Table.Briefing: China

Gegenpole der China-Debatte + So blicken Chinesen auf die Bundestagswahl

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie wollen wir als Gesellschaft in Zukunft mit der autokratisch auftretenden Volksrepublik umgehen? Auch diese Frage wird die kommende Bundesregierung intensiv beschäftigen – ein Drahtseilakt. Denn die China-Debatte in Deutschland ist polarisiert wie wenig andere politische Spielfelder.

China.Table hat deshalb zwei Gegenpole dieser China-Debatte gebeten, ihre Positionen auf den Punkt zu bringen: vier Fragen an Michael Schumann von der China-Brücke und den Politologen Andreas Fulda. Während Schumann in der Zusammenarbeit mit China eher die Chancen sieht, warnt Fulda vor den strategischen Absichten der Volksrepublik.

Nach Wochen voller Wahlkampfdebatten und Kanzlerduelle stellen wir uns außerdem die Frage: Wie schaut man eigentlich in China auf die deutsche Bundestagswahl und ihre möglichen Folgen? Unser chinesischer Autor hat sich für die Kolumne “Blick aus China” umgehört. “Die europäischen Länder sind recht zersplittert und haben nur begrenzten Einfluss auf China”, erklärt dort etwa ein Geschäftsmann aus Hangzhou, und spricht sicher vielen Chinesen aus dem Herzen, für die Europa eben doch weit weg ist. Andere, besser informierte Zeitgenossen, wünschen sich wieder mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit. Und die scharfen Positionen zur Migration von Weidel und Merz beunruhigen zumindest einige, die engere Verbindungen zu Deutschland haben und auch wollen, dass das so bleibt.

Noch etwas in eigener Sache: Ab Montag erscheinen wir für Sie in neuem Gewand. In Zeiten von Informationsflut präsentieren wir uns noch kompakter und klar fokussiert – tiefgehende Analysen und wesentliche Nachrichten rund um China auf den Punkt gebracht. Lassen Sie uns gerne wissen, wie Ihnen unsere neue Optik gefällt. Unter redaktion@table.media freuen wir uns auf Ihre Rückmeldungen.

Auch das Editorial gehört dann der Vergangenheit an. Doch die starken Stimmen unserer Redakteure bleiben Ihnen weiter erhalten. Sie finden sie in unseren Artikeln, bei Hintergrund-Events oder auf unseren Veranstaltungen, wie etwa dem am nächsten Mittwoch stattfindenden China.Table Live Briefing zur Bundestagswahl, das Julia Fiedler für Sie moderieren wird.

Wir freuen uns darauf, Sie weiter zu begleiten,

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Debatte: Welche Chinapolitik braucht Deutschland?

Michael Schumann vom China-Brücke e.V. und Politologe Andreas Fulda.

Wie wollen wir in Zukunft mit China umgehen? Diese Frage wird die kommende Bundesregierung intensiv beschäftigen. In der sich stetig zuspitzenden geopolitischen Lage gleicht die Gestaltung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Peking einem Drahtseilakt. Und so ist auch die China-Debatte polarisiert wie wenig andere politische Spielfelder.

Wir möchten die Debatte in ihrer Breite darstellen und haben daher zwei Meinungsführer gebeten, ihre oftmals sehr unterschiedlichen Positionen auf den Punkt zu bringen: vier spitze Fragen an Michael Schumann von der China-Brücke und den Politologen Andreas Fulda.

“Strategische Handlungsfähigkeit wiederherstellen”

Deutsche China-Politik: Weiter so oder Schluss jetzt?

Michael Schumann: Weder noch. Die künftige Bundesregierung sollte einen pragmatischen und strategischen Ansatz verfolgen, der weder in ideologischer Abgrenzung noch in unreflektierter Annäherung besteht. China ist für Deutschland als Wirtschafts- und Innovationspartner von zentraler Bedeutung. Eine weitere Entflechtung würde nicht nur in einem ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Umfeld deutsche Unternehmen und Arbeitsplätze zusätzlich gefährden, sondern auch geopolitische Spannungen verschärfen. Stattdessen braucht es einen realistischen Dialog, der Chancen und Risiken gleichermaßen berücksichtigt. Wir benötigen zudem mehr fundierte China-Kompetenz, die sich aus aktuellen Besuchen und Gesprächen vor Ort speist, und weniger aus wohlfeilen Analysen aus der Ferne. Erschreckend wenige deutsche Politiker kennen China aus eigener Anschauung.

Andreas Fulda: Weder ‘business as usual’ noch abruptes Ende sind die Lösung. Es braucht vielmehr einen Paradigmenwechsel: Schluss mit unserem Selbstbetrug im Umgang mit der VR China. Wir müssen Abhängigkeiten reduzieren. Und wer für Dialog und Kooperation eintritt, muss erklären können, wie unsere aufgeklärten Interessen und Werte dabei geschützt werden. Interessengruppen werden diesen Politikwechsel als harte Entkopplung diffamieren. In Wirklichkeit geht es darum, Deutschlands strategische Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

“Offen über Erfolge wie Misserfolge sprechen”

Welches China-Bild muss die nächste Bundesregierung der deutschen Öffentlichkeit zeichnen?

Fulda: Das China-Bild in Deutschland sollte unsere gewachsenen Erfahrungen mit der VR China klar widerspiegeln: wachsende Machtasymmetrien, die zunehmende Ideologisierung unter Xi, Zensur und Selbstzensur dürfen keine Tabus sein. Politiker, Diplomaten, Geschäftsleute und Wissenschaftler sollten offen über Erfolge wie Misserfolge sprechen. Das passiert viel zu selten, obwohl nur Ehrlichkeit zu einem realistischen Bild von Chinas Rolle und unseren begrenzten Handlungsspielräumen führt. 

Schumann: Ein differenziertes – eines, das nicht allein auf Kritik oder Angst beruht, sondern die wirtschaftliche und technologische Dynamik Chinas ebenso anerkennt wie die bestehenden Herausforderungen. Während China unbestreitbar ein geopolitischer Akteur mit eigenen Interessen ist, ist es ein Fürsprecher des Multilateralismus, der uns in Deutschland und Europa wichtig ist. Vermutlich wird die EU angesichts der neuen Prioritäten Amerikas nicht um eine Wiederannäherung an China herumkommen. China avanciert gerade zu einem globalen Treiber von Innovationen, etwa im Bereich Künstliche Intelligenz, Energie und Pharmazeutik. Eine nüchterne, pragmatische Politik ist gefragt, die Deutschland handlungsfähig hält und ideologische Blockbildungen vermeidet – und ein ebensolches China-Bild. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist, dass auch die Medien ihrer Verantwortung gerecht werden, abzubilden, was ist – aktuell dominieren Einseitigkeit und Alarmismus die öffentliche Wahrnehmung.

“Strategische Autonomie Europas ist überfällig”

Deutschlands Position der Zukunft: König Trump oder Diktator Xi?

Schumann: Die Frage stellt sich so nicht. Dieses vermeintliche Dilemma ist eine Fehlstellung der Debatte. Deutschlands Zukunft liegt weder in einer bedingungslosen Gefolgschaft gegenüber den USA noch in einer einseitigen Hinwendung zu China. Wir haben in den letzten Tagen erlebt, wie Europas Interessen und die der USA zunehmend divergieren. Die USA sind und bleiben ein wichtiger Partner, aber die Schwerpunkte ihrer Politik verlagern sich. Eine strategische Autonomie Europas, die eigene Interessen in den Vordergrund stellt, ist deshalb überfällig.

