die Zahl illegal eingereister Chinesen in die USA nimmt derzeit dramatisch zu. Die Gründe für ihre Flucht sind unterschiedlich. Doch fast alle haben bei ihrer Ankunft die gleichen Probleme: Wie geht es weiter fernab der Heimat?
Marcel Grzanna ist es gelungen, mit Ma Ju zu sprechen. Ma hat 2019 selbst politisches Asyl in den USA beantragt – bislang noch ohne Ergebnis. In einem Mietshaus in New York kümmert er sich um seine ankommenden Landsleute. Er berichtet vom ideologischen Zurechtfinden in einem demokratischen System, aber auch von ganz praktischen Problemen aus dem Alltag und dem Gemütszustand der Neuankömmlinge. Mas Engagement ist kaum zu überschätzen. Denn eine Rückkehr nach China wäre für seine Landsleute gefährlich.
Finanziell gefährlich ist das, was die Anleger derzeit beim Star50 erleben. Eigentlich sollte der neue Tech-Index aus Shanghai zum Sinnbild eines neuen Chinas werden: von Innovation und technologischen Durchbrüchen vorangetrieben. Staatschef Xi Jinping persönlich kündigte ihn an, doch seit dem Start geht es für den Shanghaier Tech-Index nur bergab.
Jörn Petring zeigt, wie die chinesische Regierung versucht, den Wertverfall der Aktien zu stoppen – und bemerkt, dass ähnliche Maßnahmen schon in der Vergangenheit angewandt wurden. Doch staatliche Aufkäufe und Wettverbote auf fallende Kurse werden keine schnelle Abhilfe schaffen.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die Hilfsbereitschaft des wohlhabenden Ma Ju hat sich herumgesprochen. Ma, ein chinesischer Staatsbürger der muslimischen Hui-Ethnie, lebt in den USA und beherbergt seit Dezember vergangenen Jahres in einem angemieteten Haus im New Yorker Stadtteil Queens chinesische Flüchtlinge.
Ma hat in den vergangenen elf Monaten mehr als 200 Menschen aufgenommen: Uiguren, Hui- oder Dong-, aber auch zahlreiche Angehörige der dominierenden Han-Ethnie, die alle aus ihrer Heimat geflohen sind. Mal aus politischen, mal aus wirtschaftlichen Gründen. Zurzeit wohnen 17 Menschen in der New Yorker Bleibe, ein paar mehr als sonst üblich.
Alle Bewohner sind während der vergangenen Monate über die Mittelamerika-Route illegal in die Vereinigten Staaten gelangt, um dort politisches Asyl zu beantragen. Nach dem Grenzüberschritt wurden sie festgenommen und für einige Tage, manchmal einige Wochen festgehalten. Nach ihrer Freilassung beginnt die lange Zeit des Wartens. Die Bewilligung kann sich über Jahre hinziehen. Viele gehen nach Kalifornien oder nach New York – in der Hoffnung, in den liberaleren Bundesstaaten der USA Landsleute und so besseren Anschluss zu finden.
In Queens finden die Geflüchteten Zeit, um den Start in ein neues Leben zu planen. Wer eine Unterkunft benötigt, dem gewährt Ma zwei Wochen lang kostenlos ein Bett und ausreichend Lebensmittel. Wer länger bleiben möchte, muss sich finanziell an den Unkosten beteiligen. Nach zwei Monaten müssen aber auch sie Platz machen für einen neuen Flüchtling.
Ma steht als Ratgeber bereit, vermittelt Jobs oder Kontakte zu Anwälten, die die Asylverfahren begleiten. “Ich kläre die Leute über ihre Rechte auf, die sie in den USA genießen, aber auch darüber, wo ihre Rechte enden”, sagt Ma im Videogespräch mit Table.Media. Viele begriffen erst nach und nach, was es überhaupt bedeute, in einem demokratischen Staat zu leben. “Manche benötigen eine Weile, ehe sie sich trauen, ihre Rechte einzufordern. Das sind sie aus China nicht gewöhnt”, sagt Ma.
Auch Ma selbst hat 2019 politisches Asyl in den USA beantragt – bislang noch ohne Ergebnis. Er kam gut betucht samt Visum im Pass mit dem Flugzeug aus Dubai. Sein Vermögen hatte er als Unternehmer im Bergbau gemacht. Eine Rückkehr nach China kommt für ihn nicht infrage, weil er dort 2009 als einflussreicher, muslimischer Geschäftsmann verdächtigt wurde, uigurische Terroristen zu unterstützen.
Die Chancen auf einen positiven Bescheid stehen laut der Nichtregierungsorganisation Political Asylum USA nicht allzu schlecht für chinesische Staatsbürger. Politische Repressionen und mangelnde religiöse Freiheit gelten in den USA als akzeptierte Gründe, um aus China fliehen zu wollen. Das Rechtsnetzwerk Nolo rät den Antragsstellern, deutlich darzustellen, wie der persönliche “geschützte Grund” verletzt oder bedroht wurde, und weshalb der Antragssteller Angst habe, nach China zurückzukehren.
Tatsächlich ist die Zahl der Asylsuchenden aus China in den USA in jüngster Zeit drastisch gestiegen. Die US-Behörden meldeten im September mehr als 4.000 Festnahmen chinesischer Staatsangehöriger – 70 Prozent mehr als im August. 24.000 waren es insgesamt, die seit Herbst 2022 aufgegriffen wurden.
Medienberichte lassen darauf schließen, dass viele Flüchtlinge aus wirtschaftlichen und politischen Gründen ihre Heimat verlassen haben. Viele klagen darüber, dass ihnen Bürokratie und Sicherheitsbehörden keinen Spielraum ließen, um sich selbst zu helfen. Auch die brutale Durchsetzung der Corona-Maßnahmen hat die Zahl der Geflüchteten nach oben getrieben.
