Table.Briefing: China

Feiyu Xu über Deutschlands KI-Chancen + Baerbock in Peking

Liebe Leserin, lieber Leser,

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist am Montagmorgen in Peking eingetroffen. Erster Programmpunkt ihres Kurztrips ist ein strategischer Dialog mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi. Dabei soll es vor allem auch um Chinas Rolle im Ukraine-Krieg gehen. In einem Pressestatement fand Baerbock deutliche Worte: “Putins brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht unseren Frieden ganz unmittelbar.” In Deutschlands Beziehungen zu China könne man diese Tatsache nicht einfach ausblenden, da Pekings Wirtschafts- und Waffenhilfen für Russland europäischen Kerninteressen untergraben, so Baerbock. “Auch darüber werde ich in Peking sprechen.”

Zu Baerbocks Delegation in Peking gehört auch Oliver Rentschler, Leiter der Abteilung Klimaaußenpolitik und Geoökonomie. “Klimapolitik kann nicht ohne Geopolitik diskutiert werden, wie wir auf der Weltklimakonferenz in Baku gesehen haben”, erläuterte Baerbock in ihrem Statement. “Bei der COP29 in Baku kam am Ende ein Ergebnis auch deshalb zustande, weil Europa und China gemeinsam für einen neuen Ansatz in der Klimafinanzierung gearbeitet haben.” Zusammenarbeit sei besser als Konfrontation – allerdings dürfe man dabei nicht naiv sein, erklärte Baerbock den Grundtenor ihrer Reise. Unsere Chefreporterin Angela Köckritz ist für Sie in Peking dabei und überprüft, was aus diesem Ansatz am Ende der Gespräche übrig bleibt.

Den fast schon standardmäßigen Fatalismus, dass Europa bei der Künstlichen Intelligenz von China und den USA abgehängt wurde, findet Feiyu Xu zu simpel und zu vorschnell. Die KI-Expertin, Aufsichtsrätin und Senior Beraterin muss es wissen: Ihre umfangreiche Forschung zur KI wurde mehrfach ausgezeichnet. Sie hat bei Unternehmen wie Lenovo und SAP die KI-Strategien mitentwickelt und – ungewöhnlich für eine Forscherin – auch zu deren Kommerzialisierung beigetragen. Das Wissen ist da, vor allem auch in Deutschland, erklärt sie im Interview mit Julia Fiedler. Nur an entscheidenden Stellen hapert es noch, allen voran am Mut, groß zu denken.

Ganz ohne KI, aber mit viel Liebe für die chinesische Sprache, hat Verena Menzel einen Adventskalender für sie erstellt. Ab heute finden Sie jeden Morgen anstelle unseres Desserts eine kleine Wort-Überraschung. Viel Freude damit!

Ihr
Fabian Peltsch
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Analyse

Feiyu Xu: Europa braucht ein eigenes KI-Ökosystem

Feiyu Xu ist Vorstandsvorsitzende des AsiaBerlin Forum e.V..

Frau Xu, wichtige Industriebereiche in Deutschland stecken in der Krise. Kann KI hier eine Wachstumslücke schließen? 

Ja, KI ist eine große Chance für Deutschland. Sie trägt dazu bei, intelligente oder neue Produkte zu entwickeln und hilft, Prozesse zu optimieren, um Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. 

Ist im KI-Wettkampf zwischen den USA und China überhaupt noch Platz für Deutschland und Europa?

Wir in Deutschland sind zu bescheiden. In den letzten paar Jahren waren wir nicht aggressiv genug. Wenn man die Grundlagenforschung von KI ansieht – Deep Learning, maschinelle Übersetzung usw. – gehören deutsche Wissenschaftler zur Weltspitze. Aber um die Kommerzialisierung, die AI-Adoption der Industrie, voranzutreiben, haben wir nicht genug investiert. Deshalb sollten wir nun stark in die Infrastruktur, in die Forschung und in die Innovation investieren. Und dann, denke ich, können wir auch schnell wieder unter den Besten der Welt sein. Man kann nicht ernten, wo hinein man nicht investiert hat.

Wo liegen China und die USA denn genau vorne? 

Das KI-Ökosystem besteht aus Chips und der Hardware-Infrastruktur, der Cloud-Infrastruktur und der Infrastruktur für das Trainieren der KI-Modelle bis hin zur Trainings- und Einsatzinfrastruktur für KI-Modelle. Abgerundet wird es durch die Anwendungen, die KI-Technologien in der Praxis nutzbar machen. Das alles ist der KI-Technologie-Stack. Bei den Hyperscalern – also der großen Cloud-Infrastruktur, die dazu dient, Skalierungen im Bereich Big Data und Cloud-Computing zu ermöglichen – sind die USA mit Unternehmen wie Google, AWS, Microsoft und Meta vorne. Aber auch China spielt mit Alibaba, Tencent und Baidu vorne mit. Ungefähr 60 Prozent der großen Sprachmodell-Firmen sind in den USA und über 30 Prozent in China. 

Und wo steht Europa?

Europa besitzt nur eine ganz limitierte Anzahl von Firmen, die große Sprachmodelle entwickeln. In Europa haben wir auch keinen Hyperscaler. Viele deutsche und europäische Firmen entwickeln KI-Anwendungen auf Basis der amerikanischen und chinesischen KI-Stacks. Die EU, die nationalen Regierungen und die Industrie, die in Start-ups investieren, müssen zusammenarbeiten und die Lücken im KI-Stack füllen. Viele sind sich darüber bewusst, es fehlt aber an Investment. Darüber reden oder sich beschweren, dass wir vielleicht momentan nicht so weit sind wie die USA oder China, reicht nicht aus.

Ein wichtiges Thema für die KI-Entwicklung ist der Zugriff auf Daten. Müssen wir unsere Regulierungen überdenken?

Europa ist mit der DSGVO oder dem Data Act führend, was die Sorgfalt im Umgang mit Daten angeht. Beim Data Act geht es auch darum, Firmen zu ermutigen, Daten miteinander zu teilen, um Anwendungen zu bauen. China, aber auch andere Länder, nehmen Europa als Beispiel. Regulierung allein reicht aber nicht. Zusätzlich sollten Services und Technologien angeboten werden, damit die Firmen wissen: Welche Daten darf ich nutzen, welche nicht, und welche Technologie ist unter der Regulierung zugänglich? Ohne dass die Firmen selbst eine hohe Kompetenz im Bereich Datenregulierung aufbauen müssen. Dadurch könnte Innovation erleichtert werden. Zum Teil drohen bei Fehlern aufgrund der Regulierungen hohe Strafen, für Firmen besteht also ein hohes Risiko.

Wie könnten solche Services ganz konkret aussehen?

Die EU könnte eine App zur Verfügung stellen. Entwickler könnten diese App über die Daten laufen lassen und die App sagt ihnen: Diese Daten enthalten Personendaten und dürfen nicht verwendet werden, oder: Dieser Use Case ist unbedenklich. Ich halte es für sehr wichtig, so etwas anzubieten, besonders für kleine und mittlere Unternehmen. 

Inwieweit kann eine Kooperation mit China bei der Entwicklung von KI funktionieren – vor dem Hintergrund des sich weiter zuspitzenden Tech-Konflikts mit den USA? Müssen wir uns entscheiden, in welchem Tech-Stack wir sein wollen, um nicht möglicherweise für eine Kooperation mit China sanktioniert zu werden?

