das Interesse, für eine Weile nach China zu ziehen und dort zu arbeiten, verspüren seit Corona deutlich weniger Ausländer als in den Jahren zuvor. Für manche deutsche Unternehmen in China ist es daher nicht leicht, die gewünschten Fachkräfte anzuziehen. Andere, insbesondere kleinere Unternehmen, konzentrieren sich längst auf lokale Mitarbeiter. Denn die sind qualifiziert und dazu noch günstiger. Laut dem neuen Gehaltsreport der Deutschen Handelskammer in China erreichte die Zahl der ausländischen Beschäftigten bei deutschen Firmen 2023 ein Rekordtief.
Gehaltserhöhungen fielen zudem deutlich geringer aus. Dahinter steckt dem Report zufolge ein relativ geringes Geschäftsvertrauen der deutschen Unternehmen für das kommende Jahr. Jörn Petring hat sich den Gehaltsreport angesehen.
Gestern ist Olympia 2024 in Paris zu Ende gegangen. Sieben Medaillen, zwei davon Gold: Taiwan hat es auf Platz 35 geschafft, allerdings unter dem Namen Chinese Taipei. Taiwanische Fans mussten in den Stadien mit Schikanen umgehen – Plakate, mit denen sie ihre Sportler anfeuern wollten, wurden zum Teil konfisziert. Selbst, wenn auf ihnen nicht explizit “Taiwan” oder ein politisches Statement stand. Und noch eine unschöne Begebenheit zeigt, wie sehr der Sport politisiert wird.
Die Boxerin Lin Yu-ting stand im Zentrum einer Geschlechterdebatte, die über das Internet ordentlich Fahrt aufnahm, auch angeheizt von russischen Bots, wie David Demes schreibt. In seiner Analyse wirft er einen Blick auf die Stimmung im taiwanischen Team und erklärt, warum Olympia auf der Insel so wichtig ist.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!
Als Zeichen der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Lage haben deutsche Unternehmen in China im vergangenen Jahr ihre Gehälter nur sehr zurückhaltend erhöht. Wie aus dem am Montag veröffentlichten jährlichen Gehaltsreport der Deutschen Handelskammer in China hervorgeht, lag das durchschnittliche Gehaltswachstum der befragten Mitgliedsunternehmen bei 3,9 Prozent und damit um 0,9 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Dies ist zugleich der niedrigste Wert seit 2019, als die Kammer erstmals Unternehmen zur effektiven Gehaltsentwicklung befragte.
“Der anhaltende Trend zu niedrigeren Gehaltserhöhungen zeugt von den Herausforderungen, denen deutsche Unternehmen im chinesischen Markt begegnen”, sagte Moritz Berrenberg, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Handelskammer in Süd- und Südwestchina.
Der Report macht deutlich, dass sich die Lage für deutsche Firmen im kommenden Jahr weiter verschärfen könnte. Denn dann erwarten die Firmen sogar nur noch ein Gehaltswachstum von 3,8 Prozent. “Die Aussicht auf noch geringere Gehaltserhöhungen im Jahr 2025 ist ein Hinweis auf das relativ geringe Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen für das kommende Jahr”, so Berrenberg.
Der Kammer-Report schlüsselt detailliert auf, wie Mitarbeiter verschiedener Positionen in unterschiedlichen Regionen Chinas verdienen.
Auffällig: Während die Gehälter von Produktionsmitarbeitern und einfachen Manager-Positionen weiterhin zumindest leicht zulegten, gingen die Kosten für Führungskräfte deutlich zurück. So sanken die Median-Kosten für einen stellvertretenden Geschäftsführer von 11.029 Euro auf 8537 Euro. Die Gehaltskosten für CEOs lagen bei deutschen Unternehmen in China noch bei 14.499 Euro pro Monat, statt 15.336 Euro. Dieser Rückgang dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass ein weiterer Trend der Vorjahre anhielt: Deutsche Expats werden durch lokale Manager ersetzt, die günstiger sind.
Der Anteil deutscher Firmen in China, die noch ausländische Arbeitskräfte beschäftigen, sank laut der Kammer auf ein historisches Tief von 65 Prozent. Besonders stark ist der Rückgang in kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Nur noch 43,6 Prozent der Firmen haben Ausländer im Team. 68,5 Prozent der deutschen Unternehmen nannten Unterschiede in der Entlohnung als Hauptgrund für den Ersatz ausländischer Mitarbeiter durch lokale Kräfte, ein Anstieg um 6,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.
Eine Herausforderung für deutsche Firmen bleibt es, qualifizierte lokale Fachkräfte zu finden. Erst in der vergangenen Woche eröffnete die Kammer daher die erste AHK Academy in der chinesischen Stadt Taicang. Die neue Ausbildungsstätte soll dabei helfen, die Fachkräftelücke der deutschen Unternehmen zu schließen. “Qualifizierte, lokale Fachkräfte sind essenziell für deutsche Unternehmen in China. Es gibt gutes und erfahrenes lokales Personal, jedoch längst nicht genug”, so Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina.
Der neue Kammer-Bericht fasst auch allgemeine Entwicklungen zum chinesischen Arbeitsmarkt zusammen.
Auf dem Siegertreppchen konnte Lin Yu-ting die Tränen nicht mehr zurückhalten. Nach einer wochenlangen Schmutzkampagne, die von Prominenten wie Elon Musk und der Harry Potter-Autorin J.K. Rowling befeuert worden war, konnte die taiwanische Boxerin am Samstagabend endlich aufatmen. In drei Runden schlug sie ihre polnische Gegnerin Julia Szeremeta und sicherte Taiwan damit die zweite Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Paris.
Gemeinsam mit der algerischen Boxerin Imane Khelif stand die 28-jährige Taiwanerin in den letzten Wochen im Fokus einer aufgeheizten Debatte über biologisches Geschlecht, Gender und die Teilnahme von trans- und intersexuellen Personen an Sportwettkämpfen. Laut Recherchen der Nachrichtenagentur AP waren russische Bot-Netzwerke daran beteiligt, die Geschlechterdebatte gegen Khelif und Lin künstlich aufzuheizen. Auch Taiwans Geheimdienst soll verdächtige Verhaltensmuster und Accounts erkannt haben, die online Desinformationen über das taiwanische Team bei Olympia verbreiteten.
Selbst der ZDF-Kommentator ließ sich dazu hinreißen, Lin während der Übertragung des Gold-Kampfes am Samstag als “intersexuelle Frau” zu bezeichnen, ohne die Richtigkeit dieser Information infrage zu stellen. Der internationale Box-Verband (IBA) hatte Lin und Khelif 2023 plötzlich suspendiert, nachdem beide angeblich einen Geschlechtstest nicht bestanden haben sollen. Das Internationale Olympische Komitee, das der IBA bereits 2019 die Rechte entzogen hatte, olympische Boxwettkämpfe auszurichten, stellte sich demonstrativ hinter die Athletinnen und bezeichnete sie als “Opfer einer plötzlichen und willkürlichen Entscheidung” durch den russisch-dominierten Verband.
