Table.Briefing: China

Indigene in Taiwan + China-Strategie der CDU

Liebe Leserin, lieber Leser,

geht es um die Geschichte Taiwans, fällt der historische Blick meist auf das Jahr 1949 als Kuomintang-Chef Chiang Kai-shek mit seinen Truppen auf die Insel umsiedelte. Die vorherige, Jahrhunderte dauernde Besetzung Taiwans durch chinesische, diverse europäische und japanische Kräfte bekommt weniger Aufmerksamkeit – und damit auch die indigene Bevölkerung Taiwans, die verstärkt den Einfluss des jeweiligen Besatzers zu spüren bekam. Sie wurden teilweise in die Bergregionen verdrängt, gesellschaftlich marginalisiert und ihre Sprachen-Diversität ausgedünnt.

Das hat sich im vergangenen Jahrzehnt zum Glück massiv geändert. Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht. Unser Autor Fabian Peltsch hat mit der bekannten Sängerin Aljenljeng Tjaluvie und Klima-Aktivist Kaisanan Ahuan gesprochen. Für die pro-demokratische Regierung in Taipeh repräsentiert die indigene Minderheit etwas ganz Besonderes: eine taiwanische Identität, die nichts mit Festland-China zu tun hat. Doch Benachteiligung und Diskriminierung gibt es noch immer.

Mehr China-Kompetenz in Deutschland – die Forderung ist nicht neu. Die Union hat in ihrem Strategiepapier zu China nun mehrere konkrete Vorschläge gemacht, wie Beamte in der Bundesrepublik mehr über die Volksrepublik und ihre politischen Absichten lernen sollen. Finn Mayer-Kuckuk hat sich das Papier näher angesehen.

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Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

Klimaschützer und Popstars: So prägt die indigene Bevölkerung Taiwan heute

Die indigene Bevölkerung Taiwans ist besonders vom Klimawandel getroffen, sagt Aktivist Kaisanan Ahuan.

“Wilde” oder “Bergmenschen”, wie man sie früher abfällig titulierte, nennt die Indigenen Taiwans heute niemand mehr. Im Gegenteil: Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar und angesehen wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht – zum Beispiel Aljenljeng Tjaluvie alias ABAO, eine der bekanntesten Pop-Sängerinnen des Landes. Die Texte ihrer von Hiphop und Soul beeinflussten Musik textet sie seit ein paar Jahren nicht mehr in Mandarin, sondern auf Paiwan, der Sprache ihrer Ahnen.

Die Pop-Sängerin ABAO gibt Taiwans Minderheiten eine moderne Stimme

“Als ich um das Jahr 2015 erstmals traditionelle Paiwan-Lieder aufnahm, wurde mir klar, dass wir ein Volk ohne schriftliche Aufzeichnungen sind”, sagt Tjaluvie im Interview mit Table.Media. “Gleichzeitig haben wir unser Leben immer in Liedern und Gesängen festgehalten.” Ihre Mutter und Großmutter hätten sie früh an die musikalische Tradition ihres Stammes herangeführt. Nun wolle sie ihrerseits junge Indigene für ihre Muttersprachen begeistern, von denen heute einige vom Aussterben bedroht sind.

Langer Weg zur Akzeptanz

Taiwans indigene Völker mussten viel erdulden. Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie erst von chinesischen, dann von holländischen und schließlich von japanischen Besatzern bekämpft und unterdrückt. Viele Stämme wurden vom Land ihrer Vorfahren in die Berge vertrieben. Während der japanischen Kolonialzeit und der Ära des Kriegsrechts von 1949 bis 1987 waren ihre Sprachen verboten. Wer dennoch dabei erwischt wurde, sie zu benutzen, wurde bestraft, geschlagen und öffentlich gedemütigt. Laut einem Bericht der Unesco starben in dieser Zeit mindestens sieben Sprachen der Ureinwohner für immer aus.

ABAO und ihre Band feiern die Traditionen der Paiwan-Kultur.

Seit Beginn der Demokratisierung in den 80er-Jahren fanden Bürgerrechtsgruppen der indigenen Bevölkerung in Taiwan erstmals Gehör. Es dauerte jedoch bis Mitte der Nullerjahre, dass Taiwans Regierung ihre Belange mit einem “Grundgesetz für die indigenen Völker” gezielt förderte. Und noch länger, bis sich ein taiwanisches Staatsoberhaupt bei den Ureinwohnern entschuldigte: “Seit 400 Jahren hat jedes Regime, das nach Taiwan gekommen ist, die Rechte der indigenen Völker durch bewaffnete Invasion und Landnahme brutal verletzt”, erklärte Präsidentin Tsai Ing-wen, die selbst indigene Wurzeln hat, im Jahr 2016.

“Dafür entschuldige ich mich bei den indigenen Völkern im Namen der Regierung.” Heute schmückt sich Taiwan mit der kulturellen Vielfalt der Indigenen. Der 1. August ist seit 2005 ihr offizieller Feiertag. Das alles hat aber nicht nur mit Menschenliebe zu tun. Mit der Vereinnahmung der Indigenen verweist Taiwans demokratische Regierung auch auf eine taiwanische Identität, die nichts mit dem chinesischen Festland zu tun hat.

Diskriminierung bleibt ein Problem

Mindestens seit 5.000 Jahren leben Ureinwohner auf der Insel. Aufgrund sprachlicher Ähnlichkeiten vermuten Ethnologen, dass sie auf austronesische Volksgruppen von den Pazifikinseln zurückgehen, die in mehreren Wellen eingewandert sind. Heute machen ihre Nachfahren rund zwei Prozent der 23,5 Millionen Taiwaner aus. Offiziell werden 16 Stämme von der Regierung anerkannt.

Der Großteil lebt in den ländlichen Küstenregionen um Hualian und Taitung im Osten der Insel. Auch Tjaluvies Familie stammt von hier. “Viele Menschen verstehen noch immer nicht, wie das alltägliche Leben einer ethnischen Minderheit aussieht”, resümiert sie. Seit ihre Eltern jung waren, habe sich gesellschaftlich jedoch viel getan. “Besonders junge Menschen nutzen heute Social Media, um indigene Kultur der Gegenwart zu zeigen, anstatt nur Stereotype zu reproduzieren.”

Kaisanan Ahuan bei einem Klimaschutzprotest in Zentral-Taiwan.

Einer diese jungen Menschen ist Kaisanan Ahuan. Der 30 Jahre alte Aktivist setzt sich für die Rechte indigener Völker, aber auch für Klimaschutzbelange ein. Ahuan gehört zur Minderheit der Taokas, ein Stamm mit zwischen 2.000 und 3.000 Angehörigen, der bislang nicht von der Regierung anerkannt wird und deshalb kaum staatliche Unterstützung erfährt.

Auch wenn Taiwans Gesellschaft heute offener ist, gibt es noch immer Diskriminierung und Benachteiligung, sagt Ahuan im Gespräch mit Table.Media. Die indigenen Minderheiten gehören weiterhin zu den ärmsten Bewohnern der Insel. Ihr Haushaltseinkommen liegt 40 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Fragen von Landnutzung, Jagdrechten, Altersversorgung und Selbstverwaltung bleiben Problemfelder und Streitthemen mit der Regierung.

“Die Mehrheit der Han-Bevölkerung hat ein bestimmtes Bild von uns. Dass wir zu viel trinken und faul sind”, erklärt er. Immer wieder käme es zu Konflikten. Manche Taiwaner halten die Indigenen für übervorteilt, etwa durch Aufnahmequoten an Hochschulen. “Als ich an der Uni in Taipeh studierte, machten die anderen Witze. Sie fragten: ‘Bist du auf einem Wildschwein her geritten?’ Ich fand das nicht lustig.”

Klimawandel betrifft Indigene als Erstes

Ein weiteres Problem, das besonders Indigene betrifft, sei der Klimawandel, sagt Ahuan. “Wenn sich die Natur ändert, merken wir das früher als die Menschen in der Stadt.” Im vergangenen Jahr hatten etwa heftige Regenfälle in Südtaiwan mehrere indigene Dörfer überschwemmt. Drei waren komplett von der Außenwelt abgeschnitten, 400 Menschen waren ohne Essen und Wasser. “Naturkatastrophen wie Fluten und Dürren passieren immer häufiger. Wir müssen auf solche Dinge in der Zukunft besser vorbereitet sein.”

