Wang Yi befindet sich in Moskau und wird am Mittwoch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow zusammentreffen. Die Beobachtenden wollen nun vor allem eines wissen: Kommt Chinas Chefdiplomat auch mit Wladimir Putin zusammen? Und wenn ja, werden sich dabei Hinweise zur Natur der angekündigten Friedensinitiative herauslesen lassen?
Staatschef Xi Jinping hat am Dienstag bereits ein Konzeptpapier zu seiner 2022 erstmals angekündigten Globalen Sicherheitsinitiative (GSI) vorgelegt. Details sind weiterhin Mangelware, doch die Tonlage ähnelt erstaunlich dem, was zuletzt aus verschiedenen Staaten der Brics-Gruppe verlautete, zu der neben Russland und China auch Brasilien, Indien und Südafrika gehören. Das ist kein Zufall: Das GSI-Papier sei mit Brics abgestimmt, analysiert Frank Sieren. China ziehe zunehmend Schwellenländer auf seine Seite.
Einen propagandistischen Blick in die Zukunft dieser schönen neuen Weltordnung bietet der Erfolgsfilm The Wandering Earth II: Eine globale Zusammenarbeit, angeführt von China. In dem wuchtigen Science-Fiction-Epos setzen sich chinesische Experten angesichts einer bedrohlichen Ausdehnung der Sonne in einer “Vereinten Weltregierung” durch. Sie retten die Erde, indem gigantische Antriebswerke den Planeten aus dem Sonnensystem schleudern.
Fabian Peltsch hat für uns den Film angesehen und analysiert: Mit viel Herzblut überzeugen die chinesischen Protagonisten darin den Rest der Welt von ihrer Idee. Und am Ende ist es im propagandistisch angehauchten Film nicht ein einzelner Superheld, sondern es sind alle gemeinsam, die das Wunderwerk vollbringen. Das ist genau der Geist harmonischer internationaler Zusammenarbeit, der auch Xis GSI-Papier durchweht.
Chinas Staatschef Xi Jinping hat seine im April 2022 erstmals präsentierte Globale Sicherheitsinitiative (Global Security Initiative/GSI) konkretisiert. Das Papier ist daher die Grundlage für die weitere Umgestaltung der Weltordnung weg von einer US-Dominanz, die das wieder aufgestiegene China anstrebt. Das Konzept umgarnt daher vor allem andere aufstrebende Länder.
Die Eckpunkte des neuen, auf Englisch rund zehnseitigen GSI-Papiers:
Im Zusammenhang mit der Vorstellung des Papiers hielt Außenminister Qin Gang am Dienstag eine Rede zur Weltlage. Er zog darin bereits erste Konsequenzen aus den Prinzipien, für die die GSI stehen soll. China werde sich für Frieden in der Ukraine einsetzen; die Situation um Taiwan sei nicht mit der um die Ukraine vergleichbar. “Gewisse Länder sollten aufhören, Öl ins Feuer zu gießen.” China stehe für Frieden und habe sich nie auch nur einen Zoll eines fremden Territoriums angeeignet.
Xis am Dienstag vorgestelltes Konzeptpapier markiert bewusst keinen Alleingang. Vielmehr wurde der Text mit den Staaten der Brics-Gruppe – neben China Brasilien, Russland, Indien und Südafrika – abgestimmt. Das erfuhr Table.Media aus diplomatischen Kreisen in Peking.
Hier zeichnet sich ein Konsens mit erheblichen Auswirkungen ab. Denn er ist neu. Die Brics-Staaten haben zusammen bei Bevölkerung und Wirtschaftskraft inzwischen ein größeres Gewicht als die G7-Staaten. Während die G7 elf Prozent der Weltbevölkerung vertreten und kaufkraftbereinigt rund 30 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) schaffen, kommen die Brics-Länder auf 40 Prozent der Bevölkerung und ebenfalls rund 30 Prozent des BIPs. Inzwischen haben sie die G7 beim BIP gar leicht überholt.
In einer zweiten Ebene hat China zudem einige nicht vollständig westlich orientierte G20-Länder eingebunden: Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südkorea und die Türkei. Das Brics-Land Indien hat in diesem Jahr den G20-Vorsitz. Das gilt als hilfreich, um die Pekinger Sicherheitsinitiative voranzubringen.
In einer dritten Ebene geht es Peking dann darum, eine Mehrheit in der Uno zu finden. Gut 170 von 193 Ländern der Vereinten Nationen beteiligen sich nicht an den Sanktionen gegen Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Die Länder, die sich an Sanktionen beteiligen, repräsentieren nur 16 Prozent der globalen Bevölkerung. Schon länger arbeitet China mit Erfolg daran, mehr und mehr Staaten bei der UNO zum gemeinsamen Abstimmen mit Peking zu überreden.
Xi hatte die GSI am 21. April 2022 auf dem Boao-Forum angekündigt, dem chinesischen Gegenstück zum World Economic Forum. Per Video-Schalte beschrieb er sein Konzept als chinesischen Gegenentwurf zur “Kalter-Kriegs-Mentalität”, die er den Ländern in Amerikas Einflusssphäre unterstellt. Xi will damit international die Verantwortung übernehmen, die sein Land als zweitgrößte Volkswirtschaft und Militärmacht seines Erachtens zukommt.
Das nun vorgestellte Papier ist nun nach der Ankündigung der nächste Schritt, um das Konzept mit Leben zu füllen. Es sieht institutionalisierte globale Mechanismen zum Interessenausgleich vor. Die Ursachen für internationale Konflikte sollen dadurch verschwinden. “Sicherheit ist das Recht aller Länder, nicht das Privileg individueller Länder”, sagte ein Regierungssprecher in Peking. Künftig sollen GSI-Veranstaltungen in Peking stattfinden, um die Ideen in die Praxis umzusetzen.
Die USA mögen Chinas Vorstoß als Propaganda abtun, doch anderswo stößt er auf erhebliches Interesse. Die Brics-Länder haben sich schon im Vorfeld zu den Positionen bekannt, die Xi nun in dem GSI-Papier festgelegt hat. Die Demokratie Südafrika, das wichtigste Land des aufstrebenden Kontinents, hat deutlich gemacht, dass sie nicht nur an der Seite des Westens stehen will.
Derzeit veranstalten Südafrika, China und Russland gar ein gemeinsames Marinemanöver vor der Küste Südafrikas. Die Neutralität Südafrikas manifestiere sich darin, dass man nicht nur mit China oder Russland Manöver durchführe, sondern “mit vielen anderen Ländern auch, darunter den USA”, betonte ein Sprecher des südafrikanischen Verteidigungsministeriums. Auch mit Deutschland werde geübt.
Eine noch deutlichere Sprache sprechen die jüngsten politischen Richtlinien des südafrikanischen Außenministeriums: Sie fordern einen Zusammenschluss Südafrikas mit jenen Kräften, “die der Dominanz des Westens und der liberalen internationalen Wirtschaftsordnung etwas entgegensetzen.” Es geht dabei also nicht nur um die traditionellen Beziehungen der Regierungspartei ANC zu Moskau, das den ANC schon zu Apartheid-Zeiten unterstützt hatte – sondern auch um mehr Mitbestimmung des globalen Südens gegen die ehemaligen Kolonialmächte.
Indiens Premierminister Narendra Modi möchte sich ebenfalls nicht auf die Seite der Nato schlagen, sondern sich mit allen Seiten gut stellen. So explodierten Indiens Ölimporte aus Russland, wenn auch von niedrigem Niveau. Vor fünf Tagen vereinbarte Modi allerdings auch eine “strategische Technologiepartnerschaft” mit den USA, bei der es auch um die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich geht. Die USA haben Indien kürzlich 200 Boeings verkauft, der größte bilaterale Deal bisher.
