Volkswagen steht in Deutschland vor möglichen Werkschließungen und Entlassungen aufgrund hoher Kosten und einer schwächeren Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, während das Unternehmen gleichzeitig massiv in den chinesischen Markt investiert. Wie passt das zusammen?
Wer die Marktexpertin Beatrix Keim fragt, dem erschließt sich die Logik des Konzerns: Die China-Investitionen sind notwendig, um in einem dynamischen Markt, der den Übergang zur Elektromobilität schneller vollzieht, wettbewerbsfähig zu bleiben. In Deutschland sind dagegen die Gehälter zu hoch, während die Kauflaune zu niedrig ist, wie Keim im Interview mit Julia Fiedler erläutert.
Kein Unternehmen hält so einen Spagat ohne Anpassungen durch. Doch mit Entlassungen ist es nicht getan, VW muss auch an seiner Organisation arbeiten, warnt Keim. Derzeit sei im Konzern vieles zu aufgebläht und kompliziert – das macht die Autos zu teuer. Insgesamt sieht sie die Zukunft der Autowelt weiterhin: in China.
Das betrifft auch die Untermarke Cupra, die bei der Konzerntochter Seat beheimatet ist. VW wollte das Elektro-SUV Tavascan von Cupra auch für Europa mit seinem chinesischen Partner zum China-Preis in Anhui herstellen lassen. Jetzt schlägt der Chef von Seat Alarm: Die EU durchkreuzt die Importpläne mit ihren Zöllen. Wird das E-Auto bei der Einfuhr um ein Fünftel verteuert, dürfte es unverkäuflich sein. Ein Bärendienst für die – auch von der EU vorangetriebene – Wende zur Elektromobilität.
Bei Volkswagen drohen Werkschließung und Kündigungen. Gleichzeitig beobachten wir, dass VW in China stark investiert. Wie passt das zusammen?
Es gibt zwei Ebenen: Konzern und Markenebene. Bei den aktuellen Nachrichten geht es um die Kernmarke Volkswagen. Die Gehälter in Deutschland sind ein sehr hoher Kostenfaktor, Abfindungen und Altersteilzeitregelungen scheinen nicht mehr zu genügen, um die Ausgaben zu senken. Zudem ist auch die Nachfrage nach Elektroautos nicht so da, wie erwartet, weswegen das Werk in Chemnitz beispielsweise mehrfach in Kurzarbeit gehen musste. Es kommen aber auch Kostenfaktoren hinzu, wie der Dieselskandal. In der Halbjahreskonferenz hat Volkswagen in den Zahlen dargelegt, dass im ersten Halbjahr im Zusammenhang mit der Dieselaffäre 300 Millionen Euro abgeflossen sind. Insgesamt sind hier bereits ungeplante Ausgaben in Milliardenhöhe zusammengekommen.
Und dann trotzdem Investitionen in China?
In China läuft der Umbau vom Verbrenner auf die E-Mobilität dynamisch, weil die Fahrzeuge dort nachgefragt sind. Auf Konzernebene ist eine Investition in die Zukunft nötig, um gegenüber den chinesischen Herstellern aufzuholen und Digitalisierung, Elektroantriebe, vielleicht sogar auch Wasserstoff voranzutreiben. Dazu gehören auch Investitionen in Joint Ventures wie denen mit XPeng oder Rivian.
Auch in China sind die Werke von Volkswagen nicht ausgelastet. Rein rechnerisch müsste man auch dort schon welche schließen. Ist es insgesamt so, dass Überkapazitäten da sind?
Ja. Für den aktuellen Markt auf jeden Fall. Denn wir haben auf der einen Seite den Umbau in eine neue Mobilität, aber eben auch die Absatzschwächen, gerade in Deutschland, wo eine wirtschaftliche Krisenstimmung herrscht und Menschen nicht mehr so viele Neuwagen kaufen.
Auch bei anderen Unternehmen kann man eine Tendenz beobachten: In China für China zu produzieren und damit verbunden mehr Investitionen vor Ort – das wird als eine Form des De-Riskings gesehen. Während man auf Investitionen für mehr Innovationen in China setzt, werden in Deutschland Stellen abgebaut. Ein prominentes Beispiel war da ZF Friedrichshafen. Ist das ein Trend?
Ja und Nein. Viele Unternehmen fahren aufgrund der geopolitischen Risiken eine China-plus-One-Strategie: Sie halten auch nach anderen Märkten Ausschau, um sich von China weniger abhängig zu machen. Dazu gehören im Fall von Volkswagen andere europäische Länder und die USA, oder einige südamerikanische Märkte, die sich positiv entwickeln. Auch Japan ist immer noch ein spannender Markt, und die südostasiatischen Länder. Aber auf der anderen Seite ist China weiterhin ein Markt, der bei weitem nicht gesättigt ist und wo der Umstieg vom Verbrenner auf die Elektromobilität weiter forciert wird. Existierende Werke werden in diesem Zuge auch umgebaut auf E-Mobilität, um Kapazitäten zu schaffen.
Hat das Management von Volkswagen die Signale zu lange falsch gelesen und die falschen Prioritäten gesetzt? Ist das, was jetzt passiert, ein Versuch, noch dagegen zu steuern?
Ja, ich denke schon. Ich habe es kürzlich nochmal recherchiert. Die ganzen Policy-Vorgaben aus China im Bereich New Mobility wurden seit Anfang der 2000-er Jahre herausgegeben und diese Dokumente sind offen zugänglich. Man kann es selbst nachlesen, und wenn man schon länger in China ist, weiß man, wie die chinesische Regierung tickt. Wenn sie Dinge ankündigt, dann macht sie diese auch. Von 2010 gibt es Dokumente, in denen konkret steht, wie viel China in diesem Bereich investieren wird über die nächsten zehn Jahre. Es war eigentlich klar, was hier passiert.
