Table.Briefing: China

Georgiens Verhältnis zu China + Weniger Zensur soll Wirtschaft ankurbeln

Liebe Leserin, lieber Leser,

die politischen Entscheidungsträger in China sind sich der angespannten Wirtschaftslage sehr bewusst. Xi Jinping persönlich mahnte im September ein “Gefühl der Dringlichkeit” bei der Verbesserung des Wirtschaftsmanagements der Regierung an. Und doch fehlt der große Wurf. Ein Kommentar in der Volkszeitung, der kurz vor der Zentralen Wirtschaftskonferenz Anfang Dezember veröffentlicht wurde, gibt einen Hinweis darauf, was dahinter stecken könnte, schreibt unser Autor im “Blick aus China”.

In der Analyse von Lisa-Martina Klein geht es um Georgien, das die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter ausbaut. Denn obwohl sich Georgiens prorussische Regierung endgültig von ihrem ursprünglichen EU-Kurs abgewendet zu haben scheint, will man sich auf Russland als langfristigen Partner nicht verlassen: Im Juli 2023 wurde eine strategische Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking geschlossen, sie soll gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit in fast allen kritischen Bereichen erleichtern. Für Georgien winken Bankkredite aus China. Kritiker monieren die Abhängigkeit, in die sich das Land dadurch begibt.

Last but not least, wollen wir Sie auf die erste Ausgabe unseres neuen CEO.Table hinweisen, die am Samstag ihre Premiere feiern wird. Mit einem Klick auf das Bild können Sie sich anmelden.

Ihre
Julia Fiedler
Bild von Julia  Fiedler

Analyse

Geopolitik: Wie Georgien sich von China abhängig macht

Eine chinesische Baufirma in Georgien, aufgenommen im Oktober 2024.

Seit Monaten nähert sich Georgien politisch immer mehr Russland an. Ende November hatte Ministerpräsident Irakli Kobachidse angekündigt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis zur nächsten Parlamentswahl 2028 auszusetzen und keine Haushaltszuschüsse von der EU mehr anzunehmen. Tausende Georgierinnen und Georgier, darunter viele Unternehmer, protestieren seither täglich, denn sie fürchten eine vollständige Abkehr ihrer Regierung von der EU, ihrem größten Handelspartner. Die EU hat Georgien von 2021 bis 2024 mit Mitteln in Höhe von 340 Millionen Euro unterstützt. 

Strategisch will sich Tiflis aber vom nördlichen Nachbarn lösen, der seit dem Angriff auf Südossetien 2008 rund 20 Prozent georgischen Gebiets besetzt hält. Georgien baut stattdessen die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter aus – zum Nachteil für georgische und ausländische Investoren und Unternehmen.

China investiert noch wenig

In einer im Juli 2023 geschlossenen strategischen Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking heißt es etwa, Georgien begrüße die Belt and Road Initiative Chinas. Gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit sollen erleichtert werden in fast allen kritischen Bereichen: Transport, Kommunikation, Entwicklung und Stärkung des Mittleren Korridors, digitale Technologien, Ausbau des Eisenbahnnetzes, Wasserressourcen, Umweltschutz sowie die Nutzung der Transitinfrastruktur Georgiens für den reibungslosen Export chinesischer Produkte in westliche Märkte. Im Gegenzug bekommt Georgien günstige Kredite von chinesischen Banken. Eine Politik, wie sie China auch in Afrika und Zentralasien fährt.

Doch die Investitionssummen Chinas in Georgien bleiben niedrig, sind sogar gesunken seit dem Abschluss der Vereinbarung. Nach Angaben des National Statistics Office of Georgia betrugen die direkten Investitionen Chinas in Georgien im Jahr 2023 gerade einmal knapp 100 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Großbritannien investierte im gleichen Zeitraum knapp unter 400 Millionen US-Dollar, die Niederlande 386 Millionen US-Dollar. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vollständig vor – im ersten Quartal 2024 investierte China gerade einmal 14 Millionen US-Dollar, im gleichen Zeitraum 2023 waren es mehr als 32 Millionen US-Dollar.

Sicherheitsrelevante Infrastruktur in chinesischer Hand

Trotzdem geht bereits seit 2016 fast jeder öffentlich ausgeschriebene und von der Regierung bezahlte Großauftrag unter fragwürdigen Umständen an chinesische Unternehmen und Konsortien. Darunter essenzielle Projekte wie der Bau wichtiger Hauptverkehrsstraßen, Tunnel und Brücken, sensible Überwachungstechnik wie Scanner am Flughafen oder in offiziellen Gebäuden oder die Stromverteilernetztechnik.

Mit China Communication Construction Company Limited (CCCC) und China Harbor Investment hat im Sommer ein umstrittenes chinesisch-singapurisches Konsortium den Zuschlag für den Bau des Tiefseehafens in Anaklia am Schwarzen Meer erhalten. Zu 51 Prozent soll der Hafen in staatlichem Besitz sein, zu 49 Prozent in ausländischer Hand. Hauptsächlich wird er China ermöglichen, seine Waren unter Umgehung Russlands nach Europa zu bringen.

