Table.Briefing: China

EU-Sanktionen + Strategische FDI

Liebe Leserin, lieber Leser,

Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa verlagern sich zunehmend auf die grüne Wiese. Oder anders gesagt: Chinesische Unternehmen bauen ihre Fabriken in Europa jetzt lieber selbst, anstatt Firmen aufzukaufen. Zielindustrie ist vor allem die Mobilität.

In dieser Entwicklung stecken dramatische Nachrichten für die deutsche Autoindustrie, schreibt Michael Radunski: BMW, VW und Co. sind nicht nur dabei, den riesigen Absatzmarkt in China zu verlieren. Vielmehr scheint es, als fühlten sich Chinas Konzerne bereit, den Wettbewerb im Automobilsektor nun auch nach Europa zu tragen.

Überraschen kann das aber nicht. Jahrzehntelang haben ausländische Firmen ihr Know-how nach China abgeben müssen, wenn sie dort erfolgreich wirtschaften wollten. Dass dieser Kompromiss faul war, wusste jeder. Drum geschert haben sich zu wenige. Die Mobilität würde sich lediglich einreihen in eine Serie von Industrien, die einst von europäischen – vor allem auch von deutschen – Firmen dominiert wurden, ehe die chinesische Konkurrenz das Zepter übernahm.

Auch in unserer zweiten Analyse geht es um chinesische Firmen. Allerdings um solche, die jetzt von der Europäischen Union sanktioniert werden, weil sie offenbar dem russischen Kriegsapparat wichtige Komponenten liefern. Diese Sanktionen werden sicherlich die Stimmung vermiesen, wenn Außenminister Qin Gang heute in Berlin bei Annalena Baerbock weilt. Aber schlechte Stimmung sind die beiden im Umgang miteinander schon gewöhnt. Da machen ein paar Sanktionen vielleicht keinen Unterschied mehr.

Am Montag hat das Deutsch-Chinesische Dialogforum seinen Sammelband “50 Stimmen” vorgestellt. Es gab eine spannende Diskussion über den Austausch mit China, über die wir heute berichten. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltung, sodass wir Ihnen zusammen mit dem Dialogforum heute zehn Exemplare des Buchs kostenlos anbieten möchten. Schreiben Sie einfach eine kurze E-Mail an china@table.media, wenn Sie den Band haben möchten. Wir bitten um Verständnis, wenn das Kontingent nicht für alle Interessierten ausreichen sollte.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

EU plant Sanktionen gegen chinesische Firmen

Die EU will offenbar chinesische Unternehmen wegen militärischer Lieferungen an Russland ins Visier nehmen. In einer neuen Sanktionsrunde werde die Umsetzung und Einhaltung der EU-Sanktionen gegen Russland im Fokus stehen, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel.

Das geplante elfte Sanktionspaket im Rahmen des Ukraine-Kriegs konzentriere sich auf die Wirksamkeit der Strafmaßnahmen und wie verhindert werden könne, dass diese umgangen werden, betonte der Sprecher. Hier könnten erstmals auch chinesische Firmen mit Sanktionen belegt werden. Nähere Details, beispielsweise wer auf der Sanktionsliste steht, gab der Kommissionssprecher allerdings nicht bekannt.

Deals mit Russland

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge könnten unter anderem die Vermögenswerte von sieben chinesischen Firmen in der EU eingefroren werden. Reuters beruft sich hierbei auf mehrere Brüsseler Diplomaten.

Am Mittwoch werden zunächst die EU-Botschafter über das Paket beraten. Ziel ist es, das elfte Sanktionspaket noch in diesem Monat zu beschließen. Laut einem Bericht der britischen Zeitung Financial Times wird den Unternehmen vorgeworfen, Ausrüstung mit potenziellem militärischen Nutzen an Russland verkauft zu haben.

Mehrere Firmen bereits auf US-Sanktionsliste

Demnach stehen zwei Unternehmen aus Festland-China auf der Liste:

  • 3HC Semiconductors, ein Elektronik-Komponenten- und Chip-Hersteller aus Shenzhen
  • King-Pai Technology, das ebenfalls elektronische Komponenten herstellt

Hinzu kommen fünf weitere Unternehmen aus Hongkong:

  • Sinno Electronics
  • Sigma Technology
  • Asia Pacific Links
  • Tordan Industry
  • Alpha Trading Investments

3HC Semiconductors, King-Pai Technology sowie Sinno Electronics und Sigma Technology stehen schon jetzt auf der Sanktionsliste des US-Finanzministeriums.

Angesichts der “Schlüsselrolle elektronischer Komponenten” im russischen Krieg gegen die Ukraine sei es “angemessen”, Drittländer einzubeziehen, die die Handelsbeschränkungen umgingen und elektronische Komponenten für Russlands Militär- und Industriekomplex lieferten, heißt es dem Bericht zufolge im Vorschlag der EU-Kommission.

Demnach soll 3HC Semiconductors versucht zu haben, Exportkontrollen zu umgehen, indem Teile aus den USA gekauft und dann an Russland weiter geliefert wurden. King-Pai Technology soll Mikroelektronik mit Verteidigungsanwendungen an Russland geliefert haben.

Dual-use-Güter über die Türkei nach Russland

Brüssel hat es bisher vermieden, chinesische Firmen ins Visier zu nehmen. Stichfeste Beweise, dass China Waffen an Russland liefert, gibt es bisher nicht. Berichte und die Auswertung von Zolldaten hatten aber gezeigt, dass China Dual-use-Güter nach Russland exportiert. Dazu gehören beispielsweise Drohnen wie die Mugin-5-Drohne. Dual-Use-Produkte können zivile und militärische Anwendungen haben. In Zolldaten waren jüngst auch CQ-A-Gewehre aufgetaucht. Diese waren als zivile Jagd-Gewehre gekennzeichnet.

Die Waren werden zumeist über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland exportiert werden. Dazu zählen neben Dual-use-Gütern auch bestimmte Arten von Maschinen und Fahrzeugen oder bestimmte Halbleiter.

Peking droht

Mit den chinesischen Firmen käme nun erstmals eine extraterritoriale Komponente zu den EU-Sanktionen. Konkret ist laut EU-Kreisen geplant, zur Abschreckung zunächst die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, Exporte in Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Wenn dies nicht ausreicht, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Ausfuhren tatsächlich unterbunden werden. Beschlossen werden muss ein solcher Schritt aber einstimmig von den 27 Mitgliedstaaten.

Die Regierung in Peking warnte die EU bereits vorsorglich vor der Verhängung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine: Falls es zu solch einem Schritt kommen sollte, würden sich die bilateralen Beziehungen verschlechtern, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag. China werde dann entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu schützen.

Prinzip der Extraterritorialität

Das Prinzip der Extraterritorialität wurde in der Vergangenheit beispielsweise im Fall von US-Sanktionen gegen Iran angewandt. Im Jahr 2018 beschloss die Trump-Regierung, sich aus dem iranischen Atomabkommen zurückzuziehen und eine Strategie des “maximalen Drucks” durchzusetzen, um die zuvor im Rahmen des internationalen Abkommens aufgehobenen Sanktionen gegen das Regime in Teheran wieder zu verhängen.

