mit der Ernennung von Zheng Yanxiong zum neuen Leiter des Pekinger Liaison-Büros in Hongkong hat die Kommunistische Führung ein klares Signal gesetzt. Der als Hardliner bekannte Zheng folgt auf Luo Huining. Zheng ist berüchtigt für sein hartes Vorgehen gegen Massenprotest in Wukan im Jahr 2011. In dem Dorf in der Provinz Guangdong, die an Hongkong grenzt, hatte der heute 59-Jährige den Bewohnern vorgeworfen, “mit ausländischen Medien zusammengearbeitet zu haben, um für Ärger zu sorgen”.
Marcel Grzanna hat sich die Personalie Zheng näher angesehen und mit im Exil lebenden Hongkongern gesprochen. “Dass ein Hardliner auf den Posten des obersten Repräsentanten rotiert, zeigt die anhaltende Sorge Pekings, dass die Einwohner noch immer Schwierigkeiten machen könnte”, sagt etwa der frühere Hongkonger Politiker und Studentenführer Sunny Cheung im Gespräch. Was primär alles abschreckend klingt, soll der KP Hoffnung nach jedoch Aufschwung für Hongkong bringen. Denn hartes Vorgehen bedeutet Stabilität, gerade auch für ausländische Investoren.
Wie man Peking glücklich machen könnte, beschäftigt nicht nur die Regierung in Hongkong – sondern auch die in Jakarta. Denn China ist Indonesiens wichtigster Geschäftspartner. Gleichzeitig wehrt sich der Inselstaat aber auch gegen aggressives Auftreten der Volksrepublik in umstrittenen Gewässern. Christiane Kühl analysiert die komplizierte Beziehung Jakartas zu Peking und wie sich Indonesiens Präsident Joko Widodo im Ausbalancieren mit dem Westen schlägt.
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Mit der Ernennung von Zheng Yanxiong zum neuen Leiter des Pekinger Liaison-Büros in Hongkong hat die Kommunistische Partei ein Signal der Entschlossenheit gesetzt. Die Personalie deutet darauf hin, dass die chinesische Zentralregierung ihren uneingeschränkten Machtanspruch in der Stadt vor deren wirtschaftliche Entwicklung stellt.
Als Direktor des Büros für Nationale Sicherheit hat sich der 59-Jährige in den vergangenen Jahren das Profil eines kompromisslosen Säuberers erarbeitet, der um jeden Preis bereit ist, Hongkongs Produktivität einem erzwungenen politischen Konsens unterzuordnen. Kritiker werfen ihm vor, nicht nur auf politischer Ebene aufgeräumt, sondern auch ehemals unabhängige und international respektierte Berufsverbände wie die 1907 gegründete Gesellschaft für Recht, den Beirat der Rechnungsprüfer oder den Lehrerverband mit Pekinger Loyalisten unterwandert zu haben.
Ausgerechnet Zheng in Personalunion zum Liaison-Chef und damit parallel zum höchsten Interessenvertreter Pekings in der Metropole zu ernennen, wirkt somit nicht nur als eine Warnung an alle verbliebenen Oppositionellen in Hongkong, sondern auch an den pekingfreundlichen Teil der Elite. Ehemalige Hongkonger Politiker und Parlamentarier äußern sich im Gespräch mit China.Table entsprechend entsetzt.
“Ich bin regelrecht geschockt. Diese Personalie ist ein beispielloser Vorgang. Sie bringt zum Ausdruck, dass Peking die öffentliche Wahrnehmung von der Entwicklung in Hongkong nicht mehr interessiert. Weder in der Stadt selbst, noch im Rest der Welt”, sagt der frühere demokratische Abgeordnete Ted Hui, der inzwischen im australischen Exil lebt, wo er der Strafverfolgung durch Hongkonger Behörden entkommen ist. “Es gilt ausschließlich das Wort Pekings”, so Hui.
Unter Zhengs Leitung implementierte die Stadtverwaltung seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetz im Jahr 2020 auch einen Amtseid für Beamte, der ihnen fortan juristische Rechenschaft auferlegt, sollten sie auch nur den Anschein erwecken, nicht 100 Prozent auf zentralstaatlicher Linie zu handeln. “Zheng hat die gesamte Verwaltung so unter Druck gesetzt, dass eine große Mehrheit der Beamten keine Alternative gesehen hat, als sich zu beugen”, sagt Hui. Nur wenige seien aus dem Dienst geschieden.
Internationale Aufmerksamkeit generierte Zheng bereits vor mehr als zehn Jahren, als er als oberster Parteifunktionär der Stadt Shanwei in der an Hongkong grenzenden Provinz Guangdong die Massenproteste in einem aufmüpfigen Dorf kontern musste. Den Bewohnern des Ortes Wukan warf er die Konspiration mit ausländischen Medien vor, um Unruhe zu stiften.
Die gleichen Argumente nutzt Zheng heute, um Dissens mit der Hongkonger Regierung als das Resultat teuflischer Einflussnahme ausländischer Kräfte abzutun. Bei seiner Neujahrsrede am vergangenen Sonntag formulierte er ein Gegenangebot. “Das riesige Hinterland, der Verbrauchermarkt und die unerschöpfliche Innovationskraft des Festlands haben den Einwohnern Hongkongs eine riesige Plattform geboten, um ihre Träume zu verwirklichen”, sagte Zheng und suggerierte, dass Hongkonger Träume ausschließlich aus dem Wunsch nach Wohlstand bestehen. Dabei reflektierten die Proteste in der Stadt im Wesentlichen den Wunsch nach demokratischen Strukturen.
“Dass ein Hardliner auf den Posten des obersten Repräsentanten rotiert, zeigt die anhaltende Sorge Pekings, dass die Einwohner noch immer Schwierigkeiten machen könnten”, sagt der frühere Hongkonger Politiker und Studentenführer Sunny Cheung, der jetzt in Washington lebt. Cheung glaubt, dass Peking eine wirtschaftliche Stärkung der Metropole durch zunehmende Autorität erzwingen kann. “Ein starkes Hongkong soll die schwächelnde chinesische Wirtschaft stützen. Aber die Zentralregierung spürt, dass viele Einwohner kein Vertrauen in die Partei haben“, so Cheung.
Indem die Führung die Zügel anzieht, raubt sie der Stadt den letzten Atem. Doch die KP hofft darauf, mit Kompromisslosigkeit einen Aufschwung zu erreichen. Gerade auch ausländische Investoren sollen das Gefühl bekommen, dass Stabilität eingekehrt ist in Hongkong und sie sich keinerlei Sorgen mehr zu machen brauchen um ihre Investitionen.
Dass dies nur über eine noch engere Anbindung an die Volksrepublik führt, obwohl der Übergabevertrag von 1997 “zwei Systeme” für die Dauer eines halben Jahrhunderts versprochen hatte, formulierte Regierungschef John Lee. Er lobte Zheng für die “Koordination, Überwachung und Führung” der Stadtregierung im Bereich der nationalen Sicherheit und versprach seinerseits, “Hongkongs Integration in die nationale Entwicklung” voranzutreiben zu wollen.
Wie fühlt es sich an, wenn Ihr wichtigster Geschäftspartner seit vielen Jahren Anspruch auf einen Teil Ihres Grundstücks erhebt? Fragen Sie Indonesiens Präsidenten Joko Widodo. Der größte Handelspartner seines Landes ist seit zehn Jahren China. Zugleich schickt Peking immer wieder Schiffe seiner Küstenwache in die Gewässer um die indonesische Natuna-Inselgruppe zwischen Indonesien, Malaysia und Vietnam. Teile dieser See liegen ganz am Rande von Chinas riesigem Anspruchsgebiet im Südchinesischen Meer, darunter schlummern Rohstoffe wie Erdgas.