Sicherheitspolitisch kritischer ist, dass neben Russland damit auch China in der Schwarzmeer-Region präsent sein wird. Nur wenige Kilometer nördlich plant Russland in Otschamtschire einen neuen Marinehafen. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Nato diese Region als strategisch wichtiges Gebiet für sich erkannt. Ein Hafen dieser Wichtigkeit in chinesischer Hand schwächt die Position der Nato.

Georgiens Unternehmen profitieren nicht

Georgien stelle sich divers zwischen Russland, der EU und China auf, sagen die einen, Georgien mache sich abhängig, die Kritiker. Zu den lautesten gehört Tinatin Chidascheli, Vorsitzende des regierungs- und China-kritischen Thinktanks Civic Idea und ehemalige Verteidigungsministerin Georgiens. Russland sei zwar aktuell das bestimmende Sicherheitsproblem, sagt Chidascheli. Georgien sei aber ein vollkommener “Sklave Pekings”.

Die Frage sei, wo das Land in 50 oder 100 Jahren sein soll, sagt Chidascheli. “Ich sehe Georgien in der Europäischen Union. Aber das Problem, das wir mit China haben, und solange diese Regierung im Amt bleibt, wird das weiter anhalten, ist die Dominanz der chinesischen Firmen auf dem georgischen Markt der staatlichen Beschaffungen.”

Chinesische Firmen missachten Auflagen

In Georgien selbst profitiere kaum jemand von diesen Projekten, sagt Chidascheli. Die chinesischen Firmen brächten eigene Arbeiter aus Zentralasien, Geräte und Baumaterialien selbst mit. Die Folge: Westliche Firmen ziehen sich zunehmend aus Georgien zurück. So hatte Heidelberg Materials, der größte deutsche Investor in Georgien, 2023 seine Anteile an einem georgischen Joint Venture verkauft. Auch seien kaum mehr europäische oder US-amerikanische Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen zu finden, sagt Chiadascheli.

Recherchen lokaler Medien und des Thinktanks Civic Idea zeigen außerdem, dass die chinesischen Firmen nur wenig auf den Schutz vor Arbeitern oder Umwelt achten. Trotz gesetzlicher Bestimmungen werden nicht ausreichende Umweltverträglichkeitsstudien veranlasst. So kommt es regelmäßig zu Unfällen, Erdrutsche, verursacht durch die Bauarbeiten im bergigen Terrain, begraben Mensch und neu gebaute Straßen.

  • China
  • EU-Beitritt
  • Georgien
  • Nato
  • Wirtschaft
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News

Zerstörte Ostseekabel: Beobachter dürfen an Bord der Yi Peng 3

China hat Vertretern aus Deutschland, Schweden, Finnland und Dänemark erlaubt, an Bord der Yi Peng 3 zu gehen – dem Frachtschiff, gegen das wegen der Zerstörung von Unterseekabeln ermittelt wird. Die schwedische Polizei erklärte, dass sie jedoch nur als Beobachter an Bord des Schiffes war, während die chinesischen Behörden Ermittlungen durchführten.

“Parallel dazu laufen die Vorermittlungen wegen Sabotage im Zusammenhang mit zwei Kabelbrüchen in der Ostsee weiter”, teilte die Polizei mit. Die Aktionen an Bord des Schiffes am Donnerstag seien nicht Teil der von Schweden geführten Voruntersuchung, fügte die Polizei hinzu.

Der dänische Außenminister Lars Lokke Rasmussen erklärte, sein Land habe Anfang der Woche ein Treffen zwischen Vertretern Deutschlands, Schwedens, Finnlands und Chinas ermöglicht und so dazu beigetragen, eine monatelange Pattsituation zu beenden. “Wir gehen davon aus, dass das Schiff nach Abschluss der Inspektion durch diese Gruppe von Personen aus den vier Ländern sein Ziel ansteuern kann”, sagte Lokke Rasmussen.

Westliche Geheimdienstmitarbeiter aus mehreren Ländern sind davon überzeugt, dass die Yi Peng 3 die Durchtrennung der beiden Kabel verursacht habe. Sie haben jedoch unterschiedliche Ansichten darüber geäußert, ob es sich um Unfälle handelte oder ob sie absichtlich herbeigeführt worden sein könnten. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hatte das Schiff aufgefordert, nach Schweden zurückzukehren, um die Ermittlungen zu unterstützen.