Das Thema Kooperation mit China ist sehr abstrakt. Viele Firmen sind globale Firmen und liefern Produkte oder Services an den chinesischen Markt. Umgekehrt gibt es auch viele chinesische Firmen, die global agieren. Wenn man auf den chinesischen Markt nicht verzichten will, muss man vor allem sorgfältig hinsehen. Wo befindet man sich im KI-Ökosystem? Auf welcher Ebene braucht man Kollaboration? Wenn eine Firma in China agiert, braucht sie zum Beispiel chinesische Sprachmodelle, für die USA braucht sie wiederum westliche Sprachmodelle. Es geht darum, wie man als globale Firma agieren kann, um erfolgreich zu sein. Andererseits, wenn man sich die Zusammenarbeit in der KI-Forschung genau anschaut, arbeiten die US-Universitäten am meisten mit chinesischen Universitäten zusammen.

Aber steht das nicht im Widerspruch zur aktuellen Politik der USA, die verhindert, dass bestimmte KI-Chips oder Maschinen an China exportiert werden?

Ich glaube, wir deutschen oder europäische Länder müssen die Amerikaner vielleicht noch besser verstehen lernen. Manchmal ist das, was sie sagen, und das, was sie umsetzen, etwas anderes. Abgesehen davon, glaube ich, sind wir alle neugierig, was nächstes Jahr auf uns zukommt.

Ist eine europäische KI überhaupt möglich, ohne Verstrickungen mit den USA, aber auch ohne China? Diese Frage war ein Knackpunkt, der zum Bruch in Ihrem vorherigen Unternehmen Nyonic geführt hat.

Für die Souveränität Europas ist es sehr wichtig, dass wir unseren eigenen KI-Technologie-Stack haben. Aber Firmen, die global agieren, brauchen trotzdem auch die internationale Zusammenarbeit, um erfolgreich zu sein.

Welches Thema halten Sie aktuell im KI-Bereich für so relevant, dass Sie dazu ein Unternehmen gründen würden?

Ich unterstütze zurzeit Start-up-Firmen, die die Entwicklung generativer KI für die industrielle Anwendung unterstützen. Das war ja ursprünglich auch die Idee von Nyonic – generative KI für die europäische Industrie erfolgreich zu machen. Der zweite Bereich ist die Kombination von KI mit der synthetischen Biologie. Wir wissen, wie schwer es für Patienten ist, die Nierenversagen, Leberversagen oder Herzprobleme haben. Wenn es gelingt, KI mit der synthetischen Biologie zu kombinieren, werden wir die Lebensqualität vieler Menschen verbessern können und Leben retten.

Noch einmal zurück zum Thema Regulierungen. Unterschiedliche regionale Regulierungen können für Spannungen sorgen. Brauchen wir eine globale Interoperabilität?

Unbedingt. Die Menschheit befindet sich in einer sehr kritischen Phase. Aber andererseits müssen wir die wichtigsten Ziele für die Menschheit immer im Blick behalten: Hungersnöte zu beseitigen, bessere medizinische Bedingungen für alle zu schaffen und unser Klima zu schützen. Das setzt globale Zusammenarbeit voraus. Das haben wir auch bei der Bekämpfung der Pandemie gesehen. Deshalb glaube ich auch an die Zusammenarbeit im KI-Bereich, denn KI braucht Daten. Denken wir einmal an seltene Krankheiten: In manchen Ländern gibt es vielleicht nur ein paar Fälle, in anderen Ländern aber viel mehr. Ohne Zusammenarbeit wäre man bei der Bekämpfung nicht erfolgreich. 

Ich denke außerdem, dass wir eine Organisation wie die UNO für die KI-Regulierung und für die Datenregulierung brauchen, damit wir an Technologieanwendungen global zusammenarbeiten können.

Gibt es solche Initiativen bereits?

Es gibt Initiativen. Letztes Jahr haben die USA, die EU, China und Australien zusammen mit 28 Ländern im November in Großbritannien den ersten AI Safety Summit abgehalten. Auch die amerikanische Regierung und die chinesische Regierung haben sich schon zweimal getroffen, um ihre KI-Regulierungen miteinander abzustimmen. 

Wir müssen also größer denken?

Unbedingt!

Dr. Feiyu Xu studierte an der Tongji Universität in Shanghai und an der Universität des Saarlandes und habilitierte im Bereich Big Text Data Analytics. Sie hat mehr als 100 Forschungsarbeiten veröffentlicht und war Mitgründerin von Nyonic, das sie im März 2024 verließ, sowie von Mai 2020 bis Juni 2023 Senior Vice President, Global Head of Artificial Intelligence bei SAP, wo sie die KI-Strategie des Unternehmens leitete. Xu ist Vorstandsvorsitzende des AsiaBerlin Forum e.V. und Non-Executive Director der Airbus Group, Mitglied des Aufsichtsrates der ZF Group, sowie Mitglied des Verwaltungsrats der ChainIQ Group und der Zühlke Group.

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Baerbocks China-Reise: Das plant die Außenministerin in Peking

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist am Montagmorgen in Peking eingetroffen. Erster Programmpunkt ihres Kurztrips ist ein strategischer Dialog mit Außenminister Wang Yi. Dabei geht es um bilaterale Fragen, aber auch um die internationale Außen- und Sicherheitspolitik, wobei Baerbock einen Fokus auf den Ukraine-Krieg legen will. In einem Pressestatement vor der Reise erklärte die Außenministerin, dass Deutschlands “Sicherheit eng verbunden ist mit der Sicherheit anderer Weltregionen” und Austausch und Diplomatie in “stürmischen Zeiten” daher wichtiger denn je seien – “auch mit denjenigen, die Dinge anders sehen als wir.” Als permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat trage Peking Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt, erklärte Baerbock weiter. Mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland stelle sich Peking jedoch gegen europäische Kerninteressen. “Putins brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht unseren Frieden ganz unmittelbar. Dass wir dies in unseren Beziehungen zu China nicht einfach ausblenden können, auch darüber werde ich in Peking sprechen.”

Zur offiziellen Delegation Baerbocks gehört neben Patricia Flor, Deutschlands Botschafterin in China, auch Oliver Rentschler, Leiter der Abteilung Klimaaußenpolitik und Geoökonomie. “Klimapolitik kann nicht ohne Geopolitik diskutiert werden, wie wir auf der Weltklimakonferenz in Baku gesehen haben”, erläuterte Baerbock in ihrem Statement. “Bei der COP29 in Baku kam am Ende ein Ergebnis auch deshalb zustande, weil Europa und China gemeinsam für einen neuen Ansatz in der Klimafinanzierung gearbeitet haben.” Zusammenarbeit sei besser als Konfrontation, erklärte Baerbock. Allerdings dürfe man dabei nicht naiv sein.