Widodo, auch bekannt als Jokowi, pocht derweil auf Indonesiens Recht, die natürlichen Ressourcen in seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) rund um die Inseln auszubeuten und hatte am 2. Januar die Erschließung des Tuna-Gasfeldes in dem Gewässer genehmigen lassen, einen Deal über den Export dieses Gases an Vietnam inklusive. Indonesien verlegte zudem ein Flottenkommando ins nahe gelegene Riau-Archipel, auf dem es 2021 mit dem Bau eines U-Boot-Stützpunkts begonnen hatte.
Zugleich pflegen beide Seiten enge Kommunikationskanäle durch regelmäßige Treffen, in denen es meist vor allem um die Zusammenarbeit in der Wirtschaft geht. Im Juli 2022 reiste Jokowi nach Peking und traf – als erster Staatschef seit den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar 2022 – seinen Amtskollegen Xi Jinping. Beide Seiten vereinbarten, ihre Handelsbeziehungen auszubauen und ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu verstärken.
Beim G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali traf Jokowi im November ebenfalls bilateral mit Xi zusammen. Demonstrativ schalteten beide sich dort über Video dem chinesisch finanzierten Testbetrieb der 142 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsstrecke Jakarta-Bandung zu, die zu den Großprojekten Pekings in Indonesien gehört. Wenig später sprachen sie beim APEC-Gipfel in Bangkok erneut miteinander.
Der indonesische Zwiespalt zeigt, wie schwierig es für die Staaten Südostasiens ist, sicherheitspolitisch und wirtschaftlich in ihrer Region und der Welt zu navigieren. Sie alle treiben intensiven Handel mit China und versuchen eine klare Positionierung im geopolitischen Ringen zwischen China und dem Westen zu vermeiden. China betrachtet die Region als seine Einflusssphäre, aus die es die USA verdrängen will. Es initiierte dort die weltgrößte Freihandelszone RCEP, die vor genau einem Jahr an den Start ging. Ihr gehören neben China und Südostasien auch Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland an.
Doch Indonesien hat eine lange Tradition der Blockfreiheit, die es keineswegs aufgeben will. So hält das Land Militärübungen sowohl mit den USA als auch mit China ab. Es kauft Kampfjets in Frankreich und den USA. Doch es ist auch Gast in Chinas Sicherheitsbündnis Shanghai Cooperation Association. In seiner Funktion als G20-Präsident besuchte Widodo 2022 sowohl den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew als auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Indonesien sei bereit, eine “Kommunikationsbrücke” zwischen den beiden Seiten zu sein, betonte er damals. Verteidigungsminister Prabowo Subianto sagte Ende November vor Journalisten: “Ich möchte betonen, dass Indonesien immer versucht, die besten Beziehungen zu allen Nationen, insbesondere zu allen Großmächten, zu unterhalten.” Indonesien betrachte China als befreundete Nation und erwarte, dass überlappende territoriale Ansprüche auf dem Verhandlungsweg gelöst werden, so Subianto.
Das aufstrebende Indonesien ist mit seinem auch geopolitisch wachsenden Gewicht zu groß, um von Peking aus einfach als kleiner lästiger Anrainer seines Hinterhofs angesehen zu werden. China ist durchaus interessiert an engen Beziehungen zu Indonesien, in die es auch bereit ist zu investieren. Das zeigt sich etwa an einer aktiven Impfdiplomatie. Sinovac aus China ist das am häufigsten verimpfte Vakzin in Indonesien. Der in China entwickelte mRNA-Impfstoff AWcorna ging im Oktober in Indonesien an den Start, bevor er überhaupt in China zugelassen wurde.
Der Inselstaat ist zugleich ein potenziell riesiger Absatzmarkt und Rohstoffpartner für China. Das Land hat mit 276 Millionen Menschen die viertgrößte Bevölkerung der Welt und ist mit Abstand das größte unter den Asean-Staaten. Unter vielen Inseln des Landes lagern Rohstoffe, auf die China ein Auge geworfen hat. So verfügt Indonesien über mehr als ein Fünftel der weltweiten Nickelvorkommen, die ein wichtiger Bestandteil der Batterien für Elektrofahrzeuge sind.
Laut Weltbank ist das Land die zehntgrößte Volkswirtschaft, gemessen an der Kaufkraftparität. Für 2022 erwartet sie laut einem Bericht vom Dezember ein Wachstum von 5,2 Prozent. Mittelfristig (2023-25) geht die Bank von einem jährlichen Schnitt von 4,9 Prozent aus.
2013 hatte Jokowis Vorgänger Susilo Bambang Yudhoyono eine “umfassende Strategische Partnerschaft” mit China geschlossen. Seither fließen viele Investitionen ins Land, unter anderem im Rahmen der Belt and Road-Infrastrukturitiative (BRI). Im ersten Halbjahr 2022 lagen Festlandchina und Hongkong laut der Staatszeitung Global Times auf Platz zwei und drei unter den ausländischen Direktinvestitionen Indonesiens, mit 3,6 beziehungsweise 2,9 Milliarden US-Dollar. Der bilaterale Handel lag 2021 nach IWF-Daten bei fast 114 Milliarden US-Dollar – und war damit weit größer als der Warenaustausch mit der Nummer zwei, den USA (37 Mrd. US-Dollar). Dabei gelang Indonesien 2021 erstmals seit mehr als zehn Jahren ein Handelsüberschuss mit China.
Chinas Investitionen konzentrieren sich derweil – wenig überraschend – auf Infrastruktur und Rohstoffprojekte, etwa im Metallurgie-Sektor. Das passt insofern, als Jokowi sowohl die Infrastruktur, als auch eine heimische Rohstoffindustrie aufbauen will. 2014 verbot Indonesien dazu eigens die Ausfuhr von unraffinierten Erzen aus Indonesien, so dass China und andere Investoren vor Ort in die Metallverarbeitung einsteigen müssen.
Chinas Tsingshan-Gruppe, größter Nickelproduzent der Welt, führte den Bau des Morowali-Industrieparks auf Sulawesi an, in dem inzwischen mindestens 11 Schmelzöfen in Betrieb sind. Er ist eines der zentralen Rohstoffprojekte des Landes. In der gleichen Region gründete die Jiangsu Delong Nickel Industry Co. den Virtue Dragon Nickel Industriepark, wo Nickel und Edelstahl produziert werden. “Wir machen Pläne zu Batterien für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben”, zitierte die Global Times den Geschäftsführer Zhou Yuan. Jokowi möchte sein Land zu einer Basis für die Herstellung von Vorprodukten für die EV-Industrie machen.
Dass Jokowi an seiner Strategie festhalten will, die heimischen Rohstoffe selbst zu kontrollieren, , zeigte er im Dezember 2022, als er auch die Ausfuhr des Aluminium-Rohstoffs Bauxit verbot – was China als größter Importeur empfindlich treffen wird. Auch ein Zinn-Exportverbot wird studiert. Jakarta dürfte sich auch in diesen Sektoren Investitionen vor Ort erhoffen. Wie in anderen Ländern auch gibt es allerdings immer wieder Kontroversen um chinesische Projekte. Vorwürfe kreisen um Umweltschäden, Korruption, Ärger von Anwohnern oder Verzögerungen. In einer Schmelzhütte der PT Gunbuster Nickel Industry auf Sulawesi, die zu Jiangsu Delong gehört, gab es kürzlich Krawalle bei Protesten gegen schlechte Bezahlung und Sicherheitsvorkehrungen, bei denen zwei Arbeiter starben.
China ist für niemanden ein einfacher Partner. Bisher bleibt Jokowi standhaft im Territorialstreit wie in der Rohstoffpolitik. Ob China alles bekommen kann – lukrative Verträge und die beanspruchten Seegebiete – ist längst nicht ausgemacht. Es liegt auch an China, wie sich die Beziehungen weiter entwickeln.
