China und die EU wollen über die geplanten EU-Zusatzzölle auf chinesische E-Fahrzeuge verhandeln – diesen Schritt kann zum Teil auch Deutschland als Erfolg für sich verbuchen, schreibt Finn Mayer-Kuckuk.
Er war mit Robert Habeck in China und damit dabei, wie der Bundeswirtschaftsminister versuchte, der chinesischen Seite nahezubringen: Der EU-Kommission tritt in dieser Sache weniger als Erfolg-neidischer Protektionist auf -wie Peking es gerne darstellt -, sondern als ernsthaft verärgerter Handelspartner.
Wie erfolgreich diese Verhandlungen werden, wird auch Auswirkungen auf die chinesische Anti-Dumping-Untersuchung zu europäischen Schweinefleischimporten haben. Denn mit dieser will Peking ein klares Zeichen senden, erklärt John Clarke im Interview mit Table.Briefings. Clarke war bis vor Kurzem der Leiter der internationalen Angelegenheiten bei der Generaldirektion für Landwirtschaft in Brüssel und hat jahrzehntelange Verhandlungserfahrung, unter anderem bei der Welthandelsorganisation.
Dass die EU und China kurz vor einem Handelskrieg stehen, denkt Clarke jedoch nicht: “Ich glaube nicht, dass wir uns nur wegen Schweinefleisch im Wert von drei Milliarden Euro in einem Handelskrieg befinden.” Seiner Ansicht nach könnte Pekings Strategie jedoch auch nach hinten losgehen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat gegenüber der chinesischen Regierung ebenso deutlich Klartext gesprochen wie Außenministerin Annalena Baerbock im April 2023. Noch bevor das Gespräch auf Sachthemen kam, hat er China für seine Unterstützung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine scharf kritisiert. “Es ist wichtig für China, zu verstehen, dass die deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen direkt berührt sind von diesem Krieg”, sagte Habeck am Samstag in Peking in den Räumen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission. Deutschland und Europa würden “nicht so hart vorgehen beim Abbau von Abhängigkeiten, wenn es diese Unterstützung des Kriegs nicht gäbe”.
Habeck konnte noch am Samstagabend einen Erfolg für sich verbuchen: China und die EU-Kommission sagten zu, Verhandlungen über den Umgang mit den Zusatzzöllen aufzunehmen, die die EU auf chinesische E-Autos erheben könnte. Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte das am Samstagnachmittag in einem Videogespräch mit Handelsminister Wang Wentao ausgemacht.
Habeck trat mit einer Mischung aus Bescheidenheit und Stolz vor die Presse, nachdem China den Verhandlungen zugestimmt hatte. Er habe als deutscher Handelsminister getan, was er konnte, um zur Aufnahme der Gespräche beizutragen. Es habe sich aber um eine koordinierte gemeinsame Leistung mit der EU gehandelt. Die Aufnahme von Verhandlungen sei zwar ein wichtiger erster Schritt, aber keine Garantie dafür, dass es auch zu einer Einigung kommt.
Die Verhandlungen sind Teil des Beschlusses der EU zu den Zusatzöllen: Die EU wird die Einfuhrbelastung ab dem 4. Juli zunächst vorläufig erheben. Bis November müssen die Importeure nichts zahlen, erst dann werden die Beträge abgebucht. So lange läuft auch die Frist, um zu einer Verhandlungslösung mit China zu kommen. Dass beide Seiten jetzt reden wollen, gilt als positives Signal.
Die deutsche Autoindustrie wird nicht müde, ihre Ablehnung der zusätzlichen Zölle zu betonen. Auch Habeck sagte gemäß seiner Rolle als Vertreter der deutschen Wirtschaft, er wünsche sich vor allem offene Märkte und freie Exporte. Chinas Subventionen hätten das Handeln der EU nötig gemacht. Diese Position vertrat er offensiv. Er trat nicht als Bittsteller auf, sondern als verärgerter Handelspartner, der die Gründe für seinen Unmut deutlich macht.
Damit versuchte er, zwei zunächst gegensätzliche Positionen zu verbinden, für die er auf der Reise einstehen soll:
Indem Habeck nun in Peking ein wenig gepoltert und viel erklärt hat, hofft er zur Aufnahme der Verhandlungen beigetragen zu haben. So könnten die zusätzlichen Zölle im günstigsten Fall überflüssig werden, bevor die Importeure auch nur einen Euro zahlen mussten.
Habeck hat im Gesamtbild der Erklärungen die Botschaft gesendet: Die EU lässt sich am Ende doch nicht spalten. China kommt nun nicht darum herum, mit Brüssel zu verhandeln, wie es mit dem Handel weitergeht. Statt die Situation durch Druck auf den größten Mitgliedsstaat Deutschland abzubiegen, sind konkrete Angebote in Gesprächen mit der EU zur Auflösung der Situation nötig. Habeck hielt sich aber zurück, diese möglichen Gegenleistungen oder Lösungsansätze zu benennen. Die konkreten Verhandlungen seien Aufgabe der EU im Namen aller 27 Mitgliedsstaaten.
Zuvor hatte Chinas Planungsminister Zheng Shanjie eine deutliche Reaktion auf die zusätzlichen E-Auto-Zölle der EU angekündigt. “Wir werden die Interessen unserer Autoindustrie schützen.” Zugleich stellte er Belohnungen für eine deutsche Unterstützung für Chinas Position in der beginnenden Handelsauseinandersetzung in Aussicht. “Wir haben wahrgenommen, dass die deutsche Seite die Politik der EU ablehnt. Das wertschätzen wir.”
Von einer Positionierung gegen die EU wollte Habeck aber in den Gesprächen in Peking nichts wissen. Während Zheng die Maßnahme “Strafzölle” nannte, erklärte Habeck noch einmal, dass es sich um differenzierte Ausgleichszölle für Chinas Subventionen handele. Gebe es keine Übereinkunft, “wird nicht zu verhindern sein, dass die Zölle in Kraft treten.” Auf Deutsch: China muss gute Angebote machen, um die Zölle noch abzuwenden. Habeck nutzt die Zölle also, um Verhandlungsspielraum für Deutschland und die EU zu schaffen. Er weiß, dass China die EU dringend als offenen Markt braucht.
Minister Zheng wandte sich gegen die Vorstellung, dass die chinesischen Autohersteller Preisdumping betreiben. Sie verkauften die Modelle im Ausland teurer als in China. Und: “Der Preisvorsprung der chinesischen Autoindustrie basiert auf Marktprinzipien, nicht auf Subventionen.”
Die erste Aussage ist allgemein unwidersprochen: China produziert so günstig, dass die Autos in Europa zwar unter dem Preis der europäischen Konkurrenz auf den Markt kommen, aber immer noch über dem Marktpreis in China. Dort liefern sich über 75 Marken eine ruinöse Rabattschlacht. Dumping würde aber nur vorliegen, wenn die Ware unter dem Preis auf dem Herkunftsmarkt losgeschlagen wird. Von Dumping war daher auch nie die Rede.
Was die Subventionen angeht, hat die EU sich Mühe gegeben, die Förderung der Provinzen für ihre örtlichen Autohersteller zu beziffern. Sie hat die Zölle entsprechend ihrer Rechercheergebnisse festgesetzt.
Minister Zheng wandte sich aber auch generell gegen den Vorwurf, China züchte Überkapazitäten. “Man spricht in der westlichen Welt von Überkapazitäten bei Technologien aus dem Bereich der Erneuerbaren Energie hier in China. Diese Aussage ist absurd.” In Wahrheit profitierten die Verbraucher in der EU von den günstigen Preisen der importierten Waren. Die Ablehnung der Importe stehe nicht im Einklang mit dem europäischen Ziel einer grünen Entwicklung. Chinesische E-Autos könnten einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.