“In den vergangenen Jahren ist vielen Menschen klar geworden, wie gnadenlos das System mit ihnen umgeht”, sagt der chinesische Exilant Teng Biao, der sich bis zum Aufstieg von Xi Jinping an die Parteispitze als Bürgerrechtler für politischen Wandel in China eingesetzt hatte. Vor allem die junge Generation verliere zusehends die Hoffnung, sagt Teng.
Über die Video-App Tiktok gibt es Anleitungen auf Mandarin, wie man als Geflüchteter die beschwerliche Reise von Südamerika bis an die US-Grenze zurücklegen kann und wie man sich dort am besten verhält, um schließlich in den USA festgenommen zu werden. Viele der illegal Einreisenden landen zunächst in Ecuador, wo sie kein Visum benötigen. Von dort aus machen sich dann mithilfe von Schleusern auf den Tausende Kilometer langen Landweg durch Süd- und Mittelamerika. Neu ist das Phänomen zwar nicht, die jüngst wieder drastisch steigenden Zahlen sind jedoch markant.
Chinesen bilden schon seit den 1990er-Jahren eine der größten Gruppen, die in den USA politisches Asyl beantragen. Zwischen 2009 und 2011 stammte sogar jeder dritte Antrag von einem chinesischen Staatsbürger oder einer Staatsbürgerin.
Während der Covid-Beschränkungen waren die Flüchtlings-Zahlen hingegen deutlich geringer. Von Januar 2020 bis Dezember 2021 wurden durchschnittlich nur 54 chinesische Staatsangehörige pro Monat an der Südgrenze aufgegriffen. Erst seit Mai 2022 stieg die Zahl wieder auf mehr als 200. Seit Dezember 2022, als die Corona-Maßnahmen in China beendet wurden, sind es monatlich im Durchschnitt 2.145 Menschen.
Allein wirtschaftliche Gründe anzugeben im Asylverfahren, reicht jedoch kaum aus. Das sagt auch Ma Ju seinen Gästen in Queens. Er erklärt ihnen auch, dass die USA kein Paradies seien, sondern das Überleben teilweise sehr hart werden kann. “Manche Flüchtlinge sind ernüchtert, wenn sie feststellen, dass die Lebenshaltungskosten in den USA sehr hoch sind und es nicht leicht ist, umgehend gutbezahlte Jobs zu finden.”
Jene, die in China wirklich Angst um ihre Freiheit und Gesundheit haben, würden diese Herausforderung vollen Mutes angehen. Andere aber, die auf Wohlstand im Handumdrehen hoffen, würden desillusioniert. Ma erinnert sich an einen Geflohenen, der nach zwei Monaten im Land entschied, nach China zurückzukehren. Wie er dort empfangen wurde von den örtlichen Behörden, weiß Ma nicht. Der Kontakt zu dem Mann ist abgebrochen.
Abschiebungen sind dagegen selten erfolgreich, weil China die Rückkehr von Geflüchteten sehr häufig ablehnt. Die Menschen sind dann in den USA gestrandet, haben keine Sozialversicherungsnummer und dürfen offiziell nicht arbeiten. Interessiert an einer Rückkehr sind Chinas Behörden allerdings dann, wenn es sich bei den Geflüchteten um Beamte und Parteikader handelt.
Im Rahmen der Operation Foxhunt, die 2014 von der chinesischen Regierung lanciert wurde, bewegten chinesische Agenten und Sicherheitskräfte weltweit Hunderte chinesischer Funktionäre zu deren vermeintlich “freiwilliger” Rückkehr in die Volksrepublik, nachdem sie zuvor aus ihrer Heimat geflohen waren. Wer zurückgebracht wurde, kam vor Gericht und wurde verurteilt.
Eigentlich sollte der Star50-Index zum Sinnbild eines neuen China werden. Ein Land im Aufbruch mit einer Wirtschaft, die von Innovation und technologischen Durchbrüchen vorangetrieben wird. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich kündigte den neuen Tech-Index, der dem US-Vorbild Nasdaq nachempfunden ist, vor fünf Jahren an.
Der Index hat das Ziel, “die qualitativ hochwertige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft zu fördern” und die “marktorientierte Reform des Kapitalmarktes” voranzutreiben, wirbt die Shanghaier Börse auf ihrer Internetseite für den jungen Tech-Index. Anleger, die sich auf diese blumigen Worte verließen, erlebten jedoch eine herbe Enttäuschung.
Denn der Star50 handelt derzeit in der Nähe eines neuen Rekord-Tiefs, das er Ende Oktober erreichte. Seit August 2020 kann er als Indexfonds gehandelt werden. Anleger, die seitdem dabei sind, haben fast die Hälfte ihrer ursprünglichen Anlage verloren. Der Star50 ist damit das traurige Schlusslicht unter den chinesischen Aktien-Indizes, für die es insgesamt seit Jahren schlecht läuft.
Die Verluste verärgern auch Kleinanleger. Für Aufsehen in sozialen Netzwerken sorgte kürzlich das Halloween-Kostüm eines Mannes, der sich als fallender Aktien-Chart verkleidet hatte. Peking versucht, die Kurse durch Stützmaßnahmen zu stabilisieren. Die Regierung ist seit August aktiver beim Kauf chinesischer Aktien geworden, um dem schwächelnden Markt neues Leben einzuhauchen, analysiert die US-Bank Goldman Sachs.