2021 und 2022 hat er “Fridays for Future”-Proteste in Zentral-Taiwan und Taipeh mitorganisiert. Mit seiner “Central Taiwan Ping-pu Indigenous groups Youth Alliance” will er indigene Sprachen bewahren, die Taiwaner aber auch auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. “Wir glauben, dass wir als Indigene ein gutes Wissen über die Natur haben, deshalb wollen wir aufzeigen, wie wir Naturkatastrophen in Zukunft überleben können, etwa in dem wir vermitteln, welche Pflanzen in den Bergen essbar sind und welche von ihnen medizinische Wirkung haben.” Nach seinem Studium der Elektrotechnik ist Ahuan selbst von Taipeh zurück in sein Dorf Waraoral in der Nähe der Stadt Puli gezogen, um traditionelle Anbautechniken zu lernen. “Wir sollten diese Dinge in der Schule beigebracht bekommen”, findet er.

  • Klimaschutz
  • Taiwan

Union will China-Kompetenz des Bundes ausbauen

Porträtfoto von Friedrich Merz mit blauem Anzug und Brille vor einer blauen Plakatwand der CDU/ CSU
Will mehr China-Wissen beim Bund ansiedeln: Fraktionschef und Parteivorsitzender Friedrich Merz.

Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag fordert eine breit angelegte Stärkung der China-Kompetenz in Deutschland. In einem neuen Strategiepapier der Oppositionspartei findet sich dazu ein längerer Abschnitt. Eine sinnvolle Partnerschaft mit China sei nur möglich, wenn die deutsche Seite die Risiken erkennen und bewerten könne.

Dazu stellt die Union folgende Forderungen auf:

  • Die Bundesregierung müsse ein “Kompetenzzentrum China” gründen, das dem Bundeskanzleramt zugeordnet sein soll. Damit einher geht eine neue Position: Es soll einen “China-Beauftragten der Bundesregierung” geben.
  • Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im höheren Dienst oberster Bundesbehörden sollen in ihren ersten zwei Berufsjahren verpflichtend einen “China-Exposure-Kurs” durchlaufen.
  • Deutschland müsse eine unabhängige, angewandte und praxisnahe China-Forschung aufbauen. Zudem sei die strategische Planung mit Blick auf China von herausragender Bedeutung.
  • Die CDU/CSU tritt daher für einen “Expertenkreis Strategic Foresight on China” ein, der Bundesregierung und Parlament regelmäßig über die Entwicklungen in China berät.
  • Die Sicherheitsbehörden sollen die Aktivitäten der chinesischen Diaspora in Deutschland besser überwachen.
  • Es ist eine Staatssekretärsrunde zur China-Politik zu berufen, die regelmäßig tagt und für eine einheitliche China-Politik sorgen soll.

China-Kenntnisse weltweit gefragt

Im Koalitionsvertrag ist bereits der Ausbau der China-Kompetenz in Deutschland durch die Ampel-Koalition festgelegt. Die Forderungen der Unionsparteien gehen nun jedoch weit über das hinaus, was bisher an Ansätzen in dieser Richtung zu sehen ist.

Die CDU liegt damit allerdings durchaus im internationalen Trend. Die britische Regierung hat gerade ihren Etat für China-Kompetenz innerhalb des eigenen Apparats verdoppelt. Sie will viel mehr Experten mit Mandarin-Kenntnissen einstellen und diese vernetzen. Dies erfolgt in einem eigens aufgesetzten “China Capabilities Program“. In London erhalten außerdem vorhandene 170 Staatsbeamte demnächst Chinesischunterricht. Von diesen sollen 20 an Vertiefungskursen in Taiwan teilnehmen.

Auch in den USA ist die Notwendigkeit tiefergehender Chinakenntnisse erkannt. Ein Parlamentsgremium, die US-China Economic and Security Review Commission, fordert den Aufbau von deutlich mehr China-Expertise in der Regierung. Nur so ließen sich Risiken angemessen bewerten, lautet auch hier das Argument.

Beratung für Kommunen aus Berlin

Das China-Kompetenzzentrum des Kanzleramts könnte nach den Vorstellungen der Union auch Länder, Städte und Gemeinden beraten. Es könnte helfen, Risiken bei chinesischen Investitionen in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen zu bewerten.

Wie wichtig so eine Institution wäre, zeigt eine Debatte um die geplante Städtepartnerschaft zwischen Kiel und Qingdao. Seit einem Ratsbeschluss in Kiel, gegenseitig die Fühler auszustrecken, melden sich mahnende Stimmen. Die Uni Kiel weist darauf hin, dass Qingdao auch Standort der chinesischen U-Bootflotte ist und chinesische Spione die Bundesmarine in Kiel ausspähen könnten. Solche Aspekte sind manchem braven Stadtrat nicht sofort geläufig, der nur an Zusammenarbeit im Segelsport und der Kultur denkt.

  • CDU/CSU
  • China-Kompetenz
  • China-Strategie

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News

29 Tote bei Brand in Pekinger Krankenhaus

Bei einem Brand in einem Pekinger Krankenhaus sind mindestens 29 Menschen ums Leben gekommen. Dutzende weitere wurden verletzt. Es war das schlimmste Feuer in der Hauptstadt seit Jahrzehnten. Der Brand war bereits am Dienstag im Changfeng Hospital im südwestlichen Stadtbezirk Fengtai ausgebrochen. Unter den Todesopfern waren neben Patienten auch eine Krankenschwester und ein medizinischer Assistent. Insgesamt wurden 39 Menschen verletzt. Dramatische Videos von Patienten, die sich an zusammengeknoteten Bettlaken aus den Fenstern hangeln, verbreiteten sich rasch auf Chinas Social-Media-Plattformen.

Zur Brandursache erklärte der Vizechef der städtischen Feuerwehr, dass sich während Renovierungsarbeiten brennbare Stoffe entzündet haben könnten. Wie chinesische Staatsmedien mitteilen, wurden bereits zwölf mutmaßliche Verantwortliche festgenommen, darunter die Direktorin des Krankenhauses und zwei Mitarbeiter der beteiligten Baufirma. Die chinesischen Behörden haben angeordnet, die Sicherheit in allen Krankenhäusern der Hauptstadt umgehend zu überprüfen. rtr/fpe

  • Gesundheitssystem
  • Peking

US-Leaks: China testet superschnelle Drohnen

China verfügt laut einem Bericht der Washington Post über Spionagedrohnen, die dreimal schneller fliegen können als der Schall und in einem Kriegsszenario mit Taiwan zum Einsatz kommen könnten. Die Zeitung beruft sich auf ein Geheimdokument der US-amerikanischen National Geospatial Intelligence Agency, die dem US-Verteidigungsministerium untersteht. Demnach enthält das Dokument Satellitenbilder vom 9. August, die zwei Aufklärungsdrohnen mit Raketenantrieb vom Typ WZ-8 auf einer Luftwaffenbasis in Ostchina zeigen. Nach Angaben der Washington Post nimmt das US-Militär an, dass es sich bei den Bildern “mit ziemlicher Sicherheit” um Aufnahmen der ersten unbemannten Flugzeugeinheit des chinesischen Militärs handelt.

Die Installation unterstehe genau dem Militärzweig, der für die Durchsetzung der chinesischen Souveränitätsansprüche über Taiwan verantwortlich sei, berichtet die Zeitung. Das dem Bericht zugrunde liegende Dokument ist Teil der sogenannten Discord-Leaks – US-Geheimdokumenten, die im März in den sozialen Medien aufgetaucht waren. Die Leaks nehmen auch an anderer Stelle Bezug auf den Zustand des chinesischen und taiwanischen Militärs. So berichtete die Washington Post vergangene Woche in diesem Zusammenhang über die mangelhafte Luftabwehr Taiwans. rtr

  • Militär
  • Taiwan
  • Technologie

Klima-Finanzierung: China zahlt weniger als versprochen

China bleibt bei der Klimafinanzierung im Globalen Süden hinter den eigenen Ankündigungen zurück. Eine neue Analyse der Denkfabrik E3G zeigt:

  • China hat bisher lediglich zehn Prozent der Zahlungen geleistet, die es 2015 für den China South-South Climate Cooperation Fund angekündigt hatte. Der Fonds soll Klimaprojekte im Globalen Süden eigentlich mit umgerechnet 3,1 Milliarden US-Dollar finanzieren. Bis Ende 2022 zahlte er allerdings nur umgerechnet 286 Millionen US-Dollar aus.
  • Klimaprojekte im Globalen Süden machen zudem nur zwei Prozent der jährlichen Entwicklungsfinanzierung Chinas aus. Zwischen 2000 und 2017 flossen demnach 14 Milliarden US-Dollar in die Klimafinanzierung. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum zahlte China insgesamt 700 Milliarden für die internationale Entwicklungsfinanzierung, darunter in Projekte der Neuen Seidenstraße.