Habeck bemühte sich, die Motive für die Zölle zu erklären: Das Problem sei nicht gute und günstige Produktion in China, sondern künstlich niedrige Preise durch Subventionen, mit denen niemand im ehrlichen Wettbewerb mithalten kann. Es habe niemand Interesse an Zöllen, am wenigsten Deutschland, das bereit sei, sich der Konkurrenz zu stellen.
Habeck widersprach Zheng sogar in dem Bereich, in dem üblicherweise wohlklingende Floskeln über gegenseitige Kooperation ausgetauscht werden. Nachdem Zheng den Ausbau von Kohlekraftwerken als Begleiterscheinung der Energiewende gerechtfertigt hatte, um die Grundlast sicherzustellen, bügelte Habeck diese Argumentation ab. Es sei teurer und ineffizient, nicht gleich ausschließlich auf die Erneuerbaren zu setzen.
Habeck fügte noch eine allgemeine Ermahnung zum Kampf gegen den Klimawandel hinzu. Zhengs Argument, dass die westlichen Länder schon viel länger Kohlendioxid ausstoßen und daher einen Vorteil hatten, ließ er nicht gelten. “Man kann sich nicht hinter historischer Verantwortung verstecken. Die CO2-Emissionen in China müssen schnell gesenkt werden.”
Minister Zheng, der Chinas Ministerium für Wirtschaftsplanung führt, ist ein mächtiges Kabinettsmitglied und war damit Habecks wichtigster Gesprächspartner am Samstag. Am Freitag hatte Chinas Premier Li Qiang Habeck einen Korb gegeben. Er hatte einen zuvor in Aussicht gestellten Gesprächstermin abgesagt.
Indem Habeck gleich zu Anfang von “deutschen Sicherheitsinteressen” sprach, übernahm er eine chinesische Formel. China begründet seine eigene, aggressivere Gebietspolitik beispielsweise im Südchinesischen Meer immer wieder mit seinen “Sicherheitsinteressen” oder “Kerninteressen”, die auch heftige Aktionen rechtfertigen. Auch Außenministerin Baerbock hatte bei ihrem Besuch von Deutschlands Kerninteressen gesprochen.
Baerbock hatte sich im vergangenen Jahr in Peking bei ihren Gesprächen dafür stark gemacht, dass China seine Unterstützung für Russland zurückfährt und zur Beendigung des Krieges beiträgt. Sie setzte noch eindeutig formulierte Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen obendrauf. Baerbocks vermeintlich undiplomatisches Vorgehen hatte Kritik ausgelöst, sie würge den Dialog ab.
Habeck war das Bemühen anzumerken, die deutschen Anliegen vom chinesischen Weltbild her zu erklären und dabei China-kompatible Sprache zu verwenden. Die Definition des russischen Angriffs auf die Ukraine als Gefährdung eines europäischen Kerninteresses statt eines bloßen Grenzkriegs gehörte dazu.
Er verwies mehrfach darauf, dass es der Krieg ist, der den Handel zwischen der EU und China derzeit so belastet. Die kritische Prüfung von Exporten, der Fokus auf den Abbau von Abhängigkeiten und generell eine Verschlechterung des Klimas gehen seiner Erklärung zufolge auf den Krieg zurück. Er verdeutlichte also die materiellen Schäden, die der russische Angriff für China verursacht. Diese werden nach Darstellung Habecks langfristig nicht durch das Anwachsen des Russland-Handels ausgeglichen. Schließlich ist die EU weiterhin der viel größere und reichere Markt.
Ähnlich fielen seine Erläuterungen zu Lieferketten und Menschenrechten aus. Statt moralisch zu appellieren, zog er das Thema vom Handel her auf. Durch die Lieferkettengesetze seien europäische Unternehmen künftig gezwungen, auf Importe aus Produktion mit Kinder- und Zwangsarbeit und schlechten Arbeitsbedingungen zu verzichten. “Die chinesischen Handelspartner müssen sich darauf einstellen”, sagte er am Samstagnachmittag auf seiner Pressekonferenz vor chinesischen Medien. Er liefert mit den deutlichen Worten ein Gegenprogramm ab zu dem eher freundschaftlich geprägten Besuch von Olaf Scholz im April.
Eine Ähnlichkeit zum Scholz-Besuch ergab sich allerdings gegen Ende der viertägigen Reise, als Habeck an der Zhejiang-Universität mit Studentinnen und Studenten zusammentraf. Auch hier stellte sich, wie schon zwei Monate zuvor bei Scholz, die Frage, wie spontan die Fragen der Studierenden an den Gast aus Deutschland wirklich sind, und ob die Anwesenden und ihr Auftritt nicht nach Kriterien der Propaganda inszeniert wurden.
Herr Clarke, warum hat Peking speziell die Schweinefleischindustrie ins Visier genommen? Welche Strategie steckt dahinter?
Peking will ein klares Signal, eine Warnung, senden, dass China Antidumpingzölle auf Schweinefleisch erheben wird, wenn die EU nicht über die Zölle auf Elektrofahrzeuge verhandelt. China hat sich für Schweinefleisch entschieden, weil es der größte landwirtschaftliche Exportartikel der EU nach China ist. Auch wenn die Landwirtschaft nur einen sehr kleinen Teil der Exporte der EU nach China ausmacht, ist sie in der EU politisch sehr sichtbar und lenkt daher die Aufmerksamkeit auf das Problem. Zuvor hatte Peking auch gedroht, möglicherweise Milchprodukte, Wein und sogar Airbus ins Visier zu nehmen.
Warum hat China das nun erstmal nicht gemacht?
Ich bin ehrlicherweise überrascht, dass China nicht Wein ins Visier genommen hat. Denn ein Großteil des Weins kommt aus Frankreich. Und Frankreich stand hinter der Untersuchung mit den Elektrofahrzeugen und hat sie vorangetrieben. Aber vielleicht war der Sektor zu offensichtlich, und es läuft bereits eine Untersuchung zu hauptsächlich französischen Spirituosen. Was Milchprodukte betrifft, exportiert die EU nicht so viel nach China. Sie exportiert allerdings Säuglingsnahrung wie Milchpulver, das die Chinesen wirklich brauchen. Schweinefleisch ist also eine recht praktische Überlegung. Wir sprechen von Exporten im Wert von drei Milliarden Euro. Das wird die Welt nicht verändern und meiner Meinung nach steuert das auch nicht auf einen Handelskrieg hin. China hat sich entschieden, diesen Sektor zu untersuchen, weil das zwar Schaden verursachen und drei oder vier Mitgliedstaaten auf die Elektroauto-Angelegenheit aufmerksam machen, aber keine massiven Schäden, oder zu einem Handelskrieg führen kann. Der Sektor wurde also sehr sorgfältig gewählt.
Halten Sie das für eine gute Strategie der chinesischen Seite?
Ich habe dazu gemischte Gefühle. Ich denke, es ist eine gute Strategie, wenn das Signal lautet: “Wir wollen verhandeln”, was meiner Meinung nach die Absicht ist. Es geht nicht um Rache.
Und wird das funktionieren?
Vielleicht. Die davon betroffenen Länder wären Spanien, die Niederlande und Dänemark als die drei großen Schweinefleisch-Exporteure. Keiner von ihnen scheint besonders starke Eigeninteressen in der Elektroauto-Frage zu haben. Wenn ihre Schweinefleischexporte ins Visier geraten, könnten sie geneigt sein, der Kommission zu sagen, sie solle bitte über Elektroautos verhandeln, aber das wird keine dramatischen Auswirkungen auf den Fall haben. Das Land, das am meisten auf Zölle auf Elektrofahrzeuge gedrängt hat, ist Frankreich. Wenn Peking Vergeltung üben oder bei künftigen Verhandlungen den größtmöglichen Einfluss ausüben will, wäre es besser gewesen, Produkte aus Frankreich oder Deutschland ins Visier zu nehmen, die in der EU im Grunde die Entscheidungen treffen. In dieser Hinsicht ist es also keine brillante Strategie.