Ähnlich ging die Regierung allerdings bereits vor acht Jahren vor. Nachdem der mittlerweile verstorbene ehemalige Ministerpräsident Li Keqiang das Volk animiert hatte, mehr am Aktienmarkt zu investieren, brach eine regelrechte Euphorie aus. Innerhalb eines Jahres verdoppelte sich der Leitindex. Doch es passierte, was passieren musste: Die Blase platzte und Anleger verloren viel Geld.
Um die Lage zu stabilisieren, ließ die Regierung staatliche Fonds und Banken so viele Aktien kaufen, dass staatliche Institute ihre Aktienbestände innerhalb weniger Monate mehr als verdreifachten. Auch wurden Wetten auf sinkende Aktienkurse zeitweise verboten. Der Abwärtstrend setzte sich dennoch noch eine ganze Weile fort.
Und danach sieht es laut Analysten auch jetzt wieder aus. Vor allem seien internationale Fonds weiterhin nicht davon überzeugt, dass sich der chinesische Markt bald erholen wird. Sobald es eine leichte Erholung gibt, würden sie ihre Verkäufe fortsetzen, warnt die US-Investmentbank Morgan Stanley.
Kurz vor dem Treffen von Xi Jinping mit US-Präsident Joe Biden hat Peking einige Forderungen aufgestellt. Aus dem chinesischen Außenministerium hieß es am Montag, die USA sollten Chinas legitime Bedenken und Anliegen respektieren. Dazu gehöre auch das Recht der Volksrepublik, sich zu entwickeln. Die USA würden sich stattdessen darauf konzentrieren, Chinas Interessen zu schaden.
China hoffe, dass Amerika keinen neuen Kalten Krieg oder einen Konflikt mit der Volksrepublik suche, sondern die Beziehungen wieder auf einen “stabilen Pfad der Entwicklung” bringen werde, sagte die Außenamtssprecherin in Peking.
Xi und Biden werden sich am morgigen Mittwoch am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in San Francisco treffen. Experten rechnen allerdings nicht mit Ergebnissen in den heiklen Fragen wie Ukraine-Krieg, Taiwan oder US-Techsanktionen. Denn die Positionen Chinas und der USA könnten gegensätzlicher kaum sein. rad
Chinas und Pakistans Marine führen einwöchige Übungen im Arabischen Meer durch. Auf einem Marinestützpunkt in Karatschi haben Militäreinheiten beider Staaten am Samstag mit Übungen zu See und in der Luft im nördlichen Arabischen Meer begonnen. Dazu gehören auch U-Boot-Abwehreinsätze. Die Übung endet am 17. November.
Während der Übung werden China und Pakistan zum ersten Mal gemeinsame Seepatrouillen durchführen, wie die Zeitung der Volksbefreiungsarmee am Montag berichtet. Zuvor hatte Chinas Volksbefreiungsarmee ein Manöver mit Kambodscha, Laos, Malaysia, Thailand und Vietnam abgehalten. China nutzt die Manöver als Instrument, um eine militärische Bindung der Staaten an die USA zu verhindern. rad
China denkt offenbar über ein Ende des Verkaufsstopps von 737 Max des US-Flugzeugherstellers Boeing nach. Präsident Xi Jinping könnte entsprechende Pläne am Mittwoch beim Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande des Apec-Gipfels in San Francisco verkünden. Das berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg am Montag unter Berufung auf vertrauliche Quellen. Allerdings sei noch keine endgültige Entscheidung gefallen, sondern stehe lediglich als Option im Raum.
Boeing hat seit 2018 keine Verkäufe des Jetliners 737 Max in China getätigt. Das Modell war nach zwei Abstürzen mit einem globalen Flugverbot belegt worden. Zwei Jahre blieb das Flugzeug zwangsweise am Boden, ehe die US-Luftfahrtbehörde nach den erforderlichen Korrekturen die Wiederaufnahme des Flugbetriebs der Maschine erlaubte. In China waren Unternehmensangaben zufolge 90 Prozent der 737 Max Jets Ende Juni dieses Jahres wieder in Betrieb.
Der Bericht beflügelte schon vorbörslich den Aktienkurs von Boeing. Nach Handelsstart legte das Papier um mehr als fünf Prozent zu. grz
Die nepalesische Regierung hat die Nutzung der chinesischen Video-Plattform Tiktok im Land verboten. Die Entscheidung fiel in einer Kabinettssitzung am Montag. Die Ministerin für Informationstechnologie, Rekha Sharma, sagte, ihre Regierung fürchte, dass Tiktok die soziale Harmonie stören und als Werkzeug für Online-Kriminalität missbraucht würde.
Die nepalesischen Telekommunikationsbehörde hat die Internetanbieter bereits aufgefordert, den Zugang zur Anwendung zu schließen. TikTok hatte bereits vor der Entscheidung erklärt, dass solche Verbote “fehlgeleitet” seien und auf falschen Anschuldigungen beruhten.
Nepal ist nicht das erste Nachbarland Chinas, das Tiktok verbietet. Zuvor hatte auch Indien die Anwendung gesperrt. Die Video-Plattform gilt als mittelbares Propagandainstrument der chinesischen Regierung, weil der Erfolg ihres chinesischen Mutterkonzerns Douyin auch vom Wohlwollen der chinesischen Behörden abhängt und das Unternehmen zur Kooperation gezwungen werde. rtr/grz
Die Gäste im “Plough” staunten nicht schlecht über die beiden gut gekleideten Männer vorne am Tresen: Der damals amtierende Premierminister David Cameron und der chinesische Staatschef Xi Jinping standen an jenem Abend im Oktober 2015 in der Ortskneipe im englischen Cadsde – jeder ein schmackhaftes Pint vor sich – und unterhielten sich vermeintlich entspannt über die großen Themen der Zeit.