Die Extraterritorialität, auch Sekundärsanktionen genannt, wurde damals von den US-Behörden genutzt, um nichtamerikanische Unternehmen zu bestrafen, die noch Geschäfte mit Iran machten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zogen sich viele europäische Firmen aus dem iranischen Markt zurück. Brüssel kritisierte Washington damals scharf wegen des Schritts.

  • China-Sanktionen
  • EU
  • Geopolitik
  • Handel
  • Technologie
  • Ukraine-Krieg

Chinas Strategie bei Investitionen birgt Gefahr für Autobauer

Chinas Investitionen in Europa werden geringer. 2022 schrumpfte das Volumen im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent, heißt es in einer aktuellen Studie des Mercator Institute for China Studies (Merics) und der Rhodium Group. Im Vergleich zu 2016 ist es sogar ein Rückgang um 83 Prozent.

Doch Chinas Investitionen in der EU und Großbritannien sind nicht nur weniger geworden; sie haben sich auch fundamental verändert. Inzwischen handelt es sich vor allem um Greenfield-Investitionen, die sich zielgerichtet vor allem auf einen Industriebereich konzentrieren: die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge. Europa sei dadurch zu einem wichtigen Bestandteil der globalen Expansion chinesischer Elektrofahrzeuge (EV) geworden, schreiben die Herausgeber der Studie.

Markante Beispiele gibt es genügend: Der chinesische Batteriehersteller CATL baut für 7,6 Milliarden Euro eine Fabrik in Ungarn, Svolt für rund zwei Milliarden Euro in Deutschland oder Envision AESC in Frankreich für ebenfalls zwei Milliarden Euro. Damit bilden Batterieinvestitionen die neue Hauptstütze chinesischer Investitionen in Europa, heißt es in der Merics/Rhodium-Studie.

Die wichtigen Erkenntnisse der Untersuchung sind:

  • Chinas weltweite Auslandsinvestitionen fallen auf ein Acht-Jahres-Tief
  • auch die Investitionen in Europa (EU+UK) gehen weiter zurück
  • die Greenfield-Investitionen sind erstmals seit 2008 größer als Fusionen und Übernahmen (mergers & acquisitions, kurz M&A)
  • Chinas Investitionen konzentrieren sich auf Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Ungarn. Mehr als zwei Drittel des Geldes fließen in diese vier Länder.
  • Ziel-Branchen sind Konsumprodukte und der Automobilsektor
  • ein starker Anstieg chinesischer Investitionen ist 2023 unwahrscheinlich, trotz Ende der Corona-Beschränkungen

Auf die grüne Wiese statt Übernahme

Die vorliegende Studie zeigt vor allem zwei grundlegende Neuheiten: Die Art des chinesischen Engagements hat sich verändert, wie auch die Zielbranche.

Jahrelang konzentrierte sich Peking vor allem auf klassische M&A-Vorgänge, also Fusionen und Übernahmen von deutschen und europäischen Unternehmen durch chinesische Konzerne. Für Schlagzeilen und hitzige Diskussionen sorgte beispielsweise der Kauf der 1898 in Augsburg gegründeten Roboterfirma Kuka durch den chinesischen Elektronik-Konzern Midea.

Doch inzwischen haben chinesische Greenfield-Investitionen in Europa derartige M&A-Aktionen überholt – zum ersten Mal seit 20 Jahren. So beliefen sich chinesische Investments auf der grünen Wiese im vergangenen Jahr auf rund 4,5 Milliarden Euro – und machten damit 57 Prozent der gesamten chinesischen Investitionen aus. Ein Grund: Chinas Unternehmen sind zunehmend wettbewerbsfähig, wie zuletzt CATL mit einer neuen Akku-Technik.

Chinas Fokus auf Elektrofahrzeuge

Daran schließt sich direkt die zweite Veränderung an: Chinas Greenfield-Investionen konzentrierten sich 2022 vor allem auf Batteriefabriken für Elektroautos. “Chinesische Unternehmen stecken Milliarden in die Lieferkette von Elektrofahrzeugen in Europa”, sagt Agatha Kratz, Präsidentin der US-Denkfabrik Rhodium Group.

Max Zenglein sieht darin einen Indikator für eine globale Verschiebung. “Die sich ändernden Investitionsmuster unterstreichen die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen insbesondere bei Elektrofahrzeugen”, sagt der Merics-Wirtschaftsexperte.

Chinas Schlüsselrolle in Europa

In dieser Entwicklung steckten dramatische Nachrichten für die deutsche Autoindustrie: BMW, VW und Co. sind nicht nur dabei, den riesigen Absatzmarkt in China zu verlieren. Vielmehr scheint es, als fühlten sich Chinas Konzerne bereit, den Wettbewerb im Automobilsektor nun auch nach Europa zu tragen.

Darüber hinaus haben Chinas veränderte Direktinvestitionen auch Auswirkungen, die weit über die direkten Regionen und Branchen hinausreichen: Sie sind nicht nur wichtige Einnahmequellen für die entsprechenden Regionen, wo zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen. Vielmehr erhalten Chinas Konzerne zunehmend auch eine strategisch wichtige Rolle auf dem Kontinent. “Sie sind zu wichtigen Akteuren der grünen Wende Europas geworden”, erklärt Rhodium-Präsidentin Kratz.

Es ist eine Feststellung, die jene Strategen in Europa nachdenklich stimmen sollte, die auf mehr Autonomie bedachten sind. Europa droht, auch bei der Energiewende abhängig zu werden von China. Das kann gut gehen, wenn beide Seiten ein gemeinsames Ziel verfolgen. Allerdings gibt es auch warnende Beispiele, wie ein Blick auf das Schicksal der deutschen Solarindustrie zeigt oder die aktuellen Entwicklungen bei Deutschlands Wärmepumpenherstellern.

  • Autoindustrie

News

Außenminister Qin in Berlin

Qin Gang hatte im April Annalena Baerbock in Peking empfangen. Nun reist er nach Berlin.

Wenige Wochen nach dem Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in China wird sie am heutigen Dienstag wieder ihren chinesischen Amtskollegen Qin Gang treffen. Qin war am Montag zu einem Drei-Länder-Trip nach Europa aufgebrochen und wird neben Deutschland auch Frankreich und Norwegen besuchen.

Baerbock war Mitte April in die Volksrepublik gereist und hatte die Gastgeber eindringlich aufgefordert, deren Einfluss auf Moskau stärker geltend zu machen und den russischen Angriff auf die Ukraine zu verurteilen. Auf Kritik an Chinas Menschenrechtsbilanz und seine zunehmend aggressive Haltung gegenüber Taiwan hatte Qin empfindlich reagiert und gesagt, sein Land brauche keine Belehrung.

In Frankreich dürfte die Atmosphäre daher etwas entspannter sein als in Berlin. Staatspräsident Emmanuel Macron hatte mit seinen Empfehlungen zur Haltung Europas in der Taiwan-Frage den Applaus chinesischer Staatsmedien erhalten. Widersprüchliche Positionen in der EU nutzt China seit Jahrzehnten, um seinen Einfluss auf Europa zu vergrößern. grz

  • Annalena Baerbock
  • Diplomatie
  • Qin Gang

Peking sagt Lindner-Besuch ab

Ein geplanter Abstecher von Finanzminister Christian Lindner (FDP) nach China und das dafür vorgesehene Gespräch mit seinem Kollegen Liu Kun finden nicht statt. Am heutigen Dienstag wollte Lindner eigentlich nach Peking aufbrechen, um von dort zum Finanzministertreffen der G7 am Donnerstag weiterzureisen. Die chinesische Seite hat jedoch die Termine in Peking kurzfristig abgesagt. Die Begründung: Finanzminister Liu müsse sich außerhalb Pekings mit Staatschef Xi Jinping beraten.

