seit mehr als 20 Jahren ist es eine gängige Praxis unter den wohlhabenden Familien Chinas: hochschwangere Chinesinnen reisen in die USA, vorzugsweise nach Kalifornien, um dort ihr Baby zu gebären, das so die amerikanische Staatsbürgerschaft erhält. Eine ganze Industrie hat sich um diesen Geburtstourismus entwickelt. Reiseveranstalter bieten All-Inclusive-Trips an, Wochenbettzentren versorgen die Frauen vor Ort mithilfe spezialisierter Nannies. Nun aber will Donald Trump die Staatsbürgerschaft durch Geburtsrecht per Exekutivverordnung abschaffen. “Vielleicht könnte die einst alltägliche Szene schwangerer Chinesinnen, die durch die Straßen von Rowland Heights in Kalifornien schlendern, bald für immer verschwunden sein”, schreibt Blanka Xia in ihrem faszinierenden Text über eine ganz besondere Form des chinesischen Tourismus.
Um das Verhältnis der USA und China geht es auch in unserem zweiten Text. Chinas Exporteure profitieren von der wenig bekannten “de minimis”-Regel, die zollfreie Importe für Waren bis 800 US-Dollar erlaubt. In der EU gibt es eine ähnliche Regelung, wonach Pakete mit einem Wert von unter 150 Euro zollfrei eingeführt werden dürfen. Davon profitieren vor allem chinesische Online-Händler wie Shein, Temu und AliExpress. Trump will das Schlupfloch jetzt schließen, was sich sogar in Chinas Wachstumszahlen niederschlagen könnte, schreibt Jörn Petring.
Und schließlich streift auch unser Porträt die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Das nämlich dreht sich um den “König der chinesischen Börse” Chen Tianshi, dem Mitgründer und Geschäftsführer des Technologiekonzerns Cambricon, das viele bereits als chinesisches Nvidia bezeichnen. Noch hinkt Cambricon dem US-Konkurrenten bei der Entwicklung fortschrittlicher KI-Chips technologisch hinterher. Doch profitiert Chen von den Exportkontrollen, mit denen die USA die Einfuhr fortschrittlicher Halbleiter nach China unterbinden will. Die Lücke, die Nvidia in China hinterlässt, ist riesig. So könnte der Marktanteil des US-Konzerns in China wegen der US-Exportkontrollen in diesem Jahr von 80 Prozent auf rund 50 Prozent einbrechen, schreibt Jörn Petring. Für Chen bedeutet das gewaltige Wachstumschancen.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Tag,
Als Donald Trump am 20. Januar eine Exekutivverordnung unterzeichnete, wonach Kinder von illegalen Einwanderern oder Personen mit befristeten Visum, die in den USA geboren werden, nicht mehr automatisch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten, versetzte er damit viele chinesische Familien in einen Schockzustand. “Vor einigen Woche kam ich in die USA an und der Geburtstermin ist am 20. Februar. Kann das Kind noch die US-Staatsbürgerschaft automatisch erhalten? Jetzt ist der Himmel eingestürzt”, schreibt eine Nutzerin auf Xiaohongshu (小红书).
Noch ist fraglich, ob Trumps Verordnung reibungslos umgesetzt werden kann. Denn der 14. Zusatzartikel der US-Verfassung (14A) legt das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft ausdrücklich fest. Bei vielen chinesischen Familien ist jedoch bereits Panik ausgebrochen. Seit mehr als 20 Jahren reisen schwangere Chinesinnen in die USA, um dort zu gebären. Ein Kind in den USA zur Welt zu bringen, ist für viele wohlhabende chinesische Familien gängige Praxis geworden. Früher wollten viele damit der Ein-Kind-Politik Chinas entgehen. Heute sehen die einen darin einen ersten Schritt hin zu einer künftigen Einwanderung in die USA. Die anderen sind von der Qualität des amerikanischen Bildungssystems angezogen oder hoffen auf bessere Lebensbedingungen für ihre Kinder.
Entsprechende Kommentare finden sich in den sozialen Medien zuhauf. Herr Chen aus Shanghai erklärt: “Die medizinischen Standards in amerikanischen Privatkliniken sind hervorragend. Eine Privatklinik mit vergleichbarem Standard in Shanghai kostet etwa 150.000 RMB (knapp 20.000 Euro) während die gesamten Kosten für die Geburt in den USA nur etwas über 300.000 RMB (knapp 40.000 Euro) betragen.” Frau Luo aus Shenzhen reiste im Jahr 2017 nach Los Angeles, um dort ihre zweite Tochter zur Welt zu bringen. Sie sagt rückblickend: “Früher hatten wir nicht die finanziellen Mittel, aber jetzt können wir es uns leisten. Ich möchte meinen Kindern mehr Möglichkeiten anbieten. Mit einem amerikanischen Pass meiner Tochter ist es auch später für uns einfacher, in die USA auszuwandern.”
Der Trend des Geburtstourismus lässt sich in die frühen 2000er Jahre zurückverfolgen. Laut einem Bericht der Zeitschrift Huanqiu (环球) reisten im Jahr 2007 etwa 600 chinesische Frauen in die USA, um dort zu gebären. Fünf Jahre später waren es bereits 10.000, ein Jahr später doppelt so viele. In den folgenden Jahren wuchs ihre Zahl exponentiell an. Von 2016 bis zum Beginn der Pandemie reisten 80.000 Chinesinnen pro Jahr in die USA, um Gebrauch des 14. Zusatzartikels der amerikanischen Verfassung zu machen.
Dieser wurde ursprünglich nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs verabschiedet und ermöglichte befreiten afroamerikanischen Sklaven und ihren Kindern die US-Staatsbürgerschaft zu erlangen. Später strebten Menschen anderer ethnischer Gruppen nach gleichwertigen Rechten, wobei der Fall Wong Kim Ark (黄金德) der bekannteste ist.
Wong Kim Ark wurde in San Francisco, Kalifornien, geboren. Seine Eltern waren Einwanderer aus Guangdong, China. Dank des 14. Verfassungszusatz konnte er die US-Staatsbürgerschaft erlangen. Nach Erhalt seiner Staatsbürgerschaft reiste er zweimal nach China. Als er jedoch zum zweiten Mal in die USA zurückkehren wollte, wurde ihm die Einreise von den US-Zollbehörden aufgrund des “Chinese Exclusion Act” verweigert. Dieses Gesetz, das im Jahr 1882 verabschiedet wurde, untersagte chinesischen Arbeitern zehn Jahre lang in die USA einzuwandern. Wong klagte daraufhin gegen die US-Regierung, um seine Bürgerrechte zu verteidigen. Der Fall ging bis zum Obersten Gerichtshof, wo Wong schließlich gewann.
Im Jahr 1898 entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass Wong Kim Ark aufgrund seiner Geburt ein US-Bürger sei, obwohl seine Eltern chinesische Staatsbürger waren. Mit seinem Fall wurde das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft endgültig in den Vereinigten Staaten etabliert.
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche bekannte Chinesen wie die Moderatorin Dong Qing (董卿), die Journalistin Chai Jing (柴静), die Schauspielerin Zhang Ziyi (章子怡) und die Frau des Olympiasiegers im Boxen, Zhou Shiming (邹市明), ihre Kinder in den USA zur Welt gebracht.
Der äußerst populäre Film Finding Mr. Right (北京遇上西雅图) erzählt die Geschichte von Wen Jiajia (gespielt von Tang Wei 汤唯), die allein in die US-amerikanische Stadt Seattle reist, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen. In einem sogenannten Zentrum für Wochenbettbetreuung (月子中心) trifft Jiajia eine Gruppe von chinesischen Frauen, die aus verschiedenen Gründen in die USA gekommen sind, um dort zu entbinden. Der Film war nicht nur ein Kassenschlager, sondern diente auch nebenbei als Werbung für die ohnehin boomende Branche.