Die Amerikaner ringen gegenüber Indien daher um jeden Meter Einfluss. Das wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz zu spüren bekommen, wenn er am kommenden Samstag in Delhi eintrifft. Scholz wird nun aber nicht mehr so leicht zu verblüffen sein wie bei dem Treffen mit Brasiliens Präsident Inácio Lula da Silva Ende Januar. Dort blitzte Scholz mit seinem Wunsch nach 300.000 Stück 105-Millimeter-Munition für die Gepard-Panzer für die Ukraine ab: “Wir wollen keine Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt”, sagte Lula. Derzeit höre man “das Wort Frieden sehr wenig in der internationalen Diskussion.”
Lulas Vorschlag hingegen: “Es ist notwendig, eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird. Sie soll sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zu setzen. Multilaterale Initiativen gefallen mir sehr”. Die neue Weltordnung müsse “auf Dialog basieren, Multilateralismus und Multipolarität”, fordert Lula – es klingt wie Pekings GSI. Chinas Rolle hält er für besonders wichtig: “Unsere chinesischen Freunde können einen großen Beitrag leisten.” Lula kritisierte zwar Russland, aber auch den Westen: “Ich glaube, Russland hat den klassischen Fehler begangen, in das Territorium eines anderen Landes einzudringen”, sagte er. “Aber ich glaube auch: Wenn einer nicht will, streiten zwei nicht.”
Keines der Brics-Länder nennt derzeit einen kompletten Rückzug Russlands aus den von ihm besetzten Gebieten in der Ukraine als Voraussetzung für Friedensgespräche. Das ist ein entscheidender Unterschied zu EU und USA.
Unterdessen zeichnet sich das langfristige Ziel der Brics-Staaten ab, während China in eine Führungsrolle hineinwächst: Es soll mit der Zeit eine neue Sicherheitsordnung etabliert werden, mit Spielregeln, die von der Mehrheit der Welt entwickelt werden und sowohl für Russland als auch für die USA gelten. Nationale Alleingänge sollen geächtet werden. Das Zeitalter des Rechts des Stärkeren ist in den meisten Nationalstaaten längst Geschichte. Er soll den Gedanken des GSI-Papiers zufolge nun auch global zu Ende gehen. Ein hoher Anspruch.
Kurz nachdem das Licht angegangen ist, springt ein Mann von seinem Sitz und brüllt in den Kinosaal, als habe gerade sein Lieblings-Fußballteam ein Tor geschossen: “Ich möchte verkünden: ‘Wandering Earth‘ ist genial! Chinas Science-Fiction ist genial! Die Chinesen sind genial!!!” Einige Kinogänger reagieren mit verhaltenem Klatschen. Andere greifen sich angesichts der bizarren Szene an den Kopf. Ein Video des Ausbruchs geht kurze Zeit später im Internet viral.
Der Clip bringt die patriotische Euphorie auf den Punkt, mit der die Chinesen “The Wandering Earth II” seit Wochen als kulturellen Meilenstein feiern. Der Grundtenor: Mit dem knapp dreistündigen Science-Fiction-Epos, das seit seinem Start am 22. Januar mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar eingespielt hat, habe Regisseur Frant Gwo Chinas Filmindustrie endlich aus dem Schatten Hollywoods herauskatapultiert. “The Wandering Earth II”, ein Prequel des gleichnamigen Films aus dem Jahr 2019, sei qualitativ besser als Avatar und Star Wars, schreiben User auf Social-Media-Kanälen wie Weibo. Und, wie Chinas Staatsmedien nicht müde werden zu betonen: der Blockbuster erzählt die Geschichte von “globalen Visionen und chinesischer Weisheit”.
Die Handlung des Films, der nur noch lose auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Bestseller-Autor Liu Cixin (“Die Drei Sonnen”) basiert, ist schnell erzählt: Eine sich rapide ausdehnende Sonne droht die Erde zu verschlingen. Eine “Vereinte Weltregierung”, die aus den UN hervorgegangen ist, sucht gemeinsam nach einer Lösung – kann sich jedoch aufgrund von zwischenstaatlichen Konflikten nicht einigen. Die US-Amerikaner tendieren dazu, die menschliche Zivilisation vor ihrer Vernichtung als digitales Gedächtnis in eine Cloud hochzuladen.
China plädiert für das “Moving Mountain”-Projekt, das die Erde mithilfe gigantischer Antriebswerke aus dem Sonnensystem schleudern will. “Eine Zivilisation ohne Menschen ist bedeutungslos”, erklären die Chinesen. Und sie können den Rest der Welt schließlich mit Herzblut und technokratischen Machbarkeitsstudien von der Idee einer “wandernden Erde” überzeugen.
Der Film zeige eine Welt, in der nicht ein einzelner Held die Welt rettet, sondern “die Menschen in Zeiten überwältigender Krisen als Team zusammenarbeiten”, wie ein Gastautor in der staatlichen Global Times schreibt. “Die internationale Einheit und Solidarität” in “Wandering Earth II” entsprächen “Chinas aktueller Haltung und Herangehensweise in einer Welt des Wandels”. Auch Fu Ruoqing, der ausführende Produzent des Films, betont die “chinesischen Werte” des Films. Fu zitiert Xi Jinpings Begriff einer “geteilten Zukunft für die Menschheit“, um die es in dem Film tatsächlich gehe.
Auch technologisch spiegele der Film den Aufschwung Chinas zur Weltmacht, heißt es in den lobenden Kritiken der Staatspresse. Regisseur Gwo habe sich von den Fortschritten in Chinas Tech-Sektor inspirieren lassen, erklärt etwa die People’s Daily. Die J-20, Chinas modernstes Tarnkappenflugzeug, spielt in dem Film eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Saboteuren. Auch andere von Peking definierte Schlüsseltechnologien finden prominent Platz in der Handlung, etwa Quantencomputing oder Exoskelett-Anzüge. Letztere werden angeblich bereits von chinesischen Soldaten im unwegsamen Himalaya-Gebirge eingesetzt.
Ein gigantischer Weltraumfahrstuhl, der das von den Chinesen propagierte “Mountain Projekt” vorantreiben soll, wird im Film nach Libreville verlegt, einer Stadt im zentralafrikanischen Gabun, die Chinas Außenminister Qin Gang erst im Januar besuchte, um für mehr Zusammenarbeit zu werben. Viele “führende Industrieunternehmen in China”, darunter die China Aerospace Science and Industry Corporation (CASIC) und die China State Shipbuilding Corporation (CSTC), würden unermüdlich dazu beizutragen, “Science Fiction in die Realität umzusetzen”, schreibt die Global Times.
Eine der Figuren, ein Diplomat, bei dem sogar die USA Rat suchen, ist dem 1976 verstorbenen Premierminister Zhou Enlai nachempfunden. Und auch die ausländischen Helden im Film sind eher Russen als US-Amerikaner. Die Reise der wandernden Erde dauert am Ende 2.500 Jahre. Auch in der fernen Zukunft prangt noch das Emblem der Kommunistischen Partei Chinas an den Uniformen. “Ich betrachte ‘The Wandering Earth’ als ein Propagandaprojekt der Kommunistischen Partei, die Schriftsteller wie Liu Cixin benutzt, um Nationalismus und Autoritarismus im Science-Fiction-Genre zu verpacken”, sagte der in Deutschland lebende chinesische Schriftsteller Liao Yiwu gegenüber Radio Free Asia.