Der neue Termin liegt ein gutes Stück in der Zukunft – nach den Regierungskonsultationen im Juni, die Lindner und Liu eigentlich für ihre Ressorts vorbereiten wollten. Jetzt wird wohl eine Nachbereitung daraus, wie in Berlin zu hören ist.

Signal des Missfallens wegen Taiwan-Reise

Das Terminproblem könnte real sein, doch eine Absage gerade an den FDP-Chef dürfte Peking nicht allzu schwerfallen. Nach dem Besuch von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (ebenfalls FDP) in Taiwan war aus chinesischen Diplomatenkreisen gegenüber einem deutschen Abgeordneten zu hören, dass der Ärger über die Aktion in Peking riesig sei. Der Besuch werde nicht ohne Konsequenzen bleiben, hatte die chinesische Seite angekündigt.

Die Verschiebung eines fertig vorbereiteten Besuchs mit Terminschwierigkeiten als Begründung wäre ein Signal des Missfallens, ohne gleich einen Eklat auszulösen. Dem Vernehmen nach nimmt das Bundesfinanzministerium den Vorgang bisher gelassen. fin

  • Christian Lindner
  • Finanzen
  • Regierungskonsultationen

Festschrift des Dialogforums vorgestellt

Das Deutsch-Chinesische Dialogforum hat am Montag den Buchband “50 Stimmen” offiziell vorgestellt, der anlässlich des 50-jährigen Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen entstanden ist. Herausgeber des Bandes sind Annette Schavan, die deutsche Ko-Vorsitzende des Dialogforums, und Mikko Huotari, Direktor der Forschungsinstituts Mercis. In dem Band kommen 50 Persönlichkeiten mit engen Verbindungen zu China zu Wort. Sie reflektieren den Stand der Beziehungen zwischen beiden Ländern. China.Table ist Medienpartner des Projekts.

Annette Schavan gibt den Vorsitz des Dialogforums ab.

Huotari wies auf die Bedeutung der Beschäftigung mit China hin – gerade jetzt. “Mit dem Anti-Spionagegesetz sind Bedingungen für jeglichen Austausch prekär geworden”, sagte der Merics-Chef am Abend in Berlin. “Das konterkariert die diplomatische Charme-Offensive nach der Wiederöffnung.” Bei aller Sorge um den Zustand der Beziehungen sei der Versuch des Verstehens und die Bereitschaft zu Verständigung umso wichtiger. “Aus diesem Impetus entstand dieser Band.”

“Die Freiräume sind enger geworden”: Yan Xu-Lackner vom Konfuzius-Institut Nürnberg.

Die Leiterin des Konfuzius-Instituts in Nürnberg, Yan Xu-Lackner, sieht derzeit Blockaden auf beiden Seiten. Es sei eine Blockbildung zu beobachten. “Auf chinesischer Seite sind die Freiräume enger geworden – aber auch auf der deutschen Seite verengt sich der Diskurs”, sagte sie im Gespräch mit Table.Media-Redakteur Felix Lee, der einige der 50 Beitragenden des Bandes auf der Veranstaltung zu ihren China-Erfahrungen befragte.

Der Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Peking, Oliver Radtke, beklagte mit Gespräch mit Lee einen Verlust der Fähigkeit zur Völkerverständigung in China. Radtke ist während der Pandemie in die Volksrepublik gezogen. “Ich kam in ein Land, das verlernt hatte, im Austausch mit der Welt zu sein.”

Felix Lee im Gespräch mit Oliver Radtke.

Nora Frisch, die Gründerin des Drachenhaus-Verlags, sieht auch aufseiten des Westens eine Verschiebung der Wahrnehmung Chinas, die zu Verständigungsproblemen beiträgt. “Die Macht, die China erhalten hat, ist mit Abstiegsängsten verbunden.” China sei so mächtig geworden, dass der Westen im Umgang mit dem Land überzeugen müsse, statt zu bevormunden. “Hier kann Kulturvermittlung viel bewirken.”

Die Amtszeit der Ex-Ministerin Schavan als deutsche Ko-Vorsitzende des Dialogforums endete mit der Veranstaltung am Montag. Schavan sieht im Verhalten Chinas die Ursache für die aktuellen Probleme mit dem Dialog. Sie wünscht sich positivere Signale der Gesprächsbereitschaft. “Wenn China den Austausch möchte, wenn China aktive diplomatische Beziehungen möchte, dann braucht es ein paar Zeichen.” Aus dem Auswärtigen Amt war zu hören, dass das Dialogforum auch weiterhin stattfinden soll. fin

  • Geopolitik
  • Konfuzius-Institute

Raumschiff kehrt zur Erde zurück

In China ist am Montag ein wiederverwendbares experimentelles Raumfahrzeug erfolgreich zu seiner geplanten Landestelle auf dem Weltraumbahnhof Jiuquan Satellite Launch Center im Nordwesten Chinas zurückgekehrt. Das Raumfahrzeug hatte 276 Tage in der Umlaufbahn verbracht, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtete. Das Raumschiff war am 5. August 2022 von einer Trägerrakete des Typs Langer Marsch 2F in Jiuquan gestartet.

Der Erfolg des Experiments stelle einen wichtigen Durchbruch in Chinas Forschung zu wiederverwendbaren Raumfahrzeugtechnologien dar. Ziel sei es, kostengünstigere Methoden für die friedliche Nutzung des Weltraums zu entwickeln, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

Durch wiederverwendbare Raumschiffe soll es in Zukunft möglich werden, günstiger ins Weltall zu kommen. Mögliche Anwendungen sind: der Transport von Astronauten, die Versorgung von Raumstationen und die Platzierung von Satelliten in der Umlaufbahn. Derzeit liefern sich China mit den USA einen regelrechten Weltlauf im All.