Die stetig wachsende Nachfrage führte zur Entstehung einer umfassenden Industrie. Agenturen in China bieten Pakete an, die von der Visa-Beantragung, Reiseplanung und Unterkunftsorganisation bis hin zu medizinischer Betreuung, rechtlicher Beratung und Bildungsplanung reichen. In der Regel liegen die Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Transport zwischen 200.000 und 500.000 RMB, umgerechnet etwa zwischen 26.300 und 65.730 Euro, wobei die Vermittlungsgebühren der Agenturen ungefähr 20 bis 40 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.
In der Regel reisen die meisten Frauen etwa im siebten Schwangerschaftsmonat in die USA ein und bleiben dort für drei Monate. Kalifornien ist das beliebteste Ziel, insbesondere Los Angeles. Das Klima, die vergleichsweise niedrigen medizinischen Kosten sowie die große chinesische Community haben dazu geführt, dass hier zahlreiche Zentren für Wochenbettbetreuung entstanden sind. Laut Phoenix Television(凤凰卫视) gab es bis zum Jahr 2017 mehr als 3.000 derartige von Chinesen betriebene Zentren, die sich größtenteils in Villen befinden. In Rowland Heights, einem beliebten Viertel in Los Angeles, sollen damals 80 Prozent der Mieter schwangere Frauen gewesen sein. Typischerweise leben in einer solchen Villa fünf bis sieben werdende Mütter. Die Zentren bieten tägliche Mahlzeiten, organisieren Vorsorgeuntersuchungen, Einkaufsfahrten sowie die postnatale Betreuung. Eine Betreuerin, “Nanny(月嫂)” genannt, kümmert sich häufig gleichzeitig um sieben bis acht Mütter. Die meisten dieser Zentren operieren illegal – sie haben keine offizielle Betriebsgenehmigung und zahlen auch keine Steuern.
Diese großflächige illegale Geschäftstätigkeit beeinträchtigt nicht nur das Leben der Anwohner, sondern hat auch zu einem Rückgang der Immobilienpreise geführt. Viele Anwohner organisierten Demonstrationen gegen diese Praxis. Im März 2015 führten das FBI, die Einwanderungsbehörde und die Steuerbehörde eine großangelegte Razzia in Südkalifornien durch. Zahlreiche Einrichtungen wurden geschlossen.
Mit dem Ausbruch der Pandemie und der Verschärfung der Beziehungen zwischen China und den USA sind Reisen für Chinesen zunehmend schwieriger geworden. Schon während Trumps erster Amtszeit erklärte das US-Außenministerium, dass Geburtstourismus kein zulässiger Grund für ein sogenanntes B2-Visum sei, was zu einer drastischen Abnahme von Visagenehmigungen führte. Aufgrund der steigenden Risiken haben viele chinesische Frauen ihre Pläne auf Eis gelegt. Infolgedessen mussten zahlreiche Zentren in Los Angeles schließen. Vielleicht könnte die einst alltägliche Szene schwangerer Chinesinnen, die durch die Straßen von Rowland Heights schlendern, bald für immer verschwunden sein. Blanka Xia
Anders als ursprünglich angekündigt, hat Donald Trump an seinem ersten Tag im Amt nicht direkt neue Zölle gegen China verhängt. Stattdessen unterzeichnete er ein Memorandum mit dem Titel “America First Trade Policy”. Darin wies er die Behörden an, die Ursachen für die anhaltenden Handelsdefizite der USA zu untersuchen.
Peking hat dennoch keinen Grund, durchzuatmen. Auch in seiner ersten Amtszeit vor acht Jahren ließ Trump zunächst eine ähnliche Untersuchung einleiten. Erst dann holte er auf Grundlage der Ergebnisse zum Zollkrieg gegen China aus. Das nun von ihm unterzeichnete Dokument gibt Aufschluss darüber, was China bereits in wenigen Wochen drohen könnte. Explizit wird in Trumps Memorandum die sogenannte “de minimis”-Regel infrage gestellt.
Diese erlaubt es, Waren für den privaten Gebrauch ohne die üblichen Zölle und Zollverfahren in die USA einzuführen. Auch in der EU gibt es eine solche Regel, wonach Pakete mit einem Wert unter 150 Euro zollfrei eingeführt werden dürfen. Dass chinesische Online-Händler wie Shein dies ausnutzen und Bestellungen in mehrere Pakete aufteilen, um so Zölle zu umgehen, hat in Europa massive Diskussionen ausgelöst.
Ausgerechnet in Amerika haben es die chinesischen Händler bislang jedoch noch viel einfacher. Denn dort gilt die höchste “de minimis”-Schwelle der Welt. Waren bis zu 800 Dollar dürfen zollfrei nach Amerika gelangen. Hauptnutznießer sind Online-Händler mit Sitz in China wie Shein, Temu und AliExpress, die ihre Exporte in die USA massiv ausweiten konnten.
Wie Reuters unter Berufung auf US-Zolldaten berichtet, sind Sendungen, die unter die Zollfrei-Regel fallen, in den letzten zehn Jahren um mehr als 600 Prozent auf über eine Milliarde Artikel gestiegen. Pro Tag gelangen demnach rund vier Millionen Pakete in die USA – ein großer Teil davon aus China.
Weltweit habe China demnach zuletzt Waren im Wert von umgerechnet 240 Milliarden Dollar verschifft. Sollte “de minimis” nun also sowohl in der EU als auch in den USA massiv eingegrenzt oder sogar komplett abgeschafft werden, würde dies einen nicht unerheblichen Schlag für den chinesischen Außenhandel bedeuten. Die Nomura Bank schätzt, dass ein Ende der Handelsregel Chinas Exportwachstum um 1,3 Prozentpunkte und das BIP-Wachstum um 0,2 Punkte bremsen würde. Besonders betroffen wären Sektoren wie Bekleidung und Elektronik, die einen Großteil der “de minimis”-Exporte ausmachen.
Unternehmen wie Shein, der weltgrößte Fast-Fashion-Riese, stünden vor massiven Herausforderungen. Sie müssten ihre Preise wohl um 15 bis 20 Prozent anheben, um Zölle zu kompensieren – ein Risiko, da ihr Geschäftsmodell auf Billigpreisen und schmalen Margen basiert. Trump greift mit der möglichen Abschaffung der “de minimis”-Regelung ein Thema auf, das bereits unter der Biden-Administration Aufmerksamkeit erhielt. Im September 2024 kündigte die Biden-Regierung Maßnahmen an, um die Nutzung der “de minimis”-Ausnahme einzuschränken.
Trumps Pläne könnten nun noch deutlich weiter gehen, zumal er zwei Anliegen aus seinem Wahlkampf adressieren würde. Einerseits ist ihm das hohe Handelsdefizit mit China ein Dorn im Auge, andererseits hat er ein hartes Vorgehen gegen den Handel mit Fentanyl angekündigt. Vorprodukte des synthetischen Opioids, das für eine erhebliche Anzahl von Todesfällen durch Überdosierung in den USA verantwortlich ist, können dank der “de minimis”-Schwelle in kleinen Paketen praktisch unkontrolliert in die USA gelangen.
Begleitet von Trumps Memorandum hat sich der US-Kongress bereits in Stellung gebracht. Am 23. Januar brachten Abgeordnete einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf ein, der darauf abzielt, die “de minimis”-Ausnahmeregelung abzuschaffen. Doch das Papier, das in den Kongress eingebracht wurde, geht sogar noch deutlich weiter. Dort wird gefordert, die Handelsbeziehungen mit China völlig neu zu gestalten.
Der Gesetzentwurf sieht vor, stufenweise erhebliche Zölle einzuführen, beginnend mit 10 Prozent im ersten Jahr und ansteigend auf bis zu 100 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Trump mag sich in den ersten Tagen seiner Amtszeit noch weniger mit China beschäftigt haben, als Beobachter vorhersagten. Dass einschneidende Änderungen in Vorbereitung sind, ist jedoch nicht zu übersehen.