Fulda: Deutschland erlebt gerade einen geopolitischen Sturm: Die USA als Sicherheitsgarant brechen weg, Russland als Energielieferant fällt aus, China ist zum Systemrivalen geworden. Europas Stärkung ist die logische Antwort. Doch wie soll das gelingen, wenn Deutschland und Frankreich als Motor der europäischen Integration ausfallen? Außenministerin Baerbock liegt richtig: Auf ‘America First’ darf kein ‘Germany First’ folgen, sondern ein entschlossenes ‘Europe United’. Die Bundestagswahl ist insofern richtungsentscheidend.

“Balance zwischen Interessen und Werten finden”

Wie sieht die beste Regierungskoalition der kommenden vier Jahre aus?

Fulda: Ich sehe in einer schwarz-grünen Koalition die beste Option. Habeck wird oft für das Heizungsgesetz angegriffen, aber in der Chinapolitik hat er kluge Akzente gesetzt. Mit dem europäischen Ansatz ‘protect, promote, partner’ stärkte er die Resilienz unserer Wirtschaft gegen die VR China. Zusammen mit Merz könnte er den nötigen Paradigmenwechsel in der China-Politik einleiten und Deutschland strategisch neu positionieren. Schwarz-Grün wäre auch die richtige Antwort auf Putin und die USA unter Trump.

Schumann: Die beste Regierungskonstellation ist eine, die eine nüchterne, wirtschafts- und zukunftsorientierte Politik verfolgt. Entscheidend ist, dass sie die ökonomischen Realitäten Deutschlands anerkennt und weder in eine konfrontative noch in eine naive Haltung gegenüber China verfällt. Sie muss eine neue Balance zwischen unseren Werten und Interessen finden, denn wir haben auch Interessen, nicht nur Werte. Eine solche Regierung muss eine Politik verfolgen, die mit unseren europäischen Partnern abgestimmt ist – aber auch mit dem Mut, im Kreis dieser europäischen Partner eine eigenständige Position zu China zu vertreten und für diese zu werben. Deutschland genießt in China nach wie vor ein hohes Ansehen. Dieses Ansehen sollte genutzt werden, um Brücken zu bauen – im Interesse Deutschlands und Europas.

  • Bundestagswahl 2025
  • China-Strategie
  • Diplomatie
  • Energie
  • Strategische Autonomie
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Termine

24.02.2025, 11:00 Uhr (18:00 Uhr CST)
Sino German Center at Frankfurt School, Virtual Roundtable: Perspectives of Germany’s China Policy After the Election Mehr

24.02.2025, 14:00 Uhr
China Council for the Promotion of International Trade, Expo Roadshow (vor Ort in Stuttgart): Sino-German Economic and Trade Cooperation Forum & The 3rd China International Supply Chain Expo Roadshow Mehr

24.02.2025, 10:00 Uhr CST
Chinanetzwerk Baden-Württemberg, Networking-Event (vor Ort in Shanghai): CNBW After Work Gathering Shanghai Mehr

25.02.2025, 16:00 Uhr (23:00 Uhr CST)
Sinolytics, Webinar: How U.S.-China Rivalry is Disrupting Supply Chains: What You Need to Know for Corporate Sourcing Mehr

26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
Table.Media & Merics, Webinar: Welche Chinapolitik braucht Deutschland nach der Bundestagswahl? Mehr

26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
China Macro Group, Webinar: Staying in dialogue with China – Dealing with Trump 2.0 – is China making tactical or strategic adjustments in view of the 15th Five-Year-Plan? Mehr

26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
EU SME Centre, online und vor Ort in Peking: Unlocking Green Business Opportunities: China’s F&B Waste Reduction and Recycling Market Mehr

27.02.2025, 09:00 Uhr
Chinaforum Bayern, Breakfast Club (vor Ort in München): China 2025 – Entwicklungsstrategie, Reformpläne und Konjunkturmaßnahmen mit Markus Herrmann, CMG Mehr

27.02.2025, 11:00 Uhr (18:00 Uhr CST)
ifw Kiel, Global China Conversations #38: Von der Werkbank zur KI-Supermacht: Wird China die führende Tech-Nation? Mehr

28.02.2025, 09:00 Uhr
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Würtemberg, E-Learning-Angebot China-Kompetenz: Basiskurs Mehr

28.02.2025, 12:00 Uhr (19:00 Uhr CST)
Konfuzius-Institut Berlin, Vortrag: Modernity and Identity in Modern Chinese Discourse Mehr

28.02.2025, 09:30 Uhr CST
AHK China, Briefing (vor Ort in Shanghai): Economic Outlook 2025 Mehr

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News

Außenpolitik: Wang Yi plant offenbar Besuch in Moskau

Der chinesische Außenminister Wang Yi will offenbar bald zu Gesprächen nach Moskau reisen. Dies kündigte Russlands Außenminister Sergej Lawrow gegenüber der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass an. Demnach wird Lawrow mit den Worten zitiert: “Wir haben uns auf Ihren Besuch in Moskau geeinigt. Unser nächster Kontakt wird also bereits in der Russischen Föderation stattfinden.”

Lawrow hatte sich mit seinem chinesischen Amtskollegen am Rande des G20-Ministertreffens in Südafrika zu Gesprächen getroffen. Diskutiert wurden laut Angaben des russischen Außenministeriums unter anderem die Beziehungen zu den USA und der Ukraine-Konflikt. Demnach lobten beide Minister die “Entwicklung des politischen Dialogs und der praktischen Interaktion zwischen Russland und China”. Diese sei “ein stabilisierender Faktor vor dem Hintergrund der anhaltenden Turbulenzen im globalen System”. rtr

  • Außenpolitik
  • China
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China und Co.: Russlands Energieexporte bleiben lukrativ

China, Indien, die Türkei, Südkorea und Brasilien waren im vergangenen Jahr die fünf wichtigsten Abnehmer von Öl, Gas und Kohle aus Russland. Sie kauften insgesamt 76 Prozent aller Exporte dieser fossilen Energieträger. Nach Europa fließt zwar deutlich weniger Öl, dafür aber ist die Nachfrage nach russischem Flüssiggas massiv gestiegen. Das zeigen die Daten der finnischen Organisation Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA).

Die Energieexporte tragen mit etwas unter 30 Prozent zum russischen Staatsbudget bei. Sie sind also auch wesentlich für die Finanzierung des Kriegs gegen die Ukraine. Mit dem 16. Sanktionspaket gegen Russland, das die EU am kommenden Montag verabschieden will, sollen mehr als 70 weitere russische Tanker der Schattenflotte getroffen werden. Insgesamt jedoch hat es der Westen bisher nicht geschafft, Moskaus Einnahmen aus dem Handel mit fossilen Energieträgern nachhaltig zu schwächen.

“Die wichtigsten Handelspartner Russlands sind jetzt Indien, China, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie verfolgen eigene Interessen und sind recht gleichgültig in Bezug darauf, wie der Krieg endet”, sagt Sergey Vakulenko im Gespräch mit Table.Briefings. Er hat mehr als 25 Jahre in Top-Positionen in der russischen Öl- und Gasindustrie gearbeitet und ist heute als Analyst für das Carnegie Russia Eurasia Center tätig“Der Westen hat praktisch fast keine wirtschaftlichen Beziehungen mehr mit Russland, er hat deswegen nicht mehr viele Hebel, auf Moskau einzuwirken”, so der Experte. vf/ari

  • Fossile Brennstoffe
  • Handel
  • Russland
  • Ukraine
  • Ukraine-Krieg

Korruption: Ex-ICBC Manager zum Tode verurteilt

Ein Gericht in China hat den ehemaligen ICBC-Manager Zhang Hongli zum Tode verurteilt. Zhang habe seine frühere Position als Vizepräsident der Bank ausgenutzt, um Bestechungsgelder in Form von Reisen, Geschenken und Immobilien zu kassieren. Im Gegenzug soll er Unternehmen und Einzelpersonen zu Krediten verholfen haben. Dies berichtet die South China Morning Post unter Bezugnahme auf den chinesischen Staatssender CCTV.