Das alles ist acht Jahre her, und doch rückten diese Bilder und ihre Bedeutung am Montag wieder umgehend ins Bewusstsein des britischen Politbetriebs. Denn Cameron ist zurück auf der politischen Bühne. Er wird neuer Außenminister im Kabinett von Regierungschef Rishi Sunak, wie es aus London verlautete. Es ist das Comeback eines China-Freundes.
Der 1966 in London geborene David William Donald Cameron war vom 2010 bis Juli 2016 Premierminister des Vereinigten Königreichs. Der europäischen Öffentlichkeit außerhalb der britischen Insel ist er vor allem für das von ihm initiierte Brexit-Referendum bekannt. Cameron plädierte für einen Verbleib in der Europäischen Union, die Wähler stimmten jedoch für den Austritt – und Cameron trat deshalb zurück. Weitaus weniger bekannt – aber für sein neues Amt als britischer Außenminister durchaus von Bedeutung – ist Camerons enge Verbindung zu China.
Denn als damaliger Premier trank Cameron nicht nur genüsslich ein Pint mit Xi Jinping. Vielmehr strebte er eine “Goldene Ära” in den Beziehungen zwischen Großbritannien und China an. Cameron war überzeugt: China werde in britische Infrastruktur investieren, chinesische Unternehmen Britinnen und Briten beschäftigen und dadurch viele neue Arbeitsplätze schaffen. So wurde London zum Gründungsmitglied der von China entworfenen Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) – gegen den Willen der USA. Zudem drängten britische Diplomaten auf ein formelles Handels- und Investitionsabkommen der EU mit China.
Schon damals ging das einigen zu weit. Kritiker warfen Cameron vor, die Probleme im Südchinesischen Meer, die Cyber-Angriffe aus China und die gezielte Abwertung des Renminbi mutwillig zu übersehen. Ihr Fazit: Cameron sei “stubbornly chillaxed” – in Bezug auf China dickköpfig entspannt.
Lob gab es dagegen von oberster Stelle aus Peking. In einem seltenen Interview lobte Xi Jinping die “visionäre und strategische” Entscheidung Großbritanniens, sich als Pekings bester Freund im Westen zu positionieren. Nach seiner Zeit als Premier zog sich Cameron aus der großen Politik zurück und widmete sich vor allem der Alzheimer-Erforschung. Doch seine Verbundenheit zu China riss nicht ab.
Knapp ein Jahr nach seinem Aus in No. 10 Downing Street wurde Cameron Vizepräsident eines chinesisch-britischen Investmentfonds. Der Fonds mit einem Volumen von rund einer Milliarde Pfund soll vor allem das globale Prestige-Projekt von Xi Jinping unterstützen: Chinas “Neue Seidenstraße”. Pikant: Wie die britische BBC berichtet, wird der Fonds offenbar direkt von der britischen Regierung unterstützt.
Camerons neuer Posten rief denn auch den britischen Geheimdienst- und Sicherheitsausschuss des Parlaments auf den Plan. Die Ernennung Camerons zum Vizepräsidenten sei “zum Teil vom chinesischen Staat manipuliert worden, um ihm (dem Fonds) Glaubwürdigkeit zu verleihen”. Durch Cameron wolle Peking Vertrauen erzeugen in chinesische Investitionen und die Marke China insgesamt, zitiert die britische Zeitung Guardian aus vertraulichen Dokumenten.
Der Parlamentsausschuss bewertete Camerons Schritt als “völlige Fehlinterpretation der Entschlossenheit der chinesischen Regierung, in Großbritannien zu investieren, um die weltweite technologische Vorherrschaft der Kommunistischen Partei Chinas zu erlangen”.
Diese Meinung scheinen auch in Großbritannien immer mehr Verantwortliche zu teilen. Premierminister Rishi Sunak nannte den Ansatz einer “Goldenen Ära zwischen Großbritannien und China” jedenfalls naiv. Vielmehr müsse Großbritannien dieses Wunschdenken durch “robusten Pragmatismus” gegenüber Konkurrenten ersetzen.
Dennoch fürchten einige, Camerons Ernennung könnte die Rückkehr in eine alte Zeit bedeuten. Luke de Pulford, Geschäftsführer der sino-skeptischen Interparlamentarischen Allianz zu China, sagte im britischen “Spector”, es handele sich um eine “unverständliche, rückschrittliche Ernennung” und beschrieb Lord Cameron als “nicht im Einklang mit dem Parlament und dem Land in Bezug auf China”.
Rein protokollarisch ist der Posten des britischen Außenministers eigentlich zu niedrig für ein direktes Treffen mit Chinas Staatspräsident. Doch wenn sich Cameron und Xi tatsächlich so gut verstehen, könnten sich die beiden mal wieder auf ein Pint im “Plough” treffen. Den Tisch reservieren sollte dann aber wohl Xi. Denn die Kneipe wurde inzwischen von chinesischen Investoren aufgekauft. Michael Radunski
Cornelius Dieckmann wird zum 1. Dezember Auslandsredakteur beim Magazin “Der Spiegel”. Dort wird er sich vor allem um die Berichterstattung über Taiwan und China kümmern. Zuvor war Dieckmann knapp drei Jahre beim Berliner Tagesspiegel.
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Protest in Hongkong: Gegen die Regierung dürfen Aktivisten in der Stadt zwar nicht mehr aufbegehren, seitdem die chinesische Zentralregierung der früheren britischen Kolonie das Sicherheitsgesetz auferlegt hat. Erlaubt allerdings sind noch Aktionen wie diese am Montag: Die Tierschutzorganisation Peta machte auf die Daunennutzung bei der Textilproduktion der Modekette H&M aufmerksam. Drei Aktivisten schlüpften dafür in Gänse-Kostüme – und waren dadurch sogar vermummt.
die Zahl illegal eingereister Chinesen in die USA nimmt derzeit dramatisch zu. Die Gründe für ihre Flucht sind unterschiedlich. Doch fast alle haben bei ihrer Ankunft die gleichen Probleme: Wie geht es weiter fernab der Heimat?