Circa zwei Drittel der internationalen Klimafinanzierung Chinas fließt der E3G-Analyse zufolge in Projekte zur Emissionsminderung (Mitigation), beispielsweise in den Bau von Solar- und Windkraftanlagen oder in klimafreundlichen Transport.

Fokus auf Afrika und Asien

Regional zeigt China bei der Klimafinanzierung einen starken Fokus auf Afrika und Asien.

  • 46 Prozent der Mittel flossen in afrikanische Staaten
  • 38 Prozent der Mittel gingen in asiatische Länder
  • Lateinamerika (1,6 Prozent) und kleine Inselstaaten (1,1 Prozent) erhielten am wenigsten Mittel.

Mit 73 Prozent stammte der Großteil der Mittel von chinesischen Entwicklungsbanken wie der China Development Bank und der Export-Import Bank of China. Dabei dominierten Darlehen und Exportkredite. Der Rest verteilt sich auf kommerzielle Banken oder Ministerien sowie nicht genauer benannte Quellen.

China lehnt es bislang ab, sich an geplanten internationalen Vorhaben zur Klimafinanzierung wie einem Loss-and-Damage-Fonds zu beteiligen. Da die Volksrepublik im Kontext der UN-Klimarahmenkonvention offiziell noch als “Entwicklungsland” (Annex II-Country) gilt, hat sie weniger Verpflichtungen zur Klimafinanzierung als westliche Staaten. Doch das muss nicht so bleiben.

“In dem Maße, wie Chinas Reichtum und seine Emissionen zunehmen, wird es für China immer schwieriger werden, in der gleichen Klasse wie andere Entwicklungsländer zu bleiben und sich von der Verantwortung für das Klima abzuschirmen“, sagt Byford Tsang, Senior Policy Advisor bei E3G. nib

Regierungs-Sprecher: Talent ist wichtiger als Bevölkerungsgröße

China wird in diesen Tagen den Titel des bevölkerungsreichsten Landes der Welt an Indien verlieren. Doch um Größe allein gehe es nicht, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Mittwoch. “Die demografische Dividende eines Landes hängt nicht nur von der Gesamtzahl, sondern auch von der Qualität ab”, betonte er auf einer Pressekonferenz in Peking. Ebenso wichtig wie die Bevölkerungszahl sei, wie talentiert die Menschen seien. Er hob speziell auch die Bedeutung von Ausbildung hervor.

Es gebe in China 900 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter, die im Schnitt 10,5 Jahre Ausbildung absolviert hätten, sagte Wang. Neue Arbeitskräfte hätten sogar 14 Jahre Ausbildung, hob der Sprecher hervor. Als Antwort auf die Überalterung der chinesischen Gesellschaft habe China “aktive Maßnahmen” ergriffen, sagte Wang Wenbin. “Unsere Bevölkerungsdividende ist nicht verschwunden. Unsere Talentdividende bildet sich und gibt der Entwicklung starken Anschwung.”

Erstmals seit mehr als sechs Jahrzehnten war Chinas Bevölkerung im vergangenen Jahr geschrumpft. Die Volksrepublik hatte laut Statistikamt Ende 2022 nur noch 1,411 Milliarden Einwohner und damit rund 850 000 weniger als ein Jahr zuvor. ari

  • Gesellschaft

Sachsen plant Wissenschafts-Büro in Taiwan

Sachsen will den wissenschaftlichen Austausch mit Taiwan deutlich intensivieren. Das meldet der Freistaat am Dienstag auf seiner offiziellen Webseite. Die Pläne seien das erste Ergebnis eines dreitägigen Besuchs von Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) in Taipeh. Dort traf er unter anderem mit Taiwans Wissenschaftsminister Tsung-Tsong Wu zusammen.

Geplant sind demnach engere Kooperationen mit den National Applied Research Laboratories, einem Zusammenschluss von Hochtechnologie-Zentren für angewandte Forschung. Mit dem Geschäftsführer der National Applied Research Laboratories, Yu-Hsueh Hsu, unterzeichnete Gemkow eine Vereinbarung, um den wissenschaftlichen Austausch zwischen Hochschulen und Forschungsinstituten in den Hochtechnologieregionen weiter zu intensivieren. Sachsen will dazu auch ein Büro in Taipeh einrichten, das gemeinsame Aktivitäten in diesem Bereich koordinieren soll.

Sebastian Gemkow besucht Taiwan bis einschließlich 20. April. Begleitet wird der Minister unter anderem von der Rektorin der TU Dresden, Ursula M. Staudinger, sowie Repräsentanten des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme. fpe

  • Taiwan
  • Wissenschaft

Presseschau

Indien will globale Supermacht werden – und hat China bei der Bevölkerung schon überholt FR
Baerbock über China-Reise: Es war “mehr als schockierend” T-ONLINE
Macrons China-Kurs: Frankreichs Distanz zu den USA gefährdet Europas Einigkeit TAGESSPIEGEL
Warum will China nicht, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert? RND
The China Factor in Vietnam’s Multidirectional Foreign Policy THEDIPLOMAT
Die EU sieht in China mittlerweile mehr den Rivalen als den Partner: SUEDDEUTSCHE
Lehren für Europa: “China sieht sich einer feindlichen Welt gegenüber” N-TV
Britischer Außenminister: Sollten uns nicht von China abkapseln EURACTIV
Tote bei Krankenhausbrand: Festnahmen nach Feuer in Pekinger Klinik TAGESSCHAU
“Superschnelle” Spionage: China könnte bald Überschall-Drohnen einsetzen MERKUR
Hamburger Hafen: Chinesische Beteiligung wird unwahrscheinlicher SUEDDEUTSCHE
China: Mehr als Hälfte des Wachstums durch Schulden getrieben FINANZMARKTWELT
Peking will Abhängigkeit von Sojaimporten senken AGRARZEITUNG
Wettkampf um Mikrochips: Warum das US-Embargo gegen China deutschen Unternehmen schadet BERLINER-ZEITUNG
Auf der “Auto Shanghai” sind Deutschlands Autobauer stark vertreten – und schwach aufgestellt STERN
Probleme deutscher Hersteller: Autobauer suchen Inspiration in China TAGESSCHAU
Autohersteller Mercedes reagiert auf Insider-Aussagen über ein Scheitern in China INFRANKEN
Elektroautos aus China: Nio rechnet mit Gegenwehr in Europa MOBIFLIP
Zeekr startet mit zwei Modellen: Neue China-Automarke kommt T-ONLINE
China macht, was Tesla nicht schafft: Elektro-Cabrio MG Cyberster vorgestellt EFAHRER
Chinese actress Jiang Mengjie praised for revealing upskirting blackmail BBC
China seeking Dutch space technology -military intelligence agency REUTERS
TU Dresden und Fraunhofer-Institut vereinbaren wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Taiwan RTI

Standpunkt

Empfehlungen aus der SZ

EU sieht in Peking eher den Rivalen als den Partner: Europa wird sich nicht von China abkoppeln. Aber die EU will weniger abhängig werden von der kommunistischen Diktatur, die sich selbst auf dem Weg zur Weltmacht Nummer eins sieht. Mehr.

Chinas Angriff auf VW, BMW und Mercedes: Auf der Automesse in Shanghai treten die chinesischen Hersteller äußerst selbstbewusst auf. Sie wollen jetzt auch in Deutschland Käufer gewinnen. Aber die Konkurrenz ist hart. Mehr.

Abschied von der Illusion des hohen Wachstums

Von Zhang Jun
Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Fudan-Universität.

Nachdem das chinesische BIP im Jahr 2022 nur um drei Prozent gewachsen war, hätte man erwartet, dass die Regierung für dieses Jahr ein Wachstumsziel von mindestens sechs Prozent festlegt. Tatsächlich liegt praktisch keine Marktprognose vor, die von einer niedrigeren Wachstumsrate ausgeht. Doch auf dem Nationalen Volkskongress im März gab der scheidende Premierminister Li Keqiang in seinem letzten Bericht über die Arbeit der Regierung bekannt, die Regierung strebe ein Wachstum von etwa fünf Prozent an. Dabei handelt es sich um das niedrigste Wachstumsziel seiner Amtszeit.

Unter dem früheren, von 2003 bis 2013 amtierenden Premier Wen Jiabao hielt China an einem offiziellen Wachstumsziel von acht Prozent fest. In seinem letzten Arbeitsbericht der Regierung senkte Wen das Wachstumsziel jedoch zum ersten Mal um 0,5 Prozentpunkte. Der Grund lag auf der Hand: Wen wollte dazu beitragen, die damals überhitzte Wirtschaft abzukühlen. Überraschenderweise betrachtete Wens Nachfolger Li diese 7,5 Prozent während seiner zehnjährigen Amtszeit praktisch als Wachstumsobergrenze.