Die Angst vor einem Crash im Technologiesektor nach dem Erfolg eines neuen Modells für die Künstliche Intelligenz drückt die Börsen in Europa. Der am 10. Januar eingeführte chinesische KI-Assistent R1 von DeepSeek überholte am Montag den Rivalen ChatGPT als die am besten bewertete kostenlose Software-Anwendung in Apples App Store in den USA. Die Webseite war aufgrund der Popularität kurzzeitig überlastet. Am Montagabend erklärte das Unternehmen zudem, aufgrund von Cyberattacken vorübergehend die Registrierung neuer Nutzer einschränken zu müssen.
DeepSeek mit Sitz in Hangzhou wurde erst 2023 mit einem Startkapital von nur 10 Millionen Yuan (1,4 Millionen US-Dollar) gegründet und soll weniger als 200 Mitarbeitende besitzen, die chinesischen Medienberichten zufolge zum Teil sehr jung sind – darunter sollen auch frisch gebackene Absolventen sein. Das Personal stammt von chinesischen Top-Universitäten wie Tsinghua und Beijing Universität.
DeepSeek sorgt für Aufsehen, da es mit geringerem Energieverbrauch Modelle entwickelt, die in Benchmarks mit führenden KI-Produkten aus dem Westen konkurrieren können. Gleichzeitig wirft der Erfolg des Unternehmens Fragen zum Sinn der US-Exportbeschränkungen auf, da China trotz Handelsbarrieren für Halbleiter und andere Hochtechnologie offenbar dennoch beachtliche Fortschritte erzielen konnte.
Laut einem Bericht der Financial Times könnte Unternehmensgründer Liang Wenfeng aber auch tausende Grafik-Chips von Nvidia vor Inkrafttreten des US-Exportverbots im Oktober 2023 für ein anderes Unternehmen erworben haben. Liang hatte 2016 den Hedgefonds High-Flyer gegründet, der mithilfe von maschinellem Lernen Finanzdaten analysiert und auf KI gestützte Handelsstrategien entwirft. So oder so übertrifft DeepSeek die Konkurrenz jedoch an Effizienz, da es weniger Ressourcen für vergleichbare Anwendungen benötigt und die Chips, sollten sie tatsächlich von Nvidia stammen, mittlerweile veraltet sind. “Wir sollten die Entwicklungen in China sehr, sehr ernst nehmen”, erklärte Microsoft-CEO Satya Nadella auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die unangenehme Wahrheit sei, dass die US-Beschränkungen chinesische Unternehmen wie DeepSeek geradezu gezwungen hätten, eigenständiger und effizienter zu werden, sagte die auf Tech spezialisierte Professorin Angela Zhang in der Financial Times. Allerdings unterliegt DeepSeek, wie alle chinesischen KI-Modelle, staatlicher Zensur und filtert sensible Themen heraus, wie etwa die Tiananmen-Proteste oder Kritik an Xi Jinping.
Der Erfolg des neuen Open-Source-KI-Modells schürt nun auch die Angst vor einem Ausverkauf im Technologiesektor: Der Entwicklungsstand und die Entwicklungsschnelligkeit von DeepSeek lassen Anleger ihre Investitionen überdenken. Die Aktien des deutschen Elektrotechnikkonzerns Siemens Energy, der Hardware für KI-Infrastrukturen anbietet, brachen am Montag um mehr als 20 Prozent ein. Auch Suss MicroTec, Aixtron und Infineon rutschten um gut vier bis knapp zwölf Prozent ab. Die niederländischen Branchenriesen ASML, ASM International und BE Semiconductor verloren zwischen fast zehn und mehr als 13 Prozent. rtr/fpe/jul
Die chinesische Industrieproduktion ist im Januar überraschend geschrumpft. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe fiel von 50,1 im Dezember auf 49,1 im Januar, wie das Statistikamt in Peking am Montag mitteilte. Ein Wert unter 50 Punkten signalisiert einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität.
Analysten hatten im Schnitt mit 50,1 Punkten gerechnet. Der Wert ist der niedrigste seit August und erhöht den Druck auf die chinesische Regierung, die Wirtschaft mit neuen Konjunkturmaßnahmen anzukurbeln. Auch der Dienstleistungssektor zeigte Anzeichen einer Verlangsamung. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das nicht-verarbeitende Gewerbe, der Dienstleistungen und das Baugewerbe umfasst, fiel von 52,2 im Dezember auf 50,2 im Januar.
Vor allem die schwache Binnennachfrage bereitet den Experten Sorgen. Zwar hat die Regierung in Peking versprochen, die Konjunktur bis 2025 mit weiteren Stimuli zu stützen. Analysten befürchten jedoch, dass diese Maßnahmen erneut vor allem auf Industrie und Infrastruktur abzielen werden. Impulse für den privaten Konsum seien aber notwendig, um die Binnennachfrage anzukurbeln und deflationären Tendenzen entgegenzuwirken.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erreichte 2024 zwar das Wachstumsziel der Regierung von “rund fünf Prozent”. Das blieb allerdings unausgewogen: Exporte und Industrieproduktion wuchsen deutlich stärker als der Einzelhandel, während die Arbeitslosigkeit hoch blieb. Die Exporte wurden durch fallende Erzeugerpreise und einen schwachen Yuan unterstützt, die chinesische Produkte wettbewerbsfähiger machten. US-Präsident Donald Trump hat ab dem 1. Februar Strafzölle in Höhe von zehn Prozent auf chinesische Importe angekündigt. Dann könnte deutlich werden, wie sehr die chinesischen Wirtschaft vom Export für ihr Wachstum abhängig ist. Eine Erholung des Konsums in China könnte die Hersteller hingegen weniger anfällig für Trumps Zolldrohungen machen. rtr
In China wächst unter Medizinern und der Bevölkerung der Ärger über minderwertige Medikamente. Der Shanghaier Chirurg Zheng Minhua hatte in einem Interview mit chinesischen Medien zuerst auf Probleme mit Medikamenten aus chinesischer Produktion hingewiesen, berichtet Nikkei Asia. Zheng sowie andere Mediziner beklagen, dass günstige, chinesische Medikamente teilweise von so schlechter Qualität seien, dass sie einfach nicht funktionierten.
Die Qualität chinesischer Medikamente nimmt seit der Einführung des zentralen Beschaffungssystem für Arzneimittel (Volume-Based Procurement, VBP) ab. Um die Kosten der medizinischen Versorgung zu senken, führte die Partei im Jahr 2018 ein Bieterverfahren ein, bei dem die Anbieter des günstigsten Produkts den Zuschlag erhalten. Seitdem ziehen sich viele ausländische Pharmaunternehmen aus China zurück. Ihre Produkte sind in chinesischen Krankenhäusern kaum noch erhältlich. Das hat die Preise vieler Medikamente um die Hälfte reduziert und Peking in den ersten fünf Jahren Einsparungen von 50 Milliarden US-Dollar ermöglicht, wie die New York Times berichtet.
Heute sind fast alle frei auf dem chinesischen Markt verfügbaren Medikamente sogenannte Generika, also kostengünstige Nachahmer-Präparate. Das Problem dabei: Die Hersteller sparen häufig an der Qualität. Chinesische Mediziner berichten von allergischen Reaktionen auf Antibiotika, wirkungslosen Medikamenten zur Senkung des Blutdrucks und Anästhetika, die ihren Zweck nicht erfüllen. Viele chinesische Konsumenten sind jedoch auf diese kostengünstigen Medikamente angewiesen. Teurere, ausländische Präparate gibt es nur im Internet, sie sind zudem kaum von der nationalen Krankenversicherung Chinas abgedeckt.