Sie waren selbst lange für Volkswagen in China. Wie erklären Sie sich das?
Auf der einen Seite muss man natürlich anerkennen, dass es lange dauert, so einen Riesenkonzern umzuschwenken. Neue Technologien zu entwickeln, kostet sehr viel Geld, und wenn man diese Aufgabe in Angriff nimmt, passiert zudem eben auch das, was wir jetzt sehen: Dass etwa Personalmaßnahmen getroffen werden müssen. Gerade in einem Konzern wie Volkswagen, der extrem hoch gewerkschaftlich organisiert ist, ist das sehr schwierig. Da muss man mit Arbeitsniederlegungen rechnen. Auch die Prozesse in der Produktentwicklung sind mittel- und langfristig angelegt, gerade in einem großen Konzern, der mit markenübergreifenden Plattformen arbeitet. Bei solch hohen Investitionen liegt es nahe, es etwas langsamer umzusetzen, um die Investitionen aufzuteilen. Und was das Geld für Investitionen angeht: Ein Geschehnis wie der Dieselskandal, der zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe verursacht, hilft nicht gerade weiter.
Hat die deutsche Politik falsche Signale gesetzt, in Bezug auf Elektromobilität?
Die Signale zu Anfang waren in Ordnung. Es gab viel Unterstützung, es gab Subventionen, und 2022 wie 2023 haben wir auch einen Hochlauf der E-Mobilität gesehen. Die maximale Unterstützung von ungefähr 6000 € war nicht so viel, aber es scheint doch etwas ausgemacht zu haben, dass dieses Geld gestrichen wurde. Gerade bei den Menschen, die sich nicht in Richtung Premium orientieren, sondern einer gehobenen Mittelklasse zugewandt sind.
Wenn man nach China guckt, ist auch nicht alles rosig. Mit BYD gibt es einen wahnsinnig starken Wettbewerber, dazu kommen viele andere Autohersteller, die im E-Auto-Segment Marktanteile erringen wollen. Volkswagen setzt trotz dieser Konkurrenz auf China – werden sie erfolgreich sein?
Ich glaube, der Konzern an sich muss sich ändern. Die massive Komplexität muss verringert werden in der einen oder anderen Weise, angefangen mit der Modellpolitik, bis hin zum Preisgefüge. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass die chinesischen Hersteller gerade im Elektro-Bereich einem sehr starken Preiskampf ausgesetzt sind und nicht profitabel arbeiten. Zudem müssen sie sich auf die Regierung verlassen, dass diese sie herausreißt. Aber das wird immer mehr zurückgehen, denn die chinesische Regierung hat kein Interesse daran, diesen Elektro-Wasserkopf weiter zu unterstützen. Sie will eine Konsolidierung erreichen. Gerade aufgrund der langen Geschichte der Joint Ventures von Volkswagen mit SAIC in Shanghai und FAW im Norden, die beide sehr starke Konzerne sind, denke ich, dass Volkswagen weiter gut mitschwimmen kann.
Sie wagen also einen optimistischen Ausblick für Volkswagen in China?
Es ist schwer zu erkennen in welche Richtung es geht, denn natürlich wird China im Grunde immer sich selbst der Nächste sein, dazu zählen insbesondere die chinesischen Hersteller. Allerdings: Volkswagen hat mit den Joint Ventures viele Werke, hier sind viele chinesische Arbeitnehmer angestellt. Wir sprechen von hunderttausenden Jobs in China, die in Gefahr wären. Die chinesische Regierung würde Volkswagen daher nicht untergehen lassen.
Beatrix Keim ist Director Business Development & China Projects beim Center Automotive Research (CAR). Sie verfügt über langjährige Erfahrung in der Automobilbranche, insbesondere im Bereich der Elektromobilität und internationalen Märkte. Keim hat für führende Automobilkonzerne gearbeitet, darunter Volkswagen, und verfügt über tiefgehende Kenntnisse des chinesischen Marktes. Als Beraterin und Analystin wird sie häufig zu strategischen Fragen in der Automobilindustrie herangezogen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Am Tag vor dem China-Afrika-Gipfel in Peking begannen umfassende diplomatische Aktivitäten in der chinesischen Hauptstadt. Xi Jinping begrüßte am Dienstag zahlreiche anreisende Staatschefs und nutzte so die Gelegenheit, die Beziehungen zu den afrikanischen Partnern öffentlichkeitswirksam zu stärken. Der China-Afrika-Gipfel findet nur alle drei Jahre statt. Es werden 50 Vertreter afrikanischer Staaten erwartet.
Xi traf am Dienstag unter anderem:
Am Montag waren bereits acht Präsidenten eingetroffen, darunter:
Der China-Afrika-Gipfel entfaltet also ganz offensichtlich erhebliche Zugkraft: Fast alle wollen dabei sein, und die Präsidenten vieler wichtiger Länder kommen persönlich, anstatt sich etwa von Ministern vertreten zu lassen. Xi nahm sich für diese Besucher jeweils ausdrücklich Zeit. Wer nicht die Ehre eines Treffens mit Xi erhielt, den empfingen Vizepräsident Han Zheng oder Außenminister Wang Yi. Beim Treffen mit Tinubu wertete Xi die Beziehungen zu Nigeria zu einer “umfassenden strategischen Partnerschaft” auf. fin
Die Türkei hat offiziell die Aufnahme in die Brics-Gruppe großer Schwellenländer beantragt. Das berichtete Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf Insider. Ziel des Beitrittsgesuches sei es, den globalen Einfluss der Türkei zu stärken und neue Beziehungen jenseits ihrer traditionellen westlichen Verbündeten zu knüpfen. Die Regierung Recep Tayyip Erdogan ist demnach der Ansicht, dass sich der geopolitische Schwerpunkt von den entwickelten Volkswirtschaften weg verlagert. Der türkische Präsident wolle in einer multipolaren Welt Beziehungen zu allen Seiten pflegen und gleichzeitig seine Verpflichtungen als Nato-Mitglied erfüllen.