Die Ostseekabel, von denen eines Finnland und Deutschland und das andere Schweden mit Litauen verbindet, wurden am 17. und 18. November beschädigt. Satellitendaten hatten die Ermittler auf die Spur der Yi Peng 3 gebracht, die einen auffälligen Zickzack-Kurs genommen hatte. Die Yi Peng 3 liegt seitdem im Kattegat zwischen Schweden und Dänemark vor Anker. rtr

  • Geopolitik
  • Kritische Infrastruktur
  • Ostsee

Jahrespressekonferenz: Putin lobt Beziehungen zu China

Laut Wladimir Putin haben die Beziehungen zwischen Russland und China ein nie dagewesenes Niveau erreicht. Auf seiner Jahrespressekonferenz lobte der russische Präsident den positiven Charakter der Verbindungen. Russland und China hätten ihre Handlungen auf der internationalen Bühne stets koordiniert und würden dies auch weiterhin tun, fügte er hinzu.

Auf der mehrstündigen Veranstaltung, zu der auch eine “Bürgersprechstunde” gehört, sprach Putin auch über den Ukraine-Krieg und die Wirtschaftsbilanz des Landes, die er als zufriedenstellend bewertete. Russland hätte sich schon viel früher auf einen Krieg mit der Ukraine vorbereiten sollen, sagte der Kreml-Chef. Er bekräftigte aber auch seine Bereitschaft zu Verhandlungen. “Politik ist die Kunst der Kompromisse”, entgegnete er auf eine Frage des US-Senders NBC.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war am Donnerstag in Brüssel beim Gipfeltreffen der EU-Regierungschefs anwesend. In einer Abschlusserklärung zum Gipfel wurde China nicht genannt, oder eine “rote Linie” für Peking mit der indirekten Bewaffnung Russlands. rtr

  • EU-Gipfel
  • Russland
  • Ukraine-Krieg
  • Wladimir Putin

Valin aus China: EU leitet Anti-Dumpingverfahren ein

Die Europäische Union hat ein Anti-Dumpingverfahren gegen Importe von Valin aus China eingeleitet. Die Aminosäure wird unter anderem für Tierfutter verwendet. Den Antrag hat demnach das französische Chemie-Unternehmen Eurolysine SAS gestellt, das den chinesischen Importeuren unter anderem Preisverzerrungen vorwirft.

Die Firma beruft sich dabei auf ein Arbeitspapier der EU-Generaldirektion für Handel zu Marktverzerrungen aus China, das unter anderem Chemikalien aufführt. “Es wurden mehrere Artikel unterbreitet, um die Einmischung der chinesischen Regierung in chinesische Unternehmen, die Valin herstellen, zu belegen”, heißt es in der Bekanntmachung. Die EU-Untersuchung kann nun bis zu 14 Monaten dauern. ari

  • Agrar
  • Chemie
  • Handel

Presseschau

Beschädigtes Datenkabel in der Ostsee: Beobachter dürfen chinesischen Frachter betreten TAGESSCHAU
Taiwan-Konflikt: China nutzt eine kaum bekannte Strategie gegen Taiwan – zunehmend juristische Mittel HANDELSBLATT
Man admits running secret Chinese “police station” in NYC BBC
US asks Nvidia to probe how its chips ended up in China, Information reports REUTERS
Here Are 4 Reasons China Meddles in Local U.S. Politics NEW YORK TIMES
India starts resembling China in unflattering ways REUTERS
Sri Lanka auf schmalem Grat zwischen Indien und China DW
Macau: Warum das asiatische Las Vegas das Lieblingskind von Chinas Herrschern ist FR
Chinas Plan B heißt Brasilien: Neue Allianzen im Handelskrieg TELEPOLIS
Günstige Importe aus China: Jetzt droht der Windindustrie das gleiche Fiasko wie der Solarbranche SPIEGEL
Eric Robertsen: “Chinas Wirtschaft steckt in einer Liquiditätsfalle” HANDELSBLATT
China’s youth-unemployment pressure eases as index falls for third straight month SCMP
Statt Ladesäulen: China setzt auf Batterietauschsystem für Elektroautos SPIEGEL
Chinas ungewöhnliche Bond-Rally: Chinas Bondrenditen gehen auf Tauchstation BÖRSEN-ZEITUNG
KI in China: Apple angeblich in Gesprächen mit ByteDance und Tencent HEISE
Raumfahrt: So soll Chinas bemannte Mondlandung aussehen GOLEM

Blick aus China

Blick aus China: Warum die KPCh Schritte zur Ankurbelung des Wachstums scheut

Einer der größten Kinoerfolge in den chinesischen Kinos in diesem Jahr ist Her Story (好东西), ein Film mit sehr starken feministischen Kernbotschaften. Dass der Film überhaupt in die Kinos kam, ist erstaunlich, schließlich lehnen die chinesischen Behörden Feminismus ab. Filme unterliegen in China der strengsten Zensur unter allen Kunst- und Unterhaltungsformen.