Mit der Mission gelingt China zum zweiten Mal der Betrieb eines wiederverwendbaren Raumfahrzeugs. Der erste Versuch fand im September 2020 statt. Damals verbrachte das Raumschiff knapp zwei Tage in der Umlaufbahn. rad

  • Weltraum

Presseschau

Peking lädt Lindner aus: Wie China den deutschen Finanzminister brüskiert – und nicht nur ihn SPIEGEL
Baerbock empfängt chinesischen Außenminister in Berlin WELT
Exporte an Russland: EU-Kommission will China sanktionieren MANAGER-MAGAZIN
Olaf Scholz in Ostafrika: Der Kampf gegen China hat begonnen, er kommt aber sehr spät BERLINER-ZEITUNG
Treffen mit Botschafter: China sendet Zeichen leichter Entspannung an die USA FAZ
Chinese Foreign Minister Scolds U.S. Envoy Over Taiwan WSJ
Nach Abzug der USA: China greift nach Afghanistan BERLINER-ZEITUNG
Taiwan’s 3rd largest party to back ex-Taipei mayor in presidential race NHK
Taiwan – Sonnenblumen gegen China NDR
Gemeinsame Gegner schweißen Südkorea und Japan zusammen HANDELSBLATT
China investiert in Europa weniger, aber strategischer SUEDDEUTSCHE
Ausländische Firmen in China: Klappe zu SUEDDEUTSCHE
China Confirms Campaign Against Alleged Spying by Foreign Consulting Firms WSJ
Neue Messe präsentiert Konsumgüter aus China FAZ
Wie Deutschland bei Wärmepumpen von China abgehängt wird: Das sind die Konkurrenten MERKUR
Thüringens Abhängigkeit von China: Eine Ansiedlung mit Nebenwirkungen TAGESSCHAU
China hat es schwer: KI-Entwicklung ohne US-Chips COINTELEGRAPH
Künstliche Intelligenz in China: Der politische Wille ist groß und die Forschung stark, doch es fehlen Talente NZZ
Statt China-Rückgang: Apple hofft auf Indien, Mexiko, Brasilien und die Emirate HEISE
Chinese Company Now Owns Tutoring Firm Contracted by Military and Schools in U.S. WSJ
Traditionell und nachhaltig: Gerüstbau mit Bambus in Hongkong EURONEWS
China’s mysterious space plane returns to Earth after 9-month orbital mission SPACE
Berlusconi hält bisher “chinafeindlichste” Rede EURACTIV
Italians condemn ‘insult’ of Austrian-Chinese ‘European mozzarella’ THEGUARDIAN

Empfehlungen aus der SZ

“Man spürt die Nervosität unter den deutschen Unternehmen”: Unter dem Deckmantel der “nationalen Sicherheit” gehen Chinas Behörden immer öfter gegen ausländische Firmen vor, die ihnen zu viele Fragen stellen. Was genau hinter dem Vorgehen steckt, ist unklar. Doch eines ist den betroffenen Unternehmen gemein. Mehr.

Die Frau, die den “chinesischen Traum” lebt: Sie war die erste Angestellte von Ikea in China und schaffte es bis ins globale Top-Management. Nun baut Angela Zhu ihre eigene Firma auf. Über eine bemerkenswerte Karriere – nicht nur, aber auch, weil sie eine Frau aus China ist. Mehr.

Heads

Steffi Weil – Professorin zwischen Universität und Geschäftswelt

Ein Sabbatical legte die Grundlage für ihre akademische Karriere: Steffi Weil ist Professorin an der Universität Antwerpen.

Was als Abenteuer im Outback begann, mündete in einer akademischen Karriere: Mit 30 Jahren entschloss sich Steffi Weil, damals Managerin einer Firma für IT-Beratung, ein einjähriges Sabbatical zu nehmen: “Ich dachte, jetzt oder nie”, erzählt sie. “Das war dann unvorhergesehen der Anfang von einem neuen Leben.” In den Weiten Australiens einfach den Kopf auszuschalten, das war nicht ihre Sache, ein Zeitvertreib musste her. Deshalb meldete sich Weil spontan für eine kurze Summer School an. Der Fokus: chinesische Politik – darauf folgten ein zweiter Master, ein Joint-PhD und schließlich Professuren an der Antwerpen Management School und der Universität Antwerpen.

Ihre Doktorarbeit hat Weil den Möglichkeiten effektiver Lobbyarbeit in China gewidmet – und dabei Schlupflöcher im stahlharten chinesischen Gehäuse gefunden: “Ich habe mich immer gefragt, wie man auf ein System einwirken kann, das von außen unveränderbar wirkt.” Diese pragmatische Ader ist nicht nur Teil von Weils Charakter, sie leitet auch ihre wissenschaftliche Forschung an. Auch heute noch beschäftigt sie sich mit Problemen der Einflussnahme im Policymaking, zuletzt mit Sicherheitsaspekten und der Wirkung chinesischer politischer Ideen auf das Global Governance System.

Unabhängigkeit durch Kooperation

Aktuell komme es darauf an, nach gedanklichen Ansätzen zu suchen, die nicht auf Logiken aus dem Kalten Krieg beruhen, sagt Weil: “Ich denke, dass China auf der Suche nach diplomatischem Werkzeug ist, das auch der Westen versteht.” Und das könne sehr schwierig sein. Weil ist zwar entschieden dafür, dass die kritischen Industrien in der Europäischen Union unabhängiger von China werden. Ob Maßnahmen wie der EU Chip Act dafür geeignet sind, das bezweifelt sie jedoch. Denn technologisch ließen sich die vergangenen zwanzig Jahre nicht mit einem Fingerschnippen aufholen.

Um von China unabhängig werden zu können, brauche es mittelfristig die partnerschaftliche Kooperation. Maßnahmen, die Verfestigung von Feindseligkeiten nach sich ziehen, seien kontraproduktiv.

Promotionsprogramm für Manager

Neben ihrer eigenen Forschung widmet sich Weil mit viel Elan einem Doktorandenprogramm für Führungskräfte, das sie verantwortlich betreut. Es umfasst ein vierjähriges strukturiertes Curriculum, das Manager auf der höchsten Ebene auf ihrem Weg zum vollwertigen PhD begleitet. Weil möchte mit diesem Programm eine Abkürzung anbieten zwischen der Geschäfts- und der Universitätswelt. Nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten, die sie selbst beim Umsatteln erlebt hat und als “Kulturschock” beschreibt. “Wir sind voll und ganz zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Manager”, betont sie in Hinblick auf das Doktorandenprogramm.

Die Promovierenden unterstützt sie, ihre geschäftsbezogenen Fragestellungen in einen akademischen Kontext zu übersetzen. Dabei versucht sie, ein Zusammenspiel zwischen praktischer Erfahrung und theoretischer Methodologie zu befeuern. Das führe ein ums andere Mal zu bemerkenswerten Ergebnissen: “Das sind Leute, die dann das akademische Umfeld ein bisschen aufmischen”, erzählt Weil. Davon könne es ruhig noch ein paar mehr vertragen. Julius Schwarzwälder

Personalien

Kevin van Buer ist seit März Head of IT Region China für BMW. Van Buer ist seit mehr als 25 Jahren bei BMW in unterschiedlichen Positionen tätig.

Brian Titze ist seit April Manager Value Creation und Data & Analytics bei KPMG China. Er arbeitet in Hongkong.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Zibo, eine Industriestadt in der östlichen Provinz Shandong, ist dieser Tage das beliebteste Reiseziel Chinas. Der Grund? Angeblich gibt es hier das beste Barbecue im ganzen Land. Den Hype losgetreten hatte eine Gruppe Studenten, die einen kulinarischen Trip in die zuvor unbekannte Stadt auf Douyin, dem chinesischen TikTok, dokumentierten. Mittlerweile stehen die Reisebusse außerhalb der Essensmeile von Zibo Schlange. Sogar Extra-Schnellzüge wurden eingerichtet, damit Grillhungrige schneller an ihr Ziel kommen. Chinas Staatsmedien sehen in Zibo einen “exemplarischen Fall für alte Industriestädte, die Transformation anstreben”. Kritiker des Hypes sprechen ironisch vom “Disneyland Shandongs”, das für die schlimmste Seite eines sinnentleerten Konsumismus stehe.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    In dieser Entwicklung stecken dramatische Nachrichten für die deutsche Autoindustrie, schreibt Michael Radunski: BMW, VW und Co. sind nicht nur dabei, den riesigen Absatzmarkt in China zu verlieren. Vielmehr scheint es, als fühlten sich Chinas Konzerne bereit, den Wettbewerb im Automobilsektor nun auch nach Europa zu tragen.