Die Reisewelle zum Neujahrsfest inmitten hoher Corona-Zahlen steuert auf ihren Höhepunkt zu. Seit der Öffnung der Grenzen am 8. Januar im Zuge der Lockerung der strikten Pandemie-Beschränkungen seien durchschnittlich bereits eine halbe Million Menschen pro Tag ein- oder ausgereist, berichten staatliche Medien unter Berufung auf Vertreter der Einreisebehörde.
Zudem machten sich inzwischen Millionen Menschen aus den Großstädten auf den Weg, um am Freitag zu Beginn der rund zweiwöchigen Feierlichkeiten am Vorabend des Neujahrstages bei ihren Familien zu sein. Der Neujahrstag nach dem Mondjahr fällt dieses Jahr auf den Neumond am Sonntag. Die Regierung in Peking schätzt, dass in den nächsten 40 Tagen mehr als 2,1 Milliarden Reisen gemacht werden.
Während in Metropolen wie Shanghai die Corona-Welle nach offiziellen Angaben ihren Höhepunkt erreicht hat, wächst damit die Sorge vor einer Ausbreitung des Virus auf dem Land. Dort sind viele, vor allem ältere Menschen ungeimpft, und das Gesundheitssystem ist schlechter ausgestattet. rtr/flee
Einer Umfrage des Forschungsinstituts Merics zufolge geht eine überwiegende Mehrheit der befragten China-Experten von einer Verschlechterung der Beziehungen Chinas zur EU und anderen westlichen Ländern aus. Die Mehrheit (55 Prozent) erwartet, dass China ungeachtet des anhaltenden Kriegs in der Ukraine an seiner pro-russischen “Neutralität” festhalten wird, und dass China und Russland ihre wirtschaftlichen Beziehungen weiter vertiefen werden.
Für ihren inzwischen vierten “China Forecast” hat Merics 880 Expertinnen und Experten nach ihren Einschätzungen gefragt – und diese stimmen nicht gerade optimistisch. Bei den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China etwa erwarten die Befragten deutliche Verschlechterungen:
Die Erwartungen an Chinas Zukunft seien “nicht besonders optimistisch”, so das Fazit der Umfrage. Die Befragten betrachten die Ausbreitung von Covid-19 in China, das geopolitische Umfeld und eine drohende globale Rezession als die größten Herausforderungen im Jahr 2023. Gleichzeitig sagen die Befragten ein noch stärker von Xi dominiertes China voraus, viele erwarten zudem einen Ausbau der staatlichen Kontrolle über die Wirtschaft. flee
Chinas schwache Wirtschaftsdaten für 2022 erhärten die Vermutung, dass das Land bald den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen erreichen könnte. Die chinesische Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr um lediglich drei Prozent. Bei besonders emissionsintensiven Industrien gab es sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung, wie offizielle Daten des nationalen Statistikamts zeigen. Ursprünglich hatte die Volksrepublik ein Wachstum von 5,5 Prozent angestrebt.
Folgende Industriedaten sind für Chinas CO2-Ausstoß besonders relevant:
Laut Lauri Myllyvirta, China-Experte beim Centre for Research on Energy and Clean Air in Helsinki, deuten diese Zahlen auf einen Rückgang der CO2-Emissionen im Jahr 2022 hin. Schon zwischen dem 3. Quartal 2021 und dem 2. Quartal 2022 gingen die Emissionen jeweils zurück. Verantwortlich dafür sind ein schwächelnder Immobiliensektor und die Covid-19-Pandemie. nib
US-Finanzministerin Janet Yellen und ihr chinesischer Kollege Liu He haben sich auf eine stärkere Zusammenarbeit bei der Finanzierung der Klimapolitik geeinigt. Wie aus einer Mitteilung des US-Finanzministeriums zu dem Treffen am Mittwoch in Zürich hervorgeht, will Yellen zudem nach China reisen und in absehbarer Zukunft auch chinesischen Besuch in den USA empfangen. Zwar gebe es Differenzen, doch sollte verhindert werden, dass “Missverständnisse, vor allem diejenigen, die aus einem Mangel an Kommunikation entstehen, unser bilaterales wirtschaftliches und finanzielles Verhältnis unnötigerweise verschlechtern”, sagte Yellen zu Liu. Der Wettbewerb zwischen beiden Ländern dürfe niemals zu einer Art Konflikt werden.
Liu zeigte sich bereit, mit den USA zusammenzuarbeiten. “Unabhängig davon, wie sich die Bedingungen verändern, sollten wir immer Dialog und Austausch aufrechterhalten“, sagte er. Yellen vertritt eine eher kritische Haltung gegenüber den Handelspraktiken Chinas und der engen Verbindung Pekings zu Russland.
Vizepremierminister Liu hatte am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesprochen und eine schnelle wirtschaftliche Erholung Chinas nach Ende der Null-Covid-Politik betont. Am Mittwoch erklärte auch Ministerpräsident Li Keqiang, dass sich die chinesische Wirtschaft trotz zahlreicher Schwierigkeiten und Herausforderungen rasch erholen werde. China werde talentierten Menschen aus dem Ausland helfen, in die Volksrepublik zu kommen und zu arbeiten, sagte Li laut dem staatlichen Sender CCTV. Zudem wolle China die Rechte und Interessen ausländischer Investoren besser schützen. ari
Die Ausbreitung des Coronavirus in China hat den Luxusgüterkonzern Richemont im Weihnachtsquartal gebremst. Der Umsatz des Schweizer Unternehmens kletterte von Oktober bis Dezember in Lokalwährungen um fünf Prozent auf 5,4 Milliarden Euro, teilte Richemont am Mittwoch mit. Analysten hatten einen Umsatz von rund 5,7 Milliarden Euro erwartet. Weihnachten wird in China zwar nicht wirklich gefeiert. Als Konsumfest hat es dennoch eine wirtschaftliche Bedeutung.
Corona habe auf dem chinesischen Festland zu einer erheblichen Störung des Einzelhandels geführt. Wegen reduzierter Öffnungszeiten und der vorübergehenden Schließung von Verkaufsstellen sei der Umsatz des Herstellers von Cartier-Schmuck sowie Uhren der Marken A. Lange & & Söhne und IWC um 24 Prozent geschrumpft. rtr
Im Dezember letzten Jahres überraschte Premier Fumio Kishida die Weltöffentlichkeit mit einer neuen japanischen Sicherheitsstrategie. Sie bedeutet eine weitgehende Reinterpretation der seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geltenden pazifistisch orientierten Sicherheitsdoktrin. Nicht nur werden die Verteidigungsausgaben verdoppelt und somit bis 2027 um circa 315 Milliarden US-Dollar angehoben, wodurch Japans Militärbudget nach den USA und China weltweit das Drittgrößte wird. Das Land ist darüber hinaus in Verhandlungen mit den USA über den Kauf von 500 Tomahawk-Raketen eingetreten, und es will das eigene Raketenprogramm ausweiten. Damit wird es die Fähigkeit zum “Gegenangriff” erwerben, sprich: Von U-Booten oder anderen Stützpunkten aus Positionen auf dem chinesischen Festland treffen können. “Der Gegenangriff ist”, so Premier Kishida, “ein essenzielles Element unserer Abschreckungsstrategie”.