Die Türkei wäre bei einer Aufnahme das erste und vorerst einzige Nato-Mitglied im Brics-Block. Nach Angaben der anonymen Quellen hatte Ankara das Gesuch bereits vor einigen Monaten eingereicht – aus Frust über die mangelnden Fortschritte beim EU-Beitritt. Die Bewerbung sei zudem einem Streit mit anderen Nato-Mitgliedern über die anhalten engen Beziehungen der Türkei zu Russland geschuldet. Außenministerium und Präsidialamt der Türkei lehnten laut Bloomberg eine Stellungnahme zunächst ab. China gehörte neben Russland, Indien und Brasilien von Anfang an zu den Brics. Als erstes Neumitglied kam Südafrika hinzu, Anfang 2024 zudem Äthiopien, Iran und Saudi-Arabien. ck
Chinas Handelsstreit nimmt nun auch mit Kanada Fahrt auf. Peking kündigte am Dienstag an, eine Antidumping-Untersuchung gegen Rapsimporte aus Kanada einzuleiten. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf Ottawas Entscheidung, im Gefolge der USA ebenfalls einen 100-Prozent-Zoll auf chinesische E-Autos einzuführen, ebenso wie einen 25-prozentigen Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte aus China. Auch gegen die EU hatte Peking nach Ankündigung von Sonderzöllen auf E-Autos mehrere Untersuchungen eingeleitet, bislang ohne konkrete Folgen.
Kanada ist der weltgrößte Exporteur von Raps, der in Lebensmitteln und Biokraftstoffen verwendet wird. China wiederum ist der größte Ölsaatenabnehmer der Welt. Peking bezeichnete den Wettbewerb durch Kanada aus unfair; am Ende der Untersuchung könnten daher Strafzölle stehen. “Kanadas Rapsausfuhren nach China haben erheblich zugenommen und stehen unter Dumpingverdacht”, zitierte die Zeitung Nikkei Asia einen Sprecher des Handelsministeriums in Peking. Diese Exporte seien 2023 um 170 Prozent auf 3,47 Milliarden US-Dollar gestiegen, wobei die Preise kontinuierlich gesunken seien, so das Ministerium. “Durch den unlauteren Wettbewerb der kanadischen Seite hat Chinas heimische Rapsindustrie weiterhin Verluste erlitten.” ck
Die beiden staatlichen Schiffbaukonzerne China CSSC Holdings und China Shipbuilding Industry (CSICL) haben ihre Fusion angekündigt. Wie die japanische Zeitung Nikkei Asia am Dienstag berichtete, haben die beiden börsennotierten Unternehmen eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Der Handel mit ihren Aktien wurde am Dienstag für voraussichtlich zehn Handelstage ausgesetzt, um unregelmäßige Kurssprünge während der Abwicklung des Geschäfts zu vermeiden.
Den Börsenmitteilungen beider Staatskonzerne zufolge soll CSICL durch einen Aktientausch in CSSC Holdings aufgehen. Auf Grundlage aktueller Aktienkurse betrage die Marktkapitalisierung der CSSC Holdings laut Nikkei umgerechnet etwa 22 Milliarden US-Dollar (160 Milliarden Yuan), während die Marktkapitalisierung der CSICL etwa 16 Milliarden US-Dollar beträgt.
Die Fusion wird den Wettbewerb zwischen den beiden Unternehmen beenden und könnte laut Nikkei helfen, den weltweiten Mangel an Schiffen zu beheben und das chinesische Militär effizienter zu beliefern. Beide Unternehmen nannten die “Förderung von Ausrüstung für ein starkes Militär” als Priorität bei dem Merger. Auch erklärten sie nach dem Bericht, es sei das oberste Ziel, “sich weiter auf die große staatliche Strategie zu konzentrieren” – ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Schritt von der Regierung angeleitet und unterstützt wird. Letztlich gehören beide Börsenfirmen ohnehin bereits dem zentralstaatlich gemanagten Konglomerat China State Shipbuilding Corp. (CSSC) an. ck
Die EU-Strafzölle gegen E-Autos aus China bringen nach den Worten von Seat-Chef Wayne Griffiths die zur Volkswagen-Tochter Seat gehörenden Marke Cupra in Gefahr. Sollte das in Anhui produzierte Cupra-Elektromodell Tavascan mit einem Zusatzzoll von 21,3 Prozent belegt werden, wäre es das Aus für das Fahrzeug, sagte Griffiths der Nachrichtenagentur Reuters. 21,3 Prozent müssen alle Marken zahlen, für die keine spezifischen Zollsätze gelten.
Im gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeld sei eine Preiserhöhung für den Tavascan nicht durchsetzbar, sagte Griffiths. Das Auto wird für rund 52.000 Euro verkauft. Auch eine Verlagerung der Produktion an einen europäischen Standort ist laut dem Seat-Chef keine Option, weil in im VW-Joint Venture in Anhui bereits alle nötigen Investitionen getätigt worden seien. Ohne das Elektro-SUV aber könnte Cupra 2025 seine CO₂-Ziele nicht erreichen und müsse möglicherweise hohe Strafen zahlen.