Marcel Grzanna ist es gelungen, mit Ma Ju zu sprechen. Ma hat 2019 selbst politisches Asyl in den USA beantragt – bislang noch ohne Ergebnis. In einem Mietshaus in New York kümmert er sich um seine ankommenden Landsleute. Er berichtet vom ideologischen Zurechtfinden in einem demokratischen System, aber auch von ganz praktischen Problemen aus dem Alltag und dem Gemütszustand der Neuankömmlinge. Mas Engagement ist kaum zu überschätzen. Denn eine Rückkehr nach China wäre für seine Landsleute gefährlich.
Finanziell gefährlich ist das, was die Anleger derzeit beim Star50 erleben. Eigentlich sollte der neue Tech-Index aus Shanghai zum Sinnbild eines neuen Chinas werden: von Innovation und technologischen Durchbrüchen vorangetrieben. Staatschef Xi Jinping persönlich kündigte ihn an, doch seit dem Start geht es für den Shanghaier Tech-Index nur bergab.
Jörn Petring zeigt, wie die chinesische Regierung versucht, den Wertverfall der Aktien zu stoppen – und bemerkt, dass ähnliche Maßnahmen schon in der Vergangenheit angewandt wurden. Doch staatliche Aufkäufe und Wettverbote auf fallende Kurse werden keine schnelle Abhilfe schaffen.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Die Hilfsbereitschaft des wohlhabenden Ma Ju hat sich herumgesprochen. Ma, ein chinesischer Staatsbürger der muslimischen Hui-Ethnie, lebt in den USA und beherbergt seit Dezember vergangenen Jahres in einem angemieteten Haus im New Yorker Stadtteil Queens chinesische Flüchtlinge.
Ma hat in den vergangenen elf Monaten mehr als 200 Menschen aufgenommen: Uiguren, Hui- oder Dong-, aber auch zahlreiche Angehörige der dominierenden Han-Ethnie, die alle aus ihrer Heimat geflohen sind. Mal aus politischen, mal aus wirtschaftlichen Gründen. Zurzeit wohnen 17 Menschen in der New Yorker Bleibe, ein paar mehr als sonst üblich.
Alle Bewohner sind während der vergangenen Monate über die Mittelamerika-Route illegal in die Vereinigten Staaten gelangt, um dort politisches Asyl zu beantragen. Nach dem Grenzüberschritt wurden sie festgenommen und für einige Tage, manchmal einige Wochen festgehalten. Nach ihrer Freilassung beginnt die lange Zeit des Wartens. Die Bewilligung kann sich über Jahre hinziehen. Viele gehen nach Kalifornien oder nach New York – in der Hoffnung, in den liberaleren Bundesstaaten der USA Landsleute und so besseren Anschluss zu finden.
In Queens finden die Geflüchteten Zeit, um den Start in ein neues Leben zu planen. Wer eine Unterkunft benötigt, dem gewährt Ma zwei Wochen lang kostenlos ein Bett und ausreichend Lebensmittel. Wer länger bleiben möchte, muss sich finanziell an den Unkosten beteiligen. Nach zwei Monaten müssen aber auch sie Platz machen für einen neuen Flüchtling.
Ma steht als Ratgeber bereit, vermittelt Jobs oder Kontakte zu Anwälten, die die Asylverfahren begleiten. “Ich kläre die Leute über ihre Rechte auf, die sie in den USA genießen, aber auch darüber, wo ihre Rechte enden”, sagt Ma im Videogespräch mit Table.Media. Viele begriffen erst nach und nach, was es überhaupt bedeute, in einem demokratischen Staat zu leben. “Manche benötigen eine Weile, ehe sie sich trauen, ihre Rechte einzufordern. Das sind sie aus China nicht gewöhnt”, sagt Ma.
Auch Ma selbst hat 2019 politisches Asyl in den USA beantragt – bislang noch ohne Ergebnis. Er kam gut betucht samt Visum im Pass mit dem Flugzeug aus Dubai. Sein Vermögen hatte er als Unternehmer im Bergbau gemacht. Eine Rückkehr nach China kommt für ihn nicht infrage, weil er dort 2009 als einflussreicher, muslimischer Geschäftsmann verdächtigt wurde, uigurische Terroristen zu unterstützen.
Die Chancen auf einen positiven Bescheid stehen laut der Nichtregierungsorganisation Political Asylum USA nicht allzu schlecht für chinesische Staatsbürger. Politische Repressionen und mangelnde religiöse Freiheit gelten in den USA als akzeptierte Gründe, um aus China fliehen zu wollen. Das Rechtsnetzwerk Nolo rät den Antragsstellern, deutlich darzustellen, wie der persönliche “geschützte Grund” verletzt oder bedroht wurde, und weshalb der Antragssteller Angst habe, nach China zurückzukehren.
Tatsächlich ist die Zahl der Asylsuchenden aus China in den USA in jüngster Zeit drastisch gestiegen. Die US-Behörden meldeten im September mehr als 4.000 Festnahmen chinesischer Staatsangehöriger – 70 Prozent mehr als im August. 24.000 waren es insgesamt, die seit Herbst 2022 aufgegriffen wurden.
Medienberichte lassen darauf schließen, dass viele Flüchtlinge aus wirtschaftlichen und politischen Gründen ihre Heimat verlassen haben. Viele klagen darüber, dass ihnen Bürokratie und Sicherheitsbehörden keinen Spielraum ließen, um sich selbst zu helfen. Auch die brutale Durchsetzung der Corona-Maßnahmen hat die Zahl der Geflüchteten nach oben getrieben.