Peking schafft sich damit also eher selbst Probleme?
Ich sehe zwei Punkte: Erstens ist es auf lange Sicht nicht sehr klug, Zölle auf Lebensmittel zu erheben. Aus Sicht der Lebensmittelsicherheit ist es ein ziemlich gefährlicher Ansatz, die eigenen Versorgungsquellen zu reduzieren. Zweitens: Diese von China eingeleitete Antidumpinguntersuchung wurde eindeutig aus politischen Gründen durchgeführt. Es gibt kein glaubwürdiges Dumping bei Schweinefleisch, das nach China geht. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit Chinas, wenn es zugleich vorgibt, sich dem Multilateralismus verpflichtet zu fühlen und die WTO-Regeln gewissenhaft zu befolgen. Die Tatsache, dass China diese Untersuchung aus politischen Gründen einleitet, untergräbt seine Darstellung vollständig. Es schaden sich langfristig selbst, auch seinem Ruf.
Sie haben gesagt, dass der Schweinefleischsektor sorgfältig ausgewählt wurde, um Verhandlungen anzustoßen, anstatt zu eskalieren. Beide Seiten haben sich am Samstag darauf geeinigt, Verhandlungen über die E-Fahrzeuge aufzunehmen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass dieser Konflikt durch die Verhandlungen gelöst wird?
Die EU-Verordnung und -Politik in Bezug auf Antisubventionen bieten einen gewissen Verhandlungsspielraum. Wenn die chinesischen Unternehmen bei der Untersuchung kooperieren, kann das zu einem deutlich niedrigeren Antisubventionszoll führen. Und wenn die chinesische Regierung kooperiert und erklärt, was die Subventionen sind und was nicht, wäre das ebenfalls hilfreich.
Die EU kann sich auch dafür entscheiden, das breitere öffentliche Interesse zu berücksichtigen – die EU-Handelsschutzgesetzgebung enthält einen Test auf öffentliches Interesse. Liegt es in unserem Interesse als europäische Gesellschaft oder Wirtschaft, eine Steuer auf chinesische Elektrofahrzeuge zu erheben – ja oder nein? Und wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten am Ende des Tages entscheiden, dass wir erschwingliche chinesische grüne Technologie brauchen, um das Netto-Null-Ziel und die grüne Transformation zu unterstützen, können sie beschließen, diese Importe nicht so hoch zu besteuern. Es gibt also erheblichen Verhandlungsspielraum. Ich glaube nicht, dass wir uns wegen Schweinefleisch im Wert von drei Milliarden Euro in einem Handelskrieg befinden. Jedenfalls handelt es sich derzeit nur um eine Untersuchung durch China und noch nicht um die Verhängung von Zöllen.
Wie wahrscheinlich ist es, dass auf die Untersuchung tatsächlich Maßnahmen wie Zölle auf Schweinefleisch folgen?
Das wird von den Gesprächen zum Thema Elektrofahrzeuge abhängen. Wenn es keinen Verhandlungsspielraum mit China gibt oder wenn die chinesischen Unternehmen bei der EU-Untersuchung nicht kooperieren, dann bin ich ziemlich sicher, dass die Chinesen Zölle auf Schweinefleisch erheben werden. Peking hat eine sehr vage Behauptung aufgestellt – für die es bisher keine Beweise gibt -, dass es in Europa illegale Subventionen für den Schweinefleischsektor gibt. Die Chinesen könnten also ebenfalls versuchen, Ausgleichszölle auf die Subventionen zu erheben. Ich bin sicher, dass sie das tun werden, wenn sie mit dem Ergebnis bei den Elektrofahrzeugen nicht zufrieden sind. Und sei es nur, weil sie sonst ihr Gesicht verlieren würden.
Welche Auswirkungen hätten die Schweinefleischzölle auf den EU-Markt? Und welche auf China? Sie haben bereits erwähnt, dass es dort schwierig ist, einige landwirtschaftliche Lebensmittel zu beschaffen.
Kurz- bis mittelfristig wird es Auswirkungen auf den chinesischen Markt haben, weil China diese Produkte braucht. Viele der europäischen Exporte, Dinge wie Köpfe, Füße und Hufe, werden in Europa nicht verwendet, aber die Chinesen kaufen sie. Das bedeutet auch, dass man, um diese Produkte anzubeiten, ein ganzes Schwein produzieren muss. Und China hat möglicherweise nicht die Verbraucherkapazität, um das gesamte Fleisch aufzunehmen, wenn es im Inland produziert wird.
Es bedeutet auch, dass es in Europa vorübergehend Überkapazitäten geben wird, wenn der chinesische Markt für europäische Exporte geschlossen ist. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Schweinefleischindustrie durchaus in der Lage ist, ihren Handel umzulenken und ihre Märkte zu diversifizieren. Das war die Erfahrung der letzten Jahre, beispielsweise nachdem Deutschland aufgrund der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland vom chinesischen Markt ausgeschlossen war. Nach ein paar Monaten konnte es das Schweinefleisch tatsächlich an neue Bestimmungsorte liefern.
Könnte die EU bei der Welthandelsorganisation Berufung einlegen? Die WTO wirkt derzeit ein wenig zahnlos.
Wenn die EU feststellt, dass Chinas Antidumpingmaßnahmen mit Chinas WTO-Verpflichtungen unvereinbar sind, könnte die EU China natürlich vor die WTO bringen. Die EU wird darüber anhand einer Reihe von Kriterien entscheiden. Erstens: Geht es um viel Geld? Zweitens: Gibt es ein systemisches Problem, das wir lösen müssen? Und drittens: Werden wir den Fall wahrscheinlich gewinnen? Wenn die EU davon überzeugt ist, dass sie den Fall gewinnen kann, und wenn es sich entweder um einen systemischen Fall handelt, oder wenn er erhebliche kommerzielle Auswirkungen hat, könnte sie durchaus das Streitschlichtungssystem der WTO nutzen. Aber dieses funktioniert sehr langsam. Zwischen der Einleitung eines Verfahrens und seinem Abschluss vergehen ein paar Jahre. In der Zwischenzeit bleiben die Zölle in Kraft. Das ist nicht die ideale Lösung. In solchen Situationen kommt es häufig vor, dass ein WTO-Mitglied mit einer Streitschlichtungsvereinbarung droht und Konsultationen mit dem anderen Land aufnimmt. Dadurch kann man sehen, ob ein Kompromiss gefunden werden kann, der die Notwendigkeit, den ganzen Weg zu gehen und ein Verfahren einzuleiten, überflüssig macht. Und in dieser Situation wäre es wahrscheinlich im Interesse Chinas, wenn seine Antidumpinggesetzgebung nicht systematisch als mit den WTO-Regeln unvereinbar eingestuft würde.
John Clarke war bis Oktober 2023 Direktor für internationale Beziehungen in der Generaldirektion für Landwirtschaft der Europäischen Kommission. Zuvor war er Leiter der EU-Delegation bei der WTO und den Vereinten Nationen in Genf. 1993 kam er als Unterhändler für Handel zur Europäischen Kommission.
Die deutschen Exporte nach China sind im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro gefallen. Das teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten wuchsen dagegen deutlich: Sie legten um 4,1 Prozent auf 13 Milliarden Euro zu. Die USA blieben damit der wichtigste Abnehmer von in Deutschland hergestellten Waren.
Ökonomen sehen in dem schwächelnden China-Geschäft mehrere Gründe. So stellt die Volksrepublik hochwertigere Produkte inzwischen selbst her, die früher aus Deutschland importiert wurden. Auch produzieren deutsche Unternehmen zunehmend vor Ort. Politische Spannungen wie an der Taiwanstraße könnten diesen Trend weiter verstärken.