“Das bringt die gesamte finanzielle Zukunft des Unternehmens in Gefahr”, sagte Griffiths. “Ziel der Strafzölle war es, die europäische Autoindustrie zu schützen, aber für uns haben sie den gegenteiligen Effekt“, betonte der Seat-Chef. Cupra sei im Gespräch mit der EU-Kommission sowie der deutschen und spanischen Regierung und setze sich dabei für niedrigere Zölle ein. Auch in China wollen Cupra-Vertreter im Rahmen einer spanischen Delegation in ein paar Wochen über das Thema sprechen. rtr
Der chinesische Künstler Gao Zhen (高兟) ist in China verhaftet worden – wegen Skulpturen, die er schon vor vielen Jahren geschaffen hat. Der Vorwurf: “Schädigung des Rufs oder der Ehre von Helden und Märtyrern”. Besagte Skulpturen machten Gao Zhen und seinen jüngeren Bruder Gao Qiang (高强) einst international berühmt. Sie setzen sich kritisch mit Chinas Geschichte auseinander und dabei vor allem mit einer Figur: keinem geringeren als Chinas “Großem Steuermann” Mao Zedong.
Gao Zhen wurde 1956 in Jinan, Hauptstadt der Provinz Shandong geboren. Sechs Jahre später kam sein Bruder Qiang auf die Welt. Es war eine dramatische Zeit unter der Führung Maos. Der “Große Sprung nach Vorn” sollte China aus seiner ländlichen Rückständigkeit herausreißen und zur wirtschaftlichen Großmacht machen. Stattdessen endete er in der wohl größten Hungersnot der Menschheitsgeschichte: Millionen verloren ihr Leben.
Kurze Zeit später folgte mit der Kulturrevolution Maos nächstes Experiment. Gaos Vater wurde verfolgt, ins Gefängnis gesteckt und kam dort schließlich zu Tode. Es war ein dramatischer Schicksalsschlag für die Gao-Familie. Gao Zhen war damals zwölf Jahre alt, sein Bruder erst sechs. “1968 war ein entscheidender Moment der Kulturrevolution, in dem eine politische Säuberung stattfand. Unser Vater, ein einfacher Arbeiter, wurde ins Gefängnis geworfen”, erzählte Gao Zhen im September 2010 rückblickend. “Wir wissen immer noch nicht, ob er tatsächlich Selbstmord begangen hat, wie uns die Behörden erzählten – oder ob er während seiner Haft getötet wurde.”
Die Kinder suchten Antworten in der Kunst. Nach seiner Zeit an der Shandong Academy of Fine Arts begann Gao Zhen zusammen mit seinem Bruder 1985 künstlerisch aktiv zu werden. Und es lag nahe, dass sich die beiden mit Mao Zedong auseinandersetzen werden. Zu ihren bekanntesten Werken zählen: “Miss Mao”, “Die Hinrichtung Christi” oder “Maos Schuld”.
Im Falle von “Miss Mao” hat Chinas Großer Steuermann große Brüste und eine lange Nase. Es ist das groteske Bild einer monströsen und lügnerischen Mutterfigur. “Die Hinrichtung Christi” zeigt wiederum eine Statue, die Jesus vor einem Erschießungskommando Maos zeigt. Während “Maos Schuld” eine Bronzestatue ist, die den Revolutionsführer auf den Knien zeigt, reumütig, nahezu um Vergebung flehend.
Dass ihre Kunst sie in Gefahr bringen könnte, war den Gao-Brüdern klar. Immer wieder wurde ihr Studio im Pekinger Künstler-Bezirk 798 von der Polizei durchsucht. Doch die Brüder wussten sich zu helfen. Ein Beispiel: Den Kopf der Bronzestatue von Maos Schuld halten sie immer versteckt an einem anderen Ort. So ist der Körper der Statue kopflos, nicht identifizierbar und damit selbst mit den strengsten Gesetzen konform. Nur zu besonderen Anlässen wird der Kopf mit dem restlichen Körper vereint, um dann Maos Schuld gegenwärtig werden zu lassen. “Ich hoffe, dass alle Chinesen das eines Tages akzeptieren und verstehen können”, sagte Gao Zhen einst über das Werk. “Wir wollten ihn als Menschen darstellen, als normale Person, die sich zu den von ihr begangenen Fehlern bekennt.”
Im Jahr 2022, nach vielen Jahren des Pendelns zwischen China und den USA, zog Gao Zhen zusammen mit seiner Familie nach New York. Die Gründe lagen auf der Hand: Sein Sohn, ein amerikanischer Staatsbürger, hatte das Schulalter erreicht und sollte auch eine US-Schule gehen. Zudem führt Gao die “sich verschlechternde Umwelt in China” an.
Seit Xi Jinping an der Macht ist, hat sich die Situation für Künstler und Menschen mit anderen Meinungen dramatisch zugespitzt. Der Vorwurf, “den Ruf oder die Ehre von Helden und Märtyrern zu schädigen”, ist längst zu einem Instrument gegen Diskussionen und Meinungen geworden, die von der Darstellung der chinesischen Behörden abweichen.
Eigentlich wollte Gao am gestrigen Dienstag zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn wieder zurück nach New York fliegen. Stattdessen drohen ihm nun mehrere Jahre Haft. Und auch seine Frau und sein Sohn wurden am Flughafen an der Ausreise gehindert. Michael Radunski
Norbert Marx ist seit August CEO bei China Aircraft Services Limited (CASL). Marx hat in den 1980er-Jahren an der Bundeswehr-Universität in München einen Master in Aerospace Engineering gemacht und besitzt eine mehrjährige China-Erfahrung, unter anderem als CEO der Guangzhou Aircraft Maintenance Engineering Company (GAMECO).
Jiyang Li ist seit Juli Executive Director der China International Investment Promotion Agency in Frankfurt. Bis 2019 war Li beim chinesischen Handelsministerium (MOFCOM) tätig. Ihre Ausbildung hat sie unter anderem am Frankfurt School of Finance & Management absolviert.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Mondkuchen kommen nicht nur aus seelenlosen Fabriken. Hier in Anqing in der Provinz Anhui werden die süßen Leckereien liebevoll auf traditionelle Weise per Hand gebacken. Am 17. September ist wieder das Mondfest, das im Chinesischen eigentlich Mitteherbstfest 中秋节 heißt.