Kein Wunder also, dass das Propagandaministerium, aber auch Chinas Patrioten im Netz Kritik an dem Film nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine nur mäßig begeisterte Rezension in der New York Times sorgte schon für Entrüstungsstürme. “Dass China in Zukunft die gesamte Menschheit anführen wird, löst bei den antichinesischen Kräften große Panik aus”, schreibt ein Nutzer auf Weibo. Der viel gelesene Film-Blog Yingshi Zongyi Jun 影视综艺君 auf Weibo verkündet: “Wenn der Feind Angst bekommt, heißt das, dass wir etwas richtig machen. Unser Kulturexport war erfolgreich.” Der Beitrag erhielt mehr als 120.000 Likes.
Auch englische Filmkritikseiten wie IMDB und Rotten Tomatoes sind voll von User-Kommentaren, die den Film als “historisches” Meisterwerk und “besten Science-Fiction-Film des Jahrhunderts” feiern. Patriotismus und Propaganda gehen hier wie so oft ineinander über. Was die Special Effects angeht, kann es “The Wandering Earth II” allerdings tatsächlich mit Hollywood aufnehmen.
Westliche Zuschauer dürften von dem wenig subtilen Nationalismus chinesischer Prägung aber eher abgeschreckt werden, auch wenn die Staatspropaganda “Wandering Earth II” bereits als großen Erfolg in Großbritannien, Australien und Nordamerika feiert. Dass der Film überhaupt so ein globales Release bekommt – Südafrika und Russland folgen im Frühjahr -, zeigt, wie viel Hoffnung der Staat in ihn setzt. Die Kinosäle außerhalb Chinas dürften unterdessen jedoch vor allem von Auslandschinesen besucht werden.
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Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
In Deutschland ist die Zahl der Firmenübernahmen durch chinesische Käufer erneut zurückgegangen. Wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervorgeht, sank die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen im vergangenen Jahr von 35 auf 26. Das Investitionsvolumen ging von rund zwei Milliarden US-Dollar auf 290 Millionen US-Dollar zurück. Damit liegt Deutschland im Trend. Denn auch europaweit sank die Zahl entsprechender Transaktionen von 155 auf 139.
Allerdings gab es deutliche Unterschiede zwischen den Branchen: Erstmals tätigten Firmen aus China mehr Übernahmen im Hightech-Segment als in der klassischen Industrie. Die Zahl der Übernahmen von Hightech-Unternehmen stieg von 27 auf 32. Die Zahl der Industrie-Unternehmen ging dagegen von 30 auf 25 zurück.
Die europaweit größte Investition der Volksrepublik war der Verkauf des niederländischen Halbleiterherstellers Ampleon an Wuxi Xichan Microchip Semiconductor. Knapp zwei Milliarden US-Dollar zahlten die Chinesen. Zu den größeren Transaktionen in Deutschland gehören der Einstieg der Huadong Medicine Investment Holding bei der Heidelberg Pharma AG sowie der Verkauf der Digital Systems Division von Ams Osram in Europa und Asien an Inventronics.
“Die Zahl chinesischer Unternehmenskäufe in Europa hat sich in den vergangenen Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau eingependelt”, sagt EY-Partnerin Yi Sun. Zum einen hätten die Pandemie und die langwierigen und massiven Eindämmungsmaßnahmen in China das Übernahmegeschäft gedrosselt. Zum anderen seien chinesische Unternehmen in Europa heute mit erheblichen politischen Widerständen konfrontiert. Hinzu kämen die mittlerweile hohen Hürden für ausländische Beteiligungen in Europa, insbesondere in einigen kritischen Branchen, sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren.
Das Ausmaß der chinesischen Zurückhaltung wird vor allem im längerfristigen Vergleich zum Rekordjahr 2016 deutlich. Damals zählte EY 309 Unternehmenskäufe oder -beteiligungen chinesischer Investoren in Europa, mit einem Gesamtvolumen von 86 Milliarden Euro. Nach der Pandemie werde das Interesse nun wieder zunehmen, so Sun. Eine Annäherung an die Spitzenwerte von vor sieben Jahren scheint jedoch ausgeschlossen. jpt
Der deutsche Chemiekonzern Evonik hat in den chinesischen Batteriespezialisten SuperC investiert. Das chinesische Unternehmen sei “technologisch führend bei Graphenmaterialien, welche die Reichweite, Robustheit, Ladegeschwindigkeit sowie Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien verbessern”, teilte Evonik mit. “Durch die Investition in SuperC unterstützen wir eine zukunftsträchtige Spitzentechnologie. Leistungsfähige Batterien sind ein entscheidender Faktor, um die Elektrifizierung des Straßenverkehres zu beschleunigen und dauerhaft CO2-Emissionen zu reduzieren“, zitierte das Unternehmen seinen Venture-Capital-Leiter Bernhard Mohr. Zur Summe der Investition machte Evonik keine Angaben.
Das SuperC genannte Unternehmen Hefei Haizhou New Material wurde 2011 in Dongguan, China, gegründet. Es hat nach Angaben von Evonik ein Verfahren entwickelt, das Graphen mit wenigen Schichten und daraus Pasten für Elektroden in Lithium-Ionen-Batterien herzustellen. “Durch die Zugabe von Graphen erhöht sich die elektrische und thermische Leitfähigkeit der Batterien, was ihre Gesamtleistung und Ladegeschwindigkeit verbessert.” Auch seien die Batterien damit weniger empfindlich für Temperaturschwankungen, was die Brandgefahr reduziere.
SuperC plant, 2023 eine neue Produktionsanlage in Hefei zu eröffnen, wo bereits Batteriewerke von Gotion High-Tech oder CALB stehen, beziehungsweise im Bau sind. Autobauer wie VW und JAC verfügen dort über Fahrzeugwerke, JAC ist etwa an der Produktion der Nio-Fahrzeuge beteiligt. ck
Taiwan will seine militärische Zusammenarbeit mit den USA ausbauen. Das erklärte Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen am Dienstag nach einem Treffen mit US-Parlamentariern in Taipeh. Die von China bedrohte Inseldemokratie werde in Zukunft “noch aktiver mit den USA und anderen demokratischen Partnern zusammenarbeiten, um globalen Herausforderungen wie autoritärem Expansionismus und dem Klimawandel zu begegnen“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP Taiwans Präsidentin.
Einzelheiten zu dem geplanten Ausbau der militärischen Verbindungen nannte Tsai bislang nicht. Die US-Delegation wurde vom kalifornischen Abgeordneten Ro Khanna angeführt, um “die Partnerschaft im Bereich Militär und Verteidigung” auszubauen und die Beziehungen zur weltweit führenden Halbleiterindustrie der Insel zu verbessern. Khanna traf auch Morris Chang, den Gründer der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), des weltweit größten Auftragsfertigers von Chips, der seinen Sitz in Taiwan hat. fpe
Chinesische Baumwollkäufer erwarten offenbar ein Ende des inoffiziellen Importstopps für Ware aus Australien. Die Unternehmen importierten seit Monaten bereits wieder Baumwolle in zollfreie Zonen an chinesischen Häfen, berichtete Reuters am Dienstag. So verschiffe etwa die australische Tochtergesellschaft der China National Cotton Group Corporation (CNCGC), einem der größten staatlichen chinesischen Baumwollkäufer, Baumwolle unter anderem in ein Zolllager in Qingdao, zitierte Reuters den CNCGC-Händler Tom Zheng. Bei einer Aufhebung des Verbots könne die Baumwolle dann sofort auf Chinas Inlandsmarkt verkauft werden, sagte er. Falls nicht, könne die Ware eben in den Re-Export gehen.