    Überraschen kann das aber nicht. Jahrzehntelang haben ausländische Firmen ihr Know-how nach China abgeben müssen, wenn sie dort erfolgreich wirtschaften wollten. Dass dieser Kompromiss faul war, wusste jeder. Drum geschert haben sich zu wenige. Die Mobilität würde sich lediglich einreihen in eine Serie von Industrien, die einst von europäischen – vor allem auch von deutschen – Firmen dominiert wurden, ehe die chinesische Konkurrenz das Zepter übernahm.

    Auch in unserer zweiten Analyse geht es um chinesische Firmen. Allerdings um solche, die jetzt von der Europäischen Union sanktioniert werden, weil sie offenbar dem russischen Kriegsapparat wichtige Komponenten liefern. Diese Sanktionen werden sicherlich die Stimmung vermiesen, wenn Außenminister Qin Gang heute in Berlin bei Annalena Baerbock weilt. Aber schlechte Stimmung sind die beiden im Umgang miteinander schon gewöhnt. Da machen ein paar Sanktionen vielleicht keinen Unterschied mehr.

    Am Montag hat das Deutsch-Chinesische Dialogforum seinen Sammelband “50 Stimmen” vorgestellt. Es gab eine spannende Diskussion über den Austausch mit China, über die wir heute berichten. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltung, sodass wir Ihnen zusammen mit dem Dialogforum heute zehn Exemplare des Buchs kostenlos anbieten möchten. Schreiben Sie einfach eine kurze E-Mail an china@table.media, wenn Sie den Band haben möchten. Wir bitten um Verständnis, wenn das Kontingent nicht für alle Interessierten ausreichen sollte.

    Ihr
    Marcel Grzanna
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    Analyse

    EU plant Sanktionen gegen chinesische Firmen

    Die EU will offenbar chinesische Unternehmen wegen militärischer Lieferungen an Russland ins Visier nehmen. In einer neuen Sanktionsrunde werde die Umsetzung und Einhaltung der EU-Sanktionen gegen Russland im Fokus stehen, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel.

    Das geplante elfte Sanktionspaket im Rahmen des Ukraine-Kriegs konzentriere sich auf die Wirksamkeit der Strafmaßnahmen und wie verhindert werden könne, dass diese umgangen werden, betonte der Sprecher. Hier könnten erstmals auch chinesische Firmen mit Sanktionen belegt werden. Nähere Details, beispielsweise wer auf der Sanktionsliste steht, gab der Kommissionssprecher allerdings nicht bekannt.

    Deals mit Russland

    Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge könnten unter anderem die Vermögenswerte von sieben chinesischen Firmen in der EU eingefroren werden. Reuters beruft sich hierbei auf mehrere Brüsseler Diplomaten.

    Am Mittwoch werden zunächst die EU-Botschafter über das Paket beraten. Ziel ist es, das elfte Sanktionspaket noch in diesem Monat zu beschließen. Laut einem Bericht der britischen Zeitung Financial Times wird den Unternehmen vorgeworfen, Ausrüstung mit potenziellem militärischen Nutzen an Russland verkauft zu haben.

    Mehrere Firmen bereits auf US-Sanktionsliste

    Demnach stehen zwei Unternehmen aus Festland-China auf der Liste:

    • 3HC Semiconductors, ein Elektronik-Komponenten- und Chip-Hersteller aus Shenzhen
    • King-Pai Technology, das ebenfalls elektronische Komponenten herstellt

    Hinzu kommen fünf weitere Unternehmen aus Hongkong:

    • Sinno Electronics
    • Sigma Technology
    • Asia Pacific Links
    • Tordan Industry
    • Alpha Trading Investments

    3HC Semiconductors, King-Pai Technology sowie Sinno Electronics und Sigma Technology stehen schon jetzt auf der Sanktionsliste des US-Finanzministeriums.

    Angesichts der “Schlüsselrolle elektronischer Komponenten” im russischen Krieg gegen die Ukraine sei es “angemessen”, Drittländer einzubeziehen, die die Handelsbeschränkungen umgingen und elektronische Komponenten für Russlands Militär- und Industriekomplex lieferten, heißt es dem Bericht zufolge im Vorschlag der EU-Kommission.

    Demnach soll 3HC Semiconductors versucht zu haben, Exportkontrollen zu umgehen, indem Teile aus den USA gekauft und dann an Russland weiter geliefert wurden. King-Pai Technology soll Mikroelektronik mit Verteidigungsanwendungen an Russland geliefert haben.

    Dual-use-Güter über die Türkei nach Russland

    Brüssel hat es bisher vermieden, chinesische Firmen ins Visier zu nehmen. Stichfeste Beweise, dass China Waffen an Russland liefert, gibt es bisher nicht. Berichte und die Auswertung von Zolldaten hatten aber gezeigt, dass China Dual-use-Güter nach Russland exportiert. Dazu gehören beispielsweise Drohnen wie die Mugin-5-Drohne. Dual-Use-Produkte können zivile und militärische Anwendungen haben. In Zolldaten waren jüngst auch CQ-A-Gewehre aufgetaucht. Diese waren als zivile Jagd-Gewehre gekennzeichnet.

    Die Waren werden zumeist über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland geliefert. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland exportiert werden. Dazu zählen neben Dual-use-Gütern auch bestimmte Arten von Maschinen und Fahrzeugen oder bestimmte Halbleiter.

    Peking droht

    Mit den chinesischen Firmen käme nun erstmals eine extraterritoriale Komponente zu den EU-Sanktionen. Konkret ist laut EU-Kreisen geplant, zur Abschreckung zunächst die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, Exporte in Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Wenn dies nicht ausreicht, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Ausfuhren tatsächlich unterbunden werden. Beschlossen werden muss ein solcher Schritt aber einstimmig von den 27 Mitgliedstaaten.

    Die Regierung in Peking warnte die EU bereits vorsorglich vor der Verhängung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine: Falls es zu solch einem Schritt kommen sollte, würden sich die bilateralen Beziehungen verschlechtern, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag. China werde dann entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu schützen.

    Prinzip der Extraterritorialität

    Das Prinzip der Extraterritorialität wurde in der Vergangenheit beispielsweise im Fall von US-Sanktionen gegen Iran angewandt. Im Jahr 2018 beschloss die Trump-Regierung, sich aus dem iranischen Atomabkommen zurückzuziehen und eine Strategie des “maximalen Drucks” durchzusetzen, um die zuvor im Rahmen des internationalen Abkommens aufgehobenen Sanktionen gegen das Regime in Teheran wieder zu verhängen.

    Die Extraterritorialität, auch Sekundärsanktionen genannt, wurde damals von den US-Behörden genutzt, um nichtamerikanische Unternehmen zu bestrafen, die noch Geschäfte mit Iran machten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zogen sich viele europäische Firmen aus dem iranischen Markt zurück. Brüssel kritisierte Washington damals scharf wegen des Schritts.