Nach dem Außenminister-Dialog findet ab 15 Uhr Ortszeit in der Großen Halle des Volkes ein Gespräch mit dem Stellvertretenden Staatspräsidenten Han Zheng statt. Nach einer kurzen Pressekonferenz folgt ab 19 Uhr ein Gespräch mit dem Minister der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, Liu Jianchao. Letzter Tagespunkt ist ein Gespräch mit Vertretern und Vertreterinnen der deutschen Wirtschaft im German Centre Beijing. Zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China fand Baerbock in ihrem Statement ebenfalls deutliche Worte: “In einer komplett vernetzten Welt ist Wirtschaftspolitik eben auch Sicherheitspolitik. Wir werden daher nicht dulden, wenn andere zum Schaden deutscher und europäischer Industrie die internationalen Spielregeln verletzen – sei es durch staatlich subventionierte Überproduktion oder sei es beim Thema Menschenrechte, wenn ILO-Kernarbeitsnormen ignoriert werden zum Wettbewerbsvorteil.” fpe

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Nach US-Waffenverkauf an Taiwan: China kündigt “Gegenmaßnahmen” an

China hat “entschlossene Gegenmaßnahmen” gegen einen kürzlich genehmigten Waffenverkauf der USA an Taiwan angekündigt. Der Verkauf sende “ein falsches Signal” an die Unabhängigkeitskräfte Taiwans und untergrabe die US-chinesischen Beziehungen, hieß es in einer Erklärung des chinesischen Außenministeriums am Sonntag. Peking habe wegen des Verkaufs Beschwerde eingelegt, da dieser die Souveränität Chinas ernsthaft verletze.

Das US-Außenministerium hat den potenziellen Verkauf von Ersatzteilen und Zubehör für F-16-Kampfjets und Radaranlagen an Taiwan im Wert von geschätzten 385 Millionen Dollar genehmigt, wie das Pentagon am Freitag mitteilte. Erst vor einem Monat hatten die USA die Bereitstellung eines Waffenpakets im Wert von zwei Milliarden Dollar für Taiwan bekanntgegeben. Dieses umfasst unter anderem ein Flugabwehr-Raketensystem, das zuvor in der Ukraine erprobt wurde. Bereits 2023 stellten die USA Taiwan Militärhilfen in Höhe von 345 Millionen Dollar zur Verfügung. Laut einer Erklärung des taiwanesischen Verteidigungsministeriums könnten die neuen Verkäufe innerhalb eines Monats abgeschlossen sein. rtr/fpe 

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Northvolt: CATL könnte angeschlagenem Batteriehersteller zu Hilfe kommen

Wie die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter berichtet, berät der angeschlagene Batteriehersteller Northvolt angeblich mit chinesischen Unternehmen über eine mögliche Partnerschaft, darunter Contemporary Amperex Technology (CATL), weltgrößter Hersteller von Elektroauto-Batterien. Der chinesische Hersteller hält einen Marktanteil von fast 40 Prozent an deren weltweitem Absatz.

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt war lange Zeit einer der großen Hoffnungsträger Europas gewesen. Nach längeren Schwierigkeiten und der Anhäufung eines Schuldenbergs von 5,8 Milliarden Euro hatte das Unternehmen jedoch vergangene Woche in den USA Konkurs angemeldet, nachdem ein letzter Versuch, eine Rettungsfinanzierung zu erhalten, gescheitert war. Der scheidende Vorstandsvorsitzende Peter Carlsson sagte Anfang des Monats, dass mögliche Partnerschaften in Asien ein Ausweg aus der Krise des Unternehmens sein könnten.

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, erklärte CATL-Mitgründer und stellvertretender Vorsitzender Pan Jian jedoch, dass eine Investition in Northvolt derzeit keine Priorität seines Unternehmens sei. “Es besteht aber immer noch die Möglichkeit, dass wir ihnen auf der Produktionsseite helfen können”, so Jian. Die beiden Unternehmen hätten in den letzten sechs Monaten über ein Lizenzmodell nach dem Vorbild der Partnerschaft zwischen CATL und Ford Motor Co. gesprochen, so Pan. Das war jedoch, bevor sein Unternehmen sich der heiklen finanziellen Situation von Northvolt bewusst wurde, zitiert ihn die FAS.

Pan sagte auch, dass CATL im Vergleich zu japanischen und südkoreanischen Wettbewerbern Marktanteile in Europa gewinne. Das Unternehmen plane deshalb, neben einer neuen Fabrik im ostdeutschen Thüringen und einer Anlage in Ungarn weitere Produktionsstätten in Europa zu errichten. “Dazu werden wir bald etwas ankündigen”, erklärte Pan der Zeitung. fpe

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Wachstum: Das zeigen Chinas aktuelle Wirtschaftsdaten

Die chinesische Industrie ist den zweiten Monat in Folge leicht gewachsen. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) stieg im November auf 50,3 Punkte von 50,1 im Oktober. Das zeigen Daten des Nationalen Statistikamts. Der Index lag damit weiter knapp über der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird. Das Barometer war zudem so hoch wie seit sieben Monaten nicht mehr. Die Daten deuten darauf hin, dass die Konjunkturhilfen der Regierung langsam greifen. Positive Signale kamen auch von den Dienstleistern in China. Hier legte der Einkaufsmanagerindex ebenfalls leicht zu. 

Sinkende Erzeugerpreise und rückläufige Auftragseingänge hatten die chinesische Industrie seit Monaten belastet. Die Regierung kündigte daraufhin im September das größte Konjunkturpaket seit der Corona-Pandemie an. China peilt für 2024 ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent an. Im dritten Quartal war die chinesische Wirtschaft so langsam gewachsen wie seit Anfang 2023 nicht mehr. 

Gegenwind droht nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA durch die von ihm angekündigten hohen Zölle auf Importe aus China. Die chinesische Wirtschaft habe sich zwar stabilisiert, sagte Zhang Zhiwei, Chefökonom bei dem Vermögensverwalter Pinpoint Asset Management. “Doch die Aussichten für 2025 bleiben unklar.” Ein Handelskrieg zeichne sich ab und werde Investitionsentscheidungen von Unternehmen gegebenenfalls verzögern. rtr

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  • Konjunktur
  • Zölle

Presseschau

Waffenverkauf USA an Taiwan: China kündigt “entschlossene Gegenmaßnahmen” an HANDELSBLATT
Taiwan’s President Lai Ching-te in Hawaii: A stopover that speaks volumes CNN
China zürnt wegen Präsidentenbesuch aus Taiwan auf Hawaii DIE PRESSE
33 Flugzeuge, 8 Schiffe: Chinas Militär bedrängt Taiwan MERKUR
Mehr Unterstützung für Taiwan: Die Entwicklungen, die China derzeit besonders nervös machen WELT
China Is Studying Russia’s Sanctions Evasion to Prepare for Taiwan Conflict WALL STREET JOURNAL
U.S. Condemns China’s Harsh Sentence for a Prominent Journalist NEW YORK TIMES
Philippines-China Legal Warfare Escalates At Scarborough Shoal FORBES
Marc G. flog den Eurofighter für die deutsche Luftwaffe – Nun bildet er in China Kampfpiloten aus NZZ
China: Korruption? Xi Jinping entlässt mit Admiral Miao Hua nächsten Militärführer T-ONLINE
China sharpens trade war tools ahead of Trump’s arrival ASIA TIMES
Menschenrechtsorganisation berichtet: Wie chinesische Firmen nordkoreanische Zwangsarbeiter ausbeuten – lassen Perücken und falsche Wimpern von nordkoreanischen Gefängnisinsassen produzieren RND
Neue EU-Zölle bremsen Elektroauto-Import aus China deutlich TELEPOLIS
Batteriekonzern CATL: Deutschland soll China als Gegner und nicht als Bedrohung sehen FAZ
Auf den Spuren Maos: Trump plant die Kulturrevolution in den USA FR
China’s factory activity continues expansion in sign of recovery BUSINESS TIMES
China’s digital yuan roared out of the gate, but stumbling blocks could give it pause SCMP
China Home Sales Drop Again as Sustained Stimulus Effect Missing BLOOMBERG
Staat statt Start-Up: Chinas “Eiserne Reisschüssel” boomt – Chinas schwacher Arbeitsmarkt lässt junge Menschen hoffnungslos zurück – Nutznießer ist das Beamtentum WIWO

Heads

António Costa: Mehr Kooperation und “no-nonsense”

Der neue EU-Ratschef António Costa mit Ursula von der Leyen.

