht, weil sie gegen das Nationale Sicherheitsgesetz verstoßen haben sollen. Bei einer Verurteilung droht ihm eine jahrelange Haftstrafe. 2017 war Wong für seine Rolle bei den Regenschirm-Protesten drei Jahre zuvor für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. grz

    • Nationales Sicherheitsgesetz

    Hongkonger Bischof besucht Peking

    Inmitten zunehmender Spannungen zwischen dem Vatikan und China ist eine Hongkonger Kirchen-Delegation am Montag nach Peking gereist. Bischof Stephen Chow folgte einer Einladung des Pekinger Bischofs Joseph Li Shan. Chow ist seit 30 Jahren der erste Hongkonger Bischof, der China besucht. Es handle sich um den Austausch zweier Diözesen auf Basis der diplomatischen Beziehungen zwischen China und dem Vatikan, hieß es seitens der Hongkonger Delegation.

    Erst vor wenigen Wochen hatte China ohne Abstimmung mit der Katholischen Kirche den Bischof von Shanghai ausgetauscht und damit den Unmut Roms provoziert. Die Ernennung neuer Bischöfe in der Volksrepublik China soll eigentlich im Konsens geschehen. Das soll ein Abkommen aus dem Jahr 2018 besagen, das erst im vergangenen Oktober verlängert worden war, aber dessen Inhalt nie veröffentlicht worden ist. China hat damit zum ersten Mal seit den 1950er-Jahren den Papst als alleiniges Oberhaupt der Katholiken anerkannt.

    Der Papst hat seinerseits im Jahr 2021 den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt, weil die religiösen Angelegenheiten der Stadt nicht unter das Abkommen mit der chinesischen Regierung fallen sollen. Katholiken in Hongkong befürchten, dass die chinesischen Behörden die Kontrolle über die Kirche in der Stadt allmählich verschärfen. Unter anderem durch den wachsenden Austausch zwischen chinesischen und der Hongkonger Diözese. rtr/grz

    • Hongkong

    BMW: Vorwürfe der Diskriminierung

    Im Zusammenhang mit der Automesse in Shanghai sieht sich BMW in China mit einem Shitstorm konfrontiert. Wie Reuters berichtet, empören sich chinesische Internetnutzer derzeit über einen Vorfall um den Stand der BWM-Marke Mini auf der Automesse in Shanghai. Dort habe das Unternehmen am Mittwoch gratis Eiscreme angeboten, dabei aber angeblich ausländische Gäste bevorzugt. In Chinas Sozial-Media-Kreisen ist nun von Diskriminierung die Rede.

    Der Hashtag “BMW Mini” wurde mit über 93 Millionen Aufrufen kurzzeitig zu einem der meistgesuchten Schlagworte auf Chinas Twitter-Äquivalent Weibo. Nutzer teilten Bilder und Videos mit überwiegend negativen Kommentaren. In einem Clip ist zu sehen, wie zwei chinesische Stand-Mitarbeiterinnen einheimischen Besuchern mitteilen, dass das kostenlose Eis ausgegangen ist, nur um kurz darauf einem westlichen Besucher einen Becher anzubieten.

    Mini entschuldigte sich wenig später. In einer Erklärung auf dem offiziellen Weibo-Account der Marke heißt es, dass der Vorfall durch schlechtes internes Management verursacht wurde und dass das Training der Mitarbeiter verbessert werde.

    BMW ist seit 1994 auf dem chinesischen Markt und genießt hier als Luxus-Automarke noch immer großes Prestige. Wie die Online-Plattform What’s on Weibo berichtet, hat der bayerische Autokonzern aber immer wieder mit Negativschlagzeilen zu kämpfen, auch wenn das Unternehmen dabei meistens nicht direkt beteiligt ist. So kam es in China in den vergangenen Jahren zum Beispiel immer wieder zu Unfällen mit Fahrerflucht, in die BMW-Autos verwickelt waren. Viele Chinesen hätten deshalb die Vorstellung entwickelt, BMW-Fahrer seien Neureiche, die sich für unangreifbar halten, schreibt das Online-Portal, das sich vor allem mit chinesischen Internetphänomenen beschäftigt. Chinas Internetnutzer witzelten deshalb seit Jahren, die Markeninitialen stünden eigentlich für “Bié Mō Wǒ” (别摸我) – “Fass mich nicht an”. rtr/fpe

    • Autoindustrie

    Heads

    Andreas Schmid – Förderer chinesischer Gegenwartskunst

    Andreas Schmid ist Künstler, Kurator, Experte für chinesische Gegenwartskunst und Dozent für chinesische Kalligrafie an der HfBK Dresden.
    Andreas Schmid ist Künstler, Kurator, Experte für chinesische Gegenwartskunst und Dozent für chinesische Kalligrafie an der HfBK Dresden.