Laut Branchenkennern ist einer der Hauptgründe dafür, dass die Zensur für Filme in diesem Jahr still und leise gelockert wurde, dass die Filmbranche gerettet werden soll. Diese kämpft wegen des Mangels an guten Filmen mit sinkenden Einnahmen. Neben Filmstudios berichteten zudem auch große Konzertveranstalter, dass die Genehmigungsverfahren in diesem Jahr reibungsloser verlaufen seien. Ermutigt durch diese Entwicklung, hat die Stadt Hangzhou Berichten zufolge sogar US-Superstar Taylor Swift für ein mögliches Konzert im Jahr 2025 angefragt – trotz der angespannten Beziehungen zwischen China und den USA. Das Interesse der Lokalregierungen an Konzerten hat vor allem auch finanzielle Gründe: Große Konzerte spülen ordentlich Geld in die Kassen.

Zahlreiche Kurswechsel für mehr Wachstum

China hat 2024 in vielen Bereichen einen Kurswechsel vollzogen, um das schwächelnde Wachstum zu fördern. Die strikte Regulierung des Immobiliensektors wurde gelockert; private Bildungsinstitute, die seit 2021 einer strengen Kontrolle unterworfen waren, durften wieder Kurse anbieten.

Statt wie früher hochmütig gegenüber ausländischem Kapital aufzutreten, entsendet das Land nun wieder Auslandsdelegationen, um Investitionen anzulocken. Bürger aus Dutzenden wohlhabenden Ländern können inzwischen ohne Visum nach China einreisen. Nachdem Peking einige Jahre lang gleichgültig gegenüber den Problemen von Ausländern mit Chinas allgegenwärtigem, an einen Ausweis gekoppelten digitalen Zahlungssystem war, bietet man nun Lösungen an, damit auch Menschen ohne chinesischen Ausweis mit Alipay und WeChat bezahlen können.

Echte wachstumsfördernde Reformen fehlen

Doch das sind nur Randprobleme. Die Regierung zögert noch immer, Maßnahmen zu ergreifen, die nach allgemeiner Auffassung notwendig sind, um die Wirtschaft auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu bringen. So zum Beispiel die Stärkung des Sozialsystems zur Ankurbelung des privaten Konsums, sowie überzeugende Maßnahmen zur Wahrung der Interessen privater und ausländischer Investoren.

Es ist nicht so, als wären sich die politischen Entscheidungsträger der angespannten Wirtschaftslage nicht bewusst. Im September mahnte Xi Jinping ein “Gefühl der Dringlichkeit” bei der Verbesserung des Wirtschaftsmanagements der Regierung an. Auch in diesem Jahr hatten die chinesischen Spitzenpolitiker wieder einmal wohlwollende Worte für den Privatsektor und die internationalen Investoren parat, um deren Moral zu stärken.

Doch den Worten folgten nicht die notwendigen Taten. Nach Xis Dringlichkeitserklärung präsentierte das Finanzministerium ein Umschuldungsprogramm zur Rettung überschuldeter Kommunen. Das Programm, mit dem die Zinszahlungen der Kommunen in den nächsten fünf Jahren um 600 Milliarden Yuan (79 Milliarden Euro) gesenkt werden könnten, ist allerdings ein Tropfen auf den heißen Stein. Flankiert wurde es von der Erklärung des Finanzministers, dass die Zentralregierung in Zukunft keine “versteckten Schulden” dulden werde. Und so geht es bei dem gesamten Paket eher um eine verstärkte Kontrolle der Kommunen als um einen Schritt zur Förderung des Wachstums.

Volkszeitung erklärt die Gründe

Ein kürzlich erschienener Kommentar in der Volkszeitung, dem Sprachrohr der Kommunistischen Partei, liefert eine Erklärung für das Zögern der Regierung. Der Artikel vom 5. Dezember, in dem Xi zitiert wird, trägt den Titel “Entschlossen reformieren, was reformiert werden sollte; nicht reformieren, was nicht reformiert werden sollte“.

Ähnliche Erklärungen gab es von allen chinesischen Führern seit Deng Xiaoping. Doch der Zeitpunkt der letzten Version war interessant: Sie wurde kurz vor einer richtungsweisenden Sitzung des Politbüros der KPCh und der anschließenden Zentralen Wirtschaftskonferenz veröffentlicht. Der Artikel warnte vor einer “mechanischen Umsetzung westlicher Theorien, um den Beifall bestimmter Leute zu gewinnen”, und erklärte, solche Reformen würden “die Flagge und die Farbe” des Landes verändern. Das waren in der Tat sehr harte Worte.

Was das Sozialsystem anbelangt, so vertritt Xi seit langem die Ansicht, dass China kein “Wohlfahrtsstaat” sein sollte, da dies nicht tragbar sei und “Faulheit fördern” würde. Bislang gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass Xi seine Meinung geändert hat.

  • Konjunktur
  • KP Chinas
  • Wirtschaft
  • Xi Jinping

Personalien

Xiuru Liu ist seit November Overseas Sales Director bei BYD in Shenzhen. In seiner neuen Rolle ist er unter anderem für den Vertrieb von Powertrain-Batterien auf dem Überseemarkt und die Leitung des Vertriebsteams in Europa und China zuständig.