Volkswagen steht in Deutschland vor möglichen Werkschließungen und Entlassungen aufgrund hoher Kosten und einer schwächeren Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, während das Unternehmen gleichzeitig massiv in den chinesischen Markt investiert. Wie passt das zusammen?
Wer die Marktexpertin Beatrix Keim fragt, dem erschließt sich die Logik des Konzerns: Die China-Investitionen sind notwendig, um in einem dynamischen Markt, der den Übergang zur Elektromobilität schneller vollzieht, wettbewerbsfähig zu bleiben. In Deutschland sind dagegen die Gehälter zu hoch, während die Kauflaune zu niedrig ist, wie Keim im Interview mit Julia Fiedler erläutert.
Kein Unternehmen hält so einen Spagat ohne Anpassungen durch. Doch mit Entlassungen ist es nicht getan, VW muss auch an seiner Organisation arbeiten, warnt Keim. Derzeit sei im Konzern vieles zu aufgebläht und kompliziert – das macht die Autos zu teuer. Insgesamt sieht sie die Zukunft der Autowelt weiterhin: in China.
Das betrifft auch die Untermarke Cupra, die bei der Konzerntochter Seat beheimatet ist. VW wollte das Elektro-SUV Tavascan von Cupra auch für Europa mit seinem chinesischen Partner zum China-Preis in Anhui herstellen lassen. Jetzt schlägt der Chef von Seat Alarm: Die EU durchkreuzt die Importpläne mit ihren Zöllen. Wird das E-Auto bei der Einfuhr um ein Fünftel verteuert, dürfte es unverkäuflich sein. Ein Bärendienst für die – auch von der EU vorangetriebene – Wende zur Elektromobilität.
Bei Volkswagen drohen Werkschließung und Kündigungen. Gleichzeitig beobachten wir, dass VW in China stark investiert. Wie passt das zusammen?
Es gibt zwei Ebenen: Konzern und Markenebene. Bei den aktuellen Nachrichten geht es um die Kernmarke Volkswagen. Die Gehälter in Deutschland sind ein sehr hoher Kostenfaktor, Abfindungen und Altersteilzeitregelungen scheinen nicht mehr zu genügen, um die Ausgaben zu senken. Zudem ist auch die Nachfrage nach Elektroautos nicht so da, wie erwartet, weswegen das Werk in Chemnitz beispielsweise mehrfach in Kurzarbeit gehen musste. Es kommen aber auch Kostenfaktoren hinzu, wie der Dieselskandal. In der Halbjahreskonferenz hat Volkswagen in den Zahlen dargelegt, dass im ersten Halbjahr im Zusammenhang mit der Dieselaffäre 300 Millionen Euro abgeflossen sind. Insgesamt sind hier bereits ungeplante Ausgaben in Milliardenhöhe zusammengekommen.
Und dann trotzdem Investitionen in China?
In China läuft der Umbau vom Verbrenner auf die E-Mobilität dynamisch, weil die Fahrzeuge dort nachgefragt sind. Auf Konzernebene ist eine Investition in die Zukunft nötig, um gegenüber den chinesischen Herstellern aufzuholen und Digitalisierung, Elektroantriebe, vielleicht sogar auch Wasserstoff voranzutreiben. Dazu gehören auch Investitionen in Joint Ventures wie denen mit XPeng oder Rivian.
Auch in China sind die Werke von Volkswagen nicht ausgelastet. Rein rechnerisch müsste man auch dort schon welche schließen. Ist es insgesamt so, dass Überkapazitäten da sind?
Ja. Für den aktuellen Markt auf jeden Fall. Denn wir haben auf der einen Seite den Umbau in eine neue Mobilität, aber eben auch die Absatzschwächen, gerade in Deutschland, wo eine wirtschaftliche Krisenstimmung herrscht und Menschen nicht mehr so viele Neuwagen kaufen.
Auch bei anderen Unternehmen kann man eine Tendenz beobachten: In China für China zu produzieren und damit verbunden mehr Investitionen vor Ort – das wird als eine Form des De-Riskings gesehen. Während man auf Investitionen für mehr Innovationen in China setzt, werden in Deutschland Stellen abgebaut. Ein prominentes Beispiel war da ZF Friedrichshafen. Ist das ein Trend?
Ja und Nein. Viele Unternehmen fahren aufgrund der geopolitischen Risiken eine China-plus-One-Strategie: Sie halten auch nach anderen Märkten Ausschau, um sich von China weniger abhängig zu machen. Dazu gehören im Fall von Volkswagen andere europäische Länder und die USA, oder einige südamerikanische Märkte, die sich positiv entwickeln. Auch Japan ist immer noch ein spannender Markt, und die südostasiatischen Länder. Aber auf der anderen Seite ist China weiterhin ein Markt, der bei weitem nicht gesättigt ist und wo der Umstieg vom Verbrenner auf die Elektromobilität weiter forciert wird. Existierende Werke werden in diesem Zuge auch umgebaut auf E-Mobilität, um Kapazitäten zu schaffen.
Hat das Management von Volkswagen die Signale zu lange falsch gelesen und die falschen Prioritäten gesetzt? Ist das, was jetzt passiert, ein Versuch, noch dagegen zu steuern?
Ja, ich denke schon. Ich habe es kürzlich nochmal recherchiert. Die ganzen Policy-Vorgaben aus China im Bereich New Mobility wurden seit Anfang der 2000-er Jahre herausgegeben und diese Dokumente sind offen zugänglich. Man kann es selbst nachlesen, und wenn man schon länger in China ist, weiß man, wie die chinesische Regierung tickt. Wenn sie Dinge ankündigt, dann macht sie diese auch. Von 2010 gibt es Dokumente, in denen konkret steht, wie viel China in diesem Bereich investieren wird über die nächsten zehn Jahre. Es war eigentlich klar, was hier passiert.