    Als Andreas Schmid in der Nähe von Stuttgart aufwuchs, wurde am Tisch manchmal Chinesisch gesprochen. Seine Großeltern, die fast 30 Jahre als Missionare und Lehrer für blinde Kinder in Hongkong und Guangdong gearbeitet hatten, nutzten das Chinesische, um sich im Geheimen auszutauschen. “Das hat mich natürlich neugierig gemacht”, sagt Schmid. Genauso wie die Tatsache, dass sein Großvater viele Geschichten aus dieser Zeit mitbrachte.

    Das Interesse an China verband sich mit seinem Interesse an den schönen Künsten. “Als Jugendlicher bin ich häufig allein mit dem Zug nach Stuttgart gefahren, um die Staatsgalerie zu besuchen.” Auch Musik spielte eine große Rolle im Familienleben. Schmid studierte schließlich an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und reiste später nach Peking, um Chinesisch zu lernen – das war die Voraussetzung, um letztlich 1984 an der Kunstakademie Zhejiang in Hangzhou angenommen zu werden.

    Chinesische Post-89er-Kunst in Deutschland

    “Ich bin zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt in der Entwicklungsgeschichte der Gegenwartskunst in die VR China gekommen”, sagt Schmid rückblickend. “Mich beeindruckten damals der Mut meiner Künstlerkolleginnen und -kollegen, ihre Haltung gegenüber Repressionen, das Durchhaltevermögen und die sehr eigene Qualität der experimentierenden Künstler, die oft viel riskierten.” Es folgten viele weitere Aufenthalte in China, die maßgeblich Schmids eigene Arbeiten beeinflussten, aber auch den Wunsch weckten, chinesische Kunst in Deutschland auszustellen.

    Andreas Schmids eigene Kunst 2019 in Clearings, Halifax, Kanada.
    Andreas Schmids eigene Kunst 2019 in Clearings, Halifax, Kanada.

    “Ich wollte Kunst zeigen, die man bei uns und oft in ganz Europa gar nicht kannte und die überhaupt nicht diskutiert wurde, die aber hohe Qualität hatte.” Als Ko-Kurator der China-Avantgarde Ausstellung 1993 am Haus der Kulturen der Welt in Berlin war Schmid einer der ersten, die die post-89er Kunst aus China in Deutschland ausstellten. Ihm liegt viel daran, einen lebendigen Austausch zwischen der Volksrepublik und Deutschland zu erhalten, auch heute noch. Im vergangenen Jahr arbeitete er als Fellow gemeinsam mit dem documenta-Institut zum kulturellen Austausch beider Länder, 2019 kuratierte er eine Ausstellung zu Chinas alter Seidenstraße in Potsdam und lehrt seit 2005 chinesische Kalligrafie und Gegenwartskunst an der Kunsthochschule in Dresden.

    Arbeiten mit der Linie und dem Raum

    In seiner eigenen Kunst arbeitet Schmid oft mit der Linie im und mit dem Raum. Einerseits geht er auf die Verfasstheit der Räume selbst ein, andererseits schafft er durch minimale lineare Eingriffe neue Raumbeziehungen, die durch die Betrachter bei Positionswechseln immer wieder anders wahrgenommen werden. “Ich bin selbst jedes Mal neugierig, wie sich meine Arbeitsprozesse am Ende ausgestalten”, sagt Schmid. In diesem Jahr stellt er in der Raketenstation Hombroich, dem KV-Neuhausen, dem ZAK-Spandau und im Lichtkunstmuseum Unna aus. Svenja Napp

    • Kultur
    • Kunst

    China.Table Redaktion

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