Table.Briefing: China

G7 in Hiroshima + Zentralasien-Gipfel in Xi’an

Liebe Leserin, lieber Leser,

die führenden Wirtschaftsmächte sind die G7-Staaten schon lange nicht mehr. Indien hat längst mehr ökonomisches Gewicht als Italien, Kanada und auch Großbritannien. China ist direkt nach den USA die Nummer zwei. Wenn die G7 am Freitag im japanischen Hiroshima zusammenkommen, können sie denn auch nicht mehr in der Art die Themen setzen, wie dies vor einigen Jahren noch möglich war. Vielmehr sind sie getrieben von den Themen, die andere Mächte ihnen vorgeben: Russland und China.

Bundeskanzler Olaf Scholz und die anderen G7-Regierungschefs wollen nach Wegen suchen, den Sanktionsdruck auf Moskau weiter zu erhöhen, damit Drittstaaten, allen voran China, nicht weiter profitieren. Angesichts der Spannungen im Taiwan-Konflikt drängt zudem Frage, wie sich die G7-Mitglieder unabhängiger von China machen können, schreibt Michael Radunski. Wie das gelingen kann – darüber herrscht Streit.

Sehr viel mehr Einigkeit herrscht hingegen bei dem von der chinesischen Führung einberufenen Gipfel der zentralasiatischen Staaten, zu dem die chinesische Führung nach Xi’an geladen hat. Es handelt sich um den Gegen-Gipfel zu den G7. Dieses Treffen richtet sich aber nicht nur gegen den Westen, sondern sendet auch eine Botschaft an Moskau. China wildert hier in der russischen Einflusssphäre – und der geschwächte Putin muss hilflos zusehen, analysiert Jörn Petring.

Viele neue Erkenntnisse beim Lesen!

Ihr
Felix Lee
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Analyse

G7-Treffen in Japan: Im Zeichen von Chinas Ambitionen

In Hiroshima bereiten sich die japanischen Sicherheitskräfte auf den G7-Gipfel vor.

Beim heute beginnenden G7-Gipfel in Japan wird der Ukrainekrieg ohne Zweifel ein wichtiges Thema sein. Zu weitreichend sind die globalen Folgen des russischen Angriffs. Doch wenn Japans Ministerpräsident Fumio Kishida seine G7-Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und den USA am heutigen Freitag in Hiroshima empfängt, treiben den japanischen Ministerpräsidenten noch zwei andere Sorgen um: Chinas militärische Ambitionen und der immer wiederkehrende Versuch des Landes, seine Ziele mit wirtschaftlichem Zwang durchzusetzen.  

Seit Russlands Angriff im Februar 2022 warnt Kishida, dass “die Ukraine heute morgen Ostasien sein könnte”. Die Lage rund um Japan verschärfe sich immer mehr. China unternehme Versuche, den Status quo einseitig mit Gewalt zu ändern. Was Kishida damit meint, sind vor allem Chinas Ansprüche auf Taiwan und das Südchinesische Meer.

Wegen China: Japan rüstet auf

Als Reaktion vollzieht Japan derzeit seine eigene Zeitenwende: Tokio hat eine überarbeitete Verteidigungsstrategie vorgelegt, will seine Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und seine Fähigkeiten zum militärischen Gegenschlag verbessern – unter anderem durch den Kauf von Tomahawk-Marschflugkörpern. Es ist eine fundamentale Wende für ein Land, das seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg offiziell pazifistisch ist.

Japan unterstützt die westlichen Sanktionen gegen Russland. Im Gegenzug müsse sich Japan bei den Risiken mit China aber auch auf Verbündete und gleichgesinnte Länder verlassen können, forderte Kishida zuletzt in Washington.

Uneinigkeit im Westen bei Taiwan?

Doch gerade hierzu gab es im Westen zuletzt unterschiedliche Auffassungen. Während US-Präsident Joe Biden die jahrzehntealte amerikanische Mehrdeutigkeit beendete und Taiwan im Konfliktfall Amerikas militärische Unterstützung zusicherte, überraschte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Peking vergangenen Monat mit dem Hinweis: Europa dürfe sich nicht “in Krisen verwickeln lassen, die nicht unsere sind”.

Entsprechend versuchte die Präsidentin der EU-Kommission vor dem G7-Gipfel für Klarheit zu sorgen. “Wir werden unser unerschütterliches Engagement für Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bekräftigen”, kündigte Ursula von der Leyen zu Wochenbeginn an. Japan wird auf dem Gipfel auf eine eindeutige Erklärung hinarbeiten.

Gegen Chinas wirtschaftlichen Zwang

Ebenfalls nicht ganz einig ist man beim zweiten Thema – dem wirtschaftlichen Druck Chinas auf andere Länder. “Wir haben Versuche wirtschaftlichen Zwangs erlebt – zum Beispiel von China gegenüber Litauen. Wir haben ähnliche Praktiken gegenüber Japan und Australien gesehen”, sagte von der Leyen. Auch hier müsse man die “Resilienz” erhöhen, also die ökonomische Widerstandskraft gegenüber China. Das neue Zauberwort heißt: De-Risking.

Die USA hingegen verfolgen eine weitaus härtere Linie gegenüber China. In Washington schlägt das Pendel deutlich mehr in Richtung De-Coupling aus. Allerdings hat die Biden-Administration zuletzt mehr Verständnis für die Haltung der Europäer erkennen lassen. Washington wird erst langsam klar, wie wichtig für viele europäische Staaten die engen Wirtschaftsbeziehungen mit China wirklich sind. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie abhängig beispielsweise die deutsche Industrie von Lieferungen aus China ist.

Offenbar plant die G7 in Japan deshalb neben dem Abschluss-Kommuniqué des Hauptgipfels erstmals auch eine gesonderte Erklärung zur wirtschaftlichen Sicherheit abzugeben. Darin wolle man sich verpflichten, “wirtschaftlichen Zwang gemeinsam abzuschrecken, darauf zu reagieren und ihm entgegenzuwirken”. Dass China in dieser Erklärung explizit genannt wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

China reagiert empört

In Peking reagierte man auf die G7-Agenda jedenfalls vorauseilend verärgert. “Wenn auf dem G7-Gipfel die Reaktion auf wirtschaftlichen Zwang diskutiert werden soll, sollte er vielleicht zuerst darüber sprechen, was die USA getan haben”, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Hintergrund ist Washingtons weitreichende Exportkontrolle, mit denen die USA versuchen, chinesische Unternehmen den Erwerb von Spitzentechnologien und Hochleistungschips zu erschweren. Die USA üben großen Druck auf westliche Unternehmen wie den niederländischen Chiphersteller ASML aus, sich den US-Sanktionen anzuschließen.

Vorwurf: G7 wollen China eindämmen

China betrachtet die G7-Kritik als “ideologisch motiviert, ungerechtfertigt, beleidigend und überzogen“, sagt Wang Zichen zu Table.Media. Damit untergrabe die G7 ihren eigenen Anspruch, urteilt der Forscher vom Center for China and Globalisation (CCG) in Peking. “Peking betrachtet die G7 zunehmend als ähnlich wie Five Eyes, Quad und Aukus – kleine, exklusive Kreise, die von den USA angeführt werden, um China einzudämmen.”

Wang warnt vor möglichen Konsequenzen – beispielsweise für Taiwan. “Meiner Meinung nach wird die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts in der Taiwanstraße übertrieben, was kontraproduktiv ist und die Gefahr birgt, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.” Eine Abschwächung der westlichen Bedenken und konstruktivere Bemerkungen würden mehr dazu beitragen, das Vertrauen in die Stabilität der Taiwanstraße wiederherzustellen, mahnt Wang.

Nicht nur Kritik, sondern Angebote an China

Auch Eberhard Sandschneider blickt kritisch auf die Agenda des G7-Gipfels in Japan. “Die G7 laufen Gefahr, sich in ihrer China-Kritik zu verrennen“, warnt der Politikwissenschaftler. Es sei zwar richtig, Probleme zu benennen, man dürfe sich darin jedoch nicht erschöpfen.

Vielmehr sollte man auch Angebote an China machen. “In jeder Rede ist von China als Partner im Kampf gegen den Klimawandel die Rede”, sagt der Partner der Beratungsfirma Berlin Global Advisors. Auf konkrete Maßnahmen zusammen mit China warte man jedoch bislang vergebens.

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Konkurrenz-Gipfel in Xi’an: Diese Signale sendet Xi an Russland

Jetzt ein “umfassender strategischer Partner für eine neue Ära”: der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow.