Sie waren selbst lange für Volkswagen in China. Wie erklären Sie sich das?
Auf der einen Seite muss man natürlich anerkennen, dass es lange dauert, so einen Riesenkonzern umzuschwenken. Neue Technologien zu entwickeln, kostet sehr viel Geld, und wenn man diese Aufgabe in Angriff nimmt, passiert zudem eben auch das, was wir jetzt sehen: Dass etwa Personalmaßnahmen getroffen werden müssen. Gerade in einem Konzern wie Volkswagen, der extrem hoch gewerkschaftlich organisiert ist, ist das sehr schwierig. Da muss man mit Arbeitsniederlegungen rechnen. Auch die Prozesse in der Produktentwicklung sind mittel- und langfristig angelegt, gerade in einem großen Konzern, der mit markenübergreifenden Plattformen arbeitet. Bei solch hohen Investitionen liegt es nahe, es etwas langsamer umzusetzen, um die Investitionen aufzuteilen. Und was das Geld für Investitionen angeht: Ein Geschehnis wie der Dieselskandal, der zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe verursacht, hilft nicht gerade weiter.
Hat die deutsche Politik falsche Signale gesetzt, in Bezug auf Elektromobilität?
Die Signale zu Anfang waren in Ordnung. Es gab viel Unterstützung, es gab Subventionen, und 2022 wie 2023 haben wir auch einen Hochlauf der E-Mobilität gesehen. Die maximale Unterstützung von ungefähr 6000 € war nicht so viel, aber es scheint doch etwas ausgemacht zu haben, dass dieses Geld gestrichen wurde. Gerade bei den Menschen, die sich nicht in Richtung Premium orientieren, sondern einer gehobenen Mittelklasse zugewandt sind.
Wenn man nach China guckt, ist auch nicht alles rosig. Mit BYD gibt es einen wahnsinnig starken Wettbewerber, dazu kommen viele andere Autohersteller, die im E-Auto-Segment Marktanteile erringen wollen. Volkswagen setzt trotz dieser Konkurrenz auf China – werden sie erfolgreich sein?
Ich glaube, der Konzern an sich muss sich ändern. Die massive Komplexität muss verringert werden in der einen oder anderen Weise, angefangen mit der Modellpolitik, bis hin zum Preisgefüge. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass die chinesischen Hersteller gerade im Elektro-Bereich einem sehr starken Preiskampf ausgesetzt sind und nicht profitabel arbeiten. Zudem müssen sie sich auf die Regierung verlassen, dass diese sie herausreißt. Aber das wird immer mehr zurückgehen, denn die chinesische Regierung hat kein Interesse daran, diesen Elektro-Wasserkopf weiter zu unterstützen. Sie will eine Konsolidierung erreichen. Gerade aufgrund der langen Geschichte der Joint Ventures von Volkswagen mit SAIC in Shanghai und FAW im Norden, die beide sehr starke Konzerne sind, denke ich, dass Volkswagen weiter gut mitschwimmen kann.
Sie wagen also einen optimistischen Ausblick für Volkswagen in China?
Es ist schwer zu erkennen in welche Richtung es geht, denn natürlich wird China im Grunde immer sich selbst der Nächste sein, dazu zählen insbesondere die chinesischen Hersteller. Allerdings: Volkswagen hat mit den Joint Ventures viele Werke, hier sind viele chinesische Arbeitnehmer angestellt. Wir sprechen von hunderttausenden Jobs in China, die in Gefahr wären. Die chinesische Regierung würde Volkswagen daher nicht untergehen lassen.
Beatrix Keim ist Director Business Development & China Projects beim Center Automotive Research (CAR). Sie verfügt über langjährige Erfahrung in der Automobilbranche, insbesondere im Bereich der Elektromobilität und internationalen Märkte. Keim hat für führende Automobilkonzerne gearbeitet, darunter Volkswagen, und verfügt über tiefgehende Kenntnisse des chinesischen Marktes. Als Beraterin und Analystin wird sie häufig zu strategischen Fragen in der Automobilindustrie herangezogen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Am Tag vor dem China-Afrika-Gipfel in Peking begannen umfassende diplomatische Aktivitäten in der chinesischen Hauptstadt. Xi Jinping begrüßte am Dienstag zahlreiche anreisende Staatschefs und nutzte so die Gelegenheit, die Beziehungen zu den afrikanischen Partnern öffentlichkeitswirksam zu stärken. Der China-Afrika-Gipfel findet nur alle drei Jahre statt. Es werden 50 Vertreter afrikanischer Staaten erwartet.
Xi traf am Dienstag unter anderem:
Am Montag waren bereits acht Präsidenten eingetroffen, darunter:
Der China-Afrika-Gipfel entfaltet also ganz offensichtlich erhebliche Zugkraft: Fast alle wollen dabei sein, und die Präsidenten vieler wichtiger Länder kommen persönlich, anstatt sich etwa von Ministern vertreten zu lassen. Xi nahm sich für diese Besucher jeweils ausdrücklich Zeit. Wer nicht die Ehre eines Treffens mit Xi erhielt, den empfingen Vizepräsident Han Zheng oder Außenminister Wang Yi. Beim Treffen mit Tinubu wertete Xi die Beziehungen zu Nigeria zu einer “umfassenden strategischen Partnerschaft” auf. fin
Die Türkei hat offiziell die Aufnahme in die Brics-Gruppe großer Schwellenländer beantragt. Das berichtete Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf Insider. Ziel des Beitrittsgesuches sei es, den globalen Einfluss der Türkei zu stärken und neue Beziehungen jenseits ihrer traditionellen westlichen Verbündeten zu knüpfen. Die Regierung Recep Tayyip Erdogan ist demnach der Ansicht, dass sich der geopolitische Schwerpunkt von den entwickelten Volkswirtschaften weg verlagert. Der türkische Präsident wolle in einer multipolaren Welt Beziehungen zu allen Seiten pflegen und gleichzeitig seine Verpflichtungen als Nato-Mitglied erfüllen.