Portugals ehemaliger Regierungschef António Costa hat formell den Posten als EU-Ratspräsident übernommen. Für den heutigen Montag ist ein erster Austausch mit Ursula von der Leyen und Roberta Metsola geplant. Costa will einen “jour fixe” mit Kommissions- sowie Parlamentspräsidentin alle zwei Wochen zur Tradition machen. Mehr Austausch und Kooperation hat sich der Portugiese auf die Fahne geschrieben – und die ist dringend nötig, vor allem beim Thema China. Gerade der EU-Rat war in den vergangenen Jahren gespalten, wenn es um neue Regulierungen und Vorgaben ging, die die Beziehung mit der Volksrepublik betreffen könnten. 

Der 63-Jährige Costa steht für einen neuen Stil und vor allem ein besseres Klima zwischen den drei Institutionen im Brüsseler Europaviertel. Er gilt als pragmatisch und humorvoll, stehe für “no-nonsense” und habe keinen Drang zur Selbstdarstellung, sagt ein Diplomat. Die gute Zusammenarbeit mit der Kommissionspräsidentin und der neuen Außenbeauftragten Kaja Kallas soll Priorität haben, auch um Europas Schlagkraft zu verbessern. Es kann nach der Ära mit Charles Michel nur besser werden. Dem Belgier trauert kaum jemand nach, er wird vor allem wegen seiner Privatfehden mit von der Leyen in Erinnerung bleiben.

EU-Gipfel sollen nur noch einen Tag dauern

Costa hat mit Blick auf einen fokussierten Austausch vor, EU-Gipfel auf einen Tag zu beschränken. Geplant sind zudem regelmäßige Treffen außerhalb Brüssels, die wieder wirklich informell sein sollen, mit kleinen Delegationen, freier Diskussion und ohne Schlussfolgerungen. Verbessern will der Portugiese auch die Zusammenarbeit mit dem Parlament, wo er sich regelmäßig mit den Fraktionschefs treffen will. 

Kanzler Olaf Scholz hat Costa im Oktober in Berlin besucht. Die beiden Sozialdemokraten können gut miteinander, heißt es in Berlin. Viele der Chefs im Europäischen Rat kennt Costa ohnehin bereits: Acht Jahre lang saß er als Ministerpräsident Portugals in dem wichtigsten EU-Gremium, bis er wegen Korruptionsermittlungen in seinem Umfeld im November 2023 sein Amt niederlegte. An den Ermittlungen gibt es viel Kritik.

Enge Bindung zwischen Portugal und China

Als Ministerpräsident traf Costa auch Chinas Staatschef Xi Jinping. Xi gratulierte Costa zur Nominierung für das neue Amt im Juli telefonisch. Als Ministerpräsident Portugals sprach sich Costa regelmäßig für gute wirtschaftliche Verbindungen mit China aus und warnte vor Protektionismus. “Unsere Erfahrung mit chinesischen Investitionen ist sehr positiv. Die Chinesen zeigen totalen Respekt vor unseren Gesetzen und den Regeln des Marktes”, zitierte ihn die Financial Times 2019.

Seit der Wirtschaftskrise ab 2010 hatten chinesische Firmen massiv in Portugal eingekauft: den vorher staatlichen Stromnetzbetreiber REN, die größten Versicherungsunternehmen, die größten privaten Krankenhäuser und Banken. China hatte Portugal während der Krise massiv geholfen, etwa durch den Kauf portugiesischer Staatsanleihen, die sonst niemand wollte. 

Die beiden Länder verbindet außerdem eine Geschichte mit Macau, das sich vom 16. Jahrhundert bis zu seiner Rückgabe 1999 in portugiesischer Hand befand. Peking rühmt sie als Beispiel für Kooperation und gegenseitigen Nutzen – im Gegensatz zur heiklen Übergabe von Großbritanniens Kolonie Hongkong.

Mehr Führung für den EU-Rat

2018 besuchte Xi Lissabon. Unter Costa wurde bei dem Besuch ein Memorandum of Understanding für Portugal als Teil der Belt and Road-Initiative unterschrieben, das in seiner Formulierung aber sehr vage war und bisher nicht wirklich konkret umgesetzt wurde. 

Von Costa erhoffen sich Scholz und Co mehr Führung: Seine Aufgabe sei es, “mit einer klaren Vorstellung zielgerichtet die Positionen zusammenzuführen, statt nur eine Redeliste zu führen”, sagt ein Diplomat. Costa dürfte zunächst eher zurückhaltend kommunizieren, er will sich erst das Vertrauen der anderen erarbeiten. 

Costa muss versuchen, die Reihen zu schließen

Seine Aufgabe wird alles andere als einfach. Am 20. Januar wird Donald Trump als US-Präsident vereidigt, Costa muss versuchen, die Reihen der Mitgliedstaaten sowohl im drohenden Handelskonflikt als auch in der Ukraine-Politik zu schließen. “Es wird sehr, sehr, sehr schwierig”, sagte er jüngst der Financial Times. Aber seine Gesprächspartner seien sich der Dimension der Probleme bewusst. Und: “Europa funktioniert meistens am besten in Krisenmomenten.”

Costa wird die Verschiebungen der Kräfteverhältnisse im Rat moderieren müssen. Das traditionelle Führungsduo Deutschland und Frankreich ist geschwächt durch die innenpolitischen Turbulenzen. Nationalistische Politiker wie Viktor Orbán und Giorgia Meloni beanspruchen mehr Mitsprache. Er habe Meloni bislang stets als konstruktiv wahrgenommen, sagt Costa. Selbst mit Ungarn habe man in den kritischen Momenten Lösungen gefunden. Stephan Israel/ Amelie Richter

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Personalien

Ralf Wirtz hat seine Zeit in China bei FAW Volkswagen beendet und wechselt nach Braunschweig, wo er als Special Consultant Retail bei VW Leasing arbeiten wird. Wirtz war seit Januar 2019 in Changchun für FAW Volkswagen in verschiedenen Rollen tätig, zuletzt als Head of Training.

Cyril Chen ist seit November bei Bosch in China im Strategic Product Management tätig. Die in Nantes und Shanghai ausgebildete Marine-Ingenieurin wird für das deutsche Unternehmen von Shanghai aus arbeiten.

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Adventskalender

Für alle Faulpelze und Stubenhocker gibt es gute Nachrichten: In China kann man jetzt Gerichte kaufen, die sich quasi von selbst zubereiten. Wie bitte? Doch, wirklich. Alles, was man dafür braucht, ist schnödes, raumtemperiertes Mineral- oder Leitungswasser. 方便自热食品 fāngbiàn zìrè shípǐn, auf Deutsch “selbsterhitzende Fertiggerichte”, nennt man dieses neue Highlight im Supermarktregal. Wie funktioniert’s? Ganz einfach: Den Gerichten ist eine kleine “Hitzepackung” (加热袋 jiārèdài oder 发热包 fārèbāo) beigelegt, in der sich Branntkalk bzw. Calciumoxid (生石灰 shēngshíhuī) befindet. Diese weiße, kristalline Substanz hat die Eigenschaft, bei der Reaktion mit Wasser über mehrere Minuten große Hitze freizusetzen. Und diese nutzen die Fertiggerichte zum Garen der Zutaten. Ein Highlight für faule Feinschmecker ist ohne Frage der selbsterhitzende Feuertopf (自热火锅 zìrè huǒguō).

Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Zu Baerbocks Delegation in Peking gehört auch Oliver Rentschler, Leiter der Abteilung Klimaaußenpolitik und Geoökonomie. “Klimapolitik kann nicht ohne Geopolitik diskutiert werden, wie wir auf der Weltklimakonferenz in Baku gesehen haben”, erläuterte Baerbock in ihrem Statement. “Bei der COP29 in Baku kam am Ende ein Ergebnis auch deshalb zustande, weil Europa und China gemeinsam für einen neuen Ansatz in der Klimafinanzierung gearbeitet haben.” Zusammenarbeit sei besser als Konfrontation – allerdings dürfe man dabei nicht naiv sein, erklärte Baerbock den Grundtenor ihrer Reise. Unsere Chefreporterin Angela Köckritz ist für Sie in Peking dabei und überprüft, was aus diesem Ansatz am Ende der Gespräche übrig bleibt.

    Den fast schon standardmäßigen Fatalismus, dass Europa bei der Künstlichen Intelligenz von China und den USA abgehängt wurde, findet Feiyu Xu zu simpel und zu vorschnell. Die KI-Expertin, Aufsichtsrätin und Senior Beraterin muss es wissen: Ihre umfangreiche Forschung zur KI wurde mehrfach ausgezeichnet. Sie hat bei Unternehmen wie Lenovo und SAP die KI-Strategien mitentwickelt und – ungewöhnlich für eine Forscherin – auch zu deren Kommerzialisierung beigetragen. Das Wissen ist da, vor allem auch in Deutschland, erklärt sie im Interview mit Julia Fiedler. Nur an entscheidenden Stellen hapert es noch, allen voran am Mut, groß zu denken.

    Ganz ohne KI, aber mit viel Liebe für die chinesische Sprache, hat Verena Menzel einen Adventskalender für sie erstellt. Ab heute finden Sie jeden Morgen anstelle unseres Desserts eine kleine Wort-Überraschung. Viel Freude damit!

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    Fabian Peltsch
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    Feiyu Xu: Europa braucht ein eigenes KI-Ökosystem

    Feiyu Xu ist Vorstandsvorsitzende des AsiaBerlin Forum e.V..

    Frau Xu, wichtige Industriebereiche in Deutschland stecken in der Krise. Kann KI hier eine Wachstumslücke schließen? 

    Ja, KI ist eine große Chance für Deutschland. Sie trägt dazu bei, intelligente oder neue Produkte zu entwickeln und hilft, Prozesse zu optimieren, um Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. 

    Ist im KI-Wettkampf zwischen den USA und China überhaupt noch Platz für Deutschland und Europa?

    Wir in Deutschland sind zu bescheiden. In den letzten paar Jahren waren wir nicht aggressiv genug. Wenn man die Grundlagenforschung von KI ansieht – Deep Learning, maschinelle Übersetzung usw. – gehören deutsche Wissenschaftler zur Weltspitze. Aber um die Kommerzialisierung, die AI-Adoption der Industrie, voranzutreiben, haben wir nicht genug investiert. Deshalb sollten wir nun stark in die Infrastruktur, in die Forschung und in die Innovation investieren. Und dann, denke ich, können wir auch schnell wieder unter den Besten der Welt sein. Man kann nicht ernten, wo hinein man nicht investiert hat.

    Wo liegen China und die USA denn genau vorne? 

    Das KI-Ökosystem besteht aus Chips und der Hardware-Infrastruktur, der Cloud-Infrastruktur und der Infrastruktur für das Trainieren der KI-Modelle bis hin zur Trainings- und Einsatzinfrastruktur für KI-Modelle. Abgerundet wird es durch die Anwendungen, die KI-Technologien in der Praxis nutzbar machen. Das alles ist der KI-Technologie-Stack. Bei den Hyperscalern – also der großen Cloud-Infrastruktur, die dazu dient, Skalierungen im Bereich Big Data und Cloud-Computing zu ermöglichen – sind die USA mit Unternehmen wie Google, AWS, Microsoft und Meta vorne. Aber auch China spielt mit Alibaba, Tencent und Baidu vorne mit. Ungefähr 60 Prozent der großen Sprachmodell-Firmen sind in den USA und über 30 Prozent in China. 

    Und wo steht Europa?

    Europa besitzt nur eine ganz limitierte Anzahl von Firmen, die große Sprachmodelle entwickeln. In Europa haben wir auch keinen Hyperscaler. Viele deutsche und europäische Firmen entwickeln KI-Anwendungen auf Basis der amerikanischen und chinesischen KI-Stacks. Die EU, die nationalen Regierungen und die Industrie, die in Start-ups investieren, müssen zusammenarbeiten und die Lücken im KI-Stack füllen. Viele sind sich darüber bewusst, es fehlt aber an Investment. Darüber reden oder sich beschweren, dass wir vielleicht momentan nicht so weit sind wie die USA oder China, reicht nicht aus.

    Ein wichtiges Thema für die KI-Entwicklung ist der Zugriff auf Daten. Müssen wir unsere Regulierungen überdenken?

    Europa ist mit der DSGVO oder dem Data Act führend, was die Sorgfalt im Umgang mit Daten angeht. Beim Data Act geht es auch darum, Firmen zu ermutigen, Daten miteinander zu teilen, um Anwendungen zu bauen. China, aber auch andere Länder, nehmen Europa als Beispiel. Regulierung allein reicht aber nicht. Zusätzlich sollten Services und Technologien angeboten werden, damit die Firmen wissen: Welche Daten darf ich nutzen, welche nicht, und welche Technologie ist unter der Regulierung zugänglich? Ohne dass die Firmen selbst eine hohe Kompetenz im Bereich Datenregulierung aufbauen müssen. Dadurch könnte Innovation erleichtert werden. Zum Teil drohen bei Fehlern aufgrund der Regulierungen hohe Strafen, für Firmen besteht also ein hohes Risiko.

    Wie könnten solche Services ganz konkret aussehen?

    Die EU könnte eine App zur Verfügung stellen. Entwickler könnten diese App über die Daten laufen lassen und die App sagt ihnen: Diese Daten enthalten Personendaten und dürfen nicht verwendet werden, oder: Dieser Use Case ist unbedenklich. Ich halte es für sehr wichtig, so etwas anzubieten, besonders für kleine und mittlere Unternehmen. 

    Inwieweit kann eine Kooperation mit China bei der Entwicklung von KI funktionieren – vor dem Hintergrund des sich weiter zuspitzenden Tech-Konflikts mit den USA? Müssen wir uns entscheiden, in welchem Tech-Stack wir sein wollen, um nicht möglicherweise für eine Kooperation mit China sanktioniert zu werden?

    Das Thema Kooperation mit China ist sehr abstrakt. Viele Firmen sind globale Firmen und liefern Produkte oder Services an den chinesischen Markt. Umgekehrt gibt es auch viele chinesische Firmen, die global agieren. Wenn man auf den chinesischen Markt nicht verzichten will, muss man vor allem sorgfältig hinsehen. Wo befindet man sich im KI-Ökosystem? Auf welcher Ebene braucht man Kollaboration? Wenn eine Firma in China agiert, braucht sie zum Beispiel chinesische Sprachmodelle, für die USA braucht sie wiederum westliche Sprachmodelle. Es geht darum, wie man als globale Firma agieren kann, um erfolgreich zu sein. Andererseits, wenn man sich die Zusammenarbeit in der KI-Forschung genau anschaut, arbeiten die US-Universitäten am meisten mit chinesischen Universitäten zusammen.