China hat in Xi’an den roten Teppich für die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan ausgerollt. Präsident Xi Jinping begrüßte die Staatschefs der fünf ehemaligen Sowjetstaaten am Donnerstag zum Auftakt eines zweitägigen Gipfels mit einem Festbankett. Zuvor hielt Xi eine Reihe von Gesprächen mit seinen Gästen ab. Der Haupttag des Gipfels ist der Freitag. 

Während die G7-Staaten dann bei ihrem Treffen in Japan ein Zeichen der Geschlossenheit gegen Russland, aber auch gegen China setzen dürften, demonstrieren die Chinesen zeitgleich in Xi’an, dass sie sich nicht isolieren lassenSie schmieden eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Man will Strukturen schaffen, die eine Alternative zur aus Sicht der Chinesen westlich dominierten Weltordnung darstellen.

Zwar gibt es das sogenannte “C+C5”-Format mit den Staaten Zentralasiens  bereits seit 2021, doch findet es nach dem Ende der Corona-Pandemie nun erstmals wieder in Präsenz statt. Das Timing für die Charmeoffensive in Xi’an könnte für Peking kaum besser sein. 

Zentralasien sucht Alternative zu Russland

Moskau spielt noch immer eine wichtige Rolle in der Region, doch die zentralasiatischen Staaten sind zunehmend bereit, sich stärker auch an China zu orientieren. Schließlich kann Peking das bieten, was Russland spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine nur noch eingeschränkt leisten kann: Eine lukrative wirtschaftliche Zusammenarbeit. 

Xi lässt seinen Gästen in der alten Kaiserstadt ein buntes Programm bieten.

Im Vorfeld des Treffens berichteten chinesische Staatsmedien, dass China eine mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit anstrebe. “Wichtige Dokumente” in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Konnektivität würden unterzeichnet. Der Gipfel werde den Weg für “einen neuen Durchbruch in der Wirtschafts- und Handelskooperation” zwischen China und den zentralasiatischen Ländern ebnen. Auch der Belt and Road Initiative, die ihren Ausgangspunkt in Xi’an hat, soll neuer Schwung verliehen werden. 

Putin war nicht eingeladen

Sicher will China Russland nicht die C5-Staaten abspenstig machen. Das wäre nicht im Sinne der oft beschworenen “grenzenlosen” russisch-chinesischen Freundschaft. Dennoch sendet Peking mit dem Gipfel in Xi’an auch eine Botschaft in Richtung Moskau. Xis Entscheidung, die fünf ehemaligen Sowjetstaaten ohne Putin zu versammeln, zeigt, dass Moskau zunehmend als Juniorpartner wahrgenommen wird. China will die treibende Kraft für Stabilität und Wohlstand in der Region sein. Von Stabilität profitiert jedoch auch Russland. 

Washington ist derweil kaum noch mehr als ein Zaungast. Die USA hatten bereits 2015 ein eigenes Dialogformat für Zentralasien (C5+1) ins Leben gerufen. Doch seit der Gründungszeremonie vor acht Jahren hat es kein Treffen auf Außenministerebene mehr gegeben. Zwar holten die USA dies im Februar mit einer Reise von Außenminister Antony Blinken in die Region eilig nach. Viel zu bieten hatte er allerdings nicht.

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Termine

22.05.2023, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
Fairbank Center for Chinese Studies, Webinar: China’s Clean Energy Engagement in Central Asia Mehr

22.05.2023, 18:15 Uhr
Konfuzius-Institut Bonn, Seminar: Leadership-Ansätze in konfuzianisch geführten Unternehmen Mehr

22.05.2023, 19:00 Uhr
Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung (DCW), Vortrag: China Rede 2023 mit Hans-Ulrich Engel Mehr

24.05.2023 10:00 Uhr, (16:00 Uhr Beijing time)
Merics, Webinar: Trends of Chinese Direct Investment in Europe Mehr

24.05.2023, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung (DCW), Webinar: Doing Business with China: Interkulturelle Handlungsfähigkeit & Agieren mit China-Kompetenz Mehr

24.05.2023, 14:30 Uhr Beijing time
German Chamber of Commerce in China, Seminar: GCC Knowledge Hub: The “Difficulties” and “Opportunities” in Industrial Transfer Mehr

24.05.2023, 19:30 Uhr
Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Düsseldorf, Vortrag & Diskussion: Nie wieder Xinjiang!? Eine touristische Reise in Chinas wunderschöne westlichste Provinz Mehr

25.05.2023, 15:30 Uhr
Swiss Centers Zürich, Seminar: What Opportunities and Challenges for Swiss Companies? & Release of the Swiss Business in China Survey 2023 Mehr

25.05.2023, 18:00 Uhr
Konfuzius-Institut Hamburg, Networking-Event: Hamburg-Shanghai Network Mehr

26.05.2023, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
Dezan Shira, Webinar: Maximizing Business Growth in East China and Shanghai: Strategies for Success in 2023 Mehr

26.05.2023, 19:00 Uhr
Konfuzius Institut Paderborn, Webinar: Grundbildungssystem in China Mehr

News

Li Hui dämpft Hoffnung auf erfolgreiche Vermittlung

Nach ersten Vermittlungsgesprächen in Kiew dämpft China die Hoffnung auf einen baldigen Frieden. Der chinesische Sondergesandte Li Hui habe nach Angaben aus Peking kein “Allheilmittel zur Lösung der Krise” zwischen der Ukraine und Russland. Li habe in Kiew beide Seiten aufgefordert, Gespräche aufzunehmen. “Alle Parteien müssen (…) gegenseitiges Vertrauen aufbauen und Bedingungen schaffen, um miteinander zu reden und den Krieg zu beenden”, sagte Li. Mehr konkrete Ergebnisse habe es demnach erst mal nicht gegeben.

Li hielt sich zwei Tage in Kiew auf und traf unter anderem den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. Dieser betonte, dass sein Land keinerlei Vorschläge akzeptieren werde, “die den Verlust seiner Gebiete oder ein Einfrieren des Konflikts beinhalten”.

Die Regierungen beider Länder schwiegen sich zunächst zu der Frage aus, ob Li sich auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen habe. Es wäre das erste Treffen zwischen Selenskyj und einem ranghohen Vertreter aus China. Li reiste am Donnerstag weiter nach Polen und will in den kommenden Tagen auch Deutschland, Frankreich und Russland besuchen. flee

China moniert Ukraine-Flaggen an Botschaften

Die chinesische Regierung hat mehrere westliche Botschaften in Peking für das Hissen der ukrainischen Flagge kritisiert. Die Volksrepublik habe in einem Schreiben zwar nicht ausdrücklich Bezug auf das Zeigen der ukrainischen Flagge durch Vertretungen anderer Länder genommen, aber ihre Missbilligung dennoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, sagten vier Diplomaten der Nachrichtenagentur Reuters. Einer der Diplomaten sagte, die Vertretung seines Landes beabsichtige jedoch, das von ihr gezeigte Bild einer ukrainischen Flagge nicht zu entfernen.

“Nutzen sie das Äußere der Gebäudeeinrichtungen nicht für die Zurschaustellung politisierter Propaganda“, erklärte das chinesische Außenministerium in einem Schreiben. Das Schreiben datiert vom 10. Mai und richtet sich an “alle Botschaften und Vertretungen internationaler Organisationen in China”.

Unter anderem haben Deutschland, Großbritannien, Polen, die Europäische Union und Kanada mit dem Zeigen der blau-gelben Flagge der Ukraine ihre Solidarität mit dem Land zum Ausdruck gebracht. An manchen Botschaften sind zudem Unterstützungsbotschaften auf Englisch und Chinesisch zu lesen. Teilweise war an Botschaftsgebäuden in Peking außerdem die Regenbogenflagge angesichts des am Mittwoch begangenen Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie angebracht. rtr

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Kuomintang nominiert Kandidaten für die Wahl


Taiwans größte Oppositionspartei, die Kuomintang, hat ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Januar bestimmt. Die Partei nominierte am Mittwoch den bisherigen Bürgermeister von Taipeh, Hou Yu-ih, als ihren Kandidaten.

Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte bereits im April den derzeitigen Vizepräsidenten Lai Ching-te nominiert. Präsidentin Tsai Ing-wen darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. 