Die Sorgen chinesischer Mediziner hat inzwischen bei den Behörden Aufmerksamkeit gefunden. Die Nationale Verwaltung der Gesundheitsvorsorge kündigte eine Untersuchung der Vorwürfe an. Zudem wies sie darauf hin, dass der Kauf ausländischer Medikamente nie verboten gewesen sei. Der derzeitige Ärger über schlechte Präparate ist jedoch womöglich Ausdruck eines tieferliegenden Problems: Seit der Covid-Pandemie sei die Gesundheitsvorsorge vieler Provinzen unterfinanziert, berichtet ein Shanghaier Arzt. Zudem kommt es beim Zulassungsverfahren chinesischer Generika immer wieder zu Betrugsfällen. Dadurch gelangen Medikamente auf den Markt, die nicht der Qualität des Markenpräparats entsprechen. ek
Chinesische Firmen haben im vergangenen Jahr 24 Gigawatt an Stromerzeugungskapazität in den Partnerländern der “Neuen Seidenstraße” installiert. Mit acht Gigawatt macht die Solarkraft den größten Anteil daran aus. Beide Ziffern sind Rekordwerte seit Bestehen der Neuen Seidenstraße, wie aus einem Bericht der Unternehmensberatung Wood Mackenzie hervorgeht. Knapp über die Hälfte der im Jahr 2024 installierten Leistung sind erneuerbare Energien.
“Chinesische Unternehmen geben umweltfreundlicheren Technologien im Ausland hohe Priorität, und diese machen mehr als zwei Drittel der Projektpipeline aus”, sagt Alex Whitworth, Leiter der Forschungsabteilung für Energie und erneuerbare Energien im asiatisch-pazifischen Raum bei Wood Mackenzie. Allerdings wurden auch sechs Gigawatt an Kohlekraft installiert, obwohl die chinesische Regierung das Ziel ausgegeben hat, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland zu bauen.
Asien macht den Großteil der seit Bestehen der Neuen Seidenstraße installierten Leistung aus (70 Prozent). Afrikanische Staaten stehen mit 15 Prozent auf Rang 2. Afrikas Solar-Importe aus China haben sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, wie Alex Jones von Ember auf Bluesky schreibt – allerdings noch immer von einem sehr geringen Level. nib
In China war Chen Tianshi im vergangenen Jahr der König der Börse. Kein anderes Unternehmen legte 2024 am chinesischen Aktienmarkt so stark zu wie der von Chen mitgegründete Halbleiterkonzern Cambricon. Die Aktien der auf KI-Chips spezialisierten Firma, die einige bereits als das Nvidia Chinas bezeichnen, stiegen 2024 um 383 Prozent. Das dürfte nicht nur Anleger erfreut haben, sondern auch den 40-jährigen Chen. Sein Vermögen soll dank des Booms an der Börse auf umgerechnet etwa 10 Milliarden US-Dollar angestiegen sein.
Chen gilt in China als Wunderkind. Genauer gesagt gibt es gleich zwei Hochbegabte in seiner Familie. Sowohl Tianshi als auch sein zwei Jahre älterer Bruder Yunji Chen wurden laut Berichten chinesischer Medien bereits als junge Teenager im Rahmen eines Talent-Sonderprogramms an der Universität in Hefei, Provinz Anhui, aufgenommen.
Nach ihrem Abschluss als Doktoren der Informatik nahmen sie Stellen an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften an. Dort arbeiteten die Brüder fast ein Jahrzehnt Seite an Seite in der Forschung, bis sie 2016 Cambricon gründeten. Ihr Ziel: Computerchips für KI-Anwendungen zu entwickeln, die energieeffizientere Geräte zu einem niedrigeren Preis ermöglichen. Während Yunji sich weiter auf die Forschung konzentrierte und an der Akademie blieb, übernahm Tianshi die Geschäftsführung und verhalf dem Unternehmen zu einem rasanten Wachstum.
Cambricon, so sagen Analysten, hinkt mit seinen Chips technisch zwar noch deutlich hinter Nvidia her. Innerhalb Chinas aber gehört Cambricon zu den führenden Unternehmen, was Fortschritte bei KI-Chips angeht. Ursprünglich war Cambricon ein wichtiger Lieferant für Huaweis erste KI-gestützte Smartphones. Doch der Technologieriese aus Shenzhen entwickelt inzwischen mit seiner Tochtergesellschaft HiSilicon eigene KI-Chips und hat die Partnerschaft mit Cambricon zurückgefahren. Nun sind Huawei und Cambricon Konkurrenten.
Da Peking die Forschung an fortschrittlichen Chips vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA gezielt fördert, hat Chen mit seiner Firma gute Aussichten, auch weiterhin stark zu wachsen. “Die Lokalisierung von KI-Chips hat sich zu einem großen Trend entwickelt”, schreibt die Investmentbank Minsheng Securities in einem aktuellen Bericht. Heimische Chip-Firmen würden immer weiter aufholen. Das müssen sie auch, denn die USA exportieren immer weniger KI-Technologie nach China. Die Biden-Regierung hat Mitte Januar den Export von KI-Chips nach China und Russland weiter eingeschränkt. Die USA wollen damit ihre Führungsrolle in der KI sichern und verhindern, dass China mit dieser Technologie sein Militär stärkt. China ist daher auf die Entwicklung einer eigenen Halbleiter-Industrie angewiesen.
Der Markt dürfte weiterhin groß genug für die Konkurrenten Huawei und Cambricon sein. Denn die Lücke, die Nvidia hinterlässt, ist riesig. Wie Reuters berichtet, könnte der Marktanteil des US-Konzerns in China wegen der US-Exportkontrollen in diesem Jahr von 80 Prozent auf rund 50 Prozent einbrechen. Zwar dürfte Huawei sich davon einen großen Anteil sichern, doch auch für Cambricon bleibt genug Spielraum für Wachstum.
Bisher fährt Cambricon noch Verluste ein. Dass die Marktkapitalisierung schon heute bei umgerechnet 32 Milliarden Euro liegt, zeigt, dass Investoren viel Vertrauen in Chen Tianshi setzen. So sagen Analysten voraus, dass das Unternehmen seinen Umsatz in diesem Jahr auf 4,3 Milliarden Yuan (etwa 550 Millionen Euro) verdoppeln wird. Ob Cambricon diesem Enthusiasmus gerecht werden kann, muss das Unternehmen noch beweisen. Aber auch der aktuelle Hype um die chinesische KI-Industrie und das Startup DeepSeek zeigt: Chinas Aufbau einer eigenständigen Halbleiter-Industrie ist in vollem Gange. Jörn Petring
Torsten Wendler ist seit Januar Head of Operations bei VW China Technologies. In seiner neuen Position übersieht er das Projekt- und Ressourcenmanagement für Entwicklungsprojekte sowie das Release- und Homologationsmanagement. Wendler ist seit 2019 für VW in China tätig, zuletzt war er Head of Driving and ADAS / AD. Sein Einsatzort bleibt Hefei.
Brad McCarthy wurde von der Investmentfirma Carlyle zum neuen Managing Director und Asia-Pacific-Chef der globalen Vermögenssparte ernannt. Zuvor leitete er den Bereich Alternative Investment Sales für Asien-Pazifik bei Citi Private Bank und Global Wealth.