    • China-Sanktionen
    • EU
    • Geopolitik
    • Handel
    • Technologie
    • Ukraine-Krieg

    Chinas Strategie bei Investitionen birgt Gefahr für Autobauer

    Chinas Investitionen in Europa werden geringer. 2022 schrumpfte das Volumen im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent, heißt es in einer aktuellen Studie des Mercator Institute for China Studies (Merics) und der Rhodium Group. Im Vergleich zu 2016 ist es sogar ein Rückgang um 83 Prozent.

    Doch Chinas Investitionen in der EU und Großbritannien sind nicht nur weniger geworden; sie haben sich auch fundamental verändert. Inzwischen handelt es sich vor allem um Greenfield-Investitionen, die sich zielgerichtet vor allem auf einen Industriebereich konzentrieren: die Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge. Europa sei dadurch zu einem wichtigen Bestandteil der globalen Expansion chinesischer Elektrofahrzeuge (EV) geworden, schreiben die Herausgeber der Studie.

    Markante Beispiele gibt es genügend: Der chinesische Batteriehersteller CATL baut für 7,6 Milliarden Euro eine Fabrik in Ungarn, Svolt für rund zwei Milliarden Euro in Deutschland oder Envision AESC in Frankreich für ebenfalls zwei Milliarden Euro. Damit bilden Batterieinvestitionen die neue Hauptstütze chinesischer Investitionen in Europa, heißt es in der Merics/Rhodium-Studie.

    Die wichtigen Erkenntnisse der Untersuchung sind:

    • Chinas weltweite Auslandsinvestitionen fallen auf ein Acht-Jahres-Tief
    • auch die Investitionen in Europa (EU+UK) gehen weiter zurück
    • die Greenfield-Investitionen sind erstmals seit 2008 größer als Fusionen und Übernahmen (mergers & acquisitions, kurz M&A)
    • Chinas Investitionen konzentrieren sich auf Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Ungarn. Mehr als zwei Drittel des Geldes fließen in diese vier Länder.
    • Ziel-Branchen sind Konsumprodukte und der Automobilsektor
    • ein starker Anstieg chinesischer Investitionen ist 2023 unwahrscheinlich, trotz Ende der Corona-Beschränkungen

    Auf die grüne Wiese statt Übernahme

    Die vorliegende Studie zeigt vor allem zwei grundlegende Neuheiten: Die Art des chinesischen Engagements hat sich verändert, wie auch die Zielbranche.

    Jahrelang konzentrierte sich Peking vor allem auf klassische M&A-Vorgänge, also Fusionen und Übernahmen von deutschen und europäischen Unternehmen durch chinesische Konzerne. Für Schlagzeilen und hitzige Diskussionen sorgte beispielsweise der Kauf der 1898 in Augsburg gegründeten Roboterfirma Kuka durch den chinesischen Elektronik-Konzern Midea.

    Doch inzwischen haben chinesische Greenfield-Investitionen in Europa derartige M&A-Aktionen überholt – zum ersten Mal seit 20 Jahren. So beliefen sich chinesische Investments auf der grünen Wiese im vergangenen Jahr auf rund 4,5 Milliarden Euro – und machten damit 57 Prozent der gesamten chinesischen Investitionen aus. Ein Grund: Chinas Unternehmen sind zunehmend wettbewerbsfähig, wie zuletzt CATL mit einer neuen Akku-Technik.

    Chinas Fokus auf Elektrofahrzeuge

    Daran schließt sich direkt die zweite Veränderung an: Chinas Greenfield-Investionen konzentrierten sich 2022 vor allem auf Batteriefabriken für Elektroautos. “Chinesische Unternehmen stecken Milliarden in die Lieferkette von Elektrofahrzeugen in Europa”, sagt Agatha Kratz, Präsidentin der US-Denkfabrik Rhodium Group.

    Max Zenglein sieht darin einen Indikator für eine globale Verschiebung. “Die sich ändernden Investitionsmuster unterstreichen die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen insbesondere bei Elektrofahrzeugen”, sagt der Merics-Wirtschaftsexperte.

    Chinas Schlüsselrolle in Europa

    In dieser Entwicklung steckten dramatische Nachrichten für die deutsche Autoindustrie: BMW, VW und Co. sind nicht nur dabei, den riesigen Absatzmarkt in China zu verlieren. Vielmehr scheint es, als fühlten sich Chinas Konzerne bereit, den Wettbewerb im Automobilsektor nun auch nach Europa zu tragen.

    Darüber hinaus haben Chinas veränderte Direktinvestitionen auch Auswirkungen, die weit über die direkten Regionen und Branchen hinausreichen: Sie sind nicht nur wichtige Einnahmequellen für die entsprechenden Regionen, wo zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen. Vielmehr erhalten Chinas Konzerne zunehmend auch eine strategisch wichtige Rolle auf dem Kontinent. “Sie sind zu wichtigen Akteuren der grünen Wende Europas geworden”, erklärt Rhodium-Präsidentin Kratz.

    Es ist eine Feststellung, die jene Strategen in Europa nachdenklich stimmen sollte, die auf mehr Autonomie bedachten sind. Europa droht, auch bei der Energiewende abhängig zu werden von China. Das kann gut gehen, wenn beide Seiten ein gemeinsames Ziel verfolgen. Allerdings gibt es auch warnende Beispiele, wie ein Blick auf das Schicksal der deutschen Solarindustrie zeigt oder die aktuellen Entwicklungen bei Deutschlands Wärmepumpenherstellern.

    • Autoindustrie

    News

    Außenminister Qin in Berlin

    Qin Gang hatte im April Annalena Baerbock in Peking empfangen. Nun reist er nach Berlin.

    Wenige Wochen nach dem Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in China wird sie am heutigen Dienstag wieder ihren chinesischen Amtskollegen Qin Gang treffen. Qin war am Montag zu einem Drei-Länder-Trip nach Europa aufgebrochen und wird neben Deutschland auch Frankreich und Norwegen besuchen.

    Baerbock war Mitte April in die Volksrepublik gereist und hatte die Gastgeber eindringlich aufgefordert, deren Einfluss auf Moskau stärker geltend zu machen und den russischen Angriff auf die Ukraine zu verurteilen. Auf Kritik an Chinas Menschenrechtsbilanz und seine zunehmend aggressive Haltung gegenüber Taiwan hatte Qin empfindlich reagiert und gesagt, sein Land brauche keine Belehrung.

    In Frankreich dürfte die Atmosphäre daher etwas entspannter sein als in Berlin. Staatspräsident Emmanuel Macron hatte mit seinen Empfehlungen zur Haltung Europas in der Taiwan-Frage den Applaus chinesischer Staatsmedien erhalten. Widersprüchliche Positionen in der EU nutzt China seit Jahrzehnten, um seinen Einfluss auf Europa zu vergrößern. grz

    • Annalena Baerbock
    • Diplomatie
    • Qin Gang

    Peking sagt Lindner-Besuch ab

    Ein geplanter Abstecher von Finanzminister Christian Lindner (FDP) nach China und das dafür vorgesehene Gespräch mit seinem Kollegen Liu Kun finden nicht statt. Am heutigen Dienstag wollte Lindner eigentlich nach Peking aufbrechen, um von dort zum Finanzministertreffen der G7 am Donnerstag weiterzureisen. Die chinesische Seite hat jedoch die Termine in Peking kurzfristig abgesagt. Die Begründung: Finanzminister Liu müsse sich außerhalb Pekings mit Staatschef Xi Jinping beraten.