Die Taiwaner sind am 13. Januar 2024 zur Wahl aufgerufen. Diese könnte auch Auswirkungen auf die komplizierten Beziehungen zu China haben. Seit dem Amtsantritt von Tsai Ing-wen 2016 hatte die chinesische Führung die Kommunikation mit Taiwan eingestellt. Zuvor war die Kuomintang an der Macht und vertrat einen chinafreundlicheren Kursflee

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Daimler-Truck: Zu hohe Abhängigkeit bei Batterien

Daimler-Truck-Chef Martin Daum zeigt sich besorgt über die Dominanz Chinas bei der Batterietechnologie. Es bestehe eine extrem hohe Abhängigkeit von China, sagte Daum der Deutschen Presse-Agentur. “Chinesische Firmen haben bereits die Patente, die Vorprodukte und die Rohmaterialien”, sagte Daum. “Ich halte es immer für schwierig, wenn man von einem einzelnen Land abhängig ist.”

Der Weltmarkt werde zu 80 Prozent aus China beliefert. “Auch wir werden sicherlich mit Partnern eine eigene Batterieproduktion aufbauen, wenn auch ein bisschen später als die Pkw-Firmen”, sagte Daum. Aber auch bei den Kooperationen stünden im Zweifel dann chinesische Patente dahinter. Und selbst wenn man die Batterien selbst produziere, fehlten immer noch die Vorprodukte. Daimler Truck will in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts Serienfahrzeuge mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb verkaufen. dpa

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Presseschau

G7-Gipfel: Russland und China im Fokus der G7 ZEIT
China und Staaten Zentralasiens wollen Zusammenarbeit vertiefen BOERSENNEWS
China macht USA und Japan für Spannungen um Taiwan verantwortlich ZEIT
With China looming, Biden plans new Pacific islands summit after PNG no-show MVARIETY
South China Sea: Vietnam criticises China, Philippines for “violating its sovereign rights” over their maritime conduct SCMP
Was Scholz von Japan für die Zeitenwende lernen kann HANDELSBLATT
China will ausländischen Botschaften pro-ukrainische “Propaganda” verbieten RND
Taiwan: Größte Oppositionspartei nominiert Hou Yu-ih zum Spitzenkandidaten FAZ
Taiwan-Coup: So löst sich Litauen erfolgreich von China WELT
UN expert says Myanmar imported $1 billion in arms since coup, much of it from Russia and China CNN
China asks Australia to increase search for 39 aboard capsized boat as 2 bodies reportedly found AP NEWS
Australia to provide surveillance drones to Philippines amid South China Sea tensions 9NEWS
Seidenstraße: Italien erwägt Austritt aus Abkommen mit China WELT
Britain’s Unite union inks deal with China’s CNOOC REUTERS
China Puts Spymaster in Charge of U.S. Corporate Crackdown WSJ
Peking wird nervös – China: Wirtschaft enttäuscht Hoffnungen, Großstädte schrumpfen FINANZMARKTWELT
Daimler-Truck-Chef warnt vor China-Abhängigkeit bei Batterien FINANZEN
China soll ein Produktionsstandort neuer BMW-Fahrzeuggeneration werden KURIER
Harte Konkurrenz für den Bulli: Bus aus China bietet mehr Platz und Reichweite CHIP
GM has 15 EVs in lineup for China: Here’s why they won’t work in the US DETROIT FREE PRESS
Why Chinese EVs may appeal to Europe’s fleet managers EUROPE

Standpunkt

Faustscher Deal – Die Leselust des Xi Jinping

Von Johnny Erling
Johnny Erling schreibt die Kolumne für die China.Table Professional Briefings

Warum und wie wurde aus einem Jungen, der als Kind mit anschauen musste, wie der Despot Mao Zedong seinen Vater politisch verfolgte und aus Peking verbannte, später dann selbst ein Maoist und Diktator, der andere unterdrücken lässt?

Chinaexperten rätseln über solche Zickzackwege im Lebenslauf des heutigen Parteichefs Xi Jinping. Packte ihn nie die Wut darüber, wie er und seine Familie beim Sturz des zu Unrecht verurteilten Vaters Xi Zhongxun, (der ein enger Gefährte Maos war), in Sippenhaft genommen wurden, wie sie alle in Ungnade fielen, wie eine seiner Schwestern Selbstmord beging? 

Der 1953 geborene Xi verlor als Kind über Nacht sein privilegiertes Leben, wurde als 14-Jähriger in der wilden Phase der Kulturrevolution zum Vagabunden, gedemütigt und eingesperrt. 1969 suchte er im Zuge von Maos Landverschickung der städtischen Jugend Zuflucht in einem weit entfernten Bergdorf. Dort musste er den ganzen Tag schuften, litt Hunger, schleppte zentnerschwere Säcke, hütete Ziegen und hauste in einer Wohnhöhle in den Lößbergen ohne Strom und von Flöhen geplagt. 

Hamlets “Sein oder Nichtsein” machte Xi zu seinem Motto

Trotzdem verklärte er später seine Leidenszeit, behauptete, er hätte im trüben Licht einer Kerosinlampe Nächte hindurch die Werke der Weltliteratur und die Klassiker des Marxismus verschlungen. Der Junge, der wegen der Kulturrevolution die Mittelschule abbrechen musste, las sich durch Shakespeare und Goethe, Marx’ Mammutwerk “Das Kapital”. Hamlets “Sein oder Nichtsein” machte er zum Motto seines Aufstiegs.

Erdichtet oder wahr? Xi kokettiert mit vielen Anekdoten aus jener Zeit, erzählt sie auch im Ausland; etwa im Oktober 2015 dem Bürgermeister von London beim Staatsbesuch in England: “Ich war noch keine 16, als ich von Peking in ein kleines Dorf im Norden von Shaanxi kam, um Bauer zu werden. Dort verbrachte ich sieben Jahre. Mit allen Mitteln versuchte ich mir, Bücher von Shakespeare zu verschaffen. Als junger Mann, der auf dem kargen gelben Bauernland lebte, dachte ich ununterbrochen über die Frage Sein oder Nichtsein nach. Das brachte mich schließlich dazu, mein Leben dem Vaterland und dem Volk zu widmen.” 

Wie Xi sich als literarischer Autodidakt die Kulturschriften Chinas und der Welt aneignete, ist heute Teil des grotesken Personenkultes, den der Parteichef um sich entfachen lässt. Jeden April zum alljährlichen “Tag des Buches” lässt die Propaganda eine Literaturliste aller Bücher westlich marxistischer Autoren, konfuzianischer Klassiker oder von Ikonen der Weltliteratur veröffentlichen, die Xi gelesen hätte. 66 Titel stehen auf der aktuellen Liste.

Immer an Silvester, wenn Xi seine Neujahrsansprache hält, zoomen sich die Fernsehkameras scheinbar beiläufig in die Regale seiner Bücherschränke hinein und rücken die Neuzugänge an chinesischer und ausländischer Literatur und Sachbücher ins Blickfeld. Alles ist im Voraus arrangiert.

Solche Übertreibung und Xis Gewohnheit, in seinen Aufsätzen und Reden ständig Bücher der Weltliteratur und die Namen ihrer Autoren zu zitieren, verleitete Blogger sich die entsprechenden Clips aus Dutzenden TV-Nachrichtensendungen zu schnippeln und den Xi-Wortsalat als Slapstick-Video aufzubereiten. Sie sind heute über Youtube zu finden. Die parodistischen Blogs riefen Pekings Zensur auf den Plan, die sie innerhalb Chinas als “bösartigen Spott” (恶搞) verfolgen und blockieren lässt.

Klassiker der Weltliteratur, von Xi persönlich uminterpretiert

Spaß versteht die Partei nicht. Wenn Xi dem Londoner Bürgermeister erzählt, wie er mit 16 Jahren von Shakespeare erleuchtet wurde, ist das eine ebenso wichtige wie ernste Nachricht für das vom Zentralkomitee herausgegebene Theoriemagazin Qiushi, (deren Namen wörtlich bedeutet: Die Wahrheit in den Tatsachen suchen). Es veröffentlichte zum diesjährigen Tag des Buches am 23. April eine bewundernde Laudatio auf den belesenen Parteichef.

Dabei spielt es keine Rolle, ob Xi den Monolog Hamlets “Sein oder Nichtsein” als dessen verzweifelten Ausruf existenziellen Leides auffasst, oder zur systemisch gestellten Frage uminterpretiert, also, ob jemand sich in sein Schicksal fügt und weiterlebt (sein), oder sich revolutionär auflehnt und den Tod riskiert (nicht sein). Das Pekinger Propagandablatt Global Times steigerte jüngst die literarische und kulturelle Verherrlichung von Xi. Sie verband Xis neue “Initiative für globale Zivilisation” begrifflich mit seinem Namen und machte daraus die Theorie der “Xivilization”.