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Ist er nicht süß? In der chinesischen Forschungsstation Zhongshan in der Antarktis hat dieser von chinesischen Entwicklern designte sechspfotige Roboterhund kürzlich eine Reihe von wissenschaftlichen Forschungsaufgaben absolviert. Er navigierte unfallfrei durch Eis und Schnee und trug dabei eine Box auf seinem Rücken – bis zu 100 Kilogramm soll er tragen können. Spezialschuhe, die seine Schöpfer eigens für ihn entwickelt habe, bewahren den Roboterhund bei Temperaturen von bis zu Minus vierzig Grad vorm Rutschen. In Zukunft könnte der Sechsbeiner sogar unter der Wasseroberfläche zum Einsatz kommen. Oder unterstützt von KI-Technologie älteren Menschen Gesellschaft leisten.
seit mehr als 20 Jahren ist es eine gängige Praxis unter den wohlhabenden Familien Chinas: hochschwangere Chinesinnen reisen in die USA, vorzugsweise nach Kalifornien, um dort ihr Baby zu gebären, das so die amerikanische Staatsbürgerschaft erhält. Eine ganze Industrie hat sich um diesen Geburtstourismus entwickelt. Reiseveranstalter bieten All-Inclusive-Trips an, Wochenbettzentren versorgen die Frauen vor Ort mithilfe spezialisierter Nannies. Nun aber will Donald Trump die Staatsbürgerschaft durch Geburtsrecht per Exekutivverordnung abschaffen. “Vielleicht könnte die einst alltägliche Szene schwangerer Chinesinnen, die durch die Straßen von Rowland Heights in Kalifornien schlendern, bald für immer verschwunden sein”, schreibt Blanka Xia in ihrem faszinierenden Text über eine ganz besondere Form des chinesischen Tourismus.
Um das Verhältnis der USA und China geht es auch in unserem zweiten Text. Chinas Exporteure profitieren von der wenig bekannten “de minimis”-Regel, die zollfreie Importe für Waren bis 800 US-Dollar erlaubt. In der EU gibt es eine ähnliche Regelung, wonach Pakete mit einem Wert von unter 150 Euro zollfrei eingeführt werden dürfen. Davon profitieren vor allem chinesische Online-Händler wie Shein, Temu und AliExpress. Trump will das Schlupfloch jetzt schließen, was sich sogar in Chinas Wachstumszahlen niederschlagen könnte, schreibt Jörn Petring.
Und schließlich streift auch unser Porträt die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Das nämlich dreht sich um den “König der chinesischen Börse” Chen Tianshi, dem Mitgründer und Geschäftsführer des Technologiekonzerns Cambricon, das viele bereits als chinesisches Nvidia bezeichnen. Noch hinkt Cambricon dem US-Konkurrenten bei der Entwicklung fortschrittlicher KI-Chips technologisch hinterher. Doch profitiert Chen von den Exportkontrollen, mit denen die USA die Einfuhr fortschrittlicher Halbleiter nach China unterbinden will. Die Lücke, die Nvidia in China hinterlässt, ist riesig. So könnte der Marktanteil des US-Konzerns in China wegen der US-Exportkontrollen in diesem Jahr von 80 Prozent auf rund 50 Prozent einbrechen, schreibt Jörn Petring. Für Chen bedeutet das gewaltige Wachstumschancen.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Tag,
Als Donald Trump am 20. Januar eine Exekutivverordnung unterzeichnete, wonach Kinder von illegalen Einwanderern oder Personen mit befristeten Visum, die in den USA geboren werden, nicht mehr automatisch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten, versetzte er damit viele chinesische Familien in einen Schockzustand. “Vor einigen Woche kam ich in die USA an und der Geburtstermin ist am 20. Februar. Kann das Kind noch die US-Staatsbürgerschaft automatisch erhalten? Jetzt ist der Himmel eingestürzt”, schreibt eine Nutzerin auf Xiaohongshu (小红书).
Noch ist fraglich, ob Trumps Verordnung reibungslos umgesetzt werden kann. Denn der 14. Zusatzartikel der US-Verfassung (14A) legt das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft ausdrücklich fest. Bei vielen chinesischen Familien ist jedoch bereits Panik ausgebrochen. Seit mehr als 20 Jahren reisen schwangere Chinesinnen in die USA, um dort zu gebären. Ein Kind in den USA zur Welt zu bringen, ist für viele wohlhabende chinesische Familien gängige Praxis geworden. Früher wollten viele damit der Ein-Kind-Politik Chinas entgehen. Heute sehen die einen darin einen ersten Schritt hin zu einer künftigen Einwanderung in die USA. Die anderen sind von der Qualität des amerikanischen Bildungssystems angezogen oder hoffen auf bessere Lebensbedingungen für ihre Kinder.
Entsprechende Kommentare finden sich in den sozialen Medien zuhauf. Herr Chen aus Shanghai erklärt: “Die medizinischen Standards in amerikanischen Privatkliniken sind hervorragend. Eine Privatklinik mit vergleichbarem Standard in Shanghai kostet etwa 150.000 RMB (knapp 20.000 Euro) während die gesamten Kosten für die Geburt in den USA nur etwas über 300.000 RMB (knapp 40.000 Euro) betragen.” Frau Luo aus Shenzhen reiste im Jahr 2017 nach Los Angeles, um dort ihre zweite Tochter zur Welt zu bringen. Sie sagt rückblickend: “Früher hatten wir nicht die finanziellen Mittel, aber jetzt können wir es uns leisten. Ich möchte meinen Kindern mehr Möglichkeiten anbieten. Mit einem amerikanischen Pass meiner Tochter ist es auch später für uns einfacher, in die USA auszuwandern.”
Der Trend des Geburtstourismus lässt sich in die frühen 2000er Jahre zurückverfolgen. Laut einem Bericht der Zeitschrift Huanqiu (环球) reisten im Jahr 2007 etwa 600 chinesische Frauen in die USA, um dort zu gebären. Fünf Jahre später waren es bereits 10.000, ein Jahr später doppelt so viele. In den folgenden Jahren wuchs ihre Zahl exponentiell an. Von 2016 bis zum Beginn der Pandemie reisten 80.000 Chinesinnen pro Jahr in die USA, um Gebrauch des 14. Zusatzartikels der amerikanischen Verfassung zu machen.
Dieser wurde ursprünglich nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs verabschiedet und ermöglichte befreiten afroamerikanischen Sklaven und ihren Kindern die US-Staatsbürgerschaft zu erlangen. Später strebten Menschen anderer ethnischer Gruppen nach gleichwertigen Rechten, wobei der Fall Wong Kim Ark (黄金德) der bekannteste ist.
Wong Kim Ark wurde in San Francisco, Kalifornien, geboren. Seine Eltern waren Einwanderer aus Guangdong, China. Dank des 14. Verfassungszusatz konnte er die US-Staatsbürgerschaft erlangen. Nach Erhalt seiner Staatsbürgerschaft reiste er zweimal nach China. Als er jedoch zum zweiten Mal in die USA zurückkehren wollte, wurde ihm die Einreise von den US-Zollbehörden aufgrund des “Chinese Exclusion Act” verweigert. Dieses Gesetz, das im Jahr 1882 verabschiedet wurde, untersagte chinesischen Arbeitern zehn Jahre lang in die USA einzuwandern. Wong klagte daraufhin gegen die US-Regierung, um seine Bürgerrechte zu verteidigen. Der Fall ging bis zum Obersten Gerichtshof, wo Wong schließlich gewann.
Im Jahr 1898 entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass Wong Kim Ark aufgrund seiner Geburt ein US-Bürger sei, obwohl seine Eltern chinesische Staatsbürger waren. Mit seinem Fall wurde das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft endgültig in den Vereinigten Staaten etabliert.
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche bekannte Chinesen wie die Moderatorin Dong Qing (董卿), die Journalistin Chai Jing (柴静), die Schauspielerin Zhang Ziyi (章子怡) und die Frau des Olympiasiegers im Boxen, Zhou Shiming (邹市明), ihre Kinder in den USA zur Welt gebracht.
Der äußerst populäre Film Finding Mr. Right (北京遇上西雅图) erzählt die Geschichte von Wen Jiajia (gespielt von Tang Wei 汤唯), die allein in die US-amerikanische Stadt Seattle reist, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen. In einem sogenannten Zentrum für Wochenbettbetreuung (月子中心) trifft Jiajia eine Gruppe von chinesischen Frauen, die aus verschiedenen Gründen in die USA gekommen sind, um dort zu entbinden. Der Film war nicht nur ein Kassenschlager, sondern diente auch nebenbei als Werbung für die ohnehin boomende Branche.