China hatte infolge diplomatischer Verstimmungen australische Baumwolle weitgehend verbannt. 2022 importierte die Volksrepublik 20.000 Tonnen australische Baumwolle, verglichen mit 400.000 Tonnen im Jahr 2019. Doch seit dem Amtsantritt von Premierminister Anthony Albanese herrscht Tauwetter. China hat daher auch Handelsbeschränkungen für Kohle teilweise aufgehoben. rtr/ck
Der wegen unethischer Genexperimente verurteilte chinesische Wissenschaftler He Jiankui will seine Forschungen in Hongkong fortsetzen. He hat eines der neu geschaffenen Talent-Visa der Hongkonger Regierung erhalten, wie die South China Morning Post am Dienstag berichtete. Damit kann er zunächst für zwei Jahre in der chinesischen Sonderverwaltungsregion arbeiten.
Er freue sich auf die Zeit in Hongkong, sagte der 39-Jährige der Zeitung. Ziel seiner Forschung dort sei es, mithilfe künstlicher Intelligenz die Effizienz von Gentherapien zu verbessern. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass He auch in Peking ein neues Labor leitet.
He war im April 2022 nach dreijähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. Er saß dort ein, weil er 2018 die Geburt der weltweit ersten drei genmanipulierten Babys verkündet hatte. Der Forscher hatte nach eigenen Angaben das Erbgut der Kinder mit der Genschere Crispr/Cas9 so manipuliert, dass sie angeblich vor einer HIV-Infektion geschützt sind. Dies löste in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit große Empörung aus. Später stellten andere Wissenschaftler fest, dass sein Experiment vermutlich nicht den gewünschten Effekt hatte, sondern sogar das Risiko der Kinder erhöhte, an anderen Krankheiten zu sterben.
Dass He nun auch in Hongkong experimentieren will, kommt laut South China Morning Post bei den dortigen Wissenschaftlern nicht gut an. “Er ist auf dem Festland vorbestraft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand an einer Hongkonger Universität mit ihm arbeiten will”, zitierte die Zeitung einen Hongkonger Forscher, der anonym bleiben wollte.
Hongkong hat das neue Talent-Visum Anfang des Jahres eingeführt, um mehr hoch qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen. Die Bevölkerung Hongkongs war 2022 zum dritten Mal in Folge zurückgegangen. Als Ursachen gelten die Niederschlagung der Demokratiebewegung und die strengen Maßnahmen während der Pandemie. jpt
Dass man Kunstschaffende nicht hetzen sollte, wusste schon Xi Beis Kindergärtnerin damals in Peking. Lange nachdem der eigentliche Unterricht vorbei war, blieb sie mit Bei im Klassenzimmer, bis diese ihre Zeichnungen und Malereien vollendet hatte. Der geduldige Blick im Umgang mit Kunst hat abgefärbt. Xi Bei ist heute Beraterin für verschiedene Kunstorganisationen und private Sammlungen sowie Vorstandsmitglied des Times Art Center Berlin, das sie von 2018 bis 2022 als künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin aufgebaut hat. “Ich bezeichne mich in erster Linie als leidenschaftliche Kunst-Förderin”, sagt Bei heute.
Die Entscheidung, Kunst zu ihrem Beruf zu machen, traf sie trotz aller Förderung aus dem Bauch heraus. “Das Streben nach geistiger und intellektueller Freiheit ist für mich der ideale Lebenszustand, den mir die Kunstwelt bietet.” Bei machte ihren Abschluss an der Sichuan Academy of Fine Arts in Chongqing, studierte Architektur und Design in Paris, später multimediale Kunst und Kulturmanagement an der Sorbonne.
In Paris arbeitete Bei als Ausstellungskuratorin und transnationale Kulturberaterin, bevor sie schließlich die Stelle beim Times Art Center in Berlin annahm. “Dabei war es vor allem die herausragende chinesische Diaspora-Kunst-Community in Paris, die mich geprägt hat und die bis heute eine unumkehrbare Rolle bei der Ausrichtung meiner Arbeit spielt”, sagt Bei.
Den Einfluss der chinesischen Diaspora spürte man auch im Times Art Center Berlin (TACB), das 2018 vom Guangdong Times Museum aus Guangzhou ins Leben gerufen wurde. Die unabhängige Kunst-Institution zeigte unter anderem Arbeiten des in Berlin vernetzten Wong Ping, einem provokanten Animationskünstler aus Hongkong oder die Sammelausstellung “Neither Black/ Red/ Yellow Nor Woman”, die sich mit feministischen und postkolonialen Fragen auseinandersetzte. 2022 gab der Ausstellungsort in Berlin Mitte seine “vorübergehende” Schließung bekannt. Die Gründe seien in einem “historischen Moment globaler Krisen” zu suchen “in dem sozio-politische Turbulenzen jeden Aspekt unseres Lebens beeinflusst haben oder noch beeinflussen werden”, schreibt Bei auf der Webseite des Times Art Center.
Rückblickend seien es vier aufregende und energetisierende Jahre gewesen, resümiert die Kuratorin. “Obwohl die Institution ihre Aktivitäten vorerst aussetzen muss, sind die Verbindungen und Erfahrungen, die sich aus diesem Prozess ergeben haben, unermesslich.”
Im Hintergrund arbeitet Bei immer noch an laufenden Projekten für das TACB. Denn sie hofft, dass es bald wieder öffnen kann. “Die durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise und das politisch unsichere Klima weltweit machen es der chinesischen Stiftung im Moment unmöglich, ihre Unterstützung fortzusetzen”, erklärt sie. “Es war nicht möglich, das durch andere Unterstützer vor Ort zu kompensieren.”
Als Beraterin setzt sich Bei aber auch unabhängig vom Schicksal des TACB weiter für den künstlerischen Austausch zwischen China und Europa ein. Dabei hat sie immer das größere Ziel im Blick: “Nur durch die Stärkung der kulturübergreifenden Kommunikation können zwei unterschiedliche Zivilisationen miteinander verbunden werden”. Bei glaubt fest daran, dass die Kunstwelt eine wichtige Plattform für diese Entwicklung bieten kann. Svenja Napp
Jia Jianxu wird General Manager des Joint Ventures von VW und SAIC Motor. Jia hat mehr als 20 Jahre Arbeitserfahrung in der Automobilindustrie. Seit 2018 war er General Manager bei Yanfeng Automotive Interiors, einem SAIC-eigenen Hersteller von Fahrzeugsitzen. SAIC Volkswagen gehört beiden Unternehmen zu gleichen Teilen und soll vor allem E-Auto-Platzhirschen wie Tesla und BYD Konkurrenz machen.
Christian Bartusch ist seit Februar Director NEV System Development bei Volkswagen in Peking. Bartusch verfügt über langjährige China-Erfahrung. Für Audi China hat der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik und Elektronik seit 2011 die Batterie-Entwicklung vorangetrieben.
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“Wolle mer’n reinlasse?” In Bezug auf Chinas Staatschef Xi Jinping lautet die Botschaft dieses Karnevalswagens wohl eher: Nein. Beim Rosenmontagszug in Köln mutierte Xi zum Krake, der Scholz fest im Griff hält – ein Seitenhieb auf den Staatsbesuch des Bundeskanzlers in Peking im November und ein Kommentar auf die wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von der Volksrepublik.