Die Todesstrafe begründete das Gericht mit der “besonders hohen Bestechungssumme, den schwerwiegenden kriminellen Umständen und den schädlichen sozialen Auswirkungen” der Tat. Zhang soll im Laufe seiner Amtszeit mehr als 24 Millionen US-Dollar an Schmiergeldern erhalten haben. Bereits im November 2023 hatte die oberste Antikorruptionsbehörde der Zentralkommission für Disziplinarinspektion (CCDI) eine Untersuchung gegen Zhang eingeleitet.

Durch seine Kooperation mit den Behörden erhält Zhang einen zweijährigen Vollstreckungsaufschub. Er hat laut Gericht einen erheblichen Teil der Bestechungsgelder zurückgegeben, seine Verbrechen gestanden und Informationen zu bisher unbekannten Fällen von Bestechung geliefert.

Die Kommunistische Parteiführung führt derzeit eine Antikorruptionskampagne in der heimischen Finanzbranche durch. Mindestens 130 Finanzbeamte und Führungskräfte wurden allein im Jahr 2023 untersucht oder bestraft, wie aus Berechnungen des Finanzdienstes Bloomberg hervorgeht. Die CCDI sprach im Mai vergangenen Jahres von Ermittlungen gegen rund 90 Führungskräfte in der Finanzbranche, darunter die ehemaligen Vizepräsidenten der China Construction Bank, der Agricultural Bank of China und der China Development Bank. niw

  • Banken
  • Korruption

Insider: Tiktok entlässt Content-Moderatoren

Wenige Wochen nachdem Mark Zuckerbergs Meta angekündigt hat, Faktenchecks in den USA aufzugeben, fährt Tiktok Insidern zufolge seine Inhalte-Moderation ebenfalls zurück. Im Rahmen einer Restrukturierung würden Stellen in der Abteilung für Vertrauen und Sicherheit abgebaut, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es blieb zunächst unklar, wie viele Jobs davon betroffen sind. Tiktok beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit etwa 40.000 Personen im Bereich der Inhalte-Moderation. Wie sich die Streichungen auswirken könnten, etwa auf die politische Beeinflussung der Nutzer, ist bislang nicht bekannt. Die Kurzvideo-Plattform war ebenso wie der chinesische Mutterkonzern Bytedance für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen, erklärt Reuters.

Vor etwa einem Jahr hatte der US-Kongress die Chefs zahlreicher Technologiekonzerne vorgeladen, weil sie aus seiner Sicht den Jugendschutz vernachlässigten. Tiktok-Boss Shou Zi Chew hatte damals betont, sein Unternehmen gebe mehrere Milliarden Dollar für Inhalte-Moderation aus. Im vergangenen Oktober hatte der Konzern bereits etwa 700 Beschäftigte auf die Straße gesetzt und die Überwachung des Online-Netzwerks verstärkt einer Künstlichen Intelligenz (KI) überlassen. rtr

  • Einflussnahme
  • Social Media
  • Tiktok

Lieferdienste: Meituan-Kuriere sollen Sozialleistungen bekommen

Der chinesische Lieferdienst-Konzern Meituan will einem Teil seiner Essenslieferanten künftig Sozialleistungen zahlen. Dies soll laut Angaben des Unternehmens ab dem 1. April allen “in Vollzeit und stabil in Teilzeit” beschäftigten Fahrern zugutekommen.

Unter der Leitung des Ministeriums für Personalwesen und soziale Sicherheit hat das Unternehmen seit 2022 in einem Pilotprogramm für Berufsunfallversicherungen rund 193 Millionen US-Dollar investiert. Damit sollen Kurierfahrer in sieben Provinzen und Städten des Landes abgesichert werden. Laut dem Magazin Caixin verdienten im vergangenen Jahr 7,45 Millionen Fahrerinnen und Fahrer über Meituan zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts durch Kurierfahrten.

Meituans Wettbewerber JD.com hatte zuletzt bei seinem Einstieg ins Essenskuriergeschäft mit Sozialleistungen für Fahrer geworben. Eine Kampagne zu Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Arbeitsunfall und Mutterschaftsversicherung sowie einem Wohnfond für Lieferfahrer erreichte dabei auf Weibo mehr als 22 Millionen Aufrufe. Chinesische Tech-Konzerne wie Meituan und Ele.me stehen wegen des Vorwurfs ausbeuterischer Arbeitsbedingungen für Lieferfahrer immer wieder in der Kritik. niw

  • Arbeitsbedingungen
  • Plattformen
  • Wirtschaft

Presseschau

Russia, China foreign ministers discuss relations with U.S., Ukraine REUTERS
Ukraine-Verhandlungen: China will, dass Europa dabei ist DW
Ukraine-Krieg: Friedenstruppen aus China und Indien? HANDELSBLATT
Trump hält Handelsabkommen mit China für “möglich” STERN
Elon Musk: Der China-Freund im Weißen Haus TAGESSCHAU
Ist China die neue Stimme der Vernunft in der Weltpolitik? SN
Gastkommentar: Der Konflikt zwischen China und Taiwan spitzt sich zu – auch nichtmilitärisch NZZ
Rohstoff-Konflikt im Südchinesischen Meer: Philippinen werfen China Blockade vor BUSINESS INSIDER
Xi Is Trying to Secure the Devotion of China’s Military WSJ
Taiwan’s security chief denies Trump’s allegation that the island stole America’s microchip business THE GLOBE AND MAIL
Sorgen über Weltwirtschaft: Deutsche Unternehmen investieren immer weniger in Taiwan BUSINESSINSIDER
China in Schwierigkeiten: Regime muss die Wirtschaft ankurbeln – und Donald Trump trotzen FR
Konsum soll angekurbelt werden: China will Verbrauchern das Geldausgeben erleichtern N-TV
As China’s firms rush to adopt DeepSeek’s AI services, workers worry over impact on jobs CHANNEL NEWS ASIA
Schmähpreise: China diffamiert langsame Beamte mit “Schneckenprämie” SPIEGEL
Rekord in Asien: China bohrt fast 11.000 Meter in die Tiefe STERN

Blick aus China

Der doppelte Merz: Wie die Volksrepublik über die Bundestagswahl diskutiert

Die anstehende Bundestagswahl findet auch in der Volksrepublik und der chinesischen Community in Deutschland Beachtung. Innerhalb Chinas wird allerdings eher wenig über europäische Politik diskutiert. “Ich schätze, der durchschnittliche Chinese interessiert sich nicht für die Politik anderer Länder außer den Vereinigten Staaten, wenn überhaupt”, sagt etwa Zhu Ashu, ein in Hangzhou ansässiger Geschäftsmann, der in China hergestellte Textilmaschinen auf ausländischen Märkten vertreibt.