“In den vergangenen Jahren ist vielen Menschen klar geworden, wie gnadenlos das System mit ihnen umgeht”, sagt der chinesische Exilant Teng Biao, der sich bis zum Aufstieg von Xi Jinping an die Parteispitze als Bürgerrechtler für politischen Wandel in China eingesetzt hatte. Vor allem die junge Generation verliere zusehends die Hoffnung, sagt Teng.
Über die Video-App Tiktok gibt es Anleitungen auf Mandarin, wie man als Geflüchteter die beschwerliche Reise von Südamerika bis an die US-Grenze zurücklegen kann und wie man sich dort am besten verhält, um schließlich in den USA festgenommen zu werden. Viele der illegal Einreisenden landen zunächst in Ecuador, wo sie kein Visum benötigen. Von dort aus machen sich dann mithilfe von Schleusern auf den Tausende Kilometer langen Landweg durch Süd- und Mittelamerika. Neu ist das Phänomen zwar nicht, die jüngst wieder drastisch steigenden Zahlen sind jedoch markant.
Chinesen bilden schon seit den 1990er-Jahren eine der größten Gruppen, die in den USA politisches Asyl beantragen. Zwischen 2009 und 2011 stammte sogar jeder dritte Antrag von einem chinesischen Staatsbürger oder einer Staatsbürgerin.
Während der Covid-Beschränkungen waren die Flüchtlings-Zahlen hingegen deutlich geringer. Von Januar 2020 bis Dezember 2021 wurden durchschnittlich nur 54 chinesische Staatsangehörige pro Monat an der Südgrenze aufgegriffen. Erst seit Mai 2022 stieg die Zahl wieder auf mehr als 200. Seit Dezember 2022, als die Corona-Maßnahmen in China beendet wurden, sind es monatlich im Durchschnitt 2.145 Menschen.
Allein wirtschaftliche Gründe anzugeben im Asylverfahren, reicht jedoch kaum aus. Das sagt auch Ma Ju seinen Gästen in Queens. Er erklärt ihnen auch, dass die USA kein Paradies seien, sondern das Überleben teilweise sehr hart werden kann. “Manche Flüchtlinge sind ernüchtert, wenn sie feststellen, dass die Lebenshaltungskosten in den USA sehr hoch sind und es nicht leicht ist, umgehend gutbezahlte Jobs zu finden.”
Jene, die in China wirklich Angst um ihre Freiheit und Gesundheit haben, würden diese Herausforderung vollen Mutes angehen. Andere aber, die auf Wohlstand im Handumdrehen hoffen, würden desillusioniert. Ma erinnert sich an einen Geflohenen, der nach zwei Monaten im Land entschied, nach China zurückzukehren. Wie er dort empfangen wurde von den örtlichen Behörden, weiß Ma nicht. Der Kontakt zu dem Mann ist abgebrochen.
Abschiebungen sind dagegen selten erfolgreich, weil China die Rückkehr von Geflüchteten sehr häufig ablehnt. Die Menschen sind dann in den USA gestrandet, haben keine Sozialversicherungsnummer und dürfen offiziell nicht arbeiten. Interessiert an einer Rückkehr sind Chinas Behörden allerdings dann, wenn es sich bei den Geflüchteten um Beamte und Parteikader handelt.
Im Rahmen der Operation Foxhunt, die 2014 von der chinesischen Regierung lanciert wurde, bewegten chinesische Agenten und Sicherheitskräfte weltweit Hunderte chinesischer Funktionäre zu deren vermeintlich “freiwilliger” Rückkehr in die Volksrepublik, nachdem sie zuvor aus ihrer Heimat geflohen waren. Wer zurückgebracht wurde, kam vor Gericht und wurde verurteilt.
Eigentlich sollte der Star50-Index zum Sinnbild eines neuen China werden. Ein Land im Aufbruch mit einer Wirtschaft, die von Innovation und technologischen Durchbrüchen vorangetrieben wird. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich kündigte den neuen Tech-Index, der dem US-Vorbild Nasdaq nachempfunden ist, vor fünf Jahren an.
Der Index hat das Ziel, “die qualitativ hochwertige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft zu fördern” und die “marktorientierte Reform des Kapitalmarktes” voranzutreiben, wirbt die Shanghaier Börse auf ihrer Internetseite für den jungen Tech-Index. Anleger, die sich auf diese blumigen Worte verließen, erlebten jedoch eine herbe Enttäuschung.
Denn der Star50 handelt derzeit in der Nähe eines neuen Rekord-Tiefs, das er Ende Oktober erreichte. Seit August 2020 kann er als Indexfonds gehandelt werden. Anleger, die seitdem dabei sind, haben fast die Hälfte ihrer ursprünglichen Anlage verloren. Der Star50 ist damit das traurige Schlusslicht unter den chinesischen Aktien-Indizes, für die es insgesamt seit Jahren schlecht läuft.
Die Verluste verärgern auch Kleinanleger. Für Aufsehen in sozialen Netzwerken sorgte kürzlich das Halloween-Kostüm eines Mannes, der sich als fallender Aktien-Chart verkleidet hatte. Peking versucht, die Kurse durch Stützmaßnahmen zu stabilisieren. Die Regierung ist seit August aktiver beim Kauf chinesischer Aktien geworden, um dem schwächelnden Markt neues Leben einzuhauchen, analysiert die US-Bank Goldman Sachs.