    Der neue Termin liegt ein gutes Stück in der Zukunft – nach den Regierungskonsultationen im Juni, die Lindner und Liu eigentlich für ihre Ressorts vorbereiten wollten. Jetzt wird wohl eine Nachbereitung daraus, wie in Berlin zu hören ist.

    Signal des Missfallens wegen Taiwan-Reise

    Das Terminproblem könnte real sein, doch eine Absage gerade an den FDP-Chef dürfte Peking nicht allzu schwerfallen. Nach dem Besuch von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (ebenfalls FDP) in Taiwan war aus chinesischen Diplomatenkreisen gegenüber einem deutschen Abgeordneten zu hören, dass der Ärger über die Aktion in Peking riesig sei. Der Besuch werde nicht ohne Konsequenzen bleiben, hatte die chinesische Seite angekündigt.

    Die Verschiebung eines fertig vorbereiteten Besuchs mit Terminschwierigkeiten als Begründung wäre ein Signal des Missfallens, ohne gleich einen Eklat auszulösen. Dem Vernehmen nach nimmt das Bundesfinanzministerium den Vorgang bisher gelassen. fin

    • Christian Lindner
    • Finanzen
    • Regierungskonsultationen

    Festschrift des Dialogforums vorgestellt

    Das Deutsch-Chinesische Dialogforum hat am Montag den Buchband “50 Stimmen” offiziell vorgestellt, der anlässlich des 50-jährigen Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen entstanden ist. Herausgeber des Bandes sind Annette Schavan, die deutsche Ko-Vorsitzende des Dialogforums, und Mikko Huotari, Direktor der Forschungsinstituts Mercis. In dem Band kommen 50 Persönlichkeiten mit engen Verbindungen zu China zu Wort. Sie reflektieren den Stand der Beziehungen zwischen beiden Ländern. China.Table ist Medienpartner des Projekts.

    Annette Schavan gibt den Vorsitz des Dialogforums ab.

    Huotari wies auf die Bedeutung der Beschäftigung mit China hin – gerade jetzt. “Mit dem Anti-Spionagegesetz sind Bedingungen für jeglichen Austausch prekär geworden”, sagte der Merics-Chef am Abend in Berlin. “Das konterkariert die diplomatische Charme-Offensive nach der Wiederöffnung.” Bei aller Sorge um den Zustand der Beziehungen sei der Versuch des Verstehens und die Bereitschaft zu Verständigung umso wichtiger. “Aus diesem Impetus entstand dieser Band.”

    “Die Freiräume sind enger geworden”: Yan Xu-Lackner vom Konfuzius-Institut Nürnberg.

    Die Leiterin des Konfuzius-Instituts in Nürnberg, Yan Xu-Lackner, sieht derzeit Blockaden auf beiden Seiten. Es sei eine Blockbildung zu beobachten. “Auf chinesischer Seite sind die Freiräume enger geworden – aber auch auf der deutschen Seite verengt sich der Diskurs”, sagte sie im Gespräch mit Table.Media-Redakteur Felix Lee, der einige der 50 Beitragenden des Bandes auf der Veranstaltung zu ihren China-Erfahrungen befragte.

    Der Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Peking, Oliver Radtke, beklagte mit Gespräch mit Lee einen Verlust der Fähigkeit zur Völkerverständigung in China. Radtke ist während der Pandemie in die Volksrepublik gezogen. “Ich kam in ein Land, das verlernt hatte, im Austausch mit der Welt zu sein.”

    Felix Lee im Gespräch mit Oliver Radtke.

    Nora Frisch, die Gründerin des Drachenhaus-Verlags, sieht auch aufseiten des Westens eine Verschiebung der Wahrnehmung Chinas, die zu Verständigungsproblemen beiträgt. “Die Macht, die China erhalten hat, ist mit Abstiegsängsten verbunden.” China sei so mächtig geworden, dass der Westen im Umgang mit dem Land überzeugen müsse, statt zu bevormunden. “Hier kann Kulturvermittlung viel bewirken.”

    Die Amtszeit der Ex-Ministerin Schavan als deutsche Ko-Vorsitzende des Dialogforums endete mit der Veranstaltung am Montag. Schavan sieht im Verhalten Chinas die Ursache für die aktuellen Probleme mit dem Dialog. Sie wünscht sich positivere Signale der Gesprächsbereitschaft. “Wenn China den Austausch möchte, wenn China aktive diplomatische Beziehungen möchte, dann braucht es ein paar Zeichen.” Aus dem Auswärtigen Amt war zu hören, dass das Dialogforum auch weiterhin stattfinden soll. fin

    • Geopolitik
    • Konfuzius-Institute

    Raumschiff kehrt zur Erde zurück

    In China ist am Montag ein wiederverwendbares experimentelles Raumfahrzeug erfolgreich zu seiner geplanten Landestelle auf dem Weltraumbahnhof Jiuquan Satellite Launch Center im Nordwesten Chinas zurückgekehrt. Das Raumfahrzeug hatte 276 Tage in der Umlaufbahn verbracht, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtete. Das Raumschiff war am 5. August 2022 von einer Trägerrakete des Typs Langer Marsch 2F in Jiuquan gestartet.

    Der Erfolg des Experiments stelle einen wichtigen Durchbruch in Chinas Forschung zu wiederverwendbaren Raumfahrzeugtechnologien dar. Ziel sei es, kostengünstigere Methoden für die friedliche Nutzung des Weltraums zu entwickeln, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

    Durch wiederverwendbare Raumschiffe soll es in Zukunft möglich werden, günstiger ins Weltall zu kommen. Mögliche Anwendungen sind: der Transport von Astronauten, die Versorgung von Raumstationen und die Platzierung von Satelliten in der Umlaufbahn. Derzeit liefern sich China mit den USA einen regelrechten Weltlauf im All.

    Mit der Mission gelingt China zum zweiten Mal der Betrieb eines wiederverwendbaren Raumfahrzeugs. Der erste Versuch fand im September 2020 statt. Damals verbrachte das Raumschiff knapp zwei Tage in der Umlaufbahn. rad