Tatsächlich hat Premier Li seit 2014 das chinesische Wachstumsziel stets um einen halben Punkt niedriger angesetzt als das Vorjahresziel. Das geschah entweder durch eine grundsätzliche Anpassung oder durch die Festlegung einer geringeren Bandbreite. Da das BIP-Wachstum wiederholt hinter dem offiziellen Ziel zurückblieb, kann man nur vermuten, dass dies eine Reaktion auf die tatsächliche Wirtschaftsleistung war. Warum sollte die Regierung die Zielvorgaben erhöhen, wenn die bestehenden Ziele nicht erreicht werden?

Neuer politischer Ansatz verlangsamt das BIP-Wachstum

In den letzten drei Jahrzehnten sind die Wachstumsziele in gewissem Maße zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden. Von 1993 bis 2013 wurden diese Ziele der chinesischen Zentralregierung praktisch als Hinweis auf deren Hoffnungen verstanden. Deshalb lag die tatsächliche Wachstumsrate weit über den Zielen der Regierung. Ja, in dieser Zeit wirkten strukturelle Kräfte zum Vorteil Chinas. Die lokalen Regierungen sahen sich politischen Anreizen gegenüber, ihre Wachstumsstrategien – darunter Investitionen in Anlagevermögen und Industrieplanung – so umzusetzen, dass sie den Prioritäten und Erwartungen der Zentralregierung entsprachen.

Ebenso wie steigende Wachstumsziele lokale Regierungen dazu ermutigen, das Wachstum aggressiver voranzutreiben, können sinkende Wachstumsziele solche Bemühungen bremsen und zu niedrigeren Wachstumsraten führen, die wiederum die Regierung veranlassen, die Ziele weiter zu senken, wodurch eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird. Das alles macht es schwierig, Chinas potenzielle Wachstumsrate einzuschätzen, die eigentlich die Grundlage für die Wirtschaftspolitik sein sollte. Warum ist das passiert?

Die Verlangsamung des chinesischen BIP-Wachstums in den letzten zehn Jahren ist nicht auf verfehlte Politik, sondern auf einen neuen politischen Ansatz zurückzuführen. Von 1993 bis etwa 2013 war BIP-Wachstum das vorrangige Ziel der Zentralregierung und bestimmte den Politik-Ansatz im Bereich makroökonomischer Steuerung. Dieses Ziel – mit dessen Verwirklichung die lokalen Regierungen beauftragt wurden – führte zu einer beschleunigten öffentlichen Kapitalbildung, einer Verbesserung des Investitionsumfelds, zu Crowding-in von privatem Kapital sowie zur Schaffung von mehr Produktionskapazitäten.

China hat bei der Beschäftigung Erfolge erzielt

Allerdings stößt dieser Ansatz an seine Grenzen, die sich aus rasch steigenden Grenzkosten ergeben. Obwohl produktive Investitionen Wachstum und Entwicklung vorantreiben, führen übermäßige Investitionen zu sinkenden Erträgen und steigenden Schulden. Der Grundsatz, Wachstum zur obersten Priorität zu erheben, führte in China auch zu erheblichen Umweltschäden wie Luft- und Gewässerverschmutzung.

Die mit diesem Ansatz verbundenen unmittelbaren sozialen Kosten veranlassten die chinesische Regierung schließlich, eine neue, auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und makroökonomische Stabilität ausgerichtete Strategie zu verfolgen. Im Bereich Beschäftigung hat China bereits beachtliche Erfolge erzielt. In den letzten zehn Jahren wurden in städtischen Gebieten jährlich etwa zwölf Millionen Jobs geschaffen. Damit wurde das Ziel von elf Millionen – das deutlich verbindlicher war als das BIP-Ziel – bei weitem übertroffen. 

Diese Zuwächse verdankt China vor allem den rasanten Fortschritten in Hightech-Sektoren wie der Plattformökonomie und Elektrofahrzeugen. Neue digitale Technologien haben das rasche Wachstum des Dienstleistungssektors begünstigt und die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarktes im Allgemeinen gestärkt.

Kann die Wirtschaft ausreichend Arbeitsplätze schaffen, ist ein immer schnelleres BIP-Wachstum einfach nicht notwendig. Selbst als das BIP-Wachstum in den Jahren 2002 bis 2012 auf etwa die Hälfte des Jahresdurchschnitts (10,2 Prozent) gesunken ist, gab es in China keine nennenswerten sozialen Unruhen. Ebenso wenig kam es trotz des pandemiebedingten Abschwungs zu einer Finanzkrise oder einer wirtschaftlichen Kontraktion, die die bisherigen Fortschritte beim Lebensstandard zunichtegemacht hätten.

China wird auch in Zukunft von der veränderten Schwerpunktsetzung seiner Politik – nämlich weg von der Wachstumsorientierung hin zur Fokussierung auf Arbeitsplätze – profitieren. Dieser Ansatz ist der Umsetzung von Strukturreformen zuträglicher, derer es bedarf, um Überinvestitionen zu beschränken und den Schuldenabbau voranzutreiben. Außerdem dürfte diese Strategie auch die Einführung neuer Technologien vorantreiben und so einen positiven Kreislauf aus Arbeitsplatzschaffung und Produktivitätswachstum in Gang setzen. Fortschritte in diesen Bereichen – wie auch die Konvergenz der Produktivitätswachstumsraten in den verschiedenen Regionen – sind für die mittel- bis langfristige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung.

Rückläufiges globales Wachstum wird sich zunächst nicht umkehren

Ein ungünstiges außenwirtschaftliches Umfeld ist für China ein weiterer Grund, seinen Blick über das Wachstum hinaus zu richten. Die gesamte Weltwirtschaft hat mit rückläufigem Produktivitätswachstum und sinkender Nachfrage zu kämpfen – Trends, die sich in absehbarer Zeit nicht umkehren werden.

Aufgrund geopolitischer Spannungen, die mit einem beispiellosen Anstieg grenzübergreifender Beschränkungen verbunden sind, erleben wir gerade den Zusammenbruch jenes institutionellen Rahmens, der in den letzten 30 Jahren die Grundlage der weltweiten Kapitalverkehrs-Liberalisierung bildete. Allgemeiner gesprochen führen geopolitisch motivierte wirtschaftspolitische Maßnahmen – nicht zuletzt die von den Vereinigten Staaten verhängten Beschränkungen für den Handel mit China – zu erheblicher Unsicherheit in den globalen Lieferketten und auf Finanzmärkten.

In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften ist das Zeitalter des hohen Wachstums und der niedrigen Inflation vorbei und wird von der “säkularen Stagnation” abgelöst, vor der der ehemalige US-Finanzminister Lawrence H. Summers lange warnte. In diesem Zusammenhang ist es für Schwellenländer wie China richtig, sich von der Illusion zu verabschieden, das hohe Wachstum könne unbegrenzt aufrechterhalten werden. Das wahrscheinlichere Szenario ist wohl eine lange – vielleicht ein Jahrzehnt dauernde – Phase langsameren Wachstums. China ist besser beraten, sich auf die Beschäftigung zu konzentrieren und darauf hinzuarbeiten, eine systemische Finanz- oder Schuldenkrise zu vermeiden, als zu versuchen, sich dem Unvermeidlichen zu widersetzen.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fudan und Direktor der in Shanghai ansässigen Denkfabrik China Center for Economic Studies.

Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org

  • Gesellschaft
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  • Wirtschaftswachstum

Personalien

Michael Hagemann ist seit Beginn des Monats Project- und Sourcing-Manager bei China Grace Trade Limited in Guangzhou.

Ruwang Ying ist bei KTB Import-Export seit März Teamleiter für die Abteilungen China, Südostasien und Nahost.

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Dessert

Am Wochenende nahmen rund 20.000 Menschen am Yangzhou-Jianzhen-Halbmarathon teil, darunter diese Gruppe Männer in historisch anmutenden Gewändern. Auch der Name des Halbmarathons, der seit 2006 jährlich in der Provinz Jiangsu stattfindet, hat geschichtliche Bezüge. Benannt wurde er nach dem Mönch Jianzhen, der im 8. Jahrhundert in Yangzhou wirkte, bevor er die buddhistische Lehre nach Japan brachte.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    geht es um die Geschichte Taiwans, fällt der historische Blick meist auf das Jahr 1949 als Kuomintang-Chef Chiang Kai-shek mit seinen Truppen auf die Insel umsiedelte. Die vorherige, Jahrhunderte dauernde Besetzung Taiwans durch chinesische, diverse europäische und japanische Kräfte bekommt weniger Aufmerksamkeit – und damit auch die indigene Bevölkerung Taiwans, die verstärkt den Einfluss des jeweiligen Besatzers zu spüren bekam. Sie wurden teilweise in die Bergregionen verdrängt, gesellschaftlich marginalisiert und ihre Sprachen-Diversität ausgedünnt.