Die stetig wachsende Nachfrage führte zur Entstehung einer umfassenden Industrie. Agenturen in China bieten Pakete an, die von der Visa-Beantragung, Reiseplanung und Unterkunftsorganisation bis hin zu medizinischer Betreuung, rechtlicher Beratung und Bildungsplanung reichen. In der Regel liegen die Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Transport zwischen 200.000 und 500.000 RMB, umgerechnet etwa zwischen 26.300 und 65.730 Euro, wobei die Vermittlungsgebühren der Agenturen ungefähr 20 bis 40 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.
In der Regel reisen die meisten Frauen etwa im siebten Schwangerschaftsmonat in die USA ein und bleiben dort für drei Monate. Kalifornien ist das beliebteste Ziel, insbesondere Los Angeles. Das Klima, die vergleichsweise niedrigen medizinischen Kosten sowie die große chinesische Community haben dazu geführt, dass hier zahlreiche Zentren für Wochenbettbetreuung entstanden sind. Laut Phoenix Television(凤凰卫视) gab es bis zum Jahr 2017 mehr als 3.000 derartige von Chinesen betriebene Zentren, die sich größtenteils in Villen befinden. In Rowland Heights, einem beliebten Viertel in Los Angeles, sollen damals 80 Prozent der Mieter schwangere Frauen gewesen sein. Typischerweise leben in einer solchen Villa fünf bis sieben werdende Mütter. Die Zentren bieten tägliche Mahlzeiten, organisieren Vorsorgeuntersuchungen, Einkaufsfahrten sowie die postnatale Betreuung. Eine Betreuerin, “Nanny(月嫂)” genannt, kümmert sich häufig gleichzeitig um sieben bis acht Mütter. Die meisten dieser Zentren operieren illegal – sie haben keine offizielle Betriebsgenehmigung und zahlen auch keine Steuern.
Diese großflächige illegale Geschäftstätigkeit beeinträchtigt nicht nur das Leben der Anwohner, sondern hat auch zu einem Rückgang der Immobilienpreise geführt. Viele Anwohner organisierten Demonstrationen gegen diese Praxis. Im März 2015 führten das FBI, die Einwanderungsbehörde und die Steuerbehörde eine großangelegte Razzia in Südkalifornien durch. Zahlreiche Einrichtungen wurden geschlossen.
Mit dem Ausbruch der Pandemie und der Verschärfung der Beziehungen zwischen China und den USA sind Reisen für Chinesen zunehmend schwieriger geworden. Schon während Trumps erster Amtszeit erklärte das US-Außenministerium, dass Geburtstourismus kein zulässiger Grund für ein sogenanntes B2-Visum sei, was zu einer drastischen Abnahme von Visagenehmigungen führte. Aufgrund der steigenden Risiken haben viele chinesische Frauen ihre Pläne auf Eis gelegt. Infolgedessen mussten zahlreiche Zentren in Los Angeles schließen. Vielleicht könnte die einst alltägliche Szene schwangerer Chinesinnen, die durch die Straßen von Rowland Heights schlendern, bald für immer verschwunden sein. Blanka Xia
Anders als ursprünglich angekündigt, hat Donald Trump an seinem ersten Tag im Amt nicht direkt neue Zölle gegen China verhängt. Stattdessen unterzeichnete er ein Memorandum mit dem Titel “America First Trade Policy”. Darin wies er die Behörden an, die Ursachen für die anhaltenden Handelsdefizite der USA zu untersuchen.
Peking hat dennoch keinen Grund, durchzuatmen. Auch in seiner ersten Amtszeit vor acht Jahren ließ Trump zunächst eine ähnliche Untersuchung einleiten. Erst dann holte er auf Grundlage der Ergebnisse zum Zollkrieg gegen China aus. Das nun von ihm unterzeichnete Dokument gibt Aufschluss darüber, was China bereits in wenigen Wochen drohen könnte. Explizit wird in Trumps Memorandum die sogenannte “de minimis”-Regel infrage gestellt.
Diese erlaubt es, Waren für den privaten Gebrauch ohne die üblichen Zölle und Zollverfahren in die USA einzuführen. Auch in der EU gibt es eine solche Regel, wonach Pakete mit einem Wert unter 150 Euro zollfrei eingeführt werden dürfen. Dass chinesische Online-Händler wie Shein dies ausnutzen und Bestellungen in mehrere Pakete aufteilen, um so Zölle zu umgehen, hat in Europa massive Diskussionen ausgelöst.
Ausgerechnet in Amerika haben es die chinesischen Händler bislang jedoch noch viel einfacher. Denn dort gilt die höchste “de minimis”-Schwelle der Welt. Waren bis zu 800 Dollar dürfen zollfrei nach Amerika gelangen. Hauptnutznießer sind Online-Händler mit Sitz in China wie Shein, Temu und AliExpress, die ihre Exporte in die USA massiv ausweiten konnten.
Wie Reuters unter Berufung auf US-Zolldaten berichtet, sind Sendungen, die unter die Zollfrei-Regel fallen, in den letzten zehn Jahren um mehr als 600 Prozent auf über eine Milliarde Artikel gestiegen. Pro Tag gelangen demnach rund vier Millionen Pakete in die USA – ein großer Teil davon aus China.
Weltweit habe China demnach zuletzt Waren im Wert von umgerechnet 240 Milliarden Dollar verschifft. Sollte “de minimis” nun also sowohl in der EU als auch in den USA massiv eingegrenzt oder sogar komplett abgeschafft werden, würde dies einen nicht unerheblichen Schlag für den chinesischen Außenhandel bedeuten. Die Nomura Bank schätzt, dass ein Ende der Handelsregel Chinas Exportwachstum um 1,3 Prozentpunkte und das BIP-Wachstum um 0,2 Punkte bremsen würde. Besonders betroffen wären Sektoren wie Bekleidung und Elektronik, die einen Großteil der “de minimis”-Exporte ausmachen.
Unternehmen wie Shein, der weltgrößte Fast-Fashion-Riese, stünden vor massiven Herausforderungen. Sie müssten ihre Preise wohl um 15 bis 20 Prozent anheben, um Zölle zu kompensieren – ein Risiko, da ihr Geschäftsmodell auf Billigpreisen und schmalen Margen basiert. Trump greift mit der möglichen Abschaffung der “de minimis”-Regelung ein Thema auf, das bereits unter der Biden-Administration Aufmerksamkeit erhielt. Im September 2024 kündigte die Biden-Regierung Maßnahmen an, um die Nutzung der “de minimis”-Ausnahme einzuschränken.
Trumps Pläne könnten nun noch deutlich weiter gehen, zumal er zwei Anliegen aus seinem Wahlkampf adressieren würde. Einerseits ist ihm das hohe Handelsdefizit mit China ein Dorn im Auge, andererseits hat er ein hartes Vorgehen gegen den Handel mit Fentanyl angekündigt. Vorprodukte des synthetischen Opioids, das für eine erhebliche Anzahl von Todesfällen durch Überdosierung in den USA verantwortlich ist, können dank der “de minimis”-Schwelle in kleinen Paketen praktisch unkontrolliert in die USA gelangen.
Begleitet von Trumps Memorandum hat sich der US-Kongress bereits in Stellung gebracht. Am 23. Januar brachten Abgeordnete einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf ein, der darauf abzielt, die “de minimis”-Ausnahmeregelung abzuschaffen. Doch das Papier, das in den Kongress eingebracht wurde, geht sogar noch deutlich weiter. Dort wird gefordert, die Handelsbeziehungen mit China völlig neu zu gestalten.
Der Gesetzentwurf sieht vor, stufenweise erhebliche Zölle einzuführen, beginnend mit 10 Prozent im ersten Jahr und ansteigend auf bis zu 100 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Trump mag sich in den ersten Tagen seiner Amtszeit noch weniger mit China beschäftigt haben, als Beobachter vorhersagten. Dass einschneidende Änderungen in Vorbereitung sind, ist jedoch nicht zu übersehen.