Die Türkei wäre bei einer Aufnahme das erste und vorerst einzige Nato-Mitglied im Brics-Block. Nach Angaben der anonymen Quellen hatte Ankara das Gesuch bereits vor einigen Monaten eingereicht – aus Frust über die mangelnden Fortschritte beim EU-Beitritt. Die Bewerbung sei zudem einem Streit mit anderen Nato-Mitgliedern über die anhalten engen Beziehungen der Türkei zu Russland geschuldet. Außenministerium und Präsidialamt der Türkei lehnten laut Bloomberg eine Stellungnahme zunächst ab. China gehörte neben Russland, Indien und Brasilien von Anfang an zu den Brics. Als erstes Neumitglied kam Südafrika hinzu, Anfang 2024 zudem Äthiopien, Iran und Saudi-Arabien. ck
Chinas Handelsstreit nimmt nun auch mit Kanada Fahrt auf. Peking kündigte am Dienstag an, eine Antidumping-Untersuchung gegen Rapsimporte aus Kanada einzuleiten. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf Ottawas Entscheidung, im Gefolge der USA ebenfalls einen 100-Prozent-Zoll auf chinesische E-Autos einzuführen, ebenso wie einen 25-prozentigen Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte aus China. Auch gegen die EU hatte Peking nach Ankündigung von Sonderzöllen auf E-Autos mehrere Untersuchungen eingeleitet, bislang ohne konkrete Folgen.
Kanada ist der weltgrößte Exporteur von Raps, der in Lebensmitteln und Biokraftstoffen verwendet wird. China wiederum ist der größte Ölsaatenabnehmer der Welt. Peking bezeichnete den Wettbewerb durch Kanada aus unfair; am Ende der Untersuchung könnten daher Strafzölle stehen. “Kanadas Rapsausfuhren nach China haben erheblich zugenommen und stehen unter Dumpingverdacht”, zitierte die Zeitung Nikkei Asia einen Sprecher des Handelsministeriums in Peking. Diese Exporte seien 2023 um 170 Prozent auf 3,47 Milliarden US-Dollar gestiegen, wobei die Preise kontinuierlich gesunken seien, so das Ministerium. “Durch den unlauteren Wettbewerb der kanadischen Seite hat Chinas heimische Rapsindustrie weiterhin Verluste erlitten.” ck
Die beiden staatlichen Schiffbaukonzerne China CSSC Holdings und China Shipbuilding Industry (CSICL) haben ihre Fusion angekündigt. Wie die japanische Zeitung Nikkei Asia am Dienstag berichtete, haben die beiden börsennotierten Unternehmen eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Der Handel mit ihren Aktien wurde am Dienstag für voraussichtlich zehn Handelstage ausgesetzt, um unregelmäßige Kurssprünge während der Abwicklung des Geschäfts zu vermeiden.
Den Börsenmitteilungen beider Staatskonzerne zufolge soll CSICL durch einen Aktientausch in CSSC Holdings aufgehen. Auf Grundlage aktueller Aktienkurse betrage die Marktkapitalisierung der CSSC Holdings laut Nikkei umgerechnet etwa 22 Milliarden US-Dollar (160 Milliarden Yuan), während die Marktkapitalisierung der CSICL etwa 16 Milliarden US-Dollar beträgt.
Die Fusion wird den Wettbewerb zwischen den beiden Unternehmen beenden und könnte laut Nikkei helfen, den weltweiten Mangel an Schiffen zu beheben und das chinesische Militär effizienter zu beliefern. Beide Unternehmen nannten die “Förderung von Ausrüstung für ein starkes Militär” als Priorität bei dem Merger. Auch erklärten sie nach dem Bericht, es sei das oberste Ziel, “sich weiter auf die große staatliche Strategie zu konzentrieren” – ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Schritt von der Regierung angeleitet und unterstützt wird. Letztlich gehören beide Börsenfirmen ohnehin bereits dem zentralstaatlich gemanagten Konglomerat China State Shipbuilding Corp. (CSSC) an. ck
Die EU-Strafzölle gegen E-Autos aus China bringen nach den Worten von Seat-Chef Wayne Griffiths die zur Volkswagen-Tochter Seat gehörenden Marke Cupra in Gefahr. Sollte das in Anhui produzierte Cupra-Elektromodell Tavascan mit einem Zusatzzoll von 21,3 Prozent belegt werden, wäre es das Aus für das Fahrzeug, sagte Griffiths der Nachrichtenagentur Reuters. 21,3 Prozent müssen alle Marken zahlen, für die keine spezifischen Zollsätze gelten.
Im gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeld sei eine Preiserhöhung für den Tavascan nicht durchsetzbar, sagte Griffiths. Das Auto wird für rund 52.000 Euro verkauft. Auch eine Verlagerung der Produktion an einen europäischen Standort ist laut dem Seat-Chef keine Option, weil in im VW-Joint Venture in Anhui bereits alle nötigen Investitionen getätigt worden seien. Ohne das Elektro-SUV aber könnte Cupra 2025 seine CO₂-Ziele nicht erreichen und müsse möglicherweise hohe Strafen zahlen.