Ramon Lv ist seit November Head of China Reefer bei DHL Global Forwarding. Als Sales Manager war Lv zuvor für die Kühltransport-Logistik bei A. P. Møller-Mærsk mitverantwortlich. Sein Einsatzort ist Qingdao.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Adventskalender

Während bei uns jeder Finger einen eigenen Namen hat, wird im Chinesischen einer von ihnen regelrecht stiefmütterlich behandelt – zumindest, was die Namensgebung angeht. Als “Finger ohne Namen” (无 wú “ohne”, 名 míng “Name”, 指 zhǐ “Finger; zeigen”) wird dort nämlich oft der Ringfinger bezeichnet. Zum Glück nicht überall – bei manchen heißt er wie bei uns 环指 (huánzhǐ), “Ringfinger”. 

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die politischen Entscheidungsträger in China sind sich der angespannten Wirtschaftslage sehr bewusst. Xi Jinping persönlich mahnte im September ein “Gefühl der Dringlichkeit” bei der Verbesserung des Wirtschaftsmanagements der Regierung an. Und doch fehlt der große Wurf. Ein Kommentar in der Volkszeitung, der kurz vor der Zentralen Wirtschaftskonferenz Anfang Dezember veröffentlicht wurde, gibt einen Hinweis darauf, was dahinter stecken könnte, schreibt unser Autor im “Blick aus China”.

    In der Analyse von Lisa-Martina Klein geht es um Georgien, das die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter ausbaut. Denn obwohl sich Georgiens prorussische Regierung endgültig von ihrem ursprünglichen EU-Kurs abgewendet zu haben scheint, will man sich auf Russland als langfristigen Partner nicht verlassen: Im Juli 2023 wurde eine strategische Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking geschlossen, sie soll gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit in fast allen kritischen Bereichen erleichtern. Für Georgien winken Bankkredite aus China. Kritiker monieren die Abhängigkeit, in die sich das Land dadurch begibt.

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    Analyse

    Geopolitik: Wie Georgien sich von China abhängig macht

    Eine chinesische Baufirma in Georgien, aufgenommen im Oktober 2024.

    Seit Monaten nähert sich Georgien politisch immer mehr Russland an. Ende November hatte Ministerpräsident Irakli Kobachidse angekündigt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis zur nächsten Parlamentswahl 2028 auszusetzen und keine Haushaltszuschüsse von der EU mehr anzunehmen. Tausende Georgierinnen und Georgier, darunter viele Unternehmer, protestieren seither täglich, denn sie fürchten eine vollständige Abkehr ihrer Regierung von der EU, ihrem größten Handelspartner. Die EU hat Georgien von 2021 bis 2024 mit Mitteln in Höhe von 340 Millionen Euro unterstützt. 

    Strategisch will sich Tiflis aber vom nördlichen Nachbarn lösen, der seit dem Angriff auf Südossetien 2008 rund 20 Prozent georgischen Gebiets besetzt hält. Georgien baut stattdessen die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter aus – zum Nachteil für georgische und ausländische Investoren und Unternehmen.

    China investiert noch wenig

    In einer im Juli 2023 geschlossenen strategischen Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking heißt es etwa, Georgien begrüße die Belt and Road Initiative Chinas. Gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit sollen erleichtert werden in fast allen kritischen Bereichen: Transport, Kommunikation, Entwicklung und Stärkung des Mittleren Korridors, digitale Technologien, Ausbau des Eisenbahnnetzes, Wasserressourcen, Umweltschutz sowie die Nutzung der Transitinfrastruktur Georgiens für den reibungslosen Export chinesischer Produkte in westliche Märkte. Im Gegenzug bekommt Georgien günstige Kredite von chinesischen Banken. Eine Politik, wie sie China auch in Afrika und Zentralasien fährt.

    Doch die Investitionssummen Chinas in Georgien bleiben niedrig, sind sogar gesunken seit dem Abschluss der Vereinbarung. Nach Angaben des National Statistics Office of Georgia betrugen die direkten Investitionen Chinas in Georgien im Jahr 2023 gerade einmal knapp 100 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Großbritannien investierte im gleichen Zeitraum knapp unter 400 Millionen US-Dollar, die Niederlande 386 Millionen US-Dollar. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vollständig vor – im ersten Quartal 2024 investierte China gerade einmal 14 Millionen US-Dollar, im gleichen Zeitraum 2023 waren es mehr als 32 Millionen US-Dollar.

    Sicherheitsrelevante Infrastruktur in chinesischer Hand

    Trotzdem geht bereits seit 2016 fast jeder öffentlich ausgeschriebene und von der Regierung bezahlte Großauftrag unter fragwürdigen Umständen an chinesische Unternehmen und Konsortien. Darunter essenzielle Projekte wie der Bau wichtiger Hauptverkehrsstraßen, Tunnel und Brücken, sensible Überwachungstechnik wie Scanner am Flughafen oder in offiziellen Gebäuden oder die Stromverteilernetztechnik.