Bei einer chaotischen Pressekonferenz hatten Verbandsfunktionäre letzte Woche noch versucht, ihre Entscheidung zu rechtfertigen. Auf die Frage einer taiwanischen Journalistin, warum die IBA die beiden Athletinnen nicht schon 2022 informiert und suspendiert hatte, antwortete der durch seine Nähe zu Präsident Putin in der Kritik stehende Verbandspräsident Umar Kremlev ausweichend mit einem politischen Statement: China sei eines seiner Lieblingsländer und Taiwan ein Teil Chinas, so Kremlev.
“Die Art und Weise, wie der IBA-Präsident diese Frage beantwortet hat, erinnert an die chinesischen Schikanen, mit denen Taiwanerinnen und Taiwaner täglich konfrontiert werden”, argumentiert Politikwissenschaftler Chen Fang-yu von der Soochow University in Taipeh. Die Geschlechterdebatte stehe symptomatisch für Taiwans Rolle in der internationalen Politik. Genauso wie Taiwan sein eigener Name abgesprochen werde (das Land tritt als “Chinesische Taipeh” an), werde hier einer Frau ihr Geschlecht abgesprochen, so Chen gegenüber Table.Briefings. “Die große Mehrheit der Taiwanerinnen und Taiwaner kann dieses Gefühl gut nachempfinden.” Die Attacken gegen Lin haben in Taiwan breite Unterstützung für die Athletin generiert.
Präsident Lai Ching-te und seine Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim hatten sich auf Twitter mehrfach an ihre Follower gewandt und zu Solidarität mit Lin aufgerufen. “Sie ist Widrigkeiten und sinnlosen Angriffen von außerhalb des Rings mit unglaublicher Anmut und unerschütterlichem Mut begegnet. Wir werden sie bis zum Schluss anfeuern!”, schrieb Lai vor dem Kampf. In einem Seitenhieb gegen Lins Kritiker schrieb Vizepräsidentin Hsiao, dass “Taiwanische Frauen zäh und widerstandsfähig” seien. Mit einem abschließenden “You go, girl!” versuchte sie scheinbar noch die letzten Skeptiker zu überzeugen.
Dass sich sowohl der Präsident als auch seine Stellvertreterin, das Außenministerium und eine Reihe von Abgeordneten regelmäßig zu Olympia äußern, ist in Taiwan keine Seltenheit. Politik und Gesellschaft der Inselrepublik erleben alle vier Jahre ein regelrechtes Olympia-Fieber. Wenn taiwanische Athleten antreten, steht das Land praktisch still. Public-Viewing-Veranstaltungen wie am Samstag in Lins Heimatstadt New Taipei City sind selbst nachts um halb vier voll besetzt.
Es ist eine seltene Möglichkeit, für das sonst diplomatisch isolierte Land internationale Aufmerksamkeit zu generieren, sagt Politologe Chen. “Wenn unsere Athleten sich nach langer Vorbereitung für die Olympischen Spiele qualifizieren und die Chance erhalten, sich mit der Konkurrenz aus aller Welt zu messen, dann ist das die beste Chance für Taiwan, seine Existenz auf der internationalen Bühne unter Beweis zu stellen.”
Diese politische Botschaft versucht das IOC allerdings immer wieder zu unterdrücken. Im Gespräch mit Table.Briefings erzählt Rita Hsu, wie taiwanische Fans bei Olympia gegängelt werden. Die 25-jährige Studentin ist extra nach Paris gereist, um Taiwans Athletinnen und Athleten anzufeuern. Sie war am 4. August dabei, als das Badminton-Doppel der Männer Lee Yang und Wang Chi-lin erfolgreich ihre Goldmedaille gegen China verteidigte. Kaum ein Wettkampf war politisch stärker aufgeladen. In der Arena beobachtete die Studentin, wie Chinesen die französischen Sicherheitsleute anwiesen, taiwanische Plakate zu konfiszieren.
“Ich war einerseits aufgeregt, den Wettkampf sehen zu können. Andererseits hat mich die ungerechte Behandlung der taiwanischen Fans aber auch sehr traurig gestimmt”, so Hsu. Sie kritisiert die Willkür, mit der die taiwanischen Fans behandelt werden. “Wir können uns nur an Regeln halten, die klar definiert sind. Wir wissen, dass wir nicht ‘Taiwan’ schreiben und unsere Nationalflagge nicht zeigen dürfen.” Dennoch seien auch Plakate konfisziert worden, auf denen keinerlei Verweis auf Taiwan oder ein politisches Statement zu lesen gewesen sei. Als ein Mitarbeiter sie mit “Taiwan? Taiwan?” ansprach und versuchte, ihr ein handgemaltes Plakat aus den Händen zu reißen, verteidigte sie sich lautstark. “Ich wollte ihnen zeigen, dass wir uns nicht so einfach schikanieren lassen”, so Hsu gegenüber Table.Briefings. Am Ende konnte sie ihr Plakat behalten. Ein anderes mit der französischen Botschaft “Bon Courage!” und den Namen der Athleten wurde in der Reihe vor ihr allerdings konfisziert.
Als bei der Medaillenzeremonie die Flagge des taiwanischen Olympischen Komitees gehisst wurde, erklang die Melodie der offiziellen NOK-Hymne. Genauso wie der Name des taiwanischen NOK, sind auch die Flagge und die Hymne Fantasie-Schöpfungen. Ein Kompromiss, um Peking nicht zu verärgern.
Da die Melodie der NOK-Hymne aber nur eine langsamere Version der offiziellen Hymne der Nationalflagge der Republik China (Taiwan) mit anderem Liedtext ist, singen die taiwanischen Fans in der Arena lautstark die Hymne der Nationalflagge, die sie noch vom täglichen Flaggenappell aus der Schule kennen. Rita Hsu gesteht, dass sie den Text vorher nochmal üben musste. “Ich habe mich extra vorbereitet und den Text auch auf die Rückseite meines Plakats geschrieben”, erzählt die 25-Jährige und lacht.
Das Lied schließt mit einer Beschreibung der Nationalflagge: “Ein blauer Himmel mit einer weißen Sonne auf rotem Grund.” So fand Taiwans Flagge am Ende also doch noch ihren Weg zu Olympia. Ein kleiner Akt des Widerstands.
Das chinesische Handelsministerium hat wegen der EU-Ausgleichszölle für chinesische Elektroautos Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. Ein Sprecher des Ministeriums nannte als Begründung, dass die vorläufige Entscheidung der EU einer sachlichen und rechtlichen Grundlage entbehre und in schwerwiegender Weise gegen die WTO-Regeln verstoße. Sie untergrabe zudem die globale Zusammenarbeite beim Klimawandel.