    Das hat sich im vergangenen Jahrzehnt zum Glück massiv geändert. Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht. Unser Autor Fabian Peltsch hat mit der bekannten Sängerin Aljenljeng Tjaluvie und Klima-Aktivist Kaisanan Ahuan gesprochen. Für die pro-demokratische Regierung in Taipeh repräsentiert die indigene Minderheit etwas ganz Besonderes: eine taiwanische Identität, die nichts mit Festland-China zu tun hat. Doch Benachteiligung und Diskriminierung gibt es noch immer.

    Mehr China-Kompetenz in Deutschland – die Forderung ist nicht neu. Die Union hat in ihrem Strategiepapier zu China nun mehrere konkrete Vorschläge gemacht, wie Beamte in der Bundesrepublik mehr über die Volksrepublik und ihre politischen Absichten lernen sollen. Finn Mayer-Kuckuk hat sich das Papier näher angesehen.

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    Amelie Richter
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    Klimaschützer und Popstars: So prägt die indigene Bevölkerung Taiwan heute

    Die indigene Bevölkerung Taiwans ist besonders vom Klimawandel getroffen, sagt Aktivist Kaisanan Ahuan.

    “Wilde” oder “Bergmenschen”, wie man sie früher abfällig titulierte, nennt die Indigenen Taiwans heute niemand mehr. Im Gegenteil: Nie in der jüngeren Geschichte der Insel waren die Nachkommen der Ureinwohner so sichtbar und angesehen wie jetzt. Im Sport und in der Popmusik etwa hat die indigene Minderheit die größten Stars Taiwans hervorgebracht – zum Beispiel Aljenljeng Tjaluvie alias ABAO, eine der bekanntesten Pop-Sängerinnen des Landes. Die Texte ihrer von Hiphop und Soul beeinflussten Musik textet sie seit ein paar Jahren nicht mehr in Mandarin, sondern auf Paiwan, der Sprache ihrer Ahnen.

    Die Pop-Sängerin ABAO gibt Taiwans Minderheiten eine moderne Stimme

    “Als ich um das Jahr 2015 erstmals traditionelle Paiwan-Lieder aufnahm, wurde mir klar, dass wir ein Volk ohne schriftliche Aufzeichnungen sind”, sagt Tjaluvie im Interview mit Table.Media. “Gleichzeitig haben wir unser Leben immer in Liedern und Gesängen festgehalten.” Ihre Mutter und Großmutter hätten sie früh an die musikalische Tradition ihres Stammes herangeführt. Nun wolle sie ihrerseits junge Indigene für ihre Muttersprachen begeistern, von denen heute einige vom Aussterben bedroht sind.

    Langer Weg zur Akzeptanz

    Taiwans indigene Völker mussten viel erdulden. Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie erst von chinesischen, dann von holländischen und schließlich von japanischen Besatzern bekämpft und unterdrückt. Viele Stämme wurden vom Land ihrer Vorfahren in die Berge vertrieben. Während der japanischen Kolonialzeit und der Ära des Kriegsrechts von 1949 bis 1987 waren ihre Sprachen verboten. Wer dennoch dabei erwischt wurde, sie zu benutzen, wurde bestraft, geschlagen und öffentlich gedemütigt. Laut einem Bericht der Unesco starben in dieser Zeit mindestens sieben Sprachen der Ureinwohner für immer aus.

    ABAO und ihre Band feiern die Traditionen der Paiwan-Kultur.

    Seit Beginn der Demokratisierung in den 80er-Jahren fanden Bürgerrechtsgruppen der indigenen Bevölkerung in Taiwan erstmals Gehör. Es dauerte jedoch bis Mitte der Nullerjahre, dass Taiwans Regierung ihre Belange mit einem “Grundgesetz für die indigenen Völker” gezielt förderte. Und noch länger, bis sich ein taiwanisches Staatsoberhaupt bei den Ureinwohnern entschuldigte: “Seit 400 Jahren hat jedes Regime, das nach Taiwan gekommen ist, die Rechte der indigenen Völker durch bewaffnete Invasion und Landnahme brutal verletzt”, erklärte Präsidentin Tsai Ing-wen, die selbst indigene Wurzeln hat, im Jahr 2016.

    “Dafür entschuldige ich mich bei den indigenen Völkern im Namen der Regierung.” Heute schmückt sich Taiwan mit der kulturellen Vielfalt der Indigenen. Der 1. August ist seit 2005 ihr offizieller Feiertag. Das alles hat aber nicht nur mit Menschenliebe zu tun. Mit der Vereinnahmung der Indigenen verweist Taiwans demokratische Regierung auch auf eine taiwanische Identität, die nichts mit dem chinesischen Festland zu tun hat.

    Diskriminierung bleibt ein Problem

    Mindestens seit 5.000 Jahren leben Ureinwohner auf der Insel. Aufgrund sprachlicher Ähnlichkeiten vermuten Ethnologen, dass sie auf austronesische Volksgruppen von den Pazifikinseln zurückgehen, die in mehreren Wellen eingewandert sind. Heute machen ihre Nachfahren rund zwei Prozent der 23,5 Millionen Taiwaner aus. Offiziell werden 16 Stämme von der Regierung anerkannt.

    Der Großteil lebt in den ländlichen Küstenregionen um Hualian und Taitung im Osten der Insel. Auch Tjaluvies Familie stammt von hier. “Viele Menschen verstehen noch immer nicht, wie das alltägliche Leben einer ethnischen Minderheit aussieht”, resümiert sie. Seit ihre Eltern jung waren, habe sich gesellschaftlich jedoch viel getan. “Besonders junge Menschen nutzen heute Social Media, um indigene Kultur der Gegenwart zu zeigen, anstatt nur Stereotype zu reproduzieren.”

    Kaisanan Ahuan bei einem Klimaschutzprotest in Zentral-Taiwan.

    Einer diese jungen Menschen ist Kaisanan Ahuan. Der 30 Jahre alte Aktivist setzt sich für die Rechte indigener Völker, aber auch für Klimaschutzbelange ein. Ahuan gehört zur Minderheit der Taokas, ein Stamm mit zwischen 2.000 und 3.000 Angehörigen, der bislang nicht von der Regierung anerkannt wird und deshalb kaum staatliche Unterstützung erfährt.

    Auch wenn Taiwans Gesellschaft heute offener ist, gibt es noch immer Diskriminierung und Benachteiligung, sagt Ahuan im Gespräch mit Table.Media. Die indigenen Minderheiten gehören weiterhin zu den ärmsten Bewohnern der Insel. Ihr Haushaltseinkommen liegt 40 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Fragen von Landnutzung, Jagdrechten, Altersversorgung und Selbstverwaltung bleiben Problemfelder und Streitthemen mit der Regierung.

    “Die Mehrheit der Han-Bevölkerung hat ein bestimmtes Bild von uns. Dass wir zu viel trinken und faul sind”, erklärt er. Immer wieder käme es zu Konflikten. Manche Taiwaner halten die Indigenen für übervorteilt, etwa durch Aufnahmequoten an Hochschulen. “Als ich an der Uni in Taipeh studierte, machten die anderen Witze. Sie fragten: ‘Bist du auf einem Wildschwein her geritten?’ Ich fand das nicht lustig.”

    Klimawandel betrifft Indigene als Erstes

    Ein weiteres Problem, das besonders Indigene betrifft, sei der Klimawandel, sagt Ahuan. “Wenn sich die Natur ändert, merken wir das früher als die Menschen in der Stadt.” Im vergangenen Jahr hatten etwa heftige Regenfälle in Südtaiwan mehrere indigene Dörfer überschwemmt. Drei waren komplett von der Außenwelt abgeschnitten, 400 Menschen waren ohne Essen und Wasser. “Naturkatastrophen wie Fluten und Dürren passieren immer häufiger. Wir müssen auf solche Dinge in der Zukunft besser vorbereitet sein.”