    Aber steht das nicht im Widerspruch zur aktuellen Politik der USA, die verhindert, dass bestimmte KI-Chips oder Maschinen an China exportiert werden?

    Ich glaube, wir deutschen oder europäische Länder müssen die Amerikaner vielleicht noch besser verstehen lernen. Manchmal ist das, was sie sagen, und das, was sie umsetzen, etwas anderes. Abgesehen davon, glaube ich, sind wir alle neugierig, was nächstes Jahr auf uns zukommt.

    Ist eine europäische KI überhaupt möglich, ohne Verstrickungen mit den USA, aber auch ohne China? Diese Frage war ein Knackpunkt, der zum Bruch in Ihrem vorherigen Unternehmen Nyonic geführt hat.

    Für die Souveränität Europas ist es sehr wichtig, dass wir unseren eigenen KI-Technologie-Stack haben. Aber Firmen, die global agieren, brauchen trotzdem auch die internationale Zusammenarbeit, um erfolgreich zu sein.

    Welches Thema halten Sie aktuell im KI-Bereich für so relevant, dass Sie dazu ein Unternehmen gründen würden?

    Ich unterstütze zurzeit Start-up-Firmen, die die Entwicklung generativer KI für die industrielle Anwendung unterstützen. Das war ja ursprünglich auch die Idee von Nyonic – generative KI für die europäische Industrie erfolgreich zu machen. Der zweite Bereich ist die Kombination von KI mit der synthetischen Biologie. Wir wissen, wie schwer es für Patienten ist, die Nierenversagen, Leberversagen oder Herzprobleme haben. Wenn es gelingt, KI mit der synthetischen Biologie zu kombinieren, werden wir die Lebensqualität vieler Menschen verbessern können und Leben retten.

    Noch einmal zurück zum Thema Regulierungen. Unterschiedliche regionale Regulierungen können für Spannungen sorgen. Brauchen wir eine globale Interoperabilität?

    Unbedingt. Die Menschheit befindet sich in einer sehr kritischen Phase. Aber andererseits müssen wir die wichtigsten Ziele für die Menschheit immer im Blick behalten: Hungersnöte zu beseitigen, bessere medizinische Bedingungen für alle zu schaffen und unser Klima zu schützen. Das setzt globale Zusammenarbeit voraus. Das haben wir auch bei der Bekämpfung der Pandemie gesehen. Deshalb glaube ich auch an die Zusammenarbeit im KI-Bereich, denn KI braucht Daten. Denken wir einmal an seltene Krankheiten: In manchen Ländern gibt es vielleicht nur ein paar Fälle, in anderen Ländern aber viel mehr. Ohne Zusammenarbeit wäre man bei der Bekämpfung nicht erfolgreich. 

    Ich denke außerdem, dass wir eine Organisation wie die UNO für die KI-Regulierung und für die Datenregulierung brauchen, damit wir an Technologieanwendungen global zusammenarbeiten können.

    Gibt es solche Initiativen bereits?

    Es gibt Initiativen. Letztes Jahr haben die USA, die EU, China und Australien zusammen mit 28 Ländern im November in Großbritannien den ersten AI Safety Summit abgehalten. Auch die amerikanische Regierung und die chinesische Regierung haben sich schon zweimal getroffen, um ihre KI-Regulierungen miteinander abzustimmen. 

    Wir müssen also größer denken?

    Unbedingt!

    Dr. Feiyu Xu studierte an der Tongji Universität in Shanghai und an der Universität des Saarlandes und habilitierte im Bereich Big Text Data Analytics. Sie hat mehr als 100 Forschungsarbeiten veröffentlicht und war Mitgründerin von Nyonic, das sie im März 2024 verließ, sowie von Mai 2020 bis Juni 2023 Senior Vice President, Global Head of Artificial Intelligence bei SAP, wo sie die KI-Strategie des Unternehmens leitete. Xu ist Vorstandsvorsitzende des AsiaBerlin Forum e.V. und Non-Executive Director der Airbus Group, Mitglied des Aufsichtsrates der ZF Group, sowie Mitglied des Verwaltungsrats der ChainIQ Group und der Zühlke Group.

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    News

    Baerbocks China-Reise: Das plant die Außenministerin in Peking

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist am Montagmorgen in Peking eingetroffen. Erster Programmpunkt ihres Kurztrips ist ein strategischer Dialog mit Außenminister Wang Yi. Dabei geht es um bilaterale Fragen, aber auch um die internationale Außen- und Sicherheitspolitik, wobei Baerbock einen Fokus auf den Ukraine-Krieg legen will. In einem Pressestatement vor der Reise erklärte die Außenministerin, dass Deutschlands “Sicherheit eng verbunden ist mit der Sicherheit anderer Weltregionen” und Austausch und Diplomatie in “stürmischen Zeiten” daher wichtiger denn je seien – “auch mit denjenigen, die Dinge anders sehen als wir.” Als permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat trage Peking Verantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt, erklärte Baerbock weiter. Mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland stelle sich Peking jedoch gegen europäische Kerninteressen. “Putins brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht unseren Frieden ganz unmittelbar. Dass wir dies in unseren Beziehungen zu China nicht einfach ausblenden können, auch darüber werde ich in Peking sprechen.”

    Zur offiziellen Delegation Baerbocks gehört neben Patricia Flor, Deutschlands Botschafterin in China, auch Oliver Rentschler, Leiter der Abteilung Klimaaußenpolitik und Geoökonomie. “Klimapolitik kann nicht ohne Geopolitik diskutiert werden, wie wir auf der Weltklimakonferenz in Baku gesehen haben”, erläuterte Baerbock in ihrem Statement. “Bei der COP29 in Baku kam am Ende ein Ergebnis auch deshalb zustande, weil Europa und China gemeinsam für einen neuen Ansatz in der Klimafinanzierung gearbeitet haben.” Zusammenarbeit sei besser als Konfrontation, erklärte Baerbock. Allerdings dürfe man dabei nicht naiv sein.

    Nach dem Außenminister-Dialog findet ab 15 Uhr Ortszeit in der Großen Halle des Volkes ein Gespräch mit dem Stellvertretenden Staatspräsidenten Han Zheng statt. Nach einer kurzen Pressekonferenz folgt ab 19 Uhr ein Gespräch mit dem Minister der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, Liu Jianchao. Letzter Tagespunkt ist ein Gespräch mit Vertretern und Vertreterinnen der deutschen Wirtschaft im German Centre Beijing. Zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China fand Baerbock in ihrem Statement ebenfalls deutliche Worte: “In einer komplett vernetzten Welt ist Wirtschaftspolitik eben auch Sicherheitspolitik. Wir werden daher nicht dulden, wenn andere zum Schaden deutscher und europäischer Industrie die internationalen Spielregeln verletzen – sei es durch staatlich subventionierte Überproduktion oder sei es beim Thema Menschenrechte, wenn ILO-Kernarbeitsnormen ignoriert werden zum Wettbewerbsvorteil.” fpe

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    Nach US-Waffenverkauf an Taiwan: China kündigt “Gegenmaßnahmen” an

    China hat “entschlossene Gegenmaßnahmen” gegen einen kürzlich genehmigten Waffenverkauf der USA an Taiwan angekündigt. Der Verkauf sende “ein falsches Signal” an die Unabhängigkeitskräfte Taiwans und untergrabe die US-chinesischen Beziehungen, hieß es in einer Erklärung des chinesischen Außenministeriums am Sonntag. Peking habe wegen des Verkaufs Beschwerde eingelegt, da dieser die Souveränität Chinas ernsthaft verletze.