Zhu hat die Nachrichten über den Bruch der deutschen Regierungskoalition nach eigenen Angaben gesehen, sich aber nicht für die Einzelheiten interessiert. “Die europäischen Länder sind recht zersplittert und haben nur begrenzten Einfluss auf China, würde ich sagen.” Zudem sei das Mehrparteiensystem der europäischen Länder sowie die Rolle und der Mechanismus der Europäischen Union viel schwieriger zu verstehen als das Zweiparteiensystem in den USA. Und dann seien da noch die Sprachbarrieren.

Der doppelte Merz

Beim Unions-Spitzenkandidaten zeigen sich die sprachlichen Hürden schon im chinesischen Namen: Friedrich Merz wird wahlweise als Me’er-ci (梅尔茨) oder als Mo’ci (默茨) transkribiert. Die Berichte über den CDU-Mann in China sind bislang überschaubar. Aufsehen in chinesischen Medien erregte vor allem seine Ankündigung, die Regierung solle zukünftig nicht mehr für deutsche Unternehmensrisiken in China haften.

Ein ausführlicher Artikel über Merz findet sich aber in der Baidubaike, der Online-Enzyklopädie der Suchmaschine Baidu. Neben seiner früheren Rivalität zu Merkel und seinem beruflichen Ausflug in die Finanzwelt geht es darin vor allem um Merz’ Haltung zur Migration. Mit unklarer Quellenlage behauptet der Eintrag, Merz habe sich schon im Jahr 2000 dafür ausgesprochen, die Zahl der Einwanderer streng zu begrenzen. Die ganz unenzyklopädisch hinzugefügte Wertung fällt eindeutig aus: “Dieser Gedanke schien damals gegen den Zeitgeist zu sein. Doch in Wirklichkeit war Merz seiner Zeit weit voraus.”

Bedauern über Europas schwindenden Einfluss

Ähnlich krude Zuschreibungen und Urteile gegenüber Deutschland und Europa tauchen auch in persönlichen Gesprächen auf. Peng Bo, ein Restaurantbesitzer in Peking, ist der Meinung, es sei nicht nötig, der europäischen Politik Beachtung zu schenken. “Die Europäer richten sich alle nach den Amerikanern, oder etwa nicht?”

Ein Shanghaier Professor für Sozialwissenschaften verfolgt die europäische Politik hingegen sehr genau. Als bekennender Fan der europäischen Kultur und Werte bedauere er den schwindenden Einfluss Europas. Er glaubt jedoch, dass Europa die Gelegenheit nutzen wird, um sich den USA unter Trump entgegenzustellen und das transatlantische Bündnis zu brechen. Trotz der innenpolitischen Zersplitterung in den einzelnen Ländern und der Probleme bei der Koordinierung der EU werde es den Europäern gelingen, ihre Interessen mit vereinten Kräften zu verteidigen. “Schließlich sind sie etablierte Demokratien”, sagte er.

Hoffnung auf Pragmatismus und Wachstum

Viele in Deutschland lebende Chinesen zeigen sich wenig besorgt über den Ausgang der bevorstehenden vorgezogenen Bundestagswahl, auch wenn die Beliebtheit der migrationsfeindlichen AfD stark zugenommen hat. “Noch ist alles in Ordnung. Das eigentliche Problem wird die nächste Wahl sein”, erklärte ein Steuerfachmann, der nur mit seinem Nachnamen Zhang erwähnt werden will. “Entscheidend wird sein, wie sich die neue Regierung schlägt, sich externe Faktoren wie das Verhalten der Trump-Regierung auswirken und ob es zu einem Krieg in der Taiwanstraße kommt.” Zhang stammt ursprünglich aus Shanghai, ging 1999 nach Deutschland, wo er studierte.

Was die Wirtschaft betrifft, sollte die nächste deutsche Regierung viel pragmatischer und wachstumsorientierter sein als die Ampel-Koalition, sagt ein Berliner Unternehmer, der im Handelsbereich zwischen China und Europa tätig ist. “Aus meinen Erfahrungen im Umgang mit deutschen Unternehmen weiß ich, welchen Schaden die idealistische Politik der Grünen der Industrie zugefügt hat”, erklärt der Unternehmer, der sich mit seinem Nachnamen Jin vorstellt. “Es ist bedauerlich, dass die deutsche Industrie im politischen Entscheidungsprozess stark unterrepräsentiert ist”, sagt er. Die FDP müsse den Wirtschaftssektor vertreten, aber die Partei sei zunehmend unpopulär geworden. Jin zog 2012 nach Deutschland. Er ist kein deutscher Staatsbürger. “Wenn ich es wäre, würde ich definitiv nicht die Grünen wählen. Und die AfD natürlich auch nicht.”

“Weidel klingt ein wenig verrückt”

In China hingegen genießt Weidel bei zahlreichen Menschen, die die ausländischen Nachrichten verfolgen, durchaus ein positives Image. Man lobt sie als “besonnen” und verpasste ihr den Beinamen “Eiserne Lady”, den Spitznamen von Margaret Thatcher. Seit einigen Jahren herrscht in China ein starker Trend gegen die “Political Correctness” des Westens. So erntete Deutschland, als es 2015 eine große Anzahl von Flüchtlingen aufnahm, von chinesischen Kritikern viel Spott.

Unternehmer Jin ist von Weidel jedoch nicht beeindruckt. “Wenn man sich ihre Äußerungen zu vielen Themen anhört, klingt sie ein wenig verrückt. Jedenfalls wirkt sie weder besonders intelligent noch gut informiert. Ich denke nicht, dass viele gebürtige Chinesen hier für sie stimmen würden.” Ähnlich sieht es Zhang. Viele Chinesen beschwerten sich über die aus ihrer Sicht zu üppigen Sozialleistungen für Flüchtlinge und “faule Menschen”. Doch er glaubt: Viele Chinesen in Deutschland würden erkennen, dass die einwanderungsfeindliche Haltung der AfD letztlich alle Menschen mit Migrationshintergrund gefährden könnte.

  • Deutschland
  • Gesellschaft
  • Migration

Personalien

Zhang Hui, Vizepräsident von Nio Europe, wird erster Vorsitzender eines neuen Gremiums, das die Zusammenarbeit zwischen China und der EU in der Automobilindustrie fördern soll. Die China Chamber of Commerce to the EU (CCCEU) gab am 18. Februar im Rahmen des China-Portugal und China-EU Kooperationsforums in Lissabon die Gründung der neuen Arbeitsgruppe bekannt. Sie soll eine Plattform schaffen, “damit chinesische Automobilhersteller ihre Anliegen äußern, die Kommunikation erleichtern und die Zusammenarbeit sowohl intern als auch extern in Europa stärken können”, sagte Zhang bei der Eröffnungszeremonie der Gruppe laut einem Bericht der staatlichen Global Times.

Feng Chen ist seit Anfang Februar neuer CEO beim Prozessorenentwickler ARM China. Feng war vorher beim staatlichen Halbleiterhersteller SMIC Direktor für Services gewesen. Er sammelte Branchenerfahrung als Forscher bei Nokia Bell Labs in den USA, wo er sich auf mobiles Chipdesign und F&E konzentrierte.

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  • Autoindustrie

Dessert

Was so idyllisch als Winterwunderland in einem Touristenort im südchinesischen Chengdu beworben wurde, hat zu einem Eklat geführt. Besucher bemerkten, dass der Schnee zu ihren Füßen nur Schmu ist. Die Betreiber hatten große Teppiche aus Baumwolle genutzt, um eine künstliche Schneelandschaft herzustellen und Besucher anzulocken. Auf den sozialen Medien wurde der Veranstalter wiederum nicht gerade in Watte gepackt: Die Kritik war verheerend, da half eine offizielle Entschuldigung auch nicht mehr.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    wie wollen wir als Gesellschaft in Zukunft mit der autokratisch auftretenden Volksrepublik umgehen? Auch diese Frage wird die kommende Bundesregierung intensiv beschäftigen – ein Drahtseilakt. Denn die China-Debatte in Deutschland ist polarisiert wie wenig andere politische Spielfelder.