Wang Yi befindet sich in Moskau und wird am Mittwoch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow zusammentreffen. Die Beobachtenden wollen nun vor allem eines wissen: Kommt Chinas Chefdiplomat auch mit Wladimir Putin zusammen? Und wenn ja, werden sich dabei Hinweise zur Natur der angekündigten Friedensinitiative herauslesen lassen?
Staatschef Xi Jinping hat am Dienstag bereits ein Konzeptpapier zu seiner 2022 erstmals angekündigten Globalen Sicherheitsinitiative (GSI) vorgelegt. Details sind weiterhin Mangelware, doch die Tonlage ähnelt erstaunlich dem, was zuletzt aus verschiedenen Staaten der Brics-Gruppe verlautete, zu der neben Russland und China auch Brasilien, Indien und Südafrika gehören. Das ist kein Zufall: Das GSI-Papier sei mit Brics abgestimmt, analysiert Frank Sieren. China ziehe zunehmend Schwellenländer auf seine Seite.
Einen propagandistischen Blick in die Zukunft dieser schönen neuen Weltordnung bietet der Erfolgsfilm The Wandering Earth II: Eine globale Zusammenarbeit, angeführt von China. In dem wuchtigen Science-Fiction-Epos setzen sich chinesische Experten angesichts einer bedrohlichen Ausdehnung der Sonne in einer “Vereinten Weltregierung” durch. Sie retten die Erde, indem gigantische Antriebswerke den Planeten aus dem Sonnensystem schleudern.
Fabian Peltsch hat für uns den Film angesehen und analysiert: Mit viel Herzblut überzeugen die chinesischen Protagonisten darin den Rest der Welt von ihrer Idee. Und am Ende ist es im propagandistisch angehauchten Film nicht ein einzelner Superheld, sondern es sind alle gemeinsam, die das Wunderwerk vollbringen. Das ist genau der Geist harmonischer internationaler Zusammenarbeit, der auch Xis GSI-Papier durchweht.
Chinas Staatschef Xi Jinping hat seine im April 2022 erstmals präsentierte Globale Sicherheitsinitiative (Global Security Initiative/GSI) konkretisiert. Das Papier ist daher die Grundlage für die weitere Umgestaltung der Weltordnung weg von einer US-Dominanz, die das wieder aufgestiegene China anstrebt. Das Konzept umgarnt daher vor allem andere aufstrebende Länder.
Die Eckpunkte des neuen, auf Englisch rund zehnseitigen GSI-Papiers:
Im Zusammenhang mit der Vorstellung des Papiers hielt Außenminister Qin Gang am Dienstag eine Rede zur Weltlage. Er zog darin bereits erste Konsequenzen aus den Prinzipien, für die die GSI stehen soll. China werde sich für Frieden in der Ukraine einsetzen; die Situation um Taiwan sei nicht mit der um die Ukraine vergleichbar. “Gewisse Länder sollten aufhören, Öl ins Feuer zu gießen.” China stehe für Frieden und habe sich nie auch nur einen Zoll eines fremden Territoriums angeeignet.
Xis am Dienstag vorgestelltes Konzeptpapier markiert bewusst keinen Alleingang. Vielmehr wurde der Text mit den Staaten der Brics-Gruppe – neben China Brasilien, Russland, Indien und Südafrika – abgestimmt. Das erfuhr Table.Media aus diplomatischen Kreisen in Peking.
Hier zeichnet sich ein Konsens mit erheblichen Auswirkungen ab. Denn er ist neu. Die Brics-Staaten haben zusammen bei Bevölkerung und Wirtschaftskraft inzwischen ein größeres Gewicht als die G7-Staaten. Während die G7 elf Prozent der Weltbevölkerung vertreten und kaufkraftbereinigt rund 30 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) schaffen, kommen die Brics-Länder auf 40 Prozent der Bevölkerung und ebenfalls rund 30 Prozent des BIPs. Inzwischen haben sie die G7 beim BIP gar leicht überholt.
In einer zweiten Ebene hat China zudem einige nicht vollständig westlich orientierte G20-Länder eingebunden: Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südkorea und die Türkei. Das Brics-Land Indien hat in diesem Jahr den G20-Vorsitz. Das gilt als hilfreich, um die Pekinger Sicherheitsinitiative voranzubringen.
In einer dritten Ebene geht es Peking dann darum, eine Mehrheit in der Uno zu finden. Gut 170 von 193 Ländern der Vereinten Nationen beteiligen sich nicht an den Sanktionen gegen Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Die Länder, die sich an Sanktionen beteiligen, repräsentieren nur 16 Prozent der globalen Bevölkerung. Schon länger arbeitet China mit Erfolg daran, mehr und mehr Staaten bei der UNO zum gemeinsamen Abstimmen mit Peking zu überreden.
Xi hatte die GSI am 21. April 2022 auf dem Boao-Forum angekündigt, dem chinesischen Gegenstück zum World Economic Forum. Per Video-Schalte beschrieb er sein Konzept als chinesischen Gegenentwurf zur “Kalter-Kriegs-Mentalität”, die er den Ländern in Amerikas Einflusssphäre unterstellt. Xi will damit international die Verantwortung übernehmen, die sein Land als zweitgrößte Volkswirtschaft und Militärmacht seines Erachtens zukommt.
Das nun vorgestellte Papier ist nun nach der Ankündigung der nächste Schritt, um das Konzept mit Leben zu füllen. Es sieht institutionalisierte globale Mechanismen zum Interessenausgleich vor. Die Ursachen für internationale Konflikte sollen dadurch verschwinden. “Sicherheit ist das Recht aller Länder, nicht das Privileg individueller Länder”, sagte ein Regierungssprecher in Peking. Künftig sollen GSI-Veranstaltungen in Peking stattfinden, um die Ideen in die Praxis umzusetzen.
Die USA mögen Chinas Vorstoß als Propaganda abtun, doch anderswo stößt er auf erhebliches Interesse. Die Brics-Länder haben sich schon im Vorfeld zu den Positionen bekannt, die Xi nun in dem GSI-Papier festgelegt hat. Die Demokratie Südafrika, das wichtigste Land des aufstrebenden Kontinents, hat deutlich gemacht, dass sie nicht nur an der Seite des Westens stehen will.
Derzeit veranstalten Südafrika, China und Russland gar ein gemeinsames Marinemanöver vor der Küste Südafrikas. Die Neutralität Südafrikas manifestiere sich darin, dass man nicht nur mit China oder Russland Manöver durchführe, sondern “mit vielen anderen Ländern auch, darunter den USA”, betonte ein Sprecher des südafrikanischen Verteidigungsministeriums. Auch mit Deutschland werde geübt.
Eine noch deutlichere Sprache sprechen die jüngsten politischen Richtlinien des südafrikanischen Außenministeriums: Sie fordern einen Zusammenschluss Südafrikas mit jenen Kräften, “die der Dominanz des Westens und der liberalen internationalen Wirtschaftsordnung etwas entgegensetzen.” Es geht dabei also nicht nur um die traditionellen Beziehungen der Regierungspartei ANC zu Moskau, das den ANC schon zu Apartheid-Zeiten unterstützt hatte – sondern auch um mehr Mitbestimmung des globalen Südens gegen die ehemaligen Kolonialmächte.
Indiens Premierminister Narendra Modi möchte sich ebenfalls nicht auf die Seite der Nato schlagen, sondern sich mit allen Seiten gut stellen. So explodierten Indiens Ölimporte aus Russland, wenn auch von niedrigem Niveau. Vor fünf Tagen vereinbarte Modi allerdings auch eine “strategische Technologiepartnerschaft” mit den USA, bei der es auch um die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich geht. Die USA haben Indien kürzlich 200 Boeings verkauft, der größte bilaterale Deal bisher.