“Wir fordern die EU auf, ihr Fehlverhalten unverzüglich zu korrigieren und gemeinsam die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen China und der EU sowie die Stabilität der EV-Lieferkette zu sichern”, fügte der Sprecher hinzu.
Die Europäischen Kommission erklärte, dass die Behörde den Antrag Pekings auf Konsultationen zur Kenntnis genommen habe. “Die EU prüft sorgfältig alle Einzelheiten dieses Antrags und wird den chinesischen Behörden zu gegebener Zeit gemäß den WTO-Verfahren antworten. Die Kommission ist zuversichtlich, dass ihre Untersuchungen und vorläufigen Maßnahmen mit den WTO-Regeln vereinbar sind”, sagte ein Sprecher.
Eine Beschwerde vor dem WTO-Streitschlichtungsausschuss ist langwierig, Verfahren können sich über Jahre hinziehen. Ob die Zölle im November tatsächlich in Kraft treten, ist noch unklar. Seit Juli müssen aber bereits Sicherheitsleistungen hinterlegt werden. Die Zölle sind unterschiedliche hoch, maximal werden 37,6 Prozent Aufschlag fällig. Deutschland ist gegen die Zölle, da auch deutsche Automobilhersteller, die in China produzieren, davon betroffen sind und die Industrie zudem Gegenmaßnahmen befürchtet. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis hält ein Inkrafttreten der Zölle für wahrscheinlich. jul
Erste Anzeichen für eine Bereinigung unter den Herstellern von Elektroautos: Die Human Horizons Group, der Elektroautohersteller hinter der Luxusmarke HiPhi, hat Antrag auf Umstrukturierung vor dem Konkurs gestellt. Die Produktion hatte das Unternehmen bereits im Februar eingestellt, nachdem insgesamt nur rund 9.000 Fahrzeuge verkauft worden sein sollen.
HiPhi wurde 2017 vom ehemaligen General-Motors-China-Geschäftsführer Ding Lei gegründet und brachte drei hochpreisige Modelle auf den Markt. Darunter das SUV HiPhi X mit Flügeltüren und der futuristische GT HiPhi Z. Die Marke machte sich aufgrund ihres extravaganten Designs, fortschrittlicher Software und starken Fahrleistungen schnell einen Namen.
Die Suche nach einem neuen Investor gestaltete sich dennoch als schwierig. Im Mai unterzeichnete Human Horizons ein strategisches Kooperationsabkommen mit der iAuto-Gruppe, die laut einem Bericht von Car News China eine Milliarde US-Dollar für den Wiederaufbau des Teams und die Wiederaufnahme der Produktion zusagte. Allerdings sollen Bedenken über die finanzielle Stabilität des möglichen Investors bestanden haben. Es gibt zudem Spekulationen über ein mögliches Interesse von Changan Automobile und FAW an HiPhi.
Die Notlage von HiPhi spiegelt die Herausforderungen des schwächelnden E-Auto-Marktes in China wider, auf dem mehr als 100 Marken um Käufer buhlen, oft mit hohen Rabatten. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass Evergrande Auto Insolvenz anmelden muss. jul
Wegen extremer Regenfälle und schwerer Überschwemmungen haben sich die wirtschaftlichen Verluste durch Naturkatastrophen in China im Juli im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Sie lagen bei umgerechnet knapp zehn Milliarden Euro, wobei 88 Prozent durch starke Regenfälle, Überschwemmungen oder deren Auswirkungen verursacht wurden, teilte das Ministerium für Notfallmanagement mit.
Es ist die höchste Schadenssumme seit 2021. Fast 26,4 Millionen Menschen in ganz China waren von den Naturkatastrophen betroffen, 328 wurden getötet oder vermisst. 1,1 Millionen Menschen mussten umgesiedelt werden, 12.000 Häuser stürzten ein und 157.000 weitere wurden beschädigt.
Extreme Niederschläge betrafen vor allem Gebiete wie das Sichuan-Becken, den Gelben Fluss, den Huai-Fluss und Teile der nordchinesischen Ebene. In Henan, Hunan und Shandong wurden Niederschlagsrekorde gebrochen. Angeschwollene Flüsse, die nach Überschwemmungen nur langsam zurückgingen, verschlimmerten nach Angaben des Ministeriums die Auswirkungen der Regenfälle. Gewitter, Winde und Hagel beschädigten auch Ernten und Gewächshäuser in der Inneren Mongolei und Xinjiang. Landesweit waren 2,42 Millionen Hektar landwirtschaftliche Anbaufläche betroffen. rtr
Colin Huang, der Gründer und ehemalige CEO von Temu-Mutterkonzern Pinduoduo, ist jetzt der reichste Mann Chinas. Laut einem Bericht von Bloomberg hat er mit einem Vermögen von 48,6 Milliarden Dollar den vorigen Spitzenreiter Zhong Shanshan, Gründer der Getränkemarke Nongfu Spring, auf Platz zwei des Rankings verdrängt. Ma Huateng, Chef von Tencent, und Zhang Yiming, Gründer der Tiktok-Mutter Bytedance, folgen auf den Plätzen drei und vier. Im internationalen Ranking der reichsten Menschen steht der 44-Jährige damit auf dem 25. Platz.
Der Sohn zweier Fabrikarbeiter aus Hangzhou hatte zuvor unter anderem als Software-Entwickler und Produkt-Manager für Google gearbeitet. Nach seinem Ausscheiden bei Google gründete Huang mehrere eigene Start-ups, darunter eine Firma für Online-Games und eine E-Commerce-Webseite, die sich auf Unterhaltungselektronik spezialisierte. Seine Spezialgebiete Online-Games und E-Commerce bündelte er anschließend 2015 zu Pinduoduo. Das Unternehmen besitzt heute eine Marktkapitalisierung von mehr als 190 Milliarden Dollar. fpe
Jochen Schultz war vor rund 18 Jahren das erste Mal als Tourist in China. Dass das Land eines Tages eine so große Rolle in seinem Leben spielen würde, ahnte er da noch nicht, obwohl die hochmodernen Städte, die Menschen und natürlich auch das Essen schon damals einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Dass der in Leonberg geborene Schwabe dann 2011 sogar nach China übersiedelte, war sogar einem Zufall geschuldet. Seine Lebensgefährtin bekam damals eine Stelle bei einem großen Münchner Konzern in Nanjing angeboten. Schultz befand sich gerade in einer Neuorientierungsphase. Er fackelte jedoch nicht lange mit der Entscheidung und ging mit.