    China.Table hat deshalb zwei Gegenpole dieser China-Debatte gebeten, ihre Positionen auf den Punkt zu bringen: vier Fragen an Michael Schumann von der China-Brücke und den Politologen Andreas Fulda. Während Schumann in der Zusammenarbeit mit China eher die Chancen sieht, warnt Fulda vor den strategischen Absichten der Volksrepublik.

    Nach Wochen voller Wahlkampfdebatten und Kanzlerduelle stellen wir uns außerdem die Frage: Wie schaut man eigentlich in China auf die deutsche Bundestagswahl und ihre möglichen Folgen? Unser chinesischer Autor hat sich für die Kolumne “Blick aus China” umgehört. “Die europäischen Länder sind recht zersplittert und haben nur begrenzten Einfluss auf China”, erklärt dort etwa ein Geschäftsmann aus Hangzhou, und spricht sicher vielen Chinesen aus dem Herzen, für die Europa eben doch weit weg ist. Andere, besser informierte Zeitgenossen, wünschen sich wieder mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit. Und die scharfen Positionen zur Migration von Weidel und Merz beunruhigen zumindest einige, die engere Verbindungen zu Deutschland haben und auch wollen, dass das so bleibt.

    Noch etwas in eigener Sache: Ab Montag erscheinen wir für Sie in neuem Gewand. In Zeiten von Informationsflut präsentieren wir uns noch kompakter und klar fokussiert – tiefgehende Analysen und wesentliche Nachrichten rund um China auf den Punkt gebracht. Lassen Sie uns gerne wissen, wie Ihnen unsere neue Optik gefällt. Unter redaktion@table.media freuen wir uns auf Ihre Rückmeldungen.

    Auch das Editorial gehört dann der Vergangenheit an. Doch die starken Stimmen unserer Redakteure bleiben Ihnen weiter erhalten. Sie finden sie in unseren Artikeln, bei Hintergrund-Events oder auf unseren Veranstaltungen, wie etwa dem am nächsten Mittwoch stattfindenden China.Table Live Briefing zur Bundestagswahl, das Julia Fiedler für Sie moderieren wird.

    Wir freuen uns darauf, Sie weiter zu begleiten,

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    Debatte: Welche Chinapolitik braucht Deutschland?

    Michael Schumann vom China-Brücke e.V. und Politologe Andreas Fulda.

    Wie wollen wir in Zukunft mit China umgehen? Diese Frage wird die kommende Bundesregierung intensiv beschäftigen. In der sich stetig zuspitzenden geopolitischen Lage gleicht die Gestaltung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Peking einem Drahtseilakt. Und so ist auch die China-Debatte polarisiert wie wenig andere politische Spielfelder.

    Wir möchten die Debatte in ihrer Breite darstellen und haben daher zwei Meinungsführer gebeten, ihre oftmals sehr unterschiedlichen Positionen auf den Punkt zu bringen: vier spitze Fragen an Michael Schumann von der China-Brücke und den Politologen Andreas Fulda.

    “Strategische Handlungsfähigkeit wiederherstellen”

    Deutsche China-Politik: Weiter so oder Schluss jetzt?

    Michael Schumann: Weder noch. Die künftige Bundesregierung sollte einen pragmatischen und strategischen Ansatz verfolgen, der weder in ideologischer Abgrenzung noch in unreflektierter Annäherung besteht. China ist für Deutschland als Wirtschafts- und Innovationspartner von zentraler Bedeutung. Eine weitere Entflechtung würde nicht nur in einem ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Umfeld deutsche Unternehmen und Arbeitsplätze zusätzlich gefährden, sondern auch geopolitische Spannungen verschärfen. Stattdessen braucht es einen realistischen Dialog, der Chancen und Risiken gleichermaßen berücksichtigt. Wir benötigen zudem mehr fundierte China-Kompetenz, die sich aus aktuellen Besuchen und Gesprächen vor Ort speist, und weniger aus wohlfeilen Analysen aus der Ferne. Erschreckend wenige deutsche Politiker kennen China aus eigener Anschauung.

    Andreas Fulda: Weder ‘business as usual’ noch abruptes Ende sind die Lösung. Es braucht vielmehr einen Paradigmenwechsel: Schluss mit unserem Selbstbetrug im Umgang mit der VR China. Wir müssen Abhängigkeiten reduzieren. Und wer für Dialog und Kooperation eintritt, muss erklären können, wie unsere aufgeklärten Interessen und Werte dabei geschützt werden. Interessengruppen werden diesen Politikwechsel als harte Entkopplung diffamieren. In Wirklichkeit geht es darum, Deutschlands strategische Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

    “Offen über Erfolge wie Misserfolge sprechen”

    Welches China-Bild muss die nächste Bundesregierung der deutschen Öffentlichkeit zeichnen?

    Fulda: Das China-Bild in Deutschland sollte unsere gewachsenen Erfahrungen mit der VR China klar widerspiegeln: wachsende Machtasymmetrien, die zunehmende Ideologisierung unter Xi, Zensur und Selbstzensur dürfen keine Tabus sein. Politiker, Diplomaten, Geschäftsleute und Wissenschaftler sollten offen über Erfolge wie Misserfolge sprechen. Das passiert viel zu selten, obwohl nur Ehrlichkeit zu einem realistischen Bild von Chinas Rolle und unseren begrenzten Handlungsspielräumen führt. 

    Schumann: Ein differenziertes – eines, das nicht allein auf Kritik oder Angst beruht, sondern die wirtschaftliche und technologische Dynamik Chinas ebenso anerkennt wie die bestehenden Herausforderungen. Während China unbestreitbar ein geopolitischer Akteur mit eigenen Interessen ist, ist es ein Fürsprecher des Multilateralismus, der uns in Deutschland und Europa wichtig ist. Vermutlich wird die EU angesichts der neuen Prioritäten Amerikas nicht um eine Wiederannäherung an China herumkommen. China avanciert gerade zu einem globalen Treiber von Innovationen, etwa im Bereich Künstliche Intelligenz, Energie und Pharmazeutik. Eine nüchterne, pragmatische Politik ist gefragt, die Deutschland handlungsfähig hält und ideologische Blockbildungen vermeidet – und ein ebensolches China-Bild. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist, dass auch die Medien ihrer Verantwortung gerecht werden, abzubilden, was ist – aktuell dominieren Einseitigkeit und Alarmismus die öffentliche Wahrnehmung.

    “Strategische Autonomie Europas ist überfällig”

    Deutschlands Position der Zukunft: König Trump oder Diktator Xi?

    Schumann: Die Frage stellt sich so nicht. Dieses vermeintliche Dilemma ist eine Fehlstellung der Debatte. Deutschlands Zukunft liegt weder in einer bedingungslosen Gefolgschaft gegenüber den USA noch in einer einseitigen Hinwendung zu China. Wir haben in den letzten Tagen erlebt, wie Europas Interessen und die der USA zunehmend divergieren. Die USA sind und bleiben ein wichtiger Partner, aber die Schwerpunkte ihrer Politik verlagern sich. Eine strategische Autonomie Europas, die eigene Interessen in den Vordergrund stellt, ist deshalb überfällig.