    2021 und 2022 hat er “Fridays for Future”-Proteste in Zentral-Taiwan und Taipeh mitorganisiert. Mit seiner “Central Taiwan Ping-pu Indigenous groups Youth Alliance” will er indigene Sprachen bewahren, die Taiwaner aber auch auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. “Wir glauben, dass wir als Indigene ein gutes Wissen über die Natur haben, deshalb wollen wir aufzeigen, wie wir Naturkatastrophen in Zukunft überleben können, etwa in dem wir vermitteln, welche Pflanzen in den Bergen essbar sind und welche von ihnen medizinische Wirkung haben.” Nach seinem Studium der Elektrotechnik ist Ahuan selbst von Taipeh zurück in sein Dorf Waraoral in der Nähe der Stadt Puli gezogen, um traditionelle Anbautechniken zu lernen. “Wir sollten diese Dinge in der Schule beigebracht bekommen”, findet er.

    • Klimaschutz
    • Taiwan

    Union will China-Kompetenz des Bundes ausbauen

    Porträtfoto von Friedrich Merz mit blauem Anzug und Brille vor einer blauen Plakatwand der CDU/ CSU
    Will mehr China-Wissen beim Bund ansiedeln: Fraktionschef und Parteivorsitzender Friedrich Merz.

    Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag fordert eine breit angelegte Stärkung der China-Kompetenz in Deutschland. In einem neuen Strategiepapier der Oppositionspartei findet sich dazu ein längerer Abschnitt. Eine sinnvolle Partnerschaft mit China sei nur möglich, wenn die deutsche Seite die Risiken erkennen und bewerten könne.

    Dazu stellt die Union folgende Forderungen auf:

    • Die Bundesregierung müsse ein “Kompetenzzentrum China” gründen, das dem Bundeskanzleramt zugeordnet sein soll. Damit einher geht eine neue Position: Es soll einen “China-Beauftragten der Bundesregierung” geben.
    • Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im höheren Dienst oberster Bundesbehörden sollen in ihren ersten zwei Berufsjahren verpflichtend einen “China-Exposure-Kurs” durchlaufen.
    • Deutschland müsse eine unabhängige, angewandte und praxisnahe China-Forschung aufbauen. Zudem sei die strategische Planung mit Blick auf China von herausragender Bedeutung.
    • Die CDU/CSU tritt daher für einen “Expertenkreis Strategic Foresight on China” ein, der Bundesregierung und Parlament regelmäßig über die Entwicklungen in China berät.
    • Die Sicherheitsbehörden sollen die Aktivitäten der chinesischen Diaspora in Deutschland besser überwachen.
    • Es ist eine Staatssekretärsrunde zur China-Politik zu berufen, die regelmäßig tagt und für eine einheitliche China-Politik sorgen soll.

    China-Kenntnisse weltweit gefragt

    Im Koalitionsvertrag ist bereits der Ausbau der China-Kompetenz in Deutschland durch die Ampel-Koalition festgelegt. Die Forderungen der Unionsparteien gehen nun jedoch weit über das hinaus, was bisher an Ansätzen in dieser Richtung zu sehen ist.

    Die CDU liegt damit allerdings durchaus im internationalen Trend. Die britische Regierung hat gerade ihren Etat für China-Kompetenz innerhalb des eigenen Apparats verdoppelt. Sie will viel mehr Experten mit Mandarin-Kenntnissen einstellen und diese vernetzen. Dies erfolgt in einem eigens aufgesetzten “China Capabilities Program“. In London erhalten außerdem vorhandene 170 Staatsbeamte demnächst Chinesischunterricht. Von diesen sollen 20 an Vertiefungskursen in Taiwan teilnehmen.

    Auch in den USA ist die Notwendigkeit tiefergehender Chinakenntnisse erkannt. Ein Parlamentsgremium, die US-China Economic and Security Review Commission, fordert den Aufbau von deutlich mehr China-Expertise in der Regierung. Nur so ließen sich Risiken angemessen bewerten, lautet auch hier das Argument.

    Beratung für Kommunen aus Berlin

    Das China-Kompetenzzentrum des Kanzleramts könnte nach den Vorstellungen der Union auch Länder, Städte und Gemeinden beraten. Es könnte helfen, Risiken bei chinesischen Investitionen in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen zu bewerten.

    Wie wichtig so eine Institution wäre, zeigt eine Debatte um die geplante Städtepartnerschaft zwischen Kiel und Qingdao. Seit einem Ratsbeschluss in Kiel, gegenseitig die Fühler auszustrecken, melden sich mahnende Stimmen. Die Uni Kiel weist darauf hin, dass Qingdao auch Standort der chinesischen U-Bootflotte ist und chinesische Spione die Bundesmarine in Kiel ausspähen könnten. Solche Aspekte sind manchem braven Stadtrat nicht sofort geläufig, der nur an Zusammenarbeit im Segelsport und der Kultur denkt.

    • CDU/CSU
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    29 Tote bei Brand in Pekinger Krankenhaus

    Bei einem Brand in einem Pekinger Krankenhaus sind mindestens 29 Menschen ums Leben gekommen. Dutzende weitere wurden verletzt. Es war das schlimmste Feuer in der Hauptstadt seit Jahrzehnten. Der Brand war bereits am Dienstag im Changfeng Hospital im südwestlichen Stadtbezirk Fengtai ausgebrochen. Unter den Todesopfern waren neben Patienten auch eine Krankenschwester und ein medizinischer Assistent. Insgesamt wurden 39 Menschen verletzt. Dramatische Videos von Patienten, die sich an zusammengeknoteten Bettlaken aus den Fenstern hangeln, verbreiteten sich rasch auf Chinas Social-Media-Plattformen.

    Zur Brandursache erklärte der Vizechef der städtischen Feuerwehr, dass sich während Renovierungsarbeiten brennbare Stoffe entzündet haben könnten. Wie chinesische Staatsmedien mitteilen, wurden bereits zwölf mutmaßliche Verantwortliche festgenommen, darunter die Direktorin des Krankenhauses und zwei Mitarbeiter der beteiligten Baufirma. Die chinesischen Behörden haben angeordnet, die Sicherheit in allen Krankenhäusern der Hauptstadt umgehend zu überprüfen. rtr/fpe

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    • Peking

    US-Leaks: China testet superschnelle Drohnen

    China verfügt laut einem Bericht der Washington Post über Spionagedrohnen, die dreimal schneller fliegen können als der Schall und in einem Kriegsszenario mit Taiwan zum Einsatz kommen könnten. Die Zeitung beruft sich auf ein Geheimdokument der US-amerikanischen National Geospatial Intelligence Agency, die dem US-Verteidigungsministerium untersteht. Demnach enthält das Dokument Satellitenbilder vom 9. August, die zwei Aufklärungsdrohnen mit Raketenantrieb vom Typ WZ-8 auf einer Luftwaffenbasis in Ostchina zeigen. Nach Angaben der Washington Post nimmt das US-Militär an, dass es sich bei den Bildern “mit ziemlicher Sicherheit” um Aufnahmen der ersten unbemannten Flugzeugeinheit des chinesischen Militärs handelt.

    Die Installation unterstehe genau dem Militärzweig, der für die Durchsetzung der chinesischen Souveränitätsansprüche über Taiwan verantwortlich sei, berichtet die Zeitung. Das dem Bericht zugrunde liegende Dokument ist Teil der sogenannten Discord-Leaks – US-Geheimdokumenten, die im März in den sozialen Medien aufgetaucht waren. Die Leaks nehmen auch an anderer Stelle Bezug auf den Zustand des chinesischen und taiwanischen Militärs. So berichtete die Washington Post vergangene Woche in diesem Zusammenhang über die mangelhafte Luftabwehr Taiwans. rtr

    • Militär
    • Taiwan
    • Technologie

    Klima-Finanzierung: China zahlt weniger als versprochen

    China bleibt bei der Klimafinanzierung im Globalen Süden hinter den eigenen Ankündigungen zurück. Eine neue Analyse der Denkfabrik E3G zeigt:

    • China hat bisher lediglich zehn Prozent der Zahlungen geleistet, die es 2015 für den China South-South Climate Cooperation Fund angekündigt hatte. Der Fonds soll Klimaprojekte im Globalen Süden eigentlich mit umgerechnet 3,1 Milliarden US-Dollar finanzieren. Bis Ende 2022 zahlte er allerdings nur umgerechnet 286 Millionen US-Dollar aus.
    • Klimaprojekte im Globalen Süden machen zudem nur zwei Prozent der jährlichen Entwicklungsfinanzierung Chinas aus. Zwischen 2000 und 2017 flossen demnach 14 Milliarden US-Dollar in die Klimafinanzierung. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum zahlte China insgesamt 700 Milliarden für die internationale Entwicklungsfinanzierung, darunter in Projekte der Neuen Seidenstraße.