    Mit China Communication Construction Company Limited (CCCC) und China Harbor Investment hat im Sommer ein umstrittenes chinesisch-singapurisches Konsortium den Zuschlag für den Bau des Tiefseehafens in Anaklia am Schwarzen Meer erhalten. Zu 51 Prozent soll der Hafen in staatlichem Besitz sein, zu 49 Prozent in ausländischer Hand. Hauptsächlich wird er China ermöglichen, seine Waren unter Umgehung Russlands nach Europa zu bringen.

    Sicherheitspolitisch kritischer ist, dass neben Russland damit auch China in der Schwarzmeer-Region präsent sein wird. Nur wenige Kilometer nördlich plant Russland in Otschamtschire einen neuen Marinehafen. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Nato diese Region als strategisch wichtiges Gebiet für sich erkannt. Ein Hafen dieser Wichtigkeit in chinesischer Hand schwächt die Position der Nato.

    Georgiens Unternehmen profitieren nicht

    Georgien stelle sich divers zwischen Russland, der EU und China auf, sagen die einen, Georgien mache sich abhängig, die Kritiker. Zu den lautesten gehört Tinatin Chidascheli, Vorsitzende des regierungs- und China-kritischen Thinktanks Civic Idea und ehemalige Verteidigungsministerin Georgiens. Russland sei zwar aktuell das bestimmende Sicherheitsproblem, sagt Chidascheli. Georgien sei aber ein vollkommener “Sklave Pekings”.

    Die Frage sei, wo das Land in 50 oder 100 Jahren sein soll, sagt Chidascheli. “Ich sehe Georgien in der Europäischen Union. Aber das Problem, das wir mit China haben, und solange diese Regierung im Amt bleibt, wird das weiter anhalten, ist die Dominanz der chinesischen Firmen auf dem georgischen Markt der staatlichen Beschaffungen.”

    Chinesische Firmen missachten Auflagen

    In Georgien selbst profitiere kaum jemand von diesen Projekten, sagt Chidascheli. Die chinesischen Firmen brächten eigene Arbeiter aus Zentralasien, Geräte und Baumaterialien selbst mit. Die Folge: Westliche Firmen ziehen sich zunehmend aus Georgien zurück. So hatte Heidelberg Materials, der größte deutsche Investor in Georgien, 2023 seine Anteile an einem georgischen Joint Venture verkauft. Auch seien kaum mehr europäische oder US-amerikanische Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen zu finden, sagt Chiadascheli.

    Recherchen lokaler Medien und des Thinktanks Civic Idea zeigen außerdem, dass die chinesischen Firmen nur wenig auf den Schutz vor Arbeitern oder Umwelt achten. Trotz gesetzlicher Bestimmungen werden nicht ausreichende Umweltverträglichkeitsstudien veranlasst. So kommt es regelmäßig zu Unfällen, Erdrutsche, verursacht durch die Bauarbeiten im bergigen Terrain, begraben Mensch und neu gebaute Straßen.

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    Zerstörte Ostseekabel: Beobachter dürfen an Bord der Yi Peng 3

    China hat Vertretern aus Deutschland, Schweden, Finnland und Dänemark erlaubt, an Bord der Yi Peng 3 zu gehen – dem Frachtschiff, gegen das wegen der Zerstörung von Unterseekabeln ermittelt wird. Die schwedische Polizei erklärte, dass sie jedoch nur als Beobachter an Bord des Schiffes war, während die chinesischen Behörden Ermittlungen durchführten.

    “Parallel dazu laufen die Vorermittlungen wegen Sabotage im Zusammenhang mit zwei Kabelbrüchen in der Ostsee weiter”, teilte die Polizei mit. Die Aktionen an Bord des Schiffes am Donnerstag seien nicht Teil der von Schweden geführten Voruntersuchung, fügte die Polizei hinzu.

    Der dänische Außenminister Lars Lokke Rasmussen erklärte, sein Land habe Anfang der Woche ein Treffen zwischen Vertretern Deutschlands, Schwedens, Finnlands und Chinas ermöglicht und so dazu beigetragen, eine monatelange Pattsituation zu beenden. “Wir gehen davon aus, dass das Schiff nach Abschluss der Inspektion durch diese Gruppe von Personen aus den vier Ländern sein Ziel ansteuern kann”, sagte Lokke Rasmussen.

    Westliche Geheimdienstmitarbeiter aus mehreren Ländern sind davon überzeugt, dass die Yi Peng 3 die Durchtrennung der beiden Kabel verursacht habe. Sie haben jedoch unterschiedliche Ansichten darüber geäußert, ob es sich um Unfälle handelte oder ob sie absichtlich herbeigeführt worden sein könnten. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hatte das Schiff aufgefordert, nach Schweden zurückzukehren, um die Ermittlungen zu unterstützen.