In Deutschland war er zuvor in der beruflichen Weiterbildung tätig gewesen. In China kam er dann in Kontakt mit der Personal- und Organisationsentwicklungsberatung MTI Machwürth Team International, die Professional Trainings für Unternehmen anbietet. “Sie haben Unterstützung im Business Development gesucht. Und diese Stelle habe ich mir dann geschnappt.” Bis 2014 pendelte er zwischen den Büros in Nanjing, Shanghai und Peking. Und er erweiterte nebenbei seine Aufgabengebiete kontinuierlich. Denn in Zeiten, in denen der Begriff des Hidden Champions noch nicht geläufig war, suchten immer mehr Kunden aus dem deutschen Mittelstand Unterstützung bei der Entwicklung ihres Personals und der Organisation, um ihre Chancen in China auszuloten.
“Im deutschen Mittelstand standen meist Sales-Trainings, Leadership, interkulturelle Kommunikation und Unternehmenskultur im Fokus”, erklärt Schultz. “Dass man sich als Unternehmen eine gewisse Identität verschafft und als lokale Einheit präsentiert, wurde dann zunehmend wichtig: Für was stehen wir eigentlich? Wer wollen wir sein? Es galt für uns, Wege aufzuzeigen, die sich nicht zwingend von der deutschen Unternehmenskultur ableiten.”
Die Erkenntnis, dass nicht alles, was in Deutschland funktioniert, auch in China funktioniert, sei für viele ein Spagat gewesen, erinnert sich Schultz. Die Zusammenarbeit mit chinesischen Kunden empfand er dagegen – “nach einer anfänglichen Reserviertheit” – oft als sehr fruchtbar. Viele Chinesen seien oftmals engagierter bei der Sache gewesen als Deutsche.
Zurück in München machte sich Schultz mit Design und Organisation von Weiterbildungsangeboten selbstständig und absolvierte eine professionelle Coach- und Trainer-Ausbildung. Doch eine neue Idee reifte bereits in seinem Kopf: Er wollte deutsche und chinesische Unternehmen stärker miteinander vernetzen. Schultz wurde zunächst Mitglied im China-Forum Bayern, das für seine eigenen Pläne zur Inspiration werden sollte.
Dann ging es nach Freiburg zum China-Forum, wo er unter anderem Veranstaltungen konzipierte. Es stellte sich auch hier heraus, dass großer Bedarf an Informationen und einem größeren Austausch mit China bestand. Von den rund 1500 deutschen Hidden Champions sind viele in Baden-Württemberg ansässig. Wie sie in China agieren, hat großen Einfluss auf die hiesige Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. “Je mehr Gespräche wir geführt haben, desto klarer hat sich herauskristallisiert, dass auch in Baden-Württemberg eine zentrale Plattform für Austausch, Kommunikation, Information, Direktkontakt und Herstellung Sinn macht.”
Mitte 2020 – zu Corona-Zeiten – wurde dann das China Netzwerk Baden-Württemberg (CNBW) aus der Taufe gehoben. Jochen Schultz war mitgründer. Seitdem ist er auch Geschäftsführer. Die Arbeitsabläufe werden dezentral und im Wesentlichen virtuell gemanagt. Der gemeinnützige Verein ist noch immer im Aufbau. Das unabhängige CNBW bekommt keine Förderung vom Land oder von Investoren und wird primär über Mitgliedsbeiträge finanziert. Dennoch hat sich das Netzwerk längst als wichtige, neutrale Anlaufstelle etabliert.
Die Angebote des CNBW richten sich an deutsche Firmen, die in oder mit China arbeiten wollen, und an chinesische Firmen, die in Deutschland bereits aktiv sind oder Unternehmungen angehen wollen. Schultz und sein Team entwickeln Experten-Talks, Seminare, Workshops und Vorträge zu aktuellen erfolgskritischen Themen. Die Bandbreite reicht von Rechts- und Compliance-Aspekten über Kommunikationsfragen und De-Risking-Diskussionen bis hin zu Anwendungen in Sachen Künstlicher Intelligenz und E-Mobilität. “Den größten Bedarf sehen wir allerdings gerade im Bereich Wirtschaftspolitik. Wir weisen unermüdlich darauf hin, dass in Unternehmen und auch Institutionen oftmals keine ausreichende China-Kompetenz besteht. Auch darüber tauschen wir uns mit Landesministerien und -behörden aus. Zudem stehen wir in engem regelmäßigen Austausch mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und dem chinesischen Generalkonsulat in Frankfurt.”
Das komplexe Thema China sei zwar derzeit in der Öffentlichkeit von Misstrauen geprägt. “Wir hören aber auch, dass kritische Äußerungen der Landesregierung nicht unbedingt auf Wohlwollen der Vertreter der baden-württembergischen Wirtschaft stoßen”, drückt es Schultz diplomatisch aus. ”Zum De-Risking gehört, möglichst alle Risiken und Chancen auszuloten.
“Deutsche Unternehmen wollen vertrauenswürdige Partner, und die gibt es in China ja weiterhin, was auch unsere Umfragen zeigen”, sagt Schultz. Auf der anderen Seite gebe es auch weiterhin chinesische Unternehmen, die schon in Baden-Württemberg vertreten sind und auch gerne weiterhin nach Baden-Württemberg kommen wollen. “Auch die brauchen unser offenes Ohr und unser Verständnis.”
Schultz war länger nicht mehr in China. Ein Augenleiden machte es ihm in den vergangenen anderthalb Jahren unmöglich, ein Flugzeug zu besteigen. Nun befindet er sich auf dem Weg der Besserung. Er vermisst die Menschen, die Möglichkeiten und “natürlich auch das Essen”. Vor allem Jiaozi – Teigtaschen, die einen Schwaben an Maultaschen erinnern – würde er gerne mal wieder vor Ort genießen. “Auch sie sind ein Beweis für die vielen Gemeinsamkeiten, die man schätzen und lieben lernt, wenn man Türen und Geist offen hält”. Fabian Peltsch
Alexandra Fries ist seit Juni Expertin für Vehicle Safety Requirements China and Japan bei BMW. Fries hat an der Tongji Universität studiert und bei Audi China hospitiert. Seit 2015 arbeitet sie für BMW in München, zuletzt in der Entwicklung und Validierung von Fahrerverhaltensmodellen.
Carina Behrends ist seit Juni Mitglied im Strategie & Projektmanagement Office China von Audi. Behrends ist seit über acht Jahren für Audi tätig. Ihr Einsatzort bleibt weiterhin Ingolstadt.