    Das US-Außenministerium hat den potenziellen Verkauf von Ersatzteilen und Zubehör für F-16-Kampfjets und Radaranlagen an Taiwan im Wert von geschätzten 385 Millionen Dollar genehmigt, wie das Pentagon am Freitag mitteilte. Erst vor einem Monat hatten die USA die Bereitstellung eines Waffenpakets im Wert von zwei Milliarden Dollar für Taiwan bekanntgegeben. Dieses umfasst unter anderem ein Flugabwehr-Raketensystem, das zuvor in der Ukraine erprobt wurde. Bereits 2023 stellten die USA Taiwan Militärhilfen in Höhe von 345 Millionen Dollar zur Verfügung. Laut einer Erklärung des taiwanesischen Verteidigungsministeriums könnten die neuen Verkäufe innerhalb eines Monats abgeschlossen sein. rtr/fpe 

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    Northvolt: CATL könnte angeschlagenem Batteriehersteller zu Hilfe kommen

    Wie die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter berichtet, berät der angeschlagene Batteriehersteller Northvolt angeblich mit chinesischen Unternehmen über eine mögliche Partnerschaft, darunter Contemporary Amperex Technology (CATL), weltgrößter Hersteller von Elektroauto-Batterien. Der chinesische Hersteller hält einen Marktanteil von fast 40 Prozent an deren weltweitem Absatz.

    Der schwedische Batteriehersteller Northvolt war lange Zeit einer der großen Hoffnungsträger Europas gewesen. Nach längeren Schwierigkeiten und der Anhäufung eines Schuldenbergs von 5,8 Milliarden Euro hatte das Unternehmen jedoch vergangene Woche in den USA Konkurs angemeldet, nachdem ein letzter Versuch, eine Rettungsfinanzierung zu erhalten, gescheitert war. Der scheidende Vorstandsvorsitzende Peter Carlsson sagte Anfang des Monats, dass mögliche Partnerschaften in Asien ein Ausweg aus der Krise des Unternehmens sein könnten.

    In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, erklärte CATL-Mitgründer und stellvertretender Vorsitzender Pan Jian jedoch, dass eine Investition in Northvolt derzeit keine Priorität seines Unternehmens sei. “Es besteht aber immer noch die Möglichkeit, dass wir ihnen auf der Produktionsseite helfen können”, so Jian. Die beiden Unternehmen hätten in den letzten sechs Monaten über ein Lizenzmodell nach dem Vorbild der Partnerschaft zwischen CATL und Ford Motor Co. gesprochen, so Pan. Das war jedoch, bevor sein Unternehmen sich der heiklen finanziellen Situation von Northvolt bewusst wurde, zitiert ihn die FAS.

    Pan sagte auch, dass CATL im Vergleich zu japanischen und südkoreanischen Wettbewerbern Marktanteile in Europa gewinne. Das Unternehmen plane deshalb, neben einer neuen Fabrik im ostdeutschen Thüringen und einer Anlage in Ungarn weitere Produktionsstätten in Europa zu errichten. “Dazu werden wir bald etwas ankündigen”, erklärte Pan der Zeitung. fpe

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    Wachstum: Das zeigen Chinas aktuelle Wirtschaftsdaten

    Die chinesische Industrie ist den zweiten Monat in Folge leicht gewachsen. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) stieg im November auf 50,3 Punkte von 50,1 im Oktober. Das zeigen Daten des Nationalen Statistikamts. Der Index lag damit weiter knapp über der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird. Das Barometer war zudem so hoch wie seit sieben Monaten nicht mehr. Die Daten deuten darauf hin, dass die Konjunkturhilfen der Regierung langsam greifen. Positive Signale kamen auch von den Dienstleistern in China. Hier legte der Einkaufsmanagerindex ebenfalls leicht zu. 

    Sinkende Erzeugerpreise und rückläufige Auftragseingänge hatten die chinesische Industrie seit Monaten belastet. Die Regierung kündigte daraufhin im September das größte Konjunkturpaket seit der Corona-Pandemie an. China peilt für 2024 ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent an. Im dritten Quartal war die chinesische Wirtschaft so langsam gewachsen wie seit Anfang 2023 nicht mehr. 

    Gegenwind droht nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA durch die von ihm angekündigten hohen Zölle auf Importe aus China. Die chinesische Wirtschaft habe sich zwar stabilisiert, sagte Zhang Zhiwei, Chefökonom bei dem Vermögensverwalter Pinpoint Asset Management. “Doch die Aussichten für 2025 bleiben unklar.” Ein Handelskrieg zeichne sich ab und werde Investitionsentscheidungen von Unternehmen gegebenenfalls verzögern. rtr

    • Daten
    • Konjunktur
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    Presseschau

    Waffenverkauf USA an Taiwan: China kündigt “entschlossene Gegenmaßnahmen” an HANDELSBLATT
    Taiwan’s President Lai Ching-te in Hawaii: A stopover that speaks volumes CNN
    China zürnt wegen Präsidentenbesuch aus Taiwan auf Hawaii DIE PRESSE
    33 Flugzeuge, 8 Schiffe: Chinas Militär bedrängt Taiwan MERKUR
    Mehr Unterstützung für Taiwan: Die Entwicklungen, die China derzeit besonders nervös machen WELT
    China Is Studying Russia’s Sanctions Evasion to Prepare for Taiwan Conflict WALL STREET JOURNAL
    U.S. Condemns China’s Harsh Sentence for a Prominent Journalist NEW YORK TIMES
    Philippines-China Legal Warfare Escalates At Scarborough Shoal FORBES
    Marc G. flog den Eurofighter für die deutsche Luftwaffe – Nun bildet er in China Kampfpiloten aus NZZ
    China: Korruption? Xi Jinping entlässt mit Admiral Miao Hua nächsten Militärführer T-ONLINE
    China sharpens trade war tools ahead of Trump’s arrival ASIA TIMES
    Menschenrechtsorganisation berichtet: Wie chinesische Firmen nordkoreanische Zwangsarbeiter ausbeuten – lassen Perücken und falsche Wimpern von nordkoreanischen Gefängnisinsassen produzieren RND
    Neue EU-Zölle bremsen Elektroauto-Import aus China deutlich TELEPOLIS
    Batteriekonzern CATL: Deutschland soll China als Gegner und nicht als Bedrohung sehen FAZ
    Auf den Spuren Maos: Trump plant die Kulturrevolution in den USA FR
    China’s factory activity continues expansion in sign of recovery BUSINESS TIMES
    China’s digital yuan roared out of the gate, but stumbling blocks could give it pause SCMP
    China Home Sales Drop Again as Sustained Stimulus Effect Missing BLOOMBERG
    Staat statt Start-Up: Chinas “Eiserne Reisschüssel” boomt – Chinas schwacher Arbeitsmarkt lässt junge Menschen hoffnungslos zurück – Nutznießer ist das Beamtentum WIWO

    Heads

    António Costa: Mehr Kooperation und “no-nonsense”

    Der neue EU-Ratschef António Costa mit Ursula von der Leyen.