China ist inzwischen nicht mehr der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Die USA überholten die Volksrepublik im ersten Quartal beim Volumen des Warenaustauschs. 2023 war die Volksrepublik mit einem Handelsvolumen von rund 253 Milliarden Euro das achte Jahr in Folge die Nummer eins – allerdings damals nur noch knapp vor den USA. rtr
Chinas Nationale Energiebehörde (NEA) will die Auslastung der Solarfabriken und deren Expansionspläne überwachen. Das kündigte Li Chuangjun, Direktor der Abteilung für erneuerbare Energien der Behörde, laut Bloomberg an. Damit wolle die NEA die Bedingungen im Solarmarkt verbessern, so Li. Man werde Kapazitätserweiterungen gezielt steuern, um überflüssige Investitionen zu vermeiden. Die Regierung hat damit auf die Hilferufe der angeschlagenen Solarhersteller reagiert.
Sprunghaft entstandene Überkapazitäten in der Branche haben einen rasanten Preisverfall ausgelöst, der bis nach Europa schwappte. Trotz des Solarbooms in China mussten daher viele Solarfirmen Kapazitäten stilllegen und Teile ihrer Belegschaft entlassen. Brancheninsider warnen vor einer Insolvenzwelle.
Manager von Unternehmen wie Trina Solar und GCL Technology Holdings hatten daher Mitte Juni auf dem größten Jahrestreffen der Branche in Shanghai ein stärkeres Eingreifen der Regierung gefordert. Die Analysten von Bloomberg New Energy Finance (BloombergNEF) erwarten eine Markterholung nicht vor 2025 oder 2026. ck
Die Belt and Road Initiative wurde von China im Jahr 2013 ins Leben gerufen. Seitdem, und insbesondere seit der Übernahme einer stärkeren – und aus westlicher Sicht umstritteneren – geopolitischen Position durch China in den letzten Jahren, gibt es in vielen westlichen Ländern hitzige Debatten, in denen die Beweggründe Chinas für ausländische Direktinvestitionen – und damit auch deren mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf das Gastland – infrage gestellt werden.
In Deutschland zeigte sich das beispielsweise in der Diskussion um die mögliche Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco an einem Containerterminal am Hamburger Hafen. Die deutsche Regierung, in Tandem mit der EU, reagierte auf das verstärkte Interesse chinesischer Unternehmen an Investitionen mit einer Verschärfung der Investitionsprüfung.
Auch chinesische Investitionen in anderen Teilen der Welt werden von westlichen Beobachtern oft kritisch betrachtet. Hier wird vor allem Afrika diskutiert, ein Kontinent mit starkem wirtschaftlichem Potenzial und großen Reserven an vielen Bodenschätzen.
Insgesamt sind ausländische Direktinvestitionen (ADI) in Afrika gering. Im Jahr 2022 betrug der Bestand an ADI in den 54 Ländern des Kontinents laut World Investment Report der Vereinten Nationen rund eine Billion USD. Ungefähr so viel wie der Bestand in einem einzigen europäischen Land: Deutschland. Der Anteil chinesischer Investitionen in Afrika ist dabei durchaus signifikant – sie machten 2022 rund vier Prozent aller neuen Investitionen aus und waren in Vorjahren auch schon deutlich höher, mit circa elf Prozent im Jahr 2020.
Ausländische Direktinvestitionen können sich positiv auf Unternehmen und damit Arbeitsplätze im Gastland auswirken, insbesondere wenn es zum erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer kommt. So sagt es zumindest die wirtschaftswissenschaftliche Theorie, untermauert durch empirische Studien. Unterscheiden sich in dieser Hinsicht chinesische von anderen Investoren? Leider ist der Wissensstand dazu noch gering. Ergebnisse aus einer 2022 durchgeführten Befragung von ausländischen Unternehmen in Ghana liefern jedoch erste Evidenz.
Chinesische Unternehmen sind generell kleiner als andere ausländische Firmen. Während ausländische Unternehmen durchschnittlich einen hohen Anteil an einheimischen Beschäftigten haben (mehr als 85 Prozent) ist dieser Anteil geringer für chinesische Unternehmen. Das gilt vorwiegend für hoch qualifizierte Beschäftigte wie Manager, die bei chinesischen Firmen zu einem größeren Teil aus dem Heimatland stammen als bei Firmen aus anderen Ländern.
Hat das Implikationen für die Nutzung und den Zugang zu Technologie? Hier ist das Bild nicht ganz eindeutig. Ungefähr ein Viertel aller ausländischen Unternehmen gibt an, in Forschung und Entwicklung zu investieren, Patente zu besitzen oder neue Technologien in Ghana eingeführt zu haben. Das gilt im gleichen Maße für chinesische wie auch für andere Unternehmen. Firmen aus China haben mehr lokale Zulieferer, neigen aber im Gegensatz zu anderen Firmen weniger dazu, Technologie an diese Zulieferer zu transferieren – wobei aber generell nur etwa fünf Prozent aller Firmen angeben, solchen Technologietransfer an Zulieferer überhaupt durchzuführen.
Viel höher ist der Technologietransfer an Firmenkunden, hier geben etwa ein Drittel aller ausländischen Unternehmen an, in dieser Weise mit ihren Kunden zu interagieren. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen chinesischen und anderen Unternehmen. Und schließlich können chinesische Firmen damit punkten, dass sie eher dazu neigen, moderne Managementmethoden an einheimische Unternehmen zu übertragen – also den Aufbau von Führungsqualitäten in ghanaischen Unternehmen zu unterstützen.
Es zeigt sich also, dass chinesische Unternehmen im Allgemeinen keineswegs “schlechter”, aber auch nicht “besser” sind als andere ausländische Investoren in Ghana. In vielen Punkten gibt es wenig Unterschiede. Umso wichtiger, dass dies in den teilweise sehr stark “überhitzten” Diskussionen und Debatten um chinesische Investitionen auch mit berücksichtigt wird.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (27.06.2024, 11.00 Uhr, MESZ) diskutieren Holger Görg, Reginald Yofi Grant, CEO des Ghana Investment Promotion Center, und Hong Zhao, assoziierte Professorin an der Nankai Universität, zum Thema ,,Wie (anders) haben chinesische Unternehmen in Afrika investiert und es verändert?”. China.Table ist Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Wang Xiaoqiu, aktuell Präsident von Chinas größtem staatlichen Autohersteller SAIC, wird Vorsitzender des Konzerns. Er folgt auf Chen Hong, der das Amt seit 2014 innehatte und in den Ruhestand geht. Neuer Präsident soll voraussichtlich Jia Jianxu werden, derzeit Vizepräsident. Die Umstrukturierung der Führungsriege erfolgt vor dem Hintergrund eines schwächelnden Absatzes auf dem Heimatmarkt und der drohenden Zollerhöhungen der EU. Diese ist ein Schlüsselmarkt für die Expansionspläne des Unternehmens außerhalb Chinas.
Li Ye ist neuer Vizepräsident von China Eastern Airlines. Der ausgebildete Pilot und studierte Betriebswirt war zuvor unter anderem bei China Southern Airlines und der CEA Holding tätig.
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Yoga ist auch in China sehr beliebt. Schätzungen zufolge praktizieren rund zehn Millionen Chinesen regelmäßig Asanas und Sonnengrüße. Die Popularität mag zum Teil daran liegen, dass sich die Posen gut zur ästhetischen Inszenierung auf Social Media eignen. Zum Weltyogatag am 21. Juni ließ sich diese Yogi-Gruppe aus Taizhou beim sprichwörtlichen Lotus-Sitzen fotografieren.