Das ZK-Magazin Qiushi schrieb in seiner Laudatio, dass sich die Bauern des Bergdorfs heute noch erinnern, wie der 15-jährige Xi 1969 zu ihnen kam: “Er brachte zwei Koffer vollgepackt mit Büchern mit. Genosse Xi las sie im Schein einer rußenden Ölfunzel in seiner Wohnhöhle bis in die tiefe Nacht. Die Kerosinlampe schwärzte ihm Gesicht und Nase.” 

Nach Shakespeares begeisterte sich Xi für Goethes Faust. Zumindest erzählt er es so. Als er hörte, dass ein Pekinger Schulfreund, der im Nachbardorf untergebracht war, eine Faustübersetzung mitgebracht hatte, machte sich der damals 16-jährige Xi sofort auf den 30 Li (15 Kilometer) weiten Weg. Er lieh sich die beiden Bände und konnte, wie er selbst sagt, nicht mehr von ihnen ablassen. (我看了也是爱不释手). Drei Mal musste ihn sein Freund drängen und mahnen, bevor Xi sie ihm zurückgab.

Titelblätter der 1953 erschienenen und von Guo Moruo übersetzten Standart-Ausgabe von Goethes Faust Band 1 und 2. Xi Jinping behauptet, sie als 16-Jähriger im Licht einer Ölfunzel immer wieder gelesen zu haben, als er in einem Bergdorf während der Kulturrevolution sieben Jahre als Bauer zubrachte.

Der Historiker und Essayist Edward Luttwak machte sich listig seinen eigenen Reim darauf, warum Goethes Faust Xi so faszinierte. Könnte es nicht sein, dass Xi selbst einen “Faustschen Handel” abschloss, ihm in seiner Wohnhöhle ein chinesischer Mephisto 墨菲斯托 erschien? Tauschte er für seine künftige Alleinherrschaft die Seele Chinas ein? Unter Xi sei in China die Autorität Maos und der maoistischen Partei wieder hergestellt worden, nachdem seine Vorgänger lange versucht hatten, die Nation aus Maos Bann zu befreien.

Sicher ist, dass Xi der Saga des Mephisto einen neuen Spin gab, als er Jahrzehnte später das Heimatland Goethes besuchte. Auf einem Festvortrag vor der Körber-Stiftung in Berlin erklärte er am 28. März 2014: “Es gibt auch Personen, die China immer durch eine gefärbte Brille betrachten und in einem sich entwickelnden China eine “Bedrohung” sehen. Sie versuchen, China als “Mephisto” abzustempeln, der eines Tages die Welt ihrer Seele berauben könnte.”

Zu Hause ließ sich Xi für diesen Vergleich feiern. Die Volkszeitung schrieb, er hätte “mit einem Werk Goethes die westliche Theorie von der Bedrohung durch China zurückgewiesen”. 用歌德作品回应”中国威胁论”.

Goethes Faust habe ihn tief beeindruckt, sagte Xi beim Berlin-Besuch 2014 auch Kanzlerin Angela Merkel und wiederholte sich später im Gespräch mit elf deutschen Sinologen über Fragen des Kulturaustauschs. Mit dabei war der Begründer des deutschen Goethe-Instituts in Peking, Michael Kahn-Ackermann. Der erinnert sich, dass ihm 1986 der damalige Shanghaier Parteichef Jiang Zemin (der später Chinas Parteichef wurde) bereits Ähnliches sagte. Jiang behauptete, Faust sogar “viermal” gelesen zu haben.

Auf seiner Deutschlandreise traf Xi in Berlin 2014 mit elf deutschen Sinologen, darunter den Gründer des Goethe-Instituts in Peking Michael Kahn-Ackermann, zum Gespräch über Kulturaustausch zusammen. Xi erzählte ihnen, wie sehr ihn die Lektüre des Fausts beeindruckt hatte.

Das war nicht genug, 2001 griff er zum fünften Mal zur Faust-Lektüre. Jiang suchte nach geistigem Trost, verriet er in einem öffentlichen Vortrag. Sein gewagter Vorschlag, die Kommunistische Partei für neue Mitglieder zu öffnen, darunter auch für patriotische Unternehmer, provozierte innerparteiliche Angriffe auf ihn. Dogmatiker warfen Jiang vor, der KP ihre proletarische Seele zu rauben. Gestresst griff er zum Faust.

Die Bewunderung für Goethe hat in China Tradition

Die Bewunderung für Goethe hat in China eine besondere Tradition, seit die kulturelle Elite des Landes in den 1920er Jahre aufbegehrte und sich von Goethes “Leiden des jungen Werthers” anstecken ließ. Auch Xi hätte den Werther gelesen und zwar schon mit 14 Jahren, behauptete China Daily in einem Feature über: “Was für Bücher stehen in Xis Bibliothek?”

Jahrzehnte brauchte der Universalgelehrte und spätere Kulturzar unter Mao, Guo Moruo (1892-1978), für die Übersetzung des Faust. Erst 1947 konnte Guo Band 2 abschließen, Im Nachwort schrieb er: “Unsere Bewegung des 4. Mai 1919 ähnelte ein wenig der Sturm-und-Drang-Bewegung aus Goethes Jugendzeit; beide waren geschichtliche Perioden, in denen sich die Gesellschaft von einer feudalen in eine moderne Epoche wandelte. Daher fühlte ich mein Herz mit”. Die volksrepublikanische Fassung des Faust erschien 1953 im Shanghaier Neue Literatur-Verlag. Diese Ausgabe las auch Xi.

Ich fand beide Bände in einem Pekinger Antiquariat. Guo hatte sie nach der deutschen Ausgabe (Schröter 1924) übersetzt und die 163 Federzeichnungen von Franz Staffen übernommen. Dessen Illustrationen, etwa zu den höllischen Verführungen, sind so freizügig gezeichnet, dass man dem jungen Xi nachsehen sollte, diese Ausgabe so lange wie möglich behalten zu wollen.

Chinas Faust wurde nach der deutschen Ausgabe (Ludwig Schröter 1924) übersetzt und auch die damaligen berühmten 163 Federzeichnungen von Franz Staffen übernommen. Darunter sind die freizügigen Illustrationen zu den höllischen Verführungen. 

Nur Xi weiß, ob er den Faust ganz gelesen hat. Bei Marx sind Zweifel angebracht, zumal China Daily behauptet: “Dreimal las der junge Xi ‘Das Kapital’ und füllte 18 Notizhefte mit seinen Bemerkungen.” Das ZK-Magazin Qiushi behauptet gar, dass Xi das ökonomische Hauptwerk nicht nur dreimal im Dämmerlicht seiner Kerosinlampe las, sondern sogar die unterschiedlichen Übersetzungen miteinander verglich, (obgleich Xi keine einzige Fremdsprache kann): Das Magazin zitiert ihn: “Am meisten mochte ich die Übersetzungen von Guo Dali und Wang Yanan.” 

Solche Geschichten passen zur neuen Rolle des heutigen Parteichefs als ideologischer Vordenker der Partei. Diesen Anspruch ließ er in den KP-Statuten und Chinas Verfassung verankern. Dazu passt Xi nun auch zum Vorleser der Nation zu machen.

Auf Chinas Kulturszene hat sich das nicht positiv ausgewirkt. Im Gegenteil: Ende April schrieb der “China Media-Markt”, dass Verlage und Verleger in der Volksrepublik und ihre Buchproduktion unter Xi litten – unter der “verdichteten Atmosphäre politischer Vorsicht und verstärkter ideologischer Kontrolle.”

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  • KP Chinas
  • Xi Jinping

Personalien

Patrick Zheng Yu Zhao wird bei BASF die Leitung des neuen Geschäftsbereichs Global Automotive OEM Coatings Solutions mit Sitz in Hongkong übernehmen. Vor dieser Aufgabe war Zhao Senior Vice President bei Coatings Solutions Asia Pacific.

Roderick Kefferpütz wird neuer Direktor der Heinrich-Böll-Stiftung European Union in Brüssel. Kefferpütz war zuvor Senior Analyst beim Mercator Institute for China Studies (MERICS). Er ist Experte für die Bereiche Geo-Ökonomie und EU-China Beziehungen. 

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Gewohnt sind wir Bilder von Raketenstarts in der Wüste. Nicht so in China. Eine Trägerrakete vom Typ “Langer Marsch 3B” hab am Mittwoch vom Xichang-Satellitenstartzentrum in den dicht bewachsenen Wäldern der Provinz Sichuan ab. Im Gepäck: ein Beidou-Satellit, das chinesische Pendant zum US-System GPS, dem europäischen Galileo-Netzwerk oder dem russischen GLONASS.