Die Amerikaner ringen gegenüber Indien daher um jeden Meter Einfluss. Das wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz zu spüren bekommen, wenn er am kommenden Samstag in Delhi eintrifft. Scholz wird nun aber nicht mehr so leicht zu verblüffen sein wie bei dem Treffen mit Brasiliens Präsident Inácio Lula da Silva Ende Januar. Dort blitzte Scholz mit seinem Wunsch nach 300.000 Stück 105-Millimeter-Munition für die Gepard-Panzer für die Ukraine ab: “Wir wollen keine Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt”, sagte Lula. Derzeit höre man “das Wort Frieden sehr wenig in der internationalen Diskussion.”
Lulas Vorschlag hingegen: “Es ist notwendig, eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird. Sie soll sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zu setzen. Multilaterale Initiativen gefallen mir sehr”. Die neue Weltordnung müsse “auf Dialog basieren, Multilateralismus und Multipolarität”, fordert Lula – es klingt wie Pekings GSI. Chinas Rolle hält er für besonders wichtig: “Unsere chinesischen Freunde können einen großen Beitrag leisten.” Lula kritisierte zwar Russland, aber auch den Westen: “Ich glaube, Russland hat den klassischen Fehler begangen, in das Territorium eines anderen Landes einzudringen”, sagte er. “Aber ich glaube auch: Wenn einer nicht will, streiten zwei nicht.”
Keines der Brics-Länder nennt derzeit einen kompletten Rückzug Russlands aus den von ihm besetzten Gebieten in der Ukraine als Voraussetzung für Friedensgespräche. Das ist ein entscheidender Unterschied zu EU und USA.
Unterdessen zeichnet sich das langfristige Ziel der Brics-Staaten ab, während China in eine Führungsrolle hineinwächst: Es soll mit der Zeit eine neue Sicherheitsordnung etabliert werden, mit Spielregeln, die von der Mehrheit der Welt entwickelt werden und sowohl für Russland als auch für die USA gelten. Nationale Alleingänge sollen geächtet werden. Das Zeitalter des Rechts des Stärkeren ist in den meisten Nationalstaaten längst Geschichte. Er soll den Gedanken des GSI-Papiers zufolge nun auch global zu Ende gehen. Ein hoher Anspruch.
Kurz nachdem das Licht angegangen ist, springt ein Mann von seinem Sitz und brüllt in den Kinosaal, als habe gerade sein Lieblings-Fußballteam ein Tor geschossen: “Ich möchte verkünden: ‘Wandering Earth‘ ist genial! Chinas Science-Fiction ist genial! Die Chinesen sind genial!!!” Einige Kinogänger reagieren mit verhaltenem Klatschen. Andere greifen sich angesichts der bizarren Szene an den Kopf. Ein Video des Ausbruchs geht kurze Zeit später im Internet viral.
Der Clip bringt die patriotische Euphorie auf den Punkt, mit der die Chinesen “The Wandering Earth II” seit Wochen als kulturellen Meilenstein feiern. Der Grundtenor: Mit dem knapp dreistündigen Science-Fiction-Epos, das seit seinem Start am 22. Januar mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar eingespielt hat, habe Regisseur Frant Gwo Chinas Filmindustrie endlich aus dem Schatten Hollywoods herauskatapultiert. “The Wandering Earth II”, ein Prequel des gleichnamigen Films aus dem Jahr 2019, sei qualitativ besser als Avatar und Star Wars, schreiben User auf Social-Media-Kanälen wie Weibo. Und, wie Chinas Staatsmedien nicht müde werden zu betonen: der Blockbuster erzählt die Geschichte von “globalen Visionen und chinesischer Weisheit”.
Die Handlung des Films, der nur noch lose auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Bestseller-Autor Liu Cixin (“Die Drei Sonnen”) basiert, ist schnell erzählt: Eine sich rapide ausdehnende Sonne droht die Erde zu verschlingen. Eine “Vereinte Weltregierung”, die aus den UN hervorgegangen ist, sucht gemeinsam nach einer Lösung – kann sich jedoch aufgrund von zwischenstaatlichen Konflikten nicht einigen. Die US-Amerikaner tendieren dazu, die menschliche Zivilisation vor ihrer Vernichtung als digitales Gedächtnis in eine Cloud hochzuladen.
China plädiert für das “Moving Mountain”-Projekt, das die Erde mithilfe gigantischer Antriebswerke aus dem Sonnensystem schleudern will. “Eine Zivilisation ohne Menschen ist bedeutungslos”, erklären die Chinesen. Und sie können den Rest der Welt schließlich mit Herzblut und technokratischen Machbarkeitsstudien von der Idee einer “wandernden Erde” überzeugen.
Der Film zeige eine Welt, in der nicht ein einzelner Held die Welt rettet, sondern “die Menschen in Zeiten überwältigender Krisen als Team zusammenarbeiten”, wie ein Gastautor in der staatlichen Global Times schreibt. “Die internationale Einheit und Solidarität” in “Wandering Earth II” entsprächen “Chinas aktueller Haltung und Herangehensweise in einer Welt des Wandels”. Auch Fu Ruoqing, der ausführende Produzent des Films, betont die “chinesischen Werte” des Films. Fu zitiert Xi Jinpings Begriff einer “geteilten Zukunft für die Menschheit“, um die es in dem Film tatsächlich gehe.
Auch technologisch spiegele der Film den Aufschwung Chinas zur Weltmacht, heißt es in den lobenden Kritiken der Staatspresse. Regisseur Gwo habe sich von den Fortschritten in Chinas Tech-Sektor inspirieren lassen, erklärt etwa die People’s Daily. Die J-20, Chinas modernstes Tarnkappenflugzeug, spielt in dem Film eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Saboteuren. Auch andere von Peking definierte Schlüsseltechnologien finden prominent Platz in der Handlung, etwa Quantencomputing oder Exoskelett-Anzüge. Letztere werden angeblich bereits von chinesischen Soldaten im unwegsamen Himalaya-Gebirge eingesetzt.
Ein gigantischer Weltraumfahrstuhl, der das von den Chinesen propagierte “Mountain Projekt” vorantreiben soll, wird im Film nach Libreville verlegt, einer Stadt im zentralafrikanischen Gabun, die Chinas Außenminister Qin Gang erst im Januar besuchte, um für mehr Zusammenarbeit zu werben. Viele “führende Industrieunternehmen in China”, darunter die China Aerospace Science and Industry Corporation (CASIC) und die China State Shipbuilding Corporation (CSTC), würden unermüdlich dazu beizutragen, “Science Fiction in die Realität umzusetzen”, schreibt die Global Times.
Eine der Figuren, ein Diplomat, bei dem sogar die USA Rat suchen, ist dem 1976 verstorbenen Premierminister Zhou Enlai nachempfunden. Und auch die ausländischen Helden im Film sind eher Russen als US-Amerikaner. Die Reise der wandernden Erde dauert am Ende 2.500 Jahre. Auch in der fernen Zukunft prangt noch das Emblem der Kommunistischen Partei Chinas an den Uniformen. “Ich betrachte ‘The Wandering Earth’ als ein Propagandaprojekt der Kommunistischen Partei, die Schriftsteller wie Liu Cixin benutzt, um Nationalismus und Autoritarismus im Science-Fiction-Genre zu verpacken”, sagte der in Deutschland lebende chinesische Schriftsteller Liao Yiwu gegenüber Radio Free Asia.