    Fulda: Deutschland erlebt gerade einen geopolitischen Sturm: Die USA als Sicherheitsgarant brechen weg, Russland als Energielieferant fällt aus, China ist zum Systemrivalen geworden. Europas Stärkung ist die logische Antwort. Doch wie soll das gelingen, wenn Deutschland und Frankreich als Motor der europäischen Integration ausfallen? Außenministerin Baerbock liegt richtig: Auf ‘America First’ darf kein ‘Germany First’ folgen, sondern ein entschlossenes ‘Europe United’. Die Bundestagswahl ist insofern richtungsentscheidend.

    “Balance zwischen Interessen und Werten finden”

    Wie sieht die beste Regierungskoalition der kommenden vier Jahre aus?

    Fulda: Ich sehe in einer schwarz-grünen Koalition die beste Option. Habeck wird oft für das Heizungsgesetz angegriffen, aber in der Chinapolitik hat er kluge Akzente gesetzt. Mit dem europäischen Ansatz ‘protect, promote, partner’ stärkte er die Resilienz unserer Wirtschaft gegen die VR China. Zusammen mit Merz könnte er den nötigen Paradigmenwechsel in der China-Politik einleiten und Deutschland strategisch neu positionieren. Schwarz-Grün wäre auch die richtige Antwort auf Putin und die USA unter Trump.

    Schumann: Die beste Regierungskonstellation ist eine, die eine nüchterne, wirtschafts- und zukunftsorientierte Politik verfolgt. Entscheidend ist, dass sie die ökonomischen Realitäten Deutschlands anerkennt und weder in eine konfrontative noch in eine naive Haltung gegenüber China verfällt. Sie muss eine neue Balance zwischen unseren Werten und Interessen finden, denn wir haben auch Interessen, nicht nur Werte. Eine solche Regierung muss eine Politik verfolgen, die mit unseren europäischen Partnern abgestimmt ist – aber auch mit dem Mut, im Kreis dieser europäischen Partner eine eigenständige Position zu China zu vertreten und für diese zu werben. Deutschland genießt in China nach wie vor ein hohes Ansehen. Dieses Ansehen sollte genutzt werden, um Brücken zu bauen – im Interesse Deutschlands und Europas.

    • Bundestagswahl 2025
    • China-Strategie
    • Diplomatie
    • Energie
    • Strategische Autonomie
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    Termine

    24.02.2025, 11:00 Uhr (18:00 Uhr CST)
    Sino German Center at Frankfurt School, Virtual Roundtable: Perspectives of Germany’s China Policy After the Election Mehr

    24.02.2025, 14:00 Uhr
    China Council for the Promotion of International Trade, Expo Roadshow (vor Ort in Stuttgart): Sino-German Economic and Trade Cooperation Forum & The 3rd China International Supply Chain Expo Roadshow Mehr

    24.02.2025, 10:00 Uhr CST
    Chinanetzwerk Baden-Württemberg, Networking-Event (vor Ort in Shanghai): CNBW After Work Gathering Shanghai Mehr

    25.02.2025, 16:00 Uhr (23:00 Uhr CST)
    Sinolytics, Webinar: How U.S.-China Rivalry is Disrupting Supply Chains: What You Need to Know for Corporate Sourcing Mehr

    26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
    Table.Media & Merics, Webinar: Welche Chinapolitik braucht Deutschland nach der Bundestagswahl? Mehr

    26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
    China Macro Group, Webinar: Staying in dialogue with China – Dealing with Trump 2.0 – is China making tactical or strategic adjustments in view of the 15th Five-Year-Plan? Mehr

    26.02.2025, 09:00 Uhr (16:00 Uhr CST)
    EU SME Centre, online und vor Ort in Peking: Unlocking Green Business Opportunities: China’s F&B Waste Reduction and Recycling Market Mehr

    27.02.2025, 09:00 Uhr
    Chinaforum Bayern, Breakfast Club (vor Ort in München): China 2025 – Entwicklungsstrategie, Reformpläne und Konjunkturmaßnahmen mit Markus Herrmann, CMG Mehr

    27.02.2025, 11:00 Uhr (18:00 Uhr CST)
    ifw Kiel, Global China Conversations #38: Von der Werkbank zur KI-Supermacht: Wird China die führende Tech-Nation? Mehr

    28.02.2025, 09:00 Uhr
    Landeszentrale für politische Bildung Baden-Würtemberg, E-Learning-Angebot China-Kompetenz: Basiskurs Mehr

    28.02.2025, 12:00 Uhr (19:00 Uhr CST)
    Konfuzius-Institut Berlin, Vortrag: Modernity and Identity in Modern Chinese Discourse Mehr

    28.02.2025, 09:30 Uhr CST
    AHK China, Briefing (vor Ort in Shanghai): Economic Outlook 2025 Mehr

    Translation missing.

    News

    Außenpolitik: Wang Yi plant offenbar Besuch in Moskau

    Der chinesische Außenminister Wang Yi will offenbar bald zu Gesprächen nach Moskau reisen. Dies kündigte Russlands Außenminister Sergej Lawrow gegenüber der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass an. Demnach wird Lawrow mit den Worten zitiert: “Wir haben uns auf Ihren Besuch in Moskau geeinigt. Unser nächster Kontakt wird also bereits in der Russischen Föderation stattfinden.”

    Lawrow hatte sich mit seinem chinesischen Amtskollegen am Rande des G20-Ministertreffens in Südafrika zu Gesprächen getroffen. Diskutiert wurden laut Angaben des russischen Außenministeriums unter anderem die Beziehungen zu den USA und der Ukraine-Konflikt. Demnach lobten beide Minister die “Entwicklung des politischen Dialogs und der praktischen Interaktion zwischen Russland und China”. Diese sei “ein stabilisierender Faktor vor dem Hintergrund der anhaltenden Turbulenzen im globalen System”. rtr

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    China und Co.: Russlands Energieexporte bleiben lukrativ

    China, Indien, die Türkei, Südkorea und Brasilien waren im vergangenen Jahr die fünf wichtigsten Abnehmer von Öl, Gas und Kohle aus Russland. Sie kauften insgesamt 76 Prozent aller Exporte dieser fossilen Energieträger. Nach Europa fließt zwar deutlich weniger Öl, dafür aber ist die Nachfrage nach russischem Flüssiggas massiv gestiegen. Das zeigen die Daten der finnischen Organisation Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA).

    Die Energieexporte tragen mit etwas unter 30 Prozent zum russischen Staatsbudget bei. Sie sind also auch wesentlich für die Finanzierung des Kriegs gegen die Ukraine. Mit dem 16. Sanktionspaket gegen Russland, das die EU am kommenden Montag verabschieden will, sollen mehr als 70 weitere russische Tanker der Schattenflotte getroffen werden. Insgesamt jedoch hat es der Westen bisher nicht geschafft, Moskaus Einnahmen aus dem Handel mit fossilen Energieträgern nachhaltig zu schwächen.

    “Die wichtigsten Handelspartner Russlands sind jetzt Indien, China, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie verfolgen eigene Interessen und sind recht gleichgültig in Bezug darauf, wie der Krieg endet”, sagt Sergey Vakulenko im Gespräch mit Table.Briefings. Er hat mehr als 25 Jahre in Top-Positionen in der russischen Öl- und Gasindustrie gearbeitet und ist heute als Analyst für das Carnegie Russia Eurasia Center tätig“Der Westen hat praktisch fast keine wirtschaftlichen Beziehungen mehr mit Russland, er hat deswegen nicht mehr viele Hebel, auf Moskau einzuwirken”, so der Experte. vf/ari

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    Korruption: Ex-ICBC Manager zum Tode verurteilt

    Ein Gericht in China hat den ehemaligen ICBC-Manager Zhang Hongli zum Tode verurteilt. Zhang habe seine frühere Position als Vizepräsident der Bank ausgenutzt, um Bestechungsgelder in Form von Reisen, Geschenken und Immobilien zu kassieren. Im Gegenzug soll er Unternehmen und Einzelpersonen zu Krediten verholfen haben. Dies berichtet die South China Morning Post unter Bezugnahme auf den chinesischen Staatssender CCTV.