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    die führenden Wirtschaftsmächte sind die G7-Staaten schon lange nicht mehr. Indien hat längst mehr ökonomisches Gewicht als Italien, Kanada und auch Großbritannien. China ist direkt nach den USA die Nummer zwei. Wenn die G7 am Freitag im japanischen Hiroshima zusammenkommen, können sie denn auch nicht mehr in der Art die Themen setzen, wie dies vor einigen Jahren noch möglich war. Vielmehr sind sie getrieben von den Themen, die andere Mächte ihnen vorgeben: Russland und China.

    Bundeskanzler Olaf Scholz und die anderen G7-Regierungschefs wollen nach Wegen suchen, den Sanktionsdruck auf Moskau weiter zu erhöhen, damit Drittstaaten, allen voran China, nicht weiter profitieren. Angesichts der Spannungen im Taiwan-Konflikt drängt zudem Frage, wie sich die G7-Mitglieder unabhängiger von China machen können, schreibt Michael Radunski. Wie das gelingen kann – darüber herrscht Streit.

    Sehr viel mehr Einigkeit herrscht hingegen bei dem von der chinesischen Führung einberufenen Gipfel der zentralasiatischen Staaten, zu dem die chinesische Führung nach Xi’an geladen hat. Es handelt sich um den Gegen-Gipfel zu den G7. Dieses Treffen richtet sich aber nicht nur gegen den Westen, sondern sendet auch eine Botschaft an Moskau. China wildert hier in der russischen Einflusssphäre – und der geschwächte Putin muss hilflos zusehen, analysiert Jörn Petring.

    Viele neue Erkenntnisse beim Lesen!

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    G7-Treffen in Japan: Im Zeichen von Chinas Ambitionen

    In Hiroshima bereiten sich die japanischen Sicherheitskräfte auf den G7-Gipfel vor.

    Beim heute beginnenden G7-Gipfel in Japan wird der Ukrainekrieg ohne Zweifel ein wichtiges Thema sein. Zu weitreichend sind die globalen Folgen des russischen Angriffs. Doch wenn Japans Ministerpräsident Fumio Kishida seine G7-Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und den USA am heutigen Freitag in Hiroshima empfängt, treiben den japanischen Ministerpräsidenten noch zwei andere Sorgen um: Chinas militärische Ambitionen und der immer wiederkehrende Versuch des Landes, seine Ziele mit wirtschaftlichem Zwang durchzusetzen.  

    Seit Russlands Angriff im Februar 2022 warnt Kishida, dass “die Ukraine heute morgen Ostasien sein könnte”. Die Lage rund um Japan verschärfe sich immer mehr. China unternehme Versuche, den Status quo einseitig mit Gewalt zu ändern. Was Kishida damit meint, sind vor allem Chinas Ansprüche auf Taiwan und das Südchinesische Meer.

    Wegen China: Japan rüstet auf

    Als Reaktion vollzieht Japan derzeit seine eigene Zeitenwende: Tokio hat eine überarbeitete Verteidigungsstrategie vorgelegt, will seine Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und seine Fähigkeiten zum militärischen Gegenschlag verbessern – unter anderem durch den Kauf von Tomahawk-Marschflugkörpern. Es ist eine fundamentale Wende für ein Land, das seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg offiziell pazifistisch ist.

    Japan unterstützt die westlichen Sanktionen gegen Russland. Im Gegenzug müsse sich Japan bei den Risiken mit China aber auch auf Verbündete und gleichgesinnte Länder verlassen können, forderte Kishida zuletzt in Washington.

    Uneinigkeit im Westen bei Taiwan?

    Doch gerade hierzu gab es im Westen zuletzt unterschiedliche Auffassungen. Während US-Präsident Joe Biden die jahrzehntealte amerikanische Mehrdeutigkeit beendete und Taiwan im Konfliktfall Amerikas militärische Unterstützung zusicherte, überraschte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Peking vergangenen Monat mit dem Hinweis: Europa dürfe sich nicht “in Krisen verwickeln lassen, die nicht unsere sind”.

    Entsprechend versuchte die Präsidentin der EU-Kommission vor dem G7-Gipfel für Klarheit zu sorgen. “Wir werden unser unerschütterliches Engagement für Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bekräftigen”, kündigte Ursula von der Leyen zu Wochenbeginn an. Japan wird auf dem Gipfel auf eine eindeutige Erklärung hinarbeiten.

    Gegen Chinas wirtschaftlichen Zwang

    Ebenfalls nicht ganz einig ist man beim zweiten Thema – dem wirtschaftlichen Druck Chinas auf andere Länder. “Wir haben Versuche wirtschaftlichen Zwangs erlebt – zum Beispiel von China gegenüber Litauen. Wir haben ähnliche Praktiken gegenüber Japan und Australien gesehen”, sagte von der Leyen. Auch hier müsse man die “Resilienz” erhöhen, also die ökonomische Widerstandskraft gegenüber China. Das neue Zauberwort heißt: De-Risking.

    Die USA hingegen verfolgen eine weitaus härtere Linie gegenüber China. In Washington schlägt das Pendel deutlich mehr in Richtung De-Coupling aus. Allerdings hat die Biden-Administration zuletzt mehr Verständnis für die Haltung der Europäer erkennen lassen. Washington wird erst langsam klar, wie wichtig für viele europäische Staaten die engen Wirtschaftsbeziehungen mit China wirklich sind. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie abhängig beispielsweise die deutsche Industrie von Lieferungen aus China ist.

    Offenbar plant die G7 in Japan deshalb neben dem Abschluss-Kommuniqué des Hauptgipfels erstmals auch eine gesonderte Erklärung zur wirtschaftlichen Sicherheit abzugeben. Darin wolle man sich verpflichten, “wirtschaftlichen Zwang gemeinsam abzuschrecken, darauf zu reagieren und ihm entgegenzuwirken”. Dass China in dieser Erklärung explizit genannt wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

    China reagiert empört

    In Peking reagierte man auf die G7-Agenda jedenfalls vorauseilend verärgert. “Wenn auf dem G7-Gipfel die Reaktion auf wirtschaftlichen Zwang diskutiert werden soll, sollte er vielleicht zuerst darüber sprechen, was die USA getan haben”, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

    Hintergrund ist Washingtons weitreichende Exportkontrolle, mit denen die USA versuchen, chinesische Unternehmen den Erwerb von Spitzentechnologien und Hochleistungschips zu erschweren. Die USA üben großen Druck auf westliche Unternehmen wie den niederländischen Chiphersteller ASML aus, sich den US-Sanktionen anzuschließen.

    Vorwurf: G7 wollen China eindämmen

    China betrachtet die G7-Kritik als “ideologisch motiviert, ungerechtfertigt, beleidigend und überzogen“, sagt Wang Zichen zu Table.Media. Damit untergrabe die G7 ihren eigenen Anspruch, urteilt der Forscher vom Center for China and Globalisation (CCG) in Peking. “Peking betrachtet die G7 zunehmend als ähnlich wie Five Eyes, Quad und Aukus – kleine, exklusive Kreise, die von den USA angeführt werden, um China einzudämmen.”

    Wang warnt vor möglichen Konsequenzen – beispielsweise für Taiwan. “Meiner Meinung nach wird die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts in der Taiwanstraße übertrieben, was kontraproduktiv ist und die Gefahr birgt, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.” Eine Abschwächung der westlichen Bedenken und konstruktivere Bemerkungen würden mehr dazu beitragen, das Vertrauen in die Stabilität der Taiwanstraße wiederherzustellen, mahnt Wang.

    Nicht nur Kritik, sondern Angebote an China

    Auch Eberhard Sandschneider blickt kritisch auf die Agenda des G7-Gipfels in Japan. “Die G7 laufen Gefahr, sich in ihrer China-Kritik zu verrennen“, warnt der Politikwissenschaftler. Es sei zwar richtig, Probleme zu benennen, man dürfe sich darin jedoch nicht erschöpfen.

    Vielmehr sollte man auch Angebote an China machen. “In jeder Rede ist von China als Partner im Kampf gegen den Klimawandel die Rede”, sagt der Partner der Beratungsfirma Berlin Global Advisors. Auf konkrete Maßnahmen zusammen mit China warte man jedoch bislang vergebens.

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    Konkurrenz-Gipfel in Xi’an: Diese Signale sendet Xi an Russland

    Jetzt ein “umfassender strategischer Partner für eine neue Ära”: der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow.

    China hat in Xi’an den roten Teppich für die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan ausgerollt. Präsident Xi Jinping begrüßte die Staatschefs der fünf ehemaligen Sowjetstaaten am Donnerstag zum Auftakt eines zweitägigen Gipfels mit einem Festbankett. Zuvor hielt Xi eine Reihe von Gesprächen mit seinen Gästen ab. Der Haupttag des Gipfels ist der Freitag. 