Kern der seit dem Zweiten Weltkrieg in Japan gültigen Sicherheitsdoktrin war die Selbstverteidigung, wie in der Verfassung festgeschrieben. So wird die Streitmacht Japans als Selbstverteidigungstruppe bezeichnet, die Verteidigungsausgaben des Landes sind seit den 1950er-Jahren fest bei einem Prozent des Bruttosozialprodukts limitiert und Japan verzichtete auf eine militärische Machtprojektion durch den Erwerb von Waffengattungen wie Langstreckenraketen, Amphibienfahrzeugen oder großen Flugzeugträgern. Versuche, daran etwas zu ändern, wurden von der japanischen Bevölkerung entschieden abgelehnt, von den Oppositionsparteien konterkariert und von den Nachbarländern China und Korea beißender Kritik unterzogen.
Die neue strategische Orientierung beruht auf dem “harschesten und komplexesten Sicherheitsumfeld seit dem Zweiten Weltkrieg”. Insbesondere China wird als die “größte strategische Herausforderung” bezeichnet. Diese ist geprägt durch den konsequenten Aufbau konventioneller und nuklearer Waffenarsenale, der einhergeht mit Drohungen einer Invasion Taiwans, der Errichtung von Militärstützpunkten im umstrittenen südchinesischen Meer, sowie immer häufigeren Übergriffen im Einzugsbereich der von Japan kontrollierten Senkaku Inseln.
Die strategische Allianz von China und Russland ist ein weiterer Grund zur Sorge. Im Falle einer Ausweitung des in Japan scharf verurteilten Ukrainekriegs könnte sie fatale Folgen haben: China und Japan würden sich als Konfliktparteien gegenüberstehen.
Auch die unberechenbare Nuklearmacht Nordkorea stellt eine wachsende Bedrohung dar. 2022 hat das Land nicht weniger als 70 Raketentests durchgeführt und dieses Jahr plant es, sein Atomprogramm auszuweiten und einen Spionagesatelliten ins Weltall zu schicken.
Die japanische Bevölkerung unterstützt die neue Sicherheitsstrategie. Einer kurz nach Verkündigung durchgeführten Umfrage der Kyodo News Agentur zufolge stimmten 53 Prozent der Befragten dem Erwerb der Fähigkeit zu Gegenangriffen zu, während 42,6 Prozent dagegen waren, auch wenn die Mehrheit sich gegen eine Finanzierung über Steuererhöhungen aussprach. Dies deckt sich mit verschiedenen weiteren Umfragen, denen zufolge die Meinung der Japaner zu China sich in den letzten 10 Jahren erheblich eingetrübt hat. Heute stuft die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die Beziehungen zu China als nicht gut ein und nur eine Minderheit behauptet von sich, sie habe zu China eine freundschaftliche Einstellung.
Erwartungsgemäß hat China die neue Strategie heftig kritisiert. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, “Japan würde Fakten ignorieren, von den Verpflichtungen in den chinesisch-japanischen Beziehungen und dem gemeinsamen Verständnis zwischen den beiden Ländern abweichen und China grundlos diskreditieren”. Ein Besuch des als chinafreundlich geltenden japanischen Außenministers Yoshimasa Hayashi, der zeitnah mit der Verkündung der neuen Sicherheitsstrategie stattfinden sollte, um die chinesische Politik zu beschwichtigen, musste wegen der über das Land gleitenden riesigen Coronawelle auf frühestens Ende Januar verschoben werden.
Aus japanischer Sicht legitim und nachvollziehbar und aus der Sicht der USA wünschenswert, kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass die neue Sicherheitsstrategie eine weitere Eskalation in den ohnehin sehr angespannten Beziehungen zwischen den Mächten der westlichen Wertegemeinschaft und China bedeutet.
Für Europa ergibt sich in dieser Lage, bei der mittlerweile nicht nur von einem kalten Krieg gesprochen wird, sondern immer häufiger auch die Befürchtung militärischer Angriffe Teil der Diskussion sind, eine Rolle als Vermittler zwischen den Kontrahenten. Es bringt jahrelange gute und belastbare Beziehungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ein und hätte das notwendige Vertrauen auf chinesischer Seite ebenso die entsprechende Gravitas.
Dass Europa China gegenüber die eigenen Werte verteidigt, ist ebenso selbstverständlich wie wichtig. Allzu häufig wurde dies in der Vergangenheit zugunsten eines unzulässigen wirtschaftlichen Opportunismus und aufgrund einer allzu großen Oberflächlichkeit vernachlässigt. Das hat China in die Hände gespielt. Bei allem Verständnis für eine härtere Gangart dem Land gegenüber heizt der derzeitige offensive Auftritt allerdings die Rhetorik auf beiden Seiten nur an und erhöht somit die vorhandenen Spannungen.
Unsere Werte zu verteidigen, bedeutet nicht auf Pragmatismus zu verzichten. Statt ideologisierter Ansätze, die mehr an Narrativen als an Fakten orientiert sind, ist eine Politik zu befürworten, bei der die Lösung konkreter Probleme im Vordergrund steht. Richard Nixon und Henry Kissinger haben es vorgemacht: mitten in der Kulturrevolution brachen sie nach China auf, um neue Wege der Kooperation mit einem Land zu suchen, dessen Wertvorstellungen nicht unterschiedlicher hätten sein können. Das Ergebnis war 50 Jahre der gemeinsamen Entwicklung, die nicht nur diesen beiden Ländern einen ungeahnten Wohlstand gebracht hat.
Mittlerweile sind wir an einem Punkt angelangt, bei dem es um nicht weniger als Krieg oder Frieden geht. Wie ein Krieg aussieht, können wir täglich in der Ukraine erleben. Es muss die oberste Aufgabe unserer Regierenden zu sein, an einer Stabilität der Beziehungen mit China zu arbeiten, die den Bevölkerungen eine zerstörerische und letztlich sinnlose Konfrontation erspart. Die Werte des Westens und Chinas sind nicht gleich und werden es wohl auch nie werden. Verzichten können wir deswegen aufeinander auch nicht. Europa sollte sich von der weltweit um sich greifenden Polarisierung nicht anstecken lassen. Als verlässlicher Partner innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft sollte es selbstbewusst eine Rolle als Vermittler zwischen den heute unversöhnlichen Mächten einnehmen. Es wäre ein Beitrag zu Frieden und Freiheit – die höchsten Werte, die der Westen verfolgen kann.
Gerhard Hinterhäuser ist Senior Advisor der Strategic Minds Company. Er lebt in Asien und Deutschland und war von 2006 bis 2014 Mitglied der Geschäftsführung des Investmenthauses PICC Asset Management in Shanghai. Zu seinen beruflichen Stationen in Asien gehörten die Deutsche Bank, die Hypovereinsbank und die Münchener Rück.
Matthias Stepan wechselt als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Sektion Politik Ostasiens der Ruhr-Universität Bochum. Er ist hier Mitglied des Horizon Europe Projekts Dealing with a Resurgent China (DWARC) und übernimmt die wissenschaftliche Leitung des Forschungsprojekts Hochschulen als Akteure im Dialog mit China. Er war zuvor Leiter des Peking-Büros der Stiftung Mercator.
Tobias Hofemeier ist seit Anfang des Monats Vizepräsident Air Logistics für Greater China bei Kühne & Nagel. Er war zuvor Air Logistics Director für Hongkong, Macau und Südchina bei derselben Firma.
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Internet-Star und Bier-Schnelltrinker Hebei Pangzai hat ein Auge auf das größte Bierfest der Welt geworfen. Er würde dieses Jahr gerne zum Oktoberfest und sucht dafür Sponsoren, schrieb der Youtuber auf Twitter. Berühmtheit erlangte Hebei Pangzai (also “der Dicke aus Hebei”) mit dem sogenannten Bier-Tornado – einer Trinktechnik, bei der eine Bierflasche in einem Zug geleert wird. Dabei wird durch kreisförmige Bewegungen ein Strudel in der Flasche kreiert, der dann das Bier quasi in den Rachen des Trinkenden drückt. Effektiv. Könnte mit einer Maß allerdings schwieriger werden.
mit der Ernennung von Zheng Yanxiong zum neuen Leiter des Pekinger Liaison-Büros in Hongkong hat die Kommunistische Führung ein klares Signal gesetzt. Der als Hardliner bekannte Zheng folgt auf Luo Huining. Zheng ist berüchtigt für sein hartes Vorgehen gegen Massenprotest in Wukan im Jahr 2011. In dem Dorf in der Provinz Guangdong, die an Hongkong grenzt, hatte der heute 59-Jährige den Bewohnern vorgeworfen, “mit ausländischen Medien zusammengearbeitet zu haben, um für Ärger zu sorgen”.