    Die Ostseekabel, von denen eines Finnland und Deutschland und das andere Schweden mit Litauen verbindet, wurden am 17. und 18. November beschädigt. Satellitendaten hatten die Ermittler auf die Spur der Yi Peng 3 gebracht, die einen auffälligen Zickzack-Kurs genommen hatte. Die Yi Peng 3 liegt seitdem im Kattegat zwischen Schweden und Dänemark vor Anker. rtr

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    Jahrespressekonferenz: Putin lobt Beziehungen zu China

    Laut Wladimir Putin haben die Beziehungen zwischen Russland und China ein nie dagewesenes Niveau erreicht. Auf seiner Jahrespressekonferenz lobte der russische Präsident den positiven Charakter der Verbindungen. Russland und China hätten ihre Handlungen auf der internationalen Bühne stets koordiniert und würden dies auch weiterhin tun, fügte er hinzu.

    Auf der mehrstündigen Veranstaltung, zu der auch eine “Bürgersprechstunde” gehört, sprach Putin auch über den Ukraine-Krieg und die Wirtschaftsbilanz des Landes, die er als zufriedenstellend bewertete. Russland hätte sich schon viel früher auf einen Krieg mit der Ukraine vorbereiten sollen, sagte der Kreml-Chef. Er bekräftigte aber auch seine Bereitschaft zu Verhandlungen. “Politik ist die Kunst der Kompromisse”, entgegnete er auf eine Frage des US-Senders NBC.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war am Donnerstag in Brüssel beim Gipfeltreffen der EU-Regierungschefs anwesend. In einer Abschlusserklärung zum Gipfel wurde China nicht genannt, oder eine “rote Linie” für Peking mit der indirekten Bewaffnung Russlands. rtr

    • EU-Gipfel
    • Russland
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    • Wladimir Putin

    Valin aus China: EU leitet Anti-Dumpingverfahren ein

    Die Europäische Union hat ein Anti-Dumpingverfahren gegen Importe von Valin aus China eingeleitet. Die Aminosäure wird unter anderem für Tierfutter verwendet. Den Antrag hat demnach das französische Chemie-Unternehmen Eurolysine SAS gestellt, das den chinesischen Importeuren unter anderem Preisverzerrungen vorwirft.

    Die Firma beruft sich dabei auf ein Arbeitspapier der EU-Generaldirektion für Handel zu Marktverzerrungen aus China, das unter anderem Chemikalien aufführt. “Es wurden mehrere Artikel unterbreitet, um die Einmischung der chinesischen Regierung in chinesische Unternehmen, die Valin herstellen, zu belegen”, heißt es in der Bekanntmachung. Die EU-Untersuchung kann nun bis zu 14 Monaten dauern. ari

    • Agrar
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    • Handel

    Presseschau

    Beschädigtes Datenkabel in der Ostsee: Beobachter dürfen chinesischen Frachter betreten TAGESSCHAU
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    Man admits running secret Chinese “police station” in NYC BBC
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    Here Are 4 Reasons China Meddles in Local U.S. Politics NEW YORK TIMES
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    Macau: Warum das asiatische Las Vegas das Lieblingskind von Chinas Herrschern ist FR
    Chinas Plan B heißt Brasilien: Neue Allianzen im Handelskrieg TELEPOLIS
    Günstige Importe aus China: Jetzt droht der Windindustrie das gleiche Fiasko wie der Solarbranche SPIEGEL
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    Raumfahrt: So soll Chinas bemannte Mondlandung aussehen GOLEM

    Blick aus China

    Blick aus China: Warum die KPCh Schritte zur Ankurbelung des Wachstums scheut

    Einer der größten Kinoerfolge in den chinesischen Kinos in diesem Jahr ist Her Story (好东西), ein Film mit sehr starken feministischen Kernbotschaften. Dass der Film überhaupt in die Kinos kam, ist erstaunlich, schließlich lehnen die chinesischen Behörden Feminismus ab. Filme unterliegen in China der strengsten Zensur unter allen Kunst- und Unterhaltungsformen.

    Laut Branchenkennern ist einer der Hauptgründe dafür, dass die Zensur für Filme in diesem Jahr still und leise gelockert wurde, dass die Filmbranche gerettet werden soll. Diese kämpft wegen des Mangels an guten Filmen mit sinkenden Einnahmen. Neben Filmstudios berichteten zudem auch große Konzertveranstalter, dass die Genehmigungsverfahren in diesem Jahr reibungsloser verlaufen seien. Ermutigt durch diese Entwicklung, hat die Stadt Hangzhou Berichten zufolge sogar US-Superstar Taylor Swift für ein mögliches Konzert im Jahr 2025 angefragt – trotz der angespannten Beziehungen zwischen China und den USA. Das Interesse der Lokalregierungen an Konzerten hat vor allem auch finanzielle Gründe: Große Konzerte spülen ordentlich Geld in die Kassen.

    Zahlreiche Kurswechsel für mehr Wachstum

    China hat 2024 in vielen Bereichen einen Kurswechsel vollzogen, um das schwächelnde Wachstum zu fördern. Die strikte Regulierung des Immobiliensektors wurde gelockert; private Bildungsinstitute, die seit 2021 einer strengen Kontrolle unterworfen waren, durften wieder Kurse anbieten.