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Aus der Luft sieht die Ernte der Gorgon-Frucht aus wie ein Gemälde, aber die Arbeit ist hart. Um an die erbsengroßen Samen zu gelangen, müssen zunächst die großen, ledrigen Wasserlilienblätter zur Seite geklappt werden. Darunter im Wasser wartet dann eine stachelige Kapsel mit den Samen. Die Gorgon-Frucht soll reich an Antioxidantien sein und wird auch in der chinesischen Medizin eingesetzt.
das Interesse, für eine Weile nach China zu ziehen und dort zu arbeiten, verspüren seit Corona deutlich weniger Ausländer als in den Jahren zuvor. Für manche deutsche Unternehmen in China ist es daher nicht leicht, die gewünschten Fachkräfte anzuziehen. Andere, insbesondere kleinere Unternehmen, konzentrieren sich längst auf lokale Mitarbeiter. Denn die sind qualifiziert und dazu noch günstiger. Laut dem neuen Gehaltsreport der Deutschen Handelskammer in China erreichte die Zahl der ausländischen Beschäftigten bei deutschen Firmen 2023 ein Rekordtief.
Gehaltserhöhungen fielen zudem deutlich geringer aus. Dahinter steckt dem Report zufolge ein relativ geringes Geschäftsvertrauen der deutschen Unternehmen für das kommende Jahr. Jörn Petring hat sich den Gehaltsreport angesehen.
Gestern ist Olympia 2024 in Paris zu Ende gegangen. Sieben Medaillen, zwei davon Gold: Taiwan hat es auf Platz 35 geschafft, allerdings unter dem Namen Chinese Taipei. Taiwanische Fans mussten in den Stadien mit Schikanen umgehen – Plakate, mit denen sie ihre Sportler anfeuern wollten, wurden zum Teil konfisziert. Selbst, wenn auf ihnen nicht explizit “Taiwan” oder ein politisches Statement stand. Und noch eine unschöne Begebenheit zeigt, wie sehr der Sport politisiert wird.
Die Boxerin Lin Yu-ting stand im Zentrum einer Geschlechterdebatte, die über das Internet ordentlich Fahrt aufnahm, auch angeheizt von russischen Bots, wie David Demes schreibt. In seiner Analyse wirft er einen Blick auf die Stimmung im taiwanischen Team und erklärt, warum Olympia auf der Insel so wichtig ist.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!
Als Zeichen der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Lage haben deutsche Unternehmen in China im vergangenen Jahr ihre Gehälter nur sehr zurückhaltend erhöht. Wie aus dem am Montag veröffentlichten jährlichen Gehaltsreport der Deutschen Handelskammer in China hervorgeht, lag das durchschnittliche Gehaltswachstum der befragten Mitgliedsunternehmen bei 3,9 Prozent und damit um 0,9 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Dies ist zugleich der niedrigste Wert seit 2019, als die Kammer erstmals Unternehmen zur effektiven Gehaltsentwicklung befragte.
“Der anhaltende Trend zu niedrigeren Gehaltserhöhungen zeugt von den Herausforderungen, denen deutsche Unternehmen im chinesischen Markt begegnen”, sagte Moritz Berrenberg, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Handelskammer in Süd- und Südwestchina.
Der Report macht deutlich, dass sich die Lage für deutsche Firmen im kommenden Jahr weiter verschärfen könnte. Denn dann erwarten die Firmen sogar nur noch ein Gehaltswachstum von 3,8 Prozent. “Die Aussicht auf noch geringere Gehaltserhöhungen im Jahr 2025 ist ein Hinweis auf das relativ geringe Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen für das kommende Jahr”, so Berrenberg.
Der Kammer-Report schlüsselt detailliert auf, wie Mitarbeiter verschiedener Positionen in unterschiedlichen Regionen Chinas verdienen.
Auffällig: Während die Gehälter von Produktionsmitarbeitern und einfachen Manager-Positionen weiterhin zumindest leicht zulegten, gingen die Kosten für Führungskräfte deutlich zurück. So sanken die Median-Kosten für einen stellvertretenden Geschäftsführer von 11.029 Euro auf 8537 Euro. Die Gehaltskosten für CEOs lagen bei deutschen Unternehmen in China noch bei 14.499 Euro pro Monat, statt 15.336 Euro. Dieser Rückgang dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass ein weiterer Trend der Vorjahre anhielt: Deutsche Expats werden durch lokale Manager ersetzt, die günstiger sind.
Der Anteil deutscher Firmen in China, die noch ausländische Arbeitskräfte beschäftigen, sank laut der Kammer auf ein historisches Tief von 65 Prozent. Besonders stark ist der Rückgang in kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Nur noch 43,6 Prozent der Firmen haben Ausländer im Team. 68,5 Prozent der deutschen Unternehmen nannten Unterschiede in der Entlohnung als Hauptgrund für den Ersatz ausländischer Mitarbeiter durch lokale Kräfte, ein Anstieg um 6,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.
Eine Herausforderung für deutsche Firmen bleibt es, qualifizierte lokale Fachkräfte zu finden. Erst in der vergangenen Woche eröffnete die Kammer daher die erste AHK Academy in der chinesischen Stadt Taicang. Die neue Ausbildungsstätte soll dabei helfen, die Fachkräftelücke der deutschen Unternehmen zu schließen. “Qualifizierte, lokale Fachkräfte sind essenziell für deutsche Unternehmen in China. Es gibt gutes und erfahrenes lokales Personal, jedoch längst nicht genug”, so Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina.
Der neue Kammer-Bericht fasst auch allgemeine Entwicklungen zum chinesischen Arbeitsmarkt zusammen.
Auf dem Siegertreppchen konnte Lin Yu-ting die Tränen nicht mehr zurückhalten. Nach einer wochenlangen Schmutzkampagne, die von Prominenten wie Elon Musk und der Harry Potter-Autorin J.K. Rowling befeuert worden war, konnte die taiwanische Boxerin am Samstagabend endlich aufatmen. In drei Runden schlug sie ihre polnische Gegnerin Julia Szeremeta und sicherte Taiwan damit die zweite Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Paris.
Gemeinsam mit der algerischen Boxerin Imane Khelif stand die 28-jährige Taiwanerin in den letzten Wochen im Fokus einer aufgeheizten Debatte über biologisches Geschlecht, Gender und die Teilnahme von trans- und intersexuellen Personen an Sportwettkämpfen. Laut Recherchen der Nachrichtenagentur AP waren russische Bot-Netzwerke daran beteiligt, die Geschlechterdebatte gegen Khelif und Lin künstlich aufzuheizen. Auch Taiwans Geheimdienst soll verdächtige Verhaltensmuster und Accounts erkannt haben, die online Desinformationen über das taiwanische Team bei Olympia verbreiteten.
Selbst der ZDF-Kommentator ließ sich dazu hinreißen, Lin während der Übertragung des Gold-Kampfes am Samstag als “intersexuelle Frau” zu bezeichnen, ohne die Richtigkeit dieser Information infrage zu stellen. Der internationale Box-Verband (IBA) hatte Lin und Khelif 2023 plötzlich suspendiert, nachdem beide angeblich einen Geschlechtstest nicht bestanden haben sollen. Das Internationale Olympische Komitee, das der IBA bereits 2019 die Rechte entzogen hatte, olympische Boxwettkämpfe auszurichten, stellte sich demonstrativ hinter die Athletinnen und bezeichnete sie als “Opfer einer plötzlichen und willkürlichen Entscheidung” durch den russisch-dominierten Verband.