China und die EU wollen über die geplanten EU-Zusatzzölle auf chinesische E-Fahrzeuge verhandeln – diesen Schritt kann zum Teil auch Deutschland als Erfolg für sich verbuchen, schreibt Finn Mayer-Kuckuk.
Er war mit Robert Habeck in China und damit dabei, wie der Bundeswirtschaftsminister versuchte, der chinesischen Seite nahezubringen: Der EU-Kommission tritt in dieser Sache weniger als Erfolg-neidischer Protektionist auf -wie Peking es gerne darstellt -, sondern als ernsthaft verärgerter Handelspartner.
Wie erfolgreich diese Verhandlungen werden, wird auch Auswirkungen auf die chinesische Anti-Dumping-Untersuchung zu europäischen Schweinefleischimporten haben. Denn mit dieser will Peking ein klares Zeichen senden, erklärt John Clarke im Interview mit Table.Briefings. Clarke war bis vor Kurzem der Leiter der internationalen Angelegenheiten bei der Generaldirektion für Landwirtschaft in Brüssel und hat jahrzehntelange Verhandlungserfahrung, unter anderem bei der Welthandelsorganisation.
Dass die EU und China kurz vor einem Handelskrieg stehen, denkt Clarke jedoch nicht: “Ich glaube nicht, dass wir uns nur wegen Schweinefleisch im Wert von drei Milliarden Euro in einem Handelskrieg befinden.” Seiner Ansicht nach könnte Pekings Strategie jedoch auch nach hinten losgehen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat gegenüber der chinesischen Regierung ebenso deutlich Klartext gesprochen wie Außenministerin Annalena Baerbock im April 2023. Noch bevor das Gespräch auf Sachthemen kam, hat er China für seine Unterstützung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine scharf kritisiert. “Es ist wichtig für China, zu verstehen, dass die deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen direkt berührt sind von diesem Krieg”, sagte Habeck am Samstag in Peking in den Räumen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission. Deutschland und Europa würden “nicht so hart vorgehen beim Abbau von Abhängigkeiten, wenn es diese Unterstützung des Kriegs nicht gäbe”.
Habeck konnte noch am Samstagabend einen Erfolg für sich verbuchen: China und die EU-Kommission sagten zu, Verhandlungen über den Umgang mit den Zusatzzöllen aufzunehmen, die die EU auf chinesische E-Autos erheben könnte. Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte das am Samstagnachmittag in einem Videogespräch mit Handelsminister Wang Wentao ausgemacht.
Habeck trat mit einer Mischung aus Bescheidenheit und Stolz vor die Presse, nachdem China den Verhandlungen zugestimmt hatte. Er habe als deutscher Handelsminister getan, was er konnte, um zur Aufnahme der Gespräche beizutragen. Es habe sich aber um eine koordinierte gemeinsame Leistung mit der EU gehandelt. Die Aufnahme von Verhandlungen sei zwar ein wichtiger erster Schritt, aber keine Garantie dafür, dass es auch zu einer Einigung kommt.
Die Verhandlungen sind Teil des Beschlusses der EU zu den Zusatzöllen: Die EU wird die Einfuhrbelastung ab dem 4. Juli zunächst vorläufig erheben. Bis November müssen die Importeure nichts zahlen, erst dann werden die Beträge abgebucht. So lange läuft auch die Frist, um zu einer Verhandlungslösung mit China zu kommen. Dass beide Seiten jetzt reden wollen, gilt als positives Signal.
Die deutsche Autoindustrie wird nicht müde, ihre Ablehnung der zusätzlichen Zölle zu betonen. Auch Habeck sagte gemäß seiner Rolle als Vertreter der deutschen Wirtschaft, er wünsche sich vor allem offene Märkte und freie Exporte. Chinas Subventionen hätten das Handeln der EU nötig gemacht. Diese Position vertrat er offensiv. Er trat nicht als Bittsteller auf, sondern als verärgerter Handelspartner, der die Gründe für seinen Unmut deutlich macht.
Damit versuchte er, zwei zunächst gegensätzliche Positionen zu verbinden, für die er auf der Reise einstehen soll:
Indem Habeck nun in Peking ein wenig gepoltert und viel erklärt hat, hofft er zur Aufnahme der Verhandlungen beigetragen zu haben. So könnten die zusätzlichen Zölle im günstigsten Fall überflüssig werden, bevor die Importeure auch nur einen Euro zahlen mussten.
Habeck hat im Gesamtbild der Erklärungen die Botschaft gesendet: Die EU lässt sich am Ende doch nicht spalten. China kommt nun nicht darum herum, mit Brüssel zu verhandeln, wie es mit dem Handel weitergeht. Statt die Situation durch Druck auf den größten Mitgliedsstaat Deutschland abzubiegen, sind konkrete Angebote in Gesprächen mit der EU zur Auflösung der Situation nötig. Habeck hielt sich aber zurück, diese möglichen Gegenleistungen oder Lösungsansätze zu benennen. Die konkreten Verhandlungen seien Aufgabe der EU im Namen aller 27 Mitgliedsstaaten.
Zuvor hatte Chinas Planungsminister Zheng Shanjie eine deutliche Reaktion auf die zusätzlichen E-Auto-Zölle der EU angekündigt. “Wir werden die Interessen unserer Autoindustrie schützen.” Zugleich stellte er Belohnungen für eine deutsche Unterstützung für Chinas Position in der beginnenden Handelsauseinandersetzung in Aussicht. “Wir haben wahrgenommen, dass die deutsche Seite die Politik der EU ablehnt. Das wertschätzen wir.”
Von einer Positionierung gegen die EU wollte Habeck aber in den Gesprächen in Peking nichts wissen. Während Zheng die Maßnahme “Strafzölle” nannte, erklärte Habeck noch einmal, dass es sich um differenzierte Ausgleichszölle für Chinas Subventionen handele. Gebe es keine Übereinkunft, “wird nicht zu verhindern sein, dass die Zölle in Kraft treten.” Auf Deutsch: China muss gute Angebote machen, um die Zölle noch abzuwenden. Habeck nutzt die Zölle also, um Verhandlungsspielraum für Deutschland und die EU zu schaffen. Er weiß, dass China die EU dringend als offenen Markt braucht.
Minister Zheng wandte sich gegen die Vorstellung, dass die chinesischen Autohersteller Preisdumping betreiben. Sie verkauften die Modelle im Ausland teurer als in China. Und: “Der Preisvorsprung der chinesischen Autoindustrie basiert auf Marktprinzipien, nicht auf Subventionen.”
Die erste Aussage ist allgemein unwidersprochen: China produziert so günstig, dass die Autos in Europa zwar unter dem Preis der europäischen Konkurrenz auf den Markt kommen, aber immer noch über dem Marktpreis in China. Dort liefern sich über 75 Marken eine ruinöse Rabattschlacht. Dumping würde aber nur vorliegen, wenn die Ware unter dem Preis auf dem Herkunftsmarkt losgeschlagen wird. Von Dumping war daher auch nie die Rede.
Was die Subventionen angeht, hat die EU sich Mühe gegeben, die Förderung der Provinzen für ihre örtlichen Autohersteller zu beziffern. Sie hat die Zölle entsprechend ihrer Rechercheergebnisse festgesetzt.
Minister Zheng wandte sich aber auch generell gegen den Vorwurf, China züchte Überkapazitäten. “Man spricht in der westlichen Welt von Überkapazitäten bei Technologien aus dem Bereich der Erneuerbaren Energie hier in China. Diese Aussage ist absurd.” In Wahrheit profitierten die Verbraucher in der EU von den günstigen Preisen der importierten Waren. Die Ablehnung der Importe stehe nicht im Einklang mit dem europäischen Ziel einer grünen Entwicklung. Chinesische E-Autos könnten einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.