    Circa zwei Drittel der internationalen Klimafinanzierung Chinas fließt der E3G-Analyse zufolge in Projekte zur Emissionsminderung (Mitigation), beispielsweise in den Bau von Solar- und Windkraftanlagen oder in klimafreundlichen Transport.

    Fokus auf Afrika und Asien

    Regional zeigt China bei der Klimafinanzierung einen starken Fokus auf Afrika und Asien.

    • 46 Prozent der Mittel flossen in afrikanische Staaten
    • 38 Prozent der Mittel gingen in asiatische Länder
    • Lateinamerika (1,6 Prozent) und kleine Inselstaaten (1,1 Prozent) erhielten am wenigsten Mittel.

    Mit 73 Prozent stammte der Großteil der Mittel von chinesischen Entwicklungsbanken wie der China Development Bank und der Export-Import Bank of China. Dabei dominierten Darlehen und Exportkredite. Der Rest verteilt sich auf kommerzielle Banken oder Ministerien sowie nicht genauer benannte Quellen.

    China lehnt es bislang ab, sich an geplanten internationalen Vorhaben zur Klimafinanzierung wie einem Loss-and-Damage-Fonds zu beteiligen. Da die Volksrepublik im Kontext der UN-Klimarahmenkonvention offiziell noch als “Entwicklungsland” (Annex II-Country) gilt, hat sie weniger Verpflichtungen zur Klimafinanzierung als westliche Staaten. Doch das muss nicht so bleiben.

    “In dem Maße, wie Chinas Reichtum und seine Emissionen zunehmen, wird es für China immer schwieriger werden, in der gleichen Klasse wie andere Entwicklungsländer zu bleiben und sich von der Verantwortung für das Klima abzuschirmen“, sagt Byford Tsang, Senior Policy Advisor bei E3G. nib

    Regierungs-Sprecher: Talent ist wichtiger als Bevölkerungsgröße

    China wird in diesen Tagen den Titel des bevölkerungsreichsten Landes der Welt an Indien verlieren. Doch um Größe allein gehe es nicht, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Mittwoch. “Die demografische Dividende eines Landes hängt nicht nur von der Gesamtzahl, sondern auch von der Qualität ab”, betonte er auf einer Pressekonferenz in Peking. Ebenso wichtig wie die Bevölkerungszahl sei, wie talentiert die Menschen seien. Er hob speziell auch die Bedeutung von Ausbildung hervor.

    Es gebe in China 900 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter, die im Schnitt 10,5 Jahre Ausbildung absolviert hätten, sagte Wang. Neue Arbeitskräfte hätten sogar 14 Jahre Ausbildung, hob der Sprecher hervor. Als Antwort auf die Überalterung der chinesischen Gesellschaft habe China “aktive Maßnahmen” ergriffen, sagte Wang Wenbin. “Unsere Bevölkerungsdividende ist nicht verschwunden. Unsere Talentdividende bildet sich und gibt der Entwicklung starken Anschwung.”

    Erstmals seit mehr als sechs Jahrzehnten war Chinas Bevölkerung im vergangenen Jahr geschrumpft. Die Volksrepublik hatte laut Statistikamt Ende 2022 nur noch 1,411 Milliarden Einwohner und damit rund 850 000 weniger als ein Jahr zuvor. ari

    • Gesellschaft

    Sachsen plant Wissenschafts-Büro in Taiwan

    Sachsen will den wissenschaftlichen Austausch mit Taiwan deutlich intensivieren. Das meldet der Freistaat am Dienstag auf seiner offiziellen Webseite. Die Pläne seien das erste Ergebnis eines dreitägigen Besuchs von Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) in Taipeh. Dort traf er unter anderem mit Taiwans Wissenschaftsminister Tsung-Tsong Wu zusammen.

    Geplant sind demnach engere Kooperationen mit den National Applied Research Laboratories, einem Zusammenschluss von Hochtechnologie-Zentren für angewandte Forschung. Mit dem Geschäftsführer der National Applied Research Laboratories, Yu-Hsueh Hsu, unterzeichnete Gemkow eine Vereinbarung, um den wissenschaftlichen Austausch zwischen Hochschulen und Forschungsinstituten in den Hochtechnologieregionen weiter zu intensivieren. Sachsen will dazu auch ein Büro in Taipeh einrichten, das gemeinsame Aktivitäten in diesem Bereich koordinieren soll.

    Sebastian Gemkow besucht Taiwan bis einschließlich 20. April. Begleitet wird der Minister unter anderem von der Rektorin der TU Dresden, Ursula M. Staudinger, sowie Repräsentanten des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme. fpe

    • Taiwan
    • Wissenschaft

    Presseschau

    Indien will globale Supermacht werden – und hat China bei der Bevölkerung schon überholt FR
    Baerbock über China-Reise: Es war “mehr als schockierend” T-ONLINE
    Macrons China-Kurs: Frankreichs Distanz zu den USA gefährdet Europas Einigkeit TAGESSPIEGEL
    Warum will China nicht, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert? RND
    The China Factor in Vietnam’s Multidirectional Foreign Policy THEDIPLOMAT
    Die EU sieht in China mittlerweile mehr den Rivalen als den Partner: SUEDDEUTSCHE
    Lehren für Europa: “China sieht sich einer feindlichen Welt gegenüber” N-TV
    Britischer Außenminister: Sollten uns nicht von China abkapseln EURACTIV
    Tote bei Krankenhausbrand: Festnahmen nach Feuer in Pekinger Klinik TAGESSCHAU
    “Superschnelle” Spionage: China könnte bald Überschall-Drohnen einsetzen MERKUR
    Hamburger Hafen: Chinesische Beteiligung wird unwahrscheinlicher SUEDDEUTSCHE
    China: Mehr als Hälfte des Wachstums durch Schulden getrieben FINANZMARKTWELT
    Peking will Abhängigkeit von Sojaimporten senken AGRARZEITUNG
    Wettkampf um Mikrochips: Warum das US-Embargo gegen China deutschen Unternehmen schadet BERLINER-ZEITUNG
    Auf der “Auto Shanghai” sind Deutschlands Autobauer stark vertreten – und schwach aufgestellt STERN
    Probleme deutscher Hersteller: Autobauer suchen Inspiration in China TAGESSCHAU
    Autohersteller Mercedes reagiert auf Insider-Aussagen über ein Scheitern in China INFRANKEN
    Elektroautos aus China: Nio rechnet mit Gegenwehr in Europa MOBIFLIP
    Zeekr startet mit zwei Modellen: Neue China-Automarke kommt T-ONLINE
    China macht, was Tesla nicht schafft: Elektro-Cabrio MG Cyberster vorgestellt EFAHRER
    Chinese actress Jiang Mengjie praised for revealing upskirting blackmail BBC
    China seeking Dutch space technology -military intelligence agency REUTERS
    TU Dresden und Fraunhofer-Institut vereinbaren wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Taiwan RTI

    Standpunkt

    Empfehlungen aus der SZ

    EU sieht in Peking eher den Rivalen als den Partner: Europa wird sich nicht von China abkoppeln. Aber die EU will weniger abhängig werden von der kommunistischen Diktatur, die sich selbst auf dem Weg zur Weltmacht Nummer eins sieht. Mehr.

    Chinas Angriff auf VW, BMW und Mercedes: Auf der Automesse in Shanghai treten die chinesischen Hersteller äußerst selbstbewusst auf. Sie wollen jetzt auch in Deutschland Käufer gewinnen. Aber die Konkurrenz ist hart. Mehr.

    Abschied von der Illusion des hohen Wachstums

    Von Zhang Jun
    Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Fudan-Universität.

    Nachdem das chinesische BIP im Jahr 2022 nur um drei Prozent gewachsen war, hätte man erwartet, dass die Regierung für dieses Jahr ein Wachstumsziel von mindestens sechs Prozent festlegt. Tatsächlich liegt praktisch keine Marktprognose vor, die von einer niedrigeren Wachstumsrate ausgeht. Doch auf dem Nationalen Volkskongress im März gab der scheidende Premierminister Li Keqiang in seinem letzten Bericht über die Arbeit der Regierung bekannt, die Regierung strebe ein Wachstum von etwa fünf Prozent an. Dabei handelt es sich um das niedrigste Wachstumsziel seiner Amtszeit.

    Unter dem früheren, von 2003 bis 2013 amtierenden Premier Wen Jiabao hielt China an einem offiziellen Wachstumsziel von acht Prozent fest. In seinem letzten Arbeitsbericht der Regierung senkte Wen das Wachstumsziel jedoch zum ersten Mal um 0,5 Prozentpunkte. Der Grund lag auf der Hand: Wen wollte dazu beitragen, die damals überhitzte Wirtschaft abzukühlen. Überraschenderweise betrachtete Wens Nachfolger Li diese 7,5 Prozent während seiner zehnjährigen Amtszeit praktisch als Wachstumsobergrenze.