Die Angst vor einem Crash im Technologiesektor nach dem Erfolg eines neuen Modells für die Künstliche Intelligenz drückt die Börsen in Europa. Der am 10. Januar eingeführte chinesische KI-Assistent R1 von DeepSeek überholte am Montag den Rivalen ChatGPT als die am besten bewertete kostenlose Software-Anwendung in Apples App Store in den USA. Die Webseite war aufgrund der Popularität kurzzeitig überlastet. Am Montagabend erklärte das Unternehmen zudem, aufgrund von Cyberattacken vorübergehend die Registrierung neuer Nutzer einschränken zu müssen.
DeepSeek mit Sitz in Hangzhou wurde erst 2023 mit einem Startkapital von nur 10 Millionen Yuan (1,4 Millionen US-Dollar) gegründet und soll weniger als 200 Mitarbeitende besitzen, die chinesischen Medienberichten zufolge zum Teil sehr jung sind – darunter sollen auch frisch gebackene Absolventen sein. Das Personal stammt von chinesischen Top-Universitäten wie Tsinghua und Beijing Universität.
DeepSeek sorgt für Aufsehen, da es mit geringerem Energieverbrauch Modelle entwickelt, die in Benchmarks mit führenden KI-Produkten aus dem Westen konkurrieren können. Gleichzeitig wirft der Erfolg des Unternehmens Fragen zum Sinn der US-Exportbeschränkungen auf, da China trotz Handelsbarrieren für Halbleiter und andere Hochtechnologie offenbar dennoch beachtliche Fortschritte erzielen konnte.
Laut einem Bericht der Financial Times könnte Unternehmensgründer Liang Wenfeng aber auch tausende Grafik-Chips von Nvidia vor Inkrafttreten des US-Exportverbots im Oktober 2023 für ein anderes Unternehmen erworben haben. Liang hatte 2016 den Hedgefonds High-Flyer gegründet, der mithilfe von maschinellem Lernen Finanzdaten analysiert und auf KI gestützte Handelsstrategien entwirft. So oder so übertrifft DeepSeek die Konkurrenz jedoch an Effizienz, da es weniger Ressourcen für vergleichbare Anwendungen benötigt und die Chips, sollten sie tatsächlich von Nvidia stammen, mittlerweile veraltet sind. “Wir sollten die Entwicklungen in China sehr, sehr ernst nehmen”, erklärte Microsoft-CEO Satya Nadella auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die unangenehme Wahrheit sei, dass die US-Beschränkungen chinesische Unternehmen wie DeepSeek geradezu gezwungen hätten, eigenständiger und effizienter zu werden, sagte die auf Tech spezialisierte Professorin Angela Zhang in der Financial Times. Allerdings unterliegt DeepSeek, wie alle chinesischen KI-Modelle, staatlicher Zensur und filtert sensible Themen heraus, wie etwa die Tiananmen-Proteste oder Kritik an Xi Jinping.
Der Erfolg des neuen Open-Source-KI-Modells schürt nun auch die Angst vor einem Ausverkauf im Technologiesektor: Der Entwicklungsstand und die Entwicklungsschnelligkeit von DeepSeek lassen Anleger ihre Investitionen überdenken. Die Aktien des deutschen Elektrotechnikkonzerns Siemens Energy, der Hardware für KI-Infrastrukturen anbietet, brachen am Montag um mehr als 20 Prozent ein. Auch Suss MicroTec, Aixtron und Infineon rutschten um gut vier bis knapp zwölf Prozent ab. Die niederländischen Branchenriesen ASML, ASM International und BE Semiconductor verloren zwischen fast zehn und mehr als 13 Prozent. rtr/fpe/jul
Die chinesische Industrieproduktion ist im Januar überraschend geschrumpft. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe fiel von 50,1 im Dezember auf 49,1 im Januar, wie das Statistikamt in Peking am Montag mitteilte. Ein Wert unter 50 Punkten signalisiert einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität.
Analysten hatten im Schnitt mit 50,1 Punkten gerechnet. Der Wert ist der niedrigste seit August und erhöht den Druck auf die chinesische Regierung, die Wirtschaft mit neuen Konjunkturmaßnahmen anzukurbeln. Auch der Dienstleistungssektor zeigte Anzeichen einer Verlangsamung. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das nicht-verarbeitende Gewerbe, der Dienstleistungen und das Baugewerbe umfasst, fiel von 52,2 im Dezember auf 50,2 im Januar.
Vor allem die schwache Binnennachfrage bereitet den Experten Sorgen. Zwar hat die Regierung in Peking versprochen, die Konjunktur bis 2025 mit weiteren Stimuli zu stützen. Analysten befürchten jedoch, dass diese Maßnahmen erneut vor allem auf Industrie und Infrastruktur abzielen werden. Impulse für den privaten Konsum seien aber notwendig, um die Binnennachfrage anzukurbeln und deflationären Tendenzen entgegenzuwirken.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erreichte 2024 zwar das Wachstumsziel der Regierung von “rund fünf Prozent”. Das blieb allerdings unausgewogen: Exporte und Industrieproduktion wuchsen deutlich stärker als der Einzelhandel, während die Arbeitslosigkeit hoch blieb. Die Exporte wurden durch fallende Erzeugerpreise und einen schwachen Yuan unterstützt, die chinesische Produkte wettbewerbsfähiger machten. US-Präsident Donald Trump hat ab dem 1. Februar Strafzölle in Höhe von zehn Prozent auf chinesische Importe angekündigt. Dann könnte deutlich werden, wie sehr die chinesischen Wirtschaft vom Export für ihr Wachstum abhängig ist. Eine Erholung des Konsums in China könnte die Hersteller hingegen weniger anfällig für Trumps Zolldrohungen machen. rtr
In China wächst unter Medizinern und der Bevölkerung der Ärger über minderwertige Medikamente. Der Shanghaier Chirurg Zheng Minhua hatte in einem Interview mit chinesischen Medien zuerst auf Probleme mit Medikamenten aus chinesischer Produktion hingewiesen, berichtet Nikkei Asia. Zheng sowie andere Mediziner beklagen, dass günstige, chinesische Medikamente teilweise von so schlechter Qualität seien, dass sie einfach nicht funktionierten.
Die Qualität chinesischer Medikamente nimmt seit der Einführung des zentralen Beschaffungssystem für Arzneimittel (Volume-Based Procurement, VBP) ab. Um die Kosten der medizinischen Versorgung zu senken, führte die Partei im Jahr 2018 ein Bieterverfahren ein, bei dem die Anbieter des günstigsten Produkts den Zuschlag erhalten. Seitdem ziehen sich viele ausländische Pharmaunternehmen aus China zurück. Ihre Produkte sind in chinesischen Krankenhäusern kaum noch erhältlich. Das hat die Preise vieler Medikamente um die Hälfte reduziert und Peking in den ersten fünf Jahren Einsparungen von 50 Milliarden US-Dollar ermöglicht, wie die New York Times berichtet.
Heute sind fast alle frei auf dem chinesischen Markt verfügbaren Medikamente sogenannte Generika, also kostengünstige Nachahmer-Präparate. Das Problem dabei: Die Hersteller sparen häufig an der Qualität. Chinesische Mediziner berichten von allergischen Reaktionen auf Antibiotika, wirkungslosen Medikamenten zur Senkung des Blutdrucks und Anästhetika, die ihren Zweck nicht erfüllen. Viele chinesische Konsumenten sind jedoch auf diese kostengünstigen Medikamente angewiesen. Teurere, ausländische Präparate gibt es nur im Internet, sie sind zudem kaum von der nationalen Krankenversicherung Chinas abgedeckt.