Habeck bemühte sich, die Motive für die Zölle zu erklären: Das Problem sei nicht gute und günstige Produktion in China, sondern künstlich niedrige Preise durch Subventionen, mit denen niemand im ehrlichen Wettbewerb mithalten kann. Es habe niemand Interesse an Zöllen, am wenigsten Deutschland, das bereit sei, sich der Konkurrenz zu stellen.
Habeck widersprach Zheng sogar in dem Bereich, in dem üblicherweise wohlklingende Floskeln über gegenseitige Kooperation ausgetauscht werden. Nachdem Zheng den Ausbau von Kohlekraftwerken als Begleiterscheinung der Energiewende gerechtfertigt hatte, um die Grundlast sicherzustellen, bügelte Habeck diese Argumentation ab. Es sei teurer und ineffizient, nicht gleich ausschließlich auf die Erneuerbaren zu setzen.
Habeck fügte noch eine allgemeine Ermahnung zum Kampf gegen den Klimawandel hinzu. Zhengs Argument, dass die westlichen Länder schon viel länger Kohlendioxid ausstoßen und daher einen Vorteil hatten, ließ er nicht gelten. “Man kann sich nicht hinter historischer Verantwortung verstecken. Die CO2-Emissionen in China müssen schnell gesenkt werden.”
Minister Zheng, der Chinas Ministerium für Wirtschaftsplanung führt, ist ein mächtiges Kabinettsmitglied und war damit Habecks wichtigster Gesprächspartner am Samstag. Am Freitag hatte Chinas Premier Li Qiang Habeck einen Korb gegeben. Er hatte einen zuvor in Aussicht gestellten Gesprächstermin abgesagt.
Indem Habeck gleich zu Anfang von “deutschen Sicherheitsinteressen” sprach, übernahm er eine chinesische Formel. China begründet seine eigene, aggressivere Gebietspolitik beispielsweise im Südchinesischen Meer immer wieder mit seinen “Sicherheitsinteressen” oder “Kerninteressen”, die auch heftige Aktionen rechtfertigen. Auch Außenministerin Baerbock hatte bei ihrem Besuch von Deutschlands Kerninteressen gesprochen.
Baerbock hatte sich im vergangenen Jahr in Peking bei ihren Gesprächen dafür stark gemacht, dass China seine Unterstützung für Russland zurückfährt und zur Beendigung des Krieges beiträgt. Sie setzte noch eindeutig formulierte Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen obendrauf. Baerbocks vermeintlich undiplomatisches Vorgehen hatte Kritik ausgelöst, sie würge den Dialog ab.
Habeck war das Bemühen anzumerken, die deutschen Anliegen vom chinesischen Weltbild her zu erklären und dabei China-kompatible Sprache zu verwenden. Die Definition des russischen Angriffs auf die Ukraine als Gefährdung eines europäischen Kerninteresses statt eines bloßen Grenzkriegs gehörte dazu.
Er verwies mehrfach darauf, dass es der Krieg ist, der den Handel zwischen der EU und China derzeit so belastet. Die kritische Prüfung von Exporten, der Fokus auf den Abbau von Abhängigkeiten und generell eine Verschlechterung des Klimas gehen seiner Erklärung zufolge auf den Krieg zurück. Er verdeutlichte also die materiellen Schäden, die der russische Angriff für China verursacht. Diese werden nach Darstellung Habecks langfristig nicht durch das Anwachsen des Russland-Handels ausgeglichen. Schließlich ist die EU weiterhin der viel größere und reichere Markt.
Ähnlich fielen seine Erläuterungen zu Lieferketten und Menschenrechten aus. Statt moralisch zu appellieren, zog er das Thema vom Handel her auf. Durch die Lieferkettengesetze seien europäische Unternehmen künftig gezwungen, auf Importe aus Produktion mit Kinder- und Zwangsarbeit und schlechten Arbeitsbedingungen zu verzichten. “Die chinesischen Handelspartner müssen sich darauf einstellen”, sagte er am Samstagnachmittag auf seiner Pressekonferenz vor chinesischen Medien. Er liefert mit den deutlichen Worten ein Gegenprogramm ab zu dem eher freundschaftlich geprägten Besuch von Olaf Scholz im April.
Eine Ähnlichkeit zum Scholz-Besuch ergab sich allerdings gegen Ende der viertägigen Reise, als Habeck an der Zhejiang-Universität mit Studentinnen und Studenten zusammentraf. Auch hier stellte sich, wie schon zwei Monate zuvor bei Scholz, die Frage, wie spontan die Fragen der Studierenden an den Gast aus Deutschland wirklich sind, und ob die Anwesenden und ihr Auftritt nicht nach Kriterien der Propaganda inszeniert wurden.
Herr Clarke, warum hat Peking speziell die Schweinefleischindustrie ins Visier genommen? Welche Strategie steckt dahinter?
Peking will ein klares Signal, eine Warnung, senden, dass China Antidumpingzölle auf Schweinefleisch erheben wird, wenn die EU nicht über die Zölle auf Elektrofahrzeuge verhandelt. China hat sich für Schweinefleisch entschieden, weil es der größte landwirtschaftliche Exportartikel der EU nach China ist. Auch wenn die Landwirtschaft nur einen sehr kleinen Teil der Exporte der EU nach China ausmacht, ist sie in der EU politisch sehr sichtbar und lenkt daher die Aufmerksamkeit auf das Problem. Zuvor hatte Peking auch gedroht, möglicherweise Milchprodukte, Wein und sogar Airbus ins Visier zu nehmen.
Warum hat China das nun erstmal nicht gemacht?
Ich bin ehrlicherweise überrascht, dass China nicht Wein ins Visier genommen hat. Denn ein Großteil des Weins kommt aus Frankreich. Und Frankreich stand hinter der Untersuchung mit den Elektrofahrzeugen und hat sie vorangetrieben. Aber vielleicht war der Sektor zu offensichtlich, und es läuft bereits eine Untersuchung zu hauptsächlich französischen Spirituosen. Was Milchprodukte betrifft, exportiert die EU nicht so viel nach China. Sie exportiert allerdings Säuglingsnahrung wie Milchpulver, das die Chinesen wirklich brauchen. Schweinefleisch ist also eine recht praktische Überlegung. Wir sprechen von Exporten im Wert von drei Milliarden Euro. Das wird die Welt nicht verändern und meiner Meinung nach steuert das auch nicht auf einen Handelskrieg hin. China hat sich entschieden, diesen Sektor zu untersuchen, weil das zwar Schaden verursachen und drei oder vier Mitgliedstaaten auf die Elektroauto-Angelegenheit aufmerksam machen, aber keine massiven Schäden, oder zu einem Handelskrieg führen kann. Der Sektor wurde also sehr sorgfältig gewählt.
Halten Sie das für eine gute Strategie der chinesischen Seite?
Ich habe dazu gemischte Gefühle. Ich denke, es ist eine gute Strategie, wenn das Signal lautet: “Wir wollen verhandeln”, was meiner Meinung nach die Absicht ist. Es geht nicht um Rache.
Und wird das funktionieren?
Vielleicht. Die davon betroffenen Länder wären Spanien, die Niederlande und Dänemark als die drei großen Schweinefleisch-Exporteure. Keiner von ihnen scheint besonders starke Eigeninteressen in der Elektroauto-Frage zu haben. Wenn ihre Schweinefleischexporte ins Visier geraten, könnten sie geneigt sein, der Kommission zu sagen, sie solle bitte über Elektroautos verhandeln, aber das wird keine dramatischen Auswirkungen auf den Fall haben. Das Land, das am meisten auf Zölle auf Elektrofahrzeuge gedrängt hat, ist Frankreich. Wenn Peking Vergeltung üben oder bei künftigen Verhandlungen den größtmöglichen Einfluss ausüben will, wäre es besser gewesen, Produkte aus Frankreich oder Deutschland ins Visier zu nehmen, die in der EU im Grunde die Entscheidungen treffen. In dieser Hinsicht ist es also keine brillante Strategie.