    Tatsächlich hat Premier Li seit 2014 das chinesische Wachstumsziel stets um einen halben Punkt niedriger angesetzt als das Vorjahresziel. Das geschah entweder durch eine grundsätzliche Anpassung oder durch die Festlegung einer geringeren Bandbreite. Da das BIP-Wachstum wiederholt hinter dem offiziellen Ziel zurückblieb, kann man nur vermuten, dass dies eine Reaktion auf die tatsächliche Wirtschaftsleistung war. Warum sollte die Regierung die Zielvorgaben erhöhen, wenn die bestehenden Ziele nicht erreicht werden?

    Neuer politischer Ansatz verlangsamt das BIP-Wachstum

    In den letzten drei Jahrzehnten sind die Wachstumsziele in gewissem Maße zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden. Von 1993 bis 2013 wurden diese Ziele der chinesischen Zentralregierung praktisch als Hinweis auf deren Hoffnungen verstanden. Deshalb lag die tatsächliche Wachstumsrate weit über den Zielen der Regierung. Ja, in dieser Zeit wirkten strukturelle Kräfte zum Vorteil Chinas. Die lokalen Regierungen sahen sich politischen Anreizen gegenüber, ihre Wachstumsstrategien – darunter Investitionen in Anlagevermögen und Industrieplanung – so umzusetzen, dass sie den Prioritäten und Erwartungen der Zentralregierung entsprachen.

    Ebenso wie steigende Wachstumsziele lokale Regierungen dazu ermutigen, das Wachstum aggressiver voranzutreiben, können sinkende Wachstumsziele solche Bemühungen bremsen und zu niedrigeren Wachstumsraten führen, die wiederum die Regierung veranlassen, die Ziele weiter zu senken, wodurch eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird. Das alles macht es schwierig, Chinas potenzielle Wachstumsrate einzuschätzen, die eigentlich die Grundlage für die Wirtschaftspolitik sein sollte. Warum ist das passiert?

    Die Verlangsamung des chinesischen BIP-Wachstums in den letzten zehn Jahren ist nicht auf verfehlte Politik, sondern auf einen neuen politischen Ansatz zurückzuführen. Von 1993 bis etwa 2013 war BIP-Wachstum das vorrangige Ziel der Zentralregierung und bestimmte den Politik-Ansatz im Bereich makroökonomischer Steuerung. Dieses Ziel – mit dessen Verwirklichung die lokalen Regierungen beauftragt wurden – führte zu einer beschleunigten öffentlichen Kapitalbildung, einer Verbesserung des Investitionsumfelds, zu Crowding-in von privatem Kapital sowie zur Schaffung von mehr Produktionskapazitäten.

    China hat bei der Beschäftigung Erfolge erzielt

    Allerdings stößt dieser Ansatz an seine Grenzen, die sich aus rasch steigenden Grenzkosten ergeben. Obwohl produktive Investitionen Wachstum und Entwicklung vorantreiben, führen übermäßige Investitionen zu sinkenden Erträgen und steigenden Schulden. Der Grundsatz, Wachstum zur obersten Priorität zu erheben, führte in China auch zu erheblichen Umweltschäden wie Luft- und Gewässerverschmutzung.

    Die mit diesem Ansatz verbundenen unmittelbaren sozialen Kosten veranlassten die chinesische Regierung schließlich, eine neue, auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und makroökonomische Stabilität ausgerichtete Strategie zu verfolgen. Im Bereich Beschäftigung hat China bereits beachtliche Erfolge erzielt. In den letzten zehn Jahren wurden in städtischen Gebieten jährlich etwa zwölf Millionen Jobs geschaffen. Damit wurde das Ziel von elf Millionen – das deutlich verbindlicher war als das BIP-Ziel – bei weitem übertroffen. 

    Diese Zuwächse verdankt China vor allem den rasanten Fortschritten in Hightech-Sektoren wie der Plattformökonomie und Elektrofahrzeugen. Neue digitale Technologien haben das rasche Wachstum des Dienstleistungssektors begünstigt und die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarktes im Allgemeinen gestärkt.

    Kann die Wirtschaft ausreichend Arbeitsplätze schaffen, ist ein immer schnelleres BIP-Wachstum einfach nicht notwendig. Selbst als das BIP-Wachstum in den Jahren 2002 bis 2012 auf etwa die Hälfte des Jahresdurchschnitts (10,2 Prozent) gesunken ist, gab es in China keine nennenswerten sozialen Unruhen. Ebenso wenig kam es trotz des pandemiebedingten Abschwungs zu einer Finanzkrise oder einer wirtschaftlichen Kontraktion, die die bisherigen Fortschritte beim Lebensstandard zunichtegemacht hätten.

    China wird auch in Zukunft von der veränderten Schwerpunktsetzung seiner Politik – nämlich weg von der Wachstumsorientierung hin zur Fokussierung auf Arbeitsplätze – profitieren. Dieser Ansatz ist der Umsetzung von Strukturreformen zuträglicher, derer es bedarf, um Überinvestitionen zu beschränken und den Schuldenabbau voranzutreiben. Außerdem dürfte diese Strategie auch die Einführung neuer Technologien vorantreiben und so einen positiven Kreislauf aus Arbeitsplatzschaffung und Produktivitätswachstum in Gang setzen. Fortschritte in diesen Bereichen – wie auch die Konvergenz der Produktivitätswachstumsraten in den verschiedenen Regionen – sind für die mittel- bis langfristige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung.

    Rückläufiges globales Wachstum wird sich zunächst nicht umkehren

    Ein ungünstiges außenwirtschaftliches Umfeld ist für China ein weiterer Grund, seinen Blick über das Wachstum hinaus zu richten. Die gesamte Weltwirtschaft hat mit rückläufigem Produktivitätswachstum und sinkender Nachfrage zu kämpfen – Trends, die sich in absehbarer Zeit nicht umkehren werden.

    Aufgrund geopolitischer Spannungen, die mit einem beispiellosen Anstieg grenzübergreifender Beschränkungen verbunden sind, erleben wir gerade den Zusammenbruch jenes institutionellen Rahmens, der in den letzten 30 Jahren die Grundlage der weltweiten Kapitalverkehrs-Liberalisierung bildete. Allgemeiner gesprochen führen geopolitisch motivierte wirtschaftspolitische Maßnahmen – nicht zuletzt die von den Vereinigten Staaten verhängten Beschränkungen für den Handel mit China – zu erheblicher Unsicherheit in den globalen Lieferketten und auf Finanzmärkten.

    In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften ist das Zeitalter des hohen Wachstums und der niedrigen Inflation vorbei und wird von der “säkularen Stagnation” abgelöst, vor der der ehemalige US-Finanzminister Lawrence H. Summers lange warnte. In diesem Zusammenhang ist es für Schwellenländer wie China richtig, sich von der Illusion zu verabschieden, das hohe Wachstum könne unbegrenzt aufrechterhalten werden. Das wahrscheinlichere Szenario ist wohl eine lange – vielleicht ein Jahrzehnt dauernde – Phase langsameren Wachstums. China ist besser beraten, sich auf die Beschäftigung zu konzentrieren und darauf hinzuarbeiten, eine systemische Finanz- oder Schuldenkrise zu vermeiden, als zu versuchen, sich dem Unvermeidlichen zu widersetzen.

    Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

    Zhang Jun ist Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fudan und Direktor der in Shanghai ansässigen Denkfabrik China Center for Economic Studies.

    Copyright: Project Syndicate, 2023.
    www.project-syndicate.org

    • Gesellschaft
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    Personalien

    Michael Hagemann ist seit Beginn des Monats Project- und Sourcing-Manager bei China Grace Trade Limited in Guangzhou.

    Ruwang Ying ist bei KTB Import-Export seit März Teamleiter für die Abteilungen China, Südostasien und Nahost.

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    Dessert

    Am Wochenende nahmen rund 20.000 Menschen am Yangzhou-Jianzhen-Halbmarathon teil, darunter diese Gruppe Männer in historisch anmutenden Gewändern. Auch der Name des Halbmarathons, der seit 2006 jährlich in der Provinz Jiangsu stattfindet, hat geschichtliche Bezüge. Benannt wurde er nach dem Mönch Jianzhen, der im 8. Jahrhundert in Yangzhou wirkte, bevor er die buddhistische Lehre nach Japan brachte.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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