    Die Todesstrafe begründete das Gericht mit der “besonders hohen Bestechungssumme, den schwerwiegenden kriminellen Umständen und den schädlichen sozialen Auswirkungen” der Tat. Zhang soll im Laufe seiner Amtszeit mehr als 24 Millionen US-Dollar an Schmiergeldern erhalten haben. Bereits im November 2023 hatte die oberste Antikorruptionsbehörde der Zentralkommission für Disziplinarinspektion (CCDI) eine Untersuchung gegen Zhang eingeleitet.

    Durch seine Kooperation mit den Behörden erhält Zhang einen zweijährigen Vollstreckungsaufschub. Er hat laut Gericht einen erheblichen Teil der Bestechungsgelder zurückgegeben, seine Verbrechen gestanden und Informationen zu bisher unbekannten Fällen von Bestechung geliefert.

    Die Kommunistische Parteiführung führt derzeit eine Antikorruptionskampagne in der heimischen Finanzbranche durch. Mindestens 130 Finanzbeamte und Führungskräfte wurden allein im Jahr 2023 untersucht oder bestraft, wie aus Berechnungen des Finanzdienstes Bloomberg hervorgeht. Die CCDI sprach im Mai vergangenen Jahres von Ermittlungen gegen rund 90 Führungskräfte in der Finanzbranche, darunter die ehemaligen Vizepräsidenten der China Construction Bank, der Agricultural Bank of China und der China Development Bank. niw

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    Insider: Tiktok entlässt Content-Moderatoren

    Wenige Wochen nachdem Mark Zuckerbergs Meta angekündigt hat, Faktenchecks in den USA aufzugeben, fährt Tiktok Insidern zufolge seine Inhalte-Moderation ebenfalls zurück. Im Rahmen einer Restrukturierung würden Stellen in der Abteilung für Vertrauen und Sicherheit abgebaut, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es blieb zunächst unklar, wie viele Jobs davon betroffen sind. Tiktok beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit etwa 40.000 Personen im Bereich der Inhalte-Moderation. Wie sich die Streichungen auswirken könnten, etwa auf die politische Beeinflussung der Nutzer, ist bislang nicht bekannt. Die Kurzvideo-Plattform war ebenso wie der chinesische Mutterkonzern Bytedance für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen, erklärt Reuters.

    Vor etwa einem Jahr hatte der US-Kongress die Chefs zahlreicher Technologiekonzerne vorgeladen, weil sie aus seiner Sicht den Jugendschutz vernachlässigten. Tiktok-Boss Shou Zi Chew hatte damals betont, sein Unternehmen gebe mehrere Milliarden Dollar für Inhalte-Moderation aus. Im vergangenen Oktober hatte der Konzern bereits etwa 700 Beschäftigte auf die Straße gesetzt und die Überwachung des Online-Netzwerks verstärkt einer Künstlichen Intelligenz (KI) überlassen. rtr

    • Einflussnahme
    • Social Media
    • Tiktok

    Lieferdienste: Meituan-Kuriere sollen Sozialleistungen bekommen

    Der chinesische Lieferdienst-Konzern Meituan will einem Teil seiner Essenslieferanten künftig Sozialleistungen zahlen. Dies soll laut Angaben des Unternehmens ab dem 1. April allen “in Vollzeit und stabil in Teilzeit” beschäftigten Fahrern zugutekommen.

    Unter der Leitung des Ministeriums für Personalwesen und soziale Sicherheit hat das Unternehmen seit 2022 in einem Pilotprogramm für Berufsunfallversicherungen rund 193 Millionen US-Dollar investiert. Damit sollen Kurierfahrer in sieben Provinzen und Städten des Landes abgesichert werden. Laut dem Magazin Caixin verdienten im vergangenen Jahr 7,45 Millionen Fahrerinnen und Fahrer über Meituan zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts durch Kurierfahrten.

    Meituans Wettbewerber JD.com hatte zuletzt bei seinem Einstieg ins Essenskuriergeschäft mit Sozialleistungen für Fahrer geworben. Eine Kampagne zu Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Arbeitsunfall und Mutterschaftsversicherung sowie einem Wohnfond für Lieferfahrer erreichte dabei auf Weibo mehr als 22 Millionen Aufrufe. Chinesische Tech-Konzerne wie Meituan und Ele.me stehen wegen des Vorwurfs ausbeuterischer Arbeitsbedingungen für Lieferfahrer immer wieder in der Kritik. niw

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    • Plattformen
    • Wirtschaft

    Presseschau

    Russia, China foreign ministers discuss relations with U.S., Ukraine REUTERS
    Ukraine-Verhandlungen: China will, dass Europa dabei ist DW
    Ukraine-Krieg: Friedenstruppen aus China und Indien? HANDELSBLATT
    Trump hält Handelsabkommen mit China für “möglich” STERN
    Elon Musk: Der China-Freund im Weißen Haus TAGESSCHAU
    Ist China die neue Stimme der Vernunft in der Weltpolitik? SN
    Gastkommentar: Der Konflikt zwischen China und Taiwan spitzt sich zu – auch nichtmilitärisch NZZ
    Rohstoff-Konflikt im Südchinesischen Meer: Philippinen werfen China Blockade vor BUSINESS INSIDER
    Xi Is Trying to Secure the Devotion of China’s Military WSJ
    Taiwan’s security chief denies Trump’s allegation that the island stole America’s microchip business THE GLOBE AND MAIL
    Sorgen über Weltwirtschaft: Deutsche Unternehmen investieren immer weniger in Taiwan BUSINESSINSIDER
    China in Schwierigkeiten: Regime muss die Wirtschaft ankurbeln – und Donald Trump trotzen FR
    Konsum soll angekurbelt werden: China will Verbrauchern das Geldausgeben erleichtern N-TV
    As China’s firms rush to adopt DeepSeek’s AI services, workers worry over impact on jobs CHANNEL NEWS ASIA
    Schmähpreise: China diffamiert langsame Beamte mit “Schneckenprämie” SPIEGEL
    Rekord in Asien: China bohrt fast 11.000 Meter in die Tiefe STERN

    Blick aus China

    Der doppelte Merz: Wie die Volksrepublik über die Bundestagswahl diskutiert

    Die anstehende Bundestagswahl findet auch in der Volksrepublik und der chinesischen Community in Deutschland Beachtung. Innerhalb Chinas wird allerdings eher wenig über europäische Politik diskutiert. “Ich schätze, der durchschnittliche Chinese interessiert sich nicht für die Politik anderer Länder außer den Vereinigten Staaten, wenn überhaupt”, sagt etwa Zhu Ashu, ein in Hangzhou ansässiger Geschäftsmann, der in China hergestellte Textilmaschinen auf ausländischen Märkten vertreibt.