Ähnlich ging die Regierung allerdings bereits vor acht Jahren vor. Nachdem der mittlerweile verstorbene ehemalige Ministerpräsident Li Keqiang das Volk animiert hatte, mehr am Aktienmarkt zu investieren, brach eine regelrechte Euphorie aus. Innerhalb eines Jahres verdoppelte sich der Leitindex. Doch es passierte, was passieren musste: Die Blase platzte und Anleger verloren viel Geld.
Um die Lage zu stabilisieren, ließ die Regierung staatliche Fonds und Banken so viele Aktien kaufen, dass staatliche Institute ihre Aktienbestände innerhalb weniger Monate mehr als verdreifachten. Auch wurden Wetten auf sinkende Aktienkurse zeitweise verboten. Der Abwärtstrend setzte sich dennoch noch eine ganze Weile fort.
Und danach sieht es laut Analysten auch jetzt wieder aus. Vor allem seien internationale Fonds weiterhin nicht davon überzeugt, dass sich der chinesische Markt bald erholen wird. Sobald es eine leichte Erholung gibt, würden sie ihre Verkäufe fortsetzen, warnt die US-Investmentbank Morgan Stanley.
Kurz vor dem Treffen von Xi Jinping mit US-Präsident Joe Biden hat Peking einige Forderungen aufgestellt. Aus dem chinesischen Außenministerium hieß es am Montag, die USA sollten Chinas legitime Bedenken und Anliegen respektieren. Dazu gehöre auch das Recht der Volksrepublik, sich zu entwickeln. Die USA würden sich stattdessen darauf konzentrieren, Chinas Interessen zu schaden.
China hoffe, dass Amerika keinen neuen Kalten Krieg oder einen Konflikt mit der Volksrepublik suche, sondern die Beziehungen wieder auf einen “stabilen Pfad der Entwicklung” bringen werde, sagte die Außenamtssprecherin in Peking.
Xi und Biden werden sich am morgigen Mittwoch am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in San Francisco treffen. Experten rechnen allerdings nicht mit Ergebnissen in den heiklen Fragen wie Ukraine-Krieg, Taiwan oder US-Techsanktionen. Denn die Positionen Chinas und der USA könnten gegensätzlicher kaum sein. rad
Chinas und Pakistans Marine führen einwöchige Übungen im Arabischen Meer durch. Auf einem Marinestützpunkt in Karatschi haben Militäreinheiten beider Staaten am Samstag mit Übungen zu See und in der Luft im nördlichen Arabischen Meer begonnen. Dazu gehören auch U-Boot-Abwehreinsätze. Die Übung endet am 17. November.
Während der Übung werden China und Pakistan zum ersten Mal gemeinsame Seepatrouillen durchführen, wie die Zeitung der Volksbefreiungsarmee am Montag berichtet. Zuvor hatte Chinas Volksbefreiungsarmee ein Manöver mit Kambodscha, Laos, Malaysia, Thailand und Vietnam abgehalten. China nutzt die Manöver als Instrument, um eine militärische Bindung der Staaten an die USA zu verhindern. rad
China denkt offenbar über ein Ende des Verkaufsstopps von 737 Max des US-Flugzeugherstellers Boeing nach. Präsident Xi Jinping könnte entsprechende Pläne am Mittwoch beim Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande des Apec-Gipfels in San Francisco verkünden. Das berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg am Montag unter Berufung auf vertrauliche Quellen. Allerdings sei noch keine endgültige Entscheidung gefallen, sondern stehe lediglich als Option im Raum.
Boeing hat seit 2018 keine Verkäufe des Jetliners 737 Max in China getätigt. Das Modell war nach zwei Abstürzen mit einem globalen Flugverbot belegt worden. Zwei Jahre blieb das Flugzeug zwangsweise am Boden, ehe die US-Luftfahrtbehörde nach den erforderlichen Korrekturen die Wiederaufnahme des Flugbetriebs der Maschine erlaubte. In China waren Unternehmensangaben zufolge 90 Prozent der 737 Max Jets Ende Juni dieses Jahres wieder in Betrieb.
Der Bericht beflügelte schon vorbörslich den Aktienkurs von Boeing. Nach Handelsstart legte das Papier um mehr als fünf Prozent zu. grz
Die nepalesische Regierung hat die Nutzung der chinesischen Video-Plattform Tiktok im Land verboten. Die Entscheidung fiel in einer Kabinettssitzung am Montag. Die Ministerin für Informationstechnologie, Rekha Sharma, sagte, ihre Regierung fürchte, dass Tiktok die soziale Harmonie stören und als Werkzeug für Online-Kriminalität missbraucht würde.
Die nepalesischen Telekommunikationsbehörde hat die Internetanbieter bereits aufgefordert, den Zugang zur Anwendung zu schließen. TikTok hatte bereits vor der Entscheidung erklärt, dass solche Verbote “fehlgeleitet” seien und auf falschen Anschuldigungen beruhten.
Nepal ist nicht das erste Nachbarland Chinas, das Tiktok verbietet. Zuvor hatte auch Indien die Anwendung gesperrt. Die Video-Plattform gilt als mittelbares Propagandainstrument der chinesischen Regierung, weil der Erfolg ihres chinesischen Mutterkonzerns Douyin auch vom Wohlwollen der chinesischen Behörden abhängt und das Unternehmen zur Kooperation gezwungen werde. rtr/grz
Die Gäste im “Plough” staunten nicht schlecht über die beiden gut gekleideten Männer vorne am Tresen: Der damals amtierende Premierminister David Cameron und der chinesische Staatschef Xi Jinping standen an jenem Abend im Oktober 2015 in der Ortskneipe im englischen Cadsde – jeder ein schmackhaftes Pint vor sich – und unterhielten sich vermeintlich entspannt über die großen Themen der Zeit.