    Während die G7-Staaten dann bei ihrem Treffen in Japan ein Zeichen der Geschlossenheit gegen Russland, aber auch gegen China setzen dürften, demonstrieren die Chinesen zeitgleich in Xi’an, dass sie sich nicht isolieren lassenSie schmieden eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Man will Strukturen schaffen, die eine Alternative zur aus Sicht der Chinesen westlich dominierten Weltordnung darstellen.

    Zwar gibt es das sogenannte “C+C5”-Format mit den Staaten Zentralasiens  bereits seit 2021, doch findet es nach dem Ende der Corona-Pandemie nun erstmals wieder in Präsenz statt. Das Timing für die Charmeoffensive in Xi’an könnte für Peking kaum besser sein. 

    Zentralasien sucht Alternative zu Russland

    Moskau spielt noch immer eine wichtige Rolle in der Region, doch die zentralasiatischen Staaten sind zunehmend bereit, sich stärker auch an China zu orientieren. Schließlich kann Peking das bieten, was Russland spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine nur noch eingeschränkt leisten kann: Eine lukrative wirtschaftliche Zusammenarbeit. 

    Xi lässt seinen Gästen in der alten Kaiserstadt ein buntes Programm bieten.

    Im Vorfeld des Treffens berichteten chinesische Staatsmedien, dass China eine mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit anstrebe. “Wichtige Dokumente” in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Konnektivität würden unterzeichnet. Der Gipfel werde den Weg für “einen neuen Durchbruch in der Wirtschafts- und Handelskooperation” zwischen China und den zentralasiatischen Ländern ebnen. Auch der Belt and Road Initiative, die ihren Ausgangspunkt in Xi’an hat, soll neuer Schwung verliehen werden. 

    Putin war nicht eingeladen

    Sicher will China Russland nicht die C5-Staaten abspenstig machen. Das wäre nicht im Sinne der oft beschworenen “grenzenlosen” russisch-chinesischen Freundschaft. Dennoch sendet Peking mit dem Gipfel in Xi’an auch eine Botschaft in Richtung Moskau. Xis Entscheidung, die fünf ehemaligen Sowjetstaaten ohne Putin zu versammeln, zeigt, dass Moskau zunehmend als Juniorpartner wahrgenommen wird. China will die treibende Kraft für Stabilität und Wohlstand in der Region sein. Von Stabilität profitiert jedoch auch Russland. 

    Washington ist derweil kaum noch mehr als ein Zaungast. Die USA hatten bereits 2015 ein eigenes Dialogformat für Zentralasien (C5+1) ins Leben gerufen. Doch seit der Gründungszeremonie vor acht Jahren hat es kein Treffen auf Außenministerebene mehr gegeben. Zwar holten die USA dies im Februar mit einer Reise von Außenminister Antony Blinken in die Region eilig nach. Viel zu bieten hatte er allerdings nicht.

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    Termine

    22.05.2023, 09:00 Uhr (15:00 Uhr Beijing time)
    Fairbank Center for Chinese Studies, Webinar: China’s Clean Energy Engagement in Central Asia Mehr

    22.05.2023, 18:15 Uhr
    Konfuzius-Institut Bonn, Seminar: Leadership-Ansätze in konfuzianisch geführten Unternehmen Mehr

    22.05.2023, 19:00 Uhr
    Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung (DCW), Vortrag: China Rede 2023 mit Hans-Ulrich Engel Mehr

    24.05.2023 10:00 Uhr, (16:00 Uhr Beijing time)
    Merics, Webinar: Trends of Chinese Direct Investment in Europe Mehr

    24.05.2023, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
    Deutsch-Chinesische Wirtschaftsvereinigung (DCW), Webinar: Doing Business with China: Interkulturelle Handlungsfähigkeit & Agieren mit China-Kompetenz Mehr

    24.05.2023, 14:30 Uhr Beijing time
    German Chamber of Commerce in China, Seminar: GCC Knowledge Hub: The “Difficulties” and “Opportunities” in Industrial Transfer Mehr

    24.05.2023, 19:30 Uhr
    Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Düsseldorf, Vortrag & Diskussion: Nie wieder Xinjiang!? Eine touristische Reise in Chinas wunderschöne westlichste Provinz Mehr

    25.05.2023, 15:30 Uhr
    Swiss Centers Zürich, Seminar: What Opportunities and Challenges for Swiss Companies? & Release of the Swiss Business in China Survey 2023 Mehr

    25.05.2023, 18:00 Uhr
    Konfuzius-Institut Hamburg, Networking-Event: Hamburg-Shanghai Network Mehr

    26.05.2023, 10:00 Uhr (16:00 Uhr Beijing time)
    Dezan Shira, Webinar: Maximizing Business Growth in East China and Shanghai: Strategies for Success in 2023 Mehr

    26.05.2023, 19:00 Uhr
    Konfuzius Institut Paderborn, Webinar: Grundbildungssystem in China Mehr

    News

    Li Hui dämpft Hoffnung auf erfolgreiche Vermittlung

    Nach ersten Vermittlungsgesprächen in Kiew dämpft China die Hoffnung auf einen baldigen Frieden. Der chinesische Sondergesandte Li Hui habe nach Angaben aus Peking kein “Allheilmittel zur Lösung der Krise” zwischen der Ukraine und Russland. Li habe in Kiew beide Seiten aufgefordert, Gespräche aufzunehmen. “Alle Parteien müssen (…) gegenseitiges Vertrauen aufbauen und Bedingungen schaffen, um miteinander zu reden und den Krieg zu beenden”, sagte Li. Mehr konkrete Ergebnisse habe es demnach erst mal nicht gegeben.

    Li hielt sich zwei Tage in Kiew auf und traf unter anderem den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. Dieser betonte, dass sein Land keinerlei Vorschläge akzeptieren werde, “die den Verlust seiner Gebiete oder ein Einfrieren des Konflikts beinhalten”.

    Die Regierungen beider Länder schwiegen sich zunächst zu der Frage aus, ob Li sich auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen habe. Es wäre das erste Treffen zwischen Selenskyj und einem ranghohen Vertreter aus China. Li reiste am Donnerstag weiter nach Polen und will in den kommenden Tagen auch Deutschland, Frankreich und Russland besuchen. flee

    China moniert Ukraine-Flaggen an Botschaften

    Die chinesische Regierung hat mehrere westliche Botschaften in Peking für das Hissen der ukrainischen Flagge kritisiert. Die Volksrepublik habe in einem Schreiben zwar nicht ausdrücklich Bezug auf das Zeigen der ukrainischen Flagge durch Vertretungen anderer Länder genommen, aber ihre Missbilligung dennoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, sagten vier Diplomaten der Nachrichtenagentur Reuters. Einer der Diplomaten sagte, die Vertretung seines Landes beabsichtige jedoch, das von ihr gezeigte Bild einer ukrainischen Flagge nicht zu entfernen.

    “Nutzen sie das Äußere der Gebäudeeinrichtungen nicht für die Zurschaustellung politisierter Propaganda“, erklärte das chinesische Außenministerium in einem Schreiben. Das Schreiben datiert vom 10. Mai und richtet sich an “alle Botschaften und Vertretungen internationaler Organisationen in China”.

    Unter anderem haben Deutschland, Großbritannien, Polen, die Europäische Union und Kanada mit dem Zeigen der blau-gelben Flagge der Ukraine ihre Solidarität mit dem Land zum Ausdruck gebracht. An manchen Botschaften sind zudem Unterstützungsbotschaften auf Englisch und Chinesisch zu lesen. Teilweise war an Botschaftsgebäuden in Peking außerdem die Regenbogenflagge angesichts des am Mittwoch begangenen Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie angebracht. rtr

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    Kuomintang nominiert Kandidaten für die Wahl


    Taiwans größte Oppositionspartei, die Kuomintang, hat ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Januar bestimmt. Die Partei nominierte am Mittwoch den bisherigen Bürgermeister von Taipeh, Hou Yu-ih, als ihren Kandidaten.

    Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte bereits im April den derzeitigen Vizepräsidenten Lai Ching-te nominiert. Präsidentin Tsai Ing-wen darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. 