    Statt wie früher hochmütig gegenüber ausländischem Kapital aufzutreten, entsendet das Land nun wieder Auslandsdelegationen, um Investitionen anzulocken. Bürger aus Dutzenden wohlhabenden Ländern können inzwischen ohne Visum nach China einreisen. Nachdem Peking einige Jahre lang gleichgültig gegenüber den Problemen von Ausländern mit Chinas allgegenwärtigem, an einen Ausweis gekoppelten digitalen Zahlungssystem war, bietet man nun Lösungen an, damit auch Menschen ohne chinesischen Ausweis mit Alipay und WeChat bezahlen können.

    Echte wachstumsfördernde Reformen fehlen

    Doch das sind nur Randprobleme. Die Regierung zögert noch immer, Maßnahmen zu ergreifen, die nach allgemeiner Auffassung notwendig sind, um die Wirtschaft auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu bringen. So zum Beispiel die Stärkung des Sozialsystems zur Ankurbelung des privaten Konsums, sowie überzeugende Maßnahmen zur Wahrung der Interessen privater und ausländischer Investoren.

    Es ist nicht so, als wären sich die politischen Entscheidungsträger der angespannten Wirtschaftslage nicht bewusst. Im September mahnte Xi Jinping ein “Gefühl der Dringlichkeit” bei der Verbesserung des Wirtschaftsmanagements der Regierung an. Auch in diesem Jahr hatten die chinesischen Spitzenpolitiker wieder einmal wohlwollende Worte für den Privatsektor und die internationalen Investoren parat, um deren Moral zu stärken.

    Doch den Worten folgten nicht die notwendigen Taten. Nach Xis Dringlichkeitserklärung präsentierte das Finanzministerium ein Umschuldungsprogramm zur Rettung überschuldeter Kommunen. Das Programm, mit dem die Zinszahlungen der Kommunen in den nächsten fünf Jahren um 600 Milliarden Yuan (79 Milliarden Euro) gesenkt werden könnten, ist allerdings ein Tropfen auf den heißen Stein. Flankiert wurde es von der Erklärung des Finanzministers, dass die Zentralregierung in Zukunft keine “versteckten Schulden” dulden werde. Und so geht es bei dem gesamten Paket eher um eine verstärkte Kontrolle der Kommunen als um einen Schritt zur Förderung des Wachstums.

    Volkszeitung erklärt die Gründe

    Ein kürzlich erschienener Kommentar in der Volkszeitung, dem Sprachrohr der Kommunistischen Partei, liefert eine Erklärung für das Zögern der Regierung. Der Artikel vom 5. Dezember, in dem Xi zitiert wird, trägt den Titel “Entschlossen reformieren, was reformiert werden sollte; nicht reformieren, was nicht reformiert werden sollte“.

    Ähnliche Erklärungen gab es von allen chinesischen Führern seit Deng Xiaoping. Doch der Zeitpunkt der letzten Version war interessant: Sie wurde kurz vor einer richtungsweisenden Sitzung des Politbüros der KPCh und der anschließenden Zentralen Wirtschaftskonferenz veröffentlicht. Der Artikel warnte vor einer “mechanischen Umsetzung westlicher Theorien, um den Beifall bestimmter Leute zu gewinnen”, und erklärte, solche Reformen würden “die Flagge und die Farbe” des Landes verändern. Das waren in der Tat sehr harte Worte.

    Was das Sozialsystem anbelangt, so vertritt Xi seit langem die Ansicht, dass China kein “Wohlfahrtsstaat” sein sollte, da dies nicht tragbar sei und “Faulheit fördern” würde. Bislang gibt es noch keine Anzeichen dafür, dass Xi seine Meinung geändert hat.

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    Personalien

    Xiuru Liu ist seit November Overseas Sales Director bei BYD in Shenzhen. In seiner neuen Rolle ist er unter anderem für den Vertrieb von Powertrain-Batterien auf dem Überseemarkt und die Leitung des Vertriebsteams in Europa und China zuständig.

    Ramon Lv ist seit November Head of China Reefer bei DHL Global Forwarding. Als Sales Manager war Lv zuvor für die Kühltransport-Logistik bei A. P. Møller-Mærsk mitverantwortlich. Sein Einsatzort ist Qingdao.

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    Adventskalender

    Während bei uns jeder Finger einen eigenen Namen hat, wird im Chinesischen einer von ihnen regelrecht stiefmütterlich behandelt – zumindest, was die Namensgebung angeht. Als “Finger ohne Namen” (无 wú “ohne”, 名 míng “Name”, 指 zhǐ “Finger; zeigen”) wird dort nämlich oft der Ringfinger bezeichnet. Zum Glück nicht überall – bei manchen heißt er wie bei uns 环指 (huánzhǐ), “Ringfinger”. 

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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