“Das bringt die gesamte finanzielle Zukunft des Unternehmens in Gefahr”, sagte Griffiths. “Ziel der Strafzölle war es, die europäische Autoindustrie zu schützen, aber für uns haben sie den gegenteiligen Effekt“, betonte der Seat-Chef. Cupra sei im Gespräch mit der EU-Kommission sowie der deutschen und spanischen Regierung und setze sich dabei für niedrigere Zölle ein. Auch in China wollen Cupra-Vertreter im Rahmen einer spanischen Delegation in ein paar Wochen über das Thema sprechen. rtr
Der chinesische Künstler Gao Zhen (高兟) ist in China verhaftet worden – wegen Skulpturen, die er schon vor vielen Jahren geschaffen hat. Der Vorwurf: “Schädigung des Rufs oder der Ehre von Helden und Märtyrern”. Besagte Skulpturen machten Gao Zhen und seinen jüngeren Bruder Gao Qiang (高强) einst international berühmt. Sie setzen sich kritisch mit Chinas Geschichte auseinander und dabei vor allem mit einer Figur: keinem geringeren als Chinas “Großem Steuermann” Mao Zedong.
Gao Zhen wurde 1956 in Jinan, Hauptstadt der Provinz Shandong geboren. Sechs Jahre später kam sein Bruder Qiang auf die Welt. Es war eine dramatische Zeit unter der Führung Maos. Der “Große Sprung nach Vorn” sollte China aus seiner ländlichen Rückständigkeit herausreißen und zur wirtschaftlichen Großmacht machen. Stattdessen endete er in der wohl größten Hungersnot der Menschheitsgeschichte: Millionen verloren ihr Leben.
Kurze Zeit später folgte mit der Kulturrevolution Maos nächstes Experiment. Gaos Vater wurde verfolgt, ins Gefängnis gesteckt und kam dort schließlich zu Tode. Es war ein dramatischer Schicksalsschlag für die Gao-Familie. Gao Zhen war damals zwölf Jahre alt, sein Bruder erst sechs. “1968 war ein entscheidender Moment der Kulturrevolution, in dem eine politische Säuberung stattfand. Unser Vater, ein einfacher Arbeiter, wurde ins Gefängnis geworfen”, erzählte Gao Zhen im September 2010 rückblickend. “Wir wissen immer noch nicht, ob er tatsächlich Selbstmord begangen hat, wie uns die Behörden erzählten – oder ob er während seiner Haft getötet wurde.”
Die Kinder suchten Antworten in der Kunst. Nach seiner Zeit an der Shandong Academy of Fine Arts begann Gao Zhen zusammen mit seinem Bruder 1985 künstlerisch aktiv zu werden. Und es lag nahe, dass sich die beiden mit Mao Zedong auseinandersetzen werden. Zu ihren bekanntesten Werken zählen: “Miss Mao”, “Die Hinrichtung Christi” oder “Maos Schuld”.
Im Falle von “Miss Mao” hat Chinas Großer Steuermann große Brüste und eine lange Nase. Es ist das groteske Bild einer monströsen und lügnerischen Mutterfigur. “Die Hinrichtung Christi” zeigt wiederum eine Statue, die Jesus vor einem Erschießungskommando Maos zeigt. Während “Maos Schuld” eine Bronzestatue ist, die den Revolutionsführer auf den Knien zeigt, reumütig, nahezu um Vergebung flehend.
Dass ihre Kunst sie in Gefahr bringen könnte, war den Gao-Brüdern klar. Immer wieder wurde ihr Studio im Pekinger Künstler-Bezirk 798 von der Polizei durchsucht. Doch die Brüder wussten sich zu helfen. Ein Beispiel: Den Kopf der Bronzestatue von Maos Schuld halten sie immer versteckt an einem anderen Ort. So ist der Körper der Statue kopflos, nicht identifizierbar und damit selbst mit den strengsten Gesetzen konform. Nur zu besonderen Anlässen wird der Kopf mit dem restlichen Körper vereint, um dann Maos Schuld gegenwärtig werden zu lassen. “Ich hoffe, dass alle Chinesen das eines Tages akzeptieren und verstehen können”, sagte Gao Zhen einst über das Werk. “Wir wollten ihn als Menschen darstellen, als normale Person, die sich zu den von ihr begangenen Fehlern bekennt.”
Im Jahr 2022, nach vielen Jahren des Pendelns zwischen China und den USA, zog Gao Zhen zusammen mit seiner Familie nach New York. Die Gründe lagen auf der Hand: Sein Sohn, ein amerikanischer Staatsbürger, hatte das Schulalter erreicht und sollte auch eine US-Schule gehen. Zudem führt Gao die “sich verschlechternde Umwelt in China” an.
Seit Xi Jinping an der Macht ist, hat sich die Situation für Künstler und Menschen mit anderen Meinungen dramatisch zugespitzt. Der Vorwurf, “den Ruf oder die Ehre von Helden und Märtyrern zu schädigen”, ist längst zu einem Instrument gegen Diskussionen und Meinungen geworden, die von der Darstellung der chinesischen Behörden abweichen.
Eigentlich wollte Gao am gestrigen Dienstag zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn wieder zurück nach New York fliegen. Stattdessen drohen ihm nun mehrere Jahre Haft. Und auch seine Frau und sein Sohn wurden am Flughafen an der Ausreise gehindert. Michael Radunski
Norbert Marx ist seit August CEO bei China Aircraft Services Limited (CASL). Marx hat in den 1980er-Jahren an der Bundeswehr-Universität in München einen Master in Aerospace Engineering gemacht und besitzt eine mehrjährige China-Erfahrung, unter anderem als CEO der Guangzhou Aircraft Maintenance Engineering Company (GAMECO).
Jiyang Li ist seit Juli Executive Director der China International Investment Promotion Agency in Frankfurt. Bis 2019 war Li beim chinesischen Handelsministerium (MOFCOM) tätig. Ihre Ausbildung hat sie unter anderem am Frankfurt School of Finance & Management absolviert.
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