    Die Taiwaner sind am 13. Januar 2024 zur Wahl aufgerufen. Diese könnte auch Auswirkungen auf die komplizierten Beziehungen zu China haben. Seit dem Amtsantritt von Tsai Ing-wen 2016 hatte die chinesische Führung die Kommunikation mit Taiwan eingestellt. Zuvor war die Kuomintang an der Macht und vertrat einen chinafreundlicheren Kursflee

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    Daimler-Truck: Zu hohe Abhängigkeit bei Batterien

    Daimler-Truck-Chef Martin Daum zeigt sich besorgt über die Dominanz Chinas bei der Batterietechnologie. Es bestehe eine extrem hohe Abhängigkeit von China, sagte Daum der Deutschen Presse-Agentur. “Chinesische Firmen haben bereits die Patente, die Vorprodukte und die Rohmaterialien”, sagte Daum. “Ich halte es immer für schwierig, wenn man von einem einzelnen Land abhängig ist.”

    Der Weltmarkt werde zu 80 Prozent aus China beliefert. “Auch wir werden sicherlich mit Partnern eine eigene Batterieproduktion aufbauen, wenn auch ein bisschen später als die Pkw-Firmen”, sagte Daum. Aber auch bei den Kooperationen stünden im Zweifel dann chinesische Patente dahinter. Und selbst wenn man die Batterien selbst produziere, fehlten immer noch die Vorprodukte. Daimler Truck will in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts Serienfahrzeuge mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb verkaufen. dpa

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    Presseschau

    G7-Gipfel: Russland und China im Fokus der G7 ZEIT
    China und Staaten Zentralasiens wollen Zusammenarbeit vertiefen BOERSENNEWS
    China macht USA und Japan für Spannungen um Taiwan verantwortlich ZEIT
    With China looming, Biden plans new Pacific islands summit after PNG no-show MVARIETY
    South China Sea: Vietnam criticises China, Philippines for “violating its sovereign rights” over their maritime conduct SCMP
    Was Scholz von Japan für die Zeitenwende lernen kann HANDELSBLATT
    China will ausländischen Botschaften pro-ukrainische “Propaganda” verbieten RND
    Taiwan: Größte Oppositionspartei nominiert Hou Yu-ih zum Spitzenkandidaten FAZ
    Taiwan-Coup: So löst sich Litauen erfolgreich von China WELT
    UN expert says Myanmar imported $1 billion in arms since coup, much of it from Russia and China CNN
    China asks Australia to increase search for 39 aboard capsized boat as 2 bodies reportedly found AP NEWS
    Australia to provide surveillance drones to Philippines amid South China Sea tensions 9NEWS
    Seidenstraße: Italien erwägt Austritt aus Abkommen mit China WELT
    Britain’s Unite union inks deal with China’s CNOOC REUTERS
    China Puts Spymaster in Charge of U.S. Corporate Crackdown WSJ
    Peking wird nervös – China: Wirtschaft enttäuscht Hoffnungen, Großstädte schrumpfen FINANZMARKTWELT
    Daimler-Truck-Chef warnt vor China-Abhängigkeit bei Batterien FINANZEN
    China soll ein Produktionsstandort neuer BMW-Fahrzeuggeneration werden KURIER
    Harte Konkurrenz für den Bulli: Bus aus China bietet mehr Platz und Reichweite CHIP
    GM has 15 EVs in lineup for China: Here’s why they won’t work in the US DETROIT FREE PRESS
    Why Chinese EVs may appeal to Europe’s fleet managers EUROPE

    Standpunkt

    Faustscher Deal – Die Leselust des Xi Jinping

    Von Johnny Erling
    Johnny Erling schreibt die Kolumne für die China.Table Professional Briefings

    Warum und wie wurde aus einem Jungen, der als Kind mit anschauen musste, wie der Despot Mao Zedong seinen Vater politisch verfolgte und aus Peking verbannte, später dann selbst ein Maoist und Diktator, der andere unterdrücken lässt?

    Chinaexperten rätseln über solche Zickzackwege im Lebenslauf des heutigen Parteichefs Xi Jinping. Packte ihn nie die Wut darüber, wie er und seine Familie beim Sturz des zu Unrecht verurteilten Vaters Xi Zhongxun, (der ein enger Gefährte Maos war), in Sippenhaft genommen wurden, wie sie alle in Ungnade fielen, wie eine seiner Schwestern Selbstmord beging? 

    Der 1953 geborene Xi verlor als Kind über Nacht sein privilegiertes Leben, wurde als 14-Jähriger in der wilden Phase der Kulturrevolution zum Vagabunden, gedemütigt und eingesperrt. 1969 suchte er im Zuge von Maos Landverschickung der städtischen Jugend Zuflucht in einem weit entfernten Bergdorf. Dort musste er den ganzen Tag schuften, litt Hunger, schleppte zentnerschwere Säcke, hütete Ziegen und hauste in einer Wohnhöhle in den Lößbergen ohne Strom und von Flöhen geplagt. 

    Hamlets “Sein oder Nichtsein” machte Xi zu seinem Motto

    Trotzdem verklärte er später seine Leidenszeit, behauptete, er hätte im trüben Licht einer Kerosinlampe Nächte hindurch die Werke der Weltliteratur und die Klassiker des Marxismus verschlungen. Der Junge, der wegen der Kulturrevolution die Mittelschule abbrechen musste, las sich durch Shakespeare und Goethe, Marx’ Mammutwerk “Das Kapital”. Hamlets “Sein oder Nichtsein” machte er zum Motto seines Aufstiegs.

    Erdichtet oder wahr? Xi kokettiert mit vielen Anekdoten aus jener Zeit, erzählt sie auch im Ausland; etwa im Oktober 2015 dem Bürgermeister von London beim Staatsbesuch in England: “Ich war noch keine 16, als ich von Peking in ein kleines Dorf im Norden von Shaanxi kam, um Bauer zu werden. Dort verbrachte ich sieben Jahre. Mit allen Mitteln versuchte ich mir, Bücher von Shakespeare zu verschaffen. Als junger Mann, der auf dem kargen gelben Bauernland lebte, dachte ich ununterbrochen über die Frage Sein oder Nichtsein nach. Das brachte mich schließlich dazu, mein Leben dem Vaterland und dem Volk zu widmen.” 

    Wie Xi sich als literarischer Autodidakt die Kulturschriften Chinas und der Welt aneignete, ist heute Teil des grotesken Personenkultes, den der Parteichef um sich entfachen lässt. Jeden April zum alljährlichen “Tag des Buches” lässt die Propaganda eine Literaturliste aller Bücher westlich marxistischer Autoren, konfuzianischer Klassiker oder von Ikonen der Weltliteratur veröffentlichen, die Xi gelesen hätte. 66 Titel stehen auf der aktuellen Liste.

    Immer an Silvester, wenn Xi seine Neujahrsansprache hält, zoomen sich die Fernsehkameras scheinbar beiläufig in die Regale seiner Bücherschränke hinein und rücken die Neuzugänge an chinesischer und ausländischer Literatur und Sachbücher ins Blickfeld. Alles ist im Voraus arrangiert.

    Solche Übertreibung und Xis Gewohnheit, in seinen Aufsätzen und Reden ständig Bücher der Weltliteratur und die Namen ihrer Autoren zu zitieren, verleitete Blogger sich die entsprechenden Clips aus Dutzenden TV-Nachrichtensendungen zu schnippeln und den Xi-Wortsalat als Slapstick-Video aufzubereiten. Sie sind heute über Youtube zu finden. Die parodistischen Blogs riefen Pekings Zensur auf den Plan, die sie innerhalb Chinas als “bösartigen Spott” (恶搞) verfolgen und blockieren lässt.

    Klassiker der Weltliteratur, von Xi persönlich uminterpretiert

    Spaß versteht die Partei nicht. Wenn Xi dem Londoner Bürgermeister erzählt, wie er mit 16 Jahren von Shakespeare erleuchtet wurde, ist das eine ebenso wichtige wie ernste Nachricht für das vom Zentralkomitee herausgegebene Theoriemagazin Qiushi, (deren Namen wörtlich bedeutet: Die Wahrheit in den Tatsachen suchen). Es veröffentlichte zum diesjährigen Tag des Buches am 23. April eine bewundernde Laudatio auf den belesenen Parteichef.

    Dabei spielt es keine Rolle, ob Xi den Monolog Hamlets “Sein oder Nichtsein” als dessen verzweifelten Ausruf existenziellen Leides auffasst, oder zur systemisch gestellten Frage uminterpretiert, also, ob jemand sich in sein Schicksal fügt und weiterlebt (sein), oder sich revolutionär auflehnt und den Tod riskiert (nicht sein). Das Pekinger Propagandablatt Global Times steigerte jüngst die literarische und kulturelle Verherrlichung von Xi. Sie verband Xis neue “Initiative für globale Zivilisation” begrifflich mit seinem Namen und machte daraus die Theorie der “Xivilization”.