Kein Wunder also, dass das Propagandaministerium, aber auch Chinas Patrioten im Netz Kritik an dem Film nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine nur mäßig begeisterte Rezension in der New York Times sorgte schon für Entrüstungsstürme. “Dass China in Zukunft die gesamte Menschheit anführen wird, löst bei den antichinesischen Kräften große Panik aus”, schreibt ein Nutzer auf Weibo. Der viel gelesene Film-Blog Yingshi Zongyi Jun 影视综艺君 auf Weibo verkündet: “Wenn der Feind Angst bekommt, heißt das, dass wir etwas richtig machen. Unser Kulturexport war erfolgreich.” Der Beitrag erhielt mehr als 120.000 Likes.
Auch englische Filmkritikseiten wie IMDB und Rotten Tomatoes sind voll von User-Kommentaren, die den Film als “historisches” Meisterwerk und “besten Science-Fiction-Film des Jahrhunderts” feiern. Patriotismus und Propaganda gehen hier wie so oft ineinander über. Was die Special Effects angeht, kann es “The Wandering Earth II” allerdings tatsächlich mit Hollywood aufnehmen.
Westliche Zuschauer dürften von dem wenig subtilen Nationalismus chinesischer Prägung aber eher abgeschreckt werden, auch wenn die Staatspropaganda “Wandering Earth II” bereits als großen Erfolg in Großbritannien, Australien und Nordamerika feiert. Dass der Film überhaupt so ein globales Release bekommt – Südafrika und Russland folgen im Frühjahr -, zeigt, wie viel Hoffnung der Staat in ihn setzt. Die Kinosäle außerhalb Chinas dürften unterdessen jedoch vor allem von Auslandschinesen besucht werden.
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Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
In Deutschland ist die Zahl der Firmenübernahmen durch chinesische Käufer erneut zurückgegangen. Wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervorgeht, sank die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen im vergangenen Jahr von 35 auf 26. Das Investitionsvolumen ging von rund zwei Milliarden US-Dollar auf 290 Millionen US-Dollar zurück. Damit liegt Deutschland im Trend. Denn auch europaweit sank die Zahl entsprechender Transaktionen von 155 auf 139.
Allerdings gab es deutliche Unterschiede zwischen den Branchen: Erstmals tätigten Firmen aus China mehr Übernahmen im Hightech-Segment als in der klassischen Industrie. Die Zahl der Übernahmen von Hightech-Unternehmen stieg von 27 auf 32. Die Zahl der Industrie-Unternehmen ging dagegen von 30 auf 25 zurück.
Die europaweit größte Investition der Volksrepublik war der Verkauf des niederländischen Halbleiterherstellers Ampleon an Wuxi Xichan Microchip Semiconductor. Knapp zwei Milliarden US-Dollar zahlten die Chinesen. Zu den größeren Transaktionen in Deutschland gehören der Einstieg der Huadong Medicine Investment Holding bei der Heidelberg Pharma AG sowie der Verkauf der Digital Systems Division von Ams Osram in Europa und Asien an Inventronics.
“Die Zahl chinesischer Unternehmenskäufe in Europa hat sich in den vergangenen Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau eingependelt”, sagt EY-Partnerin Yi Sun. Zum einen hätten die Pandemie und die langwierigen und massiven Eindämmungsmaßnahmen in China das Übernahmegeschäft gedrosselt. Zum anderen seien chinesische Unternehmen in Europa heute mit erheblichen politischen Widerständen konfrontiert. Hinzu kämen die mittlerweile hohen Hürden für ausländische Beteiligungen in Europa, insbesondere in einigen kritischen Branchen, sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren.
Das Ausmaß der chinesischen Zurückhaltung wird vor allem im längerfristigen Vergleich zum Rekordjahr 2016 deutlich. Damals zählte EY 309 Unternehmenskäufe oder -beteiligungen chinesischer Investoren in Europa, mit einem Gesamtvolumen von 86 Milliarden Euro. Nach der Pandemie werde das Interesse nun wieder zunehmen, so Sun. Eine Annäherung an die Spitzenwerte von vor sieben Jahren scheint jedoch ausgeschlossen. jpt
Der deutsche Chemiekonzern Evonik hat in den chinesischen Batteriespezialisten SuperC investiert. Das chinesische Unternehmen sei “technologisch führend bei Graphenmaterialien, welche die Reichweite, Robustheit, Ladegeschwindigkeit sowie Lebensdauer von Lithium-Ionen-Batterien verbessern”, teilte Evonik mit. “Durch die Investition in SuperC unterstützen wir eine zukunftsträchtige Spitzentechnologie. Leistungsfähige Batterien sind ein entscheidender Faktor, um die Elektrifizierung des Straßenverkehres zu beschleunigen und dauerhaft CO2-Emissionen zu reduzieren“, zitierte das Unternehmen seinen Venture-Capital-Leiter Bernhard Mohr. Zur Summe der Investition machte Evonik keine Angaben.
Das SuperC genannte Unternehmen Hefei Haizhou New Material wurde 2011 in Dongguan, China, gegründet. Es hat nach Angaben von Evonik ein Verfahren entwickelt, das Graphen mit wenigen Schichten und daraus Pasten für Elektroden in Lithium-Ionen-Batterien herzustellen. “Durch die Zugabe von Graphen erhöht sich die elektrische und thermische Leitfähigkeit der Batterien, was ihre Gesamtleistung und Ladegeschwindigkeit verbessert.” Auch seien die Batterien damit weniger empfindlich für Temperaturschwankungen, was die Brandgefahr reduziere.
SuperC plant, 2023 eine neue Produktionsanlage in Hefei zu eröffnen, wo bereits Batteriewerke von Gotion High-Tech oder CALB stehen, beziehungsweise im Bau sind. Autobauer wie VW und JAC verfügen dort über Fahrzeugwerke, JAC ist etwa an der Produktion der Nio-Fahrzeuge beteiligt. ck
Taiwan will seine militärische Zusammenarbeit mit den USA ausbauen. Das erklärte Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen am Dienstag nach einem Treffen mit US-Parlamentariern in Taipeh. Die von China bedrohte Inseldemokratie werde in Zukunft “noch aktiver mit den USA und anderen demokratischen Partnern zusammenarbeiten, um globalen Herausforderungen wie autoritärem Expansionismus und dem Klimawandel zu begegnen“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP Taiwans Präsidentin.
Einzelheiten zu dem geplanten Ausbau der militärischen Verbindungen nannte Tsai bislang nicht. Die US-Delegation wurde vom kalifornischen Abgeordneten Ro Khanna angeführt, um “die Partnerschaft im Bereich Militär und Verteidigung” auszubauen und die Beziehungen zur weltweit führenden Halbleiterindustrie der Insel zu verbessern. Khanna traf auch Morris Chang, den Gründer der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), des weltweit größten Auftragsfertigers von Chips, der seinen Sitz in Taiwan hat. fpe
Chinesische Baumwollkäufer erwarten offenbar ein Ende des inoffiziellen Importstopps für Ware aus Australien. Die Unternehmen importierten seit Monaten bereits wieder Baumwolle in zollfreie Zonen an chinesischen Häfen, berichtete Reuters am Dienstag. So verschiffe etwa die australische Tochtergesellschaft der China National Cotton Group Corporation (CNCGC), einem der größten staatlichen chinesischen Baumwollkäufer, Baumwolle unter anderem in ein Zolllager in Qingdao, zitierte Reuters den CNCGC-Händler Tom Zheng. Bei einer Aufhebung des Verbots könne die Baumwolle dann sofort auf Chinas Inlandsmarkt verkauft werden, sagte er. Falls nicht, könne die Ware eben in den Re-Export gehen.