Bei einer chaotischen Pressekonferenz hatten Verbandsfunktionäre letzte Woche noch versucht, ihre Entscheidung zu rechtfertigen. Auf die Frage einer taiwanischen Journalistin, warum die IBA die beiden Athletinnen nicht schon 2022 informiert und suspendiert hatte, antwortete der durch seine Nähe zu Präsident Putin in der Kritik stehende Verbandspräsident Umar Kremlev ausweichend mit einem politischen Statement: China sei eines seiner Lieblingsländer und Taiwan ein Teil Chinas, so Kremlev.
“Die Art und Weise, wie der IBA-Präsident diese Frage beantwortet hat, erinnert an die chinesischen Schikanen, mit denen Taiwanerinnen und Taiwaner täglich konfrontiert werden”, argumentiert Politikwissenschaftler Chen Fang-yu von der Soochow University in Taipeh. Die Geschlechterdebatte stehe symptomatisch für Taiwans Rolle in der internationalen Politik. Genauso wie Taiwan sein eigener Name abgesprochen werde (das Land tritt als “Chinesische Taipeh” an), werde hier einer Frau ihr Geschlecht abgesprochen, so Chen gegenüber Table.Briefings. “Die große Mehrheit der Taiwanerinnen und Taiwaner kann dieses Gefühl gut nachempfinden.” Die Attacken gegen Lin haben in Taiwan breite Unterstützung für die Athletin generiert.
Präsident Lai Ching-te und seine Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim hatten sich auf Twitter mehrfach an ihre Follower gewandt und zu Solidarität mit Lin aufgerufen. “Sie ist Widrigkeiten und sinnlosen Angriffen von außerhalb des Rings mit unglaublicher Anmut und unerschütterlichem Mut begegnet. Wir werden sie bis zum Schluss anfeuern!”, schrieb Lai vor dem Kampf. In einem Seitenhieb gegen Lins Kritiker schrieb Vizepräsidentin Hsiao, dass “Taiwanische Frauen zäh und widerstandsfähig” seien. Mit einem abschließenden “You go, girl!” versuchte sie scheinbar noch die letzten Skeptiker zu überzeugen.
Dass sich sowohl der Präsident als auch seine Stellvertreterin, das Außenministerium und eine Reihe von Abgeordneten regelmäßig zu Olympia äußern, ist in Taiwan keine Seltenheit. Politik und Gesellschaft der Inselrepublik erleben alle vier Jahre ein regelrechtes Olympia-Fieber. Wenn taiwanische Athleten antreten, steht das Land praktisch still. Public-Viewing-Veranstaltungen wie am Samstag in Lins Heimatstadt New Taipei City sind selbst nachts um halb vier voll besetzt.
Es ist eine seltene Möglichkeit, für das sonst diplomatisch isolierte Land internationale Aufmerksamkeit zu generieren, sagt Politologe Chen. “Wenn unsere Athleten sich nach langer Vorbereitung für die Olympischen Spiele qualifizieren und die Chance erhalten, sich mit der Konkurrenz aus aller Welt zu messen, dann ist das die beste Chance für Taiwan, seine Existenz auf der internationalen Bühne unter Beweis zu stellen.”
Diese politische Botschaft versucht das IOC allerdings immer wieder zu unterdrücken. Im Gespräch mit Table.Briefings erzählt Rita Hsu, wie taiwanische Fans bei Olympia gegängelt werden. Die 25-jährige Studentin ist extra nach Paris gereist, um Taiwans Athletinnen und Athleten anzufeuern. Sie war am 4. August dabei, als das Badminton-Doppel der Männer Lee Yang und Wang Chi-lin erfolgreich ihre Goldmedaille gegen China verteidigte. Kaum ein Wettkampf war politisch stärker aufgeladen. In der Arena beobachtete die Studentin, wie Chinesen die französischen Sicherheitsleute anwiesen, taiwanische Plakate zu konfiszieren.
“Ich war einerseits aufgeregt, den Wettkampf sehen zu können. Andererseits hat mich die ungerechte Behandlung der taiwanischen Fans aber auch sehr traurig gestimmt”, so Hsu. Sie kritisiert die Willkür, mit der die taiwanischen Fans behandelt werden. “Wir können uns nur an Regeln halten, die klar definiert sind. Wir wissen, dass wir nicht ‘Taiwan’ schreiben und unsere Nationalflagge nicht zeigen dürfen.” Dennoch seien auch Plakate konfisziert worden, auf denen keinerlei Verweis auf Taiwan oder ein politisches Statement zu lesen gewesen sei. Als ein Mitarbeiter sie mit “Taiwan? Taiwan?” ansprach und versuchte, ihr ein handgemaltes Plakat aus den Händen zu reißen, verteidigte sie sich lautstark. “Ich wollte ihnen zeigen, dass wir uns nicht so einfach schikanieren lassen”, so Hsu gegenüber Table.Briefings. Am Ende konnte sie ihr Plakat behalten. Ein anderes mit der französischen Botschaft “Bon Courage!” und den Namen der Athleten wurde in der Reihe vor ihr allerdings konfisziert.
Als bei der Medaillenzeremonie die Flagge des taiwanischen Olympischen Komitees gehisst wurde, erklang die Melodie der offiziellen NOK-Hymne. Genauso wie der Name des taiwanischen NOK, sind auch die Flagge und die Hymne Fantasie-Schöpfungen. Ein Kompromiss, um Peking nicht zu verärgern.
Da die Melodie der NOK-Hymne aber nur eine langsamere Version der offiziellen Hymne der Nationalflagge der Republik China (Taiwan) mit anderem Liedtext ist, singen die taiwanischen Fans in der Arena lautstark die Hymne der Nationalflagge, die sie noch vom täglichen Flaggenappell aus der Schule kennen. Rita Hsu gesteht, dass sie den Text vorher nochmal üben musste. “Ich habe mich extra vorbereitet und den Text auch auf die Rückseite meines Plakats geschrieben”, erzählt die 25-Jährige und lacht.
Das Lied schließt mit einer Beschreibung der Nationalflagge: “Ein blauer Himmel mit einer weißen Sonne auf rotem Grund.” So fand Taiwans Flagge am Ende also doch noch ihren Weg zu Olympia. Ein kleiner Akt des Widerstands.
Das chinesische Handelsministerium hat wegen der EU-Ausgleichszölle für chinesische Elektroautos Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. Ein Sprecher des Ministeriums nannte als Begründung, dass die vorläufige Entscheidung der EU einer sachlichen und rechtlichen Grundlage entbehre und in schwerwiegender Weise gegen die WTO-Regeln verstoße. Sie untergrabe zudem die globale Zusammenarbeite beim Klimawandel.