    Das ZK-Magazin Qiushi schrieb in seiner Laudatio, dass sich die Bauern des Bergdorfs heute noch erinnern, wie der 15-jährige Xi 1969 zu ihnen kam: “Er brachte zwei Koffer vollgepackt mit Büchern mit. Genosse Xi las sie im Schein einer rußenden Ölfunzel in seiner Wohnhöhle bis in die tiefe Nacht. Die Kerosinlampe schwärzte ihm Gesicht und Nase.” 

    Nach Shakespeares begeisterte sich Xi für Goethes Faust. Zumindest erzählt er es so. Als er hörte, dass ein Pekinger Schulfreund, der im Nachbardorf untergebracht war, eine Faustübersetzung mitgebracht hatte, machte sich der damals 16-jährige Xi sofort auf den 30 Li (15 Kilometer) weiten Weg. Er lieh sich die beiden Bände und konnte, wie er selbst sagt, nicht mehr von ihnen ablassen. (我看了也是爱不释手). Drei Mal musste ihn sein Freund drängen und mahnen, bevor Xi sie ihm zurückgab.

    Titelblätter der 1953 erschienenen und von Guo Moruo übersetzten Standart-Ausgabe von Goethes Faust Band 1 und 2. Xi Jinping behauptet, sie als 16-Jähriger im Licht einer Ölfunzel immer wieder gelesen zu haben, als er in einem Bergdorf während der Kulturrevolution sieben Jahre als Bauer zubrachte.

    Der Historiker und Essayist Edward Luttwak machte sich listig seinen eigenen Reim darauf, warum Goethes Faust Xi so faszinierte. Könnte es nicht sein, dass Xi selbst einen “Faustschen Handel” abschloss, ihm in seiner Wohnhöhle ein chinesischer Mephisto 墨菲斯托 erschien? Tauschte er für seine künftige Alleinherrschaft die Seele Chinas ein? Unter Xi sei in China die Autorität Maos und der maoistischen Partei wieder hergestellt worden, nachdem seine Vorgänger lange versucht hatten, die Nation aus Maos Bann zu befreien.

    Sicher ist, dass Xi der Saga des Mephisto einen neuen Spin gab, als er Jahrzehnte später das Heimatland Goethes besuchte. Auf einem Festvortrag vor der Körber-Stiftung in Berlin erklärte er am 28. März 2014: “Es gibt auch Personen, die China immer durch eine gefärbte Brille betrachten und in einem sich entwickelnden China eine “Bedrohung” sehen. Sie versuchen, China als “Mephisto” abzustempeln, der eines Tages die Welt ihrer Seele berauben könnte.”

    Zu Hause ließ sich Xi für diesen Vergleich feiern. Die Volkszeitung schrieb, er hätte “mit einem Werk Goethes die westliche Theorie von der Bedrohung durch China zurückgewiesen”. 用歌德作品回应”中国威胁论”.

    Goethes Faust habe ihn tief beeindruckt, sagte Xi beim Berlin-Besuch 2014 auch Kanzlerin Angela Merkel und wiederholte sich später im Gespräch mit elf deutschen Sinologen über Fragen des Kulturaustauschs. Mit dabei war der Begründer des deutschen Goethe-Instituts in Peking, Michael Kahn-Ackermann. Der erinnert sich, dass ihm 1986 der damalige Shanghaier Parteichef Jiang Zemin (der später Chinas Parteichef wurde) bereits Ähnliches sagte. Jiang behauptete, Faust sogar “viermal” gelesen zu haben.

    Auf seiner Deutschlandreise traf Xi in Berlin 2014 mit elf deutschen Sinologen, darunter den Gründer des Goethe-Instituts in Peking Michael Kahn-Ackermann, zum Gespräch über Kulturaustausch zusammen. Xi erzählte ihnen, wie sehr ihn die Lektüre des Fausts beeindruckt hatte.

    Das war nicht genug, 2001 griff er zum fünften Mal zur Faust-Lektüre. Jiang suchte nach geistigem Trost, verriet er in einem öffentlichen Vortrag. Sein gewagter Vorschlag, die Kommunistische Partei für neue Mitglieder zu öffnen, darunter auch für patriotische Unternehmer, provozierte innerparteiliche Angriffe auf ihn. Dogmatiker warfen Jiang vor, der KP ihre proletarische Seele zu rauben. Gestresst griff er zum Faust.

    Die Bewunderung für Goethe hat in China Tradition

    Die Bewunderung für Goethe hat in China eine besondere Tradition, seit die kulturelle Elite des Landes in den 1920er Jahre aufbegehrte und sich von Goethes “Leiden des jungen Werthers” anstecken ließ. Auch Xi hätte den Werther gelesen und zwar schon mit 14 Jahren, behauptete China Daily in einem Feature über: “Was für Bücher stehen in Xis Bibliothek?”

    Jahrzehnte brauchte der Universalgelehrte und spätere Kulturzar unter Mao, Guo Moruo (1892-1978), für die Übersetzung des Faust. Erst 1947 konnte Guo Band 2 abschließen, Im Nachwort schrieb er: “Unsere Bewegung des 4. Mai 1919 ähnelte ein wenig der Sturm-und-Drang-Bewegung aus Goethes Jugendzeit; beide waren geschichtliche Perioden, in denen sich die Gesellschaft von einer feudalen in eine moderne Epoche wandelte. Daher fühlte ich mein Herz mit”. Die volksrepublikanische Fassung des Faust erschien 1953 im Shanghaier Neue Literatur-Verlag. Diese Ausgabe las auch Xi.

    Ich fand beide Bände in einem Pekinger Antiquariat. Guo hatte sie nach der deutschen Ausgabe (Schröter 1924) übersetzt und die 163 Federzeichnungen von Franz Staffen übernommen. Dessen Illustrationen, etwa zu den höllischen Verführungen, sind so freizügig gezeichnet, dass man dem jungen Xi nachsehen sollte, diese Ausgabe so lange wie möglich behalten zu wollen.

    Chinas Faust wurde nach der deutschen Ausgabe (Ludwig Schröter 1924) übersetzt und auch die damaligen berühmten 163 Federzeichnungen von Franz Staffen übernommen. Darunter sind die freizügigen Illustrationen zu den höllischen Verführungen. 

    Nur Xi weiß, ob er den Faust ganz gelesen hat. Bei Marx sind Zweifel angebracht, zumal China Daily behauptet: “Dreimal las der junge Xi ‘Das Kapital’ und füllte 18 Notizhefte mit seinen Bemerkungen.” Das ZK-Magazin Qiushi behauptet gar, dass Xi das ökonomische Hauptwerk nicht nur dreimal im Dämmerlicht seiner Kerosinlampe las, sondern sogar die unterschiedlichen Übersetzungen miteinander verglich, (obgleich Xi keine einzige Fremdsprache kann): Das Magazin zitiert ihn: “Am meisten mochte ich die Übersetzungen von Guo Dali und Wang Yanan.” 

    Solche Geschichten passen zur neuen Rolle des heutigen Parteichefs als ideologischer Vordenker der Partei. Diesen Anspruch ließ er in den KP-Statuten und Chinas Verfassung verankern. Dazu passt Xi nun auch zum Vorleser der Nation zu machen.

    Auf Chinas Kulturszene hat sich das nicht positiv ausgewirkt. Im Gegenteil: Ende April schrieb der “China Media-Markt”, dass Verlage und Verleger in der Volksrepublik und ihre Buchproduktion unter Xi litten – unter der “verdichteten Atmosphäre politischer Vorsicht und verstärkter ideologischer Kontrolle.”

    • Gesellschaft
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    • Xi Jinping

    Personalien

    Patrick Zheng Yu Zhao wird bei BASF die Leitung des neuen Geschäftsbereichs Global Automotive OEM Coatings Solutions mit Sitz in Hongkong übernehmen. Vor dieser Aufgabe war Zhao Senior Vice President bei Coatings Solutions Asia Pacific.

    Roderick Kefferpütz wird neuer Direktor der Heinrich-Böll-Stiftung European Union in Brüssel. Kefferpütz war zuvor Senior Analyst beim Mercator Institute for China Studies (MERICS). Er ist Experte für die Bereiche Geo-Ökonomie und EU-China Beziehungen. 

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    Dessert

    Gewohnt sind wir Bilder von Raketenstarts in der Wüste. Nicht so in China. Eine Trägerrakete vom Typ “Langer Marsch 3B” hab am Mittwoch vom Xichang-Satellitenstartzentrum in den dicht bewachsenen Wäldern der Provinz Sichuan ab. Im Gepäck: ein Beidou-Satellit, das chinesische Pendant zum US-System GPS, dem europäischen Galileo-Netzwerk oder dem russischen GLONASS.

    • Technologie

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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