Peking schafft sich damit also eher selbst Probleme?
Ich sehe zwei Punkte: Erstens ist es auf lange Sicht nicht sehr klug, Zölle auf Lebensmittel zu erheben. Aus Sicht der Lebensmittelsicherheit ist es ein ziemlich gefährlicher Ansatz, die eigenen Versorgungsquellen zu reduzieren. Zweitens: Diese von China eingeleitete Antidumpinguntersuchung wurde eindeutig aus politischen Gründen durchgeführt. Es gibt kein glaubwürdiges Dumping bei Schweinefleisch, das nach China geht. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit Chinas, wenn es zugleich vorgibt, sich dem Multilateralismus verpflichtet zu fühlen und die WTO-Regeln gewissenhaft zu befolgen. Die Tatsache, dass China diese Untersuchung aus politischen Gründen einleitet, untergräbt seine Darstellung vollständig. Es schaden sich langfristig selbst, auch seinem Ruf.
Sie haben gesagt, dass der Schweinefleischsektor sorgfältig ausgewählt wurde, um Verhandlungen anzustoßen, anstatt zu eskalieren. Beide Seiten haben sich am Samstag darauf geeinigt, Verhandlungen über die E-Fahrzeuge aufzunehmen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass dieser Konflikt durch die Verhandlungen gelöst wird?
Die EU-Verordnung und -Politik in Bezug auf Antisubventionen bieten einen gewissen Verhandlungsspielraum. Wenn die chinesischen Unternehmen bei der Untersuchung kooperieren, kann das zu einem deutlich niedrigeren Antisubventionszoll führen. Und wenn die chinesische Regierung kooperiert und erklärt, was die Subventionen sind und was nicht, wäre das ebenfalls hilfreich.
Die EU kann sich auch dafür entscheiden, das breitere öffentliche Interesse zu berücksichtigen – die EU-Handelsschutzgesetzgebung enthält einen Test auf öffentliches Interesse. Liegt es in unserem Interesse als europäische Gesellschaft oder Wirtschaft, eine Steuer auf chinesische Elektrofahrzeuge zu erheben – ja oder nein? Und wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten am Ende des Tages entscheiden, dass wir erschwingliche chinesische grüne Technologie brauchen, um das Netto-Null-Ziel und die grüne Transformation zu unterstützen, können sie beschließen, diese Importe nicht so hoch zu besteuern. Es gibt also erheblichen Verhandlungsspielraum. Ich glaube nicht, dass wir uns wegen Schweinefleisch im Wert von drei Milliarden Euro in einem Handelskrieg befinden. Jedenfalls handelt es sich derzeit nur um eine Untersuchung durch China und noch nicht um die Verhängung von Zöllen.
Wie wahrscheinlich ist es, dass auf die Untersuchung tatsächlich Maßnahmen wie Zölle auf Schweinefleisch folgen?
Das wird von den Gesprächen zum Thema Elektrofahrzeuge abhängen. Wenn es keinen Verhandlungsspielraum mit China gibt oder wenn die chinesischen Unternehmen bei der EU-Untersuchung nicht kooperieren, dann bin ich ziemlich sicher, dass die Chinesen Zölle auf Schweinefleisch erheben werden. Peking hat eine sehr vage Behauptung aufgestellt – für die es bisher keine Beweise gibt -, dass es in Europa illegale Subventionen für den Schweinefleischsektor gibt. Die Chinesen könnten also ebenfalls versuchen, Ausgleichszölle auf die Subventionen zu erheben. Ich bin sicher, dass sie das tun werden, wenn sie mit dem Ergebnis bei den Elektrofahrzeugen nicht zufrieden sind. Und sei es nur, weil sie sonst ihr Gesicht verlieren würden.
Welche Auswirkungen hätten die Schweinefleischzölle auf den EU-Markt? Und welche auf China? Sie haben bereits erwähnt, dass es dort schwierig ist, einige landwirtschaftliche Lebensmittel zu beschaffen.
Kurz- bis mittelfristig wird es Auswirkungen auf den chinesischen Markt haben, weil China diese Produkte braucht. Viele der europäischen Exporte, Dinge wie Köpfe, Füße und Hufe, werden in Europa nicht verwendet, aber die Chinesen kaufen sie. Das bedeutet auch, dass man, um diese Produkte anzubeiten, ein ganzes Schwein produzieren muss. Und China hat möglicherweise nicht die Verbraucherkapazität, um das gesamte Fleisch aufzunehmen, wenn es im Inland produziert wird.
Es bedeutet auch, dass es in Europa vorübergehend Überkapazitäten geben wird, wenn der chinesische Markt für europäische Exporte geschlossen ist. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Schweinefleischindustrie durchaus in der Lage ist, ihren Handel umzulenken und ihre Märkte zu diversifizieren. Das war die Erfahrung der letzten Jahre, beispielsweise nachdem Deutschland aufgrund der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland vom chinesischen Markt ausgeschlossen war. Nach ein paar Monaten konnte es das Schweinefleisch tatsächlich an neue Bestimmungsorte liefern.
Könnte die EU bei der Welthandelsorganisation Berufung einlegen? Die WTO wirkt derzeit ein wenig zahnlos.
Wenn die EU feststellt, dass Chinas Antidumpingmaßnahmen mit Chinas WTO-Verpflichtungen unvereinbar sind, könnte die EU China natürlich vor die WTO bringen. Die EU wird darüber anhand einer Reihe von Kriterien entscheiden. Erstens: Geht es um viel Geld? Zweitens: Gibt es ein systemisches Problem, das wir lösen müssen? Und drittens: Werden wir den Fall wahrscheinlich gewinnen? Wenn die EU davon überzeugt ist, dass sie den Fall gewinnen kann, und wenn es sich entweder um einen systemischen Fall handelt, oder wenn er erhebliche kommerzielle Auswirkungen hat, könnte sie durchaus das Streitschlichtungssystem der WTO nutzen. Aber dieses funktioniert sehr langsam. Zwischen der Einleitung eines Verfahrens und seinem Abschluss vergehen ein paar Jahre. In der Zwischenzeit bleiben die Zölle in Kraft. Das ist nicht die ideale Lösung. In solchen Situationen kommt es häufig vor, dass ein WTO-Mitglied mit einer Streitschlichtungsvereinbarung droht und Konsultationen mit dem anderen Land aufnimmt. Dadurch kann man sehen, ob ein Kompromiss gefunden werden kann, der die Notwendigkeit, den ganzen Weg zu gehen und ein Verfahren einzuleiten, überflüssig macht. Und in dieser Situation wäre es wahrscheinlich im Interesse Chinas, wenn seine Antidumpinggesetzgebung nicht systematisch als mit den WTO-Regeln unvereinbar eingestuft würde.
John Clarke war bis Oktober 2023 Direktor für internationale Beziehungen in der Generaldirektion für Landwirtschaft der Europäischen Kommission. Zuvor war er Leiter der EU-Delegation bei der WTO und den Vereinten Nationen in Genf. 1993 kam er als Unterhändler für Handel zur Europäischen Kommission.
Die deutschen Exporte nach China sind im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro gefallen. Das teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten wuchsen dagegen deutlich: Sie legten um 4,1 Prozent auf 13 Milliarden Euro zu. Die USA blieben damit der wichtigste Abnehmer von in Deutschland hergestellten Waren.
Ökonomen sehen in dem schwächelnden China-Geschäft mehrere Gründe. So stellt die Volksrepublik hochwertigere Produkte inzwischen selbst her, die früher aus Deutschland importiert wurden. Auch produzieren deutsche Unternehmen zunehmend vor Ort. Politische Spannungen wie an der Taiwanstraße könnten diesen Trend weiter verstärken.