China hatte infolge diplomatischer Verstimmungen australische Baumwolle weitgehend verbannt. 2022 importierte die Volksrepublik 20.000 Tonnen australische Baumwolle, verglichen mit 400.000 Tonnen im Jahr 2019. Doch seit dem Amtsantritt von Premierminister Anthony Albanese herrscht Tauwetter. China hat daher auch Handelsbeschränkungen für Kohle teilweise aufgehoben. rtr/ck
Der wegen unethischer Genexperimente verurteilte chinesische Wissenschaftler He Jiankui will seine Forschungen in Hongkong fortsetzen. He hat eines der neu geschaffenen Talent-Visa der Hongkonger Regierung erhalten, wie die South China Morning Post am Dienstag berichtete. Damit kann er zunächst für zwei Jahre in der chinesischen Sonderverwaltungsregion arbeiten.
Er freue sich auf die Zeit in Hongkong, sagte der 39-Jährige der Zeitung. Ziel seiner Forschung dort sei es, mithilfe künstlicher Intelligenz die Effizienz von Gentherapien zu verbessern. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass He auch in Peking ein neues Labor leitet.
He war im April 2022 nach dreijähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. Er saß dort ein, weil er 2018 die Geburt der weltweit ersten drei genmanipulierten Babys verkündet hatte. Der Forscher hatte nach eigenen Angaben das Erbgut der Kinder mit der Genschere Crispr/Cas9 so manipuliert, dass sie angeblich vor einer HIV-Infektion geschützt sind. Dies löste in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit große Empörung aus. Später stellten andere Wissenschaftler fest, dass sein Experiment vermutlich nicht den gewünschten Effekt hatte, sondern sogar das Risiko der Kinder erhöhte, an anderen Krankheiten zu sterben.
Dass He nun auch in Hongkong experimentieren will, kommt laut South China Morning Post bei den dortigen Wissenschaftlern nicht gut an. “Er ist auf dem Festland vorbestraft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand an einer Hongkonger Universität mit ihm arbeiten will”, zitierte die Zeitung einen Hongkonger Forscher, der anonym bleiben wollte.
Hongkong hat das neue Talent-Visum Anfang des Jahres eingeführt, um mehr hoch qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen. Die Bevölkerung Hongkongs war 2022 zum dritten Mal in Folge zurückgegangen. Als Ursachen gelten die Niederschlagung der Demokratiebewegung und die strengen Maßnahmen während der Pandemie. jpt
Dass man Kunstschaffende nicht hetzen sollte, wusste schon Xi Beis Kindergärtnerin damals in Peking. Lange nachdem der eigentliche Unterricht vorbei war, blieb sie mit Bei im Klassenzimmer, bis diese ihre Zeichnungen und Malereien vollendet hatte. Der geduldige Blick im Umgang mit Kunst hat abgefärbt. Xi Bei ist heute Beraterin für verschiedene Kunstorganisationen und private Sammlungen sowie Vorstandsmitglied des Times Art Center Berlin, das sie von 2018 bis 2022 als künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin aufgebaut hat. “Ich bezeichne mich in erster Linie als leidenschaftliche Kunst-Förderin”, sagt Bei heute.
Die Entscheidung, Kunst zu ihrem Beruf zu machen, traf sie trotz aller Förderung aus dem Bauch heraus. “Das Streben nach geistiger und intellektueller Freiheit ist für mich der ideale Lebenszustand, den mir die Kunstwelt bietet.” Bei machte ihren Abschluss an der Sichuan Academy of Fine Arts in Chongqing, studierte Architektur und Design in Paris, später multimediale Kunst und Kulturmanagement an der Sorbonne.
In Paris arbeitete Bei als Ausstellungskuratorin und transnationale Kulturberaterin, bevor sie schließlich die Stelle beim Times Art Center in Berlin annahm. “Dabei war es vor allem die herausragende chinesische Diaspora-Kunst-Community in Paris, die mich geprägt hat und die bis heute eine unumkehrbare Rolle bei der Ausrichtung meiner Arbeit spielt”, sagt Bei.
Den Einfluss der chinesischen Diaspora spürte man auch im Times Art Center Berlin (TACB), das 2018 vom Guangdong Times Museum aus Guangzhou ins Leben gerufen wurde. Die unabhängige Kunst-Institution zeigte unter anderem Arbeiten des in Berlin vernetzten Wong Ping, einem provokanten Animationskünstler aus Hongkong oder die Sammelausstellung “Neither Black/ Red/ Yellow Nor Woman”, die sich mit feministischen und postkolonialen Fragen auseinandersetzte. 2022 gab der Ausstellungsort in Berlin Mitte seine “vorübergehende” Schließung bekannt. Die Gründe seien in einem “historischen Moment globaler Krisen” zu suchen “in dem sozio-politische Turbulenzen jeden Aspekt unseres Lebens beeinflusst haben oder noch beeinflussen werden”, schreibt Bei auf der Webseite des Times Art Center.
Rückblickend seien es vier aufregende und energetisierende Jahre gewesen, resümiert die Kuratorin. “Obwohl die Institution ihre Aktivitäten vorerst aussetzen muss, sind die Verbindungen und Erfahrungen, die sich aus diesem Prozess ergeben haben, unermesslich.”
Im Hintergrund arbeitet Bei immer noch an laufenden Projekten für das TACB. Denn sie hofft, dass es bald wieder öffnen kann. “Die durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise und das politisch unsichere Klima weltweit machen es der chinesischen Stiftung im Moment unmöglich, ihre Unterstützung fortzusetzen”, erklärt sie. “Es war nicht möglich, das durch andere Unterstützer vor Ort zu kompensieren.”
Als Beraterin setzt sich Bei aber auch unabhängig vom Schicksal des TACB weiter für den künstlerischen Austausch zwischen China und Europa ein. Dabei hat sie immer das größere Ziel im Blick: “Nur durch die Stärkung der kulturübergreifenden Kommunikation können zwei unterschiedliche Zivilisationen miteinander verbunden werden”. Bei glaubt fest daran, dass die Kunstwelt eine wichtige Plattform für diese Entwicklung bieten kann. Svenja Napp
Jia Jianxu wird General Manager des Joint Ventures von VW und SAIC Motor. Jia hat mehr als 20 Jahre Arbeitserfahrung in der Automobilindustrie. Seit 2018 war er General Manager bei Yanfeng Automotive Interiors, einem SAIC-eigenen Hersteller von Fahrzeugsitzen. SAIC Volkswagen gehört beiden Unternehmen zu gleichen Teilen und soll vor allem E-Auto-Platzhirschen wie Tesla und BYD Konkurrenz machen.
Christian Bartusch ist seit Februar Director NEV System Development bei Volkswagen in Peking. Bartusch verfügt über langjährige China-Erfahrung. Für Audi China hat der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik und Elektronik seit 2011 die Batterie-Entwicklung vorangetrieben.
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“Wolle mer’n reinlasse?” In Bezug auf Chinas Staatschef Xi Jinping lautet die Botschaft dieses Karnevalswagens wohl eher: Nein. Beim Rosenmontagszug in Köln mutierte Xi zum Krake, der Scholz fest im Griff hält – ein Seitenhieb auf den Staatsbesuch des Bundeskanzlers in Peking im November und ein Kommentar auf die wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von der Volksrepublik.