    Zhu hat die Nachrichten über den Bruch der deutschen Regierungskoalition nach eigenen Angaben gesehen, sich aber nicht für die Einzelheiten interessiert. “Die europäischen Länder sind recht zersplittert und haben nur begrenzten Einfluss auf China, würde ich sagen.” Zudem sei das Mehrparteiensystem der europäischen Länder sowie die Rolle und der Mechanismus der Europäischen Union viel schwieriger zu verstehen als das Zweiparteiensystem in den USA. Und dann seien da noch die Sprachbarrieren.

    Der doppelte Merz

    Beim Unions-Spitzenkandidaten zeigen sich die sprachlichen Hürden schon im chinesischen Namen: Friedrich Merz wird wahlweise als Me’er-ci (梅尔茨) oder als Mo’ci (默茨) transkribiert. Die Berichte über den CDU-Mann in China sind bislang überschaubar. Aufsehen in chinesischen Medien erregte vor allem seine Ankündigung, die Regierung solle zukünftig nicht mehr für deutsche Unternehmensrisiken in China haften.

    Ein ausführlicher Artikel über Merz findet sich aber in der Baidubaike, der Online-Enzyklopädie der Suchmaschine Baidu. Neben seiner früheren Rivalität zu Merkel und seinem beruflichen Ausflug in die Finanzwelt geht es darin vor allem um Merz’ Haltung zur Migration. Mit unklarer Quellenlage behauptet der Eintrag, Merz habe sich schon im Jahr 2000 dafür ausgesprochen, die Zahl der Einwanderer streng zu begrenzen. Die ganz unenzyklopädisch hinzugefügte Wertung fällt eindeutig aus: “Dieser Gedanke schien damals gegen den Zeitgeist zu sein. Doch in Wirklichkeit war Merz seiner Zeit weit voraus.”

    Bedauern über Europas schwindenden Einfluss

    Ähnlich krude Zuschreibungen und Urteile gegenüber Deutschland und Europa tauchen auch in persönlichen Gesprächen auf. Peng Bo, ein Restaurantbesitzer in Peking, ist der Meinung, es sei nicht nötig, der europäischen Politik Beachtung zu schenken. “Die Europäer richten sich alle nach den Amerikanern, oder etwa nicht?”

    Ein Shanghaier Professor für Sozialwissenschaften verfolgt die europäische Politik hingegen sehr genau. Als bekennender Fan der europäischen Kultur und Werte bedauere er den schwindenden Einfluss Europas. Er glaubt jedoch, dass Europa die Gelegenheit nutzen wird, um sich den USA unter Trump entgegenzustellen und das transatlantische Bündnis zu brechen. Trotz der innenpolitischen Zersplitterung in den einzelnen Ländern und der Probleme bei der Koordinierung der EU werde es den Europäern gelingen, ihre Interessen mit vereinten Kräften zu verteidigen. “Schließlich sind sie etablierte Demokratien”, sagte er.

    Hoffnung auf Pragmatismus und Wachstum

    Viele in Deutschland lebende Chinesen zeigen sich wenig besorgt über den Ausgang der bevorstehenden vorgezogenen Bundestagswahl, auch wenn die Beliebtheit der migrationsfeindlichen AfD stark zugenommen hat. “Noch ist alles in Ordnung. Das eigentliche Problem wird die nächste Wahl sein”, erklärte ein Steuerfachmann, der nur mit seinem Nachnamen Zhang erwähnt werden will. “Entscheidend wird sein, wie sich die neue Regierung schlägt, sich externe Faktoren wie das Verhalten der Trump-Regierung auswirken und ob es zu einem Krieg in der Taiwanstraße kommt.” Zhang stammt ursprünglich aus Shanghai, ging 1999 nach Deutschland, wo er studierte.

    Was die Wirtschaft betrifft, sollte die nächste deutsche Regierung viel pragmatischer und wachstumsorientierter sein als die Ampel-Koalition, sagt ein Berliner Unternehmer, der im Handelsbereich zwischen China und Europa tätig ist. “Aus meinen Erfahrungen im Umgang mit deutschen Unternehmen weiß ich, welchen Schaden die idealistische Politik der Grünen der Industrie zugefügt hat”, erklärt der Unternehmer, der sich mit seinem Nachnamen Jin vorstellt. “Es ist bedauerlich, dass die deutsche Industrie im politischen Entscheidungsprozess stark unterrepräsentiert ist”, sagt er. Die FDP müsse den Wirtschaftssektor vertreten, aber die Partei sei zunehmend unpopulär geworden. Jin zog 2012 nach Deutschland. Er ist kein deutscher Staatsbürger. “Wenn ich es wäre, würde ich definitiv nicht die Grünen wählen. Und die AfD natürlich auch nicht.”

    “Weidel klingt ein wenig verrückt”

    In China hingegen genießt Weidel bei zahlreichen Menschen, die die ausländischen Nachrichten verfolgen, durchaus ein positives Image. Man lobt sie als “besonnen” und verpasste ihr den Beinamen “Eiserne Lady”, den Spitznamen von Margaret Thatcher. Seit einigen Jahren herrscht in China ein starker Trend gegen die “Political Correctness” des Westens. So erntete Deutschland, als es 2015 eine große Anzahl von Flüchtlingen aufnahm, von chinesischen Kritikern viel Spott.

    Unternehmer Jin ist von Weidel jedoch nicht beeindruckt. “Wenn man sich ihre Äußerungen zu vielen Themen anhört, klingt sie ein wenig verrückt. Jedenfalls wirkt sie weder besonders intelligent noch gut informiert. Ich denke nicht, dass viele gebürtige Chinesen hier für sie stimmen würden.” Ähnlich sieht es Zhang. Viele Chinesen beschwerten sich über die aus ihrer Sicht zu üppigen Sozialleistungen für Flüchtlinge und “faule Menschen”. Doch er glaubt: Viele Chinesen in Deutschland würden erkennen, dass die einwanderungsfeindliche Haltung der AfD letztlich alle Menschen mit Migrationshintergrund gefährden könnte.

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    Personalien

    Zhang Hui, Vizepräsident von Nio Europe, wird erster Vorsitzender eines neuen Gremiums, das die Zusammenarbeit zwischen China und der EU in der Automobilindustrie fördern soll. Die China Chamber of Commerce to the EU (CCCEU) gab am 18. Februar im Rahmen des China-Portugal und China-EU Kooperationsforums in Lissabon die Gründung der neuen Arbeitsgruppe bekannt. Sie soll eine Plattform schaffen, “damit chinesische Automobilhersteller ihre Anliegen äußern, die Kommunikation erleichtern und die Zusammenarbeit sowohl intern als auch extern in Europa stärken können”, sagte Zhang bei der Eröffnungszeremonie der Gruppe laut einem Bericht der staatlichen Global Times.

    Feng Chen ist seit Anfang Februar neuer CEO beim Prozessorenentwickler ARM China. Feng war vorher beim staatlichen Halbleiterhersteller SMIC Direktor für Services gewesen. Er sammelte Branchenerfahrung als Forscher bei Nokia Bell Labs in den USA, wo er sich auf mobiles Chipdesign und F&E konzentrierte.

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    • Autoindustrie

    Dessert

    Was so idyllisch als Winterwunderland in einem Touristenort im südchinesischen Chengdu beworben wurde, hat zu einem Eklat geführt. Besucher bemerkten, dass der Schnee zu ihren Füßen nur Schmu ist. Die Betreiber hatten große Teppiche aus Baumwolle genutzt, um eine künstliche Schneelandschaft herzustellen und Besucher anzulocken. Auf den sozialen Medien wurde der Veranstalter wiederum nicht gerade in Watte gepackt: Die Kritik war verheerend, da half eine offizielle Entschuldigung auch nicht mehr.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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