Die Sorgen chinesischer Mediziner hat inzwischen bei den Behörden Aufmerksamkeit gefunden. Die Nationale Verwaltung der Gesundheitsvorsorge kündigte eine Untersuchung der Vorwürfe an. Zudem wies sie darauf hin, dass der Kauf ausländischer Medikamente nie verboten gewesen sei. Der derzeitige Ärger über schlechte Präparate ist jedoch womöglich Ausdruck eines tieferliegenden Problems: Seit der Covid-Pandemie sei die Gesundheitsvorsorge vieler Provinzen unterfinanziert, berichtet ein Shanghaier Arzt. Zudem kommt es beim Zulassungsverfahren chinesischer Generika immer wieder zu Betrugsfällen. Dadurch gelangen Medikamente auf den Markt, die nicht der Qualität des Markenpräparats entsprechen. ek
Chinesische Firmen haben im vergangenen Jahr 24 Gigawatt an Stromerzeugungskapazität in den Partnerländern der “Neuen Seidenstraße” installiert. Mit acht Gigawatt macht die Solarkraft den größten Anteil daran aus. Beide Ziffern sind Rekordwerte seit Bestehen der Neuen Seidenstraße, wie aus einem Bericht der Unternehmensberatung Wood Mackenzie hervorgeht. Knapp über die Hälfte der im Jahr 2024 installierten Leistung sind erneuerbare Energien.
“Chinesische Unternehmen geben umweltfreundlicheren Technologien im Ausland hohe Priorität, und diese machen mehr als zwei Drittel der Projektpipeline aus”, sagt Alex Whitworth, Leiter der Forschungsabteilung für Energie und erneuerbare Energien im asiatisch-pazifischen Raum bei Wood Mackenzie. Allerdings wurden auch sechs Gigawatt an Kohlekraft installiert, obwohl die chinesische Regierung das Ziel ausgegeben hat, keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland zu bauen.
Asien macht den Großteil der seit Bestehen der Neuen Seidenstraße installierten Leistung aus (70 Prozent). Afrikanische Staaten stehen mit 15 Prozent auf Rang 2. Afrikas Solar-Importe aus China haben sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, wie Alex Jones von Ember auf Bluesky schreibt – allerdings noch immer von einem sehr geringen Level. nib
In China war Chen Tianshi im vergangenen Jahr der König der Börse. Kein anderes Unternehmen legte 2024 am chinesischen Aktienmarkt so stark zu wie der von Chen mitgegründete Halbleiterkonzern Cambricon. Die Aktien der auf KI-Chips spezialisierten Firma, die einige bereits als das Nvidia Chinas bezeichnen, stiegen 2024 um 383 Prozent. Das dürfte nicht nur Anleger erfreut haben, sondern auch den 40-jährigen Chen. Sein Vermögen soll dank des Booms an der Börse auf umgerechnet etwa 10 Milliarden US-Dollar angestiegen sein.
Chen gilt in China als Wunderkind. Genauer gesagt gibt es gleich zwei Hochbegabte in seiner Familie. Sowohl Tianshi als auch sein zwei Jahre älterer Bruder Yunji Chen wurden laut Berichten chinesischer Medien bereits als junge Teenager im Rahmen eines Talent-Sonderprogramms an der Universität in Hefei, Provinz Anhui, aufgenommen.
Nach ihrem Abschluss als Doktoren der Informatik nahmen sie Stellen an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften an. Dort arbeiteten die Brüder fast ein Jahrzehnt Seite an Seite in der Forschung, bis sie 2016 Cambricon gründeten. Ihr Ziel: Computerchips für KI-Anwendungen zu entwickeln, die energieeffizientere Geräte zu einem niedrigeren Preis ermöglichen. Während Yunji sich weiter auf die Forschung konzentrierte und an der Akademie blieb, übernahm Tianshi die Geschäftsführung und verhalf dem Unternehmen zu einem rasanten Wachstum.
Cambricon, so sagen Analysten, hinkt mit seinen Chips technisch zwar noch deutlich hinter Nvidia her. Innerhalb Chinas aber gehört Cambricon zu den führenden Unternehmen, was Fortschritte bei KI-Chips angeht. Ursprünglich war Cambricon ein wichtiger Lieferant für Huaweis erste KI-gestützte Smartphones. Doch der Technologieriese aus Shenzhen entwickelt inzwischen mit seiner Tochtergesellschaft HiSilicon eigene KI-Chips und hat die Partnerschaft mit Cambricon zurückgefahren. Nun sind Huawei und Cambricon Konkurrenten.
Da Peking die Forschung an fortschrittlichen Chips vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA gezielt fördert, hat Chen mit seiner Firma gute Aussichten, auch weiterhin stark zu wachsen. “Die Lokalisierung von KI-Chips hat sich zu einem großen Trend entwickelt”, schreibt die Investmentbank Minsheng Securities in einem aktuellen Bericht. Heimische Chip-Firmen würden immer weiter aufholen. Das müssen sie auch, denn die USA exportieren immer weniger KI-Technologie nach China. Die Biden-Regierung hat Mitte Januar den Export von KI-Chips nach China und Russland weiter eingeschränkt. Die USA wollen damit ihre Führungsrolle in der KI sichern und verhindern, dass China mit dieser Technologie sein Militär stärkt. China ist daher auf die Entwicklung einer eigenen Halbleiter-Industrie angewiesen.
Der Markt dürfte weiterhin groß genug für die Konkurrenten Huawei und Cambricon sein. Denn die Lücke, die Nvidia hinterlässt, ist riesig. Wie Reuters berichtet, könnte der Marktanteil des US-Konzerns in China wegen der US-Exportkontrollen in diesem Jahr von 80 Prozent auf rund 50 Prozent einbrechen. Zwar dürfte Huawei sich davon einen großen Anteil sichern, doch auch für Cambricon bleibt genug Spielraum für Wachstum.
Bisher fährt Cambricon noch Verluste ein. Dass die Marktkapitalisierung schon heute bei umgerechnet 32 Milliarden Euro liegt, zeigt, dass Investoren viel Vertrauen in Chen Tianshi setzen. So sagen Analysten voraus, dass das Unternehmen seinen Umsatz in diesem Jahr auf 4,3 Milliarden Yuan (etwa 550 Millionen Euro) verdoppeln wird. Ob Cambricon diesem Enthusiasmus gerecht werden kann, muss das Unternehmen noch beweisen. Aber auch der aktuelle Hype um die chinesische KI-Industrie und das Startup DeepSeek zeigt: Chinas Aufbau einer eigenständigen Halbleiter-Industrie ist in vollem Gange. Jörn Petring
Torsten Wendler ist seit Januar Head of Operations bei VW China Technologies. In seiner neuen Position übersieht er das Projekt- und Ressourcenmanagement für Entwicklungsprojekte sowie das Release- und Homologationsmanagement. Wendler ist seit 2019 für VW in China tätig, zuletzt war er Head of Driving and ADAS / AD. Sein Einsatzort bleibt Hefei.
Brad McCarthy wurde von der Investmentfirma Carlyle zum neuen Managing Director und Asia-Pacific-Chef der globalen Vermögenssparte ernannt. Zuvor leitete er den Bereich Alternative Investment Sales für Asien-Pazifik bei Citi Private Bank und Global Wealth.
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Ist er nicht süß? In der chinesischen Forschungsstation Zhongshan in der Antarktis hat dieser von chinesischen Entwicklern designte sechspfotige Roboterhund kürzlich eine Reihe von wissenschaftlichen Forschungsaufgaben absolviert. Er navigierte unfallfrei durch Eis und Schnee und trug dabei eine Box auf seinem Rücken – bis zu 100 Kilogramm soll er tragen können. Spezialschuhe, die seine Schöpfer eigens für ihn entwickelt habe, bewahren den Roboterhund bei Temperaturen von bis zu Minus vierzig Grad vorm Rutschen. In Zukunft könnte der Sechsbeiner sogar unter der Wasseroberfläche zum Einsatz kommen. Oder unterstützt von KI-Technologie älteren Menschen Gesellschaft leisten.