Marcel Grzanna hat sich die Personalie Zheng näher angesehen und mit im Exil lebenden Hongkongern gesprochen. “Dass ein Hardliner auf den Posten des obersten Repräsentanten rotiert, zeigt die anhaltende Sorge Pekings, dass die Einwohner noch immer Schwierigkeiten machen könnte”, sagt etwa der frühere Hongkonger Politiker und Studentenführer Sunny Cheung im Gespräch. Was primär alles abschreckend klingt, soll der KP Hoffnung nach jedoch Aufschwung für Hongkong bringen. Denn hartes Vorgehen bedeutet Stabilität, gerade auch für ausländische Investoren.
Wie man Peking glücklich machen könnte, beschäftigt nicht nur die Regierung in Hongkong – sondern auch die in Jakarta. Denn China ist Indonesiens wichtigster Geschäftspartner. Gleichzeitig wehrt sich der Inselstaat aber auch gegen aggressives Auftreten der Volksrepublik in umstrittenen Gewässern. Christiane Kühl analysiert die komplizierte Beziehung Jakartas zu Peking und wie sich Indonesiens Präsident Joko Widodo im Ausbalancieren mit dem Westen schlägt.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Mit der Ernennung von Zheng Yanxiong zum neuen Leiter des Pekinger Liaison-Büros in Hongkong hat die Kommunistische Partei ein Signal der Entschlossenheit gesetzt. Die Personalie deutet darauf hin, dass die chinesische Zentralregierung ihren uneingeschränkten Machtanspruch in der Stadt vor deren wirtschaftliche Entwicklung stellt.
Als Direktor des Büros für Nationale Sicherheit hat sich der 59-Jährige in den vergangenen Jahren das Profil eines kompromisslosen Säuberers erarbeitet, der um jeden Preis bereit ist, Hongkongs Produktivität einem erzwungenen politischen Konsens unterzuordnen. Kritiker werfen ihm vor, nicht nur auf politischer Ebene aufgeräumt, sondern auch ehemals unabhängige und international respektierte Berufsverbände wie die 1907 gegründete Gesellschaft für Recht, den Beirat der Rechnungsprüfer oder den Lehrerverband mit Pekinger Loyalisten unterwandert zu haben.
Ausgerechnet Zheng in Personalunion zum Liaison-Chef und damit parallel zum höchsten Interessenvertreter Pekings in der Metropole zu ernennen, wirkt somit nicht nur als eine Warnung an alle verbliebenen Oppositionellen in Hongkong, sondern auch an den pekingfreundlichen Teil der Elite. Ehemalige Hongkonger Politiker und Parlamentarier äußern sich im Gespräch mit China.Table entsprechend entsetzt.
“Ich bin regelrecht geschockt. Diese Personalie ist ein beispielloser Vorgang. Sie bringt zum Ausdruck, dass Peking die öffentliche Wahrnehmung von der Entwicklung in Hongkong nicht mehr interessiert. Weder in der Stadt selbst, noch im Rest der Welt”, sagt der frühere demokratische Abgeordnete Ted Hui, der inzwischen im australischen Exil lebt, wo er der Strafverfolgung durch Hongkonger Behörden entkommen ist. “Es gilt ausschließlich das Wort Pekings”, so Hui.
Unter Zhengs Leitung implementierte die Stadtverwaltung seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetz im Jahr 2020 auch einen Amtseid für Beamte, der ihnen fortan juristische Rechenschaft auferlegt, sollten sie auch nur den Anschein erwecken, nicht 100 Prozent auf zentralstaatlicher Linie zu handeln. “Zheng hat die gesamte Verwaltung so unter Druck gesetzt, dass eine große Mehrheit der Beamten keine Alternative gesehen hat, als sich zu beugen”, sagt Hui. Nur wenige seien aus dem Dienst geschieden.
Internationale Aufmerksamkeit generierte Zheng bereits vor mehr als zehn Jahren, als er als oberster Parteifunktionär der Stadt Shanwei in der an Hongkong grenzenden Provinz Guangdong die Massenproteste in einem aufmüpfigen Dorf kontern musste. Den Bewohnern des Ortes Wukan warf er die Konspiration mit ausländischen Medien vor, um Unruhe zu stiften.
Die gleichen Argumente nutzt Zheng heute, um Dissens mit der Hongkonger Regierung als das Resultat teuflischer Einflussnahme ausländischer Kräfte abzutun. Bei seiner Neujahrsrede am vergangenen Sonntag formulierte er ein Gegenangebot. “Das riesige Hinterland, der Verbrauchermarkt und die unerschöpfliche Innovationskraft des Festlands haben den Einwohnern Hongkongs eine riesige Plattform geboten, um ihre Träume zu verwirklichen”, sagte Zheng und suggerierte, dass Hongkonger Träume ausschließlich aus dem Wunsch nach Wohlstand bestehen. Dabei reflektierten die Proteste in der Stadt im Wesentlichen den Wunsch nach demokratischen Strukturen.
“Dass ein Hardliner auf den Posten des obersten Repräsentanten rotiert, zeigt die anhaltende Sorge Pekings, dass die Einwohner noch immer Schwierigkeiten machen könnten”, sagt der frühere Hongkonger Politiker und Studentenführer Sunny Cheung, der jetzt in Washington lebt. Cheung glaubt, dass Peking eine wirtschaftliche Stärkung der Metropole durch zunehmende Autorität erzwingen kann. “Ein starkes Hongkong soll die schwächelnde chinesische Wirtschaft stützen. Aber die Zentralregierung spürt, dass viele Einwohner kein Vertrauen in die Partei haben“, so Cheung.
Indem die Führung die Zügel anzieht, raubt sie der Stadt den letzten Atem. Doch die KP hofft darauf, mit Kompromisslosigkeit einen Aufschwung zu erreichen. Gerade auch ausländische Investoren sollen das Gefühl bekommen, dass Stabilität eingekehrt ist in Hongkong und sie sich keinerlei Sorgen mehr zu machen brauchen um ihre Investitionen.
Dass dies nur über eine noch engere Anbindung an die Volksrepublik führt, obwohl der Übergabevertrag von 1997 “zwei Systeme” für die Dauer eines halben Jahrhunderts versprochen hatte, formulierte Regierungschef John Lee. Er lobte Zheng für die “Koordination, Überwachung und Führung” der Stadtregierung im Bereich der nationalen Sicherheit und versprach seinerseits, “Hongkongs Integration in die nationale Entwicklung” voranzutreiben zu wollen.
Wie fühlt es sich an, wenn Ihr wichtigster Geschäftspartner seit vielen Jahren Anspruch auf einen Teil Ihres Grundstücks erhebt? Fragen Sie Indonesiens Präsidenten Joko Widodo. Der größte Handelspartner seines Landes ist seit zehn Jahren China. Zugleich schickt Peking immer wieder Schiffe seiner Küstenwache in die Gewässer um die indonesische Natuna-Inselgruppe zwischen Indonesien, Malaysia und Vietnam. Teile dieser See liegen ganz am Rande von Chinas riesigem Anspruchsgebiet im Südchinesischen Meer, darunter schlummern Rohstoffe wie Erdgas.