Das alles ist acht Jahre her, und doch rückten diese Bilder und ihre Bedeutung am Montag wieder umgehend ins Bewusstsein des britischen Politbetriebs. Denn Cameron ist zurück auf der politischen Bühne. Er wird neuer Außenminister im Kabinett von Regierungschef Rishi Sunak, wie es aus London verlautete. Es ist das Comeback eines China-Freundes.
Der 1966 in London geborene David William Donald Cameron war vom 2010 bis Juli 2016 Premierminister des Vereinigten Königreichs. Der europäischen Öffentlichkeit außerhalb der britischen Insel ist er vor allem für das von ihm initiierte Brexit-Referendum bekannt. Cameron plädierte für einen Verbleib in der Europäischen Union, die Wähler stimmten jedoch für den Austritt – und Cameron trat deshalb zurück. Weitaus weniger bekannt – aber für sein neues Amt als britischer Außenminister durchaus von Bedeutung – ist Camerons enge Verbindung zu China.
Denn als damaliger Premier trank Cameron nicht nur genüsslich ein Pint mit Xi Jinping. Vielmehr strebte er eine “Goldene Ära” in den Beziehungen zwischen Großbritannien und China an. Cameron war überzeugt: China werde in britische Infrastruktur investieren, chinesische Unternehmen Britinnen und Briten beschäftigen und dadurch viele neue Arbeitsplätze schaffen. So wurde London zum Gründungsmitglied der von China entworfenen Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) – gegen den Willen der USA. Zudem drängten britische Diplomaten auf ein formelles Handels- und Investitionsabkommen der EU mit China.
Schon damals ging das einigen zu weit. Kritiker warfen Cameron vor, die Probleme im Südchinesischen Meer, die Cyber-Angriffe aus China und die gezielte Abwertung des Renminbi mutwillig zu übersehen. Ihr Fazit: Cameron sei “stubbornly chillaxed” – in Bezug auf China dickköpfig entspannt.
Lob gab es dagegen von oberster Stelle aus Peking. In einem seltenen Interview lobte Xi Jinping die “visionäre und strategische” Entscheidung Großbritanniens, sich als Pekings bester Freund im Westen zu positionieren. Nach seiner Zeit als Premier zog sich Cameron aus der großen Politik zurück und widmete sich vor allem der Alzheimer-Erforschung. Doch seine Verbundenheit zu China riss nicht ab.
Knapp ein Jahr nach seinem Aus in No. 10 Downing Street wurde Cameron Vizepräsident eines chinesisch-britischen Investmentfonds. Der Fonds mit einem Volumen von rund einer Milliarde Pfund soll vor allem das globale Prestige-Projekt von Xi Jinping unterstützen: Chinas “Neue Seidenstraße”. Pikant: Wie die britische BBC berichtet, wird der Fonds offenbar direkt von der britischen Regierung unterstützt.
Camerons neuer Posten rief denn auch den britischen Geheimdienst- und Sicherheitsausschuss des Parlaments auf den Plan. Die Ernennung Camerons zum Vizepräsidenten sei “zum Teil vom chinesischen Staat manipuliert worden, um ihm (dem Fonds) Glaubwürdigkeit zu verleihen”. Durch Cameron wolle Peking Vertrauen erzeugen in chinesische Investitionen und die Marke China insgesamt, zitiert die britische Zeitung Guardian aus vertraulichen Dokumenten.
Der Parlamentsausschuss bewertete Camerons Schritt als “völlige Fehlinterpretation der Entschlossenheit der chinesischen Regierung, in Großbritannien zu investieren, um die weltweite technologische Vorherrschaft der Kommunistischen Partei Chinas zu erlangen”.
Diese Meinung scheinen auch in Großbritannien immer mehr Verantwortliche zu teilen. Premierminister Rishi Sunak nannte den Ansatz einer “Goldenen Ära zwischen Großbritannien und China” jedenfalls naiv. Vielmehr müsse Großbritannien dieses Wunschdenken durch “robusten Pragmatismus” gegenüber Konkurrenten ersetzen.
Dennoch fürchten einige, Camerons Ernennung könnte die Rückkehr in eine alte Zeit bedeuten. Luke de Pulford, Geschäftsführer der sino-skeptischen Interparlamentarischen Allianz zu China, sagte im britischen “Spector”, es handele sich um eine “unverständliche, rückschrittliche Ernennung” und beschrieb Lord Cameron als “nicht im Einklang mit dem Parlament und dem Land in Bezug auf China”.
Rein protokollarisch ist der Posten des britischen Außenministers eigentlich zu niedrig für ein direktes Treffen mit Chinas Staatspräsident. Doch wenn sich Cameron und Xi tatsächlich so gut verstehen, könnten sich die beiden mal wieder auf ein Pint im “Plough” treffen. Den Tisch reservieren sollte dann aber wohl Xi. Denn die Kneipe wurde inzwischen von chinesischen Investoren aufgekauft. Michael Radunski
Cornelius Dieckmann wird zum 1. Dezember Auslandsredakteur beim Magazin “Der Spiegel”. Dort wird er sich vor allem um die Berichterstattung über Taiwan und China kümmern. Zuvor war Dieckmann knapp drei Jahre beim Berliner Tagesspiegel.
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Protest in Hongkong: Gegen die Regierung dürfen Aktivisten in der Stadt zwar nicht mehr aufbegehren, seitdem die chinesische Zentralregierung der früheren britischen Kolonie das Sicherheitsgesetz auferlegt hat. Erlaubt allerdings sind noch Aktionen wie diese am Montag: Die Tierschutzorganisation Peta machte auf die Daunennutzung bei der Textilproduktion der Modekette H&M aufmerksam. Drei Aktivisten schlüpften dafür in Gänse-Kostüme – und waren dadurch sogar vermummt.