“Wir fordern die EU auf, ihr Fehlverhalten unverzüglich zu korrigieren und gemeinsam die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen China und der EU sowie die Stabilität der EV-Lieferkette zu sichern”, fügte der Sprecher hinzu.
Die Europäischen Kommission erklärte, dass die Behörde den Antrag Pekings auf Konsultationen zur Kenntnis genommen habe. “Die EU prüft sorgfältig alle Einzelheiten dieses Antrags und wird den chinesischen Behörden zu gegebener Zeit gemäß den WTO-Verfahren antworten. Die Kommission ist zuversichtlich, dass ihre Untersuchungen und vorläufigen Maßnahmen mit den WTO-Regeln vereinbar sind”, sagte ein Sprecher.
Eine Beschwerde vor dem WTO-Streitschlichtungsausschuss ist langwierig, Verfahren können sich über Jahre hinziehen. Ob die Zölle im November tatsächlich in Kraft treten, ist noch unklar. Seit Juli müssen aber bereits Sicherheitsleistungen hinterlegt werden. Die Zölle sind unterschiedliche hoch, maximal werden 37,6 Prozent Aufschlag fällig. Deutschland ist gegen die Zölle, da auch deutsche Automobilhersteller, die in China produzieren, davon betroffen sind und die Industrie zudem Gegenmaßnahmen befürchtet. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis hält ein Inkrafttreten der Zölle für wahrscheinlich. jul
Erste Anzeichen für eine Bereinigung unter den Herstellern von Elektroautos: Die Human Horizons Group, der Elektroautohersteller hinter der Luxusmarke HiPhi, hat Antrag auf Umstrukturierung vor dem Konkurs gestellt. Die Produktion hatte das Unternehmen bereits im Februar eingestellt, nachdem insgesamt nur rund 9.000 Fahrzeuge verkauft worden sein sollen.
HiPhi wurde 2017 vom ehemaligen General-Motors-China-Geschäftsführer Ding Lei gegründet und brachte drei hochpreisige Modelle auf den Markt. Darunter das SUV HiPhi X mit Flügeltüren und der futuristische GT HiPhi Z. Die Marke machte sich aufgrund ihres extravaganten Designs, fortschrittlicher Software und starken Fahrleistungen schnell einen Namen.
Die Suche nach einem neuen Investor gestaltete sich dennoch als schwierig. Im Mai unterzeichnete Human Horizons ein strategisches Kooperationsabkommen mit der iAuto-Gruppe, die laut einem Bericht von Car News China eine Milliarde US-Dollar für den Wiederaufbau des Teams und die Wiederaufnahme der Produktion zusagte. Allerdings sollen Bedenken über die finanzielle Stabilität des möglichen Investors bestanden haben. Es gibt zudem Spekulationen über ein mögliches Interesse von Changan Automobile und FAW an HiPhi.
Die Notlage von HiPhi spiegelt die Herausforderungen des schwächelnden E-Auto-Marktes in China wider, auf dem mehr als 100 Marken um Käufer buhlen, oft mit hohen Rabatten. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass Evergrande Auto Insolvenz anmelden muss. jul
Wegen extremer Regenfälle und schwerer Überschwemmungen haben sich die wirtschaftlichen Verluste durch Naturkatastrophen in China im Juli im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Sie lagen bei umgerechnet knapp zehn Milliarden Euro, wobei 88 Prozent durch starke Regenfälle, Überschwemmungen oder deren Auswirkungen verursacht wurden, teilte das Ministerium für Notfallmanagement mit.
Es ist die höchste Schadenssumme seit 2021. Fast 26,4 Millionen Menschen in ganz China waren von den Naturkatastrophen betroffen, 328 wurden getötet oder vermisst. 1,1 Millionen Menschen mussten umgesiedelt werden, 12.000 Häuser stürzten ein und 157.000 weitere wurden beschädigt.
Extreme Niederschläge betrafen vor allem Gebiete wie das Sichuan-Becken, den Gelben Fluss, den Huai-Fluss und Teile der nordchinesischen Ebene. In Henan, Hunan und Shandong wurden Niederschlagsrekorde gebrochen. Angeschwollene Flüsse, die nach Überschwemmungen nur langsam zurückgingen, verschlimmerten nach Angaben des Ministeriums die Auswirkungen der Regenfälle. Gewitter, Winde und Hagel beschädigten auch Ernten und Gewächshäuser in der Inneren Mongolei und Xinjiang. Landesweit waren 2,42 Millionen Hektar landwirtschaftliche Anbaufläche betroffen. rtr
Colin Huang, der Gründer und ehemalige CEO von Temu-Mutterkonzern Pinduoduo, ist jetzt der reichste Mann Chinas. Laut einem Bericht von Bloomberg hat er mit einem Vermögen von 48,6 Milliarden Dollar den vorigen Spitzenreiter Zhong Shanshan, Gründer der Getränkemarke Nongfu Spring, auf Platz zwei des Rankings verdrängt. Ma Huateng, Chef von Tencent, und Zhang Yiming, Gründer der Tiktok-Mutter Bytedance, folgen auf den Plätzen drei und vier. Im internationalen Ranking der reichsten Menschen steht der 44-Jährige damit auf dem 25. Platz.
Der Sohn zweier Fabrikarbeiter aus Hangzhou hatte zuvor unter anderem als Software-Entwickler und Produkt-Manager für Google gearbeitet. Nach seinem Ausscheiden bei Google gründete Huang mehrere eigene Start-ups, darunter eine Firma für Online-Games und eine E-Commerce-Webseite, die sich auf Unterhaltungselektronik spezialisierte. Seine Spezialgebiete Online-Games und E-Commerce bündelte er anschließend 2015 zu Pinduoduo. Das Unternehmen besitzt heute eine Marktkapitalisierung von mehr als 190 Milliarden Dollar. fpe
Jochen Schultz war vor rund 18 Jahren das erste Mal als Tourist in China. Dass das Land eines Tages eine so große Rolle in seinem Leben spielen würde, ahnte er da noch nicht, obwohl die hochmodernen Städte, die Menschen und natürlich auch das Essen schon damals einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Dass der in Leonberg geborene Schwabe dann 2011 sogar nach China übersiedelte, war sogar einem Zufall geschuldet. Seine Lebensgefährtin bekam damals eine Stelle bei einem großen Münchner Konzern in Nanjing angeboten. Schultz befand sich gerade in einer Neuorientierungsphase. Er fackelte jedoch nicht lange mit der Entscheidung und ging mit.