    Portugals ehemaliger Regierungschef António Costa hat formell den Posten als EU-Ratspräsident übernommen. Für den heutigen Montag ist ein erster Austausch mit Ursula von der Leyen und Roberta Metsola geplant. Costa will einen “jour fixe” mit Kommissions- sowie Parlamentspräsidentin alle zwei Wochen zur Tradition machen. Mehr Austausch und Kooperation hat sich der Portugiese auf die Fahne geschrieben – und die ist dringend nötig, vor allem beim Thema China. Gerade der EU-Rat war in den vergangenen Jahren gespalten, wenn es um neue Regulierungen und Vorgaben ging, die die Beziehung mit der Volksrepublik betreffen könnten. 

    Der 63-Jährige Costa steht für einen neuen Stil und vor allem ein besseres Klima zwischen den drei Institutionen im Brüsseler Europaviertel. Er gilt als pragmatisch und humorvoll, stehe für “no-nonsense” und habe keinen Drang zur Selbstdarstellung, sagt ein Diplomat. Die gute Zusammenarbeit mit der Kommissionspräsidentin und der neuen Außenbeauftragten Kaja Kallas soll Priorität haben, auch um Europas Schlagkraft zu verbessern. Es kann nach der Ära mit Charles Michel nur besser werden. Dem Belgier trauert kaum jemand nach, er wird vor allem wegen seiner Privatfehden mit von der Leyen in Erinnerung bleiben.

    EU-Gipfel sollen nur noch einen Tag dauern

    Costa hat mit Blick auf einen fokussierten Austausch vor, EU-Gipfel auf einen Tag zu beschränken. Geplant sind zudem regelmäßige Treffen außerhalb Brüssels, die wieder wirklich informell sein sollen, mit kleinen Delegationen, freier Diskussion und ohne Schlussfolgerungen. Verbessern will der Portugiese auch die Zusammenarbeit mit dem Parlament, wo er sich regelmäßig mit den Fraktionschefs treffen will. 

    Kanzler Olaf Scholz hat Costa im Oktober in Berlin besucht. Die beiden Sozialdemokraten können gut miteinander, heißt es in Berlin. Viele der Chefs im Europäischen Rat kennt Costa ohnehin bereits: Acht Jahre lang saß er als Ministerpräsident Portugals in dem wichtigsten EU-Gremium, bis er wegen Korruptionsermittlungen in seinem Umfeld im November 2023 sein Amt niederlegte. An den Ermittlungen gibt es viel Kritik.

    Enge Bindung zwischen Portugal und China

    Als Ministerpräsident traf Costa auch Chinas Staatschef Xi Jinping. Xi gratulierte Costa zur Nominierung für das neue Amt im Juli telefonisch. Als Ministerpräsident Portugals sprach sich Costa regelmäßig für gute wirtschaftliche Verbindungen mit China aus und warnte vor Protektionismus. “Unsere Erfahrung mit chinesischen Investitionen ist sehr positiv. Die Chinesen zeigen totalen Respekt vor unseren Gesetzen und den Regeln des Marktes”, zitierte ihn die Financial Times 2019.

    Seit der Wirtschaftskrise ab 2010 hatten chinesische Firmen massiv in Portugal eingekauft: den vorher staatlichen Stromnetzbetreiber REN, die größten Versicherungsunternehmen, die größten privaten Krankenhäuser und Banken. China hatte Portugal während der Krise massiv geholfen, etwa durch den Kauf portugiesischer Staatsanleihen, die sonst niemand wollte. 

    Die beiden Länder verbindet außerdem eine Geschichte mit Macau, das sich vom 16. Jahrhundert bis zu seiner Rückgabe 1999 in portugiesischer Hand befand. Peking rühmt sie als Beispiel für Kooperation und gegenseitigen Nutzen – im Gegensatz zur heiklen Übergabe von Großbritanniens Kolonie Hongkong.

    Mehr Führung für den EU-Rat

    2018 besuchte Xi Lissabon. Unter Costa wurde bei dem Besuch ein Memorandum of Understanding für Portugal als Teil der Belt and Road-Initiative unterschrieben, das in seiner Formulierung aber sehr vage war und bisher nicht wirklich konkret umgesetzt wurde. 

    Von Costa erhoffen sich Scholz und Co mehr Führung: Seine Aufgabe sei es, “mit einer klaren Vorstellung zielgerichtet die Positionen zusammenzuführen, statt nur eine Redeliste zu führen”, sagt ein Diplomat. Costa dürfte zunächst eher zurückhaltend kommunizieren, er will sich erst das Vertrauen der anderen erarbeiten. 

    Costa muss versuchen, die Reihen zu schließen

    Seine Aufgabe wird alles andere als einfach. Am 20. Januar wird Donald Trump als US-Präsident vereidigt, Costa muss versuchen, die Reihen der Mitgliedstaaten sowohl im drohenden Handelskonflikt als auch in der Ukraine-Politik zu schließen. “Es wird sehr, sehr, sehr schwierig”, sagte er jüngst der Financial Times. Aber seine Gesprächspartner seien sich der Dimension der Probleme bewusst. Und: “Europa funktioniert meistens am besten in Krisenmomenten.”

    Costa wird die Verschiebungen der Kräfteverhältnisse im Rat moderieren müssen. Das traditionelle Führungsduo Deutschland und Frankreich ist geschwächt durch die innenpolitischen Turbulenzen. Nationalistische Politiker wie Viktor Orbán und Giorgia Meloni beanspruchen mehr Mitsprache. Er habe Meloni bislang stets als konstruktiv wahrgenommen, sagt Costa. Selbst mit Ungarn habe man in den kritischen Momenten Lösungen gefunden. Stephan Israel/ Amelie Richter

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    Personalien

    Ralf Wirtz hat seine Zeit in China bei FAW Volkswagen beendet und wechselt nach Braunschweig, wo er als Special Consultant Retail bei VW Leasing arbeiten wird. Wirtz war seit Januar 2019 in Changchun für FAW Volkswagen in verschiedenen Rollen tätig, zuletzt als Head of Training.

    Cyril Chen ist seit November bei Bosch in China im Strategic Product Management tätig. Die in Nantes und Shanghai ausgebildete Marine-Ingenieurin wird für das deutsche Unternehmen von Shanghai aus arbeiten.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Adventskalender

    Für alle Faulpelze und Stubenhocker gibt es gute Nachrichten: In China kann man jetzt Gerichte kaufen, die sich quasi von selbst zubereiten. Wie bitte? Doch, wirklich. Alles, was man dafür braucht, ist schnödes, raumtemperiertes Mineral- oder Leitungswasser. 方便自热食品 fāngbiàn zìrè shípǐn, auf Deutsch “selbsterhitzende Fertiggerichte”, nennt man dieses neue Highlight im Supermarktregal. Wie funktioniert’s? Ganz einfach: Den Gerichten ist eine kleine “Hitzepackung” (加热袋 jiārèdài oder 发热包 fārèbāo) beigelegt, in der sich Branntkalk bzw. Calciumoxid (生石灰 shēngshíhuī) befindet. Diese weiße, kristalline Substanz hat die Eigenschaft, bei der Reaktion mit Wasser über mehrere Minuten große Hitze freizusetzen. Und diese nutzen die Fertiggerichte zum Garen der Zutaten. Ein Highlight für faule Feinschmecker ist ohne Frage der selbsterhitzende Feuertopf (自热火锅 zìrè huǒguō).

    Verena Menzel betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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