    • Weltraum

    Presseschau

    Peking lädt Lindner aus: Wie China den deutschen Finanzminister brüskiert – und nicht nur ihn SPIEGEL
    Baerbock empfängt chinesischen Außenminister in Berlin WELT
    Exporte an Russland: EU-Kommission will China sanktionieren MANAGER-MAGAZIN
    Olaf Scholz in Ostafrika: Der Kampf gegen China hat begonnen, er kommt aber sehr spät BERLINER-ZEITUNG
    Treffen mit Botschafter: China sendet Zeichen leichter Entspannung an die USA FAZ
    Chinese Foreign Minister Scolds U.S. Envoy Over Taiwan WSJ
    Nach Abzug der USA: China greift nach Afghanistan BERLINER-ZEITUNG
    Taiwan’s 3rd largest party to back ex-Taipei mayor in presidential race NHK
    Taiwan – Sonnenblumen gegen China NDR
    Gemeinsame Gegner schweißen Südkorea und Japan zusammen HANDELSBLATT
    China investiert in Europa weniger, aber strategischer SUEDDEUTSCHE
    Ausländische Firmen in China: Klappe zu SUEDDEUTSCHE
    China Confirms Campaign Against Alleged Spying by Foreign Consulting Firms WSJ
    Neue Messe präsentiert Konsumgüter aus China FAZ
    Wie Deutschland bei Wärmepumpen von China abgehängt wird: Das sind die Konkurrenten MERKUR
    Thüringens Abhängigkeit von China: Eine Ansiedlung mit Nebenwirkungen TAGESSCHAU
    China hat es schwer: KI-Entwicklung ohne US-Chips COINTELEGRAPH
    Künstliche Intelligenz in China: Der politische Wille ist groß und die Forschung stark, doch es fehlen Talente NZZ
    Statt China-Rückgang: Apple hofft auf Indien, Mexiko, Brasilien und die Emirate HEISE
    Chinese Company Now Owns Tutoring Firm Contracted by Military and Schools in U.S. WSJ
    Traditionell und nachhaltig: Gerüstbau mit Bambus in Hongkong EURONEWS
    China’s mysterious space plane returns to Earth after 9-month orbital mission SPACE
    Berlusconi hält bisher “chinafeindlichste” Rede EURACTIV
    Italians condemn ‘insult’ of Austrian-Chinese ‘European mozzarella’ THEGUARDIAN

    Empfehlungen aus der SZ

    “Man spürt die Nervosität unter den deutschen Unternehmen”: Unter dem Deckmantel der “nationalen Sicherheit” gehen Chinas Behörden immer öfter gegen ausländische Firmen vor, die ihnen zu viele Fragen stellen. Was genau hinter dem Vorgehen steckt, ist unklar. Doch eines ist den betroffenen Unternehmen gemein. Mehr.

    Die Frau, die den “chinesischen Traum” lebt: Sie war die erste Angestellte von Ikea in China und schaffte es bis ins globale Top-Management. Nun baut Angela Zhu ihre eigene Firma auf. Über eine bemerkenswerte Karriere – nicht nur, aber auch, weil sie eine Frau aus China ist. Mehr.

    Heads

    Steffi Weil – Professorin zwischen Universität und Geschäftswelt

    Ein Sabbatical legte die Grundlage für ihre akademische Karriere: Steffi Weil ist Professorin an der Universität Antwerpen.

    Was als Abenteuer im Outback begann, mündete in einer akademischen Karriere: Mit 30 Jahren entschloss sich Steffi Weil, damals Managerin einer Firma für IT-Beratung, ein einjähriges Sabbatical zu nehmen: “Ich dachte, jetzt oder nie”, erzählt sie. “Das war dann unvorhergesehen der Anfang von einem neuen Leben.” In den Weiten Australiens einfach den Kopf auszuschalten, das war nicht ihre Sache, ein Zeitvertreib musste her. Deshalb meldete sich Weil spontan für eine kurze Summer School an. Der Fokus: chinesische Politik – darauf folgten ein zweiter Master, ein Joint-PhD und schließlich Professuren an der Antwerpen Management School und der Universität Antwerpen.

    Ihre Doktorarbeit hat Weil den Möglichkeiten effektiver Lobbyarbeit in China gewidmet – und dabei Schlupflöcher im stahlharten chinesischen Gehäuse gefunden: “Ich habe mich immer gefragt, wie man auf ein System einwirken kann, das von außen unveränderbar wirkt.” Diese pragmatische Ader ist nicht nur Teil von Weils Charakter, sie leitet auch ihre wissenschaftliche Forschung an. Auch heute noch beschäftigt sie sich mit Problemen der Einflussnahme im Policymaking, zuletzt mit Sicherheitsaspekten und der Wirkung chinesischer politischer Ideen auf das Global Governance System.

    Unabhängigkeit durch Kooperation

    Aktuell komme es darauf an, nach gedanklichen Ansätzen zu suchen, die nicht auf Logiken aus dem Kalten Krieg beruhen, sagt Weil: “Ich denke, dass China auf der Suche nach diplomatischem Werkzeug ist, das auch der Westen versteht.” Und das könne sehr schwierig sein. Weil ist zwar entschieden dafür, dass die kritischen Industrien in der Europäischen Union unabhängiger von China werden. Ob Maßnahmen wie der EU Chip Act dafür geeignet sind, das bezweifelt sie jedoch. Denn technologisch ließen sich die vergangenen zwanzig Jahre nicht mit einem Fingerschnippen aufholen.

    Um von China unabhängig werden zu können, brauche es mittelfristig die partnerschaftliche Kooperation. Maßnahmen, die Verfestigung von Feindseligkeiten nach sich ziehen, seien kontraproduktiv.

    Promotionsprogramm für Manager

    Neben ihrer eigenen Forschung widmet sich Weil mit viel Elan einem Doktorandenprogramm für Führungskräfte, das sie verantwortlich betreut. Es umfasst ein vierjähriges strukturiertes Curriculum, das Manager auf der höchsten Ebene auf ihrem Weg zum vollwertigen PhD begleitet. Weil möchte mit diesem Programm eine Abkürzung anbieten zwischen der Geschäfts- und der Universitätswelt. Nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten, die sie selbst beim Umsatteln erlebt hat und als “Kulturschock” beschreibt. “Wir sind voll und ganz zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Manager”, betont sie in Hinblick auf das Doktorandenprogramm.

    Die Promovierenden unterstützt sie, ihre geschäftsbezogenen Fragestellungen in einen akademischen Kontext zu übersetzen. Dabei versucht sie, ein Zusammenspiel zwischen praktischer Erfahrung und theoretischer Methodologie zu befeuern. Das führe ein ums andere Mal zu bemerkenswerten Ergebnissen: “Das sind Leute, die dann das akademische Umfeld ein bisschen aufmischen”, erzählt Weil. Davon könne es ruhig noch ein paar mehr vertragen. Julius Schwarzwälder

    Personalien

    Kevin van Buer ist seit März Head of IT Region China für BMW. Van Buer ist seit mehr als 25 Jahren bei BMW in unterschiedlichen Positionen tätig.

    Brian Titze ist seit April Manager Value Creation und Data & Analytics bei KPMG China. Er arbeitet in Hongkong.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Zibo, eine Industriestadt in der östlichen Provinz Shandong, ist dieser Tage das beliebteste Reiseziel Chinas. Der Grund? Angeblich gibt es hier das beste Barbecue im ganzen Land. Den Hype losgetreten hatte eine Gruppe Studenten, die einen kulinarischen Trip in die zuvor unbekannte Stadt auf Douyin, dem chinesischen TikTok, dokumentierten. Mittlerweile stehen die Reisebusse außerhalb der Essensmeile von Zibo Schlange. Sogar Extra-Schnellzüge wurden eingerichtet, damit Grillhungrige schneller an ihr Ziel kommen. Chinas Staatsmedien sehen in Zibo einen “exemplarischen Fall für alte Industriestädte, die Transformation anstreben”. Kritiker des Hypes sprechen ironisch vom “Disneyland Shandongs”, das für die schlimmste Seite eines sinnentleerten Konsumismus stehe.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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