In Deutschland war er zuvor in der beruflichen Weiterbildung tätig gewesen. In China kam er dann in Kontakt mit der Personal- und Organisationsentwicklungsberatung MTI Machwürth Team International, die Professional Trainings für Unternehmen anbietet. “Sie haben Unterstützung im Business Development gesucht. Und diese Stelle habe ich mir dann geschnappt.” Bis 2014 pendelte er zwischen den Büros in Nanjing, Shanghai und Peking. Und er erweiterte nebenbei seine Aufgabengebiete kontinuierlich. Denn in Zeiten, in denen der Begriff des Hidden Champions noch nicht geläufig war, suchten immer mehr Kunden aus dem deutschen Mittelstand Unterstützung bei der Entwicklung ihres Personals und der Organisation, um ihre Chancen in China auszuloten.
“Im deutschen Mittelstand standen meist Sales-Trainings, Leadership, interkulturelle Kommunikation und Unternehmenskultur im Fokus”, erklärt Schultz. “Dass man sich als Unternehmen eine gewisse Identität verschafft und als lokale Einheit präsentiert, wurde dann zunehmend wichtig: Für was stehen wir eigentlich? Wer wollen wir sein? Es galt für uns, Wege aufzuzeigen, die sich nicht zwingend von der deutschen Unternehmenskultur ableiten.”
Die Erkenntnis, dass nicht alles, was in Deutschland funktioniert, auch in China funktioniert, sei für viele ein Spagat gewesen, erinnert sich Schultz. Die Zusammenarbeit mit chinesischen Kunden empfand er dagegen – “nach einer anfänglichen Reserviertheit” – oft als sehr fruchtbar. Viele Chinesen seien oftmals engagierter bei der Sache gewesen als Deutsche.
Zurück in München machte sich Schultz mit Design und Organisation von Weiterbildungsangeboten selbstständig und absolvierte eine professionelle Coach- und Trainer-Ausbildung. Doch eine neue Idee reifte bereits in seinem Kopf: Er wollte deutsche und chinesische Unternehmen stärker miteinander vernetzen. Schultz wurde zunächst Mitglied im China-Forum Bayern, das für seine eigenen Pläne zur Inspiration werden sollte.
Dann ging es nach Freiburg zum China-Forum, wo er unter anderem Veranstaltungen konzipierte. Es stellte sich auch hier heraus, dass großer Bedarf an Informationen und einem größeren Austausch mit China bestand. Von den rund 1500 deutschen Hidden Champions sind viele in Baden-Württemberg ansässig. Wie sie in China agieren, hat großen Einfluss auf die hiesige Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. “Je mehr Gespräche wir geführt haben, desto klarer hat sich herauskristallisiert, dass auch in Baden-Württemberg eine zentrale Plattform für Austausch, Kommunikation, Information, Direktkontakt und Herstellung Sinn macht.”
Mitte 2020 – zu Corona-Zeiten – wurde dann das China Netzwerk Baden-Württemberg (CNBW) aus der Taufe gehoben. Jochen Schultz war mitgründer. Seitdem ist er auch Geschäftsführer. Die Arbeitsabläufe werden dezentral und im Wesentlichen virtuell gemanagt. Der gemeinnützige Verein ist noch immer im Aufbau. Das unabhängige CNBW bekommt keine Förderung vom Land oder von Investoren und wird primär über Mitgliedsbeiträge finanziert. Dennoch hat sich das Netzwerk längst als wichtige, neutrale Anlaufstelle etabliert.
Die Angebote des CNBW richten sich an deutsche Firmen, die in oder mit China arbeiten wollen, und an chinesische Firmen, die in Deutschland bereits aktiv sind oder Unternehmungen angehen wollen. Schultz und sein Team entwickeln Experten-Talks, Seminare, Workshops und Vorträge zu aktuellen erfolgskritischen Themen. Die Bandbreite reicht von Rechts- und Compliance-Aspekten über Kommunikationsfragen und De-Risking-Diskussionen bis hin zu Anwendungen in Sachen Künstlicher Intelligenz und E-Mobilität. “Den größten Bedarf sehen wir allerdings gerade im Bereich Wirtschaftspolitik. Wir weisen unermüdlich darauf hin, dass in Unternehmen und auch Institutionen oftmals keine ausreichende China-Kompetenz besteht. Auch darüber tauschen wir uns mit Landesministerien und -behörden aus. Zudem stehen wir in engem regelmäßigen Austausch mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und dem chinesischen Generalkonsulat in Frankfurt.”
Das komplexe Thema China sei zwar derzeit in der Öffentlichkeit von Misstrauen geprägt. “Wir hören aber auch, dass kritische Äußerungen der Landesregierung nicht unbedingt auf Wohlwollen der Vertreter der baden-württembergischen Wirtschaft stoßen”, drückt es Schultz diplomatisch aus. ”Zum De-Risking gehört, möglichst alle Risiken und Chancen auszuloten.
“Deutsche Unternehmen wollen vertrauenswürdige Partner, und die gibt es in China ja weiterhin, was auch unsere Umfragen zeigen”, sagt Schultz. Auf der anderen Seite gebe es auch weiterhin chinesische Unternehmen, die schon in Baden-Württemberg vertreten sind und auch gerne weiterhin nach Baden-Württemberg kommen wollen. “Auch die brauchen unser offenes Ohr und unser Verständnis.”
Schultz war länger nicht mehr in China. Ein Augenleiden machte es ihm in den vergangenen anderthalb Jahren unmöglich, ein Flugzeug zu besteigen. Nun befindet er sich auf dem Weg der Besserung. Er vermisst die Menschen, die Möglichkeiten und “natürlich auch das Essen”. Vor allem Jiaozi – Teigtaschen, die einen Schwaben an Maultaschen erinnern – würde er gerne mal wieder vor Ort genießen. “Auch sie sind ein Beweis für die vielen Gemeinsamkeiten, die man schätzen und lieben lernt, wenn man Türen und Geist offen hält”. Fabian Peltsch
Alexandra Fries ist seit Juni Expertin für Vehicle Safety Requirements China and Japan bei BMW. Fries hat an der Tongji Universität studiert und bei Audi China hospitiert. Seit 2015 arbeitet sie für BMW in München, zuletzt in der Entwicklung und Validierung von Fahrerverhaltensmodellen.
Carina Behrends ist seit Juni Mitglied im Strategie & Projektmanagement Office China von Audi. Behrends ist seit über acht Jahren für Audi tätig. Ihr Einsatzort bleibt weiterhin Ingolstadt.
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Aus der Luft sieht die Ernte der Gorgon-Frucht aus wie ein Gemälde, aber die Arbeit ist hart. Um an die erbsengroßen Samen zu gelangen, müssen zunächst die großen, ledrigen Wasserlilienblätter zur Seite geklappt werden. Darunter im Wasser wartet dann eine stachelige Kapsel mit den Samen. Die Gorgon-Frucht soll reich an Antioxidantien sein und wird auch in der chinesischen Medizin eingesetzt.