China ist inzwischen nicht mehr der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Die USA überholten die Volksrepublik im ersten Quartal beim Volumen des Warenaustauschs. 2023 war die Volksrepublik mit einem Handelsvolumen von rund 253 Milliarden Euro das achte Jahr in Folge die Nummer eins – allerdings damals nur noch knapp vor den USA. rtr
Chinas Nationale Energiebehörde (NEA) will die Auslastung der Solarfabriken und deren Expansionspläne überwachen. Das kündigte Li Chuangjun, Direktor der Abteilung für erneuerbare Energien der Behörde, laut Bloomberg an. Damit wolle die NEA die Bedingungen im Solarmarkt verbessern, so Li. Man werde Kapazitätserweiterungen gezielt steuern, um überflüssige Investitionen zu vermeiden. Die Regierung hat damit auf die Hilferufe der angeschlagenen Solarhersteller reagiert.
Sprunghaft entstandene Überkapazitäten in der Branche haben einen rasanten Preisverfall ausgelöst, der bis nach Europa schwappte. Trotz des Solarbooms in China mussten daher viele Solarfirmen Kapazitäten stilllegen und Teile ihrer Belegschaft entlassen. Brancheninsider warnen vor einer Insolvenzwelle.
Manager von Unternehmen wie Trina Solar und GCL Technology Holdings hatten daher Mitte Juni auf dem größten Jahrestreffen der Branche in Shanghai ein stärkeres Eingreifen der Regierung gefordert. Die Analysten von Bloomberg New Energy Finance (BloombergNEF) erwarten eine Markterholung nicht vor 2025 oder 2026. ck
Die Belt and Road Initiative wurde von China im Jahr 2013 ins Leben gerufen. Seitdem, und insbesondere seit der Übernahme einer stärkeren – und aus westlicher Sicht umstritteneren – geopolitischen Position durch China in den letzten Jahren, gibt es in vielen westlichen Ländern hitzige Debatten, in denen die Beweggründe Chinas für ausländische Direktinvestitionen – und damit auch deren mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf das Gastland – infrage gestellt werden.
In Deutschland zeigte sich das beispielsweise in der Diskussion um die mögliche Beteiligung der chinesischen Reederei Cosco an einem Containerterminal am Hamburger Hafen. Die deutsche Regierung, in Tandem mit der EU, reagierte auf das verstärkte Interesse chinesischer Unternehmen an Investitionen mit einer Verschärfung der Investitionsprüfung.
Auch chinesische Investitionen in anderen Teilen der Welt werden von westlichen Beobachtern oft kritisch betrachtet. Hier wird vor allem Afrika diskutiert, ein Kontinent mit starkem wirtschaftlichem Potenzial und großen Reserven an vielen Bodenschätzen.
Insgesamt sind ausländische Direktinvestitionen (ADI) in Afrika gering. Im Jahr 2022 betrug der Bestand an ADI in den 54 Ländern des Kontinents laut World Investment Report der Vereinten Nationen rund eine Billion USD. Ungefähr so viel wie der Bestand in einem einzigen europäischen Land: Deutschland. Der Anteil chinesischer Investitionen in Afrika ist dabei durchaus signifikant – sie machten 2022 rund vier Prozent aller neuen Investitionen aus und waren in Vorjahren auch schon deutlich höher, mit circa elf Prozent im Jahr 2020.
Ausländische Direktinvestitionen können sich positiv auf Unternehmen und damit Arbeitsplätze im Gastland auswirken, insbesondere wenn es zum erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer kommt. So sagt es zumindest die wirtschaftswissenschaftliche Theorie, untermauert durch empirische Studien. Unterscheiden sich in dieser Hinsicht chinesische von anderen Investoren? Leider ist der Wissensstand dazu noch gering. Ergebnisse aus einer 2022 durchgeführten Befragung von ausländischen Unternehmen in Ghana liefern jedoch erste Evidenz.
Chinesische Unternehmen sind generell kleiner als andere ausländische Firmen. Während ausländische Unternehmen durchschnittlich einen hohen Anteil an einheimischen Beschäftigten haben (mehr als 85 Prozent) ist dieser Anteil geringer für chinesische Unternehmen. Das gilt vorwiegend für hoch qualifizierte Beschäftigte wie Manager, die bei chinesischen Firmen zu einem größeren Teil aus dem Heimatland stammen als bei Firmen aus anderen Ländern.
Hat das Implikationen für die Nutzung und den Zugang zu Technologie? Hier ist das Bild nicht ganz eindeutig. Ungefähr ein Viertel aller ausländischen Unternehmen gibt an, in Forschung und Entwicklung zu investieren, Patente zu besitzen oder neue Technologien in Ghana eingeführt zu haben. Das gilt im gleichen Maße für chinesische wie auch für andere Unternehmen. Firmen aus China haben mehr lokale Zulieferer, neigen aber im Gegensatz zu anderen Firmen weniger dazu, Technologie an diese Zulieferer zu transferieren – wobei aber generell nur etwa fünf Prozent aller Firmen angeben, solchen Technologietransfer an Zulieferer überhaupt durchzuführen.
Viel höher ist der Technologietransfer an Firmenkunden, hier geben etwa ein Drittel aller ausländischen Unternehmen an, in dieser Weise mit ihren Kunden zu interagieren. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen chinesischen und anderen Unternehmen. Und schließlich können chinesische Firmen damit punkten, dass sie eher dazu neigen, moderne Managementmethoden an einheimische Unternehmen zu übertragen – also den Aufbau von Führungsqualitäten in ghanaischen Unternehmen zu unterstützen.
Es zeigt sich also, dass chinesische Unternehmen im Allgemeinen keineswegs “schlechter”, aber auch nicht “besser” sind als andere ausländische Investoren in Ghana. In vielen Punkten gibt es wenig Unterschiede. Umso wichtiger, dass dies in den teilweise sehr stark “überhitzten” Diskussionen und Debatten um chinesische Investitionen auch mit berücksichtigt wird.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (27.06.2024, 11.00 Uhr, MESZ) diskutieren Holger Görg, Reginald Yofi Grant, CEO des Ghana Investment Promotion Center, und Hong Zhao, assoziierte Professorin an der Nankai Universität, zum Thema ,,Wie (anders) haben chinesische Unternehmen in Afrika investiert und es verändert?”. China.Table ist Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Wang Xiaoqiu, aktuell Präsident von Chinas größtem staatlichen Autohersteller SAIC, wird Vorsitzender des Konzerns. Er folgt auf Chen Hong, der das Amt seit 2014 innehatte und in den Ruhestand geht. Neuer Präsident soll voraussichtlich Jia Jianxu werden, derzeit Vizepräsident. Die Umstrukturierung der Führungsriege erfolgt vor dem Hintergrund eines schwächelnden Absatzes auf dem Heimatmarkt und der drohenden Zollerhöhungen der EU. Diese ist ein Schlüsselmarkt für die Expansionspläne des Unternehmens außerhalb Chinas.
Li Ye ist neuer Vizepräsident von China Eastern Airlines. Der ausgebildete Pilot und studierte Betriebswirt war zuvor unter anderem bei China Southern Airlines und der CEA Holding tätig.
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Yoga ist auch in China sehr beliebt. Schätzungen zufolge praktizieren rund zehn Millionen Chinesen regelmäßig Asanas und Sonnengrüße. Die Popularität mag zum Teil daran liegen, dass sich die Posen gut zur ästhetischen Inszenierung auf Social Media eignen. Zum Weltyogatag am 21. Juni ließ sich diese Yogi-Gruppe aus Taizhou beim sprichwörtlichen Lotus-Sitzen fotografieren.