Widodo, auch bekannt als Jokowi, pocht derweil auf Indonesiens Recht, die natürlichen Ressourcen in seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) rund um die Inseln auszubeuten und hatte am 2. Januar die Erschließung des Tuna-Gasfeldes in dem Gewässer genehmigen lassen, einen Deal über den Export dieses Gases an Vietnam inklusive. Indonesien verlegte zudem ein Flottenkommando ins nahe gelegene Riau-Archipel, auf dem es 2021 mit dem Bau eines U-Boot-Stützpunkts begonnen hatte.
Zugleich pflegen beide Seiten enge Kommunikationskanäle durch regelmäßige Treffen, in denen es meist vor allem um die Zusammenarbeit in der Wirtschaft geht. Im Juli 2022 reiste Jokowi nach Peking und traf – als erster Staatschef seit den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar 2022 – seinen Amtskollegen Xi Jinping. Beide Seiten vereinbarten, ihre Handelsbeziehungen auszubauen und ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu verstärken.
Beim G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali traf Jokowi im November ebenfalls bilateral mit Xi zusammen. Demonstrativ schalteten beide sich dort über Video dem chinesisch finanzierten Testbetrieb der 142 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsstrecke Jakarta-Bandung zu, die zu den Großprojekten Pekings in Indonesien gehört. Wenig später sprachen sie beim APEC-Gipfel in Bangkok erneut miteinander.
Der indonesische Zwiespalt zeigt, wie schwierig es für die Staaten Südostasiens ist, sicherheitspolitisch und wirtschaftlich in ihrer Region und der Welt zu navigieren. Sie alle treiben intensiven Handel mit China und versuchen eine klare Positionierung im geopolitischen Ringen zwischen China und dem Westen zu vermeiden. China betrachtet die Region als seine Einflusssphäre, aus die es die USA verdrängen will. Es initiierte dort die weltgrößte Freihandelszone RCEP, die vor genau einem Jahr an den Start ging. Ihr gehören neben China und Südostasien auch Indien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland an.
Doch Indonesien hat eine lange Tradition der Blockfreiheit, die es keineswegs aufgeben will. So hält das Land Militärübungen sowohl mit den USA als auch mit China ab. Es kauft Kampfjets in Frankreich und den USA. Doch es ist auch Gast in Chinas Sicherheitsbündnis Shanghai Cooperation Association. In seiner Funktion als G20-Präsident besuchte Widodo 2022 sowohl den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew als auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Indonesien sei bereit, eine “Kommunikationsbrücke” zwischen den beiden Seiten zu sein, betonte er damals. Verteidigungsminister Prabowo Subianto sagte Ende November vor Journalisten: “Ich möchte betonen, dass Indonesien immer versucht, die besten Beziehungen zu allen Nationen, insbesondere zu allen Großmächten, zu unterhalten.” Indonesien betrachte China als befreundete Nation und erwarte, dass überlappende territoriale Ansprüche auf dem Verhandlungsweg gelöst werden, so Subianto.
Das aufstrebende Indonesien ist mit seinem auch geopolitisch wachsenden Gewicht zu groß, um von Peking aus einfach als kleiner lästiger Anrainer seines Hinterhofs angesehen zu werden. China ist durchaus interessiert an engen Beziehungen zu Indonesien, in die es auch bereit ist zu investieren. Das zeigt sich etwa an einer aktiven Impfdiplomatie. Sinovac aus China ist das am häufigsten verimpfte Vakzin in Indonesien. Der in China entwickelte mRNA-Impfstoff AWcorna ging im Oktober in Indonesien an den Start, bevor er überhaupt in China zugelassen wurde.
Der Inselstaat ist zugleich ein potenziell riesiger Absatzmarkt und Rohstoffpartner für China. Das Land hat mit 276 Millionen Menschen die viertgrößte Bevölkerung der Welt und ist mit Abstand das größte unter den Asean-Staaten. Unter vielen Inseln des Landes lagern Rohstoffe, auf die China ein Auge geworfen hat. So verfügt Indonesien über mehr als ein Fünftel der weltweiten Nickelvorkommen, die ein wichtiger Bestandteil der Batterien für Elektrofahrzeuge sind.
Laut Weltbank ist das Land die zehntgrößte Volkswirtschaft, gemessen an der Kaufkraftparität. Für 2022 erwartet sie laut einem Bericht vom Dezember ein Wachstum von 5,2 Prozent. Mittelfristig (2023-25) geht die Bank von einem jährlichen Schnitt von 4,9 Prozent aus.
2013 hatte Jokowis Vorgänger Susilo Bambang Yudhoyono eine “umfassende Strategische Partnerschaft” mit China geschlossen. Seither fließen viele Investitionen ins Land, unter anderem im Rahmen der Belt and Road-Infrastrukturitiative (BRI). Im ersten Halbjahr 2022 lagen Festlandchina und Hongkong laut der Staatszeitung Global Times auf Platz zwei und drei unter den ausländischen Direktinvestitionen Indonesiens, mit 3,6 beziehungsweise 2,9 Milliarden US-Dollar. Der bilaterale Handel lag 2021 nach IWF-Daten bei fast 114 Milliarden US-Dollar – und war damit weit größer als der Warenaustausch mit der Nummer zwei, den USA (37 Mrd. US-Dollar). Dabei gelang Indonesien 2021 erstmals seit mehr als zehn Jahren ein Handelsüberschuss mit China.
Chinas Investitionen konzentrieren sich derweil – wenig überraschend – auf Infrastruktur und Rohstoffprojekte, etwa im Metallurgie-Sektor. Das passt insofern, als Jokowi sowohl die Infrastruktur, als auch eine heimische Rohstoffindustrie aufbauen will. 2014 verbot Indonesien dazu eigens die Ausfuhr von unraffinierten Erzen aus Indonesien, so dass China und andere Investoren vor Ort in die Metallverarbeitung einsteigen müssen.
Chinas Tsingshan-Gruppe, größter Nickelproduzent der Welt, führte den Bau des Morowali-Industrieparks auf Sulawesi an, in dem inzwischen mindestens 11 Schmelzöfen in Betrieb sind. Er ist eines der zentralen Rohstoffprojekte des Landes. In der gleichen Region gründete die Jiangsu Delong Nickel Industry Co. den Virtue Dragon Nickel Industriepark, wo Nickel und Edelstahl produziert werden. “Wir machen Pläne zu Batterien für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben”, zitierte die Global Times den Geschäftsführer Zhou Yuan. Jokowi möchte sein Land zu einer Basis für die Herstellung von Vorprodukten für die EV-Industrie machen.
Dass Jokowi an seiner Strategie festhalten will, die heimischen Rohstoffe selbst zu kontrollieren, , zeigte er im Dezember 2022, als er auch die Ausfuhr des Aluminium-Rohstoffs Bauxit verbot – was China als größter Importeur empfindlich treffen wird. Auch ein Zinn-Exportverbot wird studiert. Jakarta dürfte sich auch in diesen Sektoren Investitionen vor Ort erhoffen. Wie in anderen Ländern auch gibt es allerdings immer wieder Kontroversen um chinesische Projekte. Vorwürfe kreisen um Umweltschäden, Korruption, Ärger von Anwohnern oder Verzögerungen. In einer Schmelzhütte der PT Gunbuster Nickel Industry auf Sulawesi, die zu Jiangsu Delong gehört, gab es kürzlich Krawalle bei Protesten gegen schlechte Bezahlung und Sicherheitsvorkehrungen, bei denen zwei Arbeiter starben.
China ist für niemanden ein einfacher Partner. Bisher bleibt Jokowi standhaft im Territorialstreit wie in der Rohstoffpolitik. Ob China alles bekommen kann – lukrative Verträge und die beanspruchten Seegebiete – ist längst nicht ausgemacht. Es liegt auch an China, wie sich die Beziehungen weiter entwickeln.
Die Reisewelle zum Neujahrsfest inmitten hoher Corona-Zahlen steuert auf ihren Höhepunkt zu. Seit der Öffnung der Grenzen am 8. Januar im Zuge der Lockerung der strikten Pandemie-Beschränkungen seien durchschnittlich bereits eine halbe Million Menschen pro Tag ein- oder ausgereist, berichten staatliche Medien unter Berufung auf Vertreter der Einreisebehörde.
Zudem machten sich inzwischen Millionen Menschen aus den Großstädten auf den Weg, um am Freitag zu Beginn der rund zweiwöchigen Feierlichkeiten am Vorabend des Neujahrstages bei ihren Familien zu sein. Der Neujahrstag nach dem Mondjahr fällt dieses Jahr auf den Neumond am Sonntag. Die Regierung in Peking schätzt, dass in den nächsten 40 Tagen mehr als 2,1 Milliarden Reisen gemacht werden.
Während in Metropolen wie Shanghai die Corona-Welle nach offiziellen Angaben ihren Höhepunkt erreicht hat, wächst damit die Sorge vor einer Ausbreitung des Virus auf dem Land. Dort sind viele, vor allem ältere Menschen ungeimpft, und das Gesundheitssystem ist schlechter ausgestattet. rtr/flee
Einer Umfrage des Forschungsinstituts Merics zufolge geht eine überwiegende Mehrheit der befragten China-Experten von einer Verschlechterung der Beziehungen Chinas zur EU und anderen westlichen Ländern aus. Die Mehrheit (55 Prozent) erwartet, dass China ungeachtet des anhaltenden Kriegs in der Ukraine an seiner pro-russischen “Neutralität” festhalten wird, und dass China und Russland ihre wirtschaftlichen Beziehungen weiter vertiefen werden.
Für ihren inzwischen vierten “China Forecast” hat Merics 880 Expertinnen und Experten nach ihren Einschätzungen gefragt – und diese stimmen nicht gerade optimistisch. Bei den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China etwa erwarten die Befragten deutliche Verschlechterungen:
Die Erwartungen an Chinas Zukunft seien “nicht besonders optimistisch”, so das Fazit der Umfrage. Die Befragten betrachten die Ausbreitung von Covid-19 in China, das geopolitische Umfeld und eine drohende globale Rezession als die größten Herausforderungen im Jahr 2023. Gleichzeitig sagen die Befragten ein noch stärker von Xi dominiertes China voraus, viele erwarten zudem einen Ausbau der staatlichen Kontrolle über die Wirtschaft. flee
Chinas schwache Wirtschaftsdaten für 2022 erhärten die Vermutung, dass das Land bald den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen erreichen könnte. Die chinesische Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr um lediglich drei Prozent. Bei besonders emissionsintensiven Industrien gab es sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung, wie offizielle Daten des nationalen Statistikamts zeigen. Ursprünglich hatte die Volksrepublik ein Wachstum von 5,5 Prozent angestrebt.
Folgende Industriedaten sind für Chinas CO2-Ausstoß besonders relevant:
Laut Lauri Myllyvirta, China-Experte beim Centre for Research on Energy and Clean Air in Helsinki, deuten diese Zahlen auf einen Rückgang der CO2-Emissionen im Jahr 2022 hin. Schon zwischen dem 3. Quartal 2021 und dem 2. Quartal 2022 gingen die Emissionen jeweils zurück. Verantwortlich dafür sind ein schwächelnder Immobiliensektor und die Covid-19-Pandemie. nib
US-Finanzministerin Janet Yellen und ihr chinesischer Kollege Liu He haben sich auf eine stärkere Zusammenarbeit bei der Finanzierung der Klimapolitik geeinigt. Wie aus einer Mitteilung des US-Finanzministeriums zu dem Treffen am Mittwoch in Zürich hervorgeht, will Yellen zudem nach China reisen und in absehbarer Zukunft auch chinesischen Besuch in den USA empfangen. Zwar gebe es Differenzen, doch sollte verhindert werden, dass “Missverständnisse, vor allem diejenigen, die aus einem Mangel an Kommunikation entstehen, unser bilaterales wirtschaftliches und finanzielles Verhältnis unnötigerweise verschlechtern”, sagte Yellen zu Liu. Der Wettbewerb zwischen beiden Ländern dürfe niemals zu einer Art Konflikt werden.
Liu zeigte sich bereit, mit den USA zusammenzuarbeiten. “Unabhängig davon, wie sich die Bedingungen verändern, sollten wir immer Dialog und Austausch aufrechterhalten“, sagte er. Yellen vertritt eine eher kritische Haltung gegenüber den Handelspraktiken Chinas und der engen Verbindung Pekings zu Russland.
Vizepremierminister Liu hatte am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesprochen und eine schnelle wirtschaftliche Erholung Chinas nach Ende der Null-Covid-Politik betont. Am Mittwoch erklärte auch Ministerpräsident Li Keqiang, dass sich die chinesische Wirtschaft trotz zahlreicher Schwierigkeiten und Herausforderungen rasch erholen werde. China werde talentierten Menschen aus dem Ausland helfen, in die Volksrepublik zu kommen und zu arbeiten, sagte Li laut dem staatlichen Sender CCTV. Zudem wolle China die Rechte und Interessen ausländischer Investoren besser schützen. ari
Die Ausbreitung des Coronavirus in China hat den Luxusgüterkonzern Richemont im Weihnachtsquartal gebremst. Der Umsatz des Schweizer Unternehmens kletterte von Oktober bis Dezember in Lokalwährungen um fünf Prozent auf 5,4 Milliarden Euro, teilte Richemont am Mittwoch mit. Analysten hatten einen Umsatz von rund 5,7 Milliarden Euro erwartet. Weihnachten wird in China zwar nicht wirklich gefeiert. Als Konsumfest hat es dennoch eine wirtschaftliche Bedeutung.
Corona habe auf dem chinesischen Festland zu einer erheblichen Störung des Einzelhandels geführt. Wegen reduzierter Öffnungszeiten und der vorübergehenden Schließung von Verkaufsstellen sei der Umsatz des Herstellers von Cartier-Schmuck sowie Uhren der Marken A. Lange & & Söhne und IWC um 24 Prozent geschrumpft. rtr
Im Dezember letzten Jahres überraschte Premier Fumio Kishida die Weltöffentlichkeit mit einer neuen japanischen Sicherheitsstrategie. Sie bedeutet eine weitgehende Reinterpretation der seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geltenden pazifistisch orientierten Sicherheitsdoktrin. Nicht nur werden die Verteidigungsausgaben verdoppelt und somit bis 2027 um circa 315 Milliarden US-Dollar angehoben, wodurch Japans Militärbudget nach den USA und China weltweit das Drittgrößte wird. Das Land ist darüber hinaus in Verhandlungen mit den USA über den Kauf von 500 Tomahawk-Raketen eingetreten, und es will das eigene Raketenprogramm ausweiten. Damit wird es die Fähigkeit zum “Gegenangriff” erwerben, sprich: Von U-Booten oder anderen Stützpunkten aus Positionen auf dem chinesischen Festland treffen können. “Der Gegenangriff ist”, so Premier Kishida, “ein essenzielles Element unserer Abschreckungsstrategie”.
Kern der seit dem Zweiten Weltkrieg in Japan gültigen Sicherheitsdoktrin war die Selbstverteidigung, wie in der Verfassung festgeschrieben. So wird die Streitmacht Japans als Selbstverteidigungstruppe bezeichnet, die Verteidigungsausgaben des Landes sind seit den 1950er-Jahren fest bei einem Prozent des Bruttosozialprodukts limitiert und Japan verzichtete auf eine militärische Machtprojektion durch den Erwerb von Waffengattungen wie Langstreckenraketen, Amphibienfahrzeugen oder großen Flugzeugträgern. Versuche, daran etwas zu ändern, wurden von der japanischen Bevölkerung entschieden abgelehnt, von den Oppositionsparteien konterkariert und von den Nachbarländern China und Korea beißender Kritik unterzogen.
Die neue strategische Orientierung beruht auf dem “harschesten und komplexesten Sicherheitsumfeld seit dem Zweiten Weltkrieg”. Insbesondere China wird als die “größte strategische Herausforderung” bezeichnet. Diese ist geprägt durch den konsequenten Aufbau konventioneller und nuklearer Waffenarsenale, der einhergeht mit Drohungen einer Invasion Taiwans, der Errichtung von Militärstützpunkten im umstrittenen südchinesischen Meer, sowie immer häufigeren Übergriffen im Einzugsbereich der von Japan kontrollierten Senkaku Inseln.
Die strategische Allianz von China und Russland ist ein weiterer Grund zur Sorge. Im Falle einer Ausweitung des in Japan scharf verurteilten Ukrainekriegs könnte sie fatale Folgen haben: China und Japan würden sich als Konfliktparteien gegenüberstehen.
Auch die unberechenbare Nuklearmacht Nordkorea stellt eine wachsende Bedrohung dar. 2022 hat das Land nicht weniger als 70 Raketentests durchgeführt und dieses Jahr plant es, sein Atomprogramm auszuweiten und einen Spionagesatelliten ins Weltall zu schicken.
Die japanische Bevölkerung unterstützt die neue Sicherheitsstrategie. Einer kurz nach Verkündigung durchgeführten Umfrage der Kyodo News Agentur zufolge stimmten 53 Prozent der Befragten dem Erwerb der Fähigkeit zu Gegenangriffen zu, während 42,6 Prozent dagegen waren, auch wenn die Mehrheit sich gegen eine Finanzierung über Steuererhöhungen aussprach. Dies deckt sich mit verschiedenen weiteren Umfragen, denen zufolge die Meinung der Japaner zu China sich in den letzten 10 Jahren erheblich eingetrübt hat. Heute stuft die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die Beziehungen zu China als nicht gut ein und nur eine Minderheit behauptet von sich, sie habe zu China eine freundschaftliche Einstellung.
Erwartungsgemäß hat China die neue Strategie heftig kritisiert. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, “Japan würde Fakten ignorieren, von den Verpflichtungen in den chinesisch-japanischen Beziehungen und dem gemeinsamen Verständnis zwischen den beiden Ländern abweichen und China grundlos diskreditieren”. Ein Besuch des als chinafreundlich geltenden japanischen Außenministers Yoshimasa Hayashi, der zeitnah mit der Verkündung der neuen Sicherheitsstrategie stattfinden sollte, um die chinesische Politik zu beschwichtigen, musste wegen der über das Land gleitenden riesigen Coronawelle auf frühestens Ende Januar verschoben werden.
Aus japanischer Sicht legitim und nachvollziehbar und aus der Sicht der USA wünschenswert, kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass die neue Sicherheitsstrategie eine weitere Eskalation in den ohnehin sehr angespannten Beziehungen zwischen den Mächten der westlichen Wertegemeinschaft und China bedeutet.
Für Europa ergibt sich in dieser Lage, bei der mittlerweile nicht nur von einem kalten Krieg gesprochen wird, sondern immer häufiger auch die Befürchtung militärischer Angriffe Teil der Diskussion sind, eine Rolle als Vermittler zwischen den Kontrahenten. Es bringt jahrelange gute und belastbare Beziehungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ein und hätte das notwendige Vertrauen auf chinesischer Seite ebenso die entsprechende Gravitas.
Dass Europa China gegenüber die eigenen Werte verteidigt, ist ebenso selbstverständlich wie wichtig. Allzu häufig wurde dies in der Vergangenheit zugunsten eines unzulässigen wirtschaftlichen Opportunismus und aufgrund einer allzu großen Oberflächlichkeit vernachlässigt. Das hat China in die Hände gespielt. Bei allem Verständnis für eine härtere Gangart dem Land gegenüber heizt der derzeitige offensive Auftritt allerdings die Rhetorik auf beiden Seiten nur an und erhöht somit die vorhandenen Spannungen.
Unsere Werte zu verteidigen, bedeutet nicht auf Pragmatismus zu verzichten. Statt ideologisierter Ansätze, die mehr an Narrativen als an Fakten orientiert sind, ist eine Politik zu befürworten, bei der die Lösung konkreter Probleme im Vordergrund steht. Richard Nixon und Henry Kissinger haben es vorgemacht: mitten in der Kulturrevolution brachen sie nach China auf, um neue Wege der Kooperation mit einem Land zu suchen, dessen Wertvorstellungen nicht unterschiedlicher hätten sein können. Das Ergebnis war 50 Jahre der gemeinsamen Entwicklung, die nicht nur diesen beiden Ländern einen ungeahnten Wohlstand gebracht hat.
Mittlerweile sind wir an einem Punkt angelangt, bei dem es um nicht weniger als Krieg oder Frieden geht. Wie ein Krieg aussieht, können wir täglich in der Ukraine erleben. Es muss die oberste Aufgabe unserer Regierenden zu sein, an einer Stabilität der Beziehungen mit China zu arbeiten, die den Bevölkerungen eine zerstörerische und letztlich sinnlose Konfrontation erspart. Die Werte des Westens und Chinas sind nicht gleich und werden es wohl auch nie werden. Verzichten können wir deswegen aufeinander auch nicht. Europa sollte sich von der weltweit um sich greifenden Polarisierung nicht anstecken lassen. Als verlässlicher Partner innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft sollte es selbstbewusst eine Rolle als Vermittler zwischen den heute unversöhnlichen Mächten einnehmen. Es wäre ein Beitrag zu Frieden und Freiheit – die höchsten Werte, die der Westen verfolgen kann.
Gerhard Hinterhäuser ist Senior Advisor der Strategic Minds Company. Er lebt in Asien und Deutschland und war von 2006 bis 2014 Mitglied der Geschäftsführung des Investmenthauses PICC Asset Management in Shanghai. Zu seinen beruflichen Stationen in Asien gehörten die Deutsche Bank, die Hypovereinsbank und die Münchener Rück.
Matthias Stepan wechselt als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Sektion Politik Ostasiens der Ruhr-Universität Bochum. Er ist hier Mitglied des Horizon Europe Projekts Dealing with a Resurgent China (DWARC) und übernimmt die wissenschaftliche Leitung des Forschungsprojekts Hochschulen als Akteure im Dialog mit China. Er war zuvor Leiter des Peking-Büros der Stiftung Mercator.
Tobias Hofemeier ist seit Anfang des Monats Vizepräsident Air Logistics für Greater China bei Kühne & Nagel. Er war zuvor Air Logistics Director für Hongkong, Macau und Südchina bei derselben Firma.
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Internet-Star und Bier-Schnelltrinker Hebei Pangzai hat ein Auge auf das größte Bierfest der Welt geworfen. Er würde dieses Jahr gerne zum Oktoberfest und sucht dafür Sponsoren, schrieb der Youtuber auf Twitter. Berühmtheit erlangte Hebei Pangzai (also “der Dicke aus Hebei”) mit dem sogenannten Bier-Tornado – einer Trinktechnik, bei der eine Bierflasche in einem Zug geleert wird. Dabei wird durch kreisförmige Bewegungen ein Strudel in der Flasche kreiert, der dann das Bier quasi in den Rachen des Trinkenden drückt. Effektiv. Könnte mit einer Maß